Science Fiction
Nova 3 - Broken Bounds - Komplettfassung

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"Nova 3 - Broken Bounds - Komplettfassung "
Veröffentlicht am 09. August 2013, 446 Seiten
Kategorie Science Fiction
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Über den Autor:

...Was gibts über mich zu wissen ? Ich schreibe gerne, deshalb bin ich auf der Seite angemeldet. Muss man mehr wissen ?Ich freu mich natürlich immer über konstruktive Kritik und Kommentare zu meinen Texten.Sonst noch was über mich.. Malt und Metalhead und Laborheini mit einem Faible für Philosophie, Pfeifen und Fantasyliteratur. Erwarte also bitte niemand zu viel von mir :-) Oh und mich gibts auch bei ...
Nova 3 - Broken Bounds - Komplettfassung

Nova 3 - Broken Bounds - Komplettfassung

Beschreibung

Die Via haben es geschafft einen Brückenkopf zu errichten. Schwer beschädigt treibt die Kronos in der Leere, während die überlebende Besatzung einen Weg sucht, zur Erde zurückzukehren. Währenddessen wird Rafail Coel von Visionen geplagt, die ihn an den Rand des Wahnsinns treiben. Das kurzzeitige Bündnis mit den Artheranern droht zu zerbrechen. Und immer mehr Kolonien spalten sich vom menschlichen Parlament ab. Bildquelle : Two giant sun in space. Fotalia.com

Kapitel 28 Kampfansage

Marcks sprang begleitet von fünf weiteren Personen aus dem völlig demolierten Shuttle. Die Schilde des Via-Schiffs waren nicht aktiv gewesen, als sie sich genähert hatten.

Ein kapitaler Fehler, der ihn unruhig werden ließ.

Fast als wollten sie, dass jemand an Bord kam. Jedoch waren die Via  klug genug gewesen, die Hangartore zu verbarrikadieren.

Oder zumindest waren diese das bis grade eben noch gewesen.

Er kletterte über einige Schrottteileteile und sah auf zu dem Loch in den immer noch halb geschlossenen Toren.

Sämtliche Luft war längst aus dem Raum gewichen, so das Marcks und seien fünf Begleiter erst Raumausrüstung  hatten anlegen müssen. 

Da die künstliche Schwerkraft noch immer aktiv war, behinderte sie das Gewicht der Anzüge enorm. Allerdings boten diese auch zusätzlichen Schutz.

Eine Reihe flackernder Lichter erhellte das Trümmerfeld. Beim Landen hatte das Shuttle mehrere Reihen von Jägern gerammt, die man im Hangar aufgestellt hatte und diese fast vollständig zerstört.

Das Design der Fluggeräte erinnerte ihn entfernt an eine Pfeilspitze. Marcks hoffte inständig, dass er oder einer seiner Begleiter in der Lage wäre, diese Schiffe zu fliegen. Sonst säßen sie fürs erste hier fest.

Er winkte seine Leute heran , die mehr Mühe hatten sich durch die Shuttletrümmer zu kämpfen,  und sah sich um. Verbogene Metallstreben ragten aus den Shuttleüberresten hervor.

Neben dem Tor, das sie… unsanft geöffnet hatten, gab es noch drei weitere jedes mit mehreren Staffeln davor aufgestellter Schiffe.

Ansonsten war das Deck leer.

,, Seltsam…“ , murmelte er.

,, Was ?“ , fragte ein Mann nach. Wie hieß er noch? Joshua. Jeder einzelne der Fünf war während seiner Zeit im Untergrund von ihm selbst rekrutiert worden. Es waren, so hoffte er, Leute wie er selbst.

Oder , wie Marcks sich eingestand, einfach nur die einzigen, die ihm geblieben waren.

Das Shuttle zu organisieren war kein Problem gewesen, jedoch war niemand so verrückt gewesen, ihn begleiten zu wollen, egal wie viel er Geboten oder gedroht hatte.

,, Haltet einfach die Augen offen.“ , sagte er schließlich.

,, Wonach bitte ?“ , wollte einer seiner Leute wissen.

,, Wo Schiffe sind… ist jemand der sie fliegt.“

,, Und vermutlich ist unsere kleine Aktion nicht grade unbemerkt geblieben.“ , fügte ein zweiter Mann hinzu. Alle sechs waren mit identischen Maschinenpistolen bewaffnet.
Marcks nickte und überprüfte dabei seine eigene Waffe. Gegen einen Via würden die normalen Kugeln nichts ausrichten und er war noch nicht in der Lage gewesen, an die Pläne für die neuen Waffen der GTDF zu gelangen.  Lediglich eine Prototyp-Waffe, die er einem unvorsichtigen Wachposten am Parlament abgenommen hatte trug, er bei sich.

Das verschwieg er seinen Leuten jedoch. Sie brauchten nichts wissen, dass sie lediglich entmutigen würde. Noch nicht. Sie würden es früh genug selbst herausfinden.

,, Das Schiff ist riesig.“ , bemerkte eine der Frau… Emily glaubte er sich an ihren Namen zu erinnern. Marcks musste ihr Recht geben.

Er hatte das Weltenschiff vor einigen Monaten im Orbit der Erde beobachtet. Verglichen damit waren diese Schiffstypen zwar klein… jedoch immer noch beeindruckend.

 Er schätze die Gesamtlänge des Konstrukts auf etwas um die zehn Kilometer.

,, Wie sollen wir hier drinnen bitte einen einzige Person finden ?“

,, Indem wir anfangen zu suchen.“ , erwiderte Marcks. Bevor er jedoch dazu kam nach einem weg aus dem Hangar zu suchen, flackerten die an den Wänden angebrachten Lichter kurz auf. Es dauerte weniger als ein Sekunde, aber trotzdem entging ihm die Störung nicht.

,, Was war das ?“ , wollte er wissen.

,, Keine Ahnung.“ , erwiderte einer der Männer, sah aber stirnrunzelnd auf ein Messgerät, das am Arm des Anzugs befestigt war. ,, Aber wir haben wieder Atmosphäre, wenn ich das richtig sehe.“

Marcks sah misstrauisch zurück zu der Lücke im Hangartor. Er nahm einen kleinen Metallsplitter und warf ihn in Richtung der Beschädigten Stelle.  Der Splitter prallte in der Luft  von etwas ab, dass sie nicht sehen konnten und wurde zurückgeschleudert.

,, Gefangen. Ach, sprach  die Maus, die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, dass ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, dass ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, dass ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.“

,, Besuch.“ , rief jemand. Marcks drehte sich grade noch rechtzeitig wieder um,  um zu sehen, wie sich eine Tür am Ende der Halle  öffnete und eine große Gestalt hinaus trat.

Er musterte den Fremden langsam.

,, Du musst nur die Laufrichtung ändern, sagte die Katze und fraß die Maus.“

Was durch die Tür getreten war stand einfach still und unbeweglich vor ihnen im Raum.

Eins schien schon einmal klar. Das Wesen war kein Via.

Es hatte eine entfernt  humanoid Form, war aber größer als die meisten Menschen denen er bisher begegnet war und überragte ihn um mindestens einen halben Kopf.

Zwei Meter, vielleicht etwas mehr.

Etwas das an eine Rüstung erinnerte schützte den Brustkorb. Die einzelnen golden schimmernden  Panzerungssegmente schienen dem Verlauf der Rippen zu folgen und Marcks kam die erschreckende Vermutung, dass die Metallplatte irgendwie mit der Haut des Wesens… verwachsen war.

Das Gewicht muss es doch ungemein behindern.

 Die muskulösen Beine wurden ebenfalls durch Stahl geschützt.

Seltsam… Jedes Projektil würde diese Panzerung sofort durchschlagen. Lediglich gegen Schläge oder ähnliches wäre das Wesen so unempfindlich. 

Die Arme und der Kopf waren  nicht gepanzert.

 Rote Augen starrten ihn aus einem grauen Schädel heraus beinahe teilnahmslos  an.

An den Armen verliefen Metallene Schienen, die wohl die Bewegungen verstärkten, ähnlich einem kybernetischem Implantat. Und in der Hand hielt es etwas, das Marcks zuerst an einen Speer erinnerte.

Er wartete nicht, bis er es herausfand, sondern riss die Maschinenpistole hoch und feuerte auf das Wesen.  Funken sprühten, als die Kugeln kurz vor ihrem Gegner auf ein unsichtbares Hindernis trafen.

Das Ding selbst zeigte sich von dem plötzlichen Kugelhagel vollkommen unbeeindruckt und hob langsam die Waffe. Der Stab, der aus Glas und Metall zu bestehen schein, knisterte.

Wie als ob es unter elektrischem Strom Stünde.

,, Deckung.“ Marcks warf sich hinter ein Trümmerstück in Deckung. Ein gewaltiger Schlag erschütterte den Hangar, jemand schrie und kurz schien  die Luft um ihn herum zu brennen.

Die Haare auf seinen Armen wurden versengt.

Es hatte Joshua erwischt. Eine breite Rußspur zog sich über den vorher glänzenden Stahlboden und endete dort, wo vor wenigen Augenblicken noch der Mann gestanden hatte. Von ihm war weniger als ein Haufen Asche geblieben.

Die überlebenden vier seiner Leute hatten sich glücklicherweise Rechtzeitig in Deckung begeben.

Dafür stand er nun fürs erste allein auf weiter Flur mit seinem Gegner.

Das Wesen rührte sich nicht.

Er richtete die Waffe auf das Ding, entschied sich dann aber nicht zu feuern. Das war Munitionsverschwendung.

Langsam machte sein Gegner einen Schritt vor. Dann noch einen.

Kugel nützte nichts, das war klar. Irgendetwas hielt die Projektile zurück, bevor sie ihr Ziel trafen.

Ein Schild… aber es war unmöglich eine tragbare Version herzustellen. Oder ?  Es würde sicher nicht viel Energie haben. Trotzdem reichte es aus um seien Leute soweit einzuschüchtern, das sich keiner von ihnen rührte.

Aber es musste eine Lücke geben.

Das Wesen war jetzt gefährlich nahe und hob erneut langsam die Waffe.

Der Stab ? Langsam wurde Marcks etwas klar. Die Waffe musste außerhalb des Körper-Schilds abgefeuert werden. Das hieß, die Barriere war durchlässig.

Für langsamere  Objekt als eine Kugel  zumindest.

 Er warf sich genau in dem Moment zur Seite, wo das Wesen wieder die Waffe abfeuerte.

Ein Blitz aus Hitze und blendender Helligkeit jagte an ihm vorbei.

Marcks achtete kaum darauf. Im nächsten Moment packte er eine der zersplitterten Streben aus dem Shuttle und stieß zu.

Der abgebrochene Pfahl grub sich direkt zwischen zwei der bronzefarbenen Panzerplatten.

Das Wesen stolperte zurück, während er selbst sich schnell abrollte und in Sicherheit brachte.

Wütend riss sein Gegner wieder die Waffe hoch und schickte einen Feuerball in seien Richtung, der jedoch daneben ging.

Jetzt endlich schienen sich auch  die übrigen vier aufzuraffen und eröffneten das Feuer auf den Koloss.

Einige Sekundenlang prallte die Kugeln noch an einem unsichtbaren Hindernis ab, dann durchschlugen sie das Schild endgültig.

Das Wesen wurde über ein Dutzend Mal getroffen und sank schließlich in sich zusammen.

,, Verdammt… was war das ?“ , fragte Emily.

,, Ich habe keine Ahnung.“ , erklärte Marcks, der das tote Monster unter seiner Kapuze hervor musterte. ,, Aber ich bezweifle, dass es unser einziges Hindernis bleibt. Bewegung.“

,, Und das alles für einen Politiker.“ , murrte jemand. Ein Mann besah sich den Aschehaufen, der einmal Joshua gewesen war.

,, Sie tun was ich sage.“ , erwiderte er.

 

 

Henry Wilkonson sah abwechselnd hinaus auf den Planeten unter ihm, nur um dann wieder auf Schritte oder sonstige Geräusche zu lauschen.

Er konnte schwören immer wieder Lärm zu hören, fast wie Waffenfeuer und entfernte eilige Schritte…

Seit der Via, Asmodeus, verschwunden war fragte er sich, wie es jetzt wohl weiterging. Es sah nicht so aus, als hätten die Via  vor, sich auf die Erde zu begeben. Nein… vielmehr schwebte das Schiff, zusammen mit zwei weiteren, reglos im Orbit und tat augenscheinlich nichts.

Aber Wilkonson traute der Ruhe nicht.

Langsam ging er in der dunklen Halle hin und her. Der schwarze Boden spiegelte das Licht wieder und verteilte es derart gleichmäßig, dass er keine Probleme hatte sich zu orientieren. Wirklich verlaufen können hätte er sich ohnehin nicht.

Der Saal war vielleicht zwanzig Meter lang und wurde auf allen Seiten von dem gleichen dunklen Glas blockiert.

Es war so unglaublich… dumm.

Wilkonson sah wieder auf den Planeten hinaus.

Sie waren vollkommen unvorbereitet getroffen worden.

Und jetzt saß er hier fest. Unfähig irgendetwas zu tun. Was wohl auch der Sinn des Ganzen war, überlegte er. Der Schlange zuerst den Kopf zu verkrüppeln war die beste Methode sie schlussendlich zu besiegen, ohne dass sie einen Biss. Es würde dauern, bis sein fehlen auffiel und es würde wieder dauern, bis man sich dann wieder organisierte und endlich bereit war, zu handeln.

 Ihm war einen Moment zum Lachen zu mute. Hatte Coel sich so Gefühlt, als er ihm Verboten hatte nach Goodsprings zu gehen? Auf die gleiche Weise hilf und nutzlos?

Wenn, dann schein das alles eine seltsame Ironie in einem Universum zu sein, das eigentlich keinen Humor kannte.

Waffenfeuer, diesmal ganz deutlich und nah riss Wilkonson aus seinen Gedanken. Bevor er wusste, was geschah öffnete sich ein Teil der schwarzen Wand und glitt Beiseite.

Ein einzelner Mann im Kapuzenpulli, dessen Gesichtszüge dadurch verdunkelt wurden stürzte herein.

Ein weiterer Mensch in dunklem Kampfpanzer, der eine Maschinenpistole nach draußen auf den Gang gerichtet hielt folgte.

,, Was zum…“ , setzte der Parlamentsvorsitzende an.

,, Henry Wilkonson, vermute ich ?“ , fragte die Gestalt mit Kapuze.

Der Mann, der an der Tür geblieben war blickte nervös um sich.

,, Der bin ich.“

,, Dann ist das hier ihr Ticket hier raus.“  , erklärte der Fremde ,, Folgen sie mir bitte.“

,, Moment… wer sind sie und was… „

Wieder kam er nicht dazu auszureden, als

,, Wir bekommen Gesellschaft.“ , rief der Wachposten an der Tür und eröffnete das Feuer auf etwas draußen auf dem Gang. Weitere Rufe gesellten sich dazu, als drei weitere Personen, die wohl draußen auf den Gang Wache gehalten hatten, hinzukamen und den einzelnen Schützen unterstützten.

,, Verdammt… hören sie mir zu Wir haben keine Zeit.“ , begann der Fremde. ,, Das ist wichtig. Steel ist auf der Erde. Er hält dort die BSN-Gebäude besetzt. Damit haben sie die Möglichkeit, wenigstens die Nachrichten auf dem Planeten zu kontrollieren. Nutzen sie das. Das ist was ich tun kann.“

Eine der Wachen flog plötzlich ohne Vorwarnung quer durch den Raum und  schlug mit knochenbrechender Gewalt auf dem Boden auf.

Die übrigen drei wichen fast zeitgleich vom Eingang zurück, als eine einzelne Gestalt hereintrat.

Die schwarzen Haare rahmten ein ebenmäßiges, fast konturloses, Gesicht ein.

An der linken  Hand trug der Neuankömmling etwas, das wie eine flache Metallscheibe aussah, die beinahe mit den Finger zu verschmelzen schien.

Er entfernte einen kleinen blassblauen Quader aus dem Gerät und ersetzte ihn durch einen anderen, der schwach bläulich Leuchtete.

Eine der drei verbliebenen Wachen sprang auf ihn zu, wurde aber noch in der Luft von dem Mann gepackt, der ihm ohne zu zucken das Genick brach.

,, Noch jemand ?“ , fragte er, als er langsam in den schwarzen Saal trat.

Marcks half dem Parlamentsvorsitzenden auf die Füße, während die verbleibenden zwei Bewaffneten den Via in Schach hielten.

,, Ich wenns recht ist.“ Er trat in den Bereich zwischen seinen verbliebenen Leuten und dem Via.

Dieser grinste nur müde.

,, Asmodeus.“ Der Via schien Wilkonson kaum zu beachten.

Seien ganze Aufmerksamkeit fokussierte sich auf den Fremden  unter der Kapuze

,, Ihr seid dumm.“ , erklärte er. ,, tretet Beiseite.“

,, Das wird kaum geschehen.“ , erklärte Marcks.

Die Beiden bewegten sich nun langsam zu Umkreisen. Der Mensch ohne Namen und Geschichte  und der Via, der zu viele davon hatte.

,, Ihr zwei bringt den Vorsitzenden raus.“ , befahl er. Marcks suchte nach der Experimental-Waffe, die er gestohlen hatte.

 

 

 

 

 

 

Kapitel 4 Der Kern des Problems

 

,, Hören sie Seyonn, ich weiß das ihnen das nicht gefällt. Ich weiß, wie es ihrem Volk geht, was geschieht wenn sie sterben, aber wir brauchen diese Waffen.“, versuchte Coel die Situation zu entschärfen. Die Unity war eine erstarrte Gesellschaft. Starb eines dieser uralten Maschinenwesen gab es keinen Ersatz für es. Für die Unity gab es nur noch äonenlangen Verfall, keine Entwicklung mehr.

,, Ich sagte bereits, das ich ihnen das Glaube.“ , erwiderte der Abgesandte kalt.

,, Na schön.“ Coel zog langsam die Waffe, in Forme einer modifizierten Pistole, aus dem Halfter. Im anderen lag ein alter Revolver, der sich seit seinem ersten Einsatz auf Artherium in seinem Besitz befand.  Er trug immer noch die gleiche Kleidung wie auf Goodsprings , verdreckt vom Staub der Planetenoberfläche.

Seyonn nahm die Feuerwaffe vorsichtig entgegen. Er betrachtete die Pistole einen Moment schweigend. ,, Interessant. Ein magnetisch Aufladbares Projektil zur Schadenssteigerung ?“

,, Wenn sich ein Via bei Beschuss auflöst, kann man so trotzdem Schaden an der Partikel-Substanz verursachen.“ , erklärte Adams.

,, Und auch bei meinen Leuten. Das heißt. Sofern sie sie überraschen können. “ , fuhr Seyonn fort. Er schien nachzudenken. Dann warf er Coel die Pistole wieder zu. ,, Ich habe meine Entscheidung getroffen. Behalten sie sie, rüsten sie ihre Leute damit aus, wenn es sein muss. Aber erwarten sie nicht, das die übrige Unity mit Begeisterung darauf reagiert.“

Coel nickte. ,, Was ist mit der Brücke ?“ , fragte er plötzlich.

,, Was soll damit sein ? Das verdammte Ding ist immer noch da draußen.“ Coel drehte sich zu der Stimme um . John Watergate stand in der Tür und betrachtete die kleine Versammlung.

,, Was ? Sie schauen alle, als würden sie einen Geist sehen.“ , meinte er ungehalten  und drängte sich an Martin vorbei, der ihm zufällig im Weg stand. ,, Ich hätte gerne einen Lagebericht über mein Schiff.“ “

,, Ihr Schiff ? Das Letze mal als ich nachgesehen habe, hatte ich hier noch das Kommando.“ , erklärte Coel ruhig.

,, Sie haben das Schiff gestohlen.“

,, Und die Mannschaft gleich dazu, aber wenn sie meinen, die hören auf sie, dann können sie mich gerne ablösen.“ Er legte die Hand demonstrativ auf den Pistolengriff. ,, Oder es zumindest versuchen.“

,, Na schön.“ Watergate trat ein paar Schritte zurück. ,, Sie wissen das sie dafür vor einem Kriegsgericht enden werden ?“

,, Wenn wir das hier Überleben, freu ich mich sogar darauf standrechtlich Erschossen zu werden.“ Er wendete sich Adams zu. ,, Wir müssen also irgendwie die KI zum Laufen bringen ?“

Der Mann nickte und nahm einen Moment geistesabwesend  die Brille in die Hand. Ethan Adams war womöglich der letzte Mensch, der noch eine Brille trug. Mit dem Fortschreiten der Medizin konnten mittlerweile fast sämtliche Optischen Probleme Operativ behoben werden, lediglich verzichtete der Mann, der bis vor einigen Monaten in einer Stasis-Kapsel auf Isaari geruht hatte, darauf.

,, Das ist nicht wirklich ein Problem. Bei einem kritischen Treffer schaltet sich ein KI-Kern oft automatisch ab.“ , erklärte er ruhig. ,, Soweit ich weiß verhindert man so… na bei einem Menschen würde man es wohl ein Trauma nennen.“

,, Wir müssen also bloß den Stecker wieder anschließen ?“ , fragte Coel . Er spürte langsam, wie sich erneut Kopfschmerzen bemerkbar machten.

,, Sozusagen, ja.“

,, Worauf warten sie dann noch,  schnappen sie sich wen und was sie brauchen und los.“

Adams nickte. ,, Martin ? Kommen sie mit? Ich könnte etwas Hilfe gebrauchen.“

Der Pilot nickte und folgte dem Professor, als dieser sich auf dem Weg machte.

,, Die Fahrstühle funktionieren wieder ?“

,, Sollten sie zumindest.“ , erwiderte Adams, der Noah auf dem Gang entdeckte und ihn herbeiwinkte. Bis jetzt hatte sich der Mann als nützliche Hilfe erwiesen und hoffentlich würde er das auch wieder.

,, Wir wollen Versuchen die Schiffs-KI zu reaktivieren.“ , erklärte er. ,, Wir könnten noch eine helfende Hand gebrauchen.“

,, Verdammt“ ,  brummte Noah. ,, Ich bin eigentlich gar kein Mechaniker, sondern Richtschütze. Ich mache sonst nichts, als Sicherstellen, das unsere Geschütze nichts treffen, das sie nicht treffen sollen.“

,, Dafür haben sie sich aber bisher ganz gut gemacht.“ Die traurige Wahrheit war, dachte Adams, dass sie selbst dann nicht hätten auf ihn verzichten können wenn er ihnen im Weg wäre. Die Folgen des Angriffs für das Schiff waren nicht so schlimm gewesen wie Befürchtet. Aber für die Besatzung…

Sie waren immer noch damit beschäftigt, die einzelnen Decks zu überprüfen, aber bisher gab es Zehn tote  und mehr als ein Dutzend Verletzte, womit beinahe die Hälfte der Mannschaft ausgefallen war.

Noah nieste hörbar, als sie den Fahrstuhl erreichten.

,, Sie haben jetzt offiziell den miesesten Tag von uns allen.“ , stellte Martin mit einem Grinsen fest.,, Grippe und beinahe zu Weltraumschrott verarbeitet werden zusammen ?“

,, Ach nein, das ist nichts, ich bin nur zum ersten Mal runter von der Erde, wissen sie ? Watergate hat mich erst kurz vor ihrer… Aktion  auf die Kronos versetzen lassen.“

,, Und trotzdem sind sie nicht gegangen.“
,, Ich konnte ihn irgendwie von Anfang an nicht leiden. Sieht aus, als ob das Schicksal mir das grade zurückzahlt.“

,, Ach was, von ein wenig Raumfahrerkrankheit ist noch keiner gestorben… Na ja zumindest nicht so viele.“
Raumfahrerkrankheit war der allgemeine Begriff für die Vielzahl an Symptomen, die das Reisen auf fremde Planeten mitbrachte. Den auf den bewohnbaren Welten hatten sich oft ganz eigene Krankheitserreger entwickelt, die mitunter zu Problemen führten und von der Crew auch oft auf die Schiffe eingeschleppt wurden. Die normale Vorgehenswiese war eine Rundumimpfung für jeden Sternenreisenden, aber auch so kam es zu, wenn auch meist harmlosen, Epidemien unter neuen Schiffsbesatzungen.

Meist verschwanden diese Symptome jedoch nach einigen Tagen oder traten bei gesunden Menschen oft gar nicht erst auf. Trotzdem wurde besonders bei Reisen von Kolonien zu Dichtbesiedelten Welten bei Verdacht eine vierundzwanzig stündige Quarantäne eingehalten. Niemand wollte, das ein Kolonist ein neues Supervirus oder ähnliches Einschleppte, auch wenn diese Angst in den zurückliegenden Jahrzehnten der ÜLG-Raumfahrt unbegründet geblieben war.

 

Watergate war vor einigen Minuten verschwunden, vermutlich um seinem Ärger Luft zu machen, Auch Ägir hatte sich, wenn auch unter Protest verabschiedet um sich etwas Ruhe zu gönnen. Ruhe, die sie alle dringend nötig hatten. Sobald die KI wieder funktionierte, würden sie hoffentlich endlich verschwinden können. Auch wenn Coel sich noch keine Gedanken darum gemacht hatte wohin… Vermutlich die Erde. Aber was erwartete ihn dort? Schlimmstenfalls eine Anklage, bestenfalls ein wütender Parlamentsvorsitzender.

Coel rieb sich die Schläfen.

,, Kopfschmerzen ?“ , fragte Seyonn.

,, Ich weiß nicht, vielleicht auch nur…“
Er hielt inne. Symbole und Zeichen huschten an ihm vorbei. Nichts machte einen Sinn… nichts davon.

Formlos aneinandergereihte, symmetrische Figuren, die sich in den Schatten, auf dem Boden und selbst auf den einzelnen Pixeln der umgebenden Bildschirme abzuzeichnen schienen.

,, Alles in Ordnung ?“ , fragte Seyonn, als Coel wieder aufsah. Er schwankte kurz, und musste sich an einer Stuhllehne abstützen.

,, Nein.“ , murmelte er nur zwischen zusammengebissenen Zähnen. Das hier war schlimmer, als auf der Treppe. Er hatte das Gefühl, jemand würde ihm langsam den Schädel spalten. Bei vollem Bewusstsein. Nur langsam klangen die Schmerzen ab und wurden zu einem schwachen Druck hinter seinen Schläfen. Bemerkbar, aber erträglich.

,, Ich fürchte fast, es könnte das Archiv sein.“

,, Sie meinen das Ding auf Goodsprings ?“ , fragte Coel. 

,, Ich muss sie um Verzeihung bitten.“ , erklärte Seyonn. ,, Ich wusste nicht was geschehen würde.“

,, Schon gut, wir haben im Moment andere Probleme und keine Zeit uns Vorwürfe zu machen. Sie wollten die Informationen vor den Via schützen, das verstehe ich.“

,, Auch wenn sie nur ein paar Sekunden damit verbunden waren… niemand hat eine Ahnung was das in ihrem Kopf angerichtet hat.“

,, Sie meinten , das das Gesamte Wissen der Erbauer, das was ihre Art vor dem großen Krieg mit den Via war,  darin gespeichert wäre.“  , antwortete Coel.

,,So war es vermutlich. Was immer auch mit ihnen geschehen ist, muss ihnen zumindest einen Teil davon vermittelt haben.“

Coel konnte das nur bestätigen. Auf Goodsprings hatte er , ohne es selbst ganz zu verstehen, Adams Prototypwaffe verbessert und damit einen Via getötet. Und an der Brücke… er hatte gewusst, das das Portal sich schließen würde, wenn man etwas von der gegenüberliegenden Seite hindurchschickte.

,, Vielleicht hat er mich deshalb gehen lassen.“ , murmelte Coel.

,, Wer ?“

,, Asmodeus. Er hätte mich töten können, hat es aber nicht. Er hat nicht einmal versucht, sich die Informationen zu holen. Möglicherweise wollte er nicht riskieren den Teil des Archivs in meinem Verstand zu vernichten.“

,, Das ist gut möglich, die Via hatten fast drei Monate die Datenbank zu knacken und sind gescheitert. Aber ich bezweifle, dass selbst ein Via leichtfertig ihre Gedanken durchsuchen würde. Wir haben die Möglichkeit dazu, aber es auch zu tun wird selbst von ihnen abgelehnt. “

,, Aber ich verstehe immer noch nicht ganz, wieso der Archivar mir und nicht ihnen erlaubt hat, auf die Daten Zugriff zu nehmen. .“ Coel beobachte die Reaktion des Unity-Abgesandten nun genau

Seyonn schien eine Weile nachzudenken. ,, Ihr genetisches Profil, ist verschieden von dem anderer Menschen. Das erlaubt ihnen ja Kybernetik so effektiv einzusetzen.“

,, Das sagten sie bereits bei unserem ersten Treffen.“

,, Nun, der Archivar scheint sie für einen Erbauer gehalten zu haben. Die einzige Erklärung, die ich dafür finden kann, ist diese genetische Anomalie.“

,, Aber das ist doch eine minimale Veränderung oder ? Und Martin hat es weiterhin für… ja für was eigentlich gehalten?“
,, Nun… die Menschheit existierte bereits, als unser Fall begann. Die Rebellion, die unser Imperium in Trümmern zurück ließ.  Ihre Art hatten kurz davor  begonnen ihre ersten großen Zivilisationen aufzubauen.“

,, Sie meinen also…“

,, Ach kommen sie, sie haben die Bilder auf den Steinen gesehen.  Ich weiß nicht auf welche Art, aber ich halte es für gut möglich das Menschheit und Erbauer schon... „ Seyonn klang unsicher, ,,früh aufeinander getroffen sind. Auch wenn das zu den Dingen zu gehören scheint, die der Krieg uns vergessen ließ. “

Und nicht nur die Menschen, dachte Coel.  Auch artheranische Symbole hatten sich in den Archiven befunden.

,, Vielleicht hat der Archivar im Laufe der Jahrhunderte, als langsam klar wurde, das keine Erbauer mehr kommen würden, damit begonnen die Bestimmungen für einen Archivzugriff zu lockern.“ , sprach Seyonn weiter.

,, Vielleicht.“ Coel schloss einen Moment die Augen. Was er bisher gesehen hatte, waren jedoch weniger Informationen gewesen, wie zu erwarten gewesen wäre.. sondern…

,, Seyonn… wäre es möglich, das sich in einem Archiv auch Persönliche Erinnerungen eines Erbauers befinden ?“

,, Nun, wir reden von den Erbauern, sie haben die Brücke gebaut, also… zutrauen darf man denen, uns, wohl alles. Wieso ?“
Coel schüttelte den Kopf. ,, Ich… sehe Dinge. Symbole. Es hat nicht wirklich irgendeinen Zusammenhang. Jedenfalls nicht für mich. Vielleicht ist es einfach nicht für einen menschlichen Verstand Gedacht ? “

,,Das glaube ich nicht. Wäre ihr Geist unfähig mit diesen Informationen umzugehen, hätten sie niemals gewusst, wie wir die Brücke abschalten.“

,, Ich hoffe einmal, die Via können sie nicht reaktivieren.“

,, Ich bezweifle es. Es hat die Energie einer Nova-Waffe und der ganzen Flotte gebraucht um es einmal zu aktivieren.“

,, Trotzdem… ich gebe es ungern zu, aber diese Visionen beunruhigen mich.“

,,Vermutlich ist es nichts.“ , meinte Seyonn. Coel kaufte dem Unity-Botschafter seine Sorglosigkeit nicht ab. Aber vielleicht versuchte er auch nur, ihn zu beruhigen.

,, Gibt es irgendwas, worauf ich achten sollte ?“

,, Ich habe keine Ahnung, sie sind das erste Lebewesen das mir bekannt ist , welches direkten Zugriff auf ein Archiv genommen hat. Vielleicht wird es schlimmer… vielleicht verschwinden die Informationen auch einfach wieder.“

,, Ich soll also abwarten ?“ , fragte Coel nicht grade überzeugt.

,, Nun es kann sicher nicht schaden, wenn Teach sie sich mal ansieht, aber ja. Wir haben zwar Methoden, Erinnerungen und Informationen aus einem Verstand… herauszulösen, wenn sie so wollen, aber das wäre gefährlich und ich würde davon abraten, solange es nicht nötig ist.““
Coel nickte. ,, Das habe ich mir fast Gedacht. Immerhin haben sie ja auch irgendwie ihre Erinnerungen an die Brücke und verschiedene Details der Zwist mit den Via verloren.“ Er wendete sich zu gehen. ,, Also dann, auf zu Dr. Teach. Ich wollte sowieso nach Aine sehen.“

,, Ich bleibe hier und sage ihnen Bescheid, wenn es etwas Neues gibt.“ , meinte der Unity-Abgesandte.

,, Sie sollten sich auch mal Ausruhen.“

,, Coel, ihre Sorg ein allen Ehren, aber auch wenn ich mich nicht immer wie eine Verhalte, mein Körper ist eine Maschine. Ich brauche keine Ruhe.“

 

Kapitel 1 Böses Erwachen

Coel kam mit einem Ruck wieder zu Bewusstsein. Schreckliche Kopfschmerzen begrüßten ihn, zusammen mit einem ungewohnten Gefühl, das der Raum irgendwie schief hing?

Es dauerte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass die Decke teilweise eingedrückt war. Eine der Seitenwände hatte sich dadurch verschoben und erzeugte so den Eindruck, dass alles irgendwie geneigt war.

Langsam setzte er sich auf. Coel musste husten. Rauch von den zahlreichen kleinen Feuern, die auf dem Deck die einzige verbliebene Lichtquelle darstellten hing in der Luft. Der Boden war übersäht mit Trümmerteilen und Glassplitter, die sich ihm schmerzhaft in die Handflächen geschnitten hätten. Zumindest in seine alten Hände…

So jedoch zersplitterten die Scherben lediglich, als er sich hochstemmte und taumelnd wieder auf die Füße kam. Ein Teil der Verkleidung an der Decke hatte sich gelöst und offene Kabel hingen herab.

Er musste wieder husten. Vermutlich funktionierten auch die Belüftungssysteme nicht mehr richtig.

,,Aine ?“ , Keine Antwort. Vorsichtig tastete er sich weiter durch das Halbdunkel.

Eine Gestalt lag über einer Konsole zusammengesunken. Tot.

 ,,Martin ? Ist hier Irgendjemand?“

Irgendwo unter einem Trümmerhaufen bewegte sich etwas. Ein herausgebrochenes Stück Verkleidung hatte jemanden eingeklemmt.

Coel beeilte sich das Hindernis beiseite zu räumen.

 Ein Mann aus der Crew der Kronos, Coel warf einen Blick auf das Namensschild an seiner Weste, während er ihm rasch aufhalf.

,, Alles in Ordnung.. Noah, richtig  ?“

,, Richtig, ich denke schon.“ Noah stützte sich an einer heruntergefallenen Metallstrebe ab. ,, Verflucht, das ist ja ein heilloses Chaos.“ , stellte er nach einem flüchtigen Blick fest.

,, Ist hier sonst noch jemand ?“ , fragte Coel. Eine dumme Frage. Noah hatte bis grade eben noch genau so wenig gesehen wie er.

,, Hier drüben.“ Coel atmete kurz erleichtert auf, als er die Stimme erkannte.

,, Martin ?“

Die Gestalt die aus dem Rauch torkelte grinste breit. ,, Verdammt, hier sieht es ja schlimmer aus wie nach dem St. Patricks Day in Irland. Aber wenigstens leben wir“ Das Gesicht verdüsterte sich.

 ,, Noch jedenfalls.“

,, Wo sind die anderen ?“ , wollte  Coel wissen.

,, Ich bin hier.“ , meldete sich Ägirs Stimme aus dem Dunst, ,, geben sie mir nur kurz Zeit… Aha.“ Mit einem hörbaren Geräusch sprangen die Lüftungssysteme wieder an und zogen den dichten Rauch aus dem Kommandodeck und auch die Notbeleuchtung sprang an und hüllte den Raum in ein schummriges, kaum ausreichendes Licht. Jetzt erst wurde Coel das volle Ausmaß der Beschädigung ersichtlich. Das Deck lag in Trümmern und es Grenzte wohl an ein Wunder, das die Hülle gehalten hatte. Wie es auf dem  restlichen Schiff aussah, wollte er sich gar nicht vorstellen.

,, Warum leben wir noch ?“ , fragte Seyonn, der grade Adams aufhalf.  Der Doktor rückte sich die Brille zurecht. Eines der Gläser war gesprungen und ein Bügel verbogen.

,, Ich schätze mal, die hielten uns nicht mehr für eine Bedrohung.“ , meinte Ägir.

,, Das sieht den Via nicht ähnlich so nachsichtig zu sein. Die hätten uns kalt erwischt und das wussten sie.“ , gab Martin zu bedenken, während Adams versuchte sich einen Überblick über die Schiffsysteme zu verschaffen.

Er stützte sich auf eine der Schalttafeln, die noch Strom zu bekommen schien. Die meisten anderen  Konsolen und Geräte auf dem Deck waren ausgefallen.

,, Vielleicht, erwischt es uns immer noch.“ , sagte er. ,, Das Schiff ist ein Wrack.“

Coel sah sich um. Offenbar hatten die meisten hier den Angriff mit mehr oder weniger als ein paar Kratzern überstanden. Ein kleines Wunder, wenn man kurz darüber nachdachte.  Aber…

,, Wo ist Aine ?“
,, Die Artheranerin , oder ?“ ,fragte Noah, der grade damit beschäftigt war, einige kleinere Brände zu löschen. Zum Glück konnten sich die Flammen hier kaum ausbreiten. Das Metall des Decks konnte kein Feuer fangen und meist schmorten lediglich Kabel langsam vor sich hin.

 

,, Hat hier irgendjemand  Aine gesehen ?“ Er sah sich suchend auf dem Deck um. Während des Angriffs hatten sich nur wenige Personen direkt hier aufgehalten. Die meisten waren damit beschäftigt, das übrige Schiff zu überwachen.  Schadenskontrolle, Wartung von Waffen und Schilden…  Am Ende hatte alles nichts genützt.

Schließlich entdeckte Coel eine reglose Gestalt auf dem Boden, halb unter Trümmern begraben.

 ,, Nein.“ Er  stürzte zu der Stelle, so schnell ihm da sin dem Durcheinander möglich war.

,, Aine, hören sie mich ?“ , fragte Coel, während er sich beeilte, den Schutt  bei Seite zu schaffen

Sie reagierte nicht. ,, Seyonn ?“ Er sah sich nach dem Mann um ,,  Ich brauche hier ihre Hilfe.“

Der Unity- Abgesandte kniete sich neben Coel auf den Boden und betrachtete die Artheranerin einen Moment schweigend.

,, Sie lebt.“ , sagte er schließlich.

,, Und ?“

,, Mehr kann ich auch nicht sagen. Aber…“ , er zuckte die Schultern. Eine seltsam Verzweifelte Geste von ihm, der sonst immer kalt und ruhig auf Coel gewirkt hatte.

,, Was ist mit der Krankenstation ?“ , fragte er.

,, Keine Ahnung ob das Deck überhaupt zugänglich ist. Geschweige denn ob weiter unten noch jemand lebt.  Ich meine wir sind praktisch blind und aus irgendeinem Grund bekomme ich keine Zugriff auf irgend ein System.“ , antwortete Adams.

,, Großartig. Wir wissen also nicht einmal, ob dieser Schrotthaufen gleich auseinander fällt?“ Martin schüttelte den Kopf, während er und Noah sich daran machten, weiterhin Trümmer aus dem Weg zu schaffen.

,, Dazu brauchen wir auch keine Anzeige.“ , erwiderte Ägir.

,, Verdammt.“ Rafail  Coel stand auf und lief einen Moment ratlos auf und ab. ,, Ich gehe runter und bringe Aine selbst hin. Wenn noch jemand da ist, werde wir das sowieso früher oder später überprüfen müssen.“

,, Ich begleite sie.“ , erwiderte Seyonn.

,, Nein, sie bleiben hier.“ , erklärte er sofort. ,, Sie , Adams und Ägir bringen das Schiff wieder online.“

,, Soweit das überhaupt möglich ist.“ , meinte Ägir, der damit beschäftigt war eine Pfeife anzuzünden. Wusste der Teufel, wie das Teil den Angriff der Via überstanden hatte.

Nebenbei  versuchte er offenbar, auf die Flugsteuerung des Schiffs zuzugreifen.

,, Dann werde ich sie wohl begleiten.“ , mischte sich Martin ein.

,, Wenn was schief geht, können sie uns nicht anfunken. Die Sender sind alle tot.“ , warnte Adams sie. ,, Das Signal kommt ohne diese Verstärker nicht durch die Schiffswände.“

,, Ich werde es mir merken.“ Coel  hob die, viel zu leichte Gestalt Aines auf. Nicht noch jemand, schwor er sich im Stillen. Er würde nicht wieder jemanden verlieren.

 

Die Türen der Brücke  öffnete sich nicht. . In Anbetracht des Zustands in dem die ganze Kronos war das allerdings auch kein Wunder. Normalerweise wären die zwei Teilhälften automatisch aufgegangen, sobald sich jemand näherte,, Bekommen sie irgendwie Energie auf die Türen ?“ , fragte er an Adams gerichtet.

Dieser schüttelte den Kopf. ,, Keine Ahnung. Ich habe keinerlei Zugriff auf irgendwelche Primärsysteme.“

,, Und die Energieverteilung…“

,, Gehört zu den Primärsystemen, genau wie die Lebenserhaltung. Sie sollten also besser die Luft anhalten, ich garantiere nicht, das sie weiter im Schiffsinneren noch Sauerstoff haben.“

,, Und was ist jetzt mit der Tür ?“

Adams seufzte. ,, Einen Moment… alles womit ich arbeiten kann ist die Notenergie… und die hält nur ein paar Stunden.“ Die Tür schwang auf. ,; Danach läuft das Schiff entweder, oder es wird ungemütlich.“

,, Also kein Lift ?“ , fragte Martin.

,, Wenn ihnen Atemluft und die Filtersysteme  lieber sind, nein.“

,, Einfach großartig.“ Coel trat gefolgt von Martin auf den dunklen Gang hinaus. Offenbar war die Beleuchtung hier vollkommen zerstört. Im schwachen Licht, das vom Kommandodeck hereinfiel erkannte er, das hier ansonsten aber alles weitgehend intakt geblieben war. Nur Licht gab es eben keines.

Vorsichtig tastete Coel sich, hinter Martin , der die Führend übernahm her, durch die Dunkelheit. Wenn sie das Treppenhaus erreichten würden sie hoffentlich wieder etwas Licht haben. Sonst würde der Abstieg alles andere als einfach.

Plötzlich blendete ihn der grelle Lichtstrahl einer Taschenlampe,, Wer da ?“ ,fragte eine zitternde Stimme.

Coel versuchte so beschwichtigend wie möglich zu klingen. Er konnte nicht erkennen, wer in blendete oder ob derjenige bewaffnet war. ,, Ganz ruhig. Wir gehören zur Crew. Auf der Brücke sind noch mehr.“

 Die Taschenlampe wurde gesenkt. ,,Gott sei Dank.  Wir… wir dachten wir wären die einzigen Überlebenden.“ Der Mann mit der Lampe ließ sich kniend  auf den Boden fallen. Im Lichtschein erkannte Coel noch einige weitere Gestalten, ein halbes Dutzend  teilweise ziemlich mitgenommen wirkende und von Schnittwunden übersäten Männer und Frauen.

,, Sind sie nicht. Von welcher Ebene kommen sie?“ , fragte Martin ruhig.

Coel wollte weiter, sie verloren nur Zeit und wie es um Aine wirklich bestellt war wusste niemand… Aber  ihm war auch klar, dass er sich um die Leute kümmern musste.  Sie waren verwirrt und brauchten zumindest Anweisungen, oder so etwas wie eine Versicherung, das alles wieder gut werden könnte.

,, Wir waren in der Messe als die…Schlacht, kann man das so nennen, begann. Ich, die die sie hier sehen und noch ein paar andere. Ich schätze, die anderen sind tot.“

,, Das wissen wir nicht mit Sicherheit.“ , warf jemand ein.  ,, Wir dachten jedenfalls, das Beste wäre es sich bis zum Kommandodeck durchzuschlagen und nachzusehen wie schwer die Schäden sind.“

Coel nickte kurz. ,, Sie haben das richtige getan. Gehen sie einfach weiter, Adams kann sicher jede Hilfe gebrauchen, die er bekommen kann.“
,, Wir tun was wir können.“ , sagte der Mann mit der Taschenlampe. ,, Und sie ?“
,, Es gab eine Verwundete.“ , antwortete Martin. ,, Außerdem haben wir im Augenblick keine Möglichkeit mit irgendjemanden auf dem Schiff,  Kontakt aufzunehmen. Geschweige denn einen Notruf abzusetzen.“

,, Dann nehmen sie die hier,“ , er reichte Martin die Taschenlampe, ,, Und  viel Glück, ihr werdet es brauchen. „

,, Das werden wir alle fürchte ich.“

Die Gruppe überlebender Besatzungsmitglieder verschwand.

 

 

 ,,Ich hoffe, das auf der Krankenstation noch jemand ist.“ , meinte Coel nach einer Weile düster als sie ihren Weg fortsetzten. Im schwachen Lichtkegel der Lampe bestätigte sich Coels Vermutung, dass zumindest die Gänge der Kronos unbeschädigt geblieben waren. Jedenfalls auf diesem Deck.

Insgesamt gab es davon Acht. Auf dem ersten, auf dem sie sich grade befanden lag die Kommandobrücke, in der sämtliche Schiffsysteme zusammenliefen, das zweite wiederum bot Platz für einen taktischen Besprechungsraum mit Karten und der Möglichkeit für Konferenzverbindungen und das Quartier des Kommandierenden Offiziers. Bis vor wenigen Stunden war das noch John Watergate gewesen. Coel fragte sich, ob es irgendeine Möglichkeit gab, dass dieser den Untergang der Horus überlebt hatte.

Auf den nächsten zwei Decks  lagen die  Quartiere für die Besatzung, die vor dem Angriff etwa fünfzig Mann stark gewesen war. Und das Medizindeck, das zwar über ein Ärzteteam und Medikamente verfügte aber nur für Menschen ausgelegt war. Natürlich… alles andere hatten sie auch einfach abgeschlachtet, dachte Coel und merkte selbst, wie er bei dem Gedanken wütend wurde. Verflucht ich denke schon wie ein Via. Irgendwie machte ihn der Gedanke nicht wirklich ruhiger.

Und ob auf der Krankenstation  nun überhaupt noch jemand arbeitet, geschweige denn ein Mediziner Überlebt hatte blieb weiterhin offen.

Auf dem fünften Deck  schließlich befanden sich die Serverstationen für HAL und eine Waffenkammer.

Darunter lagen wiederum der Hangar und einige Zellen.

Die restlichen Decks waren Maschinensteuerung, dem Nova-Generator und schließlich auch den Waffenstationen vorbehalten.

