Der ultimative Heimatkrimi und Arztroman VIII - eine Pistole gehört zu einem Entführer wie...

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DER ULTIMATIVE HEIMATKRIMI UND ARZTROMAN VIII - EINE PISTOLE GEHÖRT ZU EINEM ENTFÜHRER WIE...

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von pentzw
am 11.06.2021 - 15:34 Uhr
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pentzw  Zisch!
„Schwein!“
„Lag nicht in der Absicht des Künstlers!“
„Schau mal, wie Du mein neues Polohemd versaut hast!“
„Äh, nicht so schlimm. Denk an die Kohle, die uns winkt. Dann kannst Du Dir Hundert neue kaufen und...“
„Jau!“
Beide Entführer lehnten sich wieder zurück auf ihr Sofa und ihren Sessel, Beine über einen kleinen Hocker hier gelegt und über die ganze Länge dort, schlangen Chips, Salzletten, Drops, Bonbons hinunter und hielten jeder eine geöffnete Bierdose in der Hand und zudem Rat darüber, was sie mit dem vielen Geld am Besten anfangen könnten.
„Wohin fahren wir mit den Scheinchen?“
„Gute Frage. Sehr gute Frage! Äh, zwei Dinge kommen mir. Entweder in den asiatischen Raum, Thailand etwa, oder in die Karibik, Dominikanische Republik, oder gleich nach Afrika.“
„Das sind aber drei?“
„Was?“
„Ich sagte, Du hast drei Möglichkeiten, nicht zwei genannt!“
„Wie meinst!“ Der Dunkle richtete sich schon auf, weil er sich herausgefordert fühlte und sich nicht mehr an seinen vorletzten Satz von den zwei Optionen erinnerte.
„Schon gut. Vergiß es!“
Er ließ sich wieder zurückfallen.
„Also, ich würde ja fast Afrika vorziehen.“
„Warum gerade Afrika, he!“
„Ganz einfach. Da war ich noch nicht! Und außerdem soll's da richtig geil sein, Frauen ohne Ende. Und das Schönste: billig bis umsonst!“
„Wau!“
„Ein Mann hat dort das Recht, mindesten vier Frauen sein Eigen nennen zu dürfen, mindestens.“
„Mannomann!“
„Und das beste ist: Die liegen Dir nicht den ganzen lieben langen Tag in den Ohren mit: Liebst Du mich überhaupt“ und „Bin ich Dir überhaupt etwas Wert?“. „Ja, Schätzchen.“ „Dann beweise, daß das stimmt.“ „Wie?“ „Kauf mir einen neuen BH!“ oder „Ein paar neue Schuhe!““
„Mann, wäre das schön, dies nicht mehr anhören zu müssen.“
„Friedlich ist das, friedvoll. Ja, und reden tun die Frauen nur, wirklich nur, wenn sie gefragt werden. Ansonsten halten die die Groschen.“
„Kuhl!“
„Am besten sind die Asiatinnen, oder Polynesierinnen, egal. Die vögelst Du abends und dann husch-husch aus dem Bettchen und auf dem Boden schlafen!“
„Himmlische Ruhe!“
„Zwar sollen die Tropen mittlerweile nicht mehr am billigsten sein, aber Sonnenschein ohne Ende, kein Winter, immerwährender Sommer...!“
„Ohjaohja!“
„Aber wir müssen auf unser Geld achten, ewig halten die halbe Million auch nicht!“
„Da sagst Du ein wahres Wort, Mann!“
So ging das stundenlang. Sie träumten von dem, was sie mit dem vielen Geld anstellen würden und ergötzten sich an dem, was ihnen so an unendlichen Möglichkeiten und Perspektiven offenstanden.
Aber die tollsten Phantasievorstellungen, ausgelutscht wie ein Kaugummis, langweilen mit der Zeit. Zumal, wenn dazu gut und gerne zwei Dutzend Dosenbier kommen. Das umnebelte das Hirn und so kam Blondie auf die Schnapsidee, böte sich schon einmal eine solche Gelegenheit, könnte man doch mal mit so einem flotten, tollen Schlitten ein bißchen durch die Gegend gondeln. „Oder, was sagst Du?“
Der Dunkle murrte: „Ich weiß nicht. Mal überlegen.“
Er nahm einen gehörigen Schluck aus seiner Bierdose. „Vielleicht steht der Wagen jetzt schon unter Beobachtung. Und wenn Du hinkommst, dann schnappen sie Dich. Dann erpressen sie den Standort der Geiseln und futschi-cago ist unser Lösegeld.“
Blondie zog verbissen an seiner Zigarette. „Ich geb zu, da ist etwas Wahres dran. Hm!... Aber wenn ich ganz vorsichtig bin. Also, wenn ich mich erst einmal eine halbe oder sagen wir ganze Stunde auf Lauer lege, die Szene beobachte, ob da Leute sind, Du weißt schon! Ich kenne ja die Gegend wie meine Westentasche...“
„Hm. Wahrscheinlich denkt die andere Seite das selbe. Die lauern auch auf jemanden. Dann lauert ihr beide gleichzeitig. Und der erste, der aus dem Busch kommt, ist der Verlierer, so sieht's aus!“
„Dann muß er mich erst einmal überwältigen, so sieht's aus!“
Der Dunkle zeigte ihm den Vogel: „Du Doofkopp, überleg mal! Was kennzeichnet die Polizei besonders, hm!“
Blondie kleinlaut: „Hm. Ne Knarre!“
„Eben!“
Scheiße, keine Knarre.
