Verbrechen wider Willen XXIV. - Offenes Ende

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VERBRECHEN WIDER WILLEN XXIV. - OFFENES ENDE

Thema gestartet
von pentzw
am 09.02.2022 - 14:30 Uhr
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pentzw  Die vermaledeiten Knieschmerzen...
Dann wurde die Kripo gerufen und der ermittelnde Kriminaler tauchte auf.
Er musterte die Anwesenden und dem Arzt schwante einiges. Noch mehr jedoch ahnte Otto. Er müsse einmal austreten, entschuldigte sich, trat aus dem Raum, aber anstatt die Toilette suchte er das Weite. Keine gute Lösung. Letztlich musste er wieder hierher zurückkommen, schließlich war dies seine Wohnung.

Bislang hatten alle Involvierten die Rechnung ohne diesen Kriminaler gemacht, der nicht locker gelassen hatte, sich fortgesetzt den Kopf zerbrach und alle bisher zur Verfügung stehenden ermittlungstechnischen Rädchen in Bewegung gesetzt hatte. Der Ungereimtheiten zu viel bissen sich hier in den Schwanz, als dass er Ruhe geben und die Dinge hätte ad acta legen können. Die Versuchung, einfach die simpelste, unaufgeregteste und am wenigsten umständliche Variante des Tatverlaufs zu wählen und Deckel drauf, war zwar verlockend... aber, das war nun einmal nicht des Kriminaler Art und Weise, die da war, wie wir wissen, sehr ehrgeizig, absolut konzentriert und blind zielführend.
Das Mantra lautete: Bleib am Ball - bis zur bitteren Neige!
Zunächst, Ernst und die Krankenschwester haben beim Sterben die selben Symptome gezeigt, was zumindest hieß, dass dahinter kein Zufall steckten konnte. Ergo: Zwingend bestand zwischen den Todesursachen ein Zusammenhang – nur welcher?
Hatten Arzt und Polizist in einer Verschwörung beide umgebracht?
Oder jeder von denen jeweils eine Person?
Nein! Das war zu verzwickt. Wenn, dann hatten entweder beide zusammen oder einer von ihnen die Toten auf dem Gewissen.
„Ernst sei schon immer ein sensibles Bürschchen gewesen“, behaupteten doch beide unisono im sage und schreibe gleichen Wortlaut. Das sollte nahelegen, wenngleich nicht explizit so formuliert, daß dieser ausgerastet wäre und etwas Unbesonnenes getan hätte. Danach hätte er sich wohl umgebracht aus Reue über seine begangene Tat an der Krankenschwester.
Ach, das wäre doch so schön, nicht wahr. Auch für den Ermittler. Hieße es doch endlich Ende der Fahnenstange.
Naja, zugegeben, möglich erschien es schon, dass Ernst zuerst die Krankenschwester ermordet, bevor er sich selbst getötet hat. Eben, diese Annahme legten Polizist und Mediziner mit ihrer indirekten Behauptung des schlechten Seelenzustandes von Ernst nahe. Dabei schienen sie im Recht zu sein. Ernst Auftreten, seine Befindlichkeit und sein berufliches Engagement bedurften immerhin Psychopharmaka, insbesondere sogar Neuroleptika. Darauf hin gewiesen hatte der Arzt noch in einem scheinbar harmlosen, nur von seinem Berufsethos geleitetem Drang in einem Nebensatz, um seinen Bruder nicht diskreditieren zu wollen.
Der Polizist nahm den Ball auf und spielte weiter.
„Wozu sind Neuroleptika denn gut?“
„Zur Aufrechterhaltung der Wahrnehmung. Also, damit man nicht so sehr in Wahnvorstellungen abrutscht.“
„Hatte die Ernst?“
„Ja, kann man wohl sagen. Zum Beispiel war er der festen Überzeugung, er könne von seiner Partei als Bundespräsident aufgestellt werden. Dabei hatte er nicht einmal ein Mandat für den Bundestag.“
„Bundespräsident?“
„Genau, der, der im Schloß Bellevue residiert und mit Sonntagsreden brilliert.“
„Ja, wer würde nicht auch gern in einem solchen Prachtbau wohnen?“ Der Kriminalist seufze sehnsuchtsvoll. „Aber dazu braucht man erst einen Auftrag seiner Partei?!“
„Genau, da muss erst einmal ein Marschbefehl erfolgen, damit du überhaupt kandidieren kannst.“
„Ich verstehe.“ Dann murmelte der Kommissar: „Das müßte man auch noch hinkriegen, hoffe...“
Die tiefen Sehnsuchtsseufzer und gemurmelten Worte des Ermittlers nahm der Arzt sehr genau wahr und geriet ins Grübeln darüber. Diese Sache würde ihn in der Folgezeit noch gedanklich sehr beschäftigen.
Der Kriminalist widmete sich erneut mit ganzer Energie seinem Fall. Aufgefallen war ihm, daß der Umstand, daß über Ernst labilen Seelenzustand ein Satz wortgleich von beiden wiedergegeben worden war. Gleicher Wortlaut zweier unterschiedlicher Personen roch nach Abgesprochenen. Denn bei allem, welch eine glatte Absolution doch, hätten sie sich allzu elegant aus der Affäre gezogen. Zu einfach, Zu geschmeidig.
Nein, nein, das vermaledeite Knie schon wieder...
Woher aber hatte Ernst die Mittel? Braucht es hierzu nicht fachmännische Beratung, Hilfe und Unterstützung? So einfach ist doch auch kein Selbstmord zu bewerkstelligen, nicht? Und wer könnte die dazu benötigten Substanzen besser leisten und herbeischaffen als ein Mediziner?
Hinzu kam, der Arzt hatte auch am meisten Interesse daran, dass diese Hilde von der Bildfläche verschwand. Schließlich war dem ermittelnden Polizisten zu Ohren gekommen, dass Arzt und diese Frau ein Verhältnis miteinander hatten, beide überkreuz lagen und letztere ersteren erpresste, zumindest gehörig unter Druck setzte.
Allmählich hatte es der Ermittler satt, von diesen vielen Möglichkeiten erschlagen zu werden. Es musste endlich eine Linie in diesen Wirrwarr gebracht werden, zum Donnerwetter!
Obgleich er bald gegenüber beiden Verdächtigten mit härteren Bandaschen operierte, stieß er bloß auf Granit, eisigem Schweigen und irreführenden Vermutungen derselben, selbst er diese zum zweiten- und drittenmal interviewte, denn die mauerten schlimmer als die Maurer. Aber alles konnte nur Einbildung sein, dieses Mauern, diese Abschottung – nur seine Kniegelenke schmerzten so sehr wie nur und damit war klar, man verheimlichte ihm etwas, nur was, war nicht klar. Trotzdem er nahe dran war, das Gefühl hatte, nur über eine unsichtbare Linie greifen zu müssen und die Lösung zum Greifen nahe schien, kam er nicht weiter und war wie verhext in den Bann geschlagen.
Würde die Wahrheit im Grab von Ernst verborgen bleiben? Und in der Urne der Krankenschwester?
Ja, ja, die Wahrheit blieb meisten auf der Strecke – so war das nun mal.
Aber verflixt und zugenäht!
Gab es da nicht den Staatstrojaner? Oder den Staatswurm? Oder sonstige Spy-Software?
Genaueres wusste der Kriminaler nicht, ein Grund mehr, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen und anzuwenden. Zumindest musste er doch einmal versuchen, in Erfahrung zu bringen, welche Perspektiven sich da eröffnen könnten, Telefonanrufe, Internetverbindungen vom Polizistenneffen, vom Arzt, von den Entführern...
Er wählte eine Nummer.