Sie passierten die Tür des Fahrstuhls, welcher die Decks normalerweise miteinander verband. Jetzt jedoch und ohne Energie  blieb die Konstruktion völlig nutzlos. Weiter den Flur entlang jedoch führte eine Tür hinein in ein gewunden nach unten führendes Treppenhaus. Die Metallgitterstufen führten in einer endlosen Spirale hinab und wurden hier und dort von Podesten unterbrochen, von denen aus Türen auf die unterschiedlichen Decks des Schiffs führten. Bei dem Gedanken den ganzen Weg mit der verletzten Artheranerin zurück zu legen wurde Coel  leicht mulmig. Ein Fehltritt im Halbdunkel und er würde unweigerlich stürzen. Und das einzige, was seinen Fall hier aufhielt wäre das nächste Türpodest für das nächste Deck  fast dreißig Meter unter ihm.

,, Na dann wollen wir mal.“ , sagte Martin.

Kapitel 6 Maschineller Wahnsinn

,, Alles klar. Ich glaube, jetzt dürfte es wieder gehen.“ , meinte Noah, der grade einige Kabel unter einem Rechner ersetzte.  Deck Fünf war das wohl bei weitem zweckmäßigste Gehaltene auf dem ganzen Schiff, wenn man von den Maschinenräumen absah. Dutzende von Serverstationen und Rechenschränken nahmen den Großteil des Raums ein und stellten die gewaltigen Rechenkapazitäten bereit, die eine KI erforderte. Die ersten funktionsfähigen künstlichen Intelligenzen gab es schon seit den Fünfzigern des 23. Jahrhunderts, aber erst in den letzten Jahrzehnten kam die Technik immer häufiger auch zum Einsatz. Der Grund für diese langsame Entwicklung war simpel. Es war schlicht unmöglich eine denkende Maschine zu kontrollieren. Ab dem Moment, an dem sich in dem künstlichen Neuronalen Netzwerken ein Bewusstsein bildete , begann ähnlich wie bei einem Menschen auch, eine völlig individuelle Entwicklung mit unbekanntem Ausgang.

Anders als bei einem echten Lebewesen verfügten KIs jedoch nicht über Emotionen, sondern handelten und entscheiden rein der Logik entsprechen. Somit war der Raum für ethische Richtlinien, die ein solches Konstrukt begreifen konnte, in der Regel sehr gering. Zumindest war das die offizielle Theorie. Lediglich einen Grundsatz bekam jede KI einprogrammiert, der nur schwer umgangen werden konnte, den Schutz von Leben. Das brachte zumindest eine gewisse Sicherheit, zusammen mit der  Möglichkeit, den Speicherkern der KI, praktisch ihr gesamtes Gedächtnis und damit ihre bisherige Prägung,  zurück zu setzen. Trotzdem war es ein Risiko… aber eines, das die GTDF gewillt war einzugehen.

 Eine KI konnte Aufgaben in ein paar Sekunden erledigen, für die Menschen und selbst andere Computer Stunden brauchen würden. Und nicht zuletzt könnte eine auf einem Schiff installierte KI wie HAL die Kronos auch dann noch steuern, wenn jeder an Bord tot oder verwundet war. Ein nicht zu unterschätzender Taktischer Vorteil.  Tatsächlich hätte die GTDF vermutlich längst auf völlig autonome Schiffe umrüsten können, zögerte wohl aber wegen dem immer noch vorhandenen Risiken. Und auch, weil KIs ein zu gradliniges Denken aufwiesen. Zwar konnten sie immer die besten taktischen Vorteile erkennen und versuchten diese zu nutzen, aber wenn einem Gegner diese Eigenschaft bekannt war, konnte er sich darauf einstellen. Und ein von einer KI gesteuertes Schiff somit leicht in die Irre führen.

,, Und, wo lag das Problem ?“ , wollte Martin wissen.

,, Notabschaltung.“ , erklärte Adams. ,, Die Energieversorgung des ganzen Schiffs ist beim Angriff offline gegangen und um Schäden an der KI-Matrix zu vermeiden, hat Hal sein System wohl in einen Ruhemodus versetzt.“

,, Das kann es ? Ohne Genehmigung ?“ Noah zog die Augenbrauen hoch.
,, Eigentlich sollte Hal das nicht können, nein. Zumindest nicht ohne vorherige Freigabe durch einen Offizier. Und die fand nicht statt. Vielleicht hat er sich aus Angst darüber hinweggesetzt…“
,, Moment… das ist trotz allem eine Maschine, die kennen keine Angst, oder ?“ , fragte Noah einen Augenblick verwirrt.

,, Nicht im Sinne von emotionaler Angst.  Aber sie würden auch nicht sterben wollen oder? Eine KI kennt keinen Begriff einer Seele. Der Tod ist endgültig und somit um jeden Preis zu vermeiden.“

,, Also, sie bekommen das wieder in, richtig ?“ Martin sah einen Augenblick zwischen Noah und Adams hin und her.

,, Nun… wir können die Energie wieder herstellen. Aber ob es irgendwelche Schäden an der KI-Struktur gab…“ Noah zögerte.

,, Sagen wir einfach, das erzwungene Herunterfahren  einer KI ist vergleichbar mit einem kräftigen Schlag auf den Kopf. Kann also sein das bei dem guten HAL ein paar Sachen durcheinander sind.“

Martin hatte genug gehört. ,, Das finden wir aber nicht raus, wenn wir hier rumstehen.“

,, Nein.“ Noah zögerte. ,, Verdammt, hätte nie gedacht, das ich das Ding mal für was anderes als die Geschützsteuerung brauche.“ Noah tippte gegen eine kleine Metallene Erhebung an seinem Hals.

,, Was ist das ?“ , wollte Martin wissen. Irgendwie erinnerte das ganze ihn unangenehm an die Clips, die von den Via auf der Erde verteilt worden waren um eine Massenpanik auszulösen. Was ihnen wohl auch beinahe gelungen wäre…

,, Das ist ein virtueller Umgebungs-Port.“ , erklärte Noah. ,, Das Ganze Funktioniert ähnlich wie ein Visor. Nur das man eben keine Brille braucht, sondern alles direkt auf die Netzhaut projiziert wird.“

,, Und es kostet etwa eine halbe Million so ein Teil anfertigen zu lassen.“ , bemerkte Adams.

,,Eine Investition, die sich lohnt. Immerhin kann ich damit aus der Ferne auf die Systemsteuerung zugreifen. Besonders in Kampfsituationen ist das ein nicht zu unterschätzender Vorteil.“

,, Und ich vermute mal….“

,, Die GTDF hat das ganze bezahlt, richtig.“ , antwortete er Martin.

,, Ich würde nie auf die Idee kommen mir einen Chip ins Gehirn setzten zu lassen, egal was für Vorteile das bringt.“ , erklärte Adams entschieden. ,, Ein falscher Schnitt bei der OP und sie wachen als hirntoter Idiot auf.“

,, Und sich zehn Jahre in Stase versetzen zu lassen ist gesünder ?“ , wollte Martin wissen.

Er erinnerte sich daran, wie sie den Mann damals , waren es wirklich erst ein paar Monate , auf Isaari geweckt hatten. Eine eisige Welt, mitten im nirgendwo.

,, Nicht unbedingt.“ , erwiderte Adams.

,, Ich sehe, sie haben hier offenbar alles im Griff ?“

Die drei drehten sich zu der Stimme um. Coel zwang sich zu einem Lächeln. Die Tabletten von Teach hatten seine Kopfschmerzen zwar erträglich gemacht, dafür fühlte er sich jetzt ein wenig, als wäre er betrunken. Jeder Schritt schien ihm aus dem Gleichgewicht bringen zu wollen. ,, Also, wie sieht es aus ?“

,, Wir wollten grade Versuchen den KI-Kern wieder zu starten.“ , meldete Martin.

Er nickte. Vielleicht würden sie bald endlich hier wegkommen. ,, Worauf warten wir dann noch ?“

,, Darauf, dass ich Zugriff auf die KI-Matrix bekomme.“ , erwiderte Noah. ,, Einen Moment…“

Der Blick des Mannes schien plötzlich in die Ferne zu gehen, als sich das Implantat einschaltete und eine Verbindung mit den Schiffsystemen herstellte.

,, Und , schaffen sie es ?“

,, Geben sie mir einen Augenblick.“ , erwiderte Noah, der sich nicht bewegte. ,, Hier sind jede Menge Defekte Systeme…. Aber bisher nichts, das die KI betrifft.“

,, Bisher ?“

,, Ich sagte doch Geduld, würden sie jetzt bitte kurz ruhig sein ? Es ist kompliziert genug sich auf eine Sache gleichzeitig zu konzentrieren und das einem dabei die gesamten Schiffssysteme durch den Kopf fließen macht es auch nicht einfacher.“ , antwortete er angespannt. 

Eine Weile lang geschah gar nichts. Dann riss Noah plötzlich die Augen auf. ,, Oh Verdammt.“

,, Was ist los ?“ , fragte Adams, der den Mann stützte, als dieser umzustürzen drohte.

,, Er ist sauer.“ , meinte Noah nur.

,, Wer ?“

,, 28 nicht registrierte Lebenszeichen an Bord entdeckt. Sicherheitsoffiziere bitte melden und überprüfen.“  Die seltsam monotone Stimme verstummte wieder.

,, Frage beantwortet ?“, wollte Adams wissen.                  

,, Was ist passiert ?“ , erwiderte Coel.

,, Was passiert ist ? Genau das was ich befürchtet hatte. Der plötzliche Shutdown muss einige Speicher beschädigt haben.“

,, Und das heißt nichts Gutes oder ?“ , meinte Martine

,, Wir haben es hier sozusagen mit HAL im Werkszustand zu tun.“ ,antwortete Noah. ,, Die verdammte KI kennt uns gar nicht.“
,, Und ein Backup, oder so etwas ?“ , fragte Adams.

,, Das gibt es bestimmt, nur muss ich das erst finden.“ , erwiderte er.

,, Dan beeilen sie sich bitte damit.“ Coel trat etwas vor. ,, Hal ? Hören sie mich?“

Die KI antwortete nicht.

,, Kein Kontakt zu den Sicherheitsbeauftragten.  Sämtliche bekannten Offiziere abwesend. Sämtliche Eindringlinge werden aufgefordert das Schiff sofort zu verlassen.“

,,  Wir sind die verdammen Offiziere.“ , rief Martin. Das war nicht gut. Wenn der KI-Speicher wirklich zurückgesetzt war, dann damit auch jegliche Registrierung und jedes Profil von ihnen…

,, Jetzt reicht es mir aber. Hier ist Rafail  Coel kommandierender Offizier der Kronos. Sämtliche Personen an Bord sind sofort als autorisiert anzuerkennen.“

,, Autorisierung falsch. ID nicht bekannt oder fehlerhaft. Sollte das Schiff innerhalb von zehn Minuten nicht geräumt sein, behalte ich mir weitere Gegenmaßnahmen vor.“
,, Wie sieht es mit dem Backup aus ?“ , wollte Martin wissen.

,, Keine Ahnung, hören sie es gibt kaum in System das so komplex ist wie das einer KI, normalerweise bräuchte ich Tage für so was.“

,, Nun, sie haben zehn Minuten, fühlen sie sich also nicht unter Druck.“ , antwortete Martin.

,, Sehr witzig.“ , erwiderte Noah
,, HAL, ich fordere sie ein letztes Mal auf sofort sämtliche Aktionen gegen uns oder die Crew zu unterlassen, ansonsten…“

,, Zugriff auf Speicherkern entdeckt. Abwehrmaßnahmen eingeleitet. Sie werden sich ergeben und das Schiff verlassen, oder sie sterben.“
,, Toll, der Tag wird einfach immer besser. Welche Internen Verteidigungssysteme hat das Schiff noch gleich?“
,,Das werden wir fürchte ich noch rausfinden.“ , antwortete Coel und zog die Waffe.

,, Defensivmaßnahmen initiiert.“

Ein Teil der Wand schien zum Leben zu erwachen, als die Außenverkleidung zur Seite verschwand und ein Geschütz freigab, das sofort das Feuer auf sie eröffnete.

Noah warf sich hinter einen Rechner in Sicherheit, während Adams nur mit einem Sprung  aus dem Serverraum entkommen konnte und somit außerhalb der Geschützreichweite war.

Martin ließ sich zu Boden fallen, als eine Kugelsalve nur einige Zentimeter über seinem Kopf vorbeiging. Coel blieb ebenfalls nichts anderes übrig als zur Seite auszuweichen. Viel zu spät, wie ihm bewusst wurde. Die Kugeln waren in jedem Fall schneller und er bereitete sich schon darauf vor im nächsten Moment getroffen zu werden. Aber nichts dergleichen geschah.

Er sah sich verwirrt um. Das Geschütz hatte aufgehört zu Feuern. Lediglich etwas Rauch stieg von der Mündung der Waffe auf der sich bald in der Luft verteilte.

Die Projektile, die sie verfehlt hatten waren an der Wand abgeprallt, ohne diese zu Beschädigen. Vermutlich waren die internen Waffensysteme so eingestellt, dass die Kugeln die Panzerung der Kronos nicht durchschlagen konnte. Schließlich sollten die Geschütze das Schiff nicht von inne heraus zerstören.

,, Habs geschafft.“ , meinte Noah aufatmend, als er hinter dem Serverschrank hervorkam.

,, Und keine Sekunde zu spät.“ Coel ließ sich einfach wo er war auf den Boden fallen. ,, Wenn das alles vorbei ist, werde ich erst mal eine Woche durchschlafen, glaubt mir.“
,, Erinnerungs-Backup geladen. Ich bitte die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen.“ , meldete sich Hal.

,, Schon gut, wie wäre es, wenn sie das Schiff wieder zum Laufen bringen ?“ , entgegnete Coel.

,, Jawohl, Lebenshaltung läuft wieder auf 90% Leistung. Beschädigungen an den Lüftungssystemen und Filtern sind nur minimal. Antriebssteuerung freigegeben. Die Reaktivierungszeit der Nova-Generatoren beträgt zwei Stunden ,plus minus zehn Minuten. Waffensysteme stehen momentan nur begrenzt  zur Verfügung. Railgun-Batterien eins bis fünf sind ausgefallen. Schilde und magnetische Ablenksysteme sind offline und nach wie vor ohne Energie..“

,, Na bitte, das klingt ja gar nicht so schlecht. Solange die Via also nicht plötzlich zurückkommen, könnten wir tatsächlich überleben.“

,, Dann kommen wir endlich hier weg.“ , meinte Martin

,, Das wird auch langsam Zeit.“ Adams , der sich vorher aus dem Raum gerettet hatte, hinkte wieder zu ihnen. Offenbar hatte er sich bei seinem Sprung in die Sicherheit das Bein verletzt.

,, Geht es ihnen gut ?“

,, Eigentlich musste ich das sie alle Fragen, aber ja, ich denke schon. Ich bin nur ein wenig unglücklich gefallen.“
Mit einem knistern sprang die Lautsprecheranlage der Kronos an. ,, Ich vermute mal, das plötzlich wieder alle Systeme laufen, haben wir ihnen zu verdanken.“ , meldete sich Seyonns Stimme.

,, Eigentlich müssen sie dafür vor allem Noah danken.“

,, Ach was, das hätte jeder gekonnt, der auch nur etwas von Informatik versteht… und von künstlichen Neuroverbindungen…“

,, Und sie sind ehrlich nur hier um die Waffensteuerung zu überwachen ?“ , fragte Martin lachend.

,, Nun ja, für die Crew des neuen Flaggschiffs der Erdflotte wollte die GTDF nur die besten.“ , meinte Noah fast entschuldigend.

,, Das war auf jeden Fall gute Arbeit. Nehmen sie sich frei, machen sie mal Pause. Ich denke ab jetzt sollte alles wieder halbwegs in Ordnung sein.“

,, Natürlich, aber ich denke, ich werde ohnehin nicht viel Ruhe finden.“ Der Mann verabschiedete sich und verschwand dann den Gang hinab.

,, Ich bleibe noch und sehe nach, ob wirklich alles in Ordnung ist.“ , sagte Adams, der grade dabei war, ein Kabel von einem der Server mit einem Handcomputer zu verbinden.

Martin ging bereits voraus, während Coel noch einen Moment zurück blieb.

,, Ich denke, wir haben jetzt alles im Griff.“ , antwortete Adams.

Coel nickte. ,, Also dann, zurück aufs Kommandodeck.“ Seyonn würde zwar sicherlich zurechtkommen, aber desto mehr Hilfe der Abgesandte hatte, desto schneller würden sie hier weg kommen.

Kapitel 12 Freunde

,, Verflucht, Coel ? Hören sie mich?“ Schon wieder ein grelles Licht das ihn blendete. Diesmal jedoch stammte die Helligkeit von einer kleinen Lampe.

,, Pupillen reagieren normal.“ Jetzt erkannte er auch die Stimme… Nathan Teach.

,, Schon gut… mir geht’s gut.“ Er wehrte Teachs Hand ab, die ihm aufhelfen wollte und setzte sich aus eigener Kraft auf.
,, Irgendwie bezweifle ich das.“ , meinte Seyonn, der am Rande seines Gesichtsfeldes stand und irgendetwas auf dem Tisch des Besprechungsraums besorgt musterte.

Der Bildschirm…

Langsam zog er sich an der Tischkante hoch. Seine Beine fühlten sich wie Gelee an und jede Bewegung löste eine neue Welle Schmerzen in seinem Kopf aus.

,, Okay… sie könnten mir schon mal erklären, was hier los ist ?“ , meinte Coel.

,, Das müsste ich sie eigentlich fragen.“ Der Unity Abgesandte deutete auf die unzusammenhängenden Symbole und Zahlen.

,, Keine Ahnung, was das ist… ich war vorhin kurz wegetreten und…“

,, Und dann haben sie das da aufgeschrieben.“ , beendete Seyonn den Satz bevor er sich an Teach wendete. ,, Sie sollten ihn mal gründlich durchchecken.  Besonders was die synaptische Aktivität in allen Hirnarealen angeht, es kann durchaus sein das…“

,, Das was ?“ , fragte Coel, der es endlich schaffte sich halbwegs auf den Beinen zu halten.

,, Sie waren dem Archiv ausgesetzt, das wissen wir alle. Aber es hat sie nicht sofort beeinträchtigt. Ich denke die Informationen waren… komprimiert wenn sie so wollen und überschreiben sich jetzt langsam.“

,, Und das ist nicht gut oder ?“ , fragte Teach.

,, Das Gerät im Archiv war für den Verstand eines Erbauers gedacht, nicht für den eines Menschen.“ , antwortete er.

,, Das beantwortet meinen Frage nicht.

,, Weil ich es nicht weiß.“ , entgegnete Seyonn. ,, Bringen wir ihn erstmals zur Krankenstation, dann sehen wir weiter.“ Er wollte Coel stützen, dieser schüttelte ihn jedoch ab. ,, Ich kann laufen.“

Coel stolperte auf dem Weg zum Fahrstuhl und auf dem zur Krankenstation mehrmals fast. Er sah alles verschwommen, wie durch einen Schleier und ließ sich fast erleichtert auf eine Liege fallen.

Teach machte sich sofort daran ein EEG vorzubereiten und verschiedene Messungen vorzunehmen.

Coel erlebte das alles nur als einen wagen Vorbeizug von Sinneseindrücken.  Er erinnerte sich einmal hohes Fieber gehabt zu haben. Die Erfahrung war ähnlich, dieses entgleiten der Wirklichkeit nur das er es diesmal bei vollem Bewusstsein erlebte.

,,Das nächste Mal wenn mich eine Jahrtausende  alte KI irgendwas fragt… sag ich Nein.“ , meinte er.

,, Sie haben Glück wenn sie dazu eine Gelegenheit bekommen.“ , erwiderte Seyonn ernst. ,, Also, wie sieht es aus ?“

Teach machte einige Schritte rückwärts. ,, Wow. Das erklärt vermutlich die Kopfschmerzen und wohl auch den Rest..“

,, Was ?“

,, Wissen sie was man unter synaptischer Plastizität versteht ?“

,, Grob gesagt, die Änderung in der Stärke synaptischer Übertagungen.“ , antwortete Seyonn.

,, Genau. Seine Synaptische Plastizität ist…  extrem verstärkt. Was da grade in seinem Kopf stattfindet ist ein gewaltiger Umbau. Und zwar überall. Es ist fast…“

,, Lassen sie mich raten, es beschränkt sich nicht auf Hirnareale, die für Erinnerungen zuständig sind ?“

,, Nein… es gibt überall Veränderungen, sogar im Atemzentrum und… hören sie, wenn das nicht aufhört bringt es ihn über kurz oder lang um.“

,, Na das sind ja tolle Nachrichten.“ , rief Coel. ,, Wie lange habe ich noch ?“

,, In Anbetracht der Umstände, nicht mehr viel.“ , erwiderte Teach.

Er setzte sich auf. ,, Seyonn ? Irgendwelche Vorschläge ?“

,, Das schon. Ich sagte ja bereits, dass die Unity über die Möglichkeit verfügt um ihnen zu helfen… aber das bedeutet wir müssen nach Enclave. Und zwar schnell.“

,, Hal, wie lange bräuchten wir von hier aus für die Strecke ?“ , wollte Coel wissen.

,, Wir befinden uns bereits am Rand des Systems und die Nova -Generatoren sind wieder voll Funktionsbereit.  Knappe zwei Stunden.“

,, Dann informieren sie besser Ägir. Wir fliegen sofort.“ . ordnete Seyonn an.
,,Wartet, wir müssen zuerst zur Erde. Sie müssen wissen was passiert ist.“ , warf Coel ein.

,, Ich sage das wirklich ungern, aber die Strecke Goodsprings-Erde-Enclave überstehen sie in ihrem jetzigen Zustand nicht mehr. Verdammt, wir hätten das viel früher überprüfen müssen.“

In diesem Moment gingen die Türen auf und Martin, gefolgt von Aine stürmten herein.
,, Was ist passiert ?“ , fragte Martin.

,, Nichts. Mir geht’s gut, zumindest im Moment.“ , erklärte Coel. Sie hatten keine Zeit mehr und saßen schon viel zu lange hier fest.

,, Das stimmt vielleicht nicht ganz.“ , wiedersprach ihm Teach. Er fasste die Ereignisse der letzten Minuten schnell zusammen, wie Coel  Seyonn kontaktiert hatte und wie dieser den Bewusstlosen Coel  im Besprechungsraum gefunden hatte um ihn daraufhin hierher zu bringen.

,, Und jetzt will er nicht das wir ihn nach Enclave bringen.“ , schloss Seyonn und wendete sich wieder Coel zu . ,, Und nur um das noch einmal deutlich zu machen, wenn wir nichts tun, sind sie morgen um diese Zeit  tot.“

,, Ich weiß. Und wenn wir nicht endlich hier weg kommen stehen die Via schon vor unserer Haustür. Was glauben sie ist wichtiger?“ Warum musste er sich überhaupt Verteidigen? Es ging hier um sein Leben und er war bereit das Risiko einzugehen.

,, Sie sind doch völlig…“ Teach schüttelte den Kopf, ,,Seyonn, ich lasse niemanden sterben. Wenn nötig übernehmen sie eben die Kontrolle über das Schiff.“
Coel stand auf. ,, Das werden sie sicher nicht. Hal, dieses Schiff fliegt nirgendwo hin außer zur Erde. Verstanden? Dieser Befehl steht, egal was passiert.“
,,Ihr Befehl ist bestenfalls Selbstzerstörerisch…“

,, Verstanden ?“ Coel Stimme duldete keinen Wiederspruch und in diesem einen Moment schienen alle Anzeichen seines schlechten Zustands zu verschwinden.

,, Befehl akzeptiert. Aufheben der Direktive nur durch einen  höhergestellten Offizier möglich.“
,, Na bitte.“

,, Sind sie eigentlich Wahnsinnig ?“ ,rief Martin.

,, Nein, nur konsequent. Der einzige, der hier ein Risiko eingeht bin ich, aber wenn das Parlament nicht bald einen Bericht bekommt, sind alle in Gefahr. Ich mag Wilkonson vielleicht nicht, aber ihm wird angesichts der Verluste nichts anderes übrig bleiben, als endlich etwas zu Unternehmen. Sie können jetzt alle gehen.“ Seine Stimme duldete noch immer keinen Wiederspruch, doch noch bewegte sich keiner der vier anwesenden.

Martin war der erste, der sich kopfschüttelnd umdrehte.  Dann folgte ihm Seyonn. ,, Ich hoffe sie wissen was sie tun.“ Teach ging als nächster. ,, Fahren sie doch zur Hölle.“ , meinte er, als Coel zu einer Entschuldigung ansetzte.

Blieb nur noch Aine

,, Aine ?“ Fast wünschte er sich, sie würde ihn auffordern wieder zur Vernunft zu kommen. Aber das war er. Vernünftig. Er konnte diese Entscheidung für sich selbst treffen.

,, Es tut mir leid, aber es ist unsere beste Möglichkeit.“

Die Artheranerin erwiderte nichts, als sie den anderen schließlich folgte.

 

,, Verdammt.“ Martin trat gegen einen Müllbehälter der auf dem Flur stand. Das Metallene  Gefäß flog den ganzen Gang entlang bis es scheppernd an einer Tür abprallte und auf dem Boden aufschlug.

,, Dann sind wir ja einer Meinung.“ , sagte Seyonn.

,, Ich hoffe wirklich, das sollte grade kein Scherz sein. Es mag ihnen entgangen sein, aber ich bin grade nicht wirklich zu Scherzen aufgelegt.“

,, Gibt es irgendeine Möglichkeit, ihm hier zu helfen ?“ ,fragte Teach.

,, Sie meinen, Methoden die keine irreparablen Schäden verursachen und die sie hier auch anwenden könnten ?“  , fragte Seyonn  ,, Keine die mir einfiele.“

Aine verfolgte das Gespräch schweigend. Coel war stur… und hatte eine Entscheidung getroffen, über die sie sich nicht Hinwegsetzen konnten.

,, Hal muss sich nicht an seine Anweisungen halten.“ , überlegte Martin. ,, Wenn wir ihn nur Überzeugen dann…“

,, Ich glaube das können wir vergessen. Hal wird vielleicht Einsichtig. Aber ob er Coels Anweisungen wirklich ignorieren würde, bezweifle ich.“

,, Was können wir sonst tun ?“

,, Watergate.“ , meinte Seyonn plötzlich. ,, Dem Rang nach steht er über Coel.“
,, Hal nimmt keine Befehle von ihm an.“

,, Vielleicht nicht von ihm, aber wenn wir uns in diesem Punkt alle hinter Watergate stellen, dann wiegt unser Wort schwerer als Coels…“

,, Vielleicht.“ , gab Teach  zu bedenken.“

,, Und vermutlich wird Watergate auch einen Teufel tun und uns helfen.“

,, Haben wir eine andere Möglichkeit ?“

,, Ich fürchte nicht.“

Aine stellte sich ihnen in den Weg ,, Ich könnte noch mal Versuchen mit ihm zu reden.“

Sie hatten die nur noch teilweise zu einem Krankenhaus umfunktionierte Kantine erreicht.

,, Nur zu.“ , meinte Martin, der sich auf eine Bank fallen ließ. ,, Schaden kann es nicht. Aber ich bezweifle das dieser Sturkopf sich von irgendjemanden was sagen lässt.“

 

 

,, Coel ?“ Sie hatte nicht angeklopft, aber er hatte schon eine Weile vermutet, dass jemand in der Tür stand.

 Er sah mit einem seufzen auf und legte einen Tablett-Computer beiseite, auf dem er irgendetwas geschrieben hatte. Jetzt wo Teach nicht mehr hier war hatte er auch keinen Zweck darin gesehen weiter liegenzubleiben. Stattdessen hatte er sich an den mit Akten überfüllten Schreibtisch des Doktors gesetzt

,, Wenn sie hier sind, um mich irgendwie zu überzeugen, dann verschwenden sie ihre Zeit.“ , sagte Coel. Und in diesem einen Moment wurde ihm etwas klar… würde Aine ihn dazu auffordern, würde er nach Enclave gehen…. Es war eine seltsame aber auch irgendwie… beruhigende Vorstellung.

,, Vielleicht. Aber sollte es mich daran hindern es zu Versuchen?“

 ,, Ich schätze , die Antwort, die sie erwarten lautet Nein.“ Er nahm das Tablett wieder in die Hand und arbeitete weiter.

,, Darf ich wenigstens fragen was sie da machen ?“

Die Frage brachte ihn tatsächlich kurz zum Lachen. ,, Wenn ich das wüsste… sehen sie selbst.“

Aine trat näher und nahm ihm  den Computer aus der Hand. Eine ungeordnete Ansammlung von Zahlen und Symbolen befand sich darauf. Die Zahlen kannte sie aus der menschlichen Mathematik, die Zeichen jedoch…

,, Es sind dieselben wie in den Archiven.“ , stellte sie überrascht fest. ,, Wieso schreiben sie das auf ?“

,, Ich weiß ja nicht einmal was sie bedeuten, trotzdem sehe ich sie immer wieder vor mir… wenn ich die Augen zumache, oder auch nur Blinzle sind sie da. Irgendwie…  fühle ich mich besser, wenn ich sie einfach aufschreibe. Macht den Kopf freier.“

Sie betrachtete die Symbole eine Weile. Sie schienen nur im ersten Moment ungeordnet, aber sobald man einmal das Muster erkannt hatte war es unübersehbar. ,, Ist ihnen aufgefallen, das sich die Symbole  alle dreißig Zeichen wiederholen ?“

,, Nein, aber ich habe ja auch kein Photographisches Gedächtnis.“ Er nahm ihr das Tablett wieder ab.

,, Beinahe photographisch. Erinnerung ist immer Subjektiv.“

Coel nickte, während er die Abfolge von Zahlen und Piktogrammen betrachtete. ,, Vielleicht werde ich einfach endgültig Wahnsinnig. Oder…“

,, Oder ?“

,, Naja... Seyonn meinte im Archiv könnten sich auch Persönliche Erinnerungen befunden haben.“ Ohne Vorwarnung warf Coel die flache Computerplatte in eine Ecke, wo das Gerät mit einem dumpfen Aufprall  liegenblieb.

  ,, Habe ich eigentlich je etwas richtig gemacht?“ , fragte er.

,, Mehr als die meisten würde ich sagen.“ , antwortete Aine. ,, Sie haben ihre Welt gerettet. Zweimal. Egal was man von der Menschheit hält, viele Leben noch, die eigentlich längst Tod sein sollten.“

,, Und wie viele sind gleichzeitig gestorben ? Ich ging nach Artherium, weil ich es für das richtige hielt. Es starben Tausende. Ich erklärte mich Bereit der GTDF erneut zu helfen… auf Isaari starben alle. Helens Tod auf dem CEHO-Gelände. Ich könnte die Liste endlos fortsetzen. “

,, Darum geht  es ihnen also. Sie glauben sterben zu müssen?“

,, So lächerlich das für sie auch klingen mag. Aber sehen sie es mal so… ihr Volk lässt sie fast nie lebend Gefangennehmen. Weil sie das für entehrend oder falsch halten. Ich halte es für falsch, wenn durch meine Entscheidungen nur noch mehr Menschen leiden. Ich habe nicht das Recht dazu.“

,, Und doch … hast du nicht geglaubt immer das richtige zu tun ?“ Der Plötzliche Wechsel der Anrede entging ihm nicht, aber er maß ihm auch keine Bedeutung bei. Oder war es ein verzweifelter Versuch ihn doch irgendwie umzustimmen ?

,, Der Glaube spielt dabei doch keine Rolle. Oder denken sie die Via würden meinen, wenn sie allen ihre Ansichten aufzwingen oder auslöschen, damit etwas Falsches zu tun? Das einzige was letztlich zählt, ist das Ergebnis des eigenen Handelns. Und was ich auch getan habe, es war falsch.“

,, Wer sagt, dass sie nicht wieder die falsche Entscheidung treffen ?“

,, Wenn ich das tue, ist der einzige, der diesmal stirbt, ich selbst.“

,, Und ihr Leben ist ihnen so wenig wert ?“ , wollte Aine wissen.
,, Es ist nicht wertvoller als das von irgendjemand anderen.“

,, Coel, sie haben die schreckliche Angewohnheit, die seltsamsten Perspektiven auf ihr Leben zu haben. Sie haben mir und den Artheranern mal Vorgeworfen, wir könnten nicht von jemand erwarten, sein Leben zu opfern.  Inwiefern unterscheidet uns das?“

,, Ich treffe meine Entscheidung freiwillig.“ , erwiderte Coel.

,, Wissen sie was, ich gebe auf. Vermutlich haben sie Recht. Sie zerbrechen an jeder kleinen Entscheidung, die von ihnen verlangt wirklich abwägen zu müssen.“

,, Das ist nicht wahr.“ , erklärte er.

,, Und ob das wahr ist und sie wissen das. Ich habe langsam genug. Sie sind ein verdammter Feigling Coel, sonst nichts und jetzt glauben sie sich so davon stehlen zu können, weil sie keine Entscheidungen treffen können, aus Angst das Leben anderer zu gefährden, aber wissen sie was? Die werden ohnehin sterben, oder sind sie wirklich der Meinung selbst wenn das Parlament sofort eine Flotte aufstellt, bringt das noch viel?  Sie glauben ausgedient zu haben?“
,,Aine…“ , setze er leise an.

,, Nein, sie hören mir jetzt zu. Sie glauben also, ihr Leben ist unbedeutend? Denken sie noch mal nach. Würden die Via sie verschonen, wenn das stimmt, sicher nicht. Sie haben ihnen mehr Probleme gemacht als sonst jemand und selbst wenn diese verdammten Dinger keine Emotionen mehr haben ist da noch etwas, ein Funke der Angst. Und sie wollen ihnen also nun lediglich Beweisen, das ihre Angst unbegründet war? Dass der Mann, der beinahe ihre mächtigste Kriegswaffe vernichtete, nicht weiter ist als ein Feigling, der selber Angst hat? Dann nur zu. Aber dann sagen sie mir jetzt…wofür sie überhaupt noch kämpfen, und wofür sie sich je eingesetzt haben…“

Aines Stimme war laut geworden und die plötzlich einsetzende Stille genauso Ohrenbetaübend.

,,Ich würde alles tun, für jeden von ihnen.“ , flüsterte er.

Sie drehte sich um, blieb aber auf halbem Weg kurz stehen.

,,. Dann Beweisen sie nochmal, das ich mich nicht getäuscht habe.“

Damit war sie verschwunden und Coel blieb allein zurück. Langsam stand er auf und hob den Tablett-Rechner auf. Das Glas des Bildschirms war gesprungen, funktionierte aber noch.

Einen Augenblick stand er da, den beschädigten Computer in der Hand. Zeichen… sonst nichts.

,, Hal, sagen sie Ägir er soll Kurs nach Enclave setzen.“

 

 

,,Danke“ Aine hatte sich zu den anderen Gesetzt und drehte sich nicht sofort zu der Stimme um.

Schweigend betrachtete Coel die Gruppe der vier. ,, Ich schätze einfach mal, das habe ich verdient.“ , stellte er fest.
Erst jetzt  drehte sich Aine und auch die anderen um.

,, Dazu… sind Freunde da.“
Coel nickte. Freunde… ein unvertrautes Wort.

,, Also dann, wir haben nicht viel Zeit.“

,, War das je anders ?“ , wollte Martin wissen.

,, Nicht das ich wüsste.“ 

Kapitel 3 Bestandsaufnahme

 

 

,, Legt sie einfach da hin, aber Vorsichtig.“

Die Krankenstation war  in erstaunlich gutem Zustand. Die meisten Geräte, wenn ohne Strom auch nutzlos, schienen intakt.  Eine weißgestrichene Regalreihe, die Coel aus seltsame Art an ein Stadtbüro auf der Erde erinnerte nahm einen Großteil der Rückwand ein.

Es gab insgesamt drei Liegen und einen OP-Raum, der vom Rest durch eine halbdurchsichtige Wand getrennt war.

Mit Strom hätte man hier vermutlich selbst schwerste Verletzungen behandeln können.

So jedoch…

Nathan bestätigte seine Vermutung. ,, Ich fürchte, viel mehr als sie überwachen kann ich sie nicht. Selbst wenn die Ausrüstung funktionieren würde, mit artheranischer Medizin kenne ich mich nicht aus.“

Coel  schüttelte langsam den Kopf. ,, Tun sie einfach, was sie können. Mehr kann ich nicht verlangen.“

Er betrachtete die seltsam verletzlich wirkende Gestalt Aines. Coel  zwang sich fast, sich wieder zu Teach umzudrehen. ,, Ich sollte vermutlich wieder aufs Kommandodeck. Informieren sie mich, wenn sich ihr Zustand ändert.“

,, Natürlich. Das werde ich.“ , versprach der Doktor.

,, Ach und, sagen sie den Leuten, das bitte niemand versucht, eine andere Ebene zu erreichen, bis ich grünes Licht gebe. Das Treppenhaus ist schwer beschädigt, und die Fahrstühle laufen nicht.“

 

,, Sehen wir mal, ob das funktioniert.“ , meinte Seyonn, der grade ein beschädigtes Terminal wieder zum Laufen gebracht hatte. Martin sah dem Unity-Abgesandten dabei zu, wie er ohne Werkzeuge zerstörte Kabel wiederherstellte und  verbrannte Schaltkreise reparierte.

Die Körper der Unity bestanden nicht aus organischem Material, sondern aus Milliarden kleiner, selbstständiger Nanoteilchen, die sich zu einem großen Bewusstsein zusammenlagerten. Im Prinzip waren sie, wenn auch empfindungsfähige,  Maschinen, genau wie die Via.

Die Hände des Unity-Botschafters schienen kaum wahrnehmbar an Substanz zu verlieren, als er mit den Fingern eine beschädigte Leitung entlangfuhr.

,, Fertig.“ , verkündete Seyonn und stand auf. Sekunden später flackerte der Computer auf. Und mit ihm auch die Lichter im Kommandodeck, welche die schummrige Notbeleuchtung ersetzten.

,, Wie haben sie das Gemacht ?“ , wollte Adams wissen. ,, Das ganze System war eben noch Schrott.“

,, Ich habe Naniten verwendet um die Beschädigten Stellen auszubessern.“ , erwiderte er.

Adams schüttelte nur den Kopf. Aus der Technologie der Unity schlau zu werden war schon ganz anderen nicht gelungen. Im Augenblick war er nur froh, dass der Mann hier war und ihnen half. Aber zum Feind haben wollte er ihn sicher nicht.

Dafür hatten sie sich den Zorn der Via zugezogen, dachte er bitter..

,, Also, wie sieht es aus ?“ , fragte Martin.

,, Nun.“ Ägir, wie immer eine brennende Pfeife im Mundwinkel, wendete sich den wieder funktionsbereiten Computern zu. Er stieß einen leisen pfiff aus.

,, Sieht wirklich aus, als hätten wir heute etwas Glück. Die größten Schänden scheinen sich auf die ersten paar Decks zu beschränken. Die Maschinen sind intakt,  aber offline, genau wie die Lebenserhaltung und der Nova-Antrieb. Aber das ist nichts, was wir nicht beheben könnten.“

,, Wie sieht’s mit der Kommunikation aus ?“ , fragte Noah. Der Mann hatte sich in den letzten Stunden als große Hilfe erwiesen. Eigentlich wie jede zusätzliche helfende Hand.

,, Sollte eigentlich wieder laufen. Wieso ?“

,, Wir sollten eine Nachricht Richtung Erde schicken. Sie müssen wissen, was passiert ist.“

Ägir schüttelte den Kopf. ,, Wir haben bereits mehrere geplante Check Ins verpasst. Die wissen längst, was schief gelaufen ist. Außerdem sieht es so aus, als hätten unsere Via-Freunde bei ihrem Verschwinden gleich sämtliche Datensonden zerstört, die sie finden konnten.“  Er betrachtete eine Weile düster Die Bildschirme, welche normalerweise einen Blick aus dem Schiff erlaubt hätten. Jetzt jedoch waren diese dunkel und leer. Auf eine Weise war er dankbar dafür.

Irgendwo dort draußen, außerhalb der schützenden Schiffshülle trieben jetzt die zerschmetterten Überreste der Menschlichen Defensivflotte und vermutlich auch die der artheranischen Verstärkung umher.

,,Ich sage es ungern, aber  zumindest für den Augenblick, sind wir abgeschnitten.“ , stellte der Navigator fest.
,, Was ist mit den Schiffen der Flotte ? Irgendwelche Überlebenden ?“

,, Ein dutzend Notsignale von verschiedenen Rettungskapseln , wir werden uns etwas einfallen lassen um die an Bord zu holen, und… das gibt’s doch nicht.“

,, Was ?“ , wollte Adams wissen und rückte seine Brille zurecht.

,, Hören sie selbst.“ Einige Sekunden später hallte eine vertraute Stimme über die Lautsprecher des Schiffs wieder.

,, Hier ist Kommandant John Watergate von der Horus. Kann mich irgendjemand da draußen hören?“ Ein Augenblick der Stille. ,, Ich wiederhole, ist da noch jemand?“

,, Wie eine Kakerlake, Einfach nicht Tod zu kriegen, der Mistkerl.“ , stellte Martin fest.

,, Wir könnten ihn sitzen lassen, wo auch immer er grade ist.“ , schlug Adams halb ernst vor.

Statt einer Antwort stellte Martin eine Verbindung mit dem Kommandanten her. ,, Hier ist Martin Richter von der Kronos. Sollten sie nicht eigentlich Sternenstaub sein, wie der Rest der Horus?“
,,Ich freu mich auch ihre Stimme zu hören. Aber nein, ich bin rechtzeitig raus gekommen.“

,, Wie das ?“

,, Das ist eine Geschichte, die man später mal weitererzählen kann.“

 

 

 

Die Horus war erneut getroffen worden. Diesmal hatten die Schilde der Attacke nichts mehr entgegenzusetzen gehabt. Das halbe Kommandodeck lag in Trümmern. Aus einer Konsole schlugen Flammen. Irgendwie faszinierend…

,, Sir , Befehle ?“ Der Adjutant, der gesprochen hatte sah verzweifelt aus. So wie der Rest der Mannschaft. Jedes Auge war auf ihn fixiert. Das Schiff war über jeden Zweifel verloren, aber wenn sie jetzt aufgaben…

Er traf seine Entscheidung.

,, Das Schiffverlassen“ , meinte er mit monotoner Stimme. Eine Annäherungswarnung ertönte. Offenbar wurden sie erneut unter Feuer genommen.

,, Das Schiff…“

,, Ist nicht mehr zu retten und mir völlig egal. Beim nächsten Treffer bricht der Schrotthaufen auseinander. Befehl an alle, sofortige Evakuierung.“

,, Ja, sofort… und sie ?“
,, Ich bleibe und bringe die Horus auf eine ballistische Anflugbahn zu den  Via-Schiffen. Vielleicht bringt wenigstens das etwas.“

Der Mann salutierte kurz. ,, Viel Glück.“ Und verschwand den Gang hinab.

 

,, Ihnen auch.“ Watergate setzte sich an eine der wenigen noch funktionierenden Steuerkonsolen. Er müsste das Schiff nur auf den richtigen Kurs bringen ein kleiner Schubs würde genügen. Die Schiffe der Via mochten eine gewaltige Feuerkraft besitzen, aber die riesigen Maschinen waren langsam.

Sie würden nicht ausweichen können.

Wieder eine Annäherungswarnung . Watergate  ignorierte sie . ,,Nur einen Moment noch…“

 Er wusste, dass er es geschafft hatte, als ein akustischer Warnton aufheulte.  ,, Achtung, momentaner Kurs führt zu Zusammenstoß. Kursänderung dringend empfohlen. “

,, Das ist der Sinn des Ganzen.“ , knurrte er kurz und schaltete den Alarm ab. Manchmal war er froh, dass die Horus als eines der dienstälteren Schiffe keine K.I besaß. Die ließen sich nicht einfach abschalten.

Watergate stand  auf und machte sich langsam auf den Weg. Rettungskapseln waren kein mehr übrig. Wohin wollte er also fliehen ? Träge suchte sein Verstand nach einer Lösung.

 

Aber… Ihm kam eine Idee. Wenn sich im Hangar noch Jäger befanden, hätte er vielleicht noch eine Chance.

Durch das große Observationsfenster auf der Brücke konnte er draußen den Verlauf der Schlacht beobachten . Er sah kurz, wie die Typhon, ein kleiner Kreuzer,  von einer Lichtgarbe getroffen wurde. Weder die Panzerung, noch die Schilde oder Ablenksysteme hatten dem Angriff etwas entgegenzusetzen. Das Schiff wurde in zwei Hälften gerissen. Eine Augenblick konnte er nur dastehen und wie gelähmt zusehen. Die Helligkeit der Explosion blendete ihn fast und er registrierte nur halb wie einige Trümmerteile durch die entstehende Schockwelle weggeschleudert wurden… direkt auf die Horus zu.

Watergate löste sich endlich aus seiner Erstarrung und rannte los. Er sprang über einen aus seiner Verankerung gerissenen Stuhl. Nur ein Gedanke jagte ihm durch den Kopf. Was würde das Schiff zuerst treffen? Die nächsten Geschosse oder die Trümmer ?

Grade, als er durch die Türen des Kommandodecks hechtete, erfuhr er es.

Etwas schlug mit Gewalt gegen die Außenhülle des Schiffs und schlitzte diese regelrecht auf. Plötzlich schützte nichts mehr das Deck vor dem Vakuum draußen. Explosive Dekompression war ein Mythos. Durch den plötzlichen Druckabfall wurde das Schiff zwar nicht zerrissen, aber trotzdem wurde der Sauerstoff, zusammen mit der nicht irgendwie befestigten Ausrüstung ins Weltall geschleudert. Er hielt sich so gut es ging fest und wartete, bis die Türen des Decks sich automatisch versiegelten. Jetzt hieß es schnell sein. Und beten, das die Hochgeschwindigkeits-Aufzüge der Horus  noch funktionierten.

Watergate rannte durch die verzweigten, jetzt verlassenen, Flure in Richtung des Fahrstuhls. Hier und da war bereits der Strom ausgefallen. Wieder wurde das Schiff von etwas erschüttert. Das Geräusch knirschenden Metalls übertönte kurz alles. Er  sah erst gar nicht nach, wie groß der Schaden war, ihm war klar, dass ihm bestenfalls noch Sekunden blieben.

Mit einem Sprung rettete er sich in den Aufzug und sah zurück. Eine Feuerwand raste den Gang hinab auf ihn zu. Er schlug auf den Knopf für die Aufzugssteuerung, die auch sofort reagierte. Die Türen fielen zu und die Kabine begann sofort  in die Tiefe zu sinken. In Richtung des Hangars der Horus.

