Wie weit geht man in der Beschreibung bei sexuellem Missbrauch

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WIE WEIT GEHT MAN IN DER BESCHREIBUNG BEI SEXUELLEM MISSBRAUCH

Thema gestartet
von VictoriaS
am 17.08.2013 - 13:45 Uhr
VictoriaS  Liebe Leuts,

der Betreff sagt eigentlich schon alles.

Diese Geschichte hier

http://www.buch-schreiben.net/kurzgeschichte/lesen2.php?story=88600

ist ungefähr die Entwicklung eines Buches, an dem ich schreibe (nur das Ende nicht, also die Altenheimgeschichte). Einen zweiten Teil dazu habe ich ebenfalls veröffentlicht, falls es interessiert. Ich verlinke es deshalb, um ungefähr zu zeigen, wo ich mich sprachlich bewege.

In dem Buch kommt es schließlich auch zur Vergewaltigung des achtjährigen Mädchens. Hier will ich einerseits schon recht deutlich den Missbrauch schildern, vordergründig natürlich auch dies, was es ist, nämlich die Ausübung von Macht.

Andererseits liegt es mir fern, einen Porno für den des Lesens mächtigen Päderasten schreiben, der sich ob dieser Schilderungen animiert fühlt.

Gleichzeitig hab ich selbst eine achtjährige Tochter, was das Schreiben nicht gerade erleichtert.

Meine Frage an Euch ist: Wie weit würdet Ihr in der Beschreibung gehen? Wo sehr ihr die Grenzen, was würdet Ihr nicht mehr lesen wollen. Dabei könnt Ihr natürlich davon ausgehen, dass es kein Porno wird.

Danke für`s eventuelle Mitdenken,

V.
Vor langer Zeit - Antworten
shirley  Hallo, sehr schwieriges Thema. Wenn es jetzt auch etwas fies klingt, aber es kommt jetzt besonders auf deine Schreibkunst an, auf dein Können.
Genau wie ich eine erotische Szene sehr schön aber auch sehr abstoßend beschreiben kann, so kann ich auch eine Vergewaltigung SEHR falsch in Szene setzen.
Der Leser soll ja schockiert sein, versuche in diesem Fall also nicht mit poetischer Schreibweise, vollkommenden Sätzen aufzutrumpfen, sondern sei das Mädchen und schrei(b)e die Falschheit dieser Handlung hinaus.
Du hast zwei Möglichkeiten. Du gehst gar nicht ins Detail, dann kanst du auch nichts falsch machen...oder du gehst sehr wohl ins Detail, so sehr, bis auch der letzte Leser entsetzt ist und kapiert. Alles dazwischen hat das arme Mädchen nicht verdient.
LG Shirley, die hoffentlich helfen konnte.
Vor langer Zeit - Antworten
VictoriaS 
Zitat von shirley am 03.07.2013 - 12:21 Uhr:
Hallo, sehr schwieriges Thema. Wenn es jetzt auch etwas fies klingt, aber es kommt jetzt besonders auf deine Schreibkunst an, auf dein Können.
Genau wie ich eine erotische Szene sehr schön aber auch sehr abstoßend beschreiben kann, so kann ich auch eine Vergewaltigung SEHR falsch in Szene setzen.
Der Leser soll ja schockiert sein, versuche in diesem Fall also nicht mit poetischer Schreibweise, vollkommenden Sätzen aufzutrumpfen, sondern sei das Mädchen und schrei(b)e die Falschheit dieser Handlung hinaus.
Du hast zwei Möglichkeiten. Du gehst gar nicht ins Detail, dann kanst du auch nichts falsch machen...oder du gehst sehr wohl ins Detail, so sehr, bis auch der letzte Leser entsetzt ist und kapiert. Alles dazwischen hat das arme Mädchen nicht verdient.
LG Shirley, die hoffentlich helfen konnte.


Liebe Shirley,

vielen Dank für Deine Antwort. Alles ist hilfreich, weil es zumindest Argumente und auch Denkanstöße leifert. Allein wenn ich Deinen Beitrag beantworte, muss ich ja nun wieder das Thema intensiv beleuchten.

Eine "poetische" Beschreibung käme für mich bei diesem Thema nicht in Frage. Dies fällt schon mal weg. Zudem benutze ich vom Erzählstil her den eingeschränkt auktiorialen Erzähler, "bin also in den Köpfen" meiner Protagonistin und des Antagonisten (Vater). Somit hab ich die Möglichkeit, die Szene der Vergewaltigung aus der Sicht des Mädchens zu beschreiben oder aus der Sicht des Vaters.

Die Sicht des Mädchens ist denknotwendig eine beschreibende Sicht, was mit ihr passiert. Die entsprechenden "Ausdrücke" dafür sind ja in dem Sprachschatz des Kindes noch nicht vorhanden.

