Der ultimative Heimatkrimi - Roman einer Erpressung II.

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DER ULTIMATIVE HEIMATKRIMI - ROMAN EINER ERPRESSUNG II.

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von pentzw
am 14.05.2021 - 12:14 Uhr
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pentzw  „Mensch, der Medizinmann verbirgt doch was!“
In dem Mercedes-Benz-Cabrio hing ein Emblem mit dem Äskulap-Zeichen.
Und schon griff er dem Arzt an die Hose. Dabei umpackte er die Börse.
„Männchen, rück mal mit die Piepen raus! Aber dalli!“
Er ließ los und machte eine flache Hand. Der Arzt reichte ihm seinen Geldbeutel.
„Schau'n ma mal, was Ärzte so verdienen!“
Und zu seinem Erstaunen fischte er einen olivroten Euroschein mit spitzen Fingern heraus,.
Blondy warf die Zigarette weg, kam um die Karosserie gerannt, ergriff sich den Schein und schrie auf: „Was ist denn das für ein Scheinchen, he? Wau.“
Er langte sich mit einer Hand vor Ungläubigkeit an den Kopf, hob die Blüte in die Höhe und rief laut aus: „Schau Dir das mal an!“
1000 Euro.
Dieser rang sich kaum ein Lächeln ab, da er längst von etwas anderem angezogen war: Sein Blick fiel auf diese milchig-gelbe Hautfarbe im Beifahrersitz des Cabriolet, die eine Schulterpartie freigab, um die über die Achseln BH-Träger verliefen.
Gleichfalls in Unruhe versetzt war Blondy immer noch über seinen Fund.
„Weißt Du, wie lange ich hierfür Flaschen sammeln muß?“
Und ein drohender Blick fiel auf dem unter ihm sitzenden Arzt. Kurze Stille – zum Nachdenken – zum Nachrechnen. „Jahre, Jahre, kann ich Dir sagen, Jahre!“
Er drehte sich jetzt mit dem 1000 Euroschein um sich selbst, bis er abrupt innehielt und wieder drohend und bohrend auf den Arzt niederblickte und verkündete: „Das kommt mir jetzt gerade Recht. Nachdem ich ins Krankenhaus eingeliefert worden bin und pro Tag 10 Euro zu zahlen habe. Mann, ja, das habe ich! Trotz propagierten Sozialstaat. He, wo bleibt er, wenn man krank ist? Dann zeigt er seine Fratze, he: bezahlen mußt Du fürs Kranksein, he! In ihrem verfickten Krankenhaus pro Tag 10 Euro! He!“
Der Chefarzt fühlte sich beschämt. Aber peinlich war ihm nicht dieser Umstand, daß es wahr war, sondern wegen des geringen Geldbetrages. Was sind schließlich schon 10 Euro, was sind 100 Euro? Bei 10 Tagen Aufenthalt. Und überhaupt!
Verlegen schaute er seine Partnerin an.
So viel Armut war ihm hochnotpeinlich. Diese seine Mitgefangene, die Krankenschwester, blickte nur starr drein: offenen Auges stand ihr das Entsetzen im Gesicht und in den Augen die vage Angst um ihr Leben.
Klar, bei der fand man außer guten, sterilen Sex keine anderen Gefühle.
Er fühlte sich als einziger angeklagt und am Pranger stehen. Zur Angst paarte sich ihm zudem Peinlichkeit und Hilflosigkeit.
„Na, los Daktari, sprich. Wie stehst Du dazu?“
„Tja, ich weiß auch nicht!“
Er fand keine Worte. Geldnot kannte er nur vom Wort her.
„Hört Euch den Daktari da an. Sahnt ab von den Kranken Gelder, was das Zeug hält, und wenn man ihn darauf anspricht, meint er:“ Blondy äfft den Arzt nach: „Ich weiß auch nicht!“
Blondy wurde jetzt richtig wild und schoß unerwartet schnell mit seinem Kopf über den Volant ins Coupé hinein, mit seiner Nase und seiner bedrohlichen Stirn kurz vor des Doktors Kopf verharrend. „He, Doktor, warum?“
„Ich, ich bin auch nur ein kleines Rädchen im Getriebe.“
Dem Arzt standen dabei die Schweißperlen an der Stirn.
„Pah, das sagen sie alle!“
Blondy zog sich wieder zurück in aufrechte Körperhaltung und sagte zu Blacky: "Ganz schön platt der Arzt hier!"
Er steckte sich wieder eine Zigarette an.
