Humor & Satire
Monarutta ermittelt

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"Monarutta ermittelt"
Veröffentlicht am 31. August 2013, 44 Seiten
Kategorie Humor & Satire
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Über den Autor:

Ich bin 1950 in Berlin geboren, bin unendliche Zeiten zur Schule gegangen, habe brav studiert und in diversen Firmen artig gearbeitet, bin nunmehr das dritte Mal verheiratet, habe zwei erwachsene, tolle Kinder und gehe endlich meinen Neigungen nach, die sich auf kreativer Ebene bewegen. Ich bevorzuge die Satire, die Ironie, mag Methapher, die aber die Botschaft nicht verschleiern, eher krasser hervortreten lassen. Gerne nehme ich den typischen ...
Monarutta ermittelt

Monarutta ermittelt

MONARUTTA ermittelt

 

 

 

 

 

Eine Satire

von Helga Siebecke

 

 

 

Mit Seelengeruch



Es gibt Menschen, die wollen mit ihrem toten Großvater sprechen, meinetwegen auch mit einem anderen Verstorbenen. Sie bekommen das partout nicht hin, vermutlich haben sie es schon zu deren Lebzeiten nicht vermocht. Plötzlich überkommt sie eine kleine Erleuchtung, dass es doch besser wäre, das eine oder andere zu klären. Da türmen sich zuweilen Fragen auf, die nur der Großvater beantworten könnte und den erwischen sie tragischerweise nicht mehr redefähig. Jetzt ist er tatsächlich nicht mehr in einem brauchbaren Zustand, kurz das Reden fällt ihm als Asche irgendwie schwer und im Sarg hat er auch kaum Luft, um nur noch einen vernünftigen Ton von sich zu geben. Alle sind buchstäblich ausgehaucht. Dennoch gibt es verstockte Angehörige, die das nicht begreifen wollen. Sie müssen unbedingt wissen, wo Opa sein Geld vergraben hat oder sie begehren ihm zu sagen, dass das Leben ohne ihn nun auch weitergehen muss, genau deshalb ja auch diese wichtige Frage.

Susi kommt also auf die ganz besondere Idee, über ein Medium dem toten Opa ein paar Sterbenswörtchen über sein dunkles Geheimnis zu entlocken. Ein passendes Medium ist schnell gefunden. Ein Klick im Internet und schon zeigen sich die Medien der Region. Susi ist ein moderner Mensch und verlangt Kostenvoranschläge, denn sie weiß, dass man heutzutage schnell abgezockt wird. Sie wünscht ein seriöses Medium. Sie glaubt zu wissen, was sie verlangen kann für ihr Geld.

Zunächst ist sie erstaunt, wie hoch die Gebühren und wie unterschiedlich sie in ganz Deutschland sind . Man muss dafür bezahlen, wenn man in einsamer Gegend über ein Medium seinen Opa befragen möchte, auf Jahrmärkten und in den Ballungsgebieten ist alles etwas preiswerter. Die Nachfrage bestimmt eben den Preis, das weiß man. So entscheidet sie sich für Penzlin, einer kleinen Stadt im Norden, in der es noch Natürlichkeit gibt und die Menschen sich kennen und grüßen, außer natürlich wenn sie verfeindet sind. Die Polizei hätte dort ein wachsames Auge auf jeden, der sich daneben beträgt und eine tüchtige Kommissarin klärt die unnatürlichen Todesfälle auf. Somit würde Susi dort auf der sicheren Seite sein, denn eine Séance soll ja unter Umständen nicht ganz ungefährlich sein.

Susi muss einige Fragen beantworten, die selbstverständlich auch den Preis beeinflussen. Sie verzichtet nach einigem Hin und her auf das Herausquellen von  Ektoplasma ( einer geheimnisvollen, von Geistern ausgeschiedene Substanz) aus Körperöffnungen des Mediums und entscheidet sich auch aus Vorsichtsgründen für eine Gruppe aus grundsätzlich positiv denkenden Menschen. Das Medium würde eine solche Gruppe zusammenbekommen.

Schließlich hat sich Susi mit dem Medium auf einen angemessenen Preis geeignet und ein Termin wurde vereinbart.

Natürlich war eine umfangreiche Vorbereitung erforderlich, denn Susi wollte dem Opa bzw. seiner Stimme, ob er sie auch sehen würde, blieb unklar, würdig begegnen. Was zieht man also an, legt man ein Makeup auf, ist Schmuck sinnvoll und ein Parfüm passend? Bringt man Blumen mit ( zum Grab geht man ja auch nicht ohne) Am Ende würde der Großvater, ihr Outfit nicht billigen. Sie war ratlos, denn was dem Opa wohl gefiele, davon hatte sie leider gar keine Ahnung, auch welche Ausdrucksweise ihm angenehm sein könnte, wusste sie nicht. Sollte man ihn vielleicht, bevor man zum Eigentlichen käme, noch vorher fragen, wie es ihm ginge so im Grabe?

Das Medium hatte unter anderem darauf hingewiesen, dass es zu einem gewissen Seelengeruch kommen könne. Susi hatte noch nie eine Seele gerochen, so entschloss sie sich, ein besonders gutes Parfüm aufzulegen, denn sie vermutete doch bei dem Ganzen ein wenig Muffigkeit aushalten zu müssen. Außerdem wollte sie dem Opa nun auch etwas bieten. Sie hatte ja früher kaum Kontakt mit ihm und wie es so mit den Enkeln manchmal ist, sie haben immer einen Lieblingsopa oder Oma und einen, den man eher meidet, insbesondere, wenn er sich knickrig zeigt und trotzdem verlangt, dass man Danke sagt.

Susis Opa war zu den Enkeln nicht sehr freigiebig, er kaufte kein einziges Fahrrad, kein Handy, geschweige denn ein Smartphone, er schenkte Bücher, die man lesen sollte. Klar, dass er deshalb eine Menge Geld haben musste, und dabei er brauchte es ganz sicher nicht für sich selber. Was braucht denn schon ein alter Mann? Klamotten, Geld für Konzerte, für Restaurantbesuche, für eine neue Küche, einen Computer oder Knete für eine Kreuzfahrt?...Egal, das alles braucht man doch nicht mehr, so nahe dem Tod. Man hat doch alles in dem Alter mehr oder weniger zusammengerafft und ist gefälligst zufrieden damit. Basta.

