Journalismus & Glosse
Was lamentiert ihr? - Bekommt man das, was man bestellt?

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"Der Salat ist angerührt!"
Veröffentlicht am 03. Dezember 2013, 6 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
© Umschlag Bildmaterial: Frans Hals
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Über den Autor:

Einst brach ich auf, eine Welt zu erobern! Heut sitz ich in einem Käfig voller Narren! So kam ich zum Entschluss, "Will Hofnarr sein!" Und daran arbeite ich nun, in Berlin, das durch seine einmalige Nähe von Ost und West vielleicht schon einen Gedanken voraus ist. Mag sein, dass dieser Gedanke auch Nord und Süd einander etwas näher bringen kann.
Der Salat ist angerührt!

Was lamentiert ihr? - Bekommt man das, was man bestellt?

Was lamentiert ihr?

Schlimmstenfalls werden jetzt cirka siebenundvierzigtausend SPD Mitglieder das Votum von einundsechzig Millionen Wahlberechtigten kippen!

So etwas höre ich neuerdings öfter! Und wundere mich. Wieso erzählen sie mir das?
Rede und schreibe ich nicht schon seit Jahren meine Verachtung für dieses pervertierte Verhältniswahlrecht heraus? Rege ich mich nicht ebenso lange über die Beugung des Artikels einundzwanzig der Grundgesetzes auf, wo es heißt: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“? Ja! Dort steht nichts davon, dass Parteien Politik machen, noch dass sie Koalitionsverträge (auf Grundlage ihrer Partei- und Wahlprogramme) schließen, die anschließend zur verpflichtenden Handlungsanleitung für deren gewählte Abgeordnete werden. Und schon gar nicht steht geschrieben, dass sich Parteiführungen über

Regierungsposten, den  Posten des Präsidenten des Bundestages oder  die seiner Stellvertreter einigen! Das ist einzig und allein Sache der gewählten Abgeordneten! Punkt und aus, möchte man hinzufügen!
Also, meine Damen und Herren Abgeordnete! Herr Bundespräsident! Wählen Sie einen Bundestagspräsidenten! Wählen Sie seine Stellvertreter! Schlagen Sie, Herr Bundespräsident, einen Kanzler vor, und lassen die Abgeordneten darüber abstimmen!
Sie haben das Mandat der einundsechzig Millionen!
Ja, was schauen sie wie das Kaninchen in die Augen der Schlange, auf die imaginären siebenundvierzigtausend?
Sie haben die Macht! Dafür ist ein großer Teil der einundsechzig Millionen an jenem Sonntag aufgestanden, obwohl sie vielleicht lieber im Bett geblieben wären. Sie bekommen doch sicher auch Diäten seit Bestätigung ihrer Wahl?

Sicher, es wäre schwer zu regieren, ohne eine verlässliche Mehrheit von Parteisoldaten! Man müsste überzeugen, Verantwortung übernehmen und, ganz schrecklich, seinem Gewissen folgen. Das würden wahrscheinlich nur die Abgeordneten mit Direktmandat wagen. Eine, auch wechselnde, Koalition über Parteigrenzen hinweg, dem Gewissen folgend.

Aber, nochmals auf Anfang. Was lamentiert ihr über die SPD? Sie wollen doch nur das Okay ihrer Mitglieder dafür, dass ihre Abgeordneten, besonders die mit Listenplatz, ihr Gewissen an die Fraktion und die Koalition verkaufen!
Das machen die anderen doch auch! Nun ja, eben auf Parteitagen. Die sind sich halt ihrer Sache sicherer! Vielleicht weil sie wissen, wer sie gut bezahlt, wenn die Kanzlerin zum Beispiel CO2- Emissionsziele der EU verhindert. Und die, die in fünfzehn Bundesländern überhaupt keine Stimme gewannen, haben doch sogar auf einem „Kleinen Parteitag“ (Seehofer und seine Frau?)

„ja“, oder besser „Passt schon!“ gesagt. Sie hätten aber auch „nein“ oder besser „noa“ sagen können!

Wieviele Menschen haben also hier über das vermeintliche Votum der einundsechzig Millionen entschieden?

Und überhaupt! Wo nehmt ihr denn die Überzeugung her, dass die Mehrheit der einundsechzig Millionen sich für diese angestrebte Koalition, oder auch eine andere entschieden hat? Aus Umfragen? Mit Suggestivfragen dieses oder jenes - ?

Ich weiß nur eines! Die einundsechzig Millionen haben, wie auch immer, per Direktmandat oder per Liste, sechshunderteinunddreißig Abgeordnete bestimmt, und bezahlen diese, eine Regierung zu bilden, dieser Aufträge zu erteilen und sie zu kontrollieren!

Ach! Und übrigens: Nur zweihundertneunundneunzig dieser sechshunderteinunddreißig Abgeordneten haben

ein Direktmandat!

Also, die, die wahrscheinlich ohne Ansehen der Partei gewählt würden sind in der Minderheit!

Darüber solltet ihr lamentieren!

PeKa

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pekaberlin
Einst brach ich auf, eine Welt zu erobern! Heut sitz ich in einem Käfig voller Narren! So kam ich zum Entschluss, "Will Hofnarr sein!" Und daran arbeite ich nun, in Berlin, das durch seine einmalige Nähe von Ost und West vielleicht schon einen Gedanken voraus ist. Mag sein, dass dieser Gedanke auch Nord und Süd einander etwas näher bringen kann.

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DoktorSeltsam Bruder, you took the words right out of my mouth, um den unsterblichen Meat Loaf zu zitieren. Du weißt doch, Demokratie ist, wenn man trotzdem lacht. Schwester Neuröschen hat für heute Abend 'ne basisdemokratische Unterleibsmassage angeboten. Ich hab gesagt, für mich gerne, für dich wüsste ich nicht. Du wärst meines Wissens auf Diät!

