Verbrechen wider Willen - XVIII. Der perfide Plan

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VERBRECHEN WIDER WILLEN - XVIII. DER PERFIDE PLAN

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von pentzw
am 12.10.2021 - 13:25 Uhr
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pentzw  Dem Arzt wurde von hinten ins Ohr geflüstert: „An Deiner Stelle wäre ich gerne gewesen!“
Er befand sich sonntags vormittags in der Kirche. Neben ihn saß seine Frau, danach die beiden Kinder. Bevor er der Gottesdienstzeremonie gemäß dabei sein mußte, sich zu erheben, wandte er automatisch den Kopf nach hinten, sah einen alten Bekannten, einen Einheimischen, sozusagen Spielkameraden, einem der wie er in dieser Stadt geboren worden war und sagte erstaunt: „Wobei?“
„Na, Du weißt schon!“, kam es prompt mit übertriebenen Augengeklimpere und einem recht übermäßig süffisanten Lächeln, das nahezu verschämt wirkte, denn das Gesicht zog, wie wenn es einen Drall hätte, dabei nach links hinten in die Halsbeuge.
Nun mußte er sich zum Gotteslob erheben, was ihm gerade recht war, denn er wußte im Moment gar nicht, was er mit dieser Aussage anfangen sollte. Im Chor betete man das Vaterunser und je länger es dauerte, desto mulmiger wurde es ihm.
'Kann das sein, daß der Porno allmählich die Runde machte?“ Die rufschädigenden Machenschaften der Krankenschwester zeigten mittlerweile ihre Wirkung. Gut, andererseits war er, er konnte es nicht leugnen, auch sehr geschmeichelt. Es war schon ein Ding, das seinesgleichen suchte, einen Porno zu drehen, der so viel Furore machte. Sein Bekanntheitsgrad stieg damit und das schmeichelte ihn nun einmal.
Er schaute um sich. Dort sah er einen Bekannten. Er sah zu ihm her. Schaute er nicht etwas scheel, den Kopf schräg haltend, denkend, von dieser perversen Seite her kenne ich ihn gar nicht, den ich mein Leben lang schon kenne; hätte ihm gar nicht zugetraut, aber...
War es Bewunderung, ein gewisser Respekt? Aber Mann, was denkst Du Dir, sagte er sich. Bist Du verrückt, darüber Dich zu freuen und zu denken, andere beneideten Dich. Vielleicht der Idiot hinter dir tut es, aber er wird entschieden in der Minderzahl sein. Die meisten werden nur eins Denken: von wegen, selbst in den Ehrbarsten – wie du giltst – schlummern mitunter die schlimmsten Dinge, die man nicht vermutet hätte.
Das wurde gedacht, Mann, wach endlich auf! Gefahr droht unendlich!
Plötzlich wandelte sich der Grund der Schmeichelei urplötzlich in das gerade Gegenteil, denn dieser hinter ihm intendierte Aussage mit seiner zweifelhaften Schmeichelei überschritt den Rubikon: : „Hoppla, da inszeniert sich einer?“
Mochte es dieser Idiot noch von der heiteren, hinnehmbaren Seite neben. Wer aber mochte das Allerschlimmste denken: Ist unser Chefarzt vom Ort jetzt größenwahnsinnig geworden und schert sich einen Dreck darum, welchen Leumund er mittlerweile hatte oder bekäme, so unangreifbar und hochgehoben fühlt er sich jetzt.
Dies konnte überhaupt nicht angehen!
Das war die höchste Alarmstufe!
Die Gewissheit breitete sich aus, die meinte, das eins hinfällig geworden ist, wovon er bislang ausgegangen war, daß sich vielleicht nur jeder Zehnte die Mühe machte, den verbreiteten Link aufzurufen und sowie der Pornostar überhaupt zu erkennen und zuzuordnen war, war nicht gesagt, ob sich derjenige welche weiter darum scherte und stattdessen dachte. „Wer so etwas verbreitet, ist ein Schwein!“, ein böser Scherz, dieses ganze Unterfangen, jemanden so zu kompromittieren – und er würde es vergessen.
Diese Reaktion des Kirchganggängers hinter sich verwies eine andere Dimension, zeigte, sein Verhalten wurde allmählich ruchbar, sprang mittlerweile wie ein Buschfeuer von einem zum anderen. Wen wundert es, war er doch Mitglied in jedem Klickerleins-Verein vor Ort. Zudem hier geboren. Auch seine Frau.
Hätte er doch nur eine Auswärtige geheiratet, die Auswahl hatte er gehabt!
Es mußte etwas unternommen werden, nur was, nur wie?
Wie?
Natürlich Ernst!
