mySTORYs Schreibratgeber
Für Anfänger und Fortgeschrittene

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Interview

Das sagt Karla Paul

Foto: © Bob Sala

Gewinnspiel

Gewinne eine Einschätzung von mir (Philipp Bobrowski) zu deinem Kurzexposé! Ich verspreche, dir in einigen Sätzen meine ehrliche Meinung dazu abzugeben.

Und so geht es:

Beantworte meine Gewinnspielfrage und sende sie an hfaquote@pb-netz.de. Unter allen richtigen Einsendungen und unter Ausschluss des Rechtsweges ziehe ich einen Gewinner oder eine Gewinnerin. Dieser/diese darf mir dann ein Kurzexposé von maximal 3000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) schicken, und ich gebe meinen Senf dazu ab.

Einsendeschluss ist der 15. September 2015!

Die heutige Frage:

In welchem der folgenden Beispiele findet sich eine sogenannte Inquitformel?

a) Wo auch immer er auftauchte – und er bereiste fast die ganze Welt – man sah ihn nie ohne Pudelmütze.

b) Es war einmal ein Finanzbuchhalter, der verliebte sich in eine Fachfrau für Betrug und Gaunerei.

c) „Ich sag nix!“, sagte er.

 

Na, das ist doch gar nicht so schwer. Viel Glück!

 

Interview

Liebe Karla, in diesem Interview soll es vor allem darum gehen, welche Ratschläge du jungen Autor*innen, die veröffentlichen wollen, mit auf den Weg geben möchtest. Dass ich gerade dich danach frage, liegt an deiner Tätigkeit, denn du bist … ja, was denn eigentlich alles? Und was davon zuerst?

Ich mag den Begriff Literaturlobbyistin sehr gern, weil das so ein bisschen das Ziel all dessen ist, was ich tue – Menschen fürs Lesen zu begeistern. Hauptberuflich bin ich Verlegerin für Digitalliteratur bei der Edel AG, daneben noch Bloggerin auf buchkolumne.de, Autorin (Sachbuch über Literaturliebe beim Heyne Verlag), manchmal Lesungsmoderatorin, ich gebe Buchempfehlungen im Fernsehen und im Herzen bin ich stets und immer begeisterte Leserin. Literatur (egal ob als Printversion, E-Book oder Hörbuch) ist für mich die perfekte Vermittlung von Geschichten, sie lassen uns im Kopf und im Herzen wachsen, in der Zeit und an alle noch so fernen Orte reisen, wir lieben und leben und sterben, schlagen das Buch zu und ein Neues auf und erobern eine weitere Welt. Jeder von uns kann das gleiche Buch lesen und liest es doch ganz anders und immer wieder neu. Das fasziniert und begeistert mich seit Jahrzehnten und ich freue mich, wenn ich es vermitteln kann – dafür nutze ich jeden mir möglichen Kanal und probiere auch gern neue Wege aus. Im Herbst startet z. B. meine eigene YouTube-Literatursendung, weil mir da schon seit einiger Zeit ein bestimmtes Konzept im Kopf rumschwirrt. Vor der Messe folgt dann der neue Digitalverlag. Das Leben ist leider viel zu kurz und deswegen versuche ich in dieser Zeit so viele Ideen wie möglich mit fabelhaften Menschen zu realisieren und jeden Tag dafür dankbar zu sein. Nicht alles klappt, ich mache jeden Tag Fehler, wir alle machen das. Und dann beginnt ein neuer Tag mit neuen Möglichkeiten für neue Ideen, an dem ich mich neu erfinden kann.

 

Wie sieht denn so ein Arbeitstag bei dir aus? Gibt es da überhaupt eine Art Alltag?

Routine ist sehr wichtig für mich – gleichzeitig bin ich dankbar, wenn ich zum Ausgleich öfter mal ausbrechen darf. Ich lebe von und für neue Ideen, und die kommen mir meist dann, wenn ich auf Menschen, Orte, Umstände außerhalb des Alltagskosmos treffe. Normalerweise bin ich unter der Woche tagsüber im Verlag und sichte dort Inhalte, kümmere mich um die Autoren und die finanzielle und organisatorische Ablage. Es müssen Verträge erstellt und kontrolliert, Cover gebrieft und abgenommen sowie mit Agenturen verhandelt werden. Ab und an bin ich auch unterwegs und treffe mögliche neue Schriftsteller oder Kooperationspartner sowie Journalisten, und selbstverständlich bin ich auch auf jeder Buchmesse zu finden. Am Abend und am Wochenende versuche ich möglichst viel Zeit für Texte zu finden, d. h. entweder unveröffentlichte Manuskripte, Neuerscheinungen oder die Bücher von befreundeten Autoren. Dank Hörbüchern und E-Books habe ich ja eigentlich immer und überall Literatur dabei und kann jede freie Minute dafür nutzen – das Anstehen an der Supermarktkasse genauso wie meine Zeit auf dem Laufband im Fitnesscenter. So sehr ich das Chaos eigentlich liebe, so braucht ein mit derartig vielen Projekten gefülltes Leben eine grundsätzliche Ordnung, um alles sinnvoll, pünktlich und in der Zusammenarbeit mit vielen Menschen befriedigend zu erledigen. Was mich aber auch nicht rettet, wenn ich mal wieder zu viele nächtliche Stunden in einem fantastischen Buch verbracht habe und dann doch lieber eine Stunde später ins Büro gehe …