Susi war fest entschlossen, dem toten Opa eine Auskunft über den Verbleib seines Geldes, ihrem Erbe, zu entlocken.

Der Opa hat sein Geld irgendwo versteckt, keinem hatte er es anvertraut, seinen Kindern nicht und den Enkeln auch nicht. Susi findet es rücksichtslos. Man muss an seine Nachkommen denken und ihnen das vererben, was man nicht mit in sein Grab nehmen kann. Man kann nichts mit ins Jenseits nehmen, soviel weiß Susi. Sie ist eine aufgeklärte Person. Sie hat gelernt, dass man für sich sorgen muss und auch Vorsorge treffen sollte. Genau das würde sie jetzt tun, auch wenn es mehr wie ein Nachsorge aussieht, eine Sorge der besonderen Art halt.

Um den Opa macht sie sich natürlich keine Sorgen, warum auch, wenn er bereits gestorben ist. Selbst wenn man seine Seele noch riechen würde, was kein Wunder ist, wenn ein Medium ihn selbst im Grab noch belästigt. Ihre Sorge gilt der Enthüllung des Geldgeheimnisses. Der Seelengeruch müsste zu ertragen sein, meint Susi mal abgesehen davon, dass sie auch auch stinken würde, so gestört. Und...wer sagt denn, dass eine Seele stinkt? Sie hatte vergessen zu fragen, wie Seelen riechen.

Der große Tag oder besser die Nacht der Nächte rückte heran. Susi hatte sich für ein unauffälliges Outfit entschieden und das Makeup weggelassen. Sie fand sich echt uncool aussehend, deshalb setzte sie sich die Mütze auf. Großmutter hatte sie einst gestrickt. Das würde der Opa sehen, er wäre gerührt und würde alles sagen. Das Parfüm steckte sie ein...für den Notfall, wenn der Seelengeruch zu streng ausfiele.

Der Raum war dunkel, nur eine flackernde Kerze erhellte den kahlen Tisch, um den die Leute sich stellen mussten. An den Tischrändern war ein dunkles Tuch befestigt, welches bis auf den Fußboden reichte.

Das Medium, eine rothaarige, stark geschminkte, ziemlich alt aussehende Frau in reichlich merkwürdigem, buntem Samtgewand, schaute schon so als würde sie in die Tiefen dunkler und feuchter Gräber blicken oder bereits etwas hören. Sie würde also die Verbindung in das Jenseits herstellen können. Das Geld hatte sie vorher in bar, sehr wach, bereits kassiert und darauf hingewiesen, dass kein einziges Sterbenswörtchen über jegliche Vorgänge in diesem Raum, an die Außenwelt dringen dürften. Ansonsten würde sie für nichts garantieren können. Jeder Tote hätte diesen Respekt verdient.



Die Teilnehmer der  Séance  standen um den Tisch und fassten sich an den Händen, der Tisch hob und senkte sich wie der Busen einer erregten Frau, das Medium rief nach dem Opa, die Kerze flackerte und drohte zu verlöschen, auf einmal grunzte es abgründig und furchterregend unter dem Tisch. Das Medium übersetzte, der Opa sei nun bereit und würde hören wollen, was man von ihm begehre. Susi war jetzt furchtbar aufgeregt und glaubte den Opa am Grunzen auch zu erkennen. Sie erkundigte sich, ob alles da unten oder doch im Himmel soweit in Ordnung wäre, das Medium grunzte dem Opa grauenvoll Susis Frage zu und ein finsteres Röcheln war die Antwort.

Jetzt oder nie!“ Susi wollte nicht mehr warten und fragte nach dem Versteck des Geldes. „Du kannst es mir jetzt sagen, ich bin doch die Susi, deine Enkelin. Ich bin noch jung und ich brauche das Geld!“, rief sie noch in höchster Erregung, auch ihr Busen hob und senkte sich nun unter ihrem unscheinbaren T-Shirt. Am liebsten würde sie jetzt unter den Tisch schauen, ob der Opa darunter saß oder nicht. Aber sie wagte es nicht, denn sie fürchtete sich vor dem etwaigen Zustand des Toten. Die Hände der anderen Teilnehmer durften zudem nicht losgelassen werden. Aber Enkelin Susi war neugierig und sie brauchte eine ordentliche Antwort, so lupfte sie mit dem einen Fuß den dunklen Volant des Tisches. Just in dem Moment ertönte ein lautes, ein sehr lautes flatulenzartiges Geräusch, welches nicht nur die Wände des Raumes, auch die Tischplatte erschütterte, sondern gleichzeitig einen Seelengeruch verströmte, der so unbeschreiblich wie furchterregend wirkte, dass nicht nur die Kerze erlosch und das Medium tot vom Stuhl fiel, sondern alle Séanceteilnehmer panikartig mit letzter Kraft quasi das Weite suchten, auch Susi.

Für die Kommissarin Monarutta aus Penzlin begann damit ein spektakulärer Fall.

Susi aber fuhr zurück nach Hause zu ihrem lieben Mann Kai-Uwe-Karsten, schwer beeindruckt und nunmehr noch ein wenig mehr geistig gestört. Offensichtlich hatte Großvater ihre Frage übelgenommen, anders konnte es nicht sein. Ob sie ihrem Mann die Sache beichten würde, weiß sie noch nicht.



 

Das tote Medium



In einem kleinen Städtchen wie Penzlin entgeht den aufmerksamen Bürgern so gut wie nichts, mehr noch, selbst die nahe Umgebung wird dabei nicht vergessen. So bleibt jede geheime Séance nicht unbemerkt und auch das unheimliche Geräusch nicht, welches diesmal in den Ohren der braven Bürgern gleichsam vertraut aber in seiner Stärke wiederum fremdartig widerhallte.

Monarutta erhielt davon Kenntnis gerade als sie sich noch eine späte Käsestulle zurecht machte. Sie liebte es, um 22 Uhr noch einen kleinen Imbiss zu sich zu nehmen. Eine angenehme Gewohnheit, die nun unangnehm abrupt unterbrochen wurde, durch die Meldung eines unheimlichen Geräusches. Frau Püddelkow hätte es genau gehört als sie rein zufällig am Haus der als Medium bekannten Rothaarigen vorbei ging, ruft sie etwas atemlos ins Telefon.

Wo sind sie jetzt?“

Na, auf der Straße der Befreiung Nr. 7,“ antwortet Frau Püddelkow irritiert.