Ernst könnte da, wie immer, als der Mann fürs Grobe, der Spezialist für Beseitigung von Unrat und Sperrigem jeglicher Form, Abhilfe leisten. Der wird bestimmt auch mit der Krankenschwester fertig.
Nur wie?
Perfide Gedanken kamen ihn durchs Gehirn. Oder auch nicht so perfide. Jedenfalls für einen Arzt naheliegend.
Nichtsdestotrotz würde es schwierig werden.
Ernst war vielleicht gaga, sprich hörte hin und wieder Stimmen, aber deswegen war er noch lange nicht schwachsinnig. Im Gegenteil. Er wußte immer sehr wohl, was Sache war.
Aber er war beeinflußbar.
Unter normalen Umständen wenigstens.
Der Arzt hatte jedenfalls Hoffnung und nahm mit ihm Kontakt auf.
„Du weißt, was für Bilder im Internet kursieren?“
„Wie?“
„Du weißt schon, was ich meine!“
Ernst wußte zwar im ersten Moment nicht, worauf sein Bruder anspielte, aber blöd dastehen wollte er auch nicht und nickte ergeben.
„Nun, damit dies ein für allemal ein Ende hat, müssen wir der Verbreiterin dieses Video ihr Handwerk legen, findest Du nicht auch?“
„Aber natürlich!“ Immer noch nicht genau wußte er, worum's ging.
„Also, dieses Video können wir nicht mehr löschen, aber Derjenigen an den Kraken gehen.“
„Ja!“
„Und wenn ein schlechtes Licht auf Deinen Bruder fällt, Ernst, dann fällt auch ein schlechtes Licht auf unsere Familie und auf Dich und Deine Karriere, das weißt Du doch!“
„Ja, schon!“ Er verstand in Wahrheit immer noch nichts anderes als Bahnhof.
„Okay, da müssen wir handeln!“
„Ja, klar!“
„Also, ich habe mit dieser Person schon gesprochen, sie lässt sich unmöglich von ihren perfiden Handlungen abbringen – wir müssen ihr deswegen das Maul stopfen!“ Der letzte Halbsatz war im Crescendo ausgesprochen worden und Ernst, der bei der Bundeswehr war, schlug instinktiv unterm Tisch die Hacken zusammen.
„Jawohl! Das Maul stopfen!“
„Zudem ist Gefahr im Verzug!“
„Da müssen wir uns aber beeilen!“
„Du sagst es!“
Klar, Ernst verstand, zumal da sein Bundespräsidenten-Amt in Gefahr war. In spätestens einem halben Jahr stand dieses zur Disposition, worauf er sich gut vorbereiten und bestens positionieren musste. Die Presse würde natürlich alle Kandidaten abchecken, schmutzige Wäsche waschen, in den familiären Hintergrund rumstochern und sollte ein Bruder darin auftauchen, dem was auch immer Schlechtes nachgesagt wurde, warf es einen Schatten auf den Kandidaten.
Ernst atmete schwer durch.
Dass das gleich so schnell ging, wenn man hoch hinaus will in der Politik, daß man hart durchgreifen, zuschlagen, sich verbittert wehren mußte - damit hatte er nicht gerechnet, vermutet, daß dies eher irgend einmal der dann der Fall sein wird, wenn er mittendrin im Politsumpf steckte, also frühestens mit seiner Ära Berlin. Die auf dem Spiel stand.
So ist es! Also, keine Zeit für Kopfschütteln, Sich-Wundern und Zögern und Zaudern. Zuschlagen! Zurückschlagen!
Nur was wurde von ihm verlangt?
„Soll ich mit dieser Person ein ernstes Wort wechseln!“
Der Chefarzt schaute diesen Naivling von Bruder mitleidig an. In welcher Welt mußte man leben, um so naiv zu sein?
„Da braucht es ein bißchen mehr, Brüderchen!“
„Hm! Was sollte das sein, das Bißchen-Mehr?“
Steckte da Widerspruch drinnen? Daß es gar so nuschelig kam, ist schon Zeichen dafür.
„Lall nicht rum, Ernst! Gib klare Antwort. Deutliche Worte, Kleiner.“
Ernst war der Ältere, aber so hatte ihn sein jüngerer Bruder immer behandelt, von oben herab.
Ernst kam ins Stottern. Er machte einen neuen halblauten Anlauf. Wieder äußerte er sich wenig inhaltlich und zumal ausdrücklich klar. Das brachte den Arztbruder völlig auf die Palme. Leider mußte man seinem Bruder manchmal mit einem gehörigen Dämpfer zur Minna machen, bevor er ansprang.