 

Es kann wohl kaum eine leidenschaftlichere Leserin geben als dich. Was macht für dich eine gute Geschichte aus? Wie muss sie dich packen? Was kann ein Autor oder eine Autorin tun, um sich in dein Leserinnenherz zu schreiben?

Oh – vielen herzlichen Dank! Allerdings kenne ich sehr viele von meiner Spezies und noch besser/schlimmer: wir werden immer mehr! ;-) Eine gute Geschichte zieht mich bereits nach wenigen Seiten komplett in ihre Welt und lässt mich den Alltag vergessen. Das geschieht sowohl über die Handlung als auch den Stil und völlig unabhängig vom Genre. Da müssen sehr viele Dinge stimmen und einige davon sind auch schlichtweg Geschmacks- und Stimmungssache. Schreiben ist ein Handwerk und vieles davon kann man lernen, im Idealfall kommt dann noch das Talent des Erzählens dazu, und genau das macht oft den gewissen Unterschied aus. Ich steige sehr schnell wieder aus, wenn ich auf Ungereimtheiten stoße, die Charaktere oder Handlungsstränge nicht sauber ausgearbeitet sind sowie keine Spannung aufkommt. Es gibt also ein paar Grundsätze, die jeder Autor beherrschen sollte, und ansonsten hat er oder sie hoffentlich einfach eine fantastische Idee und den Wunsch, diese aufzuschreiben, was auch immer der Markt angeblich dazu sagt. Ich kenne hervorragende Texte von völlig erfolglosen Schriftstellern und grauenhafte Texte von Bestsellerautoren – geht bitte alle einfach euren Weg, schreibt eure Welten nieder und versucht diese vom Lektorat bis zum Cover und Marketing in die besten Hände zu geben, der Rest ist und bleibt Glückssache.

 

Du bist aber nicht nur Leserin, sondern inzwischen sogar Verlagsleiterin. Welche Voraussetzungen sollte ein Werk besitzen, damit du es gern in deinem Verlag verlegt wüsstest?

Auf der einen Seite gibt es Titel, die passen einfach perfekt zum aktuellen Leserwunsch, und da denke ich dann ganz kommerziell. Auf der anderen Seite erhalte ich Texte, die ich unbedingt verlegen und dafür Leser finden will, die sie genauso lieben werden wie ich. Wenn man Glück hat, dann kommt beides zusammen, und wenn nicht, kann man es hoffentlich ausgleichen. Bei mir hat grundsätzlich jede Geschichte erst einmal die gleiche Chance, gelesen zu werden, egal ob sie mir von einem Agenten oder direkt vom Autor ans Herz gelegt wird. Die Anfrage selbst sollte natürlich professionell gestaltet sein – aber das empfiehlt sich ja bei jeglicher Kommunikation. Ansonsten gibt es bei uns weder beim Genre, noch bei der Länge oder der Ausarbeitung der Idee gewisse Voraussetzungen. Das ist wahrscheinlich für die meisten Autoren keine zufriedenstellende Antwort, aber mit den Schriftstellern und den Verlagen ist es doch ein bisschen wie bei allen anderen Partnerschaften auch: Man kann perfekt zusammenpassen und findet dennoch keine gemeinsame Basis, oder man streitet und hasst sich, und genau das macht das gewisse Etwas zur Perfektion aus. Also versucht mich lieber mit euren Besonderheiten zu begeistern, zeigt mir eure schönsten Fehler und erzählt, warum sie euch zu großartigen Autoren machen – ich will Texte, die Reibung und Diskussion erzeugen, die den Lesern das Lieben und das Fürchten beibringen, schickt mir kraftvolle Literatur!

 

In der Literaturbranche hat sich viel getan. Welche Wege zur Veröffentlichung würdest du angehenden Autor*innen empfehlen? Selfpublishing, Dienstleister, kleiner Verlag, großer Verlag …? Macht das für dich einen Unterschied? Wovon würdest du abraten?