„Und letzthin. Einweisung ins Klinikum. Krankenkasse hat mir die Fahrkosten zugesagt. Ich also ein Taxi genommen, dem Taxifahrer die Erlaubnisschein von der Krankenkasse gegeben und ab in die Klinik. Nun kommt heute ein Schreiben vom Taxiunternehmer, daß ich die volle Kosten der Fahrt von 140 Euro zu zahlen habe. Die Krankenkasse weigert sich, weil sie keine Verordnung zur Fahrt herausgegeben haben will. Da hast Du den Salat!“
Blacky nickt weise, wissend und betroffen mit den Kopf. „Mann, da bist Du nicht allein!“
Der Arzt weiß auch nichts dazu zu sagen, denkt, daß der Patient gutgetan hätte, eine Kopie von der Verordnung anzufertigen, aber solche Leute haben a) keinen Kopierer und b) stehen sie derartig unter Druck und leiden meist derartig, daß ihnen die Kopiererei unerträgliche Umstände bereitet, so daß sie's sein lassen. Wenngleich sie ohnehin meist so vertrauensselig sind, daß sie nicht daran denken, sich durch eine Kopie abzusichern. Sie rechnen nicht mit der Kleinlichkeit, den Neid und der Engstirnigkeit der Bürokraten. Viele von denen zieren sich, als ginge es bei den Zuwendungen, Unterstützungen und "Leistungen" um ihr eigen Hab und Gut.
Er schüttelt ratlos-verhalten den Kopf. Beißt sich auf die Lippen. Wagt keine Antwort zu geben.
„Und woher hast Du eigentlich die 1000 Euro, Mann!“
Der Arzt weiß, reden hat keinen Sinn.
Blondie merkt das und schleudert ihm die Antwort ins Gesicht: „Bakschisch, Mann, gib's schon zu! Du hast eine Sonderbehandlung eingelegt, beim einem Geldsack, he! Der hat Dir dann für die Extrabehandlung diese Schmiere zugesteckt, ist's nicht so?“
Der Arzt rührt keine Wimper, keine Lippe und kein Glied.
„Mir brauchst Du nichts vorzumachen, mir ist klar, was mittlerweile falsch läuft im Staate Dänemark!“
Blacky: „Dänemark?“
„Das sagt man halt so!“
„Hä?“
„Statt Deutschland sagt man Dänemark. Irgendetwas ist faul im Staate Dänemark, so sagt man!“
„Wieso sagt man das, wenn wir hier im korrupten Deutschland leben, he! Willst Du mich verarschen!“ Er macht die Bewegung des Zu-allem-Bereit-Sein, nämlich selbst zu einer Handgreiflichkeit.
„Ist ja egal!“
„Mir aber nicht! Ich laß mich nicht verarschen. Also, warum?“
„Mann, weiß ich auch nicht. Hab's halt irgendwo gehört.“
„Achso, und Du weißt nichts besseres, als solch einen Blödsinn nachzuplappern!“
„Du hasts erfaßt!“
„Für so dumm hätt ich Dich aber nicht gehalten!“
„Ja, ich mich auch nicht!“
„Hä!“
„Ist gut, Mann. Von mir aus: es ist etwas faul im Staate Deutschland! Gut so?“
„Ja, das brauchst aber nicht extra zu betonen. Das weiß ja wohl mittlerweile ein jeder, Mann!“
„Da hast Du verdammt recht, Mann!“
„Na also, sag ich doch!“ Und Blacky begibt sich wieder in Entspannungs-Modus und macht einen tiefen Schluck aus der Dose.
Blondy wendet sich indes wieder dem Arzt zu, versucht in dessen Gesicht zu lesen, merkt, daß die Mauer wacklig und brüchig geworden ist, gegen die er geprescht ist. Er ist etwas befriedigt, aber nicht genug. Er zutzelt an seinem Glimmstengel wie an einer Lusche, dann schnellt er mit seinem Kopf wieder vor nah bis zum Arztkopf.
„Seitdem wir mit 16 in der Scheißmaloche stecken, hat man uns gesagt: Sozialbeiträge fürs Alter entrichten. Hä! Wofür? Für den Sozialstaat. Wozu? Damit jeder, wenn er in Schwierigkeiten kommt, abgesichert ist. Ans Alter wollen wir gar nicht denken. Werden es sowieso nicht! Steckst Du aber in der Scheiße, dann hilft Dir keine Sau. Bezahlen heißt es jetzt wieder. Bezahlen, daß man krank sein darf, daß man ärztliche Versorgung erhält, daß man in einem Krankenhaus behandelt und operiert werden darf. Aber wehe, Dir fehlen die Penunzen und Du bist krank, dann überlegst Du Dir es zweimal: lass ich mich nun ins Krankenhaus einweisen oder besser kann ich's mir überhaupt leisten? So sieht's aus!“
Wieder nuckelt er an seiner Zigarette, fischt sich gleichzeitig aus seiner Tasche eine Schachtel mit Pillen und wirft sie sich ein.
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