Die Frau hatte bestimmt auch etwas gesehen und nicht nur gehört, schlussfolgerte Monarutta messerscharf und bittet die Zeugin vor Ort zu verbleiben. Sie beißt noch einmal herzhaft in die Käsestulle, stülpt sich die unvermeidliche Mütze auf, schwingt sich auf ihr Dienst-E-Bike und radelt zur Straße der Befreiung, seufzend, denn die Adresse ist auch ihr bekannt. In Abständen munkelt man in Penzlin, dass es dort nicht mit rechten Dingen zugehen würde, aber Genaues wisse man ja nicht. Fremde würden kommen und so allerhand Geld würde die Rothaarige für ihre Dienste auch einnehmen, das wusste man. Vermutlich versteuert sie es nicht einmal, hieß es und die Leuten fanden diese „Tatsache“ skandalös. Schließlich würde jeder gute Penzliner pünktlich seine Steuer entrichten. „Penzlin sei nämlich keine Steueroase!“ sagten die Männer in der Wirtschaft, in der man sich regelmäßig zum Feierabendschoppen traf. Sie wussten, dass man jeden Furz versteuern muss und nicht einfach abkassieren kann, um sich ein gutes Leben zu organisieren. Wie recht sie hatten, doch dazu später.

Inzwischen war Monarutta vor dem Haus, aus dem das Geräusch gedrungen war, angekommen. Frau Püddelkow und einige andere Bürger hatten sich davor, lebhaft miteinander sprechend und gestikulierend, versammelt. „Es klang wie ein Furz, nur viel lauter,“ sagte sie gerade und blickte stolz in die Runde als wenn es ihr eigener wäre.

Monarutta hatte unterwegs noch schnell ihren Assistenten Moruzius angerufen, denn sie hatte jedes mal zu tun, die Leute davon abzuhalten, gewaltsam in das Haus einzudringen. Sie waren nur neugierig und würden jegliche Ermittlung behindern. Die Anzeigen der Bewohner Penzlins waren bislang immer ohne nachweisbaren strafbaren Hintergrund, somit gab es nie mehr als eine kurze Befragung der Rothaarigen, die ein kleines Gewerbe angemeldet hatte, welches sie „Dunkle Winde“ betitelte. Daran gab es nichts zu beanstanden. Viel Geld kann man mit dunklen Winden nicht verdienen, stellte Monarutta fest als sie sich einmal nähere Einsichten verschaffte, legal und völlig ohne Geheimdienste.

Diesmal kam also aus dem Haus der dunklen Winde auch ein Geräusch, und was für eines, ein mordsmäßig furzartiges. Moruzius konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Monarutta auch nicht aber sie hielt es einigermaßen in Grenzen, zumal die Leute schon wieder auf das Haus zugingen. Monarutta veranlasste eine weiträumige Absperrung, Moruzius spannte die Bänder und trieb die erregten Menschen zurück.

Frau Püddelkow hatte nicht nur etwas gehört, sie hatte auch die panischen Menschen gesehen, die aus dem Haus stürmten, nachdem der Donnerfurz , oder was es auch war, ertönte. Monarutta begab sich zunächst an die Haustür, die weit offen stand. Im Inneren war es stockfinster, denn die Fensterläden waren geschlossen. Es roch auch nicht gut. Monarutta war Einiges gewöhnt aber es roch wahrlich infernalisch und nachdem sie den Lichtschalter betätigte, bemerkte sie auch die liegende Gestalt der Rothaarigen neben dem einzigen Stuhl im Raum. Es war nichts mehr zu machen, sie war mausetot, ihre rote Perücke war verrutscht. Mit spitzen Fingern hob die Komissarin den schwarzen Stoff am Tisch hoch, um einen Blick unter den Tisch zu werfen aber da war nichts, wenn auch der fürchterliche Geruch unter ihm zu stehen schien.

Monarutta hatte zunächst genug gesehen. Sie orderte die Spurensicherung, die Gerichtsmedizinerin und halt das ganze Gedöns herbei. Sie würden alles untersuchen und alsbald etwas Hilfreiches zur Aufklärung beitragen. Da fiel unserer Monarutta ein, dass sie vielleicht doch den Geruch irgendwie einfangen müsse. Am Ende würde er sich auflösen und das wäre fatal. So rannte sie noch einmal zurück, hielt eine Tüte, selber die Luft anhaltend, unter den Tisch und verschloss sie noch im Zentrum des Gestankes.

Die Gerichtsmedizienerin Paula war inzwischen schon an der toten Frau mit der rothaarigen Perücke zu Gange und meinte trocken, dass die Frau ein Mann mit offensichtlich geplatztem Trommelfell sei aber daran sterbe man nicht, auch der Sturz vom Stuhl wäre kaum lebensgefährlich zu werten, doch die Nase gefiele ihr nicht. Man müsse untersuchen, was sie eingeatmet habe. Den widerlichen Geruch hatte Paula auch wahrgenommen, doch sie war Gerüche jeglicher Art gewohnt und deshalb nicht zimperlich. Dem ersten Eindruck nach würde es nach Tod und Friedhof riechen aber auch nach ganz gewöhnlichen Gasen, wie beispielsweise Methan, Kohlenstoffdioxid, Schwefelwasserstoff und anderen Gär-bzw. Faulgasen, kurz Paula roch auch Leibwinde.

Ich habe etwas davon eingetütet,“ sagte Monarutta stolz und übergab die besagte „Furztüte“, die prall gefüllt schien. In ihr waberte es unheimlich. Paula übernahm das eigenartige Beweisstück, ohne mit der Wimper zu zucken.

Schaun wir mal, was hier so stinkt.“

Weitere Spuren unter dem Tisch waren nicht zu entdecken. Die Leiche wurde in die Pathologie abtransportiert. Paula versprach, sich zu beeilen. Wie immer.

Monarutta wollte noch die Frau Püddelkow über das, was sie gesehen hatte, befragen und dann endlich Feierabend machen. Zu dumm, dass sie selber, das Geräusch nicht gehört hat, ärgerte sich Monarutta. Moruzius versiegelte das Haus und schickte alle Leute nach Hause, denn keiner hatte etwas gesehen oder gehört, man spekulierte nur. Den rothaarigen Peter Püddelkow, genannt Petrus de Voss, den Ehemann der Furzgeräusch-Zeugin, würde Monarutta am nächsten Tag befragen.