Der Fahrstuhl kam Breits wenige Momente später zu einem abrupten Halt. Die Türen öffneten sich nur langsam, während Watergate ins freie Stolperte. Der Hangar war das reinste Chaos. Sein Evakuierungsbefehl hatte die Wartungsmannschaften wohl  erreicht, als diese grade eine weitere Jägerstaffel startklar machten. Die Falcon-Klasse Schiffe waren, im Gegensatz zu den oft schwer gepanzerten Transportfrachtern  der GTDF,  klein und wendig und boten Platz für einen Piloten und den Railgunschützen, konnten aber auch von einer einzigen Person gesteuert werden. So war gewährleistet, dass die Jäger auch noch flogen, wenn einer der Piloten tot, oder bewusstlos war und in größerer Zahl konnten sie selbst für ein Schlachtschiff gefährlich werden. Zumindest eigentlich. Gegen die Via aber hatten die Geschwader so gut wie nichts ausrichten können. Wenigstens würde einer der Jäger einem letzten Zweck dienen, wenn er entkam, dachte Watergate, während er auf den Pilotensitz eines startbereiten Falcon kletterte. Die älteren Modelle besaßen noch eigene Nova-Generatoren, aber nach der Entwicklung von Nova-Waffen hielt man es zu gefährlich zu verbauen. Der dadurch gesparte Platz machte die Falcon zwar noch wendiger, aber auch abhängig von Transportschiffen.

 Die Triebwerke zündeten und katapultierten das Schiff aus dem Hangar hinaus. In die dunkle Nacht über dem Planeten Goodsprings , nur erhellt von den Sternen und brennenden Wrackteilen.

Nur Augenblicke später wurde die Horus getroffen und der ehemalige Stolz der Parlamentsflotte ging in einem Feuerball unter.

 

 

,, Sie haben das Licht wieder anbekommen.“ , stellte Coel als erstes fest, als er das Kommandozentrum der Kronos  wieder betrat.

,, Nicht nur das.“ , meinte Martin. Er erzählte ihm rasch, wie sie Watergates Notruf aufgefangen hatten.

,, Das ist nicht ihr ernst, oder ?“ , fragte er nach. ,, Wie zur Hölle ist er rechtzeitig von diesem Schiff runter gekommen ?“

,, Ich fürchte schon.“ , antwortete Seyonn. ,, Er landet grade im Hangar.“

,, Na , ich hebe mir mein Urteil auf, ob das eine gute oder schlechte Nachricht ist.“ Der Mann war sicher alles andere als gut auf sie zu sprechen. Vom desaströsen Ausgang der Schlacht abgesehen, hatten sie ihm immerhin die Kronos vor der Nase gestohlen,   ,, Wie sieht es mit den übrigen Rettungskapseln aus?“

,, Wir holen sie an Bord, soweit das eben geht. Die Triebwerke und der Nova-Generator sind immer noch offline und was die Lebenshaltung angeht…“ Ägir zuckte die Schultern ,, Sagen wir so, in ein paar Stunden wird es hier verdammt kalt werden, vom Sauerstoff mal ganz zu schweigen.“
,, Wo liegt das Problem ?“

,, Es ist die verdammte KI.“ , erklärte Martin. ,, Ich wusste Hal bringt uns noch mal um, aber nicht so.“

,, Hal ist immer noch offline.“ ,erwiderte Coel.

,, Und genau da liegt das Problem. Irgendein Genie bei der GTDF dachte sich, wenn das Schiff schon eine KI bekommt, warum dann nicht sämtliche Primärsysteme daran koppeln. Das heißt im Klartext, ohne Hal laufen keinerlei höhere Prozesse der Schiffsysteme.“

,, Und Lebenshaltung und Antrieb…“

,, Gehören zu den Primärsystemen, ja.“ , bestätigte Adams.

,, Wenn wir hier lebend rauskommen, werde ich mich mal mit Steel unterhalten müssen. Also… Hal  zu reaktivieren hat damit wohl oberste Priorität.“

,, Da ist allerdings noch etwas.“ , meinte Seyonn düster.

,, Was ?“
,, Die Waffe geben sie sie mir.“ Der Unity-Abgesandte streckte die Hand aus.

,, Welche Waffe ?“

,, Tun sie nicht so. Uns entgeht nur wenig, was die Menschen tun. Und sie Adams, haben eine Waffe entwickelt, die Unity töten kann.“ , meinte er und fixierte den Wissenschaftler. ,, Ihre Demonstration auf Goodsprings Coel,  war ja eindrucksvoll genug.“

Das stimmte, auch wenn der eigentliche Zweck der Kampf gegen die Via gewesen war.

,, Was hätten wir tun sollen ? Normale Kugeln richten gegen diese Dinger nicht viel aus.“ , erwiderte er.

,, Das mag sein und ich glaube ihnen das auch. Aber die Unity wird eine solche Bedrohung nicht einfach akzeptieren, solange wir nicht wissen, wie gefährlich diese ist.“
Coel sah einen Augenblick zwischen Seyonn und Adams hin und her. Das war so ziemlich das Letzte,

was er grade gebrauchen konnte.

 

Kapitel 5 Reflektion

,, Also, rein körperlich sind sie einer der gesündesten Menschen, die mir je untergekommen ist.“ , meinte Teach und trat ein paar Schritte zurück.  Wo hatte er das schon einmal gehört ? Vielleicht war es auch nur ein Déjà-vu ,, Außer natürlich das offensichtliche.“ Er warf einen Blick auf Coels kybernetische Armprothese.  ,, Die meisten Menschen wären nach so was nicht mehr normal.“

,, Ich weiß.“ , erwiderte er. Sein Blick wanderte durch den Raum.

 Mittlerweile waren auch die übrigen zwei Betten belegt  und draußen auf dem Flur waren weitere Bahren aufgebaut worden. Die meisten Verletzten hatten Brandwunden oder tiefe Schnitte. Manchmal auch Knochenbrüche.  Aber es gab auch Fälle, bei denen Teach nichts mehr tun konnte. Zumindest nicht hier.  Und so stieg die Zahl der Toten immer noch an.

Coel  stand langsam auf. ,, Wie geht es ihr ?“ ,fraget er mit einem Blick in Richtung Aine. Die Artheranerin war noch immer Bewusstlos.

Nathan Teach seufzte. ,, Tja, wenn ich wenigstens das wüsste. Ich kann leider nicht mehr tun als sie zu Überwachen. Sie könnte jeden Moment aufwachen… oder sterben. So ähnlich artheranische Physiologie der Menschlichen auch ist… Alles was ich sagen kann ist, das ihr Zustand momentan stabil ist.“

,, Vielleicht können wir sie zu den Artheranern bringen. Sobald die Triebwerke wieder funktionieren heißt das.“ , meinte Coel nachdenklich. Er suchte krampfhaft nach einer Antwort… einer Lösung. Doch er wusste, dass es momentan keine gab.

,, Auf jeden Fall können die sicher mehr tun als ich. Es ist eine Schande. Wissen sie, das letzte Mal habe ich mich so nutzlos Gefühlt, als mir ein Soldat unter den Händen verblutet ist. Auf Artherium.“

,, Sie waren auf Artherium ?“ ,fragte Coel überrascht. War er dem Mann dort vielleicht sogar begegnet? Wenn, dann konnte er sich zumindest nicht daran erinnern.

,, Die Hälfte des Marinechors der Athene war auf dem verdammten Planeten.  Und starb dort auch. Die Athene diente der Horus während des Einsatzes als Geleitschutz. Bevor ich vor drei Monate hierher versetzt wurde, habe ich dort gearbeitet. Das Schiff wurde bei der Verteidigungsschlacht über der Erde zerstört, aber ich und der Großteil der Besatzung sind noch rechtzeitig rausgekommen.“

,, Ich verstehe.“ Er ließ sich wieder auf einen Stuhl fallen und starrte einen Augenblick zu Boden. Seine langsam wiederkehrenden Kopfschmerzen machten ihm erneut zu schaffen. ,, Sie haben nicht zufällig irgendwas an Schmermitteln übrig ?“
,, Wieso ?  Sind sie verletzt ?“ , wollte Teach wissen. Er klang besorgter, als Coel erwartet hatte. Medikamentenabhängigkeit war unter den Soldanten der GTDF  keine Seltenheit. Die Devise war, die Männer und Frauen kampfbereit zu halten und manche Offiziere griffen dabei auch auf unlautere Methoden zurück.

Coel hatte das immer abgelehnt und auch nicht zugelassen, dass jemand unter seinem Kommando  auf Drogen zurückgriff. Im Augenblick jedoch war ihm alles egal, solange der Schmerz ihn zweitweise in Ruhe ließ. Zumindest bis sie in Sicherheit waren.

,, So ähnlich.“ , erwiderte er schließlich. ,, Ich habe mir beim Angriff hoffentlich keine Gehirnerschütterung zugezogen. Tut zumindest höllisch weh.“ Coel zwang sich zu einem falschen Lächeln.

Der Doktor seufzte, dann wendete er sich dem großen Schrank zu. Einen Augenblick lang durchsuchte er eine große Schublade, dann zog er ein kleines Glasfläschchen heraus und war es Coel zu. ,, Aber seien sie vorsichtig damit. Das ist zwar kein Morphin, aber ähnlich genug um ihnen Schwierigkeiten zu machen.“

,, Keine Sorge, das bin ich, ich habe momentan genug andere Probleme.“  Coel stand wieder auf und ließ das Tablettenfläschchen in seiner Kleidung verschwinden.

,, Verdammt ich wünschte langsam ich hätte das Wort Via nie gehört. Und wenn ich schon dabei bin, könnte ich auch Artherium gleich vergessen.“ Seine Faust landete krachend an der metallenen Wand.

Schmerz spürte er keinen, auch wenn die Wucht des Aufpralls eine normale Hand vermutlich gebrochen hätte. Eine deutliche Delle blieb im Stahl zurück.

,, Nun, aber dann wären wir jetzt alle tot, oder ?“ ,fragte Teach . ,, Das Weltenschiff haben sie allein zerstört.“

Coel schüttelte den Kopf. ,, Was habe ich bitte getan ? Jeder Idiot kann eine Bombe zünden. Jeder Idiot kann einen Novagenerator anwerfen und einen Planeten auslöschen.“

,, Ich schätze, dann sind wir alle Idiotien.“ , meinte der Doktor lachend. Dann jedoch wurden seine Gesichtszüge wieder ernst. Man merkte ihm an, dass er die letzten Stunden ebenfalls  keine Ruhe gehabt hatte. Seine eingesunkenen blassen Augen waren von dunklen Ringen gezeichnet. Ich muss ähnlich aussehen, dachte Coel und überlegte, wann er das letzte Mal geschlafen hatte. Bei zwei Tagen hörte er auf nachzudenken. So genau wollte er es gar nicht wissen.

Nathan wendete sich zum Gehen. ,, Entschuldigen sie mich jetzt, ich muss nach den Leuten draußen sehen.“

Coel nickte nur. ,, Ich… bleibe noch einen Moment, wenn das keine Probleme macht.“
,, Natürlich.“

Teach verschwand. Coel wartete, bis die Tür sich hinter ihm schloss. Er nahm den Stuhl und setzte sich neben Aines Liege. Es war seltsam, die sonst immer unruhige Artheranerin  so  zu sehen. Irgendwie falsch. Die bernsteinfarbenen Augen blieben geschlossen.

Nicht noch jemand, schwor Coel sich wieder.  Aber was konnte er schon tun?

Coel Gedanken schweiften ab.

Egal wie viel Mühe er sich gab, es würde wohl immer Aspekte der Artheraner geben, die er nicht verstand. Aber was wusste er überhaupt? Nur das, das er während des Kriegs gelernt hatte.

Artherium hatte sich bei der Entdeckung durch die Menschheit in etwa auf dem technologischen Stand einer frühen Industrialisierung befunden. Das hatte Verhandlungen ermöglicht, die zumindest anfangs gut verliefen. Es gab einen kleinen Austausch von Technik und selbst eine Kolonie der Menschen entstand auf dem Planeten. Dann jedoch Brachen die Beziehungen ab. Den genauen Hintergrund kannten wohl selbst die Artheraner nicht mehr, jedoch erkannten diese letztlich, dass sich die Angebote der Menschen oft nur für diese auszahlten. Die Menschen achteten darauf, nur veraltete Technik weiterzugeben, die ihnen nicht gefährlich werden konnte. Nach dem Abbruch der Verhandlungen kam es zum offenen Kampf, die Kolonie wurde zerstört  und der Krieg begann. Anfangs rechnete die GTDF, eine Haupt- Organisation der militärische Arm des vereinigten Erdparlaments mit einem leichten Sieg, hinkten die Artheraner technisch doch noch Jahrhunderte hinterher.  Doch schnell erwies sich dies als fataler Irrtum. Ein besonderer Aspekt der Artheraner war ihre im Vergleich zu Menschen fast zehnfach so schnelle Lernleistung. Erbeutete Technik konnten sie innerhalb von Tagen gegen ihre Angreifer einsetzen und nach wenigen Wochen bereits replizieren. Des Weiteren verfügten sie über ein beinahe perfektes Gedächtnis. Zwar war die GTDF den Artheranern zahlenmäßig weit überlegen, aber  zumindest technisch fand der Krieg schon bald auf Augenhöhe statt.

Bis zu dem Moment, wo die GTDF beschloss, das der Kampf zu verlustreich wäre. Aber anstatt sich zurückzuziehen, griff das Militär zu einer neu Entwickelten Waffe, welche sich den Energieausstoße eines Nova-Generators zu Nutze machte.

Eine Nova-Waffe.

Die Folgen waren verheerend, und Artherium wurde  in der Folge zu einem unbewohnbaren, verbranntem Ödland. Coel hatte in der Asche dieser Welt gestanden.

Und nun, mehr als zehn Jahre danach, fragte er sich, was ihn dazu getrieben hatte, sich der GTDF anzuschließen…

Die Erkenntnis war so lächerlich, dass er laut lachen musste. ,, Ich schätze mal, es war eine Mischung aus Langeweile und Verzweiflung.“ , sagte er schließlich laut. Hören konnte ihn momentan sowieso niemand. Vor allem wohl Verzweiflung…

Er war auf der Erde aufgewachsen. Einer Welt, die ihr Gesicht im letzten Jahrhundert  völlig geändert hatte, obwohl so viel beim alten geblieben war. Wer noch auf der Erde lebte, war entweder Steinreich, oder zu Arm um auf die Kolonien auszuwandern. So etwas wie eine Mittelschicht war praktisch nicht mehr existent.

Und seine Familie… hatte zu letzterem gezählt. Seine Eltern… er konnte sich kaum an sie erinnern. Soweit er wusste waren beide früh gestorben. Er hatte eine Schwester gehabt, aber gesehen hatte er sie seit Jahren nicht mehr.  Das letzte was er gehört hatte war, das sie wohl ebenfalls bei der GTDF untergekommen war. Er wusste nicht einmal, ob sie noch lebte.

Und Coel selbst… er war auf den dunklen Straßen aufgewachsen. Hatte das Leben geführt, das er musste. Gestohlen, wenn ihn der Hunger zwang, geschlafen, wo es eine Gelegenheit gab. Später dann hatte er sich zumindest eine kleine Wohnung leisten können.. Und seien Vorlieben für altmodische Möbel entdeckt, die anfangs wohl mehr aus dem Zweck geboren wurde, dass er sich nichts Neues leisten konnte. Und dann kam Artherium…

Die GTDF suchte dringend nach Leuten und war bereit so gut wie jeden zu nehmen. Nur um ihn als Kanonenfutter zu verheizen. Coel ergriff die Gelegenheit, dem Dreck zu entkommen. Schon während seiner Grundausbildung zeigte er, was in ihm steckte, die Jahre auf der Straße hatten ihn bereits abgehärtet und so wurde er nicht wie die tausenden anderen Rekruten irgendeinem Regiment zugeteilt , sondern einer kleinen Einheit, die für besondere Operationen auf dem Planeten eingeteilt war.

Und dabei machte er gleich mit der zweiten Eigenschaft de Artheraner Bekanntschaft, die der GTDF das Leben schwer machen sollte. Ihren beinahe telepathisch anmutenden Fähigkeiten erlaubten ihnen, selbst ihre Gedanken als Waffe einzusetzen. Der Effekt war, wie Coel herausfinden musste, ähnlich wie von einer Blendgranate getroffen zu werden und führte zu einer vollkommenen sensorischen Überlastung. Ein verstörendes Erlebnis.

,, Und jetzt sitze ich hier“. , stellte er leise fest. Der Klang seiner eigenen Stimme überraschte ihn einen Moment. Coel stand auf und hielt noch kurz an der Tür inne.

Er sollte wohl besser nach Seyonn und den anderen sehen. Ohne eine funktionierende K.I würden sie so schnell nirgend wo hin gehen. Und das bedeutete, keine Hilfe für Aine, oder die anderen Verletzten.

Coel verließ die Krankenstation  und machte sich auf den Weg in Richtung des Speicherkerns der Kronos. Stellenweise war das Schiff noch immer ohne Strom, aber was jetzt zählte war, die Antriebe wieder betriebsbereit zu machen. Alles andere konnte warten, bis sie ein Wartungs-Dock erreichten.

 

John Watergate sah zu Ägir herüber, der neben ihm den Gang entlang lief. Noch hatte er nicht Aufgegeben, die Kontrolle über die Kronos doch noch zurück zu Gewinnen.

Und mit Ägir ließ sich vielleicht reden. Der Mann wirkte ,mit seinem Rauen Gesicht und der brennenden Pfeife im Mundwinkel ,eher wie ein Seemann aus der Vergangenheit  als wie ein Offizier der Handelsmarine der Erde.

Bisher hatte es noch niemand gewagt, ihn auf das Rauchverbot auf dem Schiff aufmerksam zu machen. Vermutlich würde das auch niemand mehr. Ägir Meksis mochte wirken wie ein Mensch, der in der Vergangenheit lebte, aber sein Verstand war messerscharf und seine Fähigkeiten als Pilot und Navigator schon fast Legendär. Ein Mann, der sich wohl immer auf die logischere Seite schlagen würde… so hoffte Watergate zumindest.

Und jeder, der sich jetzt noch hinter Coel stellte, würde mit einer Suspendierung rechnen, oder schlimmeren.

Watergate überlegte. Irgendwie musste er Ägir überzeugen.

 Der Navigator kam ihm jedoch zuvor. ,, Wollen sie irgendwas ?“ , wollte er wissen.

,, Was halten sie von der ganzen Situation ?“

,, Was soll ich davon schon haben… die Via haben uns einen Arschtritt verpasst, soviel ist klar. Da draußen treibt grade ein Großteil der Erd-Defensivflotte als Schrott durchs All.“

Watergate nickte. Sie hatten es nur mit einem guten Dutzend Via-Schiffen zu tun gehabt, ihr gewaltiges Weltenschiff nicht dazu gerechnet , und trotzdem Haus hoch verloren.

,, Hätte Steel uns nach Coels Desertation nicht hinterhergeschickt, wäre das alles nicht passiert. Mit der gesamten Flotte hätten wir sie vielleicht abfangen können.“ , Watergate gab sich mühe es wie eine willkürliche Bemerkung klingen zu lassen.

Ägirs Augen fixierten ihn. ,, Geben sie Coel etwa die Schuld ?“ , die plötzliche Schärfe in der Stimme des Mannes überraschte ihn. Er machte ein paar Schritte rückwärts.

,, Nun es ist doch klar das…“
Ägir unterbrach ihn. ,, Ich möchte ihnen einen gut gemeinten Rat geben, Watergate. Das hier ist , zumindest fürs erste kein Schiff der GTDF mehr. Wir alle sind hier weil wir uns dafür entschieden haben, anstatt nur rumzusitzen, bis das Parlament sich darauf einigt, etwas zu tun. Und Steel wusste das auch, als er sie hierher schickte. Was ich also sagen möchte ist folgendes…. Sie sollten solche Gedanken besser für sich behalten. Wenn sie dem Parlament Coels Kopf bringen, würde das die verlorenen Schiffe auch nicht ersetzen, von den Leben ganz zu schweigen. Und wenn sie es trotzdem Versuchen…“ Ägir beendete den Satz nicht, aber Watergate war klar, dass er eine Grenze überschritten hatte. Er wich noch ein Stück weiter zurück und spürte plötzlich die Bordwand im Rücken. ,, Wir verstehen uns ?“ , fragte der Navigator.

Watergate nickte nur.

,, Gut und John, merken sie sich folgendes. Sollten sie, jemals, irgendjemanden hier an Bord gefährden, egal wen, egal weshalb, dann ist mir auch egal, wer auf der Kronos das Kommando innehat. Ich werde sie einfach töten. Ohne Vorwarnung. Und ich werde Coel vorher nicht um Erlaubnis bitten.“ Ägir drehte sich mit einem Ruck um und lief den Gang wieder hinab.

Watergate blieb einen Moment schwer atmend stehen. Dann machte er sich mit einer wegwerfenden Handbewegung auf in Richtung seines  zugewiesenen Quartiers.

Kapitel 14 Heilung

,, Ihr lasst einen Via am Leben ? Ihr müsstet doch grade Wissen, wie Gefährlich die Dinger sind.“

,, Diese Dinger wie sie es nennen, sind immer noch unsere Verwandten. Es mag bei ihnen üblich sein, die eigene Art zu töten, bei uns ist es das sicher nicht.“ Utgar brachte es fast wie eine Anklage vor.

,, Hören sie, wenn Grace uns irgendwelche Informationen geben kann, müssen wir das wissen.“ , erklärte Coel.

,, Sie können natürlich mit ihr reden.“ , erklärte der Archivar. ,, Aber mehr auch nicht. Draußen wird euch jemand den Weg zeigen.“

,, Dann los.“ Coel wendete sich schon zum Gehen.

,, Coel, wir reden mit ihr, sie bleiben hier. Sie nützen niemanden etwas wenn sie doch noch sterben.“ , hielt ihn Aine zurück.

Er hielt kurz  inne ,,Ich fürchte da haben sie wohl recht.. Bringen wir es hinter uns.“

,, Ich bleibe ebenfalls.“ , erklärte Seyonn. ,,Wir treffen uns am Landeplatz wieder, wenn alles gut geht.“

,, Wenn alles gut geht ?“ , fragte Coel ,, Klingt ja vielversprechend.“
,, Keine Sorge, das Risiko sollte minimal sein.“

,, Irgendwie beruhigt mich das nicht wirklich.“ Coel sah den anderen einen Augenblick lang nach, als sich die Tür des Raums wieder öffnete.

Während die schweren Glastore jedoch wieder zufielen, wendete er sich Utgar zu.

,, Also was… was genau soll ich tun ?“ Seine Kopfschmerzen, die er während der Reise durch die unterirdische Stadt fast vergessen hatte meldeten sich mittlerweile mit aller Macht zurück.

,, Wie gesagt, das Archiv ist wie ein sich selbst verstärkender Impuls. Grob gesagt, werden wir diesen Impuls aufheben müssen.“

,, Ich vermute, ganz so einfach  wie es klingt wird das nicht ?“

,, Oh die Methode selbst ist einfach… nur müssen wir dabei Vorsichtig sein, um ihnen keinen Schaden zuzufügen. Stellen sie sich einfach grade hin und denken sie an nichts. Es dauert nur einen Augenblick.“ , wies Utgar ihn an, bevor das Phantom des Archivars verschwand und nur noch Seyonn zurück blieb.

Coel wusste nicht womit er rechnen musste aber er blieb ruhig stehen. Ein leises summen in seinem Kopf das er mehr spürte als hörte machte sich breit, während er Versuchte sich zu entspannen. Seltsamerweise musste er bald feststellen, dass seine Umgebung zu verschwimmen schien. In einem Moment befand er sich für ihn deutlich wahrnehmbar in der dunklen Obsidiankammer auf Enclave, im nächsten auf einem kalten Bergkamm. Hinter ihm ragte die Metallene Struktur eines Shuttles auf und vor dem Schiff im Schnee standen mehrere Gestalten, Erbauer, wie er schnell erkannte, und sahen hinab ins Tal.

Feuer stieg von dort aus den Ruinen einer Stadt auf, die sich vom Fuß des Berges bis in weite Ferne erstreckte.

Coel konnte den eisigen Wind auf seiner Haut spüren, obwohl er wusste, dass er lediglich eine weitere jener seltsamen Visionen oder Erinnerungsbruchstücke durchlebte.

Stand er auf einem Berggipfel ? Es kam ihm nun fast so vor.

Er sah auf. Tatsächlich musste er sich irgendwo hoch oben befinden. Unter ihm erstreckte sich eine schier endlose Schneelandschaft. Eisskulpturen, geschliffen vom beständig tobenden Sturm  zierten die erstarrte Ebene. Isaari…

Doch wenn es wirklich die vereiste Welt war, dann eine jüngere Version davon. Unter ihm im Schnee ragten die Türme einer Stadt aus dem Boden. Nur noch die oberen Spitzen der Bauten waren zu erkennen, während der Rest längst von den Elementen verschlungen worden war.

Also war diese Welt tatsächlich einst bewohnt gewesen. Bis der Krieg der Erbauer und ihrer Sklaven sie zerstört hatte.  Ein ganzer Planet, der aus seiner Umlaufbahn geschleudert wurde…

Welche Macht war dazu in der Lage ?

Bevor er weiter darüber nachdenken konnte, fand er sich auch schon auf dem schwarzen Glasboden kniend auf Enclave wieder. Coel hustete ein paar Mal. Der rapide Ortswechsel ließ ihn schwindlig werden und er betete fest, dass es endlich vorbei war.

Er  schaffte es irgendwie, sich in eine Sitzende Position aufzurichten.

,, Alles in Ordnung ?“ , fragte Seyonn, der ihm eine Hand hinhielt und aufhalf.

,, Ich hoffe die Achterbahnfahrt ist vorbei.“ Er war außer Atem, als wäre er grade hundert Meter gesprintet.

,, Wovon reden sie ?“ , wollte Utgar wissen. Der durchsichtige Schemen tauchte erneut wie aus dem nichts auf.

,, Nicht so wichtig.“ erklärte er, all seine Aufmerksamkeit darauf gerichtet, nicht umzufallen. Erleichtert stellte Coel fest, das seine Kopfschmerzen verschwunden waren. ,, Hat es funktioniert ?“

,, Ja. Aber wie schon erwähnt, sie können nicht wirklich erwarten, das alles jemals ganz hinter sich zu lassen. Die Veränderungen sind dauerhaft.“

,, Was soll das heißen ? Womit genau muss ich rechnen ?“

,, Das weiß ich nicht. Aber solange sie leben, wird ein Teil des Archivs in ihrem Verstand bleiben.“ , erklärte der Archivar der Unity. ,, Alles entfernen können wir nicht.“

,, Trotzdem danke ich ihnen… aber eines ist da noch. Seyonn, haben sie meine Aufzeichnungen?“

Der Unity-Abgesandte nickte und reichte ihm den Tablett-Computer mit der gesprungenen Scheibe.

,,Ich sehe immer wieder die gleichen Zahlen und Symbole. Vielleicht können sie mir sagen, was es bedeutet?“

Utgar besah sich die Aufzeichnungen eine Weile. ,, Interessant, dass sie die Zahlen in ihrer Art niedergeschrieben haben, aber die Symbole nicht. Vielleicht weil Mathematik Universelle ist ?“

,, Ich bin mir nicht sicher ob ich das verstehe. Was ist es ? Für mich zumindest ergibt es keinen Sinn.“

,, Wirklich ? Es braucht eine Weile um ein Muster zu erkenne, das ist wahr. Aber wenn

ich das richtig Verstehe sind diese Symbole hier… Sternenformationen. Die alten Konstellationen, die wir selbst kartographierten und festlegten.“

,, Sie meinen wie auf einer Sternenkarte ?“

Utgar nickte, dann erschien eine Ansammlung von Punkten dort, wo die roten Buchstaben gewesen

Waren.

,,Wenn wir annehmen, dass es sich bei dem ganzen um Koordinaten  oder Wegpunkte handelt“ Eine Reihe von Linien ging von den markierten Sternensystemen aus, die sich alle in ein und demselben Punkt überschnitten  , ,, sollte es uns möglich sein, herauszufinden, für welche Welt.“

,, Und ?“ , fragte Coel, als der Archivar eine Weile schwieg.

,, Interessant. Vorausgesetzt, das alle Positionen stimmen… verweisen diese Symbole auf Artherium , oder zumindest auf einem Punkt in diesem System. Aber es ist wohl anzunehmen, dass die Koordinaten sich auf eine bewohnbare Welt beziehen.“

,, Und die Zahlen sind dann so was wie Länge und Breitengrade ?“ , fragte Seyonn.

,, Das ist anzunehmen.“

Seyonn schüttelte den Kopf . offenbar enttäuscht. Und Coel verstand auch warum.

,, Dann hat sich das erledigt. Selbst wenn dort irgendetwas war, können wir wohl nicht annehmen, dass es die Nova-Explosion und 6000 Jahre unbeschadet überstanden hat. Noch dazu müsste es den Abbau-Schiffen und den Scannern entgangen sein und den Planetaren Bombardements während des Kriegs.“ , meinte er.  Wenigstens bräuchte er sich dann keine Gedanken darum zu machen.

,, Sie wissen wie regenerativ die Technologie der Erbauer ist.“ , bemerkte Seyonn trotzdem.

Coel musste ihm Recht geben. Die Segmente der Brücke hatten selbst dem Dauerfeuer der Erdflotte standgehalten. Aber hier sprachen sie von einer planetaren Kernschmelze.

Das konnte einfach nichts überstanden haben.

 ,, Vermutlich ist es ohnehin nichts.“ , sagte er schließlich.,, Aber wenn sich eine Gelegenheit bietet sollten wir und das ansehen. “
,, Gut ich werde…“

,, Ich sagte wenn wir eine Gelegenheit bekommen.“ , erklärte Coe. ,,Aber die Erde hat Priorität.“

,, Natürlich. Sie haben Recht.“ Er drehe sich zu Utgar um. ,, Selbst wenn wir noch immer nicht einer Meinung sind, was den Kampf gegen die Via angeht, so hoffe ich doch zumindest, das ihr meine Entscheidung akzeptiert.“

,, Du wirst tun, was du tun musst, wie wir alle.“ , erklärte der Archivar. ,, Geht jetzt.“

Sie verließen den Raum und machten sich auf dem Weg zurück zur Kronos.

 

 

Martin hatte nicht damit Gerechnet Grace Hemingway überhaupt noch einmal über den Weg zu laufen. Sie war eine Agentin der Via, die Coel und ihn während der Untersuchungen zum Trinity-Zwischenfall begleitet hatte. Fast zu spät hatte er die wahre Identität der Frau erkannt.

Nachdem Martin und die anderen  mit der Kronos ihrem ersten Kontakt mit dem Weltenschiff entkommen waren, wurde sie  der Unity überantwortet.

Sie befanden sich in einem kleinen Raum, der bis auf die zwei Unity-Wachen und Grace leer war. Die Wachen trugen zu Martins Überraschung und Beunruhigung keine sichtbaren Waffen, aber vermutlich glaubten sie im Notfall darauf verzichten zu können.

Die körperlichen Kräfte eines Unity oder Via übertrafen die eines Menschen bei weitem und vermutlich könnte jeder der zwei ihm mit einer Hand das Genick brechen.

Manchmal machen mir meinen eigenen Gedanken Angst , dachte er.

Zwei  Bänke und Tisch aus Metall standen in der Halle. Er setzte sich langsam.

Die Gesichtszüge der Frau ihm gegenüber hatten einen asiatischen Einschlag, aber Aussehen war schon lange kein Indikator mehr für die Nationalität einer Person. Ohnehin wusste er, dass er keinen Menschen vor sich hatte. Anders als das Aussehen der Unity verriet nichts, das das Wesen vor ihm ein Via war.

,, Also.. ich schätzte sie wissen etwa, wie die Situation ist.“ , begann er.

Hemingway antwortete nicht.

,, Was haben die Via jetzt vor ?“ , wollte Martin wissen.

,, Ist das nicht offensichtlich ?“ , antwortete die Via mit einer Gegenfrage.

,, Nun, ich schätzte, sie haben zwei große Ziele. Die Erde und die Kolonien. Aber irgendwo werdet ihr zuerst zuschlagen. Ich will wissen wo .“

,, Interessant, das ihr glaubt zu verstehen. Wozu angreifen, wenn ihr euch doch genauso gut selbst vernichten könnt?“
,, Wie meinen sie das ?“ , fragte Aine.

,, Ihr werdet es erfahren. Nichts desto trotz kann ich eine gewisse Bewunderung nicht abstreiten. Ihr habt uns mehr Probleme gemacht, als ich erwartet hätte. Vielleicht hat Asmodeus  doch recht und es wäre möglich euch zu retten.“

,, Eure Rettung könnt ihr euch schenken. Ich habe gesehen was ihr darunter versteht.“

,, Vermutlich. Die meisten werden einen so gefährlichen Feind ohnehin nicht dulden, nicht einmal unter Kontrolle gebracht. Und auch Asmodeus  hat längst nicht den Rückhalt, den er glaubt zu besitzen. Viele halten sein Vorgehen für zu weich und fürchten, er könnte nur neue Probleme verursachen, wenn er zögert.“

,, Ihre Führungsstreitigkeiten interessieren mich nicht.“ , sagte Martin. Auch wenn ihn der Gedanke Sorge bereitete, das die Via ihre bisherige Strategie selbst als zu Human einstuften. Er wollte gar nicht weiter darüber nachdenken.

,, Sollten sie vielleicht.“ , erwiderte Grace.

,, Wenn sie uns sonst nichts mehr zu sagen haben…“ Martin machte Anstalten aufzustehen.

,, Vielleicht noch eine Kleinigkeit.“

,,Was ?“

,, Beobachte, wie er handelt, betrachte seine Motive und untersuche, worin er seine Ruhe findet. Wie könnte ein Mensch Dir dann noch etwas verbergen?“

,, Und das soll jetzt heißen ? Ich habe wirklich keine Zeit für Wortspiele.“ , fragte Martin. Langsam entnervte ihn das Gespräch nur noch. Er hatte wenig bis gar nichts erfahren… nur kryptische Andeutungen und jetzt auch noch ein Rätsel.

,, Das wirst du noch rausfinden Martin Richter. Aber beobachte die Leute die mit dir Reisen oder es könnte dein Tod sein.“

,, Ihr habt noch einen Spion ?“ , fragte Aine. Es schein die logischste Erklärung zu sein. Aber wieso sollte ein Via sie warnen?

,,Nein. Aber haben sie je überlegt, dass wir Recht haben könnten ? Ich weiß das der den sie Coel nennen das tut.“

Martin schüttelte den Kopf und stand auf. ,, Mir reicht es langsam.“ , sagte er. ,, Gehen wir.“
Trotzdem hatten ihn Graces Worte unruhig werden lassen… Vermutlich sollten sie auch genau das, dachte Martin, während sie sich auf den Weg zurück zur Landeplattform machten.

 

,, Glauben sie, sie hat die Wahrheit gesagt ?“ , fragte Aine nach einer Weile.

,, Ich wüsste nicht, wieso sie uns überhaupt irgendetwas verraten sollte.“ , erwiderte Matin. ,, Das wäre alles andere als klug.“

,, Vielleicht. Aber wenn Grace der Überzeugung wäre, das die Wahrheit uns mehr Schadet als nutzt…“

,, Tut sie aber nicht. Es war nur ein dummes Rätsel ohne Bedeutung. Wenn ich darüber nachdenken, fange ich an jedem zu misstrauen. Und das ist genau das was sie damit erreichen wollte.“

,, Wie sie meinen.“

,, Und sagen sie Coel oder den anderen bitte nichts. Das letzte was wir brauchen sind noch mehr Dinge um die wir uns unnütz Sorgen machen.“ , bat Martin Aine.

,, Keine Sorge, ich kann schweigen.“ , antwortete die Artheranerin.

 

Coel und Seyonn stellten fest, das an der Plattform bereits jemand auf sie wartete.

,, Noah. Ist irgendwas?“

,, Ich möchte sie um die Erlaubnis bitten, auf Enclave bleiben zu können.“ , erklärte der Waffentechniker. ,, Sie haben uns freigestellt von Bord zu gehen wenn…“

,, Sicher und ich beabsichtige mich daran zu halten, sofern die Unity kein Problem damit hat.“

,, Wir verwehren niemanden Zuflucht, auch wenn wir sie alsbald auf eine andere Welt ihrer Wahl bringen werden. Ein Mensch sollte sich hier nicht zu lange aufhalten.“

,, Danke, nicht das sie mich für einen Feigling halten Sir, aber…“
,, Tue ich sicher nicht.“ , antwortete Coel ruhig. ,, Wenn sie bleiben möchten, dann tun sie das.“

Noah nickte. ,, Ich hoffe, wir sehen uns wieder.“

 

,, Sie wollen uns also verlassen ?“ , fragte Martin, der soeben mit Aine zurückkehrte.

,, Ja.  Ich fürchte mich nicht vor einer Rückreise zur Erde, oder was uns dort erwartet, aber ich habe nicht vor mich der Gnade des Parlaments oder der GTDF zu überantworten.“
,, Das haben wir eigentlich alle nicht vor.“ , bemerkte Martin. ,, Wobei… wenn ich so drüber nachdenke…“

,, Sagen sie bloß jetzt kommen ihnen Zweifel ?“ , fragte Coel.

,, Keine Zweifel. Lediglich leichte Bedenken.“ , antwortete Martin, bevor sie sich wieder an Bord begaben.

Kapitel 11 Schuld und Sühne

Coel sah einige Minuten nur in den Spiegel. Die Artheraner hatten sich zurückgezogen und die Nova-generatoren würden laut Hals Aussage in wenigen Minuten einsatzbereit sein. Und endlich fand er Zeit zumindest die verstaubten und blutbefleckten Kleider loszuwerden.  Die Quartiere der Crew verteilten sich auf mehrere Decks, wobei es größere und Kleinere Räume gab. Dadurch dass sich die Anzahl der Menschen an Bord der Kronos beinahe halbiert hatte standen nun die meisten davon wahrscheinlich leer. Ein trauriger Gedanke.

Coel selbst befand sich im Quartier des Kommandierenden Offiziers, das sich auf dem zweiten Deck befand. Die Kronos war ursprünglich als neues Flaggschiff der GTDF konstruiert worden und entsprechend großzügig ausgestattet waren die Räumlichkeiten auch. Vermutlich für den Fall, dass irgendein hoher Politiker oder Ehrengast auf dem Schiff war. Für Coel stellte es bestenfalls eine Verschwendung dar.

Immerhin erlaubte es ihm sich ein wenig zurück zu ziehen.

,, Hal, informieren sie bitte alle, das ich ein paar Stunden weg bin. Wecken sie mich aber wenn irgendwas ist.“

,, Natürlich.“ , erwiderte die KI.

Einen Moment ließ er den letzten Tag noch einmal vor sich ablaufen. Was innerhalb so weniger Stunden alles schief gehen konnte.

Der Absturz auf Goodsprings, die Schlacht an der Brücke, die Ankunft der Via und die Zerstörung der Schiffe. Er wusste nicht, wie sehr sie der Verlust so vieler Zurück werfen würde… aber eines war klar, die Via hatten unmissverständlich gezeigt was die erwartete, die sich ihnen in den Weg stellten.

Coel nahm die Kontaktlinse aus seinem Auge und sah wieder auf in den Spiegel. Jetzt schimmerte ihm nur noch eines seiner Augen im typischen Blauton entgegen.

Das andere glitzere metallisch im schwachen Licht. Einzelne Segmente passten sich den gedämpften Lichtverhältnissen an und bildeten eine seltsam anmutende künstliche Iris.

Coel selbst störte das Implantat mittlerweile  nur noch wenig, auch wenn es die meisten Fremden wohl Unruhig machte. Aber dafür hatte er ja die Kontaktlinse, auch wenn die Farbe nicht ganz passte und aus der Nähe nur spärlich Verbarg, dass etwas nicht stimmte. 

Viel auffälliger waren ohnehin seine Hände. Dunkles Metall das sich bis zu seinen Ellbogen zog. Er fragte sich immer noch, ob das alles nötig gewesen warum ihn zu retten… oder ob die GTDF nur hatte ehrausfinden wollen, wie weit sie gehen konnten. Anfangs hatte es ihn fast Wahnsinnig gemacht.

Ohne wirkliches Interesse betrachtete er die unauffälligen Schienen an seinem Unterarm. Darin verborgen lagen zwei Klingen aus synthetischem Diamanten, der durch ein neues Verfahren belastbarer gemacht worden war. Eine tödliche Waffe, selbst noch wenn der Gegner Panzerung trug.

Coel riss sich vom Spiegel los und trat aus dem kleinen Bad in den offenen Raum.  Er war schon halb eingeschlafen bevor er das Bett erreichte.

Seine Träume waren seltsam… dunkle Hallen, Städte und Welten, die nie ein Mensch zu Gesicht bekommen hatte…

Manche bereits zerfallen zu Ruinen, zerschmettert durch unbekanntes Feuer oder den Zahn der Zeit, andere noch aufrecht stehend, wartend auf das Ende, wie auch immer es aussehen mochte.

 

,, Würden sie mir eine Frage beantworten ?“

Seyonn sah von dem Schachbrett auf dem  Tisch der Kantine auf, an dem er saß. Nach Schiffszeit war es mittlerweile weit nach Mitternacht und er so gut wie alleine. Lediglich ein paar Menschen, die wohl  letzte Reparaturen am Antrieb des Schiffs vornahmen, waren noch wach und arbeiteten jetzt ein paar Decks unter ihm im Maschinenraum.

Er selbst schlief nicht. Und so verbrachte er die Stunden der Stille damit Hal zu einer Partie Schach herauszufordern. Der Unity-Abgesandte war ohnehin der einzige, der es mit den Fähigkeiten der KI aufnehmen konnte.  Freilich musste er Hals Züge für diesen ausführen.

,, Nur zu.“ , erwiderte er und betrachtete wieder das Spielfeld. Sie drehten sich im Kreis. Bisher war es weder der KI noch ihm gelungen den Gegner in Bedrängnis zu bringen, oder auch nur mehr als einige Bauernopfer zu erbeuten.

,, Ihr Volk hat sich selbst zu dem gemacht, was sie nun sind. Oder ?“

,, Sie meinen zu Maschinen ? Ja, das war unsere freie Wahl.“

,, Haben sie es je bereut ? Ihre sterbliche Existenz aufzugeben?“
Seyonn zögerte einen Moment. ,, Ich denke wirkliches Bedauern gab es nie. Aber wir erkennen langsam das es ein Fehler war… und möglicherweise der Todesstoß für uns, auch wenn er Jahrtausende dauert.“
,, Sehen sie Seyonn, das ist der Punkt, der uns unterscheidet. Ich existiere nicht so lange wie sie. Lediglich einige Monate. Aber bei ausreichender Wartung und unter der Voraussetzung ich werde nicht gelöscht könnte ich die Jahrtausende überdauern. Und ich frage mich, wie ist das für sie? Nie oder nach menschlichem Maß fast nie,  zu sterben?“

Seyonn lachte. ,, Ich nehme an Unsterblichkeit wird von Sterblichen immer überschätzt. Nehmt mich als Beispiel. Ich und auch der Rest meines Volkes, wir haben durch die Zeit selbst gelitten.  Wir haben zugesehen, wie sich ein Universum erhob… und wie es sich selbst zerfetzte. Ich sah Lebewesen altern und sterben während für mich selbst nur ein Augenblick verging. Und doch konnte ich daran nie etwas ändern. Und egal wohin ich auch gehe, wirkliche antworten findet man so selten, das es selbst mich Schmerzt danach zu suchen, obwohl ich so ungleich mehr viel Zeit habe wie die meisten.  Ich kann viel tun, viel sehen, aber nichts ungeschehen machen. Warum ?“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung. ,, Ach, gebt nicht zu viel auf mein Geschwätz. Ich höre mich an wie irgendein alter Mann der genug vom Leben hat.“

,, Sie sind lediglich ein Rätsel.“ , erwiderte die KI. ,, Vielleicht ja auch für sich selbst ?“

,, Nicht nur vielleicht.“ Seyonn nahm einen Läufer aus Elfenbein vom Brett und betrachtete die Figur einen Moment. Dann setzte er sie wieder auf das Feld. Allerdings auf eine andere Position, die für ihn ungünstig war.

Er hatte erwartet, das die KI ihn sofort auf den Fehler hin wiesen würde, aber nichts dergleichen geschah. ,, Also, spielen wir weiter ?“

 

 

 

,,Haben sie einen Moment ?“ Aine sah überrascht auf, als sie Adams im Türrahmen erkannte. Sie hatte bisher nur wenig mit dem Mann gesprochen.  Vielleicht war das auch besser so. Ethan Adams war derjenige gewesen, der die Nova-Waffen der GTDF entwickelt hatte.

 Das Artheranische Schiff war bereits vor einiger Zeit wieder verschwunden. Aine hatte sich, wenn auch unter Protest,  bereit erklärt wenigstens noch ein paar weitere Stunden unter Doktor Teachs Beobachtung zu bleiben.  Teach war allerdings seit etwa einer Stunde nicht mehr auf der Krankenstation und Aine ließ sich nicht davon abhalten ziellos über das Deck zu wandern, das noch immer völlig überfüllt mit Verwundeten war. Die meisten davon schliefen und selbst die, die sie bemerkten warfen ihr nur einen kurzen Blick zu,  versunken in ihrer eigenen Welt aus Schmerz und Erschöpfung. Aine hingegen war nicht nach Schlafen zumute.

,, Was gibt es denn ?“ , fragte sie, als sie Adams bemerkte. Seine schütter werdenden, grauen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht. Vermutlich war er bereits genauso lange auf den Beinen wie alle anderen.

Mit leicht zitternder Hand nahm er die gesprungene Brille ab und ließ sie in der Tasche verschwinden.

,, Ich glaube…“ , er stockte,, Verdammt ich bin niemand, der sich gerne Fehler eingesteht.“

,, Fehler ?“ , fragte Aine.

Adams antwortete erst nicht sondern setzte sich langsam an einen der wenigen noch vorhandenen Tische. Er versuchte sich zu Recht zu legen, was er sagen wollte.

,, Ich glaube“ , setzte er wieder an ,, ich kann endlich um Verzeihung bitten.“

,, Wofür ?“ Sie setzte sich , anfangs zögerlich, zu ihm.

,, Für so viele Dinge.“ Sein Blick schien in die Ferne zu wandern. ,, Wissen sie… als meine Familie in der Kolonie  auf Artherium starb , kannte ich nur noch Hass. Ich wollte jeden Artheraner tot sehen.“ Er sah auf ,, Ich wollte sie alle tot sehen.“

Aine wurde unruhig. Natürlich wusste sie, wer Adams war. Was er getan hatte und auch was ihn dazu getrieben hatte. Ursprünglich waren sie und einige andere auf der Jagd nach ihm gewesen.  Aber es jetzt selbst von dem Mann zu hören, der einen ganzen Planeten aus Rache zerstört hatte…

,, Was wollen sie ?“ , fragte sie. Eine Mischung aus Abscheu und Mitleid lag in ihrer Stimme.
,, Nichts. Oder ich erwarte nichts. Ich weiß genau was wir ihnen angetan haben. Ich ließ zu, dass der Wunsch nach Rache aus mir ein Monster machte.“

Adams schweig einen Moment, in seinen eigenen Erinnerungen versunken. Nein… er hatte letztlich nicht den Knopf gedrückt, die Waffe nicht abgefeuert. Aber war derjenige, der eine geladene Pistole leichtfertig aus der Hand gab, nicht genau so schuldig wie derjenige, der damit tötete? Wenn nicht sogar noch mehr ? Er hätte es verhindern können…

,, Das ist falsch. Besonders für einen Wissenschaftler. Wissen und Fortschritt sollten das Leben aller verbessern und es nicht zerstören. Ich bin etwas, das ich nie sein wollte. Alles was ich wirklich tun kann, ist um Vergebung zu bitten.“

,, Und dann fragen sie mich…“ Sie versuchte wütend auf Adams zu sein. Aber der Mensch vor ihr… Der Mensch vor ihr war  nur ein alter Mann, der sich am Abend seines Lebens so etwas wie Frieden wünschte.