Die Sicht des Vaters ist natürlich mit den entsprechenden Ausdrücken und natürlich auch mit der entsprechenden Brutalität.

Vom Bauchgefühl her würde ich die Sicht des Mädchens wählen. Irgendwie kmmt mir das aber beim Schreiben vor, als würde ich (Autor) sie durch diese Darstellung (Bloßstellung) ein weiteres Mal vergewaltigen. Wahrscheinlich ist mein "Problem" selbstgemacht und meine FIKTIVE Protagonistin schon viel zu lebendig.

LG V.
Vor langer Zeit - Antworten
MerleSchreiber  Liebe Viktoria,
beim Missbrauch innerhalb der Familie geht es in den selteneren Fällen brutal zu. Sondern VORDERGRÜNDIG liebevoll. ZU liebevoll. Im Gegensatz zu Vergewaltigungen im öffentlichen Raum, wo es dem Täter ja oftmals "nur" um die momentane Lustbefriedigung geht, um dann (evtl. unerkannt) wieder abtauchen zu können, geht es in der Familie um ein möglichst dauerhaftes und langfristig angelegtes ABHÄNGIG und GEFÜGIG machen des Opfers. Oftmals einhergehend mit einer eingetrichterten Rollenumkehr, das heißt der Täter stellt das Opfer als den eigentlich aktiven und verführenden Part hin. Was dann wieder zu enormen Schuldgefühlen beim Opfer führt.

LG Merle

Kennst Du "Ich war zwölf....." (Nathalie Schweighoffer)
Vor langer Zeit - Antworten
VictoriaS 
Zitat von MerleSchreiber am 03.07.2013 - 13:19 Uhr:
Liebe Viktoria,
beim Missbrauch innerhalb der Familie geht es in den selteneren Fällen brutal zu. Sondern VORDERGRÜNDIG liebevoll. ZU liebevoll. Im Gegensatz zu Vergewaltigungen im öffentlichen Raum, wo es dem Täter ja oftmals "nur" um die momentane Lustbefriedigung geht, um dann (evtl. unerkannt) wieder abtauchen zu können, geht es in der Familie um ein möglichst dauerhaftes und langfristig angelegtes ABHÄNGIG und GEFÜGIG machen des Opfers. Oftmals einhergehend mit einer eingetrichterten Rollenumkehr, das heißt der Täter stellt das Opfer als den eigentlich aktiven und verführenden Part hin. Was dann wieder zu enormen Schuldgefühlen beim Opfer führt.

LG Merle

Kennst Du "Ich war zwölf....." (Nathalie Schweighoffer)


Liebe Merle,

vielen Dank für Deinen Kommentar.

Ich kenne diese Aussagen über sexuellen Missbrauch in Familien. Sie trifft hier bei mir nicht zu. Ich kopiere Dir hier mal etwas über den (Stief-)Vater ein:

*****
Der (Stief-)Vater ist Berufssoldat, hat da auch eine militärische Laufbahn (welche muss ich noch recherchieren) und ist es gewöhnt, Befehle zu erteilen, die unwidersprochen ausgeführt werden. Die Ehe mit Lalas Mutter ist auch glücklich. Sie sehen sich nicht so oft, weil er versetzt worden ist und die Restfamilie wegen der kranken Großmutter nicht mitgezogen ist. Die Frau ist daheim und hütet Haus, Herd und Kind und er kommt eben an den Wochenenden und Feiertagen. Dann ist er wie der reiche Onkel aus Amerika, verwöhnt Lala etc.

Dann geht er nach Afghanistan und bei einem Bombenanschlag auf den Bundeswehrkonvoi wird er durch umherfliegende Splitter schwer verletzt. Er wird geheilt, kommt zurück nach Deutschland und ist hier arbeitslos. Er leidet unter den Schmerzen der Verletzung und unter posttraumatischer Belastungsstörung. Die Schmerzen und die Bilder bekämpft er mit Alkohol und Tabletten.

Die ihm zustehende Entschädigung wird ihm verweigert, weil ihm vorgeworfen wird, sich entgegen der Befehle verhalten zu haben und somit den Unfall selbst herbeigeführt zu haben. (Hier muss ich noch mal genau recherchieren, was Nichtzahlungsgründe sein könnten.) Jedenfalls ist der Vater Heiko, Spitzname Hacke (so nenne ich ihn dann auch im Buch) daheim und sein ganzes Weltbild ist in Unordnung. Er ist nicht mehr der starkeTyp, der Held?. Er ist ein Bündel aus Tabletten und Alk, seine Frau muss arbeiten gehen, um die Familie über Wasser zu halten, die Bank droht mit der Zwangsversteigerung des Hauses ? . Er hat also keine Macht mehr; einzig Lala kann er schikanieren, demütigen und so weiter. Und Lala ist eben ein Kind. Je mehr sie gequält wird, um so unterwürfiger reagiert sie, will alles richtig machen und so weiter.

