Sex & Drugs & Rock&Roll 05 - I muass a moi brunzen geh!

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SEX & DRUGS & ROCK&ROLL 05 - I MUAß A MOI BRUNZEN GEH!

Thema gestartet
von bujerl
am 02.11.2023 - 20:02 Uhr
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bujerl  Sex & Drugs & Rock&Roll 05 - I muaß a moi brunzen geh!

Mittwochnacht vor Weihnachten 2006. Nein, wir haben schon Donnerstag. Es ist schon fast zwei Uhr in der Früh. Die Lokale der Altstadt von Linz sind alle gut befüllt. Die letzten Firmen-Weihnachtsfeiern haben ihre Alkohol- und Fastleichen schon längst alle auf die Straßen gekreißt. Der Weihnachtsmarkt am Hauptplatz mit seinen Punsch- und Jagatee-Standeln hat seinen braven Teil dazu geschmissen und irgendwo in irgendwelchen Bars auf irgendwelchen Klodeckeln hat der Weiße Schnee den Rest besorgt. Ein ganzes Heer von perfekten Deppen, männlichen wie weiblichen, ist ausgeschwärmt und fühlt sich pudeldummerl wohl. Es lebe die Vorweihnachtszeit! Sie soll lustig und nicht traurig sein!

Ich sitze an so einer Bar und warte wieder einmal auf eine Geschichte. Ich sorge mich nicht um sie, ich weiß es ja, sie kommt mit Sicherheit. Und bis es soweit ist, unterhalte ich mich gut. Auch ich bin nicht gerade nüchtern. Auch ich war auf dem Weihnachtsmarkt und habe ein paar Punsch und Jagatees intus, und auch ich weiß nicht mehr genau, was sonst noch.

An einem Tisch und an der angrenzenden Bar hat sich eine Runde Mädchen und Jungs breit gemacht. Es läuft der Schmäh. Sie lachen laut. Alles scheint okay. Auf einmal - ganz laut: "I muaß a moi brunzen geh!" Das sagt ein Mädchen, noch halb Kind, vielleicht so um die achtzehn Jahre alt. Und ein halbes Lokal hört dabei mit.

"I geh mit!" schreit ein Junge an der Bar. "Host an Speed?" "Na! So wos nimm i net!" "Nau daunn, daunn host bei mia ka Chance. Daunn geh i allan. Weu zum Ludln brauch i die net!"

"I steh auf Koks. Den Synthetik-Scheiß fia de oarmen Leit, waßt, den mog i net. Der vaklebt an jo nua de Nosenschleimhäut. Und aum nächsten Tog bist daunn hi, voi miad und netta mehr deppat im Hirn. Stehst du etwa goa auf des?"

"Wos?" Sie dreht sich auf dem Absatz um. Ihre Augen glänzen groß. "Wos?" Ihre Augen augen riesen-pupillig weit. Und ein wenig leiser, doch hoffnungs- und erwartungsvoll: "Wos? Host du etwa goa an Koks?"

"Jo! Und an sauguaten a no dazu!" "Wau! Des is auba geil! Megamäßig geil. Jo, kumm mit! Waßt? Fia a Nosen Koks, wau, waßt, do moch i oiss!"

Er rutscht vom Hocker. Er wackelt kurz und fängt sich. Er greift mit beiden Händen unter seinen Hosenbund, streckt seinen noch niedlich zarten Bierbauch heraus, reckt sein Kreuz dabei gerade, und zieht sich mit einem kräftigen Ruck seine leicht über seine nackten und in schönstem Winterweiß leuchtenden Arschbacken hinunter gerutschte Hose hinauf. Dabei grinst er seine ganze Runde an. Dann folgt er ihr. Ein paar wackelige Schritte. Sie bemerkt seine Unsicherheit, bleibt stehen, dreht sich leicht um, greift nach seiner Hand und zieht ihn hinter sich her aufs Klo.

Ich gucke auf meine Uhr. Zwei Uhr elf Minuten. Ich greife nach meinem immer bereiten Papier und meinem Kugelschreiber und fange mit der Geschichte an. Irgendwann schaue ich wieder auf die Uhr. Zwei Uhr siebzehn Minuten. Sie sind noch immer nicht zurück. Ich schreibe weiter. Zwei Uhr und dreiundzwanzig Minuten. Verdammt! Wo bleiben denn die Zwei? Ich überlege kurz. Ich denke nach. Aha! Haha. Was hat sie zu ihm gesagt? "Für eine Nase Koks, weißt du, da mache ich Alles!"

Zwei Uhr dreißig. Wau! Dem geht es aber wirklich gut. Sie bläst ihm wohl Einen. Oder ficken sie womöglich gar? Etwa gar von hinten? Vor meinem geistigen Auge baut sich das Bild hiezu auf. Egal. Ich grinse leicht und schreibe den nächsten Absatz fertig. Da geht die Tür zur Toilette endlich auf. Zwei Uhr sechsunddreißig. Die Zwei wanken Hand in Hand heraus. Vier Augen glänzen. Ach, wie war das megagut und so herrlich schön. Man kann es sehen. Ihre Freunde empfangen sie mit einem kräftigen Hallo.

Ich bestelle mir noch ein großes Whiskey-Cola, zünde mir noch eine Wutzelzigarette Marke Van Nelle, Halfzware Shag, an, mit dem warnenden Zusatz "Rauchen kann Spermatozoen schädigen und schränkt die Fruchtbarkeit ein", super, ich will sowieso kein Kind mehr, und schreibe dann die Geschichte fertig. Ich bin glücklich. Die Warterei hat sich wieder einmal ausgezahlt. Ich möchte nie und nimmer etwas anderes als so ein Ururenkel unserer schon fast vergessenen
Kaffeehausdichter sein.

© Copyright by Lothar Krist (21.12.2006 von 02.11 - 02.45 Uhr in einem Lokal der Altstadt von Linz, gegenüber dem Smaragd)
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