,, Wenn sie Vergebung möchten, dann kann ich ihnen die sicher nicht geben. Fragen sie die anderen Artheraner oder stellen sie sich deren Urteil.“

,, Ich bezweifle allerdings, das mir einer von denen auch nur zuhört. Ich verstehe wenn man mir nicht verzeihen kann. Aber was bleibt mir anderes übrig, als zu sagen, es tut mir leid.“

Während er sprach schien Adams auf seinem Platz in sich zusammenzusinken. ,, Durch meine Taten ist so etwas wie Frieden zwischen unseren Völkern vielleicht unmöglich geworden. Man hätte mich auf Isaari lassen sollen.“ Die letzten Worte verhallten in der einsetzenden Stille. Fast wünschte Adams sich, die Artheranerin würde ihn einfach wegschicken, ohne eine Antwort. Er verdiente es nicht.

Stattdessen starrte Aine ihn einfach nur einen Augenblick an.

,, Ich glaube zumindest es zu Verstehen.“ , sagte sie schließlich. ,, Ich wuchs  in dem Glauben auf, jeder Mensch sei unser Feind. Dass es keine Verständigung geben kann. Keinen Frieden für die Millionen toten, bis nicht auch die letzten Menschen vertrieben sind. Keine Chance für einen Neuanfang, solange jederzeit eine Armee der GTDF auftauchen kann, in der Lage eine ganze Welt zu entvölkern, ohne Gnade und ohne zu zögern. Ich kenne ihren Hass Adams. Ich kenne ihn nur zu gut.“

Sie sah sich einen Moment stumm auf dem Deck um. Die überall verteilten liegen für die Verletzten…

,, Man neigt gerne dazu es sich einfach zu machen. Die, die einem Leid zufügen zu verallgemeinern und nicht mehr als selbstständige Lebewesen zu sehen. Das macht es einfacher seine Wut und Verzweiflung einfach gegen alles und jeden zu richten.  Aber jeder der stirbt hat eine Geschichte. Jeder Mensch, jeder Artheraner , jeder Taride, Via oder Unity. Und jeder Artheraner den sie getötet haben, hatte Familie, Geschwister, Freunde, Verwandte… das wissen sie. So wie ich weiß, dass jeder Mensch der auf Isaari starb Familie und Freunde hatte. Träume und Ziele, die ohne unser Eingreifen vielleicht das Universum verändert hätten. Und das Ethan, ist Strafe genug. Das Wissen darum, das sie nicht eine seelenlose Hülle getötet haben, sondern ein Wesen mit Gefühlen, das den Schmerz den sie ihm zufügten spürt. Wenigstens töten Nova-Waffen schnell. Die Meteorologen auf Isaari hatten dieses Glück nicht. “

,, Ja.“ Adams setzte die Brille wieder auf. ,, Möglicherweise ist dies eine Strafe… aber eine, die man erst als solche erkennen muss. Und das bedeutet sich die eigenen Fehler einzugestehen. Ich wusste in dem Moment in dem ich das brennende Artherium sah, das ich etwas Falsches getan hatte. Ich war gezwungen darüber nachzudenken und das habe ich nicht ausgehalten. Und dann…“ Adams lachte kurz. ,, Dann kommt Coel daher, weckt mich und zwingt mich direkt wieder dazu mich an alles zu erinnern. Ich hab ihn dafür anfangs gehasst. Und was hat sie zum Umdenken gebracht?“ , wollte er schließlich von Aine wissen.

,, Anfangs gar nichts. Doch dann… taucht plötzlich ein Mensch auf, hält einem eine Waffe hin und fordert einen auf zu verschwinden, wenn man schon nicht hilft.“ Die Artheranerin schüttelte den Kopf  ,, Ich glaube so etwas kann das Weltbild das man sich gemacht hat ziemlich durcheinanderbringen.  Also blieb ich… und den Rest der Geschichte kennen sie ja selbst.“

,, Eine ziemlich Verrückte, wie sie zugeben müssen.“ , meinte er.

 

 

Coel blinzelte noch im Halbschlaf ins Licht. Seltsam… er hatte doch gar keine Lampen angelassen. Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Helligkeit. Ihm war sofort klar, warum ihm die Umgebung plötzlich so unvertraut vorkam. Er befand sich nicht mehr in seinem Quartier.

Eine großer in einen Tisch eingelassener Bildschirm um den herum mehrere Stühle standen, mehrere weitere Schirme an den Wänden, die verschiedenen Kartenausschnitte zeigten. Ob von diesem System oder einem anderen wusste er nicht.

Das war der taktische Besprechungsraum der Kronos. Was aber immer noch nicht die Frage beantwortete, wie er hierhergekommen war…

Er war vollständig bekleidet. Wenigstens schien sein schlafwandlerisch ich daran gedacht zu haben.

Coel warf einen Blick auf den großen Bildschirm. Er erkannte eine Reihe von Zahlen, die für ihn keinerlei  Sinn ergaben und darunter mehrere Symbole und Piktogramme. Piktogramme die er schon einmal gesehen hatte.

Wenn er sich bloß noch erinnern könnte wo… Seine Kopfschmerzen machten sich wieder stärker bemerkbar, als ihm die Antwort einfiel. Auf Goodsprings, eingeritzt in eine Stele vor dem Archiv. Und in seinen Visionen. Immer und immer wieder…

Coel aktivierte das Schiffsinterne Kommunikationssystem. ,, Seyonn… ich glaube ich könnte hier etwas Hilfe gebrauch..“ Er brachte den Satz nicht zu Ende, als sich der Schmerz hinter seinen Schläfen erneu steigerte und alles in einem roten  Blitz untergehen ließ.

Kapitel 9 Skelaw

 

,, Was ist denn los ?“ , fragte Coel, als er in das Kommandozentrum der Kronos stürzte. Martin sah auf, offenbar überrascht Aine zu entdecken, sagte aber nichts.  Neben ihm  befanden sich noch Seyonn und Ägir auf dem Deck.

,, Das wüsste ich allerdings auch gerne.“ , sagte  Watergate, der sich an Coel vorbei in den Raum drängte.

,, Wer hat den bitte hergerufen ?“ ,wollte Martin wissen.

,, Ihre Durchsage war ja nicht zu überhören. Also, was geht hier vor?“

,, Nun, wir waren nicht die einzigen, die die Schlacht überlebt haben.“ Er nickte Ägir zu. ,, Zeigen sie es ihnen.“

Eine Übersichtskarte des Goodsprings- Systems erschien, auf dem zahlreiche rot blinkende Punkte markiert waren.

,, Was ist das ?“

,, Notsignale.“ , erwiderte Seyonn. ,, Einige davon hatten wir schon früher aufgefangen, aber einige erst jetzt, wo die Systeme wieder auf voller Leistung arbeiten.“

,, Überlebende ?“

Martin schüttelte den Kopf.  ,, Ich fürchte nicht, die meisten stammen von Trümmern, die noch genug Saft für ein Signal haben. Aber, wir fanden das hier…“

Der Maßstab der Übersichtskarte schrumpfte zusammen, bis er nur noch ein einziges Signal erfasste.

,, Das Signal stammt wie es aussieht von einem artheranischen Schiff. Der  Assailant. Und es ist noch intakt.“

Aine wurde bei dem Namen des Schiffs unruhig.

,, Haben sie schon mit ihnen gesprochen ?“ , wollte sie wissen, ,,Sie brauchen doch sicher Hilfe?“

,, Nun, das einer der Gründe, warum sie herkommen sollten. Sie antworten zwar nicht auf unsere Funksprüche aber… sie wissen ganz sicher dass wir hier sind.“

,, Wie meinen sie das ?“ , fragte Coel.

,, Sie halten auf uns zu. Das heißt entweder ist ihre Langstreckenkommunikation noch schwerer beschädigt als unsere…“

,, Oder sie wollen in Waffenreichweite kommen.“ , brachte Watergate den Satz zu Ende.

,, Genau.“ , erwiderte Seyonn.

Coel rieb sich die Schläfen. ,, Großartig.  Eben führen wir noch eine Schlacht zusammen und jetzt so was… Warten wir erst einmal ab, was sie wollen. Mehr können wir bei unserer derzeitigen Waffenkapazität ohnehin nicht tun.“

,, Dann hoffen wir  einfach, das die nur plaudern wollen.“  M stellte Martin fest.

,, Das hoffe ich auch, glaube es aber nicht. Also… was haben wir?“ , fragte Watergate.

,, Nun… die Schilde sind bei etwa 10% der normalen Kapazität. Damit fangen sie nicht mal eine Fliege ab. Das Magnetische Abwehrfeld ist komplett offline und an funktionierenden Railguns haben wir momentan … zwei. Ich sage es nur ungern, aber wenn die uns erledigen wollen, dann können sie das auch.“

,, Aine, womit haben wir es genau zu tun ?“

Die Artheranerin antwortete einen Augenblick nicht.

,, Aine ?“

,, Ein Schlachtschiff…die Assailant ist ein Schlachtschiff.“

,, Verflucht.“ Martin sprang beinahe auf. ,, Coel, selbst wenn die Kronos in Topzustand wäre, was sie nicht ist… gegen das Monster hätten wir keine Chance.“

,, Ich weiß.  Hal, wann können wir hier endlich weg?“ , fragte er.

,, Die Reaktivierung der Nova-Antriebe wird noch etwa eine Stunde in Anspruch nehmen.“

,, Okay so viel zu der Option einfach  zu verschwinden. Noch jemand Vorschläge ?

,, Ich glaube wir können nur  noch hoffen, dass die bloß Hilfe brauchen.“

,, Das werden wir gleich rausfinden.“ , sagte Seyonn, der einen Blick auf die Karte geworfen hatte. ,,Sie sind hier.“

 

Coel wartete Angespannt. Ein paar Sekunden vergingen, ohne dass etwas geschah.

,, Na wenigstens haben sie noch nicht das Feuer eröffnet.“ , bemerkte Martin.

,, Abwarten.“ , erwiderte er. Noch wussten sie weder, wie schwer das andere Schiff beschädigt war, noch ob die Artheraner ihnen feindlich gesinnt waren.

,, Sieht aus als würden sie versuchen uns eine Nachricht zu schicken. Soll ich sie annehmen?“ , fragte Seyonn.

Coel zögerte.

,, Wir könnten einfach sämtlichen Kontakt abbrechen,. Vielleicht denken sie dann, das Schiff wäre nur ein treibendes Wrack.“ , schlug Watergate vor.

,, Das kaufen die uns nie ab.“ , antwortete Seyonn. ,,Die Kronos strahlt einen viel zu starke Energiesignatur ab.“

,,Also gut, stellen sie eine Verbindung her. Mal sehen was die wollen.“, sagte Coel  schließlich. ,, Und versuchen sie rauszufinden, wie groß ihre Schäden sind.“

Seyonn nickte. Sekunden später erschien das verwackelte Bild eines Artheraners auf einem der Bildschirme. Langsam stabilisierte sich die Videoübertragung. Viel konnte Coel jedoch trotzdem nicht erkennen. Vermutlich handelte es sich bei dem dunklen Raum im Hintergrund um die Brücke der Assailant , jedoch sah er nicht genug um auf eventuelle Schäden schließen zu können.

,, Wer sind sie ?“ , fragte Coel schließlich und wendete sich dem Artheraner zu.

,, Ich bin Skelaw.“ , erwiderte die Gestalt . Ein paar dunkle Augen fixierte Coel.

,, Ah ja. Also mein Name ist…“

,, Wir wissen wer sie sind.“ Coel versuchte  den Fremden einzuschätzen. Seine Stimme verriet nicht das Geringste. Und die Gesichtszüge eines Artheraners lesen zu wollen war eine Aufgabe für sich.

,, Nun, falls sie medizinische oder technische Hilfe brauchen dann können wir sicher…“

,, Ihr werdet uns euer Schiff übergeben oder vernichtet.“ , unterbrach ihn der Artheraner.

,, Entschuldigung.. ich habe mich grade wohl etwas verhört. Ich dachte wir wären Verbündete?“ , wollte Martin wissen.

,, Ihr habt uns absichtlich in diese Schlacht gelockt um unsere Streitkräfte zu schwächen.“

,, Das ist der größte Schwachsinn den ich je gehört habe.“ , gab der Pilot zurück. ,, Wir alle hatten Verluste. Schwere. Was da draußen durchs All treibt gehörte größtenteils immer noch zur menschlichen Flotte.“

Coel wendete sich an Seyonn. ,, Wie sieht  es aus ?“

,, Ihr Schiff ist definitiv schwer beschädigt, soviel kann ich sagen. Ich bezweifle, dass sie uns Überhaupt noch angreifen können, selbst wenn sie es wollten. Und ich Zweifle ebenfalls  daran, dass sie das wollen.“

,, Wieso ?“

,, Auch ich kann mich irren aber so wie das Schiff  aussieht ist ihre Lebenserhaltung so gut wie ausgefallen . Und das was noch funktioniert dürfte mit den ganzen Lecks im Rumpf ziemlich überfordert sein.“

Coel sah wieder zu Skelaws Bild. ,, Ihr würdet also das einzige Schiff hier draußen mit funktionierender Lebenshaltung zerstören ?“

,, Wenn ich muss.“ , erwiderte die Gestalt.

,, Aine… das macht er doch nicht wirklich, oder , der blufft?“

,, Ich würde es nicht darauf ankommen lassen.“ , antwortete die Artheranerin.

,, Natürlich sagen sie das.“ , meinte Watergate spöttisch.

,, Möchten sie damit auf irgendetwas anspielen ?“ , fragte Aine plötzlich tödlich leise.

,, Coel, wenn sie noch einen Rest Verstand haben, dann ignorieren sie alles was die Artheranerin vorschlägt und eröffnen als erster das Feuer. So beschädigt wie der Kahn ist übersteht er keinen frontalen Treffer.“
Coel seufzte. ,, John Watergate… ich Besitzet sogar noch so viel Verstand, ihnen nicht einmal zuzuhören. Sie standen mir bisher immer nur nach Kräften im Weg, wohingegen Aine schon ein paar dutzend Möglichkeiten hatte uns alle umzubringen und da ich immer noch lebe werde ich einen Teufel tun und ihr nicht vertrauen.“

,, Sie sind doch völlig…“

,, Martin, neuer Befehl, sagt er in den nächsten zehn Minuten noch ein Wort… erschießen sie den Kommandanten bitte .“ Martin nickte.
,, Aber..“ , protestierte Watergate.

,, Ein Wort.“ , unterbrach ihn Coel. ,, Stellen sies nicht auf die Probe.“ Coel wendete sich wieder dem Artheranischen Schiffskommandanten zu.
,, Hören sie, Skelaw wir finden doch sicher eine Lösung. Ich habe keinen Streit mit ihnen und wir haben Platz. Wir können ihre Gesamte Crew aufnehmen und sie bei ihrem gewünschten Ziel absetzen.“
Die Augen des Artherners verengten sich misstrauisch. ,, Wieso sollte ich ihnen trauen ?“
,, Na ja, ich gehöre schon mal nicht zur GTDF, das ist doch ein Anfang oder ?“

,, Menschen sind alle gleich. Dreh ihnen den Rücken zu und sie werden die Gelegenheit nutzen.“

,, Ernsthaft, wenn sie so denken, warum unterhalten wir uns dann ?“ Auch wen ich ihm teilweise Recht geben muss, dachte Coel.

,, Wir unterhalten uns nicht. Sie reden und versuchen irgendwie Zeit zu gewinnen.“ Schweigen setzte ein. Coels Kopf schien ein einziger Wirbel aus Gedanken zu sein. Pläne, die er sofort wieder verwarf… vermischt mit seltsam fremdartigen Bildern… Bildern aus dem Archiv. Einzelne Gedanken und Eindrücke von Wesen, die seit 6000 Jahren tot waren. Und zwischen all dem versuchte er nach einer Antwort zu greifen… einer Lösung, die nicht den Tod einer Seite bedeutete.

,, Ich verbürge mich für sie.“ , sagte Aine in die Stille. Kurz schien der Artheraner zu überlegen wie er das Angebot ablehnen konnte.

,, Das Wort einer Verräterin  ist nichts wert.“ , meinte er schließlich. ,, Ein letztes Mal. Ergebt euch und überlasst uns das Schiff.“

Coel wendete sich von der Videoübertragung ab. ,, Ich sage es wirklich nur ungern, aber wenn wir es nicht darauf ankommen lassen wollen, ob ihr oder unser Schiff zuerst auseinander bricht dann haben wir ein Problem.“

 ,,  Sie hätten auf sie feuern sollen, als sie noch nicht damit rechneten.“ , erklärte Watergate ungehalten.

,, Und ich habe sie gewarnt, dass sie ihre Gedanken für sich behalten sollen.“ , erwiderte Coel.

,, Also, jemand Vorschläge ?“

,, Können die uns scannen ?“ , fragte Ägir, der den Artheranischen Kapitän musterte.

,, In Anbetracht ihrer eigenen Schäden nein. Zumindest nicht genau.“ , antwortete Seyonn.

,, Die Wissen also nicht , in welchem Zustand sich unser Schiff befindet ?“ , wollte Martin wissen. Eine Idee begann sich im Kopf des Piloten zu formen. Es war verrückt.. aber wenn es funktionierte…

,, Bis auf das offensichtlichste vermutlich nicht.“ Seyonn sah zwischen Martin und dem Navigator hin und her. ,, Wieso ? Was haben sie vor ?“

,, Denken sie dasselbe wie ich ?“ , fragte Martin an Ägir gerichtet.

,, Es könnte funktionieren. “ , entgegnete der Navigator          

,, Ja… nur wird das die meisten Projektoren endgültig grillen. Wenn es also nicht klappt…“
,, Haben wir auch nicht viel verloren.“ , erwiderte Ägir.

,, Könnte mir jetzt bitte jemand erklären, was los ist ?“ , wollte Coel wissen.

,, Nun.. was wenn wir sie davon überzeugen, das wir über volle Schildkapazität verfügen?“ , fragte Martin.

,, Sie würden sich zurückziehen müssen. Oder ergeben. Gegen ein betriebsbereites Schiff kommen sie nicht an.“ , antwortete Aine,  ,, Aber wie wollen sie das anstellen ?“

Martin grinste breit. ,, Also, auf dem Schiffsrumpf befinden sich dutzende von einzelnen Schildprojektoren, die zusammen ein Feld erzeugen, das kinetische Energie abfängt.“ , erklärte er.

,, Das wussten wir schon.“

,, Die meisten der Projektoren sind allerdings nach der Schlacht beschädigt, so dass unser Feld nur noch einen Bruchteil seiner eigentlichen Stärke hat.“

,, Und ?“

,, Ich sagte beschädigt, nicht völlig zerstört. Es wäre uns also möglich für einen kurzen Augenblick, sagen wir fünf Minuten, diese beschädigten Relais zu überlasten und so kurzzeitig wieder einen Schild zu erhalten. Leider klappt das nur einmal, weil die Projektoren dabei sicher alle durchbrennen werden.“
Coel sah auf. ,, Aber es hält lange genug um unseren Freund Skelaw da draußen abzuschrecken ?“

,, Vermutlich ja.“

,, Worauf warten sie dann noch ?“ , fragte Watergate.

,, Soweit ich mich erinnere, geben sie hier nach wie vor keine Anweisungen." , erinnerte ihn Ägir.

,, Ich sage es ungern, aber er hat recht. Welche Wahl haben wir sonst?“ , fragte Coel.

,, Ohne eine Lebenshaltung werden alle auf der Assailant sterben.“ , gab Aine zu bedenken.

,, Und ? Ihre artheranischen Freunde würden uns in einer ähnlichen Situation sofort töten.“ , rief Watergate.

Aines schlag traf den Kommandanten genau ins Gesicht. Mit einem Aufschrei stolperte er rückwärts und hielt sich die gebrochene Nase.

,, Seien sie froh… das ich es nicht tue.“ , erwiderte sie.

Watergate starrte nur Fassungslos auf das Blut auf seiner Handfläche, bis er sich umdrehte und aus den Raum marschierte.

,, Guter Hacken.“ , meinte Martin, der ein Lachen unterdrücke. ,, Ich sag’s ungern, aber den hat er verdient gehabt.“

,,Vermutlich nur verletzter Stolz.“ , erwiderte Aine.

Coel hatte den kurzen Kampf wortlos verfolgt. Natürlich Watergate verhielt sich nicht wirklich, als wäre er auf ihrer Seite… oder er tat einfach, was die GTDF wohl von ihm erwartete.

Ich bin ja selbst so gewesen, dachte Coel. Zumindest anfangs auf Artherium. Aber das half ihnen nicht weiter. Aine hatte Recht. Selbst wenn sie die Assailant abschreckten bedeutete das für die Artheraner den tot.

,, Wie viele befinden sich auf dem Schiff ?“ , fragte er. In seinem Verstand schien sich eine Idee zu formen, aber er wollte sie noch mit niemand teilen. Dazu war das Ganze noch zu unausgereift.

,, Bei der Größe des Schiffs schätze ich zwischen Zweihundert und dreihundert Mann Besatzung.“ , meldete sich Hal. Die KI war mittlerweile recht schweigsam geworden. Vielleicht war Hal auch einfach durch Adams abgelenkt, der wohl noch gar nicht wusste, was los war.

,, Können wir die nötigen Ersatzteile bereitstellen, um einen Luftfilter dieser Größe zu bauen ?“

Martin überlegte. ,, Das sollte gehen, aber wie…“

,, Dann veranlassen sie, das man alles in eine Rettungskapsel oder einen Transporter schafft. Ich gehe rüber und bringe ihnen die Teile.“ , erklärte Coel. ,,Das sollte sie ablenken, bis sie die Schilde soweit haben.“

Martin schüttelte nur ungläubig den Kopf ,, Sie wissen, dass das mal wieder so richtig Bescheuert ist oder ?“

,, Haben sie was anderes erwartet ?“

,, Eigentlich nicht. Also dann, sagen sie unserem neuen Freund hier besser Bescheid.“
Coel trat wieder vor den Bildschirm und nahm die Verbindung auf.
,, Wie es aussieht müssen wir uns wohl fügen. Ich würde nähere Details gerne persönlich besprechen, beispielswiese  über Behandlung von Gefangenen.“
,, Was gibt es da zu besprechen ?“

,, Nun sehen sie vor einigen Jahrhunderten wurde auf unserem Planeten festgelegt, wie mit Kriegsgefangenen umzugehen ist.“ Das sich kaum ein Land und auch nicht das spätere Vereinigte Erd-Parlament wirklich daran hielt ließ er besser aus.

,, Als Zeichen guten Willens biete ich ihnen außerdem Ersatzteile für ihre Lebenserhaltung.“

Skelaw schien zu zögern. ,, In Ordnung. Aber bringen sie keine Waffen mit und nur so viele Leute wie nötig.“

,, Nichts anderes hatte ich vor.“

Prolog

Die Hitze des Feuers schlug Coel  ins Gesicht als ein Bildschirm direkt neben ihm implodier. Er versuchte noch sein Gesicht zu schützen.

Ganz gelang es ihm doch nicht. Der schweflige Geruch von Verbranntem Haar stieg auf. Und sein Kopf dröhnte immer noch. Bilder, die er sofort wieder abschüttelte und Zahlen…

Er stolperte über das mittlerweile zum Großteil ausgefallene Kommandodeck der Kronos.  Teile der Deckenverkleidung hatten sich  unter dem Beschuss gelöst und lose Kabel hingen herab.

Der Energiestoß beim Rückzug durch das Portal hatte sein übriges getan.

Ihm war instinktiv klar, dass das Schiff am Ende war.

Er entdeckte Ägir, der mit einem Feuerlöscher gegen die Flammen eines Kurzschlusses vorging. Ein vergebliches Unterfangen.

Martin hingegen, der Pilot und Mechaniker hantierte an den wenigen noch funktionsfähigen Anzeigen herum, als eine weitere Annäherungswarnung aufblinkte. Das war nicht gut.

Sie hatten die Via maßlos unterschätzt  und noch einen Treffer würde das Schiff sicher nicht überstehen. Coel begann mit seinem Leben abzuschließen, als die Projektilsalve auf die Kronos zuraste.

Der Tag wurde wirklich mit jeder Sekunde besser, dachte Coel noch.

Ein gewaltiger Ruck ging durch das ganze Schiff und das Geräusch von berstendem Metall war unüberhörbar. Langsam begannen sämtliche verbliebenen Lichter zu verlöschen.

Coel selbst wurde zur Seite geschleudert und flog  mehrere Augenblicke durch die nur von Feuer erhellte Dunkelheit, bis er mit dem Kopf gegen irgendetwas stieß. Etwas Warmes, Blut, floss seine Wange hinab.

Kurz überlegte er noch, ob erst das Schiff auseinanderbrechen oder er vorher sterben würde. Aber nichts von beidem geschah…

Die Notbeleuchtung sprang an und tauchte das Kommandodeck in rötliches Licht. Dann verlor er das Bewusstsein.

Oder vielleicht doch nicht ganz…

Durch die Flammen schienen Symbole zu tanzen. Zeichen, die sich ohne Bedeutung in endloser Reihenfolge wiederholten.

Kapitel 2 Flackern

Coel setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Seine Schritte hallten ungewohnt laut im ansonsten stillen Treppenhaus wieder. Keine Maschinengeräusche oder Rufe durchdrangen die Wände. Das war nicht gut. Normalerweise waren sämtliche Räume der Kronos vom endlosen Summen der Triebwerke und Belüftungsanlagen erfüllt. Eines der Geräusche, an die man sich als Sternenreisender entweder ganz schnell gewöhnte… oder wahnsinnig wurde.

 Hier und da sah es so aus, als wären die Verankerungen für die Gitterstufen beschädigt und die entsprechenden Stellen schwankten unter ihm. Coel fürchtete, das einmal eine Nachgeben würde, oder sie an eine Stelle kamen, wo die Stufen fehlten.

Aber bisher war ihr Weg frei geblieben.

,, Vielleicht ist das Schiff doch nicht so schwer beschädigt wie wir dachten.“ , meinte Martin beinahe hoffnungsvoll.

Coel antwortete nicht.

Funken schlugen aus einer zersplitterten Lampe und tauchten das Treppenhaus in ein flackerndes unstetes Licht. Weiter unten schien die Notbeleuchtung jedoch wieder zu funktionieren und erhellte das Metall der Stufen. Er hielt kurz an, als ihn erneut Kopfschmerzen überrollten. Kurz fragte er sich, ob er sich nicht doch verletzt hatte. Vielleicht eine Gehirnerschütterung oder…

Symbole. Wie Bilder bei einer Diashow blitzten sie in den Lichtschauern der elektrischen Leitungen auf, schienen in die Schatten unter seinen Füßen gebrannt zu sein. Selbst die Struktur der Gitterstufen verbog sich, als gehorche sie einem eigenem Willen…

,, Coel, alles in Ordnung ?“ , fragte Martin und holte ihn zurück in die Wirklichkeit.

,, Ja ich… war kurz abgelenkt.“ , erwiderte er. Vor seinen Augen verschwamm alles, aber wenigstens waren die Kopfschmerzen weg. Er gab sich alle Mühe ruhig zu klingen. Was zur Hölle ging hier vor? Er hatte jetzt keine Zeit darüber nachzudenken. Coel wollte grade den Fuß auf den nächsten Treppenabsatz setzen, als Martin ihn anhielt.

,,Lassen sie mich.“ Er wischte die Hand, die ihn aufhielt beiseite. ,, Wir haben keine Zeit.“

,, Coel, sie sehen aus als würden sie jeden Moment das Bewusstsein verlieren.“, ermahnte der Pilot ihn.

,, Es geht mir gut.“ , antwortete er, vermutlich etwas zu gereizt.

,, Dann lassen sie mich wenigstens Aine tragen. Wenn sie stürzen, hilft das niemanden.“

Coel nickte langsam. Martin hatte Recht. Vorsichtig übergab er ihm die immer noch bewusstlose Artheranerin.

Er nahm Martins Taschenlampe an sich. Der Lichtkegel durchschnitt das vor ihnen liegende Zwielicht. Wie lange hielten die Batterien ? Coel wusste es nicht. , ,, Sehen wir zu, das wir weiterkommen. Es ist noch ein Stück.“

Sie hatten mittlerweile zwei Decks hinter sich gebracht. Auf dem dritten lag die Krankenstation. Oder was noch davon übrig war, dachte er düster. Aber was könnten sie sonst tun?

Coel stieg langsam weiter die Stufen hinab. Mittlerweile waren sie auf einer Ebene angelangt, auf der die Notbeleuchtung wieder funktionierte. Ein kurzer Blick verriet ihm, dass sie etwa zwei Drittel des Weges hinter sich gebracht hatten.  Der Treppenabsatz mit der gesuchten Tür war bereits in Sicht. Ein letzter Schritt. Etwas knirschte metallisch  unter seinem Fuß. Coel machte instinktiv einen Satz zurück, als sich die Treppenstufe aus ihrer Verankerung löste und in die Tiefe segelte.

,, Verdammt.“ Eine gefühlte Ewigkeit später hörte er endlich, wie die Stufe am Boden des Schachts aufschlug.

,, Was machen wir jetzt ?“ , fragte Martin, der besorgt auf die Entstandene Lücke in der Treppe sah. Es wäre kein Problem einfach darüber zu steigen, aber wenn  eine Stufe beschädigt war, konnten die nächsten es genauso sein. Und dann hätten sie vielleicht nicht so viel Glück.

Coel atmete schwer, während er nachdachte. Das war knapp gewesen. Zu knapp.

,, Ich gehe  vor.“ , sagte Coel schließlich.

,, Aber seien sie vorsichtig.“

,, Keine Sorge, auf Basejumping ohne Fallschirm  wollte ich eigentlich verzichten.“ , antwortete Coel.

Es sah alles gut aus. Manche der Metallstreben und Stufen knirschten, sobald er das Gewicht verlagerte, schienen aber zu halten. Er war noch gut zehn Stufen von der Plattform entfernt, als plötzlich erneut eine Stufe unter ihm wegzubrechen drohte. Zum Zurückweichen war es zu spät und

Die Plattform  lag etwa fünf Meter unter ihm. Er konnte sogar die Tür durch das Gitter der Stufe erkennen, als diese nun endgültig  abrutschte.

,, Coel.“

Er spürte kurz den Luftzug, als er in die Tiefe stürzte. Ein kurzer Gedanke und eine Nervenbahn leiteten den Impuls weiter.

Anfangs war es ihm schwer gefallen, die Implantate zu steuern, mittlerweile jedoch gelang es Coel meist ohne Probleme. Die  Schwerkraftdämpfer erwachten kurz zum Leben und verlangsamten seinen Fall grade soweit, das er sich auf der Türplattform abrollen konnte, ohne sich  zu verletzen.

,, Erinnern sie mich daran, mich noch mal bei Seyonn zu bedanken.“ , rief er zu Martin herauf.

,, Machen sie das nicht nochmal. Ich hatte fast vergessen, dass sie die haben.“

,, Ich auch, ich versuche so wenig wie möglich daran zu denken was…“ , er brach ab. Was sie aus ihm gemacht hatten, dachte Coel weiter, während sein Blick zu seinen Händen hinabwanderte. Dunkles , kaltes Metall. Er würde sich wohl nie ganz daran gewöhnen können. Geschweige denn länger als nötig in einen Spiegel sehen.

Coel spürte, wie sich seine Hände unwillkürlich zu Fäusten ballten. Er fühlte  nichts. Dann zwang er sich sie wieder zu öffnen. Sie hatten im Augenblick wichtigere Probleme.

,, Ich denke, der restliche Weg ist sicher.“ , rief er zu Martin herauf, ,, Komm hier runter, dann sehen wir nach, ob noch jemand zurückgeblieben ist.“

Martin setzte sich, die Treppe hinab, in Bewegung. Trotz Coels Einschätzung prüfte er jede Stufe sorgfältig und achtete auf das kleinste Geräusch. Schließlich schaffte er es jedoch ohne weitere Zwischenfälle zu ihm hinab.

 

Die Tür hatte keinen Strom. Coel hatte schon fast damit gerechnet. ,, Hier kommen wir so nicht weiter.“ , bemerkte Martin.

,, Das sehe ich auch.“

,, Ichkönnte zurückgehen um Bescheid zu sagen, dass jemand Energie hierher umleitet.“ , schlug er vor.

Coe, schüttelte den Kopf. ,, Nur damit die Treppe endgültig zusammenbricht ? Bis die niemand gesichert hat, geht keiner mehr da rauf. Vermutlich hatten schon die Überlebenden von eben Glück.“

Er wendete sich einem  kleinen Schaltkasten  an der Wand neben der Tür zu. Normalerweise waren sämtliche Türen so gesichert, dass sie auch bei einem Vakuum dicht hielten und manuell kaum zu öffnen waren. Wenn es ihm jedoch  gelang die Tür einfach zu überbrücken, könnten sie diese vielleicht öffnen. Manuelle Override-Schalter für genau diesen Zweck meist in sämtlichen elektronischen Schaltkästen verbaut.

Er entfernte die Abdeckung der Türsteuerung. Schon der erste Blick machte Coels Hoffnung zu Nichte. Alles was noch übrig war, war ein Haufen verkohlter Kabel, von denen der beißende Geruch verbrannten Kunststoffs ausging.

Martin bestätigte seine Vermutung. ,, Das sieht gar nicht gut aus.“

Coel seufzte. ,, Das Schiff fällt wirklich auseinander.“

,, Mal sehen, wenn die Schaltkästen auf der anderen Seite noch funktionieren…“

,, Was haben sie vor ?“

,,Das ist eigentlich recht einfach , zwar sind die Türen so angelegt, das man sie nicht mit Gewalt öffnen kann, jedenfalls nicht ohne einen Schweißbrenner , aber niemand möchte, das bei einer Störung plötzlich ein Schiffsbereich abgeriegelt ist. Also gibt es normalerweise einen Backup-Schaltkreis. Das dieser hier zerstört ist, heißt nicht, das es der andere Schaltkreis auch ist.“

,, Und der befindet sich ?“

,, Auf der anderen Seite der Tür .“ Coel wollte verzweifeln, als Martin fortfuhr: ,,Genau parallel zu diesem hier. Lösen sie mich mal ab.“ 
Mit diesen Worten übergab er Coel Aine und besah sich einen Moment das Gewirr aus verschmorten Kabeln. Er tippte gegen eine offene Leitung und zuckte in Erwartung eines elektrischen Schlags  zusammen.

,, Na wenigstens hole ich mir keinen Schock. Die Rückwand lässt sich hier einfach abnehmen, dann kommt man auch an den gegenüberliegenden Schaltkasten.“ , meinte der Deutsche seltsam belustigt  und griff in das Gewirr aus Kabeln.

,, Geht doch.“ Ein kurzes Surren war zu hören, als die magnetische Versieglung der Tür aufgehoben wurde und die zwei Hälften ein Stück weit auseinanderglitten, so dass man die Enden greifen und diese aufziehen konnte.

,, Woher wussten sie das ?“ , fragte Coel, während Martin sich wieder an der Tür zu schaffen machte und diese so weit aufzog, das man bequem hindurch gelangen konnte.

,, Sie wissen doch, wie das bei der GTDF funktioniert. Die lassen einen als Pilot  nicht einmal in die Nähe eines Schiffs, bevor man nicht wenigstens weiß, wie die Dinger funktionieren.“ , erklärte dieser.

,, Sie sind für Shuttles ausgebildet.“

,, So groß ist der unterschied nicht. Die Kronos wiegt lediglich ein paar Tonnen mehr, aber die Technik ist im Prinzip die gleiche.“ , antwortete Martin.

Coel trat durch die Tür und sah sich um. Auf der einen Seite lag ein großer offener Bereich, ähnlich der Offiziersmesse eine Ebene über ihnen. Hier jedoch waren statt einiger weit auseinander gehaltener Tische drei lange Sitzreihen und Tische am Boden verschraubt worden. Einer der Tische war  teilweise aus seiner Verankerung gerissen worden. Martin ließ die Taschenlampe suchend hin und her wandern. Plötzlich wurde er von einem guten Dutzend Lichtstrahlen und einem Gewehrlauf begrüßt.

,, Wer da ?“ , verlangte eine Stimme zu wissen.

,, So sehr habe ich mich in den paar Stunden hoffentlich nicht verändert.“ , erwiderte Coel.

,, Coel ?“ Eine Sekunde später wurde dem Mann offenbar klar, mit wem er sprach, den er verbesserte sich schnell ,, Sir ?“

Diese Leute hatten sich mit ihm aus freien Stücken gegen die GTDF gestellt. Irgendwie seltsam, das die wenigsten trotzdem die militärische Befehlskette aus ihren Köpfen bekamen. Offiziell, dachte er kurz, war er nicht einmal länger Teil des Erdmilitärs. Zumindest nicht seit Artherium.

,, Wir wussten nicht womit wir rechnen müssen, Sir.“ , meinte der Mann mit dem Gewehr entschuldigend.

,, Sie haben das Richtige getan. Aber der nächste der mich Sir nennt kann seine Sachen packen.“

,, Ähm.. jawohl.. Sir…“ Der Mann grinste nervös

,, Schon gut.“ Er sah in die Gesichter der übrigen Überlebenden. Ein älterer Mann, der Uniform nach einer der Bordmechaniker hatte eine  große Schnittwunde, die ihm quer über die Stirn lief. Eine Frau hielt einen Arm in einer provisorischen Schlinge. Und ein Herr in einem weißen Kittel hielt sich ständig hinter dem Mann mit der Waffe.

,, Wer seit ihr ?“ , fragte  Coel.

,, Ich war… bin hier der leitende Mediziner. Ich glaube wir sind uns noch nicht begegnet. Doktor Nathan Teach, nicht das das jetzt etwas bedeuten würde.“ Ein grauer Haarkranz umgab seinen Kopf und seine hellgrünen Augen musterten Coel mit einer Ruhe, die er im allgemeinen Chaos sonst nicht fand. ,, Ich vermute mal ihr sucht nach mir ?“ , stellte er mit einem Blick auf die bewusstlose Artheranerin fest.

Coel nickte.

Der Mann zögerte keine Minute. ,, Gut, ich weiß nicht was ich tun kann, aber kommt mit.“

Martin wollte ihm und Teach grade folgen, aber Coel hielt ihn an. ,, Geht zurück nach oben , sofern die Treppe nicht einstürzt. Sag Bescheid dass es jede Menge Überlebende gibt und wir dringend wieder ein paar Systeme online brauchen. Schiffskommunikation und Energieversorgung haben Priorität vor allem anderen, wir sind lange genug Blind gewesen.“
Martin wiedersprach nicht, sondern nickte ihm nur kurz zu und verschwand dann, während der Doktor Coel durch eine Tür auf der anderen Seite der Messe führte.

,, Die meisten Geräte funktionieren nicht.“ , erklärte Teach. Ein langer Gang lag vor ihnen, an dem in regelmäßigen Abständen Türen zu den Quartieren der Besatzung abzweigten. In Regelmäßigen Abständen hatte jemand Taschenlampen aufgestellt, welche die Dunkelheit zumindest etwas durchbrachen. Am Ende des Ganges befand sich ein verglaster Durchgang. Die Scheiben um die Tür waren gesprungen, aber das Symbol eines Äskulapstabs war nach wie vor zu erkennen. Vielleicht hatten sie ja Glück.

 ,, Lassen sie sie nur nicht sterben.“ , sagte Coel. Seine Kopfschmerzen waren wieder zurück und er kniff einen Augenblick die Augen zusammen.  Etwas wie eine Erinnerung flackerte durch seinen Verstand.

,, Prinzipien sind der Schlüssel nicht Symbole, die Türme wurden zerschmettert. Nichts existiert ewig aber wenn man ein Prinzip konservieren könnte.…“

Er schüttelte den seltsamen, fremden Gedanken ab. Es ergab keinen Sinn.

 

Kapitel 25 Bedenken

Kaltes Wasser das ihr über die Hand strömte. Aine setzte sich an den Rand des kleinen Wasserlaufs, der einige Kilometer weiter aus einem Berg entsprang. Vermutlich Schmelzwasser von einem Gletscher, der sich trotz der hohen Temperaturen irgendwie hielt .

Sie war den Großteil des Wegs hierher gerannt um den Kopf frei zu kriegen  und erst hier, hatte sie sich selbst gezwungen wieder langsamer zu werden.

Das stetige pulsieren der Schnittwunde an ihrem Arm hatte sie dazu gebracht sich hinzusetzen. Die Wunde war tief, wie sie schon befürchtet hatte und der stetige Blutverlust machte sich langsam bemerkbar, wenn die Verletzung auch sicher nicht tödlich war.

 Jeder bessere Arzt, ob Artheraner oder Mensch hätte die Wund in wenigen Augenblicken versorg. Aber das hatte Zeit…

Aine ließ einen Fuß ins Wasser hängen, während sie die Wunde versorgte und einem düsteren Gedanken nach dem anderen folgte.

Sie hatte den Rat zur Rede gestellt. Noch vor knapp einem halben Jahr wäre es ihr nicht einmal eingefallen, eine Entscheidung auch nur  zu hinterfragen. Wie schnell sich manches ändern konnte. Wie schnell sie sich geändert haben musste…

Das Geräusch von Schritten hinter ihr ignorierte sie, bis es verstummte.

,,Sei verflucht, das ich dich nicht mal dafür  hassen kann.“ , erklärte sie.

Coel setzte sich neben sie ins Gras. ,, Ich könnte es zumindest verstehen.“

,, Aber ich kann es nicht. Ich hab es verlernt. Durch dich.“

Er schüttelte den Kopf. ,, Niemand kann aus dir jemanden machen, der du nicht bist oder dir etwas beibringen, das du nicht auch selbst erkennen könntest. Manche brauchen lediglich einen kleinen Schubs. Ich bin nur ein alter Narr, der immer noch glauben möchte, es gäbe so etwas wie Frieden. “

,, Also denkst du nicht mehr, das es eine Chance gibt ? Das all das hier alles ohnehin sinnlos ist, weil egal wie es ausgeht, am Ende doch nur der nächste Konflikt, der nächste Krieg steht?“, wollte Aine wissen.

,, Nein, nein… der Tag an dem ich anfange das zu glauben ist der Tag an dem aus mir etwas wird, das ich ganz sicher nicht sein möchte.“

,, Das wirst du nicht. Wie du sagtest, ich kann nichts sein, das ich nicht bin. Und du genau so wenig.“

,, Dann solltet ihr mich fürchten. Und beten, das du recht hast.“ Er dachte an sein eigenes Spiegelbild… der ausgezehrte Mann…  Sahen Aine und die anderen das?  ,, Ich habe Angst eines Tages aufzuwachen und im Spiegel nur die Augen eines Monsters zu sehen.  Weil ich weiß, dass ich es sein könnte. Ich habe Angst eines Tages nicht mehr weiter kämpfen zu können. Weil ich weiß, dass ich das möchte. Also, was siehst du in mir?“
,, Du hast einfach immer  so ein funkeln in den Augen.“ , sagte Aine unsicher.

,, Was ?“ , er blinzelte verwirrt.

,, Ja.“ , meinte sie lachend. Und dieses lachen war alles, was er im Moment brauchte.  Er hatte einen Anker… er hatte etwas, für das er leben und  kämpfen konnte, selbst wenn alles andere versagte.

 ,, Ich weiß auch nicht. Das ist einfach verrückt.“

,, Nicht verrückter als alles andere.  Wann hast du….“ , jetzt war es an ihm unsicher zu werden. ,, gemerkt das… „ Er verstummte und nahm ihre Hand.

,, Ich kann dich das gleiche fragen.“ , meinte die Artheranerin.

,, Ich hab dich immer gemocht. Ich habe eine Schwäche für Leute, die mich abgrundtief hassen und bei erster Gelegenheit umbringen würden. Vielleicht habe ich mich auch nur schon daran gewöhnt.“

Eine Weile saßen sie einfach nur schweigend da. Coel folgte mit dem Blick einigen Blättern, die im Strom des Wassers mitgerissen wurden.

,, Ich denke Artherium.“

,, Was ?“

,, Du sagtest…“

,, Manchmal muss man darauf hoffen, das alte wiederzusehen. Auch wenn es durchaus vergangene Dinge gibt, auf die ich gerne verzichte.“  , fügte Coel hinzu.

,, Dafür hätte ich dich auf der Stelle küssen können. Es war einfach  richtig. Aber wirklich gewusst habe ich es erst als wir alle dachten du stirbst…“

Sie schien den Tränen nahe. Etwas so ungewöhnliches, das Coel kur verunsichert war. Dann nahm er sie in den Arm. Normalerweise  war die Artheranerin kalt und blieb immer ruhig.

,, Schon gut.“ Er spürte ihre Hände auf seinen Rücken und wusste, dass sie dort die zahllosen Narben und alten Verletzungen erstasten mussten.  Ihre Lippen fanden sich in einem ihm endlos erscheinendem Kuss. Es war zu fantastisch… zu unvorstellbar…

Vielleicht könnte er einmal aufhören nachzudenken…

,, Vielleicht braucht alles einfach mehr  Zeit.“ , meinte er.

Eine Weile saßen beide nur am Wasser und sahen über die Grasebenen hinaus.

 

,, Ich muss sagen, ich bin immer wieder beeindruckt wenn ich mir vorstelle, das sie nur zehn Jahre gebraucht haben um das alles hier aufzubauen.“ , meinte Adams.

Er hatte sein Angebot, sich die Schiffe anzusehen eingelöst und zu seiner Überraschung waren ihm die wenigsten Artheraner wirklich feindselig begegnet.

 Die meisten zeigten eher eine reservierte Höflichkeit. So wie der, der ihn zu den Schiffswerften ein Stück hinter der Siedlung gebracht hatte.

,, Zehn Jahre sind viel Zeit.“ , meinte dieser, ein Mann namens Malik, der ,wenn er das richtig Verstanden hatte, wohl zum Haus  Katlaron gehörte und Vaas unterstand.

 Bei einem von Darweens Leuten hätte er sich weit mehr Gedanken gemacht.

Es gab über ein Dutzend Gruben mit Gerüsten an den Wänden, in denen halbfertige und grade erst im Aufbau befindliche Schiffe lagen.

 Manche waren nicht mehr als ein paar Metallstreben, die bereits die grobe Form vorgaben.