Monarutta und Frau Püddelkow saßen, nun schon im hellen Mondschein, auf der Bank vor dem Haus der dunklen Winde, alle anderen Menschen waren gegangen, Petrus de Voss wartete in angemessener Entfernung mit gemischten Gefühlen auf seine Frau.

Also wen oder was haben sie aus dem Haus kommen sehen?“

Insgesamt ungefähr fünf Männer oder Frauen. Sie rannten keuchend zu ihren Autos. Manche hielten sich die Ohren zu, andere die Nasen. Ein Mädchen oder junge Frau hatte eine Mütze auf. Sie sah unscheinbar aus, ein T-Shirt, eine Hose. Sie ist auch mit einem Auto davon gefahren. Aber es war ein teures, ein kleiner Mercedes, also das mit dem Elchtest.“ Frau Püddelkow schwieg, sie hatte fast alles gesagt. Nur warum sie gerade in der Nähe war, nicht. Man hatte sie danach schließlich auch nicht gefragt. Man darf alles essen aber man muss nicht alles sagen, so pflegte sie immer zu argumentieren. Die Penzliner waren manchmal ein wenig verschlossen, was allerdings nichts heißen will. Sie waren und sind gute Menschen. Jawohl. Ob auch ihr rothaariger Petrus? ...Frau Püddelkow hatte gewisse Bedenken.

Haben sie sich das Kennzeichen vielleicht gemerkt?“

Oh, je. Nur ein B ...ein Berliner Kennzeichen.“

Monarutta beendete die Befragung. Frau Püddelkow wankte erschöpft in die Arme ihres Mannes, der auch ein wenig verstört aus der Wäsche schaute. Es war alles zu viel für die Beiden. Monarutta hatte nun auch genug. Am nächsten Tag würde sie die letzten Telefonate des Toten überprüfen, vielleicht kommt daher Licht ins Dunkel der tödlichen Winde, hoffte sie.

Frau Püddelkow und ihr Mann gingen nach Hause. Schweigend. „Wo warst Du?“ Frau Püddelkow stellte diese strenge Frage ihrem Mann nicht zum ersten Mal. „Ich war noch im Schuppen,“ er antwortete etwas zögerlich und hoffte, dass seine Frau ihm glaubte. Er hätte noch an seiner Angel rumgetütert, denn er wollte doch am nächsten Tag los. Angler tütern immer an ihren Ruten herum und stets verheddern sie sich beim Angeln. Das wüsste doch jeder. Frau Püddelkow sagte nichts, sie dachte sich ihren Teil und der sah nicht nach Sonnenschein aus.

Ich weiß, dass du im Haus der dunklen Winde öfter mal rumtüterst, deshalb bin ich auch dahin gegangen.“ sagte sie böse. Er antwortete nicht. Frau Püddelkow bekam nun aus ihrem Mann keinen Ton mehr heraus, so ging man, daheim angekommen, jeder voller Sorge und Verdruss ins Bett.

Susi war nach der gründlich misslungenen Séance froh, wenn auch im Morgengrauen, wieder in Berlin zu Hause bei ihrem Kai-Uwe-Karsten zu sein, denn die Sache war für sie nicht beherrschbar geworden. Dabei wollte sie nur an ihr Erbe kommen, sie wollte Vorsorge treffen, eine Geldquelle erschließen. So wie Kai-Uwe eben, der auch immer Geldquellen erschließt, wenn bislang er dafür auch nicht über Leichen ging. Susi war fix und fertig. Geld hatte sie nicht, nicht einmal den allerlausigsten Tipp konnte sie erzwingen, die Mütze hatte rein gar nichts gebracht und Geld musste sie auch für alles bezahlen. Kai-Uwe wird es nicht verstehen. Sie verstand allerdings auch nichts. Warum musste der Opa so einen Megafurz lassen und warum in Gottesnamen ist die rothaarige Kuh dabei vom Stuhl gefallen? Das war so nicht geplant. Susi war wirklich ohne jede Ahnung. Hoffentlich hatte sie keiner gesehen. Die anderen Teilnehmer der Séance kannte sie nicht, scheinbar kannte keiner keinen. Sie hatte nicht einmal eine Kenntnis von Nichts, so sagte es auch unlängst die Kanzlerin und genau das beruhigte unsere Susi ein wenig, weil es ja immer besser ist nichts zu wissen als zu viel.

 



 

 

Die Rothaarige

 

 

 

Paula stellte fest, dass das Medium keine rothaarige ältere Frau war, sondern ein Mann und in seinem Pass las Monarutta erstaunt seinen Namen: Paul Püddelkow. Die sogenannte Rothaarige war also vermutlich mit Peter Püddelkow alias Petrus de Voss, verwandt. Hier würde man ganz sicher etwas über den Toten erfahren. Monarutta sah auf die Uhr. Es war bereits Dreiviertelacht, jeden Moment würde Petrus zur Vernehmung erscheinen.

Sie warf noch schnell einen Blick auf die Anrufliste der Rothaarigen, die Moruzius auf ihren Schreibtisch gelegt hatte. Der Gute, er musste die halbe Nacht noch gearbeitet haben.

Auf dem Zettel standen Namen, die Monarutta zunächst unbekannt erschienen.

Susi Meier

Wally Wollerman

Moni Mondgenie

Nora Nörchen

Rudi Rammelbummel

Bernd R. Reißer

Monarutta seufzte, denn diese Bürger aufzuspüren und zu befragen, war sicher nicht ganz einfach, keiner lebte nämlich in Penzlin, soviel hatte Moruzius schon herausgefunden. Aber alle waren verdächtig, denn sie wohnten dem tödlichen Stuhlsturz und dem Donnerfurz schließlich bei. Auf Grund dessen sind sie in alle Richtungen auseinander gerannt wie eine erschreckte Hühnerschar. Sie waren Zeugen, die es ausfindig zu machen galt. Vielleicht war sogar ein Mörder unter ihnen?

Es klopfte, Peter Püddelkow, genannt Petrus de Voss erschien pünktlich zum Verhör. Er war aufgeregt und drehte und knetete seine Schirmmütze in den Händen. Das schlechte Gewissen pur, fand Monarutta.

Was wissen sie über die tote Person, erzählen sie mir mal einfach alles was ihnen bekannt ist?“ Monarutta war freundlich und stellte dem nervösen rothaarigen Mann ein Glas Wasser hin.