Das lässt sich nicht pauschal sagen. Ich finde es großartig, dass man sich das heutzutage ganz nach den eigenen Bedürfnissen und Anforderungen aussuchen kann. Für ein gutes Buch braucht man einen tollen Text (Lektorat, Korrektorat, Satz), ein passendes Cover (Grafiker) sowie eine Verkaufsmöglichkeit (eigene Webseite, Amazon, Buchhandlung) und im Idealfall noch Marketing und Presse (Agenturen). Vielleicht kann ich als Autor alles selbst, dann ist Selfpublishing natürlich die perfekte Möglichkeit – hier wird aber zum größten Teil immer noch der lokale Buchhandel ausgeschlossen. Wenn ich nicht alles selbst kann, dann kann ich auch diverse Dienstleistungen einzeln einkaufen und den Titel trotzdem als Eigenprojekt veröffentlichen. Im Idealfall findet man in einem Verlag die Experten für all diese Tätigkeiten, und sie tragen zusätzlich vorab die Kosten und somit das Risiko, dafür muss man natürlich auch einen Teil der Einnahmen abgeben. Aber das würde ich je nach Autor und Inhalt individuell entscheiden. Ich als Verlegerin habe auch schon Autoren zu Selfpublishing geraten, weil sie in ihrem Bereich das nötige Wissen haben und die Käufer damit wesentlich besser erreichen, als ich es kann.

Man darf das Einkaufen von gewissen Dienstleistungen aber bitte nicht mit immer noch tätigen DKZ-Verlagen vergleichen, die die Bewerber nur abzocken und ihnen mit unfassbaren Versprechungen Geld aus der Tasche ziehen. Deswegen sollten sich alle, die den Traum vom Veröffentlichen in sich tragen, bitte gut informieren und nicht die erstbesten Verträge unterschreiben. Ihr seid viel wert, eure Inhalte und Ideen sind es auch, und bitte behandelt sie dementsprechend bzw. sucht euch Partner, die ebenfalls diese Einstellung haben.

 

Du selbst wirst von einer Literaturagentur vertreten. Warum sollte man als Autor*in deiner Meinung nach diesen Weg wählen?

Natürlich hat man über eine Agentur meist einen besseren Einstieg in die Literaturwelt, einen mächtigeren Fürsprecher bei den Verlagen. Deswegen sollte man es sich zumindest einmal überlegen und sich ein paar Agenturen ansehen. Mit ein bisschen Glück findet man so den idealen Lobbyisten für die eigenen Projekte – es ist aber weder ein Zwang noch eine Garantie für einen Platz auf der Bestsellerliste.

Mein Agent (Markus Michalek/Agentur AVA International) ist Gold wert, und ich werde in diesem Leben sicher keinen einzigen Vertrag mehr ohne seine Beratung unterschreiben. Zuerst einmal ist er mir deswegen sehr wichtig, weil ich auf seine Meinung als Literaturexperte viel Wert lege, und er mich nicht nur juristisch, sondern auch inhaltlich und persönlich berät – er feiert mit mir Vertragsabschlüsse, ist aber auch bei Schreibkrisen jederzeit für mich erreichbar. Als Autorin will ich mich einzig und allein auf den Text konzentrieren und mich mit dem Verlag darüber austauschen, alle juristischen Angelegenheiten der Verträge, Höhe von Prozenten, Optionen und Lizenzeinnahmen darf und muss er aushandeln und das kann er wesentlich besser als ich. Einfach gesagt übernimmt er die Rolle des Bad Cop. Und weil er prozentual beteiligt ist, ist er immer an einem möglichst hohen Angebot interessiert – das ist ja auch in meinem Sinn. Trotzdem bewahre ich mir die letzte Entscheidung. Für mich ist er damit der perfekte Partner, so ein gutes Verhältnis hat aber nicht jeder Autor mit seinem Agenten und deswegen kann ich es auch nicht pauschal empfehlen.

 

Du hast einen Roman in Arbeit. Macht dir Literatur als Schreibende ebenso viel Spaß?