Hab Dir lieb, Du verblüffendes Abbild meiner Gedanken!

TePer
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Ich würde dir niemals was aus dem Mund klauen, Brüderchen!
Das mit der Diät ist Quatsch! Die haben mich wieder nicht in den Bundestag gewählt! Dabei hatte ich mich wirklich auf die Diät gefreut!
Ich hab einfach zu viele Falten im Gesicht! Für einen sicheren Listenplatz muss man die aber am Arsch haben. Denn man weiß, Falten kommen vom (selber) Denken.
Also, ich nehm dann mal die Gurkenmaske, die Botoxspritzen und das Waschbrettsitzen!
Liebe Grüße reteP, dein ewiger eknadeG
Vor langer Zeit - Antworten
Zentaur Das Wort Gewissen kennen die Parteien und Regierenden doch nur als Fremdwort und haben bis heute noch keine eindeutige Übersetzung dafür gefunden. Die Abgeordneten quält jetzt nur das eine Problem, wann und wie die Diäten erhöht werden, um ihren "aufopferungsvollen" Job gegenüber Angie zu erfüllen.
lg Helga
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Das ist dann schon die Perversion von Parteidisziplin, die Anbetung einer Person. Die Gefahr? Das hat schon mit ganzen Völkern funktioniert!
Und ein auf Spitzenkandidaten zugeschnittener Wahlkampf, kann nur einem solchen Zweck dienen.
Gewissen? Eine Handelsware! Mehr und mehr, leider!
Liebe Grüße Peter
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber Ja, eigentlich sollten sie ihre Arbeit machen. Zum Wohle des.......Bla,bla,bla!
Stattdessen sind sie damit beschäftigt, sich für die nächste Talkrunde zu stylen.....Und wieder nur Bla, bla, bla!
Das Gefährliche daran ist, dass wir uns an diesen "Zustand" bereits gewöhnt haben und ihn sozusagen immer mehr als Normalität wahrnehmen.
Dein Text beeindruckt mich durch seine Klarheit, lieber Peter. Nur in einem muss ich Dich berichtigen. Der Bayer sagt nicht "noa", der sagt "na" ;-)))
Liebe Grüße
Merle
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Ja, Merle,
die Gewohnheit ist ein gefährlich Ding!
Verzeih einem Urberliner das miserable Bayrisch! Ich werde es ausmerzen!
Vielen Dank und liebe Grüße Peter
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Na fein ... Da dachte ich mal wieder "hey, der Peter kennt sich in der Politik entschieden besser aus als ich (wie er weiß)" und dann nimmt Bärbel mir sozusagen meinen Kommentar aus der Tastatur :o)

Tja, der Schlüsselsatz in deinem Text ist für mich der, in dem du das Wort "Gewissen" erwähnst. MIr kommt diese Mitgliederabstimmung so vor, als habe jemand seinem Ehegespons einen Seitensprung gebeichtet und warte nun darauf, dass ihm Absolution erteilt und Verzeihung gewährt wird, damit er ruhigen Gewissens in seinem Tun fortfahren kann nach dem Motto "was willst du denn, ich habe dir doch gebeichtet, was ich für ein Mensch bin" ...

Lieben Gruß
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Schön beschrieben, Gunda!
Nur werden sie die Absolution eben nur von ihrer Partei erhalten, nicht vom Volk. Das wird solange gut gehen, bis das Volk merkt, dass es nicht Partei heißt.
Liebe Grüße Peter
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Nachdem dein scharfzüngiges Buch hier nun schon längere Zeit unkommentiert steht, Peter, will ich mal mit dem Lamentieren anfangen.
Ob diese Basisabstimmung der SPD nun gut oder schlecht ist für die allgemeine und die Parteiendemokratie, kann ich nicht beurteilen.
Die SPD als der weitaus kleinere Koalitionspartner neben den C-Schwestern konnte nicht damit rechnen, alle ihre Ziele durchzusetzen. Aber angedacht wäre doch eine bestimmte Prozentzahl, gemäß der Wahlergebnisse.
Fakt ist jedoch, dass sie nicht ein einziges ihrer Ziele voll einbringen konnte. Alles, was von ihr aufgenommen wurde in den Koalitionsvertrag, ist verwässert und abgeschwächt. Nach meiner Ansicht wäre die Basis gut beraten, dies abzulehnen, wenn sie nun schon mal gefragt wird. Ich bin gespannt ...
Aber so ist sie nun mal, die SPD, das wussten wir doch schon immer.
Ich sehe noch Dorothea HAVEMANN vor mir, wie sie als Mitglied der Agitprop-Gruppe an meiner Internats-EOS die Worte spach: "Die SPD wird im Sumpfe des Opportunismus versinken." Da war ich 14, sie ein paar Jahre älter... Ich habe das damals nicht verstanden und mir von meinem Stiefvater, dem Spanienkämpfer, erklären lassen...
Jeder weiß, dass man nicht "ein bisschen schwanger" sein kann...
Das ist eine Grundeinstellung - heute noch genau so, wie vor 50 Jahren!
Dass dein Text wieder mal wohlgeschliffen und ganz toll ist, erwähne ich nur am Rande, denn anderes kenne ich von dir nicht.

Liebe Grüße
fleur

Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Ja, fleur!
Das wäre aber schon eine andere Glosse wert.
Man redet eben von Parteien, Verträgen etc. p. p., nicht von der Demokratie, die das Grundgesetz vorsieht. Die Abgeordneten haben Pflichten gegenüber dem Volk, aber verstecken sich hinter Parteien.
Ich werde wohl eine Novelle aus dem Thema machen.
Liebe Grüße Peter
Vor langer Zeit - Antworten
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