Petrus schwieg, er hatte scheinbar eine Frosch im Hals und nahm einen tiefen Schluck aus dem Glas. Dann beobachtete er interessiert eine Fliege.

Sie heißen Peter Püddelkow. Die tote Rothaarige heißt Paul Püddelkow.“ Monarutta betrachtete aufmerksam das Gesicht ihres gegenüber.

Ja.“

Was ja?“

Er ist mein Bruder.“

Aha, und warum lebt er, quasi inkognito als Frau, gerade hier. Sie müssen jetzt schon mehr als nur einen kurzen Satz sagen. Ihr Bruder ist vermutlich nicht von ganz allein und völlig ohne Grund tot vom Stuhl gefallen. Sprechen sie mit mir, sonst muss ich sie einbuchten ...“ Monarutta war ein wenig ungehalten und ungeduldig.

Der Mann bekam einen ziemlichen Schreck und erzählte stockend eine verworrene und ziemlich haarsträubende Geschichte, die aber um Gottes Willen nicht die Runde in Penzlin machen dürfe, man würde danach sehr schlecht von ihm denken. Kurz er hätte Fische geangelt, mehr als man essen kann und diese hätte er verkauft. Die Einkünfte stünden nicht auf seiner Steuererklärung aber er wisse natürlich auch, dass sein Bruder keine Frau und eigentlich auch kein Medium gewesen sei. Die Verkleidung diente nur der Geheimhaltung finsterster Machenschaften. Viel schlimmer war aber eigentlich, es dürfe er, Petrus de Voss, nichts davon wissen, doch sein Bruder hätte ihn in seiner Not eingeweiht und nun würde auch er, Peter Püddelkow, und wenn es ganz schlimm käme, ganz Penzlin, in höchster Lebensgefahr schweben. Er machte ein Pause. Der kalte Schweiß stand auf seiner Stirn.

Monarutta war nun sehr gespannt und bestand auf Geheimnisenthüllung, schließlich war ein Mensch ums Leben gekommen. Die dunklen Winde schienen noch nicht weitergezogen zu sein.

Da klingelte das Telefon. Paula, die Gerichtsmedizinerin war am Apparat und sie berichtete über den von Monarutta eingefangenen Geruch.

Es ist ein bekanntes und gleichermaßen völlig unbekanntes Gas, welches mit Sauerstoff in Verbindung, nicht nur bestialisch stinkt, sondern eben auch ein flatulenzartiges Geräusch hervorruft, in einer Stärke, die sogar das Trommelfell zum Platzen bringen könne, wenn denn hier schon gewisse Hörstörungen vorliegen.“

Paula fügte noch an, dass der Tote wohl schon immer ein Ohrenleiden hatte und deshalb besonders geschädigt wurde. Paul Püddelkow, das Medium, saß als einziger direkt am Tisch. Man solle doch noch einmal schauen, ob er die Füße unter dem Tisch platzieren konnte, denn sie hätte beim Drücken auf den von Monarutta gesicherten „Furzsack“, Paula lachte dabei etwas unpassend, festgestellt, dass ihm ein Grunzen und Röcheln entwich. „Na,na, sagte Monarutta, „wir wollen doch sachlich bleiben.“

Sie legte den Hörer auf und wandte sich wieder Petrus de Voss zu, der immer noch sehr mitgenommen ausschaute.

Jetzt kommen wir doch endlich einmal zu ihrem Geheimnis. Was war unter dem Tisch, wenn eine Seance abgehalten wurde und weshalb starb ihr Bruder? Was meinen sie?“

Ich brauche unauffälligen Polizeischutz, ansonsten sage ich nichts.“

Gut ich veranlasse, was machbar ist.“ Monarutta würde den guten Moruzius einspannen, wenn es denn wirklich nötig wäre. Sie wollte aber erst einmal hören, was Petrus da so in Angst und Schrecken versetzte.

Der legte nun auch endlich los und sprach von einer kleinen Insel im Nordwesten auf der geheime Forschungen betrieben würden, angeblich ginge es dort nur um Tierseuchen. In Wirklichkeit arbeite man aber an einem Gas, welches den toten Großvätern entweiche, wenn man sie noch im Grabe um etwas bitten würde. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass dieses Gas ganz einfach zu gewinnen ist und auch im ganz großen Stil, denn wie jeder weiß gibt es tote Großväter wie Sand am Meer und sie wachsen pausenlos nach, könnte man sagen, schneller als Großmütter, bei denen es auch nicht zu diesen besagten Gasen kommt, wenn sie um etwas gebeten werden. Tote Großmütter sind nicht wichtig in dem Fall.

Das Größte aber sei der Umstand, dass das Geräusch umso lauter wäre, je mehr Gas austrete. Alles ist erst in der Testphase. Man hat scheinbar die Sache nicht gänzlich ergründet, meinte Petrus aber die Einsatzmöglichkeiten stünden fest. Man könnte die Leute leicht in die Flucht schlagen. Sie würden einfach wegrennen und jede unerwünschte Ansammlung von Menschen wäre in Nullkommanichts aufgelöst. Die Panik könne man, quasi als Kollateralschaden, in Kauf nehmen. Jeden Krieg würde man auf die Art schon vor seinem Beginn gewinnen und kein Haus würde dabei zertrümmert werden. Es sei das menschlichste Giftgas überhaupt. Püddelkow wischte sich den Schweiß von der Stirn, er hatte sich in Rage geredet.

Monarutta hatte voller Spannung den Ausführungen gelauscht, alles wurde mitgeschnitten. Sie wusste um die weltweite Ächtung von solchen Waffen und bei ihr, fast vor der Haustür wurde so etwas Grauenvolles hergestellt? Ob der Mann geisteskrank war, fragte sie sich oder ob er doch die Wahrheit sagte. Fakt war, dass es das Gas gab bzw. etwas Ähnliches hatte sie in der Tüte aufgefangen. Das „Medium“ musste davon eine Nase zu viel abbekommen haben. Sie musste unbedingt endlich von Paula erfahren, woran Paul Püddelkow gestorben ist. Unter dem Tisch sollte die Spusi auch noch einmal nach Spuren suchen. Natürlich mussten alle Zeugen gefunden werden. Was wussten sie, was hatten sie bemerkt?