Nach etlichen Tagen kam der Bericht.
„Da schau her!“, stieß der Kriminaler bei Lektüre aus. Am Tag der Entführung hatte der Polizistenneffe mit den Gängstern via Internet kommuniziert. Wenn das nicht den Faß den Boden ausschlug!?
„Saubande, verflixte!“
Zu welcher Zeit?
Genau zu dem Zeitpunkt, als die Entführer auf Arzt und Krankenschwester im Cabrio gestoßen sind, nämlich um 18Uhr30, zur Abenddämmerung, an besagtem Freitag.
Was hatte Otto mit ihnen ausgeheckt? Hatte er die beiden via Internet zu Arzt und Krankenschwester geleitet? Es sah fast so aus. Zufälle ausgeschloßen!
„Schaut Euch mal die beiden an? Was treiben die da? Nehmt Videoaufnahmen dabei auf. Und schaut Euch mal die Hosen des Arztes genauer an? Sind die nicht auffällig? Auffällig ausbeult? Richtig, das ist Geld. Und nun wisst Ihr, was Sache ist. Da könnt Ihr noch mehr rausholen! Das steckt mehr drin! Ab der Fisch und erpresst schön mal saftig!“
War es so?
Könnte sein, dass der Polizist selbst die Drogenabhängigen erpresste? Er hat die Süchtlinge beim Dealen ertappt und eine Hand wäscht die andere: „Erledigt ihr einmal etwas für mich, dann drücke ich ein Auge zu? Und das Schönste ist, ich verschone Euch nicht nur, sondern bei dieser Sache schaut noch einiges für Euch beide heraus und, ich verspreche Euch, nicht zu wenig. Ganz und gar nicht zu wenig.“

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