Romane & Erzählungen
Die verlorende Freundin

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"Die verlorende Freundin"
Veröffentlicht am 11. August 2008, 6 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Die verlorende Freundin

Die verlorende Freundin

Gelassen ging ich die Treppe hinauf. Morgen würde ich ins Freibad gehen, einfach mal abschalten und die Arbeiten vergessen. Am Montag hätte ich die Abschlussarbeit in Deutsch abzulegen und am Dienstag die Mathearbeit, es wurde einfach zu viel. Ich hatte keine Zeit mehr für mich, für meine Freunde, für meine Familie.

Plötzlich fiel mir ein, dass ich schon seit Jahren nicht mehr schwimmen war und meine Badehose mir nicht mehr passt. Sie war schon damals, vor zwei Jahren, als ich mit meiner Freundin im Schwimmbad war, viel zu eng. Es war damals der Tag, an dem meine Freundin mir sagte, dass sie einen neuen hat. Der Schmerz war tief, zu tief. Niemals werde ich diesen Tag vergessen. Vermutlich bin ich darum nie mehr mal zum abschalten in das Schwimmbad oder in das Freibad gegangen, ich konnte es einfach nicht verkraften.

Ich brauchte dringend eine neue Badehose, doch es war schon sehr spät und die Geschäfte machen wohl gleich alle zu. Ohne groß nachzudenken erhob ich mich und trottete in den Flur, vorbei an meiner Mutter, vorbei an meinem Vater, an die Menschen, die mich immer wieder auffingen. Wie sehr war ich in ihrer Schuld. Sie waren so gute Menschen, dennoch zog ich mich immer mehr zurück, zurück in meinen Bunker, namens Zimmer, zu meinen Fischen, zu meiner Online-Community.
Ich zog mir meine Schuhe an und ging los - in die Stadt. Ich war unter ihnen, unter den vielen Menschen, die mich umgaben. Ich ging mit dem Strom der Menschenmenge, bog links ab, um zu einem Textildiscounter zu gelangen. Vor der Tür war die Reise zu Ende. Das Geschäft hatte vor 5 Minuten geschlossen. Ich ärgerte mich, nie sollte etwas so laufen, wie ich es gerne wollte. Immer war ich der Verlierer. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich wieder um die Menschenmenge zu mischen und zum nächsten Discounter zu gehen.

Mein Blick traf ein Mädchen, so um die 15 herum. Sie sah mich mit einem verlegenem Blick an. In mir kamen Gefühle hoch, die hätten nicht hoch kommen dürfen. Mein Blick trennte sich schnell von ihr, da die Menschenmenge mich mitzog, weg von meinen Träumen.

Ich hörte lachende, weinende, schreiende, wütende und so viele andere Menschenstimmen. Viele Freunde sah ich. Freunde, die sich alles zu sagen haben, Freunde, die seit Jahren glücklich waren, Freunde, die halt gute Freunde waren. Doch das alles kannte ich nicht mehr, es verschwamm alles, alles was ich erlebt habe, alle meine Träume verschwanden im nichts.
Mein Blick fiel auf einen weiteren Textildiscounter, der leider auch bereits vor ein paar Minuten geschlossen hatte. Ich gab auf und ging zurück, der Menschenmenge entgegen.

Da war sie wieder, vor einer Gastromonie, mit ihrer Familie. Das Mädchen, dessen Blick mich vor kurzem traf. Ich ging langsamer. Das Mädchen flüsterte etwas zu ihrem Vater und sah mich immer wieder kurz an, bis auch der Vater mich ansah. Ich spürte Blut in meinen Kopf hoch rasen und ging wieder schneller, wollte schnell am Tisch der Familie vorbei, doch soweit kam ich nicht.
„Halt! Bleib mal stehen!“, rief der Vater mir zu.

Ich blieb zögerlich stehen und sah zum Vater, nicht zum Mädchen. Ich war verlegen und wusste nicht, was der Vater habe. Er fragte mich nach einem Handy, ob ich ein Handy habe.
„Nein, habe ich nicht.“, meinte ich murmelnd und ging langsam vom Tisch der Familie weg.

Ich hatte zwar ein Handy, doch wollte ich mich aus der Situation befreien. Ich war überholt von meinen Gefühlen, von meinen Träumen, währe ich nicht so schüchtern, sagte ich zu mir. Ich ging jetzt schneller, der Menschenmenge entgegen und hörte im Hintergrund das Mädchen sagen: „Kann ich Deine Nummer haben, kann ich Dich mal anrufen?“
Mein Herz schlug schneller, bis in den Hals, doch ich ging weiter, verschwand in der Menschenmenge und sah nicht zurück. Nie würde ich Freunde finden, wenn ich schon bei der ersten Begegnung abhauen würde, mich verdrücken würde. Ich hatte Angst. Angst davor, abgewiesen zu werden, wie damals. Nie würde ich es verkraften, nie würde ich wieder unter Menschen kommen, nie würde ich meine Angst besiegen können.

Ich kam an die Kreuzung und sah das Blaulicht der Feuerwehr. Für die Feuerwehr und Polizei konnte man mich schon immer begeistern. Die Straße war von Benzin überzogen. Ich sah mich um, wo das Benzin herkam. Mein Blick fiel auf die Tankstelle, die neben den Feuerwehautos stand. Ja, die Tankstelle war der Übeltäter. – Ich dürfte nun die Kreuzung überqueren. Die Straße war rutschig, durch das Benzin und ich hatte Mühe mich auf den Beinen zu halten.
Es war nicht mehr weit, bis ich wieder zu hause war und in mein Zimmer trottete. – Ohne Freunde, mit vielen Träumen und mit dem Gefühl – du bist jemand, dich hat heute ein Mädchen angesprochen.
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Flomavali

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