Sie wandte sich wieder an Petrus de Voss:

Sie haben mir immer noch nicht gesagt, was genau ihr Bruder mit dem Ganzen zu tun hatte?“

Ja, also der, der war schon immer etwas anders. Heute wäre das alles kein Problem aber früher mochten unsere Eltern und Großeltern dieses Anderssein nicht besonders. Ein Junge hatte gefälligst ein Junge zu sein, wenn sie wissen, was ich meine. Nicht weinen, nicht mit den Mädchen spielen, sich nicht als solche verkleiden, naja und sowas alles eben. Paul war irgendwie für alle peinlich und einmal blamierte er sogar die ganze Innung. Sie müssen wissen Frau Kommissarin, dass bei Hochzeiten, Kindtaufen, selbst Beerdigungen, früher nicht nur der Herr Pfarrer zugegen war, sondern stets alle wichtigen Persönlichkeiten des Ortes, also auch der Bürgermeister und meistens auch der Parteisekretär der Ortsgruppe sich mit versammelten. Schließlich gab es Gutes zum Essen und zum Trinken erst recht.

Paul erschien als Mädchen verkleidet als Großmutter zu Grabe getragen wurde. Man denkt, dass dieses nicht wirklich schlimm sein kann aber Opa ärgerte sich so sehr, dass ihm in der Leichenhalle ein furchtbarer Leibwind entwich. Jeder hörte es. Und alle verließen stante pede empört die Leichenhalle. Großvater war bis auf die Knochen blamiert. Heute würde man nur lachen, doch früher gehörte sich so etwas in der Öffentlichkeit nicht. Über Opa lachte ganz Penzlin hinter der vorgehaltenen Hand und wer nicht lachte, der schüttelte den Kopf. Der eigenen toten Oma oder besser Gattin vor den Enkeln, vor den hohen Gästen Derartiges anzutun, das ging gar nicht, von dem Geruch einmal ganz abgesehen, obwohl es in einer Leichenhalle damals nicht nach Veilchen roch. Wegen dieses Furzes wollte man den Großvater nirgendwo mehr bei wichtigen Versammlungen etc. dabei haben. Schuld war allein der kleine Paul im Mädchenkleid, sagte und meinte der Großvater.

Das Institut für Tierseuchenforschung gab es damals auch schon. Es war fast noch geheimer als heute und bildete schon früher einige Jugendliche zum geheimen Forscher aus. Sie mussten allerdings auch dort schlafen und man verdonnerte sie zur Geheimhaltung bis in den Tod. Die Eltern gaben den kleinen Paul dort in die Lehre. Man sah ihn nie wieder. Großvater ist schon lange tot und die Eltern auch. Das Kind war vergessen. Keiner dachte mehr an meinen Bruder bis ich ihm rein zufällig als Frau verkleidet, als Medium, begegnete. Er erkannte mich, ich erkannte ihn. Wir trafen uns heimlich im Haus der dunklen Winde.“

Monarutta unterbrach den Mann nicht. Sie wollte nur noch wissen, ob der Tote bis zum Schluss ein Angestellter des Forschungsinstitutes wäre.

Ja.“

Herr Peter Püddelkow brach nun in Tränen aus. Sie hätten ihn gezwungen, sich zu verkleiden und als Medium Leute zu bescheißen. Was da aber eigentlich ab ging, das schien Petrus nicht zu wissen. Das Geld aus den Seancen floß angeblich in eine geheime Kasse und wurde gewiss nicht versteuert. Mehr wüsse er nicht, sagte er noch und dann war nichts mehr aus ihm heraus zu bekommen.

Monarutta war dennoch einen großen Schritt weiter aber geklärt war der Fall noch lange nicht, denn wer war wirklich in persona für den Tod „der Rothaarigen“ verantwortlich und wie genau ist es passiert?

Wer waren „sie“? Leute aus dem ominösen Institut vermutlich.

Es half alles nichts, man muss dort aufkreuzen und den Chef des Ganzen unter die Lupe nehmen, vorher aber noch die Befragung der Zeugen durchführen.



Die Zeugen

 

 

Moruzius hatte gute Arbeit geleistet und alle Zeugen ausfindig gemacht. Sie waren bereit zur Aussage. Monarutta setzte durch, dass alle an einem Termin vor Ort erschienen.

Es versprach doch interessant zu werden, denn nicht alle Zeugen waren so unwissend nicht wie es anfangs schien.

Die Susi Meier wollte mit ihrem Großvater sprechen, um herauszufinden, wo dieser sein Geld zu Lebzeiten versteckt hatte. Das ging gründlich in die Hose und man hörte es. Damit kamen die anderen Seance-Teilnehmer nicht mehr zum Zuge, ihre Wünsche konnten sie nicht mehr an den Mann bringen, indem Fall über den Mann als Medium.

Monarutta fand etwas Erstaunliches heraus. Alle wollte auf diese Weise ihre Großväter sprechen, um Fragen zu klären, die sie zu deren Lebzeiten nicht gestellt haben.

Nora Nörchen hätte noch viele Dinge gerne mit ihrem Opa besprochen aber sie konnte ihn nicht besuchen, ein gewisser Herr Honecker hatte es zu verhindern gewusst. Monarutta wusste das und verstand Nora Nörchen, auch wenn es vielleicht ein paar Briefe mehr hätten sein können als es noch Zeit war. Der Krach des Pupses und sein mörderischer Gestank hatten Nora Nörchen arg zugesetzt, sie schüttelte sich vor Entsetzen. Dass ein Mann noch aus dem allertiefsten Grab heraus dazu imstande sei, erschütterte sie bis ins Mark. Die tausend Euro dafür reuten sie nicht weniger. Vielleicht bekäme sie die Summe, da das Medium ja Tod sei, nun erstattet, hoffte sie aber Monarutta meinte, das ginge jetzt noch nicht, sie könne nichts versprechen. Gegebenenfalls müsse es eingeklagt werden. Nora Nörchen war darüber ein wenig traurig.

Moni Mondgenie beabsichtigte eine abstruse Geschichte zu schreiben und hoffte mit dem Besuch einer derartigen Veranstaltung dafür passenden Stoff zu finden. Um daran teilnehmen zu können, gab sie an den Großvater etwas aus seinem Leben erzählen zu lassen, denn sie brauchte seine Sicht auf einen ganz bestimmten Lebensabschnitt, den die Moni Mondgenie literarisch zu verwursten gedachte. Aber dass, das Leben dem Opa so viel Verdruss bereitet hatte, dass ein Riesenfurz seine deftige Antwort war, damit hatte auch sie nicht gerechnet. Es war zum davonlaufen.