Er zog an seiner Zigarette.
„Okay, ich geb mich geschlagen.“
Wieder Zug an der Zigarette. „Ich geh trotzdem mal zum Auto! Weil, nach dem Rechten schauen, nur mal kurz, ist auch nicht verkehrt. Und – Mann, hat Du vergessen – außerdem muß das Gefährt ja aufgeschlossen werden, damit die Knete reingelegt werden kann.“
„Stimmt! Stimmt! Du hast Recht. Und inzwischen gehe ich zum Discounter um die Ecke, mal ein bißchen Hackfleisch kaufen. Alle anderen Sachen, Nudeln, Reis, Brot haben wir ja genug!“
„Genau, Mann. Mach das!“
Blondie war hell begeistert.
„Okay! Bis gleich!“
„Bis gleich!“
Er wollte sicherheitshalber das Terrain abchecken, sondieren und das Gefährt aufschließen, aber vielleicht doch auch eine kleine Spritztour mit dem Cabrio machen. Wer weiß!.
Er schwang sich auf sein Fahrrad.
Ein leichter Nieselregen kam hernieder und es wurde kühl. Aber er hatte ein voll funktionierenden Drahtesel mit intaktem Licht. Das war wichtig, falls die Dämmerung früher hereinbrach und der sich bildende Nebel aus dem Wald die Sicht mehr verdunkelte als die Tageszeit erlaubte.
Einige Hunderte Meter in der Nähe des Parkplatzes stellte er sein Fahrrad ab, verschloß es und schlich geradezu über abseitige, geschützte Umwege zum Bestimmungsort und sah doch prompt dort jemanden, keinen Polizisten, sondern einen Zivilisten, einen Spaziergänger nämlich sehr eingehend den Mercedes Benz anschauen, um ihn herumgehen, unter den Unterbodenschutz schauen und den Kofferraum aufmachen wollen.
Der Polizistenneffe ließ es sich nicht nehmen, einen Tag vor der Geldübergabe, am Sonntag, nach dem Rechten des Mercedes Benz seines Onkels zu schauen. Den Tatort unter die Lupe nehmen war bestimmt nicht verkehrt. Anschließend sich noch eine Zeitlang auf Lauer legen, wer weiß, was passierte.
So hatte er genauso vorsichtig seinen PKW wie Blondie sein Fahrrad weit genug von hier abgestellt. Als er zuerst einmal um den heißen Brei herumgeschlichen war, war er nach zehn Minuten Vorsichtigsein an das Gefährt herangetreten, um sich einen Eindruck vom Auto des Neffen zu machen, in dem das Lösegeld gelegt werden sollte.
Da dieser Landkreis des Krankenhauses nicht sein Dienst-Arbeits-Bezirk war, befand er sich ausschließlich in privater Mission hier. Aus Gründen der Geheimhaltung war von einer Kurzschließung mit der zuständigen Polizeistation abzusehen. Dienstrechtlich gesehen war es also gefährlich, sich hierher zu begeben. Was würde er antworten, wenn ihn ein Kollege stellte und fragte, was er hier zu suchen hätte? Da man sich weit über seinen Bezirk hinaus unter Kollegen bekannt war, wäre dies mehr als peinlich.
Es fand nichts Auffälliges am Auto, was er auch nicht erwartete hatte. Er spähte in die Gegend herum auf der Entdeckung eines Beobachters. Dann auf der Suche nach einem guten Versteck. Dabei machte er eine Verlegenheitsgeste, ähnlich der Onkels einen Tag zuvor wegen des Schwarzgeldes, auf jeden Fall mindestens genauso verhängnisvoll, als er unachtsam die Hände in die Jackentasche steckte und nervös ein bisschen den Pistolenhalfter nach oben rückte, so daß ein Ideechen daraus hervorlugte und nun vom verdeckten Blondie gesehen wurde.
Dadurch stand jener sofort unter stärkstem Zugzwang.
'Boa, so eine Pistole ist auch nicht schlecht! Eigentlich gehört eine solche regelrecht zu professionellen Entführern wie wir es sind.'
Und hier bot sich wieder einmal die nächste tolle Gelegenheit!
'Mensch wir haben schon ein Glück! Zuerst zu Geld kommen, obwohl wir's gar nicht geplant haben. Und jetzt zu einer Waffe, damit auch nichts dabei schief läuft!'
Das Schicksal und Glück winkt ständig mit dem Zaunpfeil!
Die Mühe konnte er sich jetzt sparen, zur Absicherung der Erpressung eine Waffe zu besorgen . Sie wurde ihm hier auf dem Präsentierteller gereicht. Er mußte nur Pistolenbesitzer überwältige und schon war er stolzer Besitzer des Handwerkzeugs eines professionellen Entführers, einer Knarre.