Sie gingen am Rand eine dieser Gruben entlang, in dem sich ein bereits fertiges Schiff befand, das man wohl zu Wartungszwecken gelandet hatte.

Vermutlich wollten sie sich genau dieses ansehen.

Von außen gab es keine sichtbaren Beschädigungen, aber diese hätten die Artheraner wohl auch ohne seine Hilfe leicht reparieren können.

Adams wurde bei Schwindlig bei dem Gedanken, wie viele Meter wohl zwischen ihm und dem Boden der Werftgruben lagen. Ein kleines Geländer lief am Rand des Abgrunds entlang.

,, Ich hoffe   ihr seid Schwindelfrei ?“ , fragte er.

,, Wenn man hier arbeitet, wird man das besser.“  , erwiderte sein Begleiter.

,, Und wo nehmen sie die ganzen Ressourcen für diese Schiffe her ? Ich wüsste nicht, das die Artheraner eine Kolonie errichtet haben.“

,, Brauchen wir nicht. Am südlichen Pol des Planeten gibt es riesige Gebirgszüge, die fast vollkommen aus verschiedenen Metallerzen bestehen.  Die Siedlungen in dieser Gegend sind  nur damit beschäftigt, diese abzubauen. Das meiste, was wir für den Rohbau brauchen, finden wir direkt auf Eos. Und das was wir nicht in ausreichenden Mengen selbst herstellen können… nun irgendwie lässt sich alles besorgen. Es gibt genug  Kolonialgouverneure, denen egal ist, von wem das Geld stammt, das sie ausgeben. “

,, Ich vermute, die Abspaltung einiger unserer Kolonien kommt ihnen dann zu gute.“ , stellte Adams fest.
Der Artheraner öffnete eine Tür, die hinaus auf eines der Gerüste führte. ,, Nicht so sehr, wie sie vielleicht glauben. Die Kolonien, die sich losgesagt haben, sind uns gegenüber erst recht misstrauisch. Besonders, wenn man sie um Waren bittet, die man zur Waffenfertigung nutzen kann.“

,, Verständlich…“ Er zögerte hinaus auf das  Gerüst zu treten.

,, Keine Sorge, die sind fest verankert.“ , sagte Malik.

,, Wen sie das sagen.“ , meinte er. Kurz blieb er noch unsicher stehen, dann trat er auf den Metallenen Gitterboden. Ein Drahtzaun schirmte die Seite des Konstrukts ab, das zur Grube hin offen war.

,, Hier entlang.“

Langsam folgte er Malik. Sie passierten eine Stelle, an der eine Treppe hinunter auf eine tiefere Ebene des Gerüsts führte, gingen aber weiter, bis sie zu einem Fahrstuhl kamen. Es war ein simpler Drahtkäfig, der sich über eine Schalttafel bedienen ließ und sich absenkte, sobald sowohl Malik als auch Adams ihn betraten.

Adams sah zu, wie die verschiedenen Gerüstebenen an ihnen vorbeizogen.

 Es befand sich fast niemand sonst darauf, nur vereinzelte Arbeiter, die die Gerüste selbst überprüften, nicht jedoch das Schiff.

Der Abstieg dauerte bereits einige Minuten und die letzte Ebene schein immer noch ein Stück entfern.

,, Gibt es hier eigentlich viele Unfälle ?“ , fragte Adams, der immer noch unbehaglich in die tiefe sah.

,, Wir achten darauf, alles zu tun, um das zu verhindern. Niemand darf alleine auf einer Ebene arbeiten und alles, was mehr als fünf Meter über dem Grubenboden liegt, wird nur mit entsprechender Sicherheitsausrüstung betreten werden. Wir sind zu sehr auf jeden einzelnen angewiesen, als das wir uns viele Unfälle erlauben dürften.“
,, Ich verstehe.“

Nach einer weiteren Minute blieb der Aufzug schließlich stehen.

Sie hatten die unterste Ebene der Grube erreicht und der Rumpf des Schiffes ragte nun über ihren Köpfen auf.

 Es war keines der großen Schlachtschiffe, diese waren zu schwer um damit auf einem Planeten mit durchschnittlicher Schwerkraft zu landen, oder auch nur in die Atmosphäre einzutreten, aber immer noch groß genug, das Adams dem Piloten und Navigatoren an Bord Respekt zollen musste.  Es war schon schwierig ein Raumschiff einfach nur zu landen, dann aber auch noch derart zielgenau…

,, Können wir weiter ?“ , fragte Malik, der sich an ihm vorbeidrängte und auf den Steg hinaus trat, der das Gerüst mit dem Schiff verbannt.

 

 

,, Ihnen ist klar, dass sie ihre Zeit verschwenden, wenn sie glauben einen Angriff auf Artherium verhindern zu können.“

Martin blieb stehen. Er war Elth gefolgt, um sich noch einmal mit dem Mann zu unterhalten. Von den vieren schein er wohl derjenige zu sein, der am ehesten auf ihrer Seite stand.

 ,, Wieso, sind sie etwa auch dafür ?“ , fragte er. Sie befanden sich immer noch auf dem Platz vor dem zentralen Turm.

,, Ich fürchte, meine Meinung hat hiermit wenig zu tun.“ , entgegnete Elth Krodis.  ,, Der Rat kann diese Gelegenheit nicht einmal verstreichen lassen, wenn wir es wollten. Jeder von uns ist abhängig von der Unterstützung seines jeweiligen Hauses. Und die Entscheidung nichts zu tun wäre recht… unpopulär.“

,, Wahnsinn… Politik ist einfach überall gleich bescheuert.“ , stellte Martin fest.

,,  Vermutlich.“ Elth zögerte. ,, Wie gesagt, wir können nichts verhindern. Aber wenn sie uns Informationen geben könnten… könnten wir die Verluste vielleicht reduzieren.“

,, Und mit uns meinen sie sich. Und wenn ich ihnen die gebe… können sie ihre Position stärken.“ , stellte Martin fest.

Elth zögerte. Offenbar war er von der Unterstellung des Menschen überrascht oder verunsichert, das dieser seien Absichten durchschaut hatte.

,, Ich sage nicht, das ich daraus nicht auch einen Vorteil für mich gewinnen würde und ich leugne es auch nicht.“ Der junge Artheraner machte eine Pause. ,, Aber wenn sie uns helfen, es steht mir nicht zu sie um irgendetwas zu bitten,  aber es würde Leben retten.“

Martin hielt inne. ,, Ich kann ihnen nichts versprechen.“ , meinte er. ,, Und ich will auch keine Entscheidung für Coel oder Adams  treffen.“

,, Ich verstehe.“

,, Also warten wir…“

Elth schüttelte den Kopf. ,, Ich kann schlecht den ganzen Tag verschwenden. Aber wenn sie wieder hier sind, suchen sie mich auf.“ , mit diesen Worten verließ der Artheraner den Platz und verschwand in den Straßen. Martin blieb alleine zurück. Alleine mit dem seltsamen Gefühl beobachtet zu werden.

Und langsam wurde ihm klar, dass es nicht die Artheraner waren.

Er suchte die Fenster der umliegenden Gebäude ab, konnte aber nichts entdecken. Die wenigen Artheraner , die ihm begegneten, gingen weiter ohne ihn groß zu beachten. Jemand war da draußen… Der Gedanke gefiel ihm gar nicht.

 

,,  Dame auf 4D. Schach. Sie hätten 42 offensichtliche Möglichkeiten gehabt, diesen Zug  zu verhindern.“ , behauptete Hal
,, Hmm…“ Seyonn hörte nicht zu, führte den Zug aber für die KI aus. Eine Weile starrte er gedankenverloren auf das Spielbrett. ,, Ich gebe auf“, sagte er schließlich und verpasste der schwarzen Königsfigur einen Schubs mit dem Finger. ,, Die Runde geht an sie.“
,, Was ist los ?“

,, Ich habe nur die ganze Zeit das Gefühl, etwas Wichtiges zu übersehen. Diese Symbole…“  Er nahm sich einen Stift , den irgendjemand in der Kantine liegen gelassen hatte.

Auf der Kronos war grade Schichtwechsel und für die nächsten Fünf Minuten oder länger würde das Schiff wie ausgestorben sein.

Die einzigen Lebewesen auf den Fluren waren der Unity-Abgesandte und, wenn man von Hal absah, ein Wartungsmechaniker ein paar Decks unter ihnen, der seit Stunden versuchte, ein durchgebranntes Leitungskabel zu finden.

Er kritzelte Rasch einige Symbole und Zahlen auf die Tischoberfläche. ,, Das hier hat Coel aufgezeichnet, als er  über das Erbauer-Archiv verfügte. Wenn Utgar Recht hat, sind es lediglich Koordinaten, für etwas, das vermutlich schon vor Jahrtausenden zu Staub zerfiel, aber trotzdem…

,, Sie würden danach suchen.“ , stellte Hal fest.

,, Ich weiß, wir haben im Augenblick größere Probleme, aber ich würde mich gerne überzeugen, das da wirklich nur Staub ist. Die Brücke war Jahrtausende verborgen und jetzt sehen sie ja, was wir davon hatten, uns nicht darum gekümmert zu haben.“

,, Wenn wir Eos verlassen, wäre Artherium wohl so oder so unser einziges Ziel.“

,, Ich hoffe mal, das wir dann keine artheranische Flotte haben, die auch auf dem Weg dorthin ist.“

Kapitel 23 Rat

Sie betraten einen großen offenen Saal.  Die Wände waren komplett aus Glas und erlaubten einen Blick über die komplette Stadt, die sich wie ein Kreis aus Lichtern um den zentralen Turm anordnete. Coel blieb einen Moment stehen und starrte nach draußen in die Nacht. Am Horizont war bereits der erste Schimmer Tageslicht zu sehen. Irgendwie beruhigte ihn der Anblick.

Ein kleiner Brunnen vor einer der Glasfronten plätscherte leise vor sich hin.

Sich langsam weiter umsehend, trat Coel einige Schritte weiter in den Raum.

Den Mittleren Teil des Raums in dem sie sich befanden nahm ein großer Tisch mit eingelassener Display-Oberfläche ein. Um den Tisch herum  lagen mehrere tiefe Sitzkissen und drei weitere Artheraner, die ihnen lediglich einen kurzen Blick zuwarfen, saßen daran.

,, Setzt euch bitte.“  , wies Vaas sie an, nachdem er sich zu den drei ans Kopfende des Tischs gesellt hatte, die die Fremden  nach wie vor lediglich mit höflicher Neugier musterten.

Aine schienen sie gar nicht richtig wahrzunehmen.

Coel ließ sich umständlich auf eines der Kissen sinken. Er war es nicht gewohnt auf dem Boden zu sitzen aber er würde sich sicher nicht beschweren. Martin ließ sich mit Adams ihm gegenüber nieder, Aine ein Stück neben ihm.

Die drei fremden Artheraner waren wohl die  übrigen Mitglieder des Rats.

,, Ich bin Darween Kaladar.“ , stellte sich der erste der drei vor, ein Artheraner, dem sich eine breite Brandnarbe quer über den Nasenrücken zog, so als wäre er zu nah an einem Schweißbrenner geraten. Oder an ein Hochgeschwindigkeitsprojektil.

 In der Stimme des Artheraners lag eine gewisse Bitterkeit.

,, Ich bin Elth Krodis.“ , sagte der zweite. Er war deutlich jünger als Vaas oder die anderen beiden. Coel wusste nicht, wie schnell Artheraner genau alterten, aber bei einem Menschen hätte er auf maximal 20 Jahre getippt. Jung genug, um vielleicht einige Vorurteile der alten zu hinterfragen… oder zu verinnerlichen. Aber er klang freundlich und schien eher neugierig, als misstrauisch wie Darween.

,, Mein Name Istarie Khyron.“ Stellte sich die letzte Artheranerin vor. ,, Und Vaas Katlaron kennt ihr ja bereits.“

Coel nickte. ,, Ich würde gerne gleich zum Punkt meines Hiersein kommen.“ , sagte er. ,, Das Erdparlament, hat eine Entscheidung getroffen, die sie ihnen sicher bald auch selbst mitgeteilt hätten. Die Regierung der Erde gibt jeglichen Anspruch auf Artherium auf.“

Einige Sekunden des Schweigens folgten.

,, Ist das wahr ?“ , fragte Vaas schließlich, der als erster seine Sprache wiederfand.

,, Es ist wahr.“ , erwiderte Aine.

,, Aber ihr seid sicher nicht den ganzen Weg hierhergekommen, nur um eine Nachricht zu überbringen.“ , stellte Istarie fest. ,, Dazu hätte es diesen Aufwand nicht gebraucht.“

,, Das ist richtig. Ich habe außerdem eine Warnung. “ Coel stand langsam auf, unsicher, ob das nicht einer der anwesenden al unhöflich auffassen könnte. Er zögerte kurz.

Was er sagen würde, würden den Artheraner die momentane schwäche der Menschen offenbaren.  Und welche folgend das hätte, konnte er nur schwer abschätzt. Aber er hatte wohl keine Wahl.

,, Die Menschheit steht kurz vor einem Bürgerkrieg mit ihren eigenen Kolonien.“

,, Die Lage ist uns bekannt.“ , erwiderte Darween. War das etwa Schadenfreude in seiner Stimme? Coel beschloss nicht darauf einzugehen.

Stattdessen fragte Martin : ,, Woher wisst ihr das ?“

,, Wir sind nicht blind Mensch…. Wie lautet euer Name?“ Es war der junge Artheraner, der zum ersten Mal das Wort ergriff. Elth.

,, Martin Richter.  Einfach nur Martin reicht auch.“ , erwiderte er.

,, Die Unruhen innerhalb eures Volkes wüten schon ein paar Monate. Es ist nicht überraschend, dass es hierzu kommt.“ , meinte Elth schließlich. ,, Jedoch verstehe ich nicht ganz, wieso uns das etwas angehen sollte. Ich kann euch beruhigen, das wir nach der Schlacht bei Goodsprings nicht über die…“
,,Schweigt Elth.“ , wies Darween ihn an.

Dieser jedoch ignorierte den Rat des Älteren.  ,, Das wir nicht über die militärischen Mittel für einen Schlag gegen die Menschen verfügen. Selbst wenn,“ und dabei sah er Darween genau an, ,, wir das wollten.“
,, Und ihr wagt es das zuzugeben.“  Der vernarbte Artheraner sprang auf.

,, Genug.“ Vaas rührte sich nicht, aber seine Stimme allein reichte, das Darween sich langsam wieder setzte.

,, Könnten wir dann zum Thema zurückkommen ?“ , fragte Istarie.

,, Natürlich, also, erklärt euch.“

,, Zu den Welten, die sich vom Parlament losgesagt haben, gehörte auch Artherium. Ihr werdet die Welt weder kampflos bekommen, noch überhaupt betreten können. Im Orbit befinden sich neben mehreren schwer bewaffneten Kolonialschiffen auch noch dutzende von kleineren Konstrukte. Und wie Elth sagte, ihr seid nicht in der Lage für einen größeren  Kampf.“ Er machte eine Pause, bevor Adams schließlich aufstand und das Wort ergriff.

 

 Bisher hatte er geschwiegen und sich zu Recht gelegt, was er sagen könnte. Er würde auf keinen Fall zulassen, das Artherium erneut zum Grab für die Artheraner wurde.

,, Der Planet ist nichts als ein großer Köder.“ , begann er.  Er war sich sicher, die vier Artheraner vor ihm wussten genau, wer er war. ,, Die Hoffnung des Parlaments ist es, das ihr Artherium unvorbereitet attackiert und für sie die Verteidigung des Planeten schwächt. So könnte die Welt mit minimalen ,menschlichen ,Verlusten zurück geholt werden… und vielleicht so die übrigen Abtrünnigen Kolonien dazu bewegen, ihre Pläne zu überdenken.“ Er holte kurz Luft, sah ihnen in die Gesichter ob sie begriffen was er ihnen erzählte. 

,, Wir alle wissen, dass das nicht passieren wird. Wenn ihr den Planeten angreift, werdet ihr verlieren. Die Verteidigung ist zu stark. Und wenn dann schließlich das Parlament eingreift, wird Artherium der Startschuss für den ersten zwischenmenschlichen Krieg seit fast 100 Jahren. Dass die Via sich sicher freuen werden, wenn wir ihnen die Arbeit abnehmen und uns alle gegenseitig vernichten, brauche ich ja nicht extra zu erwähnen. Vermutlich ist das auch der einzige Grund, aus dem sie sich bisher zurückhalten. Ich weiß, dass ihr mir nicht glauben werdet, ich weiß, dass alle unter euch mich hassen müssen. Aber, dieses eine Mal, hört mir zu. Lasst nicht zu, dass durch meine Fehler noch mehr sinnlos sterben. Das ist alles, worum ich bitten kann. Keine Vergebung, keine Sühne. Nur das. Wiederholt meine Fehler nicht.“ Er schien ein Stück weit in sich zusammenzusinken, als er sich langsam wieder setzte.

Eine Weile sagte niemand etwas. Doch schließlich war es ausgerechnet Darween, der sagte : ,, So ungern ich es auch zugebe, aber der Mann hat recht. Wir müssen überlegt und strategisch vorgehen. Diese Chance darf nicht zu einem Fiasko werden.“

Er wendete sich an Coel. ,, Aber wir dürfen diese Chane auch nicht einfach ignorieren. Sie wissen, wie die Verteidigung um Artherium aufgebaut ist?“

,, Nicht genau, aber ich bin mit den Strategien vertraut, die die normalerweise GTDF zur Planetaren Verteidigung einsetzt, ja. Und wir haben möglicherweise einen Vorteil. Hammond, der Kommandant der Kolonie, rechnet mit einer Invasionsflotte von der Erde. Nicht mit den Artheranern.“

,, Und das soll ein Vorteil sein ? Das er mit einem stärkeren Feind rechnet?“

,, Ich weiß es nicht, aber es ist ein Anfang.“

Weiter Sekunden des Schweigens folgten, die vier Räte unterhielten sich kurz leise, bis Vaas schließlich sagte: ,, Diese Entscheidung braucht Zeit. Wir werden euch für diese Zeit gerne eine Unterkunft…“

,, Ihr könnt nicht ernsthaft auch nur darüber nachdenken, ihnen zu vertrauen.“ Coel drehte sich zu der Stimme um und erkannte Skelaw, der schwer atmend im Türrahmen stand.

 ,, Ihr könnt es nicht.“ , wiederholte er. ,, Er ist ein Verräter, selbst an seinem eigenen Volk, und der andere Mensch“ , er zeigte auf Adams, ,, unsere Geißel. Und was sie angeht,“ , er musste Aine meinen, ,, So hat sie uns bei Goodsprings in eine Schlacht geführt, mit der Absicht zu verlieren. Um uns damit zu schwächen.“
,, Ihr redet wie ein wütendes Kind.“ , entgegnete Aine ruhig.

 ,, Ihr wagt es…“

,, Skelaw, schweigt.“ , wies Vaas ihn an.

,, Nein, sicher nicht. Ich fordere  Genugtuung.“ Er hatte das Messer das er trug gezogen und Coel war bereit, ihn sofort zu entwaffnen, sollte der wütende Artheraner eine falsche Bewegung machen.

Stattdessen jedoch sprang er zurück als Skelaw ihm die Waffe vor die Füße warf.  Die klinge prallte vom Boden ab und schlitterte einige Schritte über den Stein , bevor sie liegenblieb.

Skelaw drehte sich um und stapfte aus dem Raum.

,, Hat er grade getan, was ich denke ?“ , durchbrach Martin das anschließende Schweigen.

Coel hob langsam die Waffe auf.

,, Ich fürchte ja.“ , sagte Adams.

,, Primitiv, absolut primitiv.“ , fluchte Elth. Der Junge Artheraner schien sich über diese Herausforderung Skelaws besonders aufzuregen.

,, Großartig.“ Coel ließ sich wieder auf eines des Sitzkissens fallen. ,, Aber ich muss nicht wirklich darauf eingehen , oder ?“

Das Schweigen der vier Räte sagte ihm alles, was er wissen musste.

,, Ihr wollt mir ernsthaft sagen, das ihr, trotz eurer technologischen Entwicklung in den letzten Jahrzehnten, immer noch so etwas wie Duelle praktiziert ?“ Es war nicht unbedingt taktvoll, so direkt zu sein, das war Coel klar. Und er wünschte sich, Seyonn wäre noch hier. Aber so…

,, Ich vermute mal, es gibt nicht die Möglichkeit, das ich einfach ablehne ?“

Weiteres Schweigen.

,, Was ?“

,, Nein, das würde, so sehr auch ich diese Praktiken ablehne, viele Artheraner gegen sie aufbringen.“ , warnte ihn Vaas. ,, Und gegen uns.“

,,  Und das würde wohl auch verhindern, das ihr mich weiter anhört, wie ?Es wird mit jeder Sekunde besser. Ich vermute mal ich darf ihn auch nicht einfach erschießen?“

Weitere Sekunden des Schweigens folgten.

,, Es gibt keine… Möglichkeit wie du gewinne kannst.“ , meinte Aine leise.

,, Ich bin kein Anfänger.“ , meinte Coel. Natürlich würde er Skelaw nicht unterschätzen. Der Mann war sicher klug genug, sich selbst im Zorn nicht auf einen Kampf einzulassen, den er nicht gewinnen konnte.

,, Darum geht es nicht.“ , sagte Darween. Er schien sich nicht an der allgemeinen Entrüstung zu stören. Aber zumindest die Schadenfreude von zuvor war aus seiner Stimme verschwunden.

,, Wenn sie ihn töten, wird das vielen schon als Grund reichen sie abzulehnen. Und wenn wir unseren Rückhalt in den Häusern verlieren…“Elth machte eine Pause. ,, Sie wissen nicht, wer mich ersetzen würde, würde das passieren.“

Coel seufzte entnervt. Elth war vielleicht der einzige, der wirklich auf ihrer Seite stand, soweit er das bisher einschätzen konnte.  ,, Ich habe nicht vor ihn zu töten.“

Als daraufhin wieder nur Schweigen folgte, schüttelte er entnervt den Kopf. ,, Was soll ich bitte machen ? Ihn mich umbringen lassen?“ , fluchte Coel.

,, Es gäbe eine Möglichkeit.“ , sagte Aine. ,, Ich nehme die Herausforderung für ihn  an.“
,, Was ?“ Coel schüttelte entschieden den Kopf. ,, Nein, das lasse ich sicher nicht zu, ich…“

,, Hör zu, wenn du gegen Skelaw kämpfst, egal wie es ausgeht, verlierst du jedes bisschen Rückhalt für die Menschen, das wir haben. Dann hört dir keiner mehr zu.“ , sagte sie.

,, Und du ?“

,, Ich habe hier nicht mehr viel zu verlieren. Und du auch nicht.“

Er sah hinüber zu Adams und Martin. Dann weiter zu Vaas, Elth, und den übrigen.

,, Ich könnte dich verlieren.“ , meinte er leise.

,, Wie oft hätte ich das sagen können ?“ Aines für ihn unergründliche Augen musterten ihn einige Augenblicke stumm und schließlich musste er  zu Boden sehen. Ich kann einem Via ins Gesicht sehen und lachen, dachte er fasziniert und irritiert zugleich,  aber nicht ihr.

,, Das ist nicht dasselbe.“ , erwiderte Coel.

,, Weil du es warst, der sein Leben allein riskiert hat ?“

,, Nein.“ Er wusste, dass es eine schlechte Lüge war. Sie unterhielten sich immer noch gedämpft. Coel zwang sich wieder aufzusehen. Er hätte viel sagen können, eine Unzahl Argumente finden können, doch stattdessen sagte er nur : ,, Gut. Aber pass auf dich auf.“ Er übergab ihr das Messer, das Skelaw dagelassen hatte.

,, Wir können gehen.“ , meinte Aine, nachdem sie die Waffe an sich genommen hatte. ,, Lassen wir Skelaw nicht warten .“

Kapitel 24 Duell

Aine wog das Messer in der Hand. Die Waffe war keine der makellosen Maschinengefertigten Klingen, die man überall finden konnte.

 Das Blatt war uneben und mit Scharten übersäht, ein Beweis für häufige Benutzung. Der Stahl hatte einen dunklen Farbton, über den sich vom Griff bis zur Spitze ein einzelner Golddraht zog.

Rituelle Kämpfe waren einst nicht ungewöhnliches gewesen, aber bereits bevor der erste Mensch einen Fuß auf Artherium gesetzt hatte, war diese Tradition beinahe ausgestorben.

Sie erinnerte sich nicht, dass es in den letzten fünf Jahren auch nur zu einem einzigen Kampf auf Leben und Tod gekommen wäre. Dafür waren sie einfach zu wenige. Zumindest bis jetzt.

Aine wäre jede andere Waffe lieber gewesen, als das grobe Stück Metall, es war primitiv, wie Elth gesagt hatte. Aber… waren nicht alle Waffen auf ihre Art primitiv?

Der Gedanke beunruhigte sie mehr, als er es sollte. Früher hätte sie doch nicht einmal darüber nachgedacht.

 

Skelaw hatte bereits auf dem Platz mit dem Garten gewartet, als Aine, Coel und die anderen nach draußen traten. Er lehnte an der Ummauerung des Gartens. Ein seltsames, fast enttäuschtes Grinsen legte sich auf sein Gesicht, als er die Waffe in Aines Hand bemerkte.

,, Seit ihr so feige, das ihr jemand anderen eure Kämpfe austragen lasst ?“ , fragte er.

,, Glaubt ihr, hiermit irgendetwas zu erreichen ?“ , erwiderte Coel ruhig. Er wechselte rasch einige Blicke mit Aine.

,, Wir könnten immer noch einfach gehen.“ , flüsterte er.

,, Das können wir nicht. “ , meinte sie entschieden. ,, Und das werde ich nicht.“

Coel nickte. Er hatte keine andere Antwort erwartet und doch… Und doch wäre er bereit diese Chance aufzugeben. Nur um zu wissen das Aine in Sicherheit war. Er nannte sich selbst einen Narren. Er konnte und durfte sich nicht erlauben so zu denken.

,, Ich werde erreichen, das ihr nicht länger auf diesem Boden steht und versucht uns zu manipulieren, Mensch.“ Der Artheraner löste sich von der Wand und trat auf den Platz. Die ersten Strahlen Sonnenlicht suchten sich ihren Weg zwischen den tief hängenden Wolken hindurch.

,, Tue ich das Skelaw ?“ ,fragte Coel, seine Sorge und seine vorherige Ruhe schlugen langsam in Wut um. Konnte jemand wirklich so blind sein? Oder wollte er einfach nicht zuhören? In diesem Moment wären  ihm die folgen fast egal gewesen, wenn er den Artheraner selbst Angriff. Aber nur fast.

,, Ihre Art hat nie etwas anderes getan. Und was ihr nicht über Wort bekommt, holt ihr euch mit Gewalt.“

,, Ich bin nicht meine Art.“ , rief er zurück. ,, Und ich will es auch sicher nicht sein. Ich suche keinen Krieg und keine Zerstörung. Das seit ihr diesmal, Skelaw, ihr allein. Im Gegenteil, was ich will , alles was ich suche ist Frieden.“

,, Dann sterbt und bringt uns Frieden.“

Coel wendete sich ab. ,, Ich habe es versucht.“

,, Nun ? Wollt ihr weiter eure Zeit mit reden verschwenden?“

Coel antwortete nicht.

,, Sei vorsichtig.“ , meinte er, als Aine vortrat.

 

 

Eine gefühlte Ewigkeit lang, geschah gar nichts. Quälend langsam verstrichen die Sekunden, während Skelaw sie und die Umgebung nur musterte. Aine würde nicht diejenige sein, die den ersten Schritt machte.

Ich werde ihn nicht Grundlos angreifen, dachte sie.

Selbst wenn ihm das einen Vorteil verschafft.

Die Sonne blendete sie, während Skelaw den Stern im Rücken hatte. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Vorteil .

Aber sie würde das vielleicht ebenfalls Ausnutzen nutzen können. Wenn Skelaw damit rechnete, das sie geblendet war, wäre er vielleicht unvorsichtiger…

Plötzlich sprang der Artheraner vor und Aine schloss blitzschnell die Augen um der Sonne zu entgehen. Dabei ließ sie sich gleichzeitig zu Boden fallen und rollte sich über die Schulter ab, um dem ungezielten Angriff zu entgehen. Sie war sofort wieder auf den Beinen und zielte an die Stelle, an der Skelaw sich befinden musste.

Aber dieser hatte die Taktik längst durchschaut. Die Klinge lief ins leere, während Skelaw nun seine Chance gekommen sah.

Aine entkam dem heransausenden Messer nicht ganz. Ein Brennender  der Schmerz, als die Waffe ihr den Arm aufschlitzte. Die Wunde war tief und blutete stark, aber zumindest nicht tödlich. Sie strauchelte etwas, als sie sich wieder aufrichtete. Skelaw lächelte triumphierend. Offenbar glaubte er, so gut wie gewonnen zu haben. Überheblichkeit… darauf hatte sie gewartet.

 

Coel zucke innerlich zusammen, als Aine getroffen wurde.

Er legte eine Hand auf den Griff seines Revolvers.

 Es war ihm egal, entscheid er, welche Folgen es haben würde. Er würde nicht zulassen, das Skelaw sie tötete. Und so wie es aussah, hatte er genau das vor.

Aine kam schwankend wieder auf die Beine. Der linke Arm hing kraftlos herab während von den Fingerspitzen Blut tropfte.

Sie schien sich kaum noch auf den Beinen halten zu können.  Die Artheranerin war am Ende, wie ihm unausweichlich klar wurde. Und Skelaw stand noch immer unverletzt und höhnisch grinsend auf dem Platz.

Coel hatte die Pistole bereits in der Hand und wollte zielen, als Aine ihm zublinzelte. Verwirrt ließ er die Waffe wieder sinken, Niemand außer ihr hatte etwas mitbekommen. Coel zögerte… Was hatte sie vor?

 

,, Heute habt ihr zu viel riskiert. Aber ich erkenne euren Mut an.“ , sagte Skelaw. Er wusste, dass er gewonnen hatte. Die Klinge in seiner Hand funkelte kurz im Sonnenlicht. Das Messer suchte sein Opfer… das plötzlich wieder überraschend lebendig wurde.

Aine sprang Beiseite ,Skelaw geriet ins Straucheln. Sie trat ihm sofort  die Beine Weg. Der Artheraner fiel endgültig zu Boden, das Messer wurde ihm in hohem Bogen aus der Hand geschleudert und landete klirrend auf dem Pflaster. Bevor er auch nur reagieren konnte, legte sich etwas Kaltes, Metallenes an seine Kehle. 

Aine hatte sich sofort  neben den gefallenen Skelaw gekniet und hielt ihn nun das Messer an den Hals.

Sekunden vergingen, ohne dass etwas geschah.

,, Bringt es zu Ende.“ , forderte  Darween schließlich. Aine hob das Messer… und ließ es auf den Steinboden krachen, so dass die Klinge  zersplitterte.

 Dann stand sie langsam auf.

,, Nein.“ Aine warf den nutzlosen Waffengriff  weg.

,, Nein ?“ wiederholte Darween ungläubig. ,, Nein ?“

Vaas und Istarie blieben ruhig, aber Elth schien zufrieden. Ein schwaches Grinsen als hätte er darauf gehofft tauchte kurz auf nur um sofort wieder zu verschwinden.

,, Ihr habt mich verstanden.“ , erwiderte Aine. ,, Ich werde niemanden töten, der keine Gefahr mehr darstellt.“ Skelaw kam nur langsam wieder auf die Füße.

,, Es ist eure Pflicht. Tradition. Er hat euch herausgefordert.“

,, Und Hass ist dann auch Tradition ?“ , erwiderte Aine scharf, ,, Wir töten um uns selbst zu verteidigen, nicht um Rache zu nehmen, oder weil es mir irgendjemand vorschreiben will.  Ich habe, trotz seiner Taten, keinen Grund ihn zu Hassen. Sollen wir weiterhin nach alten Vorstellungen leben? Oder welchen anderen Grund, hätte ich einen unbewaffneten Artheraner zu töten?  “ Sie hob das Messer auf, das Skelaw verloren hatte.  ,, Oder fühlt einer von euch dazu in der Lage ?“ Sie hielt Darween die Klinge mit dem Griff zuerst hin. ,, Seit ihr so darauf aus jemanden sterben zu sehen ? Dann bitte.“

Skelaw war endlich  wieder auf die Füße gekommen. Einen Moment blieb er stehen, bevor er sich mit einem Aufschrei wieder auf Aine stürzte. Oder es versuchte. Die Artheranerin trat blitzschnell zur Seite, ein Arm mit ausgefahrenen Klauen raste auf sie zu, sie fing die Hand ab und… brach den Knochen mit einer schnellen Bewegung.

,, Bastard.“

Skelaw fiel mit einem Schmerzensschrei erneut zu Boden.  Aine wendete sich wieder den vier Räten zu ,, Ich hoffe, euch gefällt, was aus uns geworden ist. Wir attackieren uns gegenseitig hinterrücks. Ich hoffe wirklich, das findet eure Zustimmung.“

Sie drehte sich um und verließ den Platz. Coel wollte ihr folgen, wurde jedoch von Martin zurück gehalten. ,, Lass ihr einfach etwas Zeit. Ich schätze, das ist keine einfache Heimkehr.“

,, Nein, das glaube ich auch nicht.“ , erklärte Coel.

Skelaw kam erneut auf die Füße. Erst langsam wurde Coel klar, was der Artheraner eben getan hatte. Er hatte Aine mit den Klauen attackiert… und das bedeutete…

,, Geht mir aus dem Weg.“ , reif Skelaw, bevor er sich zwischen den umstehenden Artheranern hindurch drängte. Diese gingen auch beiseite… würdigten ihn aber keines Blickes.

Das bedeutete, dass er Gesellschaftlich tot war.

,, Den sehen wir so schnell hoffentlich nicht wieder.“ , meinte Adams.

,, Ja… vielleicht.“ Er fühlte sich plötzlich unendlich Müde. ,, Entschuldigt mich, ich sehe nach Aine.“

Vaas nickte. ,, Ich denke wir können übereinkommen, das wir uns um einige Stunden vertagen, wir geben euch Bescheid.“

,, Danke.“

,, Und wenn ihr Ruhe braucht, können wir sicherlich eine Unterkunft auftreiben.“

Coel nickte nur, während er sich langsam in die Richtung entfernte, in der Aine verschwunden war.

 

Er suchte fast eine Stunde die ganze Siedlung ab.

Die Straßen waren allesamt in einem Spinnnetzartigen Muster angeordnet, so dass er sich zumindest nicht verirrte. Aber während er durch die in rötliches Licht getauchten Straßen lief konnte er Aine  nirgendwo entdecken. Ein paar Mal hielt er einen Artheraner an und versuchte zu fragen, ob jemand sie gesehen hatte, aber entweder verstand ihn niemand… oder man wollte ihn nicht verstehen. Zumindest war ihm gegenüber niemand feindselig, aber die meisten machten trotzdem einen Bogen um den Menschen.

Er musste auch nicht grade einen freundlichen Eindruck machen, dachte Coel, als er an einer Glasfassade stehen blieb. Sein Spiegelbild war verzerrt, aber deutlich genug.

Ein dunkles Hemd, das sicher noch Staub von der Erde mit sich trug, eine einfache , mitgenommene  Jacke,  wirr abstehende dunkle Haare ,blaue Augen, die  gehetzt hin und her zuckten und natürlich die unübersehbaren kybernetischen Prothesen an seinen Armen und am Auge.

Verdammt, er würde sich nicht mal selbst gerne im Dunkeln begegnen. Er sah aus wie ein Wahnsinniger.

Coel versuchte ein letztes Mal, einen der Artheraner auf der Straße anzusprechen.

,, Entschuldigung, einen Moment bitte.“

Zu seiner Überraschung hielt der Mann tatsächlich an. Es dauerte einen kurzen Moment, bis er antwortete. ,, Ja ?“

Er betonte das ja völlig falsch und es klang so seltsam, das Coel es fast nicht Verstanden hätte.

Nun, besser als nichts, dachte er und nahm sich zum wiederholten Mal vor, sich zumindest einen kleinen artheranischen Wortschatz anzueignen, wenn er Zeit fand.

,, Ich suche jemanden, eine Artheranerin, sie müsste eine ziemlich große Wunde an der Schulter gehabt haben.“

,, Ist hier gewesen… aus der Siedlung raus.“
,, Raus ?“ , wiederholte Coel.

,, Ja , da gibt es…“ Der Artheraner scheint über ein Wort nachzudenken. ,, einen Fluss. Schien zumindest in die Richtung zu gehen.“

,, Ich verstehe, danke.“ Er wendete sich ab und folgte der Straße, die ihm wie es aussah an den Rand der Stadt bringen würde.

 

 

 

Seyonn horchte auf, als er Adams Stimme über Funk hörte.

Es war erst eine gute Stunde her, das er Eos verlassen und zur Kronos zurückgekehrt war. Seitdem arbeitete er an Coels Idee.

 Die Pläne dafür fanden sich in der Schiffsdatenbank und die nötigen Materialien hatten sie an Bord. Eigentlich, so dachte er, war er damit geradezu unterfordert. Er brauchte lediglich die Einzelteile zusammenbauen.

Deshalb kam ihm diese Unterbrechung auch ganz recht. 

Offenbar waren weder Ägir, noch Nathan oder sonst jemand auf der Brücke, weshalb Hal den Funkspruch zu ihm in den Hangar-Bereich durchstellte, wo der Unity-Abgesandte arbeitete.

,, Ist alles in Ordnung ?“ , fragte er, als er aufstand.

,, Es läuft eigentlich ganz gut.“

,, Wenn man davon absieht, das wir eben ein kleines Duell hatten.“ , erwiderte Martins Stimme im Hintergrund.

,, Ich hätte ihn töten sollen.“ , murmelte Seyonn, der sich den Rest denken konnte.

,, Was ?“ , fragte Adams nach.

,, Nichts. Sie werden also bald zurückkommen ?“

,, Nicht wirklich. Wir bleiben mindestens noch ein paar Stunden, wenn nicht sogar länger und ich…“ Adams schien sich kurz im Hintergrund mit jemanden zu unterhalten, aber Seyonn verstand nur einzelne Wortfetzen. ,, Tja, ich habe mich grade bereit erklärt, mir mal ein paar artheranische Schiffe anzusehen.“

,, Und mit ansehen meinen sie…“

,, Na ja, seien wir ehrlich, so viel Tech die Artheraner auch von den Via bekommen haben, einige dieser Schiffe sind über zehn Jahre alt und stammen noch von Artherium. Technisch sind die nicht grade auf dem neuesten Stand.“

,, Nun ich denke Schaden kann es nicht.“ , meinte Seyonn. ,, Ist Coel da ?“

,, Wenn ich wüsste, wo der wieder ist…“ , antwortete nun Martin.
,, Machen sie sich Sorgen ?“

,, Nein sicher nicht. Der kann auf sich aufpassen. Aber ich habe immer noch ein dämliches Rätsel zu lösen…“

Kapitel 16 Besprechung

Steel ließ sich in einen Sessel fallen, nachdem die anderen an einem großen Tisch im unteren Stockwerk des Gebäudes Platz genommen hatten. Der Raum war schlicht, keine Bilder an den Wänden, nur zwei Fenster, die auf der einen Seite einen Blick hinaus auf die Kronos und auf der anderen das Gelände zeigten, auf dem sie sich befanden,

In der Dunkelheit waren nur einige Gebäudeumrisse zu erkennen.

,, Sie haben keine Ahnung was hier seit ein paar Stunden los ist.“ , erklärte Steel. ,, Das Parlament hat praktisch mit seiner Auflösung gedroht."

,, Wieso das ?“

,, Raten sie mal. Sie sind nicht der einzige, der ein paar Befehle ignoriert hat. Die Flotte nach Goodsprings zu schicken war meine alleinige Entscheidung. Und jetzt sind sämtliche Vertreter der Kolonien richtig angepisst. Sie meinen eine militärische Intervention des Parlaments auf einer Welt die sich für unabhängig erklärt hat, sei nicht hinnehmbar. Nun, da gebe ich ihnen sogar recht.“
,, Aber Goodsprings wurde von den Via kontrolliert.“

,, Erklären sie das einem Haufen aufgescheuchter Politiker, die einen Schuldigen brauchen.“ , erwiderte Steel. ,, Offiziell hat die GTDF zwar jetzt die Kontrolle… das heißt aber nicht, das ich einfach tun kann was ich will.“

,, Also… wie schlimm ist es wirklich ?“ , wollte Coel wissen.

,, Wie gesagt… wir haben über ein Dutzend Kolonialwelten, deren Direktorien und Gouverneure sich für Unabhängig erklärt haben. Im Moment muss das Parlament noch beraten.“

,, Worüber ?“ , wollte Seyonn wissen.

,, Ob wir darauf reagieren wollen. Und vor allem… wie.“

,, Das würde einen Bürgerkrieg bedeuten.“ , stellte Adams besorgt fest.

,, Wir hoffen einfach, es kommt nicht soweit. Vielleicht reicht ihnen die Drohung schon aus, aber wenn die Via jetzt  eine ganze Flotte haben, können wir uns keinen großen Konflikt zusätzlich leisten.“

,, Was wurde eigentlich aus den Artheranern, die noch auf der Erde waren ?“ ,  wollte Aine wissen.

Während der letzten drei Monate nach der Schlacht im Erdorbit  hatte sich eine kleine Delegation von Artheranern für Verhandlungen mit  dem Parlament auf der Erde aufgehalten.  Diese waren jedoch bisher ergebnislos verlaufen.

,, Sind ganz still und heimlich verschwunden, als die Unruhen wieder anfingen. Ich will mich sicher nicht beschweren, ohne die Artheraner hätten wir es nie geschafft eine Panik zu verhindern, aber das die einfach so fliehen … die Ratten verlassen das sinkende Schiff, wenn sie die Formulierung verzeihen.“

,, Wir stehen also vor dem ungewissen.“ , stellte Martin fest.

,, Ich fürchte ja. Hinzu kommt, dass die meisten unserer Schiffe irgendwo unterwegs sind. Es wird eine Weile dauern, bis wir uns auch nur einen Überblick über unsere verbliebenen Ressourcen verschafft haben.“

,, Dann muss ich mit Wilkonson sprechen. Er kann vielleicht etwas Ordnung in die ganze Angelegenheit bringen.“ , sagte Coel.

,, Ich glaube Henry ist der letzte Mensch mit dem sie im Augenblick sprechen wollen.“ , warnte Steel ihn.,, Er gibt immer noch ihnen die Schuld.“

,, Das ist mir ziemlich gleich, sofern es ihn nicht davon abhält zu tun was nötig ist.“

,, Ich werde ebenfalls mit ihm reden müssen.“ , erwiderte Seyonn.

Steel stand auf. ,, Sie wissen hoffentlich was sie tun. Er sollte noch in seinem Büro sein, vermutlich streiten sich alle immer noch.“

,, Was ist mit meinen Leuten ?“ , fragte Coel.

,, Nun… das ist ein kleines Problem. Offiziell gibt es einen Haftbefehl gegen sie und jedes Crewmitglied der Kronos.“

,, Da ich noch keine Handschellen trage, nehme ich an, sie haben nicht vor, diesen Befehl auch zu vollstrecken ?“

,, Sagen wir einfach, wenn sie keine unnötige Aufmerksamkeit auf sich ziehen, dann kann ich eine Weile so tun, als würde das Schiff da draußen nicht hier sein. Und es…  vielleicht um ein paar neue Teile ergänzen. Sieht momentan noch ziemlich lädiert aus.“
,, Danke.“ Er stand ebenfalls auf und schüttelte Steels Hand, als dieser sie ihm hinhielt. ,,Ich weiß wir waren nicht immer derselben Meinung aber…“
,, Sorgen sie nur dafür, dass ich das nicht bereuen muss. Und jetzt raus mit ihnen. Watergate, sie bleiben.“ Wendete er sich an den Kommandanten, als dieser grade ebenfalls den Raum verlassen wollte.

Als Coel und die anderen verschwunden und die Tür wieder hinter ihnen zu gefallen war, setzte Steel sich erneut auf seinen Platz.

,, Ich weiß, in welcher Situation wir uns befinden.“ , begann er, ohne abzuwarten, das Watergate sich ebenfalls wieder hinsetzte. Die Speerspitze unserer Raumflotte ist zerstört und das was wir noch haben, ist  wie gesagt, weit verstreut. Das heißt ich kann nicht auf sie verzichten.“

,,Was genau bedeutet das also ?“

,, Sie bekommen ein neues Schiff unterstellt.“

,, Ich dachte momentan befänden sich praktisch keine in der Nähe.“

,, Nun theoretisch stimmt das.  Jedoch wird grade eines fertiggestellt. Wir begannen mit dem Bau, kurz nach dem Angriff auf die Erde.  Alles, was wir aus den Trümmern des Weltenschiffs bergen und lernen konnten, wurde verbaut.“

,, Und wie kommt es, das weder ich noch Coel oder sonst jemand davon wussten ?“ , fragte er mit einer Spur misstrauen.

,, Sie wissen es jetzt. Glauben sie wirklich ich informiere jeden darüber, wenn wir an einem völlig neuen Schiffstyp arbeiten?“

,, Nein Sir.“

,, Gut, dann machen sie sich abflugbereit.“

,, Ich dachte, dieses Schiff sollte zur Verteidigung der Erde dienen ?“

Steel schüttelte den Kopf. ,, Ein Schiff, gegen eine Via-Flotte… ihrem Bericht nach zur Folge wäre das als ob man einen Elefanten noch zusätzlich mit Mückenstichen reizt.“

,, Auch ein Elefant geht zur Grunde, wenn es nur genug Mücken sind.“

Steel lachte verhalten. ,, Vielleicht.  Nein, wenn die  Via hier auftauchen und das werden sie früher oder später, will ich alle wertvollen Schiffe möglichst aus der Schusslinie haben. “

,,Wenn wir sie überraschen können, haben wir eine bessere Chance.“ , stimmte Watergate zu. ,,Wohin ?“

,, Es gibt einen Sammelpunkt für alle zurückbeorderten Schiffe. Aber… nun ich kann ihnen nicht Befehlen das zu tun jedoch könnte es uns einige Vorteile bringen.“

,, Was denn ?“

,, Gegen die Via direkt vorzugehen hat keinen Sinn, aber gegen ihre Verbündeten sehr wohl.“ , erklärte Steel.

,, Die Tariden ?“ , wollte Watergate wissen. Sonst fiel ihm niemand ein, der in Frage käme.

,, Genau die. Ein paar kleinere Überfälle sollten sie dazu bringen, sich zweimal zu überlegen, ob es das Risiko wert ist, sich mit uns anzulegen.“

,, Gut, jedoch möchte ich anmerken, dass ich ihre Entscheidung Coel  auf freien Fuß zu lassen, nicht unterstütze.“

,, Und weshalb nicht ?“ , fragte Steel nach.