Im Vordergrund steht aktuell mein Sachbuch für den Heyne Verlag, das in einem Jahr erscheinen wird. Als Schreibende fange ich trotz aller Erfahrung auf der anderen Seite noch einmal völlig von vorn an. Ich leide unter einem unschönen Perfektionsstreben und habe sehr hohe Erwartungen an mich selbst, es fällt mir schwer den Text als richtig zu akzeptieren und irgendwann final abzugeben. Seit Jahren bin ich mit sehr guten und erfolgreichen Autoren befreundet, mein Lebensgefährte steht mit seinen Büchern regelmäßig auf der Bestsellerliste, und so hilfreich diese Menschen als Berater sind, so hinderlich ist der dauernde Vergleich mit ihnen. Deswegen habe ich nun schon außergewöhnlich lang für mein Buch gebraucht, dazu stehe ich ganz offen. Meine vielen Projekte bieten auch eine hervorragende Ausrede für ständige Prokrastination. Jetzt haben wir aber ein neues Konzept und einen sehr strengen Zeitplan entworfen – ich habe schon fast mit meinem Blut unterschrieben. Also ja, das Schreiben macht viel Spaß, das Veröffentlichen dann aber sicherlich noch viel mehr! J

 

Der Eindruck mag ja täuschen, aber wenn jemand viel beschäftigt ist, dann ja wohl du. Trotzdem kommst du noch dazu, zu lesen. Viel zu lesen! Bewundernswert. Wie du es aber schaffst, nebenher auch noch einen Roman zu schreiben, dürfte andere Autor*innen noch weit mehr interessieren. Bitte weihe uns in die Geheimnisse deines Zeitmangements ein!

Das wird jetzt eine schockierende Enthüllung: Es gibt gar kein Geheimnis. Ich arbeite hart und diszipliniert und nutze jede mir mögliche Minute für Bücher und die Arbeit an meinen Literaturprojekten. Man wird mich abgesehen von der Buchmesse nicht auf Partys treffen, ich stehe sehr pünktlich auf, habe keinen Fernseher und mache keinen Urlaub – ich konzentriere mich voll und ganz auf die Verwirklichung meiner Ideen an 24 Stunden am Tag. Das klingt immer etwas unsympathisch, und viele Menschen wollen es nicht hören, aber mehr Erfolg wird meist einfach durch mehr Arbeit verursacht. Ich habe das große Glück, dass ich oft zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort war und mir nun dieses Leben zwischen den Seiten möglich ist. Ich mache mich selbst an den schwärzesten Tagen begeistert an die Arbeit, ich wusste schon immer, dass ich genau das und nichts sonst wollte, ich hatte schon immer nur Literatur im Kopf. Viele in unserer Branche können nicht von ihrem Schaffen leben, sie leben aber dafür, und mir ist aktuell beides gegeben. Aber mal ehrlich – wer jemals in einem perfekten Text versunken ist, wem die Worte bis in die letzte Synapse geknallt sind, und wer vor Spannung und Ergriffenheit kaum atmen konnte, der wird mich verstehen, und solange es solche Bücher gibt, werde ich auch alles dafür tun, um inmitten ihrer arbeiten zu dürfen.

 

Fällt dir das Romanschreiben leicht? Profitierst du als Vielleserin? Welche Tücken hat es für dich bereitgehalten?

Über die Jahre habe ich tausende von Büchern gelesen und damit auch viel über die Literatur und das Schreiben gelernt – in der Theorie. In der Praxis sieht mit einer eigenen Handlung und eigenen Figuren alles auf einmal ganz anders aus, und man stellt doch recht schnell fest, dass die Ansprüche an ein gutes und unterhaltsames Buch gar nicht so leicht zu erfüllen sind, wie man sie als Leser stellt. Mir fällt es schwer den idealen Weg zwischen den eigenen Ideen und dem persönlichen Stil sowie im Gegensatz dazu den vielen Schreibempfehlungen und Handwerkstipps zu finden. Und nur weil es mir gefällt – wird es auch Lesern gefallen? Werde ich am Ende meinen hohen Ansprüchen genügen und den noch höheren Erwartungen der Branche? Also nein, es fällt mir nicht leicht. Es fiel mir sogar selten etwas schwerer.

 

Ein bisschen Unterstützung kann man immer gebrauchen. Wo findest du Hilfe für das Schreiben deines Romans? Hast du Tipps für angehende Autor*innen?

Mir hilft der Ratgeber „The Breakout Novelist – Craft and Strategies for Career Fiction Writers“ von Donald Maass sowie die Unterstützung meiner schreibenden Freunde, zudem die Geduld meines Agenten und meines Verlags. Sehr wichtig ist der Mann, der mich regelmäßig mit Selbstbewusstsein und schwarzem Tee versorgt und zurück an den Schreibtisch setzt. Aber am stärksten ist die Idee, und meine Bereitschaft, sie unabhängig vom möglichen Erfolg durchzusetzen. Habe ich Tipps? Macht das Internet aus und schreibt Euer Buch – jetzt und auf der Stelle!

 

 

Vielen Dank für dieses interessante Interview.

Veröffentlicht am 01.09.2015
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