Rudi Rammelbummel hatte nicht viel zu tun. Er rammelte und bummelte, so könnte man es beschreiben. Nun gut, er beschrieb es etwas anders aber die Monarutta sah es schon richtig. Diese Haltung kannte sie von Männern und wusste, dass das immer im Desaster endet. Sie erhielt von dem keine brauchbare Aussage außer die, dass auch er den armen Opa vors Loch geschoben hatte, um einer Else mit einem besonderen Erlebnis zu imponieren. Das Geld forderte er energisch zurück. Er würde es sich schon holen.

Die Zeugen Wally Wollermann und Bernd R. Reißer waren die wichtigsten Zeugen, denn sie wussten im Grunde viel mehr als Monarutta bereits herausbekommen hatte. Sie wiesen sich als Journalisten aus, die undercover arbeiteten. Sie wären einer Riesensauerei auf der Spur aber in Gegenwart der anderen Zeugen würden sie nichts sagen. Monarutta führte die Beiden in einen gesonderten Raum. Dort sahen sich die zwei sofort um, sie würden nach Wanzen und Kameras suchen, sagten sie. Man wisse ja nie.

Monarutta lächelte. Wollen sie, dass wir in den Park gehen?

Man ist an keinem Ort sicher“, antwortete Wally, „die Augen der Geheimen sind immer vorhanden und die Ohren auch. Man könnte soooo einen Hals bekommen.“

In Penzlin ist man sicher und es gibt nicht viel Geheimes“, meinte Monarutta ungeduldig werdend. „Jetzt mal raus mit der Sprache.“

Bernd R, Reißer erzählte, was sie recherchiert hatten. Von einem gewissen Herrn Schnoden, der sich aus seinem Geheime Seance für verarmte Millionäre (GSfvM) in ehrlicher Empörung vrabschiedet hatte und nun deshalb ein wenig hilflos in der Welt herumtrudelte, würden sie die Beweise zugespielt bekommen haben. Man könne sie im Bedarfsfall vorlegen. In einem bekannten aber dennoch abgeschirmten Forschungsinstitut der Region würde ein Gas erzeugt werden, das sogenannte in der Testphase befindliche TDGTG. Er machte eine bedeutungsschwere Pause.

Was heißt das genau?“, kam auch prompt die Frage der Kommissarin.

Tödliches Donnergas toter Großväter“, nennen sie es und das Verfahren seiner Herstellung soll in die ganze Welt exportiert werden, denn es wird mittels toter Großväter gewonnen, die man mit Wünschen oder ähnlichen Reizen traktiert. Über komplizierte Bioströme wird der arme Opa noch einmal scheinbar lebendig aber eben nur scheinbar. Es ist quasi die allerletzte Luft, die er noch irgendwo in seinem Körper mit in sein Grab retten konnte. Natürlich wehrt der Körper sich, sie herauszugeben, doch vergeblich. Schließlich hat die Wissenschaft im Auftrag der Regierung herausgefunden, was genau einen toten Großvater noch so sehr reizt, dass er quasi mit einer mordsmäßigen allerletzten Flatulenz sich öffnet und danach selber zum Bestandteil derselben wird. Nichts, nicht der kleinste Krümel bleibt von ihm übrig. Damit würde auch das wieder Begraben der Großväter entfallen, die Plätze auf den Friedhöfen könnten getrost rasch weiter vergeben werden. Die Umwelt wird geschont. Die Menschen würden nur verstört wegrennen, kein Gebäude würde zerstört werden.“ Reißer hielt inne, denn in ihm kam die kalte Wut hoch. Er nahm sich zusammen und sprach weiter:

Alle Probleme all überall, die durch unzufrieden Menschen entstünden, würde man so schnell und unblutig aus der Welt schaffen, wenn da nicht der hohe Bedarf an toten Großvätern wäre.“ Jetzt dachte er wieder an sein eigenes Los, auch er war schon Großvater.

Ja, sagte Wally böse „und wenn man den letzten Furz der bedauernswerten Großväter in unmittelbarer Nähe abbekommt, dann hat man ausgekichert. Es platzt das Trommelfell und man fällt vom Stuhl. So wie das sogenannte Medium hier im friedlichen Penzlin, im Versuchslabor „Dunkler Wind“. Es hat sich übrigens über seine Gebühren selber finanziert.“ Wally schlug mit der flachen Hand auf den Venehmunsgstisch und war rot und zornig aufgesprungen.

Die Monarutta wusste nun genug. Jetzt war es an der Zeit, die Kavallerie zu satteln und dem Institut auf die Pelle zu rücken. Das Schlimmste sollte doch noch zu verhüten sein. Man muss unter anderem auch dem vermutlich künftigem weltweit unnatürlichem Großvatersterben etwas entgegensetzen. Was würden die vielen Omas ohne sie nur alles anstellen, mal abgesehen davon, dass die Bürger sich friedlich zur Demonstration zusammenfinden müssen und nicht jeder Furz sie auseinandertreiben sollte. Kein stinkender Donnerschlag darf die mutigen Menschen dieser Welt in die Flucht schlagen. Das darf nicht sein. Monarutta war nun auch sehr empört. Sie informierte ihren Vorgesetzten und reichte wunschgemäß einen Bericht ihres bisherigen Ermittlungsstandes ein. Sie benötigte für dieses Institut Unterstützung. Das Übliche halt in einer Mordermittlung, denn sie kam alleine nicht ans Ziel. Die Damen und Herren mauerten und leugneten alles, wussten von Nichts. Man kennt das.

Die Monarutta erhielt Besuch, seltsamen Besuch, hohen Besuch wie es schien. Zwei Typen, sehr gut gekleidet, seriös und wichtig, wiesen sich als Mitarbeiter des GSfvM (Geheime Seance für verarmte Millionäre) aus, eines weltweit agierenden Geheimdienstes aus.

Frau Monarutta,“ sagte einer „Niemand entwickelt ein Gas namens TDGTG und was die Tote im Haus der dunklen Winde anbelangt, da machen sie sich mal keine Sorgen. Den Fall übernehmen wir ab sofort. Vermutlich ist hier ein bedauerlicher Unfall passiert. Das kommt vor, wenn man versucht mit den Toten zu sprechen.“

Jetzt grinste dieser Typ auch noch. Monarutta hatte eine Mordswut. Nach ihrem Einwand, dass Journalisten Material zum Beweis vorlegen würden, unwiderlegbare Beweise von Herrn Schnoden, da lachten die GSfvM-Mitarbeiter nur und sagten, dass sie die Festplatten der guten Journalisten längst in einem Keller mit einem dicken Hammer zertrümmert hätten.