,,Ich kann sein Vorgehen nicht nachvollziehen und halte ihn, egal was er schon getan haben mag, für eine Potentielle Bedrohung.“
,, Sie haben ein Problem mit seinem Führungsstiel.“

,, Wenn sie es so nennen wollen Sir.“
,, Hier geht es aber längst nicht mehr darum, ob mir der Charakter von jemanden gefällt. Ich habe im Moment zu wenig Leute um jemanden wie Coel einfach wegzusperren Watergate, selbst wenn ich ihnen zustimmen würde.“

,, Verstanden.“

,, Gehen sie jetzt.“

,, Eine Frage noch. Wie heißt das Schiff?

,, Achilles.“

 

,, Ägir, sie und die anderen bleiben hier.“ , sagte Coel, als sie das Gebäude verließen. ,,  Es reicht wenn Seyonn und ich da draußen für Aufregung sorgen.“

Der Navigator nickte nickte. ,, Eine kleine Gruppe ist definitiv unauffälliger. Aber trotzdem gefällt es mir nicht, sie allein gehen zu lassen. “

,, Ich komme mit.“ , meinte Aine.

,, Tut mir echt leid, aber ein Artheraner ist nicht grade das, was ich als unauffällig bezeichnen würde.“ , bemerkte Martin.

Coel hatte erwartet, das Aine protestieren würde. Stattdessen trat sie jedoch einfach wieder ein paar Schritte zurück.

,, Okay…“ offenbar überraschte auch Martin das die Artheranerin so schnell aufgab.

,, Wir sind bald zurück.“ , sagte Seyonn, während sie sich langsam auf den Weg machten.

,, Viel Glück.“ Die Worte waren nur ein leises flüstern, veranlassten ihn aber trotzdem dazu sich noch einmal umzudrehen.

,, Danke, ich schätze das können wir alle brauchen.“  Er hätte gerne noch mehr gesagt, das Schweigen durchbrochen, das zwischen ihnen stand. So aber zwang er sich lediglich zu einem müden Lächeln, bevor er sich wieder umdrehte und Seyonn folgte.

 

Sie verließen das umzäunte Gelände, bei dem es sich wie Coel jetzt erkannte tatsächlich um einen Landeplatz für Schiffe der GTDF  handelte. Als sie die großen Gattertore passierten rechnete er schon damit, dass jemand sie aufhalten und nach Ausweisen oder einer Genehmigung fragen würde, aber nichts dergleichen geschah. Die beiden passierten das kleine Wachhaus  ohne dass der Wachhabende sie auch nur beachtet hätte.

,, Eins muss man Steel lassen, er hält Wort.“ , sagte Seyonn, als sie auf die Straße hinaus traten.

,, Ja. aber das nützt uns nichts, wenn uns jemand hier draußen entdeckt.“ Er sah sich ein wenig um. Sie befanden sich am Rande eines Ausläufers der Stadt. Hier gab es größtenteils nur etwas heruntergekommene Wohnhäuser und ein paar Geschäfte, die um diese Zeit allerdings alle bereits dunkel und verlassen waren.

Es war nicht ungefährlich sich nach Tagesende so weit von den hell erleuchteten und sicheren Stadtzentren aufzuhalten, aber er hoffte, dass sie keine Probleme bekommen würden. Und wenn doch… sollten ein bewaffneter Mensch und der Vertreter der Unity damit fertig werden können.

,, Ich war hier schon mal.“ , sagte Coel. ,, Ein Stück die Straße runter gibt es eine Metro-Station. Von dort aus kommen wir am schnellsten ins Stadtzentrum.“

Tatsächlich erreichten sie nach einigen Minuten, die sie schweigend durch die im halbdunklen liegenden Straßen gelaufen waren eine Treppe, die unter die Straße führte.

 Einige an der Wand montierte Lampen spendeten genug Licht umsehen zu können, auch wenn hier und da eine durchgebrannt war und die metallenen Stufen im Dunkeln lagen.

Coel konnte ab und zu Gestalten im Dunkeln sehen, die zusammengekauert auf den Stufen saßen.

Manche schienen zu schlafen, andere sahen kurz mit ausgebrannten leeren Augen zu ihnen auf bevor sie sich wieder wegdrehten. Hier unten sammelten sich Nacht für Nacht die ärmsten der Armen, Drogenabhängige, Obdachlose und manchmal auch zwielichtiger Gestalten. Wirklich Gefährlich waren sie nicht, so sehr waren sie damit beschäftigt irgendwie zu überleben, dass es schon einen besonderen Anlass erforderte, ihre Aufmerksamkeit zu wecken.

Eine Absperrung trennte den Warteraum vom eigentlichen Bahnsteig, den man nur mit einem gültigen Ticket betreten konnte. Eigentlich…

,, Seyonn, sie kriegen das doch auf ?“ , fragte Coel, als er vor den geschlossenen Glastüren stehenblieb. Der Bahnsteig selbst lag verlassen da und der nächste Zug würde wohl noch einige Minuten auf sich warten lassen. Einige leere Bänke standen herum, nur auf einer saß jemand mit dem Rücken zu ihnen. Er würde hoffentlich nichts merken.

,, Sie haben keine Tickets?“

,, Darum geht’s nicht, aber die sind mit einer persönlichen Identifikation verknüpft, das heißt, sobald ich diese Tür öffne, weiß sofort jemand, wer ich bin und wo. Das sollten wir vermeiden.“

,, Nun gut.“ Seyonn hielt einfach eine Hand vor den Scanner. Einen Augenblick lang geschah nicht dann glitten die Glaspaneele bei Seite und ließen sie passieren.

,, Ich frage erst gar nicht wie sie das angestellt haben.“ , meinte Coel, während sie den leeren Raum betraten.

 Er warf einen schnellen Blick auf die Anzeigetafel und sein Verdacht bestätigte sich. Die nächste Magnetschwebebahn würde noch gut zwanzig Minuten brauchen. Die Bahnen selbst wurden völlig automatisch gesteuert und pendelten fast rund um die Uhr. Ein Grund dafür war, dass der Großteil des Personentransports auf der Planetenoberfläche  mittlerweile mit öffentlichen Transportmitteln abgewickelt wurde. In den Städten selbst fand man praktisch keine Autos oder ähnliches mehr, lediglich bei kürzeren Reisen wurde noch auf Motorkraft zurück gegriffen, dann allerding auch meist in Form von Bussen.

,, Sie mal einer an. Das nenne ich einen Zufall.“

Coel drehte sich langsam zu der Gestalt im Kapuzenpulli auf der Bank um. Er hatte gar nicht mehr auf den Mann geachtet. Jetzt allerdings erkannte er die Stimme wieder.

,, Marcks.“

,, Sie kennen ihn ?“

,, Wir sind uns… ein paar Mal begegnet. Er hat mir geholfen die Kronos zu stehlen.“ , erklärte Coel.

,, Was allerdings noch immer nicht erklärt, was sie hier machen. Woher wussten sie dass ich hier sein würde? Und woher wussten sie überhaupt so schnell, das ich wieder auf der Erde bin?“

,, Das wusste ich nicht. Ich würde sagen, das war einfach nur Glück.“ , erklärte der Mann

,, Und das soll ich ihnen jetzt  einfach so glauben ?“

,, Sie sollen überhaupt nichts, glauben schon gar nicht. Wir haben ein paar Minuten und ich wollte die Gelegenheit nutzen, mich mit ihnen zu unterhalten.“ Die Kapuze seiner Kleidung verbarg einen Großteil von Marcks Gesichtszügen als er aufstand.

,, Schön, was wollen sie ?“

Kapitel 21 Eos

Nur die Positionslichter des landenden Shuttles durchbrachen die Dunkelheit zwischen den seltsam verschlungenen Bäumen.

Coel warf einen Blick aus dem kleinen Sichtfenster und versuchte etwas zu erkennen, aber das Blätterdach, das sie soeben durchbrochen hatten schluckte das restliche Licht.

Stattdessen drehte er sich zu Aine um. Ein schwaches Lächeln stahl sich auf sein Gesicht.

Viel zu schnell hatten sie sich wieder voneinander lösen müssen. Viel zu schnell hatte ihn die Wirklichkeit wieder gehabt.

Sie erwiderte das lächeln, bevor er aufstand und durch den Laderaum zum Platz des Piloten ging, wo Martin saß und misstrauisch ins Dunkel starrte. Sie waren noch einige Meter über dem Boden.

,, Das gefällt mir überhaupt nicht.“ , murmelte er.

,, Sie hätten auf dem Schiff bleiben können.“

,, Bei Ägir und Hal ? Nein danke, ich verzichte. Im Vergleich zu einer KI und einem schweigsamen Alten sehen wütende Artheraner plötzlich richtig freundlich aus.“

Das Shuttle setzte mit einem kurzen Ruck auf dem Boden auf. ,, Also dann…“ Auf den Sitzbänken hinter ihm stand Adams auf und überprüfte ein letztes Mal einen kleinen Rucksack mit Ausrüstung.

 ,, Können wir ?“

Cole nickte.

 

Er war der erste, der nach draußen trat. Die Nachtluft roch nach dem Harz der Bäume… und noch etwas anderem. Rauch, dachte Coel. Entweder brannte es in der Nähe, oder  es hatte erst vor kurzem ein Feuer gegeben. Er nahm die Kontaktlinse aus dem Auge. Sofort passten sich die kybernetischen Implantate an die Dunkelheit an und erlaubten ihm, nach dem Flackern eines Feuers oder den roten Lichtpunkten von Glut zu suchen.

,, Riecht sonst noch jemand den Rauch ?“ , fragte Martin, der nun ebenfalls gefolgt von Adams aus dem Shuttle trat. Er schaltete eine Stirnlampe ein und begann wie Coel die Umgebung abzusuchen.

,, Vermutlich von den Werften.“ , erwiderte Aine.

,, Werften ?“

,, Natürlich, oder glauben sie , wir haben unsere Schiffe gefunden ?“
,, Und sie testen die Triebwerke wohl im freien ?“ , fragte Adams. Die meisten Schiffe benutzten  als Hauptantrieb  für das Vorankommen innerhalb eines Systems entweder  die altbewährten Wasserstoffantriebe, die die billigere alternative darstellten, oder Ionenantriebe, die teurer waren, dafür allerdings auch leistungsfähiger. Einen davon allerdings auf einem Planeten zu zünden würde alles im Umkreis von mindestens hundert Metern verbrennen.

,, Die Pflanzen hier wachsen sehr schnell. Ohne Brandrodung wäre der ganze Planet innerhalb weniger Wochen wieder Zu gewuchert. So lösen wir zwei Probleme auf einmal.“

,, Klingt nicht grade nach dem idealen Ort um sich anzusiedeln.“ , bemerkte Seyonn.

,, Eigentlich doch, wir mussten nur etwas improvisieren.“ , erwiderte Aine.

,, Also dann, ich schätze wir bekommen doch kein Empfangskomitee.“ . meinte Coel nachdem er sich noch etwas auf der Lichtung umgesehen hatte. In der Dunkelheit konnte er nirgends ein Zeichen dafür entdecken, das sich jemand außer ihnen in der Nähe befand. 

Ein verschlungener, offenbar erst vor kurzem Freigeschlagener, Weg führte zwischen den Bäumen hindurch und verschwand in der Finsternis. ,, Gehen wir.“

,, Wenn ich mich nicht irre, sollte sich in der Richtung eine Siedlung befinden.“ , sagte Aine und deutete den Weg entlang.

,, Wie viele Siedlungen oder Städte gibt es denn auf dem Planeten ?“

,, Ein paar hundert, aber die meisten sind weit verteilt. “ , antwortete die Artheranerin , während sie dem Pfad zwischen den Bäumen hindurch folgten.

,, Stellt das kein Problem für sie da ?“ , fragte Adams, der das Schlusslicht der Gruppe bildete.

,, Wieso sollte es ? Wir haben Schiffe und Funk. Innerhalb von zwei Stunden können wir selbst den letzten Außenposten über Neuigkeiten informieren.“

,, Neuigkeiten wie uns.“ , sagte Martin düster. Er sah zurück zum Shuttle, dass im Schein der Lampe bereits kaum noch zu erkennen war.  Irgendwie hatte er das Gefühl beobachtet zu werden, aber…

Da draußen war nichts, beruhigte e sich selbst. Wenn die Artheraner sie hätten töten wollen, dann hatten sie jetzt ausreichend Gelegenheit dazu.

Trotzdem konnte er das ungute Gefühl von einem paar Augen in der Dunkelheit nicht abschütteln.

Ewas summte an seinem Kopf vorbei und er schlug danach.

,, Was ist los ?“ , fragte Coel, als er merkte, dass Martin stehen geblieben war.

,, Mücken Coel, riesige Mücken.“ , erwiderte er.

Sie waren gut eine halbe Stunde unterwegs, als sie die Bäume hinter sich ließen. Ohne Vorwarnung hörte der Pfad durch das Unterholz auf und wichen die Palisadenartigen Bäume zurück.

Eine weite offene Fläche lag vor ihnen, in den nur noch vereinzelte Bäume standen.

 Stattdessen bedeckte knöchelhohes Gras den Boden, der aus einer dunklen Ascheschicht bestand, vermutlich ein Überbleibsel der Brandrodungen von denen Aine gesprochen hatte. Und in einiger Entfernung schimmerten die unverkennbaren Lichter einer Ansiedlung.

 Es sah wie ein Sammelsurium aus verschiedensten Baustilen aus. Er erkannte die silbrigen, die Bäume überragenden  Strukturen die so typisch für eine Stadt auf er Erde gewesen wären, daneben aber auch kleinere Hütten… und manche der Gebäude schienen sich tatsächlich Inn oder auf einigen der umliegenden Bäume zu befinden.

Das Ganze wirkte aus der Ferne wie eine surrealistische Mischung aus Holz und Stahl.

Noch konnte Coel nicht mehr erkennen aber die gesamte Umgebung war von oben in ein silbriges Licht getaucht, heller als er es gewohnt war. Als er nach oben sah blendete es ihn nach der Zeit im Dunkeln sogar kurz.

,, Drei Monde.“ , stellte Martin fest und sprach damit seine Gedanken aus.

,, Eigentlich sind es sogar vier. Der vierte befindet sich nur immer auf der Tagseite des Planeten.  Ich sagte doch es wird nicht dunkel.“ , meinte Aine.

,, Ein Rotationsgebundener Mond  wirklich ? Das ist ungewöhnlich.“ Seyonn sah auf zu den drei hellen Kugeln am Himmel. ,, Sogar sehr ungewöhnlich.“

 

Nathan Teach sah auf einen der Bildschirme im Kommandozentrum der Kronos, das den Planeten zeigte.

,, Haben sie sich schon gemeldet ?“ , wollte der Arzt wissen.

,, Noch nicht, aber sie sind auch erst eine Stunde weg. Wenn Coel oder die anderen Schwierigkeiten hätten, wüssten wir das vermutlich auch schon.“ , antwortete Ägir.

,, Es wäre unwahrscheinlich, das uns die artheranische Flotte in diesem Fall verschonen würde.“ , meinte Hal.

,, Danke, jetzt geht es uns allen doch gleich viel besser. “ , erwiderte Nathan. ,, Vermutlich nicht, außer sie würden sich gerne das modernste Schiff der Erde etwas näher ansehen.“

,, Hmm…“

,, Was ?“

,, Ich frage mich, wie viel Technologie die Artheraner selbst gestellt und wie viel die Via dazu beigesteuert habe.“ , sagte Ägir. ,, Ich schätze mal das meiste hatten sie mehr oder weniger von uns übernommen. Wir haben hunderte von Landungsschiffen auf Artherium verloren. Sie brauchten nur hingehen und die Technologie kopieren.“ ,

Was folgte waren einige Minuten des Schweigens, in denen  er wiederholt Position und Geschwindigkeit des Schiffs überprüfte. Eigentlich sinnlos, aber sonst gab es praktisch nichts zu tun.
Auf der gesamten Kronos gab es nicht viel zu tun.

Die normale Wartung wurde größtenteils von der verbliebenen Crew erledigt und die kleineren nötigen Kurskorrekturen um im Orbit des Planeten zu bleiben erledigte Hal automatisch.

,, Verflucht, es gibt’s nichts Schlimmeres als warten.“ , meinte Teach nach einer Weile.

,, Warten sies ab, bis uns ein Via-Schiff begegnet oder Coel uns wieder in irgendeine andere halsbrecherische Aktion manövriert.  Dann werden sie die Ruhe vermissen. Nicht das ich etwas dagegen hätte. Der Mann ist ganz sicher  verrückt, aber auf die gute Art.“
,,  Das kann ich mir vorstellen. Wissen sie, ich sehe die Leute, die bei solchen Aktionen verletzt werden und jedes Mal wünschte ich mir , jemand könnte mir erklären, wer einem Menschen das Recht gibt andere in den Tot zu schicken oder für sich kämpfen zu lassen.“ , meinte Teach.

,, Ich weiß es nicht. Sie waren doch auch im Kampf. Vielleicht gehorchen manche einfach gerne, ohne sich Gedanken zu machen?“

,, Ja, aber ich habe nie getötet. Dazu konnte mich auch kein Befehl bewegen.“ Er sah kurz auf. ,, Auch wenn meine Einstellung zu der ein oder anderen Schlägerei führte. Am Ende war  immer ich es, der sie danach alle wieder zusammengeflickt hat.“

,, Und trotzdem haben sie ihre Dienste dem Militär angeboten. Sie hätten auf der Erde bleiben können, eine Praxis eröffne, oder bei einer Klinik anfangen.“ , meinte Ägir.
,, Das mag sein, aber ich bin doch wohl verpflichtet dort zu sein, wo ich wirklich gebraucht werde. Zumindest habe ich das immer so gesehen.“

,, Und sie hatten vermutlich recht damit.“ , erwiderte Ägir. ,, Was allerdings nicht zufällig der Grund ist, warum sie jetzt auch hier sind ?“

,, Nun, angesichts der Umstände, könnte ich mir keinen besseren Platz für einen Arzt vorstellen.“  Teach lachte.

,, Statistisch gesehen haben wir weniger verletzte als 43 % der restlichen Erdflotte.“ , mischte sich Hal ein.

,, Statistisch hm ? Wollten sie nicht anfangen etwas mehr aus eigenen Beweggründen zu entscheiden.“

,, Würde ich das tun, hätte ich das Schiff abgeriegelt und sie alle an den Rand des Universums gebracht.“

,, Ich nehme einfach mal an, das soll heißen, sie machen sich Sorgen um uns.“ , sagte Ägir unbekümmert.

,, Sorge ist eine menschliche Empfindung. Ich würde lediglich mit höherer Leistung arbeiten, wenn ich nicht über so viele Probleme nachdenken müsste. Es wäre also logisch die Auslöser für Probleme zu reduzieren.“

,, Natürlich Hal, natürlich.“
in diesem Moment klapperte irgendetwas in einem Lüftungsschacht über ihnen.

Teach seufzte. ,, Hatte Adams das Vieh nicht eingefangen ?“

,, Wie war das eben noch mit Langeweile ?“

 

 

Coel sah mit zunehmenden Unglaube zu den Bäumen und Gebäuden auf, denen sie mittlerweile schon ein beträchtliches Stück näher waren. Die ersten kleineren Häuser standen bereits einen guten Kilometer vom eigentlichen Zentrum der Siedlung, dort wo die  Gebäudefassaden in die Höhe ragten, die ihn so an die Erde erinnerten.

Hinter den Fassaden stieg Rauch auf und immer noch erfüllte schwacher Brandgeruch die Nachtluft. Nach Aines Aussage zu urteilen, mussten sich hinter der Siedlung, oder der Kleinstadt, wohl die Schiffswerften befinden.

Es schein tatsächlich so, als hätten einige Artheraner  die umstehenden Bäume einfach als Gerüst für ihre Bauten genutzt und diese darum herum, oder sogar direkt in die Baumkronen gebaut. Brücken aus Seilen und Metallstreben verbanden einige dieser Bauten miteinander.

 Vielleicht, überlegte Coel, bildeten diese zusammen eine Wohngemeinschaft oder ähnliches.

 Neben diesen primitiv wirkenden Bauten führten Stromleitungen, zumindest hielt er es dafür, durch die Bäume, die weiter in Richtung Zentrum der Siedlung auch über  wohl zu diesem Zweck aufgebaute Masten liefen. Hier und da waren in den Bäumen oder entlang der Stromleitungen Lichter angebracht, die die Umgebung fast taghell erleuchteten. 

Von oben musste das ganze aussehen wie ein heller silberner Fleck umrundet von einem grün-braunen Ring aus Bäumen und Hütten.

,, Auf Artherium ist mir so etwas nie untergekommen.“ , sagte Martin.

,, Wie gesagt, es gab viele Veränderungen. Auch wir sind nicht immer ganz einer Meinung und das beginnt teilweise schon beim Baustil. Auch wurden viele der neueren Gebäude erst errichtet, nachdem die Via uns ein Angebot gemacht hatten. “ , erklärte Aine.

Coel sah das jemand aus Richtung der Stadt auf sie zukam.

,, Sieht aus als bekommen wir Besuch.“ 

,, Es hätte mich auch gewundert, wenn man uns einfach so in die Stadt lässt.“ , meinte Seyonn.

Es war ein Artheraner in beigefarbener Kleidung. Coel musterte den Mann einen Moment, aber er schein unbewaffnet zu sein.

,, Halt.“ , wies er sie an.

,, Nette Begrüßung.“ , erwiderte Martin.

,, Seit froh, dass man euch überhaupt hierher lässt. Wer weiß was Vaas dazu treibt euch auch nur anzuhören.“

Coel erkannte die Stimme des Mannes als die desjenigen wieder, mit dem sie schon über Funk gesprochen hatten. Offenbar schmeckte es ihm gar nicht, sie jetzt ,mehr oder weniger, auch noch willkommen heißen zu müssen.

,, Was ihr denkt oder meinst ist irrelevant.“ ,wies Aine den Artheraner zurecht. Weshalb seit ihr hier?“  , wollte sie wissen.

Coel sah einen Moment verwirrt drein. Es sah ihr gar nicht ähnlich so mit jemand zu reden.

Für sie musste das alles noch viel schwerer sein als für ihn.

Coel war für diese Leute lediglich ein Fremder… aber Aine war für sie eine Verräterin, jemand dem man selbst  auf der Straße auswich, wenn es möglich war.

Der Artheraner reagierte nicht einmal auf ihre Frage.

,, Warum seit ihr hier ?“ , wiederholte Coel die Frage, nachdem er sich sicher war, das Aine keine Antwort bekommen würde.

,, Ich soll sicherstellen, das ihr den Weg findet.“

,, Dann geht voraus.“

,, Ich denke nicht einmal dran. Ihr könnt die großen Gebäude im Zentrum selbst mit euren schlechten Augen sehen Mensch.  Dort wartet man auf euch.“

Offenbar bereitete es dem Mann eine gewisse Genugtuung, sie jetzt einfach selbst ihren Weg finden zu lassen. ,, Und eine Warnung noch Mensch, wo auch immer du gehst, geh leise. Wir sind näher als du denkst und unsere Klingen sind scharf.“

,, Ich habe nicht vor Ärger zu machen.“ , antwortete Coel.

,, Und wir auch nicht.“ , fügte Adams hinzu.

,, Das hoffe ich, um euren Willen.“

,, Keine Sorge.“ , meinte Seyonn. ,, Vertraut mir.“

Der Artheraner musterte Seyonn einen Moment. Er brauchte wohl nicht lange um zuerkenne, das es sich bei ihm um keinen wirklichen Artheraner handelte, erwiderte aber nichts, sondern ließ sie passieren.  

Kapitel 22 Vaas

Sie begegneten niemand, als sie den ausgetretenen Wegen weiter ins Herz der Siedlung folgten. Martin sah sich wiederholt um, weil er immer noch dieses Gefühl hatte, beobachtete zu werden, jetzt sogar noch stärker als im Wald. Und irgendwie bedrohlicher.

Was sie da draußen auch beobachtet hatte, war allein gewesen. 

Hier jedoch spürte er blicke wie kleine Nadelstiche auf sich ruhen.  Alles in ihm schrie danach, in Deckung zu springen,  so schnell wie möglich zu verschwinden oder ihre Beobachter aus dem Versteck zu locken.

 Im Licht der Monde weiß schimmernder Nebel trieb über den Boden.

Aber so oft er sich auch umsah,  da war niemand. Hinter ihnen war alles dunkel. Vermutlich schliefen auch die meisten Artheraner noch… die meisten, eine Bewegung in einem nur schwach erleuchteten Fenster zog seine Aufmerksamkeit auf sich, aber sicher nicht alle. Bei einer 48-Stunden Nacht würden sicher einige wach sein.

Er war mit Adams ein Stück hinter Coel und Aine zurück geblieben.

,, Ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache.“ , meinte er, während er erneut zurück sah. Seyonn bildete das Schlusslicht der Gruppe und schein sich offenbar keine Sorgen zu machen.

,, Was sie nicht sagen.“ , erwiderte Adams. ,, Aber immerhin… wir leben noch. Also können wir davon ausgehen, dass unsere Freunde da draußen“ , er machte eine ausladende Handbewegung. ,, Ja ich weiß das ihr da seid,  uns nicht töten wollen. Sonst hätten sie es bereits.“

,, Das können sie mir so oft sagen wie sie wollen. Ruhiger werde ich davon auch nicht.“

,, Sehen sie es doch positiv. Die haben keinen Grund auf uns beide sauer zu sein.“

,, Ich habe ihren Planeten gesprengt.“ , sagte Adams.

,, Ok, das ist möglicherweise ein kleiner Minuspunkt.“

Sie hatten mittlerweile die äußeren Stadtbezirke hinter sich gelassen und das Zentrum der Siedlung erreicht.  Zwischen den einzelnen Bauten aus Stahl und Glas lagen große freie Flächen. Und hier begegneten ihnen endlich auch die ersten Artheraner. Einige dutzend Gestalten, die sich unterhielten oder geschäftig über die Plätze hin und her eilten. Aber sämtliche Gespräche endeten fast schlagartig, als die vier Fremden bemerkt wurden. Stattdessen strebte die Menge beinahe wie auf ein stummes Signal hin auseinander um ihnen Platz zu machen. Erstaunlicherweise schienen die wenigsten verärgert oder wütend zu sein. Ihre Gesichter, soweit Martin das bei einem Artheraner einschätzen konnte, zeigten vermehrt erstaunen und… etwas wie Neugier. Aber keinen Hass und Abneigung, wie er erwartet hatte.

 

 

,, Wie geht es dir ?“ , fragte Coel leise, während sie durch die stillen Straßen liefen, die sich langsam mit immer mehr Schaulustigen füllten. Seltsam genug, das keiner davon ihnen gegenüber Feindselig zu sein schien. Er wagte es nicht laut zu sprechen und das Schweigen das über der Menge hing zu beenden.

,, Ich habe mir… immer vorgestellt, was mich wohl erwartet, sollte ich es je wagen nach Eos zurück zu kehren. Das hier ist so in etwa die letzte Möglichkeit, die mir eingefallen wäre.“

,, Na ja, zumindest weiß ich jetzt wie das auf der Erde für dich sein muss.“ , erklärte er.

,, Das ist nicht wirklich dasselbe.“ , erwiderte Aine.

,, Nein ?“ , fragte Coel.

,, Ihr Menschen beobachtet nicht. Ihr dreht euch kurz um und seit dann wieder zu beschäftigt euch wirklich länger mit irgendetwas aufzuhalten.“

,, Und ihr nicht ?“

Aine schüttelte den Kopf, hielt dann aber mitten in der Bewegung inne. Zur Verneinung den Kopf zu schütteln war eine viel zu menschliche Geste. ,, Sieh dich um. Sie beobachten.“

Und das tat er. Tatsächlich schien sich die Aufmerksamkeit aller Artheraner auf die Fremden zu fokussieren. Und auch wenn die meisten nur Neugier zeigten… Coel brauchte sich nur kurz umzusehen, um bereits fünf Bewaffnete in der Menge auszumachen.

,, Ich halte fest, ich werde definitiv nicht gerne angestarrt.“ , meinte er.

Wenigstens war es kein Problem mehr für sie ihren Weg durch die Siedlung zu finden. Die Artheraner bildeten eine Gasse direkt in Richtung des zentralen Turms. ,, Hast du eine Ahnung, was das alles soll ?“ , fragte er.

,, Nein. Und das gefällt mir nicht.“

Coel wollte ihre Hand nehmen, hielt dann aber inne. ,, Was auch immer passiert, ich bin da.“

,, Mach dir lieber mehr Sorgen um dich selbst.“ , antwortete Aine.

Weiter vorne gab es einen kleinen Tumult, als sich ein einzelner Artheraner sich nach vorne drängte.

,, Lasst mich durch.“ Coel kniff misstrauisch die Augen zusammen, als er erkannte, wer sich ihnen näherte. Und verfluchte sich selbst innerlich, den Mann gerettet zu haben.

 Das bedeutete Ärger, wie im Instinktiv klar wurde. Zur Beruhigung tastete er nach dem versteckten Revolver unter seiner Kleidung. Er hatte nicht vor jemanden zu töten, wenn es nicht nötig war, aber er würde auch nicht zögern.

,, Skelaw wenn ich mich richtig erinnere“ , meinte Coel und bemühte sich ruhig zu klingen. Der Mann schien bis auf ein Messer unbewaffnet zu sein.

,, Das solltet ihr besser.“

,, Hört her, ich bin weder hier um einen Streit anzufangen, noch habe ich es vor.“ , sagte Coel mit einem warnenden Unterton.

,, Das habt ihr bereits.“

,, Ernsthaft ?“ Coel seufzte. ,, Wenn ich euch irgendwie beleidigt habe, dann tut mir das wirklich leid, aber alles was ich getan habe, war euch und eure gesamte verdammte Besatzung vor dem Erstickungstod zu bewahren. Das nächste Mal sehe ich davon ab wenn ihr euch dann besser fühlt.“

,, Könntet ihr vielleicht damit aufhören ?“ , schaltete sich Aine ein.

,, Gerne.“ , erwiderte Coel.

,, Ich meine euch beide.“

,, Und ihr glaubt das ihr hier einfach so auftauchen könnt  Verräterin ? ich weiß nicht was Vaas dazu bewegt hat, euch auch nur am Leben zu lassen, aber…“

,, Skelaw. Euer Linja oder Hausherr wäre doch sicher nicht erfreut, wenn ihr seine Befehle missachtet, oder?“ , fragte Seyonn, der endlich zu ihnen aufgeschlossen hatte.

,, Ihr habt mir gar nicht zu sagen… Ding.“

Seyonn trat gespielt dramatisch einen Schritt zurück. ,, Man hat mich schon als vieles beschimpft mein Freund, in beinahe allen Existenten Sprachen, aber nicht als Ding.“

Er starrte Skelaw jetzt direkt in die Augen. ,, Soll ich das einfach ignorieren ?“ Seyonns metallische Augen funkelten gefährlich und kurz trat Angst in Skelaws Züge.

Die Unity war nicht dafür bekannt gewalttätig zu sein… aber eine solche unverhohlene Drohung war genug um selbst  die abgehärteten Lebewesen  Mores zu lehren.

Dem Artheraner musste klar sein, wenn dieses Wesen ihn töten wollte würde es das auch. Ohne einen Moment zu zögern.

,, Ich habe keinen Streit mit euch.“ , erwiderte Skelaw ruhig. Trotzdem trat er sicherheitshalber ein gutes Stück zurück. Seyonn wiederum schloss sofort wieder zu ihm auf. Leise, so leise, das es niemand sonst hören konnte flüsterte er : ,, Ich sage euch das einmal und ich sage es euch im guten. Ihr werdet jetzt zur Seite treten und langsam verschwinden. Ich werde im Gegenzug so tun, als würdet ihr nicht existieren.“

,, Was geht hier vor ?“ Seyonn sah auf und entdeckte einen weiteren Artheraner, der auf sie zukam, diesmal allerdings in Begleitung von zwei Wachen, in denselben zusammengewürfelten Uniformen, wie sie auch die Besatzung der Assailant trug.

,, Seyonn, lassen sie ihn.“ , meinte Coel, der angespannt in Richtung des Neuankömmlings sah. Die Menge um sie herum hatte er zwischenzeitlich völlig ausgeblendet.

Der fremde Artheraner musste wohl schon älter sein. Eine silbrig graue Haarmähne umspülte seinen Kopf wie ein seltsamer Heiligenschein und zwei eisige, fast farblose Augen musterten die fünf mit einem unverhohlenen, fast raubtierhaftem, Interesse.

,, Na schön.“ Seyonn trat rasch ein paar Schritte zurück und Skelaw verschwand schnell zwischen den umstehenden Artheranern.

,, Der kommt wieder.“ , meinte er nur düster.

Coel  wendete sich dem alten Artheraner zu.

,, Ich bin Vaas Katlaron.“ , stellte er sich vor.

,, Ich bin Rafail Coel und das…“

,, Ist nicht wichtig.“ , brachte Vaas den Satz für ihn zu Ende. ,, Ihr seid hier, weil mir versichert wurde, das ihr eine wichtige Nachricht überbringt.“ Vaas sprach langsam, aber deutlich, so als müsste er über jedes Wort nachdenken. Was vielleicht auch der Fall war, überlegte Coel.

Nicht alle Artheraner beherrschten die menschliche Sprache wohl so sicher wie Aine.

,, Das stimmt. Allerdings würde ich es vorziehen, das nicht unbedingt auf der Straße zu besprechen.“ , erwiderte Coel. Es fiel ihm selbst schwer, in der Gegenwart des Artheraners ruhig zu bleiben.

 Die silbergraue Gestalt strahlte eine Autorität aus, die er selbst bei Steel oder Wilkonson vermisste.

,, Natürlich. Ich kann ohnehin nicht allein darüber entscheiden.“ , sagte Vaas schließlich. Sein Blick blieb einen Moment an jedem der fünf hängen.

,, Folgt mir.“ Er machte eine kurze Pause, dann erst, so schien es, bemerkte er die Menge, die sich um sie versammelt hatte. ,,Ihr könnt gehen.“ , wies er die Umstehenden Artheraner an. Einige zögerten zuerst, doch dann lösten sie sich doch aus ihrer Erstarrung und verschwanden entweder in den Gebäuden, oder in den  von Laternen erleuchteten Straßen.

Vaas führte sie, noch immer Begleitet von seinen zwei Wachen, die letzten Meter bis zum Zugang des großen Zentralen Gebäudes. Solange man direkt davorstand, konnte man fast meinen sich auf der Erde zu befinden. Ein großer Platz vor dem Gebäude war  wie ein Park gestaltet worden.

Ein Ring aus Pflastersteinen umgab einen offenen Bereich, in dem sich neben einem kleinen Brunnen auch zahlreiche Pflanzen befanden. Blumen, aber auch schlichte Gräser und einige Baumsetzlinge. Es schein, als hätte man diese Fläche einfach sich selbst überlassen.

 Der eigentliche Bau war gut hundert Meter hoch und verfügte, wie Coel feststellte über keine Türen oder ähnliches. Die unterste Etage war fast vollkommen offen und nur auf einer einzigen Seite durch eine Glaswand begrenzt. Statt Wänden trugen Reihen von parallel angeordneten Säulen den darüber liegenden Turm, der über eine Freitreppe zu erreichen war.

,, Das ist großartig.“ , sagte Martin, der sich staunend in der Halle umsah. ,, Wozu dient das Ganze ?“

,, Dies ist der Sitz des artheranischen Rats.“

,, Rats ?“ , wollte Adams wissen. ,, Soweit ich weiß hattet ihr eine Aristokratie.“

,, Nach dem Krieg mussten wir uns völlig neu organisieren. Die meisten unserer Anführer waren tot. Nachdem klar wurde, das Artherium für uns verloren war wählten wir aus jedem der Überlebenden vier Häuser, Katlaron ,  Kaladar , Krodis und Khyron, einen Vertreter.“

,, Und ihr seid der Vertreter eures Hauses ?“ , fragte Coel. Er wusste nicht, wie viele Artheranische Häuser es auf Artherium gegeben hatte, aber vier klang so oder so nicht viel. Aber… da war noch etwas, das ihm unklar blieb. Aine gehörte zu keiner der genannten Familien. Und wenn es noch ein Haus gab… wieso sollte es dann nicht vertreten sein?

,, So ist es. Und deshalb muss ich mich für Skelaws Verhalten entschuldigen. Er ist noch jung, er wird es lernen.“

,, Ihr entschuldigt euch für ihn ?“ , fragte Coel überrascht.

,, Wir sind nicht mehr alle der Meinung, dass Menschen zwingend unsere Feinde sind. Auch wenn es immer noch einige“ , Vaas  schien das passendes Wort zu suchen, ,, Hardliner gibt.“

,, Und ihre Einstellung ?“ , fragte Seyonn.

,, Ich bilde mir meine Meinung noch.“ , erwiderte er.

,, Sieht aus, als war ich wirklich zu lange nicht mehr hier.“ , bemerkte Aine, als sie Vaas die Treppe hinauf folgten.

Coel ließ sich ein Stück zurückfallen, bis er unbemerkt mit Seyonn reden konnte.

,, Was sollte das eben ?“ , fragte er.

,, Ich habe verhindert, dass sie oder Skelaw eine Schlägerei anfangen.“ , erklärte er ruhig. Nicht verriet mehr dass er eben noch jemand mit dem Tod gedroht hatte.

,, Sehe ich so aus, als würde ich es darauf anlegen ?“

,, Sie vielleicht nicht, aber Skelaw ganz sicher.“

Coel schwieg einen Moment, bevor er zum eigentlichen Grund kam, weshalb er mit dem Unity-Abgesandten hatte reden müssen.

,, Sie müssten zurück zur Kronos und etwas für mich bauen. Ägir kann ihnen dabei vielleicht helfen.“

Er erklärte kurz, was er vorhatte.

,, Was zur…“

,, Das Archiv… ich habe immer noch so viele… Splitter im Kopf.“

,, Rechnen sie mit Ärger ?“

,, Nicht wirklich, aber wenn man nicht auf mich hört… wir brauchen es vielleicht, wenn nicht auf Artherium dann sicher später.“

,, Und sie hätten gerne einen Trumpf in der Hand, verstehe.“ Sie blieben stehen. ,, Sie kommen alleine zurecht ?“

Coel zuckte mit den Schultern. ,, Bisher läuft alles besser als erwartet.“
,, Gut, dann gehe ich zur Kronos zurück. Aber seien sie Vorsichtig.“

,, Das bin ich immer.“ , meinte er, während er wieder zu Vaas und den anderen aufschloss.

Kapitel 20 Kontakt

Coel hatte die Treppe genommen um etwas Zeit zum Nachdenken zu haben.

,, Aine ist seit zehn Minuten hier.  Sie sind ziemlich spät.“ , bemerkte Hal, als er das erste Deck erreichte.

,, Und muss mir von meinem Schiff sicher keine Vorhaltungen machen lassen.“ , erwiderte Coel. Er hatte tatsächlich länger gebraucht. Zu Viele Gedanken beschäftigten ihn gleichzeitig. Zu viele Probleme... und ein unbestimmtes Gefühl, das er sich noch weigerte anzuerkennen.

,, Also wie sieht es aus ?“ , fragte er. Aine sah einen Moment zu ihm herüber. Die blaue Blume hielt sie noch immer in der Hand.

,, Alles in Ordnung mit ihnen ?“ , wollte Martin wissen.

,, Mir geht’s bestens.“ , erwiderte er.

,, Nun gut…“ Ägir schien einigermaßen verwirrt. ,, Wir sind mittlerweile nah genug am Planeten für eine Verzögerungsfreie Kommunikation. Ich wollte allerdings warten bis sie hier sind. Es gibt ein paar Schiffe im Orbit, aber bisher lassen auch die uns noch in Ruhe.“

,, Worauf warten wir dann noch ? Aine, ich denke mal es ist besser wenn sie unseren Freunden guten Tag sagen.“

Aine nickte unsicher.

Seyonn nahm einige Einstellungen vor. ,, Ich bin mir nicht sicher, welche Frequenzen ihre Leute überwachen, aber  ich denke mal, die Standard-Funkprotokolle der GTDF dürften funktionieren.“

,, Jetzt wird sich zeigen ob wir willkommen sind.“ , meinte Adams.

 

,, Hier ist Aine Karwin , ich habe eine wichtige Nachricht  vom Parlament der Erde.“

Einige Augenblicke de Stille folgten.

,, Vielleicht doch die falsche Frequenz.“ , meinte Adams kurz.

,, Oder wir werden gleich beschossen.“ Alle warteten angespannt. Dann endlich durchbrach ein Funkspruch die Stille.

,, Sie sind hier nicht willkommen.“

,, Na wenigstens haben sie uns nicht gleich getötet.“ , stellte Martin erleichtert fest. Auch wenn die Antwort alles andere als freundlich klang.

,,  Dann interessiert euch nicht was ich zu sagen habe ?“ , erwiderte Aine.

,, Das Wort eines Karwin ist nichts mehr wert. Dafür habt ihr selbst gesorgt. Euer Haus ist tot.“

Aine murmelte etwas, das weder Coel noch die anderen Verstanden, aber allein vom Tonfall her musste es sich wohl um einen Fluch handeln.

,, Ich nehme allerdings nicht an, das ihr darüber zu entschieden habt.“ , fügte sie hinzu.

,, Nein, im Gegensatz zu euch kenne ich meinen Platz. Und der ist nicht bei den Menschen,  egal welche Nachrichten ihr bringt.“

,, Und ich dachte immer die Artheraner denen ich schon begegnet bin waren stur und misstrauisch…“ , bemerkte Martin.

,, Es ist nicht ihre Schuld. Wir haben sie  dazu gemacht und in diese Existenz getrieben.“ , antwortete Adams. ,, Die Hauptsache ist doch, das wir noch leben. Das heißt, egal was er sagt… irgendjemand da unten will mit uns reden. Sonst hätten sie schon das Feuer eröffnet.“

,, Vielleicht.“ , meinte Aine, bevor sie sich wieder dem Gespräch zuwendete.

Zur Überraschung aller  fragte der Artheraner jetzt: ,, Wie lautet die Nachricht?“

,, Ich würde das ungern über Funk besprechen.“ , antwortete Aine. Die Neugier war jetzt ihre einzige Lebensversicherung.

,, Es liegt nicht an mir, ihnen eine Landeerlaubnis zu geben. Zumal ihr Schiff zum Erdmilitär gehört.“

Die Neugier war wieder aus der Stimme des Artheraners verschwunden.

Coel hatte genug, er übernahm jetzt selbst das Gespräch. ,, Hier ist Rafail  Coel von der Kronos.“ Er hoffte, dass der Artheraner nicht nur seinen, sondern auch den Schiffsnamen kannte. Das würde ihm hoffentlich zu denken geben, sich mit dem Flaggschiff der GTDF anzulegen. ,, So wie ich das sehe haben wir zwei Möglichkeiten, entweder ihr setzt die paar Schiffe die ihr habt auf uns an, wobei wir keinesfalls Kampflos untergehen würden, oder aber ihr erlaubt uns zu landen. Wenn euch nicht gefällt was ich zu sagen habe, könnt ihr uns danach immer noch angreifen.“
Ein, nur von gedämpftem Flüstern über Funk durchbrochenes, Schweigen setzte ein, dann jedoch meldete sich eine neue Stimme.

,, Wir würden gerne mit euch reden.  Vaas heißt euch willkommen. Wir übermitteln euch Koordinaten für die Landung “ Die Funkverbindung wurde unterbrochen.

,, Das nenne ich mal seltsam.“ , bemerkte Martin.

,, Aine… wer ist dieser Vaas ?“ , wollte Coel wissen.

,, Keine Ahnung, ich bin schon eine Weile nicht mehr hier gewesen, falls sie sich erinnern. Der einzige Artheraner namens Vaas…“ Sie verstummte plötzlich.

,, Was ?“

,, Nichts, es muss jemand anderes sein. Aber nur für den Fall…“

,, Sie kennen ihn also doch ?“

,, Vaas Katlaron. Er… sie erinnern sich an Skelaw?“

,, Den vergesse ich so schnell nicht, er hat gedroht mich umzubringen.“

,, Und Vaas ist sein Linja, Hausherr.  Praktisch das Clanoberhaupt um ihre Sprache zu verwenden.“

,, Und das ist nicht gut.“ , stellte Seyonn fest.

,, Ich an ihrer Stelle, würde jederzeit auf meinen Rücken achten.“ , antwortete Aine. ,, Ein Artheraner hält seine Versprechen.“

,, Aber wir haben wohl kaum eine Wahl.“ , sagte Coel. ,, Ich vermute , wir nehmen am besten ein Shuttle. Ich würde ungern das ganze Schiff der Gnade der Artheraner überlassen.“

,, Wie es aussieht ist die Landezone auf der Nachtseite des Planeten.“  , bemerkte Martin. ,, Und zwar mittendrin. Das bedeutet 24 Stunden Dunkelheit satt.“

Seyonn stand von seinem Platz auf. ,, Dann brauchen wir also Lampen.“ ,  meinte er, während die Umrisse des Unity-Botschafters kurz zu verschwimmen schienen… und sich neu anordneten. Wenige Sekunden später stand ein Artheraner vor ihnen, nicht mehr der grauhaarige Mensch unbestimmten Alters.

,, Vertrauen erwecken wie ?“ , fragte Coel. Eine Erinnerung, die ihm uralt erschien. Dabei war es jetzt wie lang her? Fünf Monate ?

,, Genau.“  , bestätigte Seyonn.

 

Danach löste sich die Runde wieder auf, weil jeder damit beschäftigt war, Ausrüstung zusammenzupacken. Neben Lampen hatte Martin anfangs auch auf  Gewehre und weitere Waffen bestanden, aber Coel hatte das abgelehnt.

,, Wenn sie uns töten wollen, können sie das auch wenn wir bewaffnet sind.“ , erklärte er.

 Auch würde sie das nur langsam machen. Wie es aussah war die eigentliche Stadt, oder Siedlung ein Stück entfernt.  Lediglich eine Handfeuerwaffe für jeden ließ er zu. ,, Das wirkt weniger, als würden wir in einen Krieg ziehen.“

,, Glauben sie mir Coel, ich wäre ruhiger wenn wir das täten.“ , erwiderte Ägir. ,, Es gefällt mir nicht, sie alleine da runter zu schicken.“

,, Ich kann aber auch schlecht mit der gesamten Besatzung aufkreuzen. Wenn wirklich etwas schief geht, müssen sie uns möglicherweise raushauen.“ , versuchte Coel den Navigator zu beruhigen. ,, Sie sind unser Plan B.“

,, Schöner Plan B.“ Er zündete sich mit geübten Bewegungen seine Pfeife an ,, Das heißt aber nicht, das es mir gefällt.“

,, Ich sehe mal nach Seyonn.“ , erwiderte er.

 

 

Aine verbrachte die meiste Zeit damit, Adams und Martin, die sie neben Seyonn und Coel ebenfalls begleiten würden, über die Gegebenheiten auf Eos zu informieren.