Damit war seine Rolle perfekt.
Schnell ging er zurück zum Fahrrad und holte sich zwei Dinge aus seinem Fahrradwerkzeugtäschchen. Gerade rechtzeitig kam er wieder zum Parkplatz, als sich gerade der merkwürdige Passant mit Waffe in die Büsche schlug. Aber er sah danach einen Strauch sich bewegen. Er konnte es kaum glauben, aber dahinter hatte sich der komische Vogel versteckt, scheinbar um das Terrain zu beobachten.
'Nun um so besser. Da brauch ich Dich nicht zu verfolgen, sondern schleiche hinten herum auf Dich zu.'
Es gelang ihm unbemerkt an den Waffenträger heranzuschleichen, wozu er nicht einmal eine Viertel Stunde brauchte. Zugute kam ihm beim Heranpirschen, daß es merklich zu regnen angefangen hatte, was a) die Sichtverhältnisse verschlechterte und b) weil das Opfer sich eine Kapuze über den Kopf gezogen hatte, verräterische Geräusche wie Knacksen, Scharren, Hüsteln und Räuspern nicht zu hören waren. Das war auch gut so, denn Blondie kostete es einige Mühe mit seiner Lunge keine Geräusche zu machen angesichts seines jahrzehntelangen Nikotin- und THC-Konsum: sie röchelte wie ein Reibeisen.
Er drückte dem Polizisten einen kalten Schraubzylinder in den Rücken, der vorne einem Pistolenhals glich und mahnte eindringlich: „Bleib liegen, wie Du bist und rühr Dich nicht, dann passiert Dir nichts.“
Der Polizist gehorchte unbedingt.
„Jetzt Hände auf den Rücken!“
Der Polizist tat wie ihm geheißen.
Dann machte Blondie mit einem Kabelbinder eine Fessel.
„Rühr Dich nicht, dreh Dich nicht um, bleib wie Du bist!“
Von hinten fischte er sich die Pistole aus der Pargatasche des Gefangenen. Schließlich, als Blondie die Waffe an sich genommen hatte, verabschiedete er sich mit den dringlichen Worten: „Bleib eine Viertelstunde hier liegen. Äh, oder besser, zähl bis Tausend, bevor Du Dich erhebst! Verstanden!“
Der Polizist nickte ergeben.
„Bis Tausend!“
„Ja, ich habe verstanden!“
„Wenn Du mich verfolgst, dann schieß ich! Verstanden!“
Wieder nicken. Der Übertölpelte lag mit dem Gesicht im Unterholz, rührte sich nicht und schämte sich unendlich.
Blondie fühlte sich, sowie er der Pistole besaß, mit einem Schlag Tausend Mal besser.
'So ein Ding in der Hand, an der Hüfte, am Körper gibt Halt und Sicherheit und macht einem zu einem aufrechten Menschen. Super!'
Tatsächlich lief er so aufrecht und stolz wie noch niemals zu seinem Fahrrad zurück.
Auf einmal kam ihm, daß er einen fatalen Fehler gemacht hatte.
Warum nur hatte er den Mann nicht bewußtlos geschlagen?
Jetzt würde dieser ihm bestimmt klammheimlich folgen. Er nahm den Waffenhalter zur Hand, öffnete diesen, zog die Pistole heraus und drehte sie lange in Händen, bis er die Entsicherung gefunden hatte und machte sie schußbereit.
Er feuerte einen Warnschuß in das dichte regenverhangene Gehölz hinein.
`Sicher ist sicher. Damit der Verfolger mir nicht zu nahe kommt!´
Er packte sein Fahrrad an sich, schlug sich damit durch die Büsche und fuhr auf den engen Waldwegen Richtung Tunnel unter den Bahngleisen, welches der kürzeste Weg nach Hause war.
Dabei kam ihm eine geniale Idee.
Durch den kleinen Tunnel schob er sein Fahrrad, stellte es danach beiseite und löste das Fahrradschloß.
Die Unterführung war auf beiden Seiten mit Eisentüren versehen, die geöffnet waren. Manchmal mußte der Durchgang aus welchen Gründen auch immer im Bedarfsfall blockiert und abgesperrt werden, von daher die schmiedeeisernen Türen. So brauchte er sie nur zu verriegeln, nämlich mit dem Schloss zu versperren, so daß keine zehn Pferde das Eisentor mehr aufkriegten und sein Fluchtweg perfekt abgesichert war.
Danach nahm er schnell Reißaus.
Zurecht hatte er gemutmaßt, der Fremde würde ihn im gebührenden Abstand verfolgen, aber als er zum Tunnel kam - Ende Gelände! Über die Bahngleise zu gehen angesichts des durch und durch dichten Regens – glatter Selbstmord.
Im Moment des Hauseintritts war Blondie auf einmal schrecklich klar geworden: er muß die Geiseln erschießen.
Aber kein Problem.
Er wog und streichelte die tolle schwere Waffe liebevoll in seinen Händen wie einen Goldbarren.

© Werner Pentz
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