?und so steigert es sich auch bis hin zum sexuellen Missbrauch/der Vergewaltigung.

****
Hier steht einzig und allein die Ausübung von Macht im Vordergrund. Das Mädchen ist die einzige Person, über die der Vater noch Macht hat.

Es ist hier natürlich von der Beschreibung recht oberflächlich; ich will auch nicht 7 Seiten Figurbeschreibung reinkopieren.

Dazu hab ich natürlich auch entsprechend recherchiert.

LG V.

Das Buch kenne ich nicht, aber ich frag gleich mal Tante Google.

Vor langer Zeit - Antworten
Empokmaren  Admin: Text entfernt, da Mitglied nicht mehr registriert ist.
Vor langer Zeit - Antworten
VictoriaS 
Zitat von Empokmaren am 05.07.2013 - 13:24 Uhr:
Liebe V.!

Eine Vergewaltigung kann man nicht schön darstellen. Schon gar nicht, wenn ein kleines Mädchen das Opfer ist.
Das ist sicherlich auch abhängig, wie du mit diesem Thema in Deinem Buch umgehst und unter welchen Umständen sich die Szene aufbaut.
Ich finde es wichtig, dass es nicht zu sachte geschrieben ist, denn das ist es in gar keinen Fall. Da ich Dein Werk noch nicht gelesen habe, fällt es mir schwer Dir einen guten Rat zu geben, wie Du es am geschicktesten schreiben könntest.
In jedem Fall sollte Dir bewußt sein, dass Du den Leser schockierst. Daher mein Motto, je realer die Beschreibung, umso besser.
Andere Möglichkeit, du appelierst an die Fantasie des Lesers und umschreibst es. In diesem Fall den richtigen Weg einzuschlagen ist abhängig von Deiner Schreibkunst.
Auf jeden Fall wünsche ich Dir viel Glück - und KEINE schlaflosen Nächte.
LG Maren



Liebe Maren,

vielen Dank für Deinen Kommentar und Deine Anregungen.

Vom Aufbau der Szene her wird es -sofern ich nicht alles verhaue- eindeutig sein, was in diesem Moment zwischen dem Vater und dem Mädchen passieren muss. Es ist das Finale des angebahnten und bis dahin auch gesteigerten Konfliktes.

Ich lese gerade einige andere Texte dazu und schauen mal, wie andere Autoren das Problem lösen.

LG V.
Vor langer Zeit - Antworten
Robbie  Hallo Victoria,
ich geh einfach mal davon aus, dass Du in der Geschichte den Fokus auf dem Mädchen hast, oder? Natürlich gibt es den allwissenden Erzähler aber es geht um das Mädchen, richtig?
In dem Fall, würde ich das dann eben auch aus der Perspektive des Mädchens erzählen, was mit ihr geschieht. Unabhängig davon wie verstörend das Thema ist, ist es eine Sache, die dem Mädchen passiert! Und die sie irgendwie ertragen muss, bzw. über sich ergehen lässt.
Was die Beschreibungen angeht, würde ich sie nüchtern ja fast als etwas Mechanisches beschreiben, denn auf eine Tatsache reduziert ist es nichts anderes. Verstörend wird es, meiner Meinung nach, erst, wenn Du beschreibst, wie der Akt auf das Mädchen wirkt. Unverständnis, Schock, Aufgabe...

Ein sehr sensibles Thema, sehr verstörend, ich finde es mutig, wenn Du darüber schreiben willst.
Vor langer Zeit - Antworten
KatharinaK  Liebe Victoria,

nachdem ich die vorangegangenen Kommentare gelesen - und eine Weile schockiert nachgedacht habe: es gibt tatsächlich drei Möglichkeiten. Entweder Du machst es aus der Sicht des Täters - etwa als Polizei-Bericht, Vernehmungsprotokoll oder so - wo dem Vater die entsprechenden Täter-Aussagen in den Mund gelegt werden. Oder Du skizziert es aus Sicht des Mädchen als Erzählung, beispielsweise bei einer Psychologin. Oder Du "schwebst über den Dingen", sozusagen als neutrale Instanz, dann kannst Du beide Seiten einfließen lassen.

Meiner Meinung nach die bessere, weil emotionalere Variante. Hat den Nachteil, daß Du als Autor nicht "außen vor" bleiben wirst.

Liebe Wochenendgrüße von Deinem "Klugschwätzer",

Katharina
Vor langer Zeit - Antworten
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