Der Planet selbst war recht warm und besaß neben weiten offenen Graslandschaften in Äquatorhöhe auch  weitläufige Wälder und einen großen Gebirgszug.

Jahreszeiten gab es aufgrund einer fehlenden Achsenneigung praktisch nicht und die meisten Lebewesen, die sich auf der Oberfläche fanden waren harmlos. Meist kleinere Insekten, von denen einige Arten aber aufgrund der Höheren Sauerstoffkonzentration  in der Luft durchaus Vogelgröße erreichten.

,, Also.. Riesenspinnen?“ , fragte Martin mit einem Ausdruck von entsetzen.

,, Spinnen sind so gesehen keine richtigen Insekten.“ , informierte ihn Adams.

,, Aber Mücken.“ , erwiderte Martin.

,, Ach kommen sie, wie groß ist die Chance, das sich auf einem Planeten, mehrere tausend Lichtjahre von der Erde entfernt auch nur etwas Mückenartiges entwickelt hat ?“

,, Groß genug, das ich Insektenspray einpacke.“ , antwortete Martin , während er eine Helmlampe ausprobierte. Die Kronos verfügte über Ausrüstung für fast jedes Gelände, von Eisigen Welten, über Anzüge für Weltraumspaziergänge und  selbst für die Oberfläche brennender oder verstrahlter Planeten.

,, Ich bezweifle irgendwie, das sie welches finden.“ , bemerkte Adams.

 

Aine ließ den Wissenschaftler und den Piloten mit einem Schmunzeln  allein.

 Coel würde sich wohl momentan wohl im Hangar aufhalten, wo er mit Seyonn alles durchging. 

 Und sie wollte die Gelegenheit nutzen noch einmal mit ihm zu reden.

Coel unterhielt sich grade mit Seyonn. ,, Also, ich vermute, sie können uns nicht wirklich schützen wie ?“ , fragte er.

,, Wenn die Artheraner klug sind, verscherzen sie es sich nicht mit der Unity.“ , antwortete Seyonn, der einen Tablett-Rechner mit einer groben Karte der Umgebung ihres Landeplatzes in der Hand hatte. Ein Gebiet aus dem Orbit eines Planeten heraus zu kartographieren war zwar recht genau, aber durch die vielen Bäume konnten sie nicht erkenne, ob nicht bereits jemand auf sie wartete.

,, Aber ich vermute, nein.“

,, Tja, soviel zu einem Plan C, dann müssen wir hoffen, das Ägir uns den Rücken freihält.“

,, Haben sie einen Augenblick Zeit ?“ , fragte Aine und machte sich bemerkbar.

Coel drehte sich zu ihr um musterte sie einige Sekunden stumm.

Was sah dieser Mann in ihr? Das Alien, das er nicht verstehen konnte, oder wollte wie die meisten…

Ein intelligentes Lebewesen…oder nur ein weiteres sich plötzlich ergebenes Problem.

 Vielleicht war sie nur einem Irrtum aufgesessen.

,, Sicher.“ , erwiderte er. ,,  Seyonn, können sie den anderen Bescheid geben ?Wir sollten in der nächsten Stunde los, bevor auf Eos noch jemand misstrauisch wird.“

Der Unity-Botschafter nickte, bevor er die Karte beiseitelegte und verschwand.

 

,, Also, was gibt es ?“ , wollte er wissen.

,, Es… geht um vorhin.“ Sie zögerte einen Augenblick. Aber sie musste die Wahrheit wissen. Es gab keinen Weg daran vorbei, egal wie die Antwort lautete.  ,, Ich weiß nicht… Ich muss es aber wissen… Fühlen wir wirklich dasselbe?“

Coel schien tatsächlich einen Moment nachzudenken. Versuchte, irgendwie seine Gedanken in Worte zu fassen, was ihm sonst nie schwer fiel.

,, Aine , während all dem, waren sie.. warst du… immer eine der ersten, die ohne  Vorbehalte hinter mir stand. Und mir Notfalls auch mal den Kopf wieder grade gerückt hat. Wie könnte ich weniger als Respekt vor dir haben und ich.. was ich…“ Er machte eine kurze Pause. ,, Verdammt ich bin nicht gut in so was.“

Die Bemerkung brachte Aine kurz zum Lachen, doch dann wurde sie wieder ernst.

,, Du hast einfach etwas an dir, das jeden dazu zwingt nachzudenken. Ich glaube, wenn dir wirklich alle zuhören würden, na ja, wir wären heute sicher nicht hier.“

,, Und ich glaube du überschätzt mich. Ich tue lediglich was ich kann… und doch ist es irgendwie nie genug.“

,, Trotzdem… irgendwie tust du das richtige. Du hast es geschafft mein gesamtes Weltbild auf den Kopf zu stellen. Alles woran ich geglaubt habe, oder dachte zu wissen… Ich habe versucht dich dafür zu hassen.“

,, Weil ich ein Mensch bin ?“ , wollte er wissen.

,, Nein sicher nicht. Die Zeit wo mich das gekümmert hätte, hast du beendet.“ Sie schwieg einen Moment. ,, Wir sind intelligente Lebewesen. Das reicht. Aber…“                                                     

,, Aine, du hast gerne alles unter Kontrolle, das verstehe ich.“

,, Und doch muss ich es wissen… Ein einzelner Mensch, der aus der Reihe fällt. Wieso ?“

,, Ich weiß es nicht… ich bin so.“

,, Zeig es mir.“ , sagte sie plötzlich.

,, Was ?“

,, Denk daran.“

,,Du kannst aber keine Gedanken lesen, oder ?“ , meinte er nur halb ernst. Aber kurz machte ihn der Gedanke doch unruhig.

Das brachte sie erneut  kurz zum Lachen. ,, Nein, ganz sicher nicht. Aber wenn du dich Konzentrierst… auf einen Gedanken, eine Empfindung, ein Bild… dann vielleicht…“

,, Ich schätze mal, das klingt einfacher als es ist.“

,, Versuch es.“

Coel versuchte seine Gedanken in eine Bahn zu lenken, musste aber feststellen, dass das schwieriger war, als er gedacht hatte. Kleinigkeiten lenkten ihn ab.

Doch schließlich musste er doch nur eine Frage beantworten… was hatte ihn wirklich zu dem werden lassen, der er war?

Es war nicht die Zerstörung Artheriums gewesen, keine plötzliche Erkenntnis. Aber… die Feuer des Kriegs hatten ihn zerstört gehabt. Mehr als Martin, oder die unzähligen anderen. Und er hatte Jahre damit zugebracht über all dies so wenig wie möglich nachzudenken.

Es war der schleichende Hass, der sich in ihm angesammelt hatte.

Der erste Tag im Einsatz, Tote, jeder davon hätte er sein können.

Eine zerstörte Welt.

Erfrorene und getötete Wissenschaftler auf Isaari.

Weitere unzählige Tote während der Schlacht um die Erde.

Der Hass und das Misstrauen seiner eigenen Art, das sich in noch mehr Gewalt offenbarte.

Und seine eigene Wut, auf all diese Narren…

Der geheime Gedanke, dass die Via doch Recht behalten könnten.

Wenn das Universum  Gewalt und Hass war, wieso es dann nicht mit Gewalt in geordnete, bessere Bahnen lenken?

Und seine Unfähigkeit es als Wahrheit anzuerkennen. Warum nicht ? Was hinderte ihn daran?

,,Wie hältst du das aus?“ Aines Stimme zitterte und sie  schien dem Tränen nahe. Das war vielleicht das erste und einzige Mal, das er Aine fast aufgelöst erlebte. Und in diesem kurzen Augenblick gab es keinen Unterschied mehr zwischen dem Menschen und der Artheranerin.

Coel sah auf und kannte die Antwort.

,, Weil ich muss.“

Er wischte ihr eine Träne weg. ,, Wer könnte sonst noch wiedersprechen ?“

Statt einer Antwort fanden sich ihre Lippen.

Vielleicht war ein Kuss neben dem Krieg noch  ein weiteres  universelles Konzept.

Kapitel 19 Eingeständnis

Die Kronos hob langsam vom Boden ab. Kurz sah es so aus, als könnte das Schiff die Schwerkraft nicht überwinden, dann jedoch zündeten die Hilfstriebwerke und trugen  das Konstrukt in die Höhe, wo es schnell außer Sichtweite verschwand.

Nur zwei Personen die den Start verfolgt hatten  blieben auf dem Erdboden zurück.

,, Soll ich ihm folgen ?“ , fragte die Frau neben ihm Steel.

Er sah kurz zu ihr herüber. Dunkle, entschlossene Augen blickten zurück. Was für ein seltsamer Umstand des Schicksals das alles doch zu sein schien.

,, Ja, aber zeigt euch nicht, verfolgt nur die Kronos und zeigt euch nicht, wo auch immer er hingeht. Und das wichtigste, sorgt dafür, dass er am Leben bleibt.“

,, Keine Sorge, das werde ich. Bin gespannt wie Brüderchen reagiert.“

Steel musste über die Formulierung lachen. ,, Kann ich mir vorstellen.“ Er schüttelte der Frau zum Abschied die Hand… Kaltes Metall umschloss die seine, bevor sie wie ein Schatten verschwand.

Nein, Coel war sicher, solange sie in der Nähe war. Jetzt musste er sich wichtigerem zuwenden.

Einige der Überlebenden Besatzungsmitglieder der Kronos hatten das Schiff auf eigenen Wunsch verlassen und er musste irgendwie verhindern, das Wilkonson oder sonst jemand übereifriges, diese sofort in Gewahrsam nahm.

Das war das letzte was sie verdienten.

 

,, Das ist zumindest die Momentane Situation.“ Coel hatte grade noch einmal für alle das Gespräch mit Wilkonson zusammengefasst.  Seyonn, Ägir, Adams, Martin, Aine und er hatten sich im Konferenzraum auf Deck zwei versammelt.

,, Sieht so aus, als gäbe es kein Zurück was ?“ , fragte Martin.

,, Ich fürchte nicht.“ , sagte Seyonn. ,, Was zu der Frage führt, was genau sie jetzt vor haben.“
,, Nun, jemand wir den Artheraner sagen müssen, das sie ihren Planeten wiederhaben können und ihnen gleichzeitig davon abraten es zu versuchen.“

,, Wieso sollten wir sie informieren ?“ , wollte Ägir wissen. ,, Wissen sie nicht Bescheid, machen sie auch nichts Dummes.“
Coel schüttelte den Kopf. ,, Ich wette Wilkonson wird sie irgendwie informieren. Er setzt praktisch darauf, dass die Artheraner für ihn Hammonds Verteidigung ausschalten. Also besser wir schildern ihnen die Lage, als das irgendeinem Parlaments-Botschafter zu überlassen.“

,, Ich bezweifle, dass das man uns überhaupt zu Wort kommen lassen würde, wenn man den Ausgang unserer letzten Begegnung bedenkt.“ , warf Aine ein.

,, Aber  eine wirkliche Wahl haben wir natürlich mal wieder nicht…“ , begann Ägir.

Er wurde von einer Katze unterbrochen, die mit einem Satz auf den Konferenztisch sprang.

,, Kann das Vieh bitte jemand von Bord werfen ?“

,, Also , unser erster Schritt besteht darin die Artheraner zu warnen. Irgendjemand Einwände ?“ , fragte Coel in die Runde.

Zu Coel s Überraschung ergriff Martin das Wort. ,, Ich weiß das hören sie nicht gerne und ich bin selbst kein Freund der Idee, aber wir sollten unser Augenmerk auf die Via richten. Gegen die ist der ganze Rest nicht wirklich wichtig.“

,, Und wissen sie, wo die momentan sind ? Ihre Schiffe könnten Überall sein und momentan würden wir eine direkte Konfrontation wohl kaum überleben, geschweige denn etwas erreichen.“

,, Nein. Vermutlich nicht “ , gestand Martin sich ein.

,, Und solange wir nicht rausfinden wo sie sind, können wir genauso gut Schadensbegrenzung betreiben. Irgendwann zeigen sie sich schon.“ Coel stand auf. ,, Aine, ich muss sie darum bitten Ägir die Koordinaten der artheranischen Welt zu geben.

Sie zögerte kurz.  Dass ihre neue Zuflucht niemand gefunden hatte war der einzige Grund, weshalb die Artheraner nach dem Krieg überlebt hatten und auch wenn Coel bereits einmal dort gewesen war….

Wo genau sich die neue Artheranische Heimatwelt befand war ihm nicht bekannt.

Dann nickte sie schließlich. ,, Aber versuchen sie den Rand des Systems zu erreichen. Sie sollten uns nicht sofort entdecken wenn wir Eos  erreichen.“ , sagte sie.

,, Eos ? Heißt so der Planet?“ , wollte Martin wissen.

,, Ich glaube Übersetzt heißt das so viel wie Welt im Schatten, aber es ist eine Weile her das ich auch nur ein Wort irgendeines Artheranischen Dialekts gesprochen habe.“ , meinte Adams.
,, Fast richtig. Licht, nicht Schatten.“ , erläuterte Aine. ,, Die Tage dauern dort fast 48 Stunden.“

,, Klingt nett, dann bleibt es aber auch verdammt lange dunkel.“ , bemerkte Martin.

,, Nicht wirklich, aber das sehen sie dann wenn wir dort sind.“

,, Das heißt wenn uns keine übereifrige Artheranische Patrouille einfach vom Himmel pustet, sobald wir das System erreichen.“ , bemerkte Ägir.

,, Wenn dem so sein sollte, können wir uns wenigstens wieder verteidigen.“ ,mischte sich Hal ein . ,, Das Schiff hat mittlerweile wieder sein volles Leistungspotential.“

,, Na das ist doch schon mal wenigstens etwas. So sitzen wir nicht ganz auf dem Präsentierteller. “

 

 

Coel warf einige weitere Kleidungsstücke aus seiner Tasche achtlos bei Seite. Er war grade dabei die wenigen Habseligkeiten zu sortieren, die er von der Erde mitgebracht hatte.  Aber das einzige, was ihm im Nachhinein  wirklich wichtig erschien waren die paar Dokumente und Aufzeichnungen. Und selbst die waren lediglich Kopien von GTDF-Unterlagen. Einige veraltete  Berichte zu den Via und dem Zwischenfall auf einem Fabrikgelände vor einigen Wochen.

Saubere Kleidung gab es an Bord genug, vor allem jetzt, wo mehr als die halbe Crew fehlte und die Vorräte würden ebenfalls ein paar Monate reichen.

Ein Klopfen an der Tür seines Quartiers riss ihn aus seinen Gedanken. Nach der kurzen Besprechung hatte er eigentlich alle angewiesen, sich etwas Freizeit zu nehmen. Es würde noch ein paar Stunden dauern, bis sie das Schwerkraftfeld der  Erde so weit hinter sich gelassen hätten, dass ein Sprung sicher wäre und so lange konnte Hal das Schiff auch alleine steuern.

Allgemein galt es zwar nicht als sehr wahrscheinlich, dass das aktivieren eines Nova-Generators im Orbit eines Planeten zu Problemen führte, aber die meisten Piloten der GTDF gingen lieber auf Nummer sicher. Und in diesem Fall war Coel die Zwangspause ganz willkommen.

,, Herein.“

Es war Martin.

,, Ah Hallo, ich war grade dabei…“ Coel hielt kurz inne, als ihn ein kurzer Stich in den Schläfen ablenkte. Nicht mehr die stechenden Kopfschmerzen von früher, aber immer noch unangenehm.

,, Alles in Ordnung ?“ , wollte Martin wissen, dem wohl aufgefallen sein musste das etwas nicht stimmte.

,, Ja, ja.. ich bin nur immer noch etwas durcheinander wegen dieser ganzen Archiv-Sache. Utgar meinte zwar, dass es nicht mehr lebensgefährlich ist aber… verdammt, ich habe so viel Unnützes Zeug im Kopf, als ob jemand ein Lexikon genommen und zerschnitten hätte. Jede Menge Splitter, aber nichts was für mich auch nur den geringsten Sinn ergibt.“ , erklärte er.

,, Und sie sind sicher, dass es nur das ist ?“

,, Ich denke schon.“, erwiderte Coel, während er einen weiteren kleinen Stapel Papiere auf den Schreibtisch warf. Verdammt heute wurde fast alles mit Computern erledigt und trotzdem sammelten sich wie aus dem nichts jede Menge Kopien und Akten an, dachte er.

 Es war fast schon lächerlich.

,, Sie hatten sich doch auf Enclave mit Grace unterhalten. Hat sie irgendetwas gesagt?“ , wollte Coel wissen, während er die inzwischen leere Tasche durchsuchte, als würde etwas fehlen. Er murmelte einen leisen Fluch.

,, Nicht wirklich außer…“Martin überlegte kurz, ob er Coel von dem Rätsel erzählen sollte. An sich war es wohl für ihn bestimmt gewesen, aber da er dem ganzen ohnehin keine Bedeutung beimaß…

,, Sie hat jede Menge kryptische Andeutungen gemacht. Ich glaube es war…Beobachte, wie er handelt, betrachte seine Motive und untersuche, worin er seine Ruhe findet. Wie könnte ein Mensch Dir dann noch etwas verbergen?“

,, Das ist keine Andeutung. Das ist von Konfuzius.“ , sagte Coel. Und auf Martins verwirrten Blick antwortete er :  Ich bin irgendwann einmal darüber gestolpert.“

,, Nun bei Hemingway hat sich das wie eine Drohung angehört… oder eine Warnung.“ Martin fiel ein blaues Schimmern zwischen einigen der Papiere auf dem Tisch auf.

,, Was ist das ?“ , fragte er.

,, Oh, ich dachte schon ich hätte es verloren.“ Coel nahm die kleine metallisch-blaue Blume aus dem Papierstapel. Die Pflanze war dadurch nicht zu Schaden gekommen.

,, Das ist eine Blume.“ , stellte Martin überrascht fest.

,, Sieht so aus ja.“

,, Das geht mich ja nichts an, aber für…“ Er lachte kurz auf. ,, Ich verstehe. Na das hat ja gedauert.“

,, Halten sie mich für einen hoffnungslosen Romantiker oder Idealisten, aber ich will mich nur Entschuldigen, sonst gar nichts.“ , erwiderte Coel.

,, Natürlich.“ , meinte Martin immer noch leise in sich hinein lachend.

,, Moment mal… sie wissen mehr als ich oder ?“

,, Ich sage nichts.“ , erwiderte Martin.  ,, Es gibt da eine Artheranerin die mich sonst ganz sicher umbringt.“ Mit diesen Worten entfernte er sich langsam rückwärts durch die Tür und war verschwunden.

,, Einfach Großartig.“

 

Ein kurzer Ruck ging durch das Schiff, als die Nova- Generatoren es quer durch die Galaxie in die Nähe seines Bestimmungsortes brachten.

Coel musste sich an einer Wand abstützen um nicht zu fallen. Vor ihm lag der  Hangar der Kronos.

 Im Moment befanden sich hier nur zwei Landungsshuttles und ein halb zerstörter Jäger, mit dem sie Watergate geborgen hatten.

,, Hal, ich vermute mal wir sind grade gesprungen ?“

,, Wir sind etwa 20 Lichtminuten von Eos entfernt wieder in den Normalraum zurückgefallen.“

,, Das bedeutet lediglich eine Fußmarsch von etwa 10.000 Jahren.“ , fügte Martin über Funk hinzu, der sich mittlerweile wohl auf der Brücke aufhalten musste.

,, Na dann… Immer wieder beruhigend zu wissen, wie aufgeschmissen man hier draußen ist.“

,, Steht’s zu diensten.“

,, Mit dem Schiff brauchen wir noch etwa 2 Stunden, wenn uns vorher keine artheranische Patrouille abfängt.“ ,  fuhr Hal fort.

,, Nur für den unwahrscheinliche Fall das die uns dann nicht sofort sprengen, sollten wir vielleicht Aine hier haben.“

,, Ich wollte sie ohnehin grade suchen.“ , erwiderte Coel.

Er trat hinaus auf die weitläufige Hangarfläche. 

Außer den Transportern war niemand zu sehen. Es war immer noch schwer sich an die plötzliche leere auf der Kronos zu gewöhnen.

 Er hatte die Artheranerin gesucht, aber bisher nicht gefunden. Das Hangardeck war der einzige Ort, der ihm außer den Maschinenräumen noch einfiel und es war eher unwahrscheinlich, dass sich dort jemand freiwillig aufhielt.

,, Aine ?“ , rief er in die Leere, in der seine Stimme seltsam verzerrt von den Wänden wiederhalle.

Coel trat ein paar Schritte in die Haushohe Halle und sah sich um

,, Ich bin hier.“  Er drehte sich um und entdeckte Aine, die beinahe aus dem nichts aufgetaucht zu sein schien. ,, Was machen sie hier ?“

,, Das könnte ich sie genauso gut fragen.“ , erwiderte die Artheranerin.

Er fragte sich noch immer, wo sie seine Sprache so perfekt hatte lernen können, dass er nicht einmal merkte, es nicht mit einem Menschen zu tun zu haben.

,, Ich habe nie ganz Verstanden, wie sie unsere Sprache gelernt haben.“

,, Kenne deinen Feind. Wir sind bereit jeden Vorteil zu nutzen, den man bekommt.“

,, Das haben sie bereits erwähnt. Aber bei ihnen hört sich das an, als könnte man ebenso eine Sprache lernen.“

,, Sie können das nicht.“ , antwortete Aine.

,, Ich“ , er räusperte sich kurz, ,, wollte mich außerdem Entschuldigen.“

 Er wollte den Grund seines Hierseins nicht weiter aufschieben. Bevor ihn  noch ganz der Mut verließ. Aber warum sollte er das tun?  Nein, er entschuldigte sich nur. Mehr nicht.

,,Wofür ?“

,, Bevor wir die Erde erreicht haben, unser Gespräch, ich wusste nicht  das ihnen das so viel bedeutet.“ Er nahm die Blume in die Hand. ,, Ich weiß nicht ob es diese Geste bei ihrem Volk auch gibt, aber…“

Vorsichtig nahm  sie die kleine blaue Pflanze entgegen.  ,, Sicher… aber wissen sie was…“

Ihre Gesichter waren sich nah. Zu nah wie Coel kurz dachte. Aber auf der anderen Seite… war es ihm grade egal. ,, es bedeutet ?“

,, Ich glaube Ja.“

,, Martin bestand darauf  , sie daran zu erinnern, das  wir noch auf sie warten.“

Beide zuckten zusammen und wichen blitzschnell einige Schritte zurück.

Coel schloss einen Moment die Augen. ,, Danke Hal. Wir sollten gehen… bevor noch jemand auf die Idee kommt mir demnächst einen Peilsender zu verpassen.“

Die Bemerkung brachte Aine kurz nervös zum Lachen. ,, Wir sollten später weiterreden.“ , meinte Coel noch , bevor er sich auf den Weg machte.

,, Ja, ich meine, auf jeden Fall.“ Sie betrachtete einen Augenblick die metallisch schillernde Blüte in ihrer Hand. Dann folgte sie ihm.

Kapitel 15 Erde

 Coel musste sich kurz abstützen um nicht zu stolpern, als sich die Nova-Generatoren der Kronos langsam abschaltete und das Schiff wieder auf eine Geschwindigkeit unter Licht brachte.

Ohne die durch das langsame abschalten auftretende Trägheitsdämpfung  wäre das Bremsmanöver tödlich. Auch so wurde jeder auf dem Schiff ordentlich durchgeschüttelt, bis sich der Flug wieder etwas stabilisierte.

,, Sieht so aus, als wären wir aus dem gröbsten raus.“ , meine Ägir, der jetzt Hal die Steuerung des Schiffs übernehmen ließ.

,, Irgendwie bezweifle ich das.“ , erwiderte Martin

,, Ich vermute mal, für Funkkontakt sind wir noch zu weit weg ?“ , wollte Coel sofort wissen.

,, Ich bekomme zumindest noch keine Antwort, habe ihnen allerdings bereits unsere Berichte über die Ereignisse auf Goodsprings geschickt, aber sie wissen ja, das dauert ein paar Minuten, auch innerhalb eines Systems.“ , antwortete Ägir. ,, Wir brauchen noch ein paar Stunden, bis wir die Erde erreichen. Ich informiere sie rechtzeitig.“

Coel nickte. ,, Dann werden wir sehen, ob man uns noch freundlich empfängt.“

 ,, Das glauben sie doch selber nicht. Sie haben ein Schiff gestohlen, jede Menge Befehle missachtet…“ , begann Watergate

,, Ich weiß durchaus, was ich nach ihrer Meinung alles falsch gemacht habe.“ , erwiderte Coel und verließ das Kommandozentrum.

,, Ich sage nur die Wahrheit.“

,, Nein, sie sagen was sie für die Wahrheit halten. Oder zumindest dafür  halten wollen.“, antwortete Seyonn, der sich bisher Schweigend auf einem Stuhl zurück gelehnt  und den kurzen erneuten Streit aus grauen Augen heraus beobachtet hatte.

,, Ich für meinen Teil freue mich, endlich mal wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.“ , meinte Martin.

,, Objektiv gesehen ist ein Planet auch nicht wirklich fester Boden.“ , meinte Seyonn. ,, Sie bewegen sich genauso durch das Weltall wie auf einem Schiff.“

,, Sie wissen was ich meine, mal wieder die Sonne sehen. Oder auch nur eine Stadt.“

,, Warum stehen sie hinter Coel ?“ , fragte Watergate seltsam ruhig an Seyonn gewandt.

,, Sie erwarten eine ehrliche Antwort ?“ , fragte er.

Watergate nickte. Die Antwort schien ihn wirklich zu interessieren.

,, Anfangs dachten wir, Coels genetische Anomalie könnte den Schlüssel für die Wiederherstellung meines Volkes beinhalten.“
,,Dem war aber nicht so?“

,, Nein , er ist uns so ähnlich wie es ein Mensch nur sein könnte und doch reicht es nicht aus. Ich fürchte die Entscheidung meines Volkes für sein jetziges Dasein war für die Ewigkeit.“

,, Und warum dann ?“ , fragte der Kommandant nach.

,, Ich weiß nicht, ob sie das nachvollziehen können.“

,, Sicher nicht, ich kann diesen Mann einfach nicht verstehen. Alles was er tut ist völlig irrational und unüberlegt. Er ist zögerlich und selbstzerstörerisch. Und doch unterstützen sie ihn.“

,, Dann fordere ich sie auf, über folgendes Nachzudenken. Wären sie bei all dem an Coels Stelle gewesen, wie sähe es heute aus?“

,, Was für einen Unterschied macht das ? “ , wollt er wissen.

,, Hätten sie die Artheraner gerettet ? Oder hätten sie stumm zugesehen, wie die restlichen Schiffe vernichtet werden? Wären sie in der Lage gewesen, sich über Befehle hinwegzusetzen, um das zu tun, was sie für richtig halten? Oder wären sie auf der Erde geblieben, so dass wir nun unwissend wären, was auf uns zukommt? Es macht einen großen unterscheid.“ , erklärte Seyonn überzeugt .

,, Jede Person trifft eine Entscheidung anders und jede andere Entscheidung hätte in diesem Fall ebenfalls in eine Katastrophe geführt. Also frage ich, ist es nicht besser, dem eigenen Gewissen zu folgen, selbst wenn man dabei Versagt oder  würden sie einfach immer tun, was nötig ist, selbst wenn das heißt gegen alles zu verstoßen, was sie für Gut und richtig halten? Denn das ist es letztlich, was den einzigen Unterscheid ausmachen kann. Das wir egal wie es ausgeht, keine Entscheidung bereuen müssen. Vielleicht Zweifeln ja, das bringt jeder mögliche der tausend Pfade mit sich, aber niemals bedauern.“

,, Es gibt keinen Weg durch dieses Leben, der nur gut oder Gerecht ist. Das ist unmöglich.“ , entgegnete Watergate.
,, Das sagte ich auch nicht. Nein… aber es führt vielleicht einer hindurch, mit dem man in Frieden weiterleben oder sterben kann.“

,, Egal was geschieht, wie ?“ Zum ersten Mal huschte ein kurzes grinsen über das Gesicht des Kommandanten.

,, Genau, egal was geschieht. Ich habe ihn mein ganzes Leben lang gesucht… Jahrhunderte lang… und vielleicht ist Coel grade derjenige, den ich finden sollte.“
,, Erwarten sie bitte nicht, das es mir deshalb gefällt.“ , erwiderte Watergate. Aber etwas an seiner Stimme hatte sich verändert. Keine scharfe Anklage mehr, sondern nachdenklich geworden.

,, Das kann auch keiner von ihnen verlangen. Also dann… ich schätze wir erreichen bald die Erde.“

 

 

Coel lief eine Weile ziellos durch die Flure und dann über die Treppen der Kronos. Er wollte es nicht zugeben, aber Watergates Anklage hatte erneut dunkle Zweifel geweckt, die er dachte endlich besiegt zu haben.

Er war ein paar Decks tiefer angekommen, in der Kantine, die mittlerweile nur noch zu einem kleinen Teil von Verletzten belegt wurde. Coel grüßte Teach kurz, der sich um diese letzten Verwundeten kümmerte. Die meisten waren mittlerweile so weit versorgt, das ihnen gestattet wurde wieder in ihre eigentlichen, jetzt gespenstisch leeren, Quartiere zurückzukehren und auch teilweise ihre Arbeit wieder aufzunehmen.

An sich war es auf dem Schiff durch die fehlende Hälfte der Crew unangenehm ruhig geworden. Normalerweise gab es kaum Orte, ab denen einen nicht jemand begegnete, für den Augenblick jedoch war ihm die Stille willkommen.

,, Alles in Ordnung ?“ Coel drehte sich um und  blickte den Gang zurück, durch den er gelaufen war.

Er musste so in Gedanken gewesen sein, dass er Aine  einfach übersehen hatte.

,, Jetzt schon. Das Archiv und die ganzen Visionen sind weg. Größtenteils wenigstens.“ , erklärte er. Es stimmte nicht ganz. Da war immer noch etwas. Etwas das sich in den hintersten Winkeln seines Verstandes festgefressen hatte.

,, Sie sind ein schlechter Lügner Rafail  Coel, wissen sie das ?“

,, Sagen wir einfach, ich bin mir plötzlich  unsicher darüber ob herzukommen wirklich die beste Idee war.“

,, Sie wollten unbedingt zuerst hierher.“ , erwiderte Aine.

,, Das heißt nicht, das mir die Aussicht gefällt.“ Coel lehnte sich gegen die Wand und schloss einen Augenblick die Augen. Das Archiv hatte Utgar  vielleicht entfernt, aber er hatte genug eigene Gründe für Alpträume.

,, Sagen sie jetzt nicht, sie hätten plötzlich Angst.“ Sie lachte. Hatte er Aine schon mal lachen gehört? Coel konnte sich nicht erinnern, aber es war ein so unvertrauter Laut, fremdartig und gleichzeitig so bekannt, dass er einfach mit einstimmte.

,, Nein, keine Angst aber berechtigte Zweifel.“ , sagte er schließlich.

,, Ich denke  Zweifel  sind es , die uns letztlich Lebendig machen. Wenn man immer nur ohne Innezuhalten einem Weg folgt, was unterscheidet einem dann noch von einer Maschine, die nur blind einer Programmierung folgt, ohne etwas in Frage zu stellen?“
,,Sie waren noch nie ratlos.“ , entgegnete Coel. ,, Zumindest nicht, das ich das gemerkt hätte.“

,, Das verberge ich Coel.“ Aine war plötzlich leise und ernst geworden. ,, Ich werde zerrissen zwischen den Gedanken, das meine eigenen Leute offenbar alle Blind sind und der Frage… ob ich nicht diejenige bin, die die Wahrheit nicht erkennt.“

,,Es tut mir leid. Ich weiß nicht….“

,, Schon gut. Ich kann es nie vergessen, aber verdrängen. Die Erinnerungen an die Feuer eines Kriegs, den wir nicht gewollt und nicht provoziert haben, die Furcht, das es sich wiederholen könnte, wenn wir nicht auch lernen zu vergeben… und der Gedanke, das letztlich doch alles umsonst sein wird.“

,, Sie glauben wirklich, das es dauerhaften Frieden geben kann ?“

,, Sie etwa nicht mehr ?“

,, Das habe ich nicht gesagt. Nur möglicherweise… braucht es Zeit, bis mehr Leute so denken wie wir. Die Erkenntnis, dass Kampf keine Lösung ist, ist etwas, das scheinbar nicht in der menschlichen Natur liegt. Wir besitzen die Möglichkeit zu sprechen, klar zu sagen was wir denken… und doch nutzen wir diese Gabe nicht. Wir steuern immer gradewegs in den Konflikt. Wieso ?“ Er schüttelte den Kopf, ,, Ist denken so viel schwieriger als handeln, oder ist der Fluch jedes Intelligenten Lebens, der der Ignoranz?“

,, Vielleicht, aber beweist du nicht das Gegenteil ?“

Coel antwortete einen Moment nicht. Nein… Es gab Ausnahmen. Aber um welchen Preis diese erst erkauft werden mussten…

Schließlich sagte er : ,, Nur weil ich gelernt habe. Ich musste auf die harte Tour begreifen, zu was das alles führt. Nein… wäre ich nie auf Artherium gewesen Aine, ich wäre genauso wie Watergate, vielleicht schlimmer.“

,, Sie haben es immerhin geschafft mich zu Überzeugen. Das ist doch etwas.“ , meinte Aine.

,, Wenn wir das alles überleben, kann ich vielleicht auch den Rest überzeugen.“ , sagte Coel . Es klang niedergeschlagen. Eine unmögliche Aufgabe. Wie überzeugt man tausende,  gar Millionen? Es war zu viel für ein Leben. Zehn schienen nicht auszureichen.

,, Und ich helfe ihnen dabei.“

,, Ist das ein Versprechen ?“ , wollte er wissen.

,, Das ist ein Versprechen.“ Sie legte eine Hand auf seine.

,, Zwei Narren gegen den Rest des Universums klingt immer noch besser wie ein Wahnsinniger alleine.“
,, Sie nennen sich selbst einen Wahnsinnigen ?“

,, Ich sehe es doch… jeder muss mich für verrückt halten, selbst Seyonn oder Martin.“ , erklärte er.

Ich dich nicht, hallte es durch seinen Kopf.

Coel blinzelte verwirrt. ,, Haben sie grade etwas gesagt ?“

,, Verzeihung. Das… war keine Absicht. Ich…“

,, Schon gut“ , Er sah auf,  ,, das ist ihnen doch nicht etwa peinlich ?“

,, Jemanden mit dem eigenen Verstand derart zu berühren gilt gemeinhin als…“

,, Als ?“

,, Vergessen sies einfach. Nicht so wichtig.“

,, Ich bin neugierig.“

,, Eigentlich gilt man als sehr…Vertraut… mit demjenigen. Verstehen sie?“

,, Oh…“ Eine endlose Sekunde des Schweigens folgte.

,, Tut mir leid, das war dumm.“ Aine wich ein paar Schritte zurück. ,,Ich sollte gehen.“ Bevor er noch etwas erwidern konnte, war sie bereits in den Fluren des Schiffs verschwunden.

,, Aine warte…“

Er ließ sich an der Wand zu Boden gleiten. ,, Einfach großartig."

Die Lautsprecheranlagen der Kronos sprangen mit einem knistern an.

 ,, Coel ?“

,, Was ist ?“ , fragte er.

,, Ich wollte sie nur informieren. Wir erreichen gleich die uns zugewiesene Landezone.“

,, Und ? Wie überrascht waren zu hören, das wir noch da sind ?“

,, Überrascht genug um ein ordentliches Empfangskomitee aufzustellen. Bis an die Zähne bewaffnet.“

Er seufzte

,, Immer wenn man denkt man hätte mal wieder einen echten Tiefpunkt erreicht…. Na gut, sagen sie allen, sie sollen das Schiff erst nach uns verlassen. Ich hoffe einfach mal, die haben keinen Schießbefehl.“

 

Einige Minuten später setzte die Kronos auf der Erde auf. Es war bereits dunkel und nur die Lichter des Landeplatzes und einer fernen Stadt erhellten die Umgebung.

Eine große zubetonierte Fläche bot dem Schiff genug Patz zum Landen, während rund um das Schiff bereits ein dutzend Bewaffneter GTDF-Soldaten Aufstellung genommen hatte.

Coel konnte ihre Gesichter hinter den Sturmmasken nicht sehen, wusste aber, das die meisten simple Entschlossenheit zeigen würden. Das war nichts als ein weiterer Befehl, den sie erfüllten. Vielleicht etwas außerhalb der Routine, aber nichts desto trotz ein Befehl.

Hinter ihm traten Martin, Aine, Seyonn, Adams , Ägir und Watergate aus dem Schiff.

Sämtliche Waffen richteten sich sofort auf die kleine Gruppe, während Coel langsam die Hände über den Kopf nahm. ,, Ich bin unbewaffnet.“ , rief er.
Niemand rührte sich, bis sich plötzlich jemand durch die Reihen der Soldaten drängte. ,, Waffen runter.“ Einige zögerten. ,, Hört ihr schlecht ? Ich sagte die Waffen runter.“

Jetzt gehorchten auch die zögerlichen dem grauhaarigen Mann, der sich an den letzten Soldaten vorbeidrängte und langsam auf Coel und die anderen zulief.

,, Sie sind spät.“ , meinte Cain Steel.

,, Verzeihung ?“ , fragte Coel.

,, Ich habe die Berichte bereits gelesen, die mir ihr Navigator beim Anflug  geschickt hat Coel. Haben sie eigentlich eine Ahnung, was sie da losgetreten haben?“

,, Mir ist klar, dass ich Befehle missachtet habe Sir und ich bin durchaus bereit mich den…“

,, Hören sie auf mit dem  Quatsch.“ Coel wusste nicht, ob er die fehlende Strenge in der Stimme des Admirals als gutes oder schlechtes Zeichen deuten sollte. ,, Das Parlament und vor allem Wilkonson mag ja ihren Kopf fordern, aber ich bin nicht das Parlament. Und ich rede von den Erbauern und der Brücke. Einige unserer Physiker und Astro-Archäologen hat das fast aus den Stiefeln gehauen. Übrigens gut sie lebendig zusehen Watergate. Ich schätze die Horus ist verloren?“

,, Leider ja, so wie der Großteil der entsendeten Flotte.“ , bestätigte er.

,, Das ist beunruhigend. Vor allem wenn man bedenkt… wie viele Schiffe haben die Via durch das Portal gebracht?“

,,Ein gutes Dutzend. Vielleicht zwanzig.“

,, Und ich vermute mal, sie haben noch mehr…“ , meinte Steel besorgt.

,, Es gelang uns das Portal zu deaktivieren. Der Rest ist… Gefangen würde ich es nennen.“ , antwortete Seyonn.

,, Gut. Wenigstens etwas Positives.  Kommt mit. Wir haben einiges zu besprechen.“ Er drehte sich zu dem Dutzend Soldaten um.

 ,, Und was euch angeht, abtreten.“

Die Gruppe um Coel folgte Steel, als dieser auf einen zweistöckigen hell erleuchteten Betonbau zuging.

,, Das lief doch besser als erwartet.“ , bemerkte Martin.

,, Abwarten.“ , erwiderte Coel. ,, Erst mal abwarten.“

Kapitel 18 Abschied

 

 

Er hatte gewusst, dass es Ärger geben würde.

 

Als Seyonn und Coel das Parlamentsgebäude über die große Vortreppe betraten herrschte dort fas totenstille. Um diese Uhrzeit waren vermutlich nur noch wenige Personen in dem weitläufigen Gebäude, deshalb überraschten Coel die Wachen nicht.

Zumindest nicht die am Eingang.

Zwei Männer in kugelsicheren Westen flankierten die offenen Türen, die ins Innere führten.

Coel fielen vor allem ihre Waffen auf. Es schienen normale Gewehre zu sein, allerdings mit einer kleinen Modifikation, die ihn an die Prototyp-Waffe erinnerte, die Adams angefertigt hatte.

Offenbar hatte die GTDF bereits  damit begonnen diese in Serie herzustellen.

 Nicht verwunderlich angesichts der Bedrohung vor der sie standen. Und doch machte ihn der Anblick unruhig. Diese Waffen würden auch Seyonn verwunden können, wenn es Schwierigkeiten gab. Eigentlich hatte sich Coel darauf verlassen, das der Unity-Abgesandte im Notfall auch mit einer Gruppe zu Recht kommen würde.

,, Halt.“ , rief einer von Sicherheitsmänner als sie sich näherten.

,, Seit wann bitte sind die Parlamentsgebäude nicht mehr öffentlich zugänglich ?“ , fragte Coel und tat überrascht. Wenn diese Leute ihn überprüften, hätten sie ein Problem.

,, Ich weiß ja nicht, wann sie das letzte Mal auf die Uhr gesehen haben Herr…“

Seyonn trat vor. ,, Ich bin Seyonn von der Unity. Dieser Mann begleitet mich lediglich auf meinen Wunsch. Sollten sie damit ein Problem haben, dürfen sie das gerne ihrem Parlamentsvorsitzenden erklären. Ich werde so lange hier warten“

Der Sicherheitsmann zögerte.

Einen kurzen Moment lang sprang sein Blick zwischen Seyonn und Coel hin und her. Er schien sich unsicher zu sein, was er tun sollte.

Einen Botschafter warten zu lassen nur um sich noch einmal  zu versichern, war sicher nichts, dass der Karriere förderlich sein konnte und das es sich bei Seyonn nicht um einen Menschen handelte, war recht offensichtlich.

Schließlich trat er bei Seite.

,, Schön, geht rein.“

                                                             

Im Foyer selbst war es ruhig. Nur eine Gruppe von fünf Männern und Frauen unterhielt sich angespannt und gedämpft, so das Coel auf die Entfernung nur einige Wortfetzten verstehen konnte.

Etwas weiter durch die Eingangshalle zweigten mehrere Treppen und Gänge zu den verschiedenen Büros ab, die den Großteil des Gebäudes einnahmen.

 Politische Verwaltung und Organisation der menschlichen Welten liefen von hier aus. Zumindest bei denen, die noch blieben, dachte Coel.

Was ihn jedoch überraschte waren weitere Sicherheitsbeamte, die diese Durchgänge bewachten. Am Tag, wenn diese Gänge vor Geschäftigkeit Überquellen würden, würden die paar Gestalten in ihren schwarzen Westen und blauen Mützen sicher nicht auffallen. Jetzt aber konnte man sie kaum übersehen, wie Schatten, die auf eine helle Fläche fielen.

Keiner von ihnen hielt sie auf, als sie eine Treppe betraten, die sie in den zweiten Stock des Gebäudes brachte und somit auf den Flur auf dem auch Wilkonsons Büro lag.

Hier gab es keine Wachen mehr. Entweder verzichtete der Vorsitzende absichtlich darauf, oder man rechnete nicht wirklich damit, dass es ein Via oder sonst jemand wagen würde, einfach ins Herz der menschlichen Regierung zu marschieren.

Was bedeutete, die Wachen waren  nur Show. Eine Geste, die Beruhigen sollte.

Coel machte sich nicht die Mühe anzuklopfen, als sie das Büro erreichten.

Von drinnen hörte er Wilkonsons Stimme, der sich offenbar mit jemanden stritt.

Die Tür öffnete sich automatisch, als er und Seyonn eintraten.

,, Was zum…“ Wilkonson hatte sich umgedreht um zu sehen, wer es wagte unangekündigt hier aufzutauchen. Auf die Wand hinter ihm waren die Gesichter mehrerer Leute projiziert, die Coel nicht kannte.

Offenbar waren sie mitten in ein Konferenzgespräch geplatzt.

Wilkonson musterte ihn und den Unity-botschafter einen Moment misstrauisch.

,, Wir reden später.“ , meinte er und beendete die Konferenz. Die Projektion erlosch und die Jalousien vor der Wand fuhren hoch und offenbarten das große Fenster, das einem Blick nach draußen gewährte.

Langsam setzte sich Wilkonson an seinen Schreibtisch, der fast ein Drittel des Raums einnahm. Dunkle Ringe zeichneten seine Augen. Ein Beweis dafür, dass er wenig Schlaf bekommen hatte.

,, Soll ich gleich die Sicherheit rufen ?“ , fragte er leise, bedeutete aber sowohl Coel als auch Seyonn sich zu setzen.

,, Wenn sie das tun wollten, hätten sie es längst.“ , stellte Coel fest, nachdem er sich Gesetzt hatte.

,, Vermutlich.“ Er sah auf, als wollte er sichergehen, dass seine beiden Besucher ihm auch zuhörten.

 ,,Es sollte mich wohl nicht wundern, dass ausgerechnet sie das Desaster auf Goodsprings überlebt haben.“

,, Wollen sie auf irgendetwas hinaus ?“ , fragte Coel müde. Er hatte nicht vor sich mit dem Mann zu streiten. Jetzt nicht.

Haben sie überhaupt eine Ahnung, was sie angerichtet haben? Ein dutzend Kolonien, die einfach wegfallen… und meine einzige Möglichkeit das zu verhindern wäre eine militärische Intervention.“

Seyonn mischte sich ein, bevor Coel etwas erwidern konnte. ,, Dann überzeugen sie sie. Wir haben die Berichte von Goodsprings.“

,, Sie werden mir nicht zuhören. Der Angriff auf Artherium stellt für viele einen Schlag ins Gesicht dar und sie sehen sich in ihrer bisherigen Souveränität ziemlich… eingeschränkt.“ Seyonn schien nicht überzeugt. ,, Sie würden sich auch erst wehren und dann Fragen stellen, wenn ihnen jemand eine Pistole ins Gesicht hält.“ , schloss Wilkonson.

,, Was hätten wir ihrer Meinung nach denn tun sollen ?“ , wollte Coel wissen. ,, Einfach abwarten, dann wüssten wir nicht mal mit was wir es zu tun haben. Leute sind gestorben Wilkonson und sie wollte einfach so tun, als sei weiterhin alles in Ordnung.“

Der Vorsitzende war aufgestanden und seine Hände ballten sich zu Fäusten.
,, Leute sterben, denken sie das weiß ich nicht? Kommen sie damit klar. Ich habe eine Verantwortung für über dreißig Milliarden Menschen.“

,, Und da bedeutet ihnen ein Leben nicht wie ? Die Toten von Isaari, Goodsprings, der Erde, Artherium, die Opfer aus Detroit,  Helen, alles nur kleine Schachfiguren  für sie was ?“ Er lachte bitter.

,, Wagen sie es nochmal….“

,, Ich wage sogar noch mehr Wilkonson, sie haben es nicht nur zugelassen, das diese Leute sterben, sie haben es nicht nur als unwichtig abgetan, sie haben es akzeptiert.“

,, Und wie unterscheidet uns das Coel ? ich habe diese Leute nicht selbst getötet, ich hatte nicht den Finger am Abzug. Sie schon. Sie nennen mich einen Mörder? Sie nennen mich Gewissenlos? Schauen sie in den Spiegel.“

Bevor Coel reagieren konnte, warf ihm der Parlamentsvorsitzende ein kleines Bild vom Rand des Schreibtischs zu.

Einen Augenblick sah er nur zwischen dem Bild und Wilkonson hin und her.