Und außerdem“, sagte einer der beiden mit einem bedeutungsschweren Lächeln „wird unser hochgeschätzter Herr Geheimdienstkoordinator Pofimmer heute noch vor die Fernsehkameras treten.“ Er schaute auf seine Rolex und knipste den Fernseher an. „Schaun sie Frau Kommissarin, was er der Welt zu sagen hat.“ Er grinste triumphierend.

Und wirklich, Monarutta traute ihren Ohren nicht der unsägliche Pofimmer verkündete gerade, dass er persönlich den Leiter der GSfvM befragt hätte mit dem Ergebnis, dass es keine geheimen Beweise gäbe und auch keinerlei Bestrebungen ein Gas namens TDTG zu entwickeln. Er selber wisse nicht einmal, was diese Abkürzung bedeute.

Anschließend trat noch der Sprecher der Kanzlerin an das Pult, um die Journalisten zu beruhigen, sie selber stand hinter dem Vorhang, mit ihr einige Herren aus Wissenschaft und Forschung. Sie beobachteten gespannt die versammelten Menschen mit ihren Fotoapparaten und Mikrophonen.

Es bestünde kein Grund zur Aufregung, sagte er gerade smart lächelnd.

In unserem Land haben wir, dem Herrgott sei Dank, eine funktionierende Regierung, die alles im Griff hat. Seien sie versichert, wir wollen nur das Beste und geben dafür Alles. Sie müssen das uns einfach glauben.“

Ein Raunen und Murmeln, ein paar Journalisten riefen ihre Fragen in den Raum, sie schauten nicht sehr freundlich dabei. Hinter dem Vorhang drückte nun die Kanzlerin lächelnd auf einen Knopf. Nichts passierte, nur ein kleines flatulenzartiges Geräusch, kaum einer vernahm es, aber die Menschen begaben sich so schnell sie konnten aus dem Raum.

Die Männer vom GSfvM schalteten den Fernseher aus.

Sehen sie alles ist gut.“

Der Monarutta waren nun die Hände gebunden und sie hatte inzwischen auch ziemlich die Nase voll. Die Rothaarige ist durch einen Unfall gestorben. Ihr Haus wurde dem Erboden gleich gemacht. Petrus de Voss tütert immer noch mit seinen Angeln herum und die Penzliner haben Gesprächsstoff. Es geht ihnen gut dabei. Das Leben ist soweit in Ordnung. Das Geld, welches für eine Seance gezahlt ist, bekommt niemand zurück, denn eine Seance hat Risiken.

Einige Zeit später hörte man in Penzlin von einem tragischen Zwischenfall. Einen rätselhaften Unfall im Insel-Institut hätte es gegeben, kein Mitarbeiter würde dort mehr arbeiten wollen. Die Leute wären einfach weggerannt. Der Geruch nach dem Unfall, so hieß es, würde unerträglich gewesen sein. Der Verteidigungsminister hätte allerdings eine Drohne aufsteigen lassen, um die Sache aufzuklären. Ja, so wichtig sind Drohnen. Und so nützlich, wenn es mal stinkt. Aber man sei sich noch darüber im Unklaren, ob die Nato eine gezielte Rakete auf das Objekt entsenden würde, damit endlich wieder Frieden in die Region einziehen kann.

Nach einigen Monaten meldete das Bundesamt für Statistik ein unnatürliches Sterben von Großvätern.



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Über den Autor

Helgaschreibt
Ich bin 1950 in Berlin geboren, bin unendliche Zeiten zur Schule gegangen, habe brav studiert und in diversen Firmen artig gearbeitet, bin nunmehr das dritte Mal verheiratet, habe zwei erwachsene, tolle Kinder und gehe endlich meinen Neigungen nach, die sich auf kreativer Ebene bewegen.

Ich bevorzuge die Satire, die Ironie, mag Methapher, die aber die Botschaft nicht verschleiern, eher krasser hervortreten lassen. Gerne nehme ich den typischen "Michel", den modernen Spießbürger, die großen Schlappen unserer Gesellschaft aufs Korn. Aber manchmal möchte ich auch poesievoll den Sinn des Lebens unterstreichen, allerdings immer den Boden der Tatsachen, stets lebensbejahend, im Auge behaltend. Ich liebe den Witz mit Geist und biete viel Hintergründiges an. Das Lachen über sich selbst aber auch über die allgegenwärtige Dummheit im Allgemeinen, scheint mir trotz aller schlimmen Erfahrungen immer geholfen zu haben, mich aus brenzligen Phasen oder Situationen zu bringen.

Ein intensives Nachdenken, Aufarbeiten mit einhergehendem Aufschreiben, und nicht zuletzt die eigene Malerei, sind meine Methoden mit dem Leben im positivsten Sinne umgehen zu können.

Falls sich jemand für meine Malerei interessiert, der besucht bitte meine kleine Online-Galerie. (im Augenblick noch in Beabeitung...die neusten Bilder fehlen..)

http://helga-siebecke.magix.net

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Helgaschreibt Re: MONARUTTA ERMITTELT -
Zitat: (Original von Bleistift am 01.09.2013 - 06:40 Uhr) Wenn diese Geschichte in unrechte Hände
(sprich, weniger demokratische) fallen sollte, könnte es passieren,
dass Du den Rest deines Lebens als Mann im Knast verbringen musst.
Beispiele dafür sind weltweit schon belegbar.
Denn wer so viel über jene geheimnisvolle Flatulenz-Insel in der Ostsee weiß, der lebt in der Tat gefährlich...

LG Louis :-)))


Danke fürs Lesen! Ja...wir leben alle gefährlich. Nicht nur die bedauernswerten Großväter, die sich aber auch zur Wehr setzen können.

Herzlich Helga
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift MONARUTTA ERMITTELT - Wenn diese Geschichte in unrechte Hände
(sprich, weniger demokratische) fallen sollte, könnte es passieren,
dass Du den Rest deines Lebens als Mann im Knast verbringen musst.
Beispiele dafür sind weltweit schon belegbar.
Denn wer so viel über jene geheimnisvolle Flatulenz-Insel in der Ostsee weiß, der lebt in der Tat gefährlich...

LG Louis :-)))
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