„Verstehst, diese Person will und will unter keinen Umständen mit ihrer Schmutzkampagne aufhören, auf Teufel komm raus nicht. Ich habe es auch schon versucht, mehrmals. Vergeblich! Die braucht härtere Bandagen, knallharte. Da müssen wir leider sehr brutal zuschlagen.“
Das klang richtig gefährlich. Als Jugendliche war das kein Problem gewesen, wenn es darum ging, einen aus einer verfeindeten Gang mal zu zeigen, wo der Bartel den Most holte, was eine Harke war und null problema etwas physische Gewalt anzuwenden, wenngleich es Ernst sehr verhaßt war. Aber heute, in ihrem Alter - sie waren ja schließlich, Familienväter, Gesellschaftsmenschen – das war denn doch nicht so einfach.
Der Arzt merkte, dies würde so nicht hinhauen, Ernst hatte immer noch nicht kapiert. Brüderchen mußte eindringlich rübergebracht werden, was auf dem Spiel stand.
„Weißt, Karl, mein Freund, Dein Chef, er sieht sich nicht mehr länger in der Lage, einen aus unserer Familie bei sich zu beschäftigen, wenn das herauskommt, was unseren Familien-Ruf ruiniert.“
Ernst war zwar immer noch nicht klar, was eigentlich der Gegenstand dessen war, was ihren Familienruf so sehr zusetzte, aber wenn es der Bruder sagte, wird es schon seine Wahrheit haben. Er weiß, wann er die Alarmglocken anschlagen muß.
Ernst hatte bei Karl den Mädchen-für-alles-Job in dessen mittelständisch-großen Firma bekommen. Ein Minimum an Zugeständnissen für den Arbeitsmarkt, den Ernst bewältigen konnte bei dessen labiler psychischer Konstitution. Schwer genug war es gewesen, Ernst hier unterzubringen, eben nur bei einem befreundeten Unternehmer, der hin und wieder fünf gerade lassen konnte bei einem solchen Beschäftigten. Und noch einmal auf der Straße zu stehen, hätte für Ernst das Ende bedeutet. Das Ende seiner bürgerlichen Existenz. Die Aussicht, noch einmal etwas ihn zu finden, wo er nicht gelegentlicher Gast der Psychiatrie, Dauergast der Straße, permanente Zielschiebe der Behörden wäre – war gleich Null.
Dies wußte Ernst. Das kam unter keinen Umständen mehr in Frage!
Wenn notwendig, folgte er blind, damit dies nicht mehr eintrat. Mochte es auch seinen endgültigen Absturz bedeuten. Dessen war er sich gar nicht richtig bewußt. Er war wütig und aufgestiert wie von der Tarantel gestochen, kurzum bereit, alles dafür zu tun, um nicht wieder in der Gosse zu landen.
„Du bist mit der Krankenschwester mittlerweile vertraut?“
„Ja, wir sind uns nach dem Unfall nähergekommen. Sie hat mich notdürftig behandelt, bis die Sanitäter gekommen sind. Dann habe ich sie im Krankenhaus getroffen, äh, sie hat mich ein paar Mal in meinem Zimmer besucht!“
Der Arzt wird ungeduldig, es interessiert ihn sonst nicht weiter, was ein Fehler ist, aber ob die sich nun näher gekommen sind oder nicht, es sprach für seinen Plan.
„Gut, dann kannst Du Dich mit ihr ohne weiteres in Verbindung setzen, wenn Du willst!“
„Klar!“
„Wir machen hiermit Nägel mit Köpfen!“
Er legte vor Ernst auf den Tisch: eine Tinktur, eine Flüssigkeit, nämlich Gift in einem Fläschchen und eine Spritze.
„Weißt Du, wie Du damit umgehen musst?“
„Ich glaube schon!“
„Schau her, ich zeig's Dir.“
„Sauge aus der geöffneten Flasche Flüssigkeit mit der Spritze. Dann halte die Spritze senkrecht und drücke so lange auf diese, bis Bläschen herauskommen. Sobald Flüssigkeit kommt, ist genug. Dann spritzen.“
„Aber ich hab das noch nicht gemacht. In die Vene spritzen, ist das nicht kompliziert, eine richtige, dicke Vene zu erwischen?“
„Hier ist das egal. Spritz es irgendwohin unter die Haut, ganz einfach, in den Bauch, in den Rücken, in den Hintern, egal. Die wirkt so auch. Okay?“
„Okay!“
„Na, dann nicht daneben kleckern!“
„Ja, ich tu mein Bestes!“
„Hoffentlich ist es genug.“
„Ja, hoffen wir mal!“
„Also, ran an den Speck!“
„An welchen Speck?“ Ernst stand mal wieder auf dem Schlauch.
Der Bruder verdrehte die Augen, so daß Ernst Bescheid wußte, daß er sich dumm anstellte und den Mund hielt, in der Hoffnung, daß ihm später noch ein Licht aufgehen möge.
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