Die Angst, Figuren zu enttäuschen

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DIE ANGST, FIGUREN ZU ENTTÄUSCHEN

Thema gestartet
von HeyLia
am 02.10.2016 - 16:47 Uhr
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HeyLia  Ein herzlichen Hallo, liebe mystorys Mitglieder.

Der Titel klingt schräg und genauso ist wohl auch die Frage, die ich stelle bzw. die Erfahrung, die ich gerade mache. Ich bin gerade an einem meiner wenigen, sehr langen Projekte und nehme mir dafür ausreichend Zeit, um den Figuren und der Geschichte, die ich mir erhoffe, kreieren zu können, gerecht zu werden. Jetzt habe ich aber eigentlich ja gleich zwei Probleme, zum einen wage ich mich gerade an Stellen, an die ich bis dato nie gedacht habe und ich rede davon, in der eigenen Geschichte einige persönliche Hemmschwellen abzulegen. Nun, als wäre das nicht genug, kommt unter anderen wohl auch daher die Angst (auch weil ich die Figuren so gerne habe), sie, die Figuren- wie im Titel bereits steht- zu enttäuschen. Schaffe ich es, meine Hemmschwellen abzulegen und die Figuren ihren eigenen Weg gehen zu lassen? Kann ich die Figur so beschreiben und in der Geschichte so behandeln, dass sie nicht enttäuscht von mir wäre, könnte sie sprechen? Solche Fragen schwirren mir gerade durch den Kopf und ich weiß selber genau, dass das eigentlich ziemlich seltsam klingt. Immerhin ist es "nur" eine - nein, m(!)eine- Geschichte. Aber hattet ihr auch mal das Gefühl, dass eine Geschichte euch selber viel wichtiger wird, als man es vorher kannte? Natürlich sollte man stets darüber schreiben, was einen selber irgendwo bewegt und es ist nicht so , und bitte versteht mich da nicht falsch, dass mir andere Geschichten egal waren. Aber so eine ANGST hatte ich dennoch noch nie.
Vielleicht ist das auch der Anfang einer Schreibblockade und ich will es mir nicht eingestehen :D Wer weiß.
Ich danke euch dennoch schonmal für das Mitteilen eurer Erfahrungen und bin gespannt.
Liebste Grüße
Vor langer Zeit - Antworten
Francisco  Liebe Heylia,
Ich widerspreche. Der persönliche Reifegrad ist abhängig davon, wie gravierend der Abschied beispielsweise eines Hauptprotagonisten sein kann, den die Leser mögen. Schließlich wurde Jon Schnee ( Jon Snow ) in der Serie Game of Thrones ein qualvolles, langes Jahr lang nachgetrauert - , oh wie fies, wie ich finde, aber dann erwecken die Serienerfinder Jon Schnee wieder zum Leben -, da gibt's den Daumen nach oben. Bei rein fiktionalen Stories pranger ich das Verhalten meiner Protagonisten an, weil ich die Beziehung Autor-Hauptprotagonist sowieso abbreche; erfahrungsgemäß zieh ich den Stecker raus. Protagonisten, die mir ans Herz gewachsen sind, erfüllen zugeschriebene Aufgaben oder Pflichten ( wie mann's auch nennen mag). Das hat äußerste Priorität.

Schreibblockaden haben Amateure, Profis und Schreibbegeisterte. Erzwungene Kreativität hört sich banal an.

Hoffe, die Antwort hat ein bisschen geholfen.
Liebe Grüße,
Francisco
Vor langer Zeit - Antworten
Fabe86  Hallo liebe HeyLia,

Ich habe so eine Ahnung, was du meinst... Aber irgendwie ist dann wohl doch wieder jeder Autor anders, daher verstehe ich es leider nur teilweise. Ich gehe mal kurz von mir aus: Meine Geschichten sind mir immer wichtig - und viel lebendiger als etwa andere Bücher oder Filme. Außerdem entwickeln Story und Figuren bei mir oft ein Eigenleben, was vermutlich daran liegt, dass ich nur über Figuren schreiben, die einen "vergrößerten Teil von mir abbilden". Ist das verständlich? Der Bösewicht in meiner aktuellen Geschichte z.B. ist ziemlich stark von meinem persönlichen Wunsch beseelt, die Dinge unter Kontrolle zu halten. Also ja: So betrachtet könnte ich Dinge schreiben, die die Charaktere "enttäuschen" - wobei ich noch nie diese Sichtweise eingenommen habe. Meine Charaktere sind nicht von mir getrennt, in gewisser Weise schlüpfe ich eher in deren Rolle. Ein Charakter, der sich komplett von mir unterscheidet - in allen Belangen - könnte nur sehr flach gezeichnet werden. Aber ich bin auch noch Anfänger, vielleicht kann ich mich hier noch entwickeln ;).

Ich habe noch nie geschrieben, um aktiv eine Hemmschwelle abzubauen - wenn ich große Probleme mit einer Szene habe, dann meist deshalb, weil die Handlung quasi einen meiner wunden Punkte trifft - und da ich mit den Charakteren mitfühle, ist das auch für mich unangenehm. Hört sich, wie ich gerade feststelle, auch sehr nach pseudo-intellektuellem Gejammer - oder wenigstens absurd - an, aber so ist es tatsächlich.

Wenn natürlich deine ganze Geschichte dazu dient, an dir selbst zu arbeiten - so habe ich das zumindest verstanden - dann hättest du dieses Problem in nochmal größerem Maße, nur wählst du die Perspektive auf deine Charaktere anders. Eigentlich, so meine THEORIE(!), wärst dann du die Enttäuschte - von dir selbst. Das ist aber alles schwer zu beurteilen, solange nur du weist, um welche Hemmschwellen es hier konkret geht. Und ich könnte gut verstehen, wenn du das nicht würdest posten wollen - täte ich auch nicht zwingend.

Ich hoffe, das hilft zumindest irgendwie - auf Fragen antworte ich gerne, sollte etwas nicht klar verständlich sein o.ä..

Liebe Grüße!
Vor langer Zeit - Antworten
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