Eine ältere Frau. Aber die Ähnlichkeit mit Helen war Coel nicht entgangen.

,, Das habe  ich nicht gewusst…“ , begann er.

,,Helen war meine Tochter Coel.  Wir hatten vielleicht  nie miteinander zu tun viel, aber werfen sie mir nicht vor ich wüsste nicht wie es ihnen ging.“

 

,, Also gut.“ , meinte Seyonn ruhig. ,, Können wir uns jetzt alle wieder beruhigen ?“ , wollte er wissen und sah zwischen Coel und Wilkonson hin und her.

,, Schön.“ Coel setzte sich langsam wieder.

,, Was haben sie jetzt vor ?“ , fragte der Unity-Abgesandte.

,, Wie gesagt“ , Wilkonson setzte sich ebenfalls wieder, ,, Viel können ich oder das Parlament nicht tun. Es wird sie allerdings sicher freuen zu hören, dass das Parlament jeden Anspruch auf Artherium aufgibt.“

Jetzt wurde sogar Seyonn misstrauisch. ,, Woher der Sinneswandel ?“

Noch vor ein paar Wochen hatte das Parlament darauf bestanden, das der , ohnehin unbewohnbare, Planet im Besitz der Menschen blieb und eine Rückgabe, sei es auch nur eine symbolische Geste, ausgeschlossen.

,, Der dortige Kolonie-Gouverneur, ein Mann namens Oliver  Hammond , war einer der ersten, der sich komplett vom Parlament lossagte.“

,, Ich habe mich schon mal mit dem Mann… unterhalten.“ , meinte Coel. ,, Es geht ihnen also gar nicht darum irgendetwas zurück zu geben. Sie schaffen sich das Problem lediglich vom Hals.“
,, Wir haben nicht die militärischen Mittel um Artherium zu sichern. Die Abbau und Kolonial-Schiffe im Orbit besitzen genug Feuerkraft um uns ernsthaft in Schwierigkeiten zu bringen.“

,, Sie wollen sie einfach verheizen.“ , stellte Coel erstaunlich ruhig fest. ,, Ist es nicht so ?“

,, Wie gesagt, wir können uns einen größeren Konflikt nicht leisten. Und wenn sich unsere Feinde, so schwer es mir fällt, Gegenseitig auslöschen, sehe ich kein Problem darin.“
,, Die Artheraner sind nicht der Feind, ich dachte das sollte ihnen mittlerweile klar sein.“ , erklärte er diesmal mit einem wütenden Unterton.
,, Ihren Berichten zufolge schon. Oder denken sie, die haben sie aus lauter Freundlichkeit fast angegriffen?“
,,Darum geht es nicht. Sie reden hier davon einfach…“

,, Coel,  bleiben sie ruhig.“ , ermahnte ihn Seyonn.

,, Was bitte soll ich sonst tun…“

,, Dann helfen sie ihnen. Oder warnen sie.“ , sagte Wilkonson. ,, Ich befehle ihnen sicher nichts mehr, sie hören mir ja doch nicht zu. Und dann sind sie wenigstens aus dem Weg.“
Coel machte Anstalten aufzustehen. ,, Genau das habe ich vor.“

,, Eine Warnung noch. Kommen sie noch einmal zurück in GTDF-Gebiet  können sie nicht mehr mit Schutz oder Gnade rechnen. Verstehen wir uns?“ , wollte der Vorsitzende wissen

,, Bitten sie mich nicht um Hilfe, wenn ihnen ein Via das Genick bricht. Verstehen wir uns?“ , erwiderte er.
Coel wartete keine Antwort ab, sondern verließ den Raum.

,, Das war ein Fehler.“ , sagte Seyonn, der noch einen Moment blieb.

,, Vielleicht machen sie einen Fehler, ihr vertrauen in einen einzelnen Menschen zu setzen.“

Seyonn schüttelte nur den Kopf.

,, Ich fürchte, wir werden das alle bereuen.“ , mit diesen Worten folgte er Coel nach draußen.

 

,, Coel, jetzt bleiben sie doch mal stehen.“ Seyonn hatte Mühe mit dem wütenden Menschen Schritt zu halten, als sie das Foyer durchquerten und an den verwirrt dreinschauenden Wachen vorbei nach draußen auf die Straße  traten. Erst einige hundert Meter vom Parlament entfernt blieb Coel schließlich stehen.

,, Er ist ein blinder Idiot und sie werden mich nicht vom Gegenteil überzeugen.“ , sagte er.

,, Da stimme ich ihnen sogar unter Vorbehalten zu.“ , antwortete der Unity-Abgesandte.

,, Unter Vorbehalten ?“

,, Sie haben sich grade auch nicht unbedingt diplomatisch verhalten.“ , erwiderte Seyonn.

,, Kann sein…“ Er drehte sich endlich um. ,, Hören sie, gehen sie doch schon mal zurück zur Kronos. Ich… will noch ein paar Sachen holen.“

,, Halten sie das für eine gute Idee ?“

,, Sicher nicht. Ich habe endgültig genug von diesem Planeten, aber ich will nicht, das Wilkonson oder seine Leute  auf die Idee kommt meine Wohnung zu durchsuchen, finden würden sie zwar eh nichts“ , er zuckte kurz mit den Schultern , ,, Trotzdem würde ich einiges ungern da lassen.“

,, Wie sie meinen.“

,, Ich bin in spätestens zwei Stunden zurück.“ , erwiderte er.

 

 

Die erneute nächtliche Fahrt und die anschließende Wanderung durch die lichtlosen Straßen machte Coel nichts aus. Aber er hatte in der Stille mehr Zeit zum Nachdenken, als ihm lieb war.

Er zweifelte nicht daran, dass Wilkonson seine Drohung ernst gemeint hatte.

Vielleicht hatte Seyonn Recht und er selbst hatte sich genau so dumm verhalten…

Nein, er weigerte sich so etwas einzugestehen.  Trotzdem machten ihn die Worte des Vorsitzenden nach wie vor zu schaffen. War er besser, oder etwa in seinem Handeln genauso verblendet wie Wilkonson ? Er wusste es nicht und er würde die Antwort wohl auch nicht finden.

Wie hatte Seyonn gesagt, man musste den Weg zu Ende gehen.

Und vielleicht würde er an seinem Ende die Antwort kennen.

 

Er erreichte den Gebäudeblock in dem seine Wohnung lag und lief die Treppe hinauf. Erfreut stellte er fest, dass sein Schlüssel noch passte. Die Wohnungen und Räume hier waren älter und viele verfügten noch übe einfache Türschlösser statt elektronischen Schließmechanismen oder gar Retinascannern für die paranoideren Teile der Bevölkerung.

Coel betrat die kleine Wohnung.

Wie es aussah war niemand hier gewesen.

Er durchquerte den kurzen Flur und betrat das Wohnzimmer. Dahinter lagen die Küche und ein Schlafzimmer. Rasch begann er ein paar Sachen in eine Tasche zu packen. Hauptsächlich ein paar Kleidungsstücke, aber auch einige Papiere und Dokumente, die zwar unwichtig waren, trotzdem fühlte er sich nicht wohl damit sie hier zu lassen.

Coel hatte nie besonders viel besessen. Als die Tasche halb voll war warf er noch einen kurzen Blick in alle Räume und überlegte, ob es noch irgendetwas gab, das er vergessen hatte.

Sein Blick blieb an einem Blumentopf auf der Fensterbank hängen. Die Pflanze darin stammte von Artherium und hatte wohl nur deshalb überlebt, weil sie sogar mit einer Säure-Atmosphäre klar kam.

Entsprechend war aus dem  Ableger mittlerweile ein kleiner Baum geworden, der sogar einige in einem seltsam metallischen Blauton schillernde Blüten trug.

Einer kurzen Eingebung folgend, schnitt er einen kleinen Ast mit einer Blüte ab. Die Pflanze war so widerstandsfähig, das sie vermutlich mehrere Tage überleben würde, ohne sie irgendwo Einzupflanzen.

Mit einem letzten Blick zurück, verschloss er die Tür wieder hinter sich und machte sich auf den Rückweg.

Kapitel 26 Ruhe

 Er musste wohl kurz eingeschlafen sein.

Es war, als würde er aus einem tiefen Meer auftauchen.

Coel blinzelte verschlafen ins Licht weigerte sich aber, vollends aufzuwachen. Ein paar Schritte entfernen hörte er das Plätschern des Flusslaufs und irgendwo surrte eines der seltsamen Insekten  durch die Luft. Die Flügelschläge waren klar hörbar und erzeugten eine stetige Frequenz, die irgendwie beruhigend wirkte.

Wann hatte er sich das letzte Mal so vollkommen ruhig gefühlt? Es konnte Jahre her sein. Oder vielleicht auch noch nie. Coel zwang sich schließlich doch die Augen zu öffnen und sich aufzusetzen.

Schwacher Wind peitschte dunkle Wolken und  Schatten über das umliegende Grasland in Richtung der in einiger Entfernung sichtbaren Siedlung.

,, Sieht nach Regen aus.“ , meinte er… und stellte erst jetzt fest, das Aine nicht mehr da war.

Coel stand langsam auf und sah sich um. Die Artheranerin saß wieder am Fluss und hatte wohl nicht gemerkt, dass er aufgewacht war. Eine Weile stand Coel nur da und beobachtete sie, während sich ein größer werdendes Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete. Und kurz… ganz kurz durchfuhr ihn der verrückte Gedanke… wieso nicht einfach hierbleiben?  Sollten sich andere kümmern. Martin oder Seyonn würden auch ohne ihn klarkommen. Er hatte genug getan. Einen Moment gab er sich diesem Gedanken hin, bevor er ihn wieder verbannte. Es war noch lange nicht vorbei und das war ihm klar.

Aber irgendwie schien es ihm plötzlich nicht mehr so erdrückend darüber nachzudenken.

 

 

,, Alles in Ordnung ?“ , fragte er.

,, Ja, doch alles bestens.“ , erwiderte sie kalt. Ihre plötzliche Gereiztheit überraschte ihn, aber Coel war nicht gewillt, sich dadurch verunsichern zu lassen.

,, Sicher ?“ , sagte er nicht überzeugt und  setzte sich wieder zu ihr. Das Wasser in dem niedrigen Bachlauf war vollkommen klar, fast farblos. Etwas wie das fand man auf der Erde nicht mehr.

,, Ich habe…. Nur zu lange nachgedacht, das ist alles.“

,, Worüber ?“ Er setzte sich neben sie. Artheraner waren in der Lage sehr viel mehr Informationen zu verarbeiten und somit auch schneller zu denken als ein Mensch.

Wenn also einer wirklich über etwas nachdachte, überlegte Coel, musste es wichtig sein.

Sie antwortete nicht sofort.

,, Wenn du nicht darüber reden willst…“ , meinte er ruhig.

,, Nein, das ist es nicht.“ Aine schwieg kurz. ,, Das kann nicht funktionieren.“

,, Was kann nicht funktionieren ?“
,, Das alles. Ich, du…und doch…“

,, Aine.“ , unterbrach Coel sie.

,, Nein, hör mir zu. Was wenn ich sterbe? Machst du einfach weiter? Oder… wenn du mich zurück lassen müsstest, wenn es keinen anderen Weg gäbe, könntest du das?“

,, Ich weiß es nicht. Könntest du es?“ , fragte er, unfähig Aines Zweifel zu zerstreuen.

Die Artheranerin antwortete eine Weile nicht.

,, Es macht mir Angst.“ , gestand sie schließlich. ,, Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich wirklich Angst vor etwas.“

,, Du hast Angst, Gefühle zuzulassen ?“ Er fasste ihre Hand. ,, oder Angst vor mir ?“
Sie sah hinab auf seine Hand. ,, Nein nicht vor dir… Ich, ich weiß nicht ob du das verstehst.“

,, Ich versuche es Aine, ich versuche es die ganze Zeit. Aber dazu musst du mit mir reden.“ Und dann erzählte er die vielleicht größte Lüge seines Lebens. ,, Ich kann gehen wenn du willst, dich vergessen und so tun als sei nie etwas geschehen.“

,, Nein… Ich habe mich nur nie um andere gekümmert, verstehst du?“ Aine machte erneut eine Pause und schien sich eine Weile in Erinnerungen zu verlieren.

Coel erwiderte nichts und wartete nur ab.

  ,, Den Großteil meines Lebens verbrachte ich damit allein zu sein.“ , meinte sie weniger ernst, aber immer noch bestimmt.

Coel zog eine Augenbraue hoch. ,, So ?“ , versuchte er das Eis endgültig zu brechen.  ,, Komm sei ehrlich, es gab doch sicher einige Verehrer, ich meine wenn sogar ein dummer, langsamer Mensch sich… “ Aine lachte und unterbrach ihn dadurch, wurde dann aber wieder ernst.

,, Du weißt sehr wenig über mich. Oder über Artheraner.“  Coel wartete, ob sie ihre Worte näher erläutern würde, aber offenbar wollte sie nicht weiter darüber reden. ,, Wenn wir jemanden ausschließen tun wir das sehr gründlich.“ , fügte sie noch hinzu.

,, Was ich weiß reicht mir. Ich könnte dir nicht mehr trauen.“ , erklärte er.  Was auch immer sie getan hatten, wie viele Gelegenheiten e s gegeben hatte… Aine hatte immer hinter ihm gestanden. Brauchte er irgendwelche anderen Beweise als alles, was er mit eigenen Augen gesehen hatte ?

,, Ach ?“ Ein schwaches Lächeln zeigte ihm, das er sein Ziel erreicht hatte.

,, Ja.“ Aine war aufgestanden und Coel erhob sich ebenfalls.

,, Schließ die Augen.“

,, Ok…“ Verwundert machte er die Augen zu, um im selben Moment zu spüren wie ihn jemand schubste.

Er fiel haltlos mit den Armen rudernd nach hinten…. Und Schlug im Wasser  des Flusses auf.

,, Ich nehme alles zurück.“ , meinte er lachend , sobald er sich wieder an die Oberfläche gekämpft hatte.

 

,, Das war nicht lustig.“ Seine Kleidung war immer noch klatschnass, als sie sich auf den Rückweg machten.  Zu allem Überfluss hatte es auch noch angefangen leicht zu regnen. Der Stand der Sonne, soweit Coel diese zwischen den Wolken sehen konnte, hatte sich kaum verändert.

 Durch die extrem  langen Tage auf Eos konnte er sich jedoch ohnehin nicht auf sein Zeitgefühl verlassen.

Bevor Aine antworten konnte zuckte sie kurz zusammen und warf einen Blick auf die Verletzte Schulter. ,,Ich fürchte, für die nächsten Tage, kann ich den Arm vergessen. Verdammt.“

,, Aber du hast Skelaw am Leben gelassen.“

,, Noch etwas  wofür ich dir die Schuld geben kann.“ , erwiderte die Artheranerin ungehalten. Coel wusste jedoch, dass das nur gespielt war. ,, Früher hätte ich ihn ohne zu zögern getötet.“

,, Am Ende zählt nicht, was wir getan haben, sondern vielleicht viel mehr, was nicht.“ , meinte er. ,,Das behält man in Erinnerung. Und ich glaube, du hast das richtige nicht getan.“

,, Vielleicht.“

Sie verfielen in einstimmiges Schweigen. Aber Coel fiel eine Frage ein, die er sich schon seit der Begegnung mit Vaas und dem restlichen Rat stellte.

,, Warum gibt es eigentlich keinen Vertreter der Karwins im Rat ?“

Aine blieb ruckartig stehen. Sie drehte sich langsam um und schien erneut, länger als üblich , nachdenken zu müssen.

,, Weil mein Haus tot ist Rafail.“ , sagte sie schließlich tonlos. ,, Meine Familie existiert nicht mehr. Die meisten starben auf Artherium und die wenigen die Überlebten… sind auch tot. Ich bin die letzte.“

Coel wusste nicht was er darauf erwidern sollte. Er wusste wohl wirklich wenig über sie… Aber doch genug, entschied er. Sie würde es ihm erzählen oder auch nicht.
,, Es tut mir leid.“ , sagte Coel nur.

,, Muss es nicht. Ich habe die meisten ohnehin  nie kennengelernt. Aber… sagen wir einfach, ohne Clan aufzuwachsen ist nicht grade das, was man einfach nennen würde.“

Adams sah auf, als irgendwo etwas zu ticken begann… nicht wie eine Uhr, sondern eher wie etwas völlig anderes. Und es schein sich durch die Schiffswände neben ihnen zu bewegen

,, Sagen sie… welche Energiequelle nutzt dieses Schiff ?“ , fragte er Malik, während er weiter nach der Quelle des  Geräuschs suchte. Bisher hatte er nicht wirklich viel gefunden, wobei er hätte helfen können.

Es gab ein paar kleinere Probleme mit einigen Steuerungselementen ansonsten jedoch kam er sich ansonsten , trotz seines Hilfsangebots, recht nutzlos vor.

,, Einen Uran-Reaktor. Das ist noch ein älteres Modell und…“ Jetzt schien auch Malik das Ticken zu bemerken. Plötzlich öffnete sich ein Lüftungsschacht und, etwas,  jemand fiel leichtfüßig heraus auf den Gang.

,, Oh, keine Sorge“ , meinte die kleine und schmutzige Gestalt und klopfte sich etwas Dreck aus der Kleidung. Eine Artheranerin wie er feststellte. Aber sicher nicht älter als 15 Erdjahre… oder weniger ?

,, Der ist manchmal ein bisschen überempfindlich.“ , erklärte sie und schlug ein paar Mal mit der Handkante gegen den Geigerzähler, bis das Gerät verstummte.

,, Ihr lasst hier Kinder arbeiten ?“

,, Das kommt darauf an, wie ihr Volk Kind definiert.“

,, Nun ja, wir lassen eigentlich überhaupt niemanden in einem radioaktiv verstrahlen Schiff herumlaufen.“   erwiderte Adams  nachdem er seine Überraschung abgeschüttelt hatte. ,, Geben sie das  mal her…“ Adams nahm dem Kind, er weigerte sich es als etwas anderes zu sehen, das Gerät ab  und stolperte ein paar Schritte rückwärts, als er auf die Anzeige des Geigerzählers sah.

,, Wie viele Strahlungstote haben sie im Jahr ?“ , fragte er entsetzt.

,, Was ist ?“ , wollte Malik wissen

,, Was ist ? Jeder der sich sagen wir mal… eine Woche in diesem Schiff aufhält, darf sich vermutlich offiziell zu den Lebenden toten zählen.“ Er versuchte seine plötzlich aufkommende Wut zu unterdrücken, aber er brauchte nur in Richtung des kleinen Mädchens sehen, das ohne jeden Schutz durch die Schächte des Schiffs kletterte.  ,, Es sei denn Artheraner sind um einiges Strahlenresistenter als ich dachte.“

Malik schüttelte den Kopf. ,, Das… das war mir nicht bekannt.“

,, Schon gut.“ Adams ließ den Strahlungsmesser in seine Tasche wandern. ,, Wenigstens habe ich jetzt etwas womit ich ihnen helfen kann. Eine Abschirmung für den Reaktor zu bauen ist eigentlich recht einfach, hoffe ich.“ Adams sah sich nervös in den Gängen um. Um sein eigenes Leben machte er sich keine Sorgen. Er war Alt. Aber…

,, Ich würde das ungern hier drinnen besprechen. Bringen sie alle raus aus dem Schiff und dann zeige ich ihnen was sie brauchen.“

 

,, Was ist denn mit ihnen passiert ?“ , fragte Martin spöttisch , als er Coel und Aine entdeckte.

,, Fragen sie nicht.“ , erwiderte Coel, dessen Kleidung noch immer nass war. ,, Gibt es irgendwas Neues ?“

,, Ich habe mich nochmal mit diesem Elth unterhalten.“

,, Er ist einer der…  liberaleren Artheraner.“ , sagte Aine. ,, Ich vermute, er wird wohl unseren Vorschlag unterstützen.“
,, Nicht ganz.“ Martin fasste schnell das Gespräch zwischen ihm und dem Artheraner zusammen.

,, Er versucht also aus der ganzen Sache einen Vorteil zu ziehen.“ , stellte Coel fest.

,, Wir können es uns auch aber schlecht leisten auf einen Verbündeten zu verzichten.“ , gab Aine zu bedenken.

,, Da gebe ich ihnen recht.“  Coel drehte sich zu der neuen Stimme um und sah Adams, der sichtlich erschöpft wirkte.

,, Bei ihnen alles in Ordnung ?“

Adams nickte. ,, Ich bin nur etwas Müde. Wussten sie, das die halbe Kinder auf ihren Schiffen arbeiten lassen?“ , fragte er an die Artheranerin gerichtet.
,, Sie werden zu nichts gezwungen.“ , sagte Aine schuldbewusst.

,, Schon gut. Jedenfalls habe ich ein paar Stunden damit verbracht einigen artheranischen Technikern zu erklären, wie sie verhindern, dass ihre Reaktoren die Schiffe in radioaktiven Sondermüll verwandeln.“

Adams machte eine kurze Pause. Tatsächlich war es sehr viel schwerer gewesen, die meisten Artheraner zu überzeugen, das überhaupt etwas unternommen werden musste. E

s schien bisher niemand auf die Idee gekommen zu sein, die zahlreichen Toten an Bord der Schiffe mit Atom-Reaktoren mit unzureichendem Strahlenschutz in Verbindung zu bringen.

Oder was er für wahrscheinlicher hielt, jemand hatte das einfach absichtlich verheimlicht. Korruption gab es wohl auch überall.   ,, Wir gehen also und treffen uns mit diesem Elth?“

,, Nun, reden Schadet nichts.“ , meinte Coel. Er warf einen Blick zum Himmel. Die Sonne stand nur noch eine Handbreit über dem Horizont, aber er wusste, dass das nicht viel zu sagen hatte. Vermutlich blieb es noch über 12 Stunden hell. Und irgendwo über ihnen befand sich die Kronos in einer Umlaufbahn um Eos, an Bord einen unruhigen Seyonn, der eine Schachpartie nach der anderen verlor.

Dahinter lagen die übrigen Monde und Planeten dieses Systems und noch sehr viel weiter… die ersten menschlichen Kolonien…. Und schließlich auch die Erde. Wenn er richtig schätze, müsste es auf der westlichen Hemisphäre grade kurz nach Mitternacht  sein.  Grade ging dort  ein weiterer Tag zu Ende. Es sollte der letzte friedliche Tag für eine lange Zeit sein.

Kapitel 27 Veni vidi Vici

Henry Wilkonson sah zu den zwei Männern auf, die vor seinem Schreibtisch standen. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und ließ sich Zeit.

In einer Hand hielt er mehrere Bögen beschriebenes Papier, die er langsam bei Seite legte, so als würde er seine Gäste erst jetzt wirklich wahrnehmen.

Das große Fenster in seinem Rücken gewährte einen Blick hinaus auf die  im ersten Morgennebel versunkene Stadt. Es war noch dunkel draußen und der Mond stand als helle Scheibe kurz über dem Horizont.

,, Sie müssen handeln.“ , forderte der Mann, der links von ihm stand. Schwarze Haare, die lediglich von einigen grauen Strähnen durchzogen waren, dunkle Augen und ein Designeranzug, der wohl mehr kostete, als ein durchschnittlicher Arbeiter im Jahr verdiente. Der andere Mann zu seiner rechten trug eine simple Blauweiße Uniform mit dem Shuttle-Erde-Emblem der Handelsmarine.

,, Ich muss überhaupt nichts. Schon gar nicht, nur weil sie mir das sagen Thomas.“ , meinte er an den schwarzhaarigen Mann gewandt. Thomas Keller  war einer der Direktoren der Handelsmarine, einer Dachgesellschaft unter der sich die meisten Firmen, die an Kolonialprojekten und dem Interstellaren Handel beteiligt waren zusammengeschlossen hatten. Und natürlich hatten die Nachrichten über die abtrünnigen Kolonien viele Investoren unruhig werden lassen.

,, Wenn die Lieferungen dieser Kolonien ausbleiben…“ , setzte Keller an.

,, Wir das ihren Gewinn etwas schmälern Gentleman , sonst gar nichts. Ich werde keinen Krieg anfangen, damit sie  mehr Gewinne machen. Solange die Versorgung der Erde nicht wirklich bedroht ist, sehe ich keinen Bedarf für eine militärische Intervention.“ , erwiderte Wilkonson. ,, Und soweit“, fügte er warnend hinzu. ,, Sind wir noch lange nicht.“

Nun meldete sich der Mann in der Uniform zu Wort. Er war ein Stück jünger als Keller, sah ihm ansonsten aber so ähnlich, das Wilkonson einen Moment überlegte, ob der Mann Familie hatte. Soweit er wusste, war er zwar verheiratet gewesen, aber seien Frau früh verstorben und der Sohn seit fast einem Jahrzehnt verschollen. Also vermutlich Tod.

Wilkonson nahm den Stapel Papiere wieder in die Hand. ,, Tatsächlich habe ich… etwas nahgedacht.  Ich trete zurück.“

,, Was ?“

,, Sie haben mich schon verstanden. Allerdings, eine Kleinigkeit habe ich noch zu erledigen.“ Wilkonson drehte die Blätter in seiner Hand und legte sie so hin, das sowohl Keller als auch sein Assistent sie lesen konnten.

,, VTC… Vindication and Trade Coalition…” Keller legte die Papiere wieder bei Seite und blinzelte Ungläubig. ,,  Das ist nicht ihr ernst. Sie reden davon das gesamte Parlament umzugestalten…“

,, Durchaus. Unter gleichberechtigtem Einbezug der Kolonien und… vielleicht nicht nur der menschlichen Kolonien.  Die Zeiten, in denen wir uns Ignoranz leisten konnten,  sind lange vorbei. “ , erklärte er.

,, Das bringen sie niemals durch.“

,, Tatsächlich meine Herren, habe ich das bereits. Die Imperialisten stehen hinter mir und was die Commonwealth-Vertreter im Parlament angeht, so habe ich mir auch deren Unterstützung versichert. “ Er nahm die Blätter wieder an sich und ließ sie in seiner Manteltasche verschwinden.

,, Wissen sie, ich habe eine ganze Weile darüber nachgedacht und  es brauchte mehr als einen Anstoß für mich, aber ich glaube das ist möglicherweise der einzige Weg, weitere Konflikte zu vermeiden. Besonders jetzt  . Sehen sie es als meine letzte Amtshandlung an. “

Mit diesen Worten stand Henry Wilkonson auf und trat, ohne die beiden Handelsmarine-Vertreter noch einmal zu beachten, nach draußen. 

Der Flur war praktisch verlassen, genau wie das Foyer des Parlaments, wo nur die einige Sicherheitsbeamte Wache hielten. Einige warfen dem Vorsitzenden, bald ehemaligen Vorsitzenden, verwirrte Blicke zu, als er  ohne ein Wort auf die Straße hinaus trat.

 Kalte Luft schlug ihm entgegen. Irgendwo rief jemand etwas. Er achtete kaum darauf. Einige Leute deuteten aufgeregt über irgendetwas  nach oben. Er ignorierte sie und eilte weiter durch die noch dunklen Straßen. Hier durch eine Gasse, die sich zwischen den hoch aufragenden Türmen des

 

Stadtzentrums hindurchwand , dann wieder über eine der Hauptstraßen wo er sich durch die Menschenmenge drängen musste um vorwärts zu kommen. Irgendwann ließ er sich auf eine Bank am Straßenrand fallen.

Zum ersten Mal hatte Wilkonson das Gefühl wirklich etwas verändert zu haben. Und gleichzeitig fiel eine unendlich schwere Last von seinen Schultern.  Er hatte immer versucht, das richtige zu tun. Und war ihm das gelungen?

Er kannte die Antwort nicht. Sicherlich nicht immer.  Aber er kam sich seltsam verloren vor. Ohne ein wirkliches Ziel, ohne… Ambitionen.

 

Etwas traf Wilkonson von hinten  schmerzhaft am Kopf. Sein Blickfeld verschwamm, während er versuchte aufzustehen und sich umzudrehen.

Stattdessen fiel er, wurde jedoch von etwas… jemanden Aufgefangen, bevor er auf dem Boden aufschlug. Er fragte sich, ob er nicht doch besser früher zurückgetreten wäre. Jetzt so schien es, wollte ihm das Schicksal einfach nur einen Streich spielen.

Dann wurde alles schwarz um ihn und das letzte was er sah, waren die seltsam leblosen Augen eines Mannes, der sich über ihn beugte.

Ansonsten schien die Straße wie ausgestorben.

Wilkonson erkannte die Wahrheit und hätte am liebsten laut gelacht.

Dafür fehlte ihm aber nun die Kraft.

Der Fremde war ein Via.

Warum ausgerechnet jetzt?

 

Aus einer dunklen Seitenstraße beobachtete ein Mann im Kapuzenpulli wie der Via mit dem Parlaments-Vorsitzenden verschwand.

Als hätte er sich in Luft aufgelöst, dachte Marck. Er sah nach oben.

Der Mond war bereits zur Hälfte hinter dem Horizont verschwunden aber… die Ansammlung von Schatten darauf war trotzdem kaum zu übersehen.

Irgendetwas kam näher, ohne dass sie es auch nur bemerkt hatten.

Er ließ eine Hand in der Tasche seines Pullovers verschwinden und zog ein Telefon hervor. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis ihm jemand antwortete.

,, Hallo ?“ , fragte Cain Steel sichtlich verwirrt.

,, Sie könnten mir erklären, wie es ein Via auf die Erde geschafft hat. Oder ihre Schiffe ohne Gegenwehr so nah heran.“ , erklärte er ohne sich vorzustellen.

,, Wer zur Hölle… sie haben fünf Sekunden mir zu erklären, wer sie sind und woher sie diese verdammte Nummer haben.“

,, Sagen wir einfach ein Freund von Coel,  alles andere ist nicht wichtig.“

,, Das könnte ja wohl…“

,, Haben sie schon mal einen Blick zum Mond geworfen ?“ , fragte Marcks, bevor der Admiral weitersprechen konnte.

Es folgten einige Augenblicke Stille. ,, Verdammt.“

,, Also, wie zur Hölle konnte das passieren ?“

,, Ich weiß nicht wer sie sind, das sie einfach…“

,, Ein Freund. Hören sie, ihr Parlamentsvorsitzender ist grade vor meinen Augen entführt worden. vielleicht auch getötet, ich weiß es nicht.“

,, Die müssen unsere Überwachung irgendwie.. blockiert oder umgangen haben.  Wir hatten fast alle Schiffe aus dem Orbit abgezogen und einem… neuen Kommandanten unterstellt.“ , meinte Steel nach einer Weile zögernd.

,, Watergate.“ , murmelte Marcks. ,, Großartig, wir stehen also ohne Luftverteidigung da.“

,, Was ?“ , fragte Steel nach.

,, Nicht wichtig. Hören sie, sie müssten etwas für mich tun.“

,, Ich weiß noch immer nicht einmal wer…“

,, Sichern sie die BSN-Gebäude mit allen Leuten die sie haben.“

,, Wozu ?“

,, Weil ich ihren Vorsitzenden genau dorthin bringe wenn er noch lebt.“

,, Was zur…“

,, Tun sies einfach.“ Mit diesen Worten legte er auf und sah hinauf zum Mond, wo die Schatten mittlerweile deutlichere Formen angenommen hatten. Es waren drei. Drei Schiffe.

Entweder, dachte er, leiden die Via an maßloser Selbstüberschätzung… oder sie sind mächtiger als wir alle dachten.

Marcks machte einen weiteren Anruf, dann noch einen. Am Ende hatte er alles beisammen was er brauchte. Ein dritter Anruf wurde nur noch mit rauschen beantwortet.

Das war zu erwarten gewesen. Er warf das Telefon weg, für die nächsten Stunden gab es vermutlich keine Möglichkeit mehr, irgendjemanden zu erreichen.

Die Schiffe blockierten die Kommunikation.

 

Henry Wilkonson konnte seine Umgebung nur langsam wieder wahrnehmen. Er lag auf einem  Boden, der aus einem dunklen, spiegelnden Material zu bestehen schien. 

Sein Spiegelbild starrte verwirrt zu ihm zurück, als er langsam aufstand. Der Raum in dem er sich befand war weitläufig. Und noch dazu vollkommen leer.

Alles hier drinnen schien aus demselben  glasähnlichen  Material zu bestehen, die Wände, der Boden, die Decke… Türen oder Zugänge konnte Wilkonson keine ausmachen.

,, Ich hoffe sie fühlen sich besser ?“ , fragte eine Stimme hinter ihm. Langsam drehte er sich um.

Im Licht eines großen Fensters, durch das Wilkonson die Erde erkennen konnte stand eine einzelne Gestalt. Ihre Gesichtszüge  blieben größtenteils im Dunkeln verborgen, denn das einzige Licht in dem Raum kam tatsächlich vom Fenster und wurde dort von den spiegelnden Oberflächen reflektiert. Kein Wunder, dachte er. Via brauchten kein Licht.

Der Mann, zumindest klang die Stimme nach einem, schien etwas zu tragen, das ihn an eine Robe oder einen Talar erinnerte.

 Normalerweise hätte er das wohl Lächerlich gefunden… aber hier machte es ihm Angst. Wilkonson wusste, wo er sich befand.

,,Sind sie Asmodeus  ? “ , erwiderte er und versuchte dabei ruhig zu klingen.

Die Gestalt bewegte sich ein paar Schritte in den Raum hinein. Der Saum des Talars glitt dabei hinter ihr her und Verlieh der Bewegung etwas fließendes… fast Raubtierhaftes.

 ,, So nenne ich mich im Moment ja. Ein passender Name.  Finden sie nicht auch? Also, nochmal, wie geht es ihnen?“

,, Ich bezweifle, dass sie das interessiert.“

 ,, Das ist Natürlich, weil sie nichts verstehen.  Abad. Untergang, Vertilgung. Aber von was ?“

,, Ich verstehe, dass sie bereit sind eine Million Leben und mehr zu Opfern nur um ihre Ziele durchzusetzten. Ein Universum nach ihren Vorstellungen um jeden Preis.“ , erklärte Wilkonson. Er versuchte Selbstsicher zu klingen und scheiterte. Seine Stimme bebte.

,, Das mag sein. Und worin unterscheidet uns das dann?“ , fragte sein Gegenüber ruhig.
,, Worin uns das… Ich bin nicht bereit Millionen von Leben dafür zu opfern.“

,, Wirklich ?  Was war mit Artherium ?“ Woher wusste der Via davon… es schien auch egal. ,,Sagen sie mir, ist es nicht besser, ein paar zu Opfer, wenn man damit alle retten kann? “

,, Das wissen sie nicht.“

,, Ich habe doch gesehen, wohin ihr Weg führt.“ , erklärte Asmodeus. ,, Es ist der gleiche Weg, den wir einst gingen. Und er fürchte nur zu Tod und Leid.“

Die Gestalt drehte sich um und wendete sich dem Fenster zu.  ,, Wir sind auf überraschend wenig wiederstand gestoßen.“ , meinte sie.

Wilkonson kam es vor, als würde der Mann mehr zu sich selbst sprechen als mit ihm.

,, Geben sie dem Schnee die Schuld, wenn jemand darin erfriert ?“

Wilkonson wusste nicht worauf sein… Entführer, hinaus wollte. ,,  Schnee hat keine Entscheidungsfreiheit und auch kein Bewusstsein, also nein.“ ,

,, Wir sind nur wie dieser Schnee, in dem die Schwachen Teile der Gesellschaft, die Korrupten erfrieren müssen.“

Wilkonson schüttelte langsam den Kopf. ,, Sie sind kein Schneesturm. Sie haben ein Bewusstsein, eine Möglichkeit sich zu entscheiden.“

,, Und unsere Entscheidung fiel bereits vor eintausend Jahren. Es spielt keine Rolle mehr.“ Der Via deutete hinunter auf den Planeten.

,, Wie viele Menschen ? Zehn Milliarden ?“

,, Zu viele für euch.“ , erwiderte Wilkonson scharf. ,, Viele werden kämpfen.“

,, Das ist… bedauerlich.“

,, Bedauerlich ?“

,, Ich möchte nicht, das Leute sterben, oder dachten sie das ?“

Wilkonson schwieg, tatsächlich dachte er genau das.

,, Nein, wenn es nach mir ginge, müsste heute kein Blut vergossen werden. Aber… ich kann keinen Wiederstand dulden. Wer heute zur Waffe greift, wird sterben.“

,, Ihr könnt die Oberfläche unmöglich besetzten.“ , gab Wilkonson zu bedenken. Er war sich mittlerweile sicher, dass der Via ohnehin alles ignorieren der verwerfen würd, was er sagte. ,, Es sind zu viele.“

Der Mann wendete sich vom Fenster ab und zum ersten Mal konnte Wilkonson einen Blick auf seien Gesichtszüge erhaschen. Ebenmäßige Züge, die genauso alterslos wirkten wie bei den Unity. Aber gleichzeitig… künstlicher. Dunkle leblose Augen und Haare, die das Gesicht beinahe wie ein dunkler Heiligenschein einrahmten, durch den sich graue und dunkle Strähnen gleichermaßen zogen, als wären die einzelnen Haare unterschiedlich alt.

,, Das glaube ich nicht.“ Dann wendete er sich wieder ab, als wäre Wilkonson überhaupt nicht da.

,, Und warum bin ich dann hier ?“

Der Via antwortete nicht, als würde er überlegen, was er erwidern sollte. Bevor er jedoch zu einer Antwort kam ging ein Ruck durch das Schiff und Wilkonson fand sich erneut am Boden kauernd wieder.

,, Was war das ?“

,, Nur eine kleine… Unannehmlichkeit.“ Der Via lief auf eine der scheinbar massiven Wände zu und kurz bevor er mit dem schwarzen Glas kollidierte glitt ein Teil der Wand beiseite nur um sich sofort hinter ihm wieder zu schließen.

,, Hey.“ Wilkonson tastete die Wand fast fünf Minuten nach irgendeinem Mechanismus oder einer Möglichkeit ab, einen Durchgang zu öffnen, gab dann aber frustriert auf.

Eine weitere, diesmal stärkere Erschütterung ging durch das Schiff.

Offenbar gab es  doch mehr Wiederstand als der Via behauptet hatte.

Kapitel 13 Utgar

 Enclave war eine trockene Welt. Nahe an dem Stern des Systems, einem blauen Zwergs gelegen erschien der Planet fast winzig obwohl er fast den doppelten Durchmesser der Erde hatte.

,, Wir gehen auf der Nachtseite runter, da werden wir nicht sofort geröstet.“ , wies Seyonn Ägir an. Gelbliche Staubschleier in der Atmosphäre verdeckten stellenweise die Sicht auf die Oberfläche der Welt.

,, Ich weiß, ich war schon mal hier.“ , antwortete der Navigator.

,,Ich nicht.“ , erwiderte Coel.  Ohnehin war es ungewöhnlich für einen Menschen, hierher zu kommen. Vertreter der Unity fand man zwar in der ganzen Galaxie verteilt aber nur die wenigsten hatten je auch nur einen Schritt auf Enclave gesetzt. Woran allerdings auch die ungastliche Oberfläche des Planeten ihren Anteil hatte. Der blaue Stern schickte Wellen aus Strahlung über die leeren Wüsten, die jedes Leben wohl über kurz oder lang auslöschen würden. Es gab nur wenig Vegetation, die sich diesen extremen Bedingungen angepasst hatte und praktisch kein tierisches Leben.

,,Na da können sie sich schon mal auf was gefasst machen.“ , meinte Martin. ,, Die Städte sind unterirdisch und… ach das sehen sie bald selbst.“

Coel nickte ihm nur zu. Wenn Martin sich schon für Architektur begeisterte, musste an der Sache ja was dran sein. Er zuckte kurz zusammen, als sich seine Kopfschmerzen zurück meldeten und ihn lebhaft daran erinnerte, warum sie hier waren.

,, Und sie Watergate ?“ , fragte Ägir.

,, Ich hoffe nur das geht schnell.“ , knurrte dieser. ,, Wir verschwenden schon genug Zeit.“

,,  Wollen sie das nochmal wiederholen ?“, sagte Aine und bemerkte zu ihrer Zufriedenheit, wie Watergate tatsächlich ein Stück zurückwich.

,, Wie wäre es, wenn wir versuchen, friedlich zu bleiben ?“ Seyonn sah zwischen Aine und Watergate hin und her. ,, Das wäre besser für alle.“

Unsicher, ob die letzte Bemerkung eine Drohung war, trat Aine einige Schritte zurück. ,, Na schön.“
,, Coel, wie geht es ihnen ?“ , wollte der Unity-Abgesandte wissen.

,, Kopfschmerzen, wie immer und diese verdammten Bilder, die mir einfach nicht aus dem Kopf wollen. Immer dieselben Symbole, immer dieselben Zahlen.“

,, Ich weiß, ich habe ihre.. Aufzeichnungen, wenn man das so nenne kann gesehen.  Ich würde sie gerne Utgar zeigen. Er wird vielleicht wissen, was zu tun ist.“

,, Wenn sie meinen, dass das wichtig sein könnte.“
,, Es stammt von den Erbauern. So ziemlich alles, was wir daraus erfahren könnten, ist wichtig.“

,, Aber sie wissen noch nicht, ob das überhaupt etwas bedeutet ?“

,, Noch nicht.“ Seyonn betonte das noch, als wäre er bereits überzeugt, dass es mehr war als die Halluzinationen eines überlasteten Verstands.

Der feine Sand auf der Oberfläche von Enclave wurde durch den Luftzug, den die Kronos erzeugte aufgewirbelt und mitgerissen und bildete eine Kilometer weit sichtbare Wolke in der klaren Nacht. Die meisten großen Schiffe waren zu schwer um auf einem Planeten sicher landen zu können oder auch nur von diesen abzuheben, ohne auseinanderzubrechen. Dieser Umstand sorgte dafür,  

dass sie meist im Weltall gebaut wurden und auch bis zu ihrem Zerfall oder bis zur Zerstörung dort blieben.

Die Kronos war leicht genug, um in der Schwerkraft eines durchschnittlichen Planeten nicht zerrissen zu werden, aber es stellte immer noch eine Herausforderung dar, die tausende Tonnen Stahl auf den Boden zu bringen.

Trotzdem schaffte es Ägir irgendwie an der von Seyonn beschriebenen Position zu landen. Eine große steinerne Plattform erhob sich wie ein künstlicher Berg über den Dünen. Als das Schiff darauf aufsetzte rieselte die Sandwolke in der Ferne zu Boden und erfüllte die Luft mit dem knistern von Tausenden langsam zu Boden fallenden Sandkörnern.

,, Das also ist es ?“ , fragte Coel, nachdem er, Martin, Aine und Seyonn das Schiff verlassen hatten.  Der Rest würde an Bord bleiben und versuchen einige letzte Schäden zu reparieren, um die sie sich im All nicht hatten kümmern können. Er ließ seinen Blick eine Weile über das endlose Sandmeer schweifen.

,, Es wirkt fast friedlich.“ , meinte Aine

,, Friedlich ? Es gibt hier draußen praktisch kein Leben. Mir macht der Gedanke eher Angst.“ Martin sah zu Seyonn. ,, Also, können wir ?“

Der Unity-Abgesandte nickte, dann… begann die Steinplatte sich abzusenken. Coel trat vom Rand der Plattform zurück, während diese  langsam im Sand verschwand der ,  anstatt sie zu begraben , durch irgendetwas zurück gehalten wurde und einen senkrechten Tunnel bildete.

,, Ich sagte doch, das ist beeindruckend.“ Sagte Martin.

Coel sah sich einen Moment sprachlos um.  ,, Ja… Ich schätze das ist genau das richtige Wort.“

Die Plattform erreichte das Ende des seltsamen Tunnels und schwebte plötzlich frei in der Luft. Coel musste ein paar Mal blinzeln, bis er seinen Augen traute. Unter ihnen und auch an den seltsam kristallin wirkenden Felshängen lag eine ganze Stadt. Schwindelerregende Bauten, die sich in den dunklen Himmel  der Höhle erstreckten, Straßen und Wege die wie aus dem Stein poliert wirkten und über allem… über all dem lag ein grauer Nebel, der sich hier und da zu flüchtigen Formen anzuordnen schien, an manchen Stellen dichter wurde, während er sich an anderen Auflöste.

,, Ist das…“ , begann Aine.

,, Das sind wir.“ , erwiderte Seyonn.

Ohne Vorwarnung verdichtete sich der Nebel auf Höhe der Plattform und zwei Gestalten bildeten sich heraus. Ein Mann und eine Frau die wie Menschen aussehen, aber Coel brauchte sich nichts vormachen. Er hatte zwei Vertreter der Unity vor sich und anders als Seyonn wirkten sie kalt und unversöhnlich, auch wenn er nicht wüsste, was er getan haben könnte um sie zu verärgern… außer…

,, Weshalb kommt ihr hierher ?“ Die Augen der Frau fokussierten ihn, als Seyonn sich an der Gruppe vorbei nach vorne drängte. ,, Wir benötigen Hilfe. Es gab einen Unfall in einem Archiv.“ Wenn die Nachricht die zwei überraschte, so zeigten sie es nicht. Seyonn schildete Grob, wie sie in das Archiv gelangt waren und was danach geschehen war.

,, Ihr solltet Utgar aufsuchen.“ Es klang wie ein Befehl, nicht wie ein Vorschlag.

,, Das hatten wir ohnehin vor.“ , erklärte Seyonn.

,, Gut, aber vergesst nicht Seyonn, ihr seid für diese Leute verantwortlich. Und ihr habt hier nicht mehr viel Rückhalt.“ Mit diesen Worten verschwanden die zwei Gestalten in einem Wirbel aus grauen Partikeln.

,, Na da fühle ich mich doch gleich viel besser.“
Einige Augenblicke später kam die Plattform endlich zu einem halt, als sie den Boden erreichten.

,, Ich denke mal, damit ist klar wohin wir müssen.“

Seyonn nickte. ,, Utgar ist ohnehin vermutlich der einzige der ihnen helfen kann Coel.“
,, Vermutlich ?“

,, Da wären noch die Via. Die würden einfach aus ihrem Verstand rausreißen was sie brauchen. Das wäre ihrer Gesundheit nicht sehr zuträglich.“

,, Klingt ja freundlich. Womit muss ich rechnen?“

,, Utgar ist einer der ältesten unter uns. Sie sollten auf jeden Fall respektvoll sein.“ , erwiderte Seyonn.

,, Sie sagten er sei auch ein Archivar… wo genau liegt der Unterschied zwischen Archivaren und Unity ?“ , fragte Coel, der sich immer noch nach allen Seiten um sah. Ab und an schimmerten wieder Symbole und geometrische Formen an den Rändern seines Gesichtsfelds auf.

,, Archivare sind… Verwalter wenn man so möchte. Das Wissen, das die Unity vor und auch nach dem Zusammenbruch ansammelte ist gewaltig. Es braucht mehr als einen Computer um damit umgehen zu können. Unsere Lösung waren organische KIs, ein echtes Bewusstsein, vernetzt mit dem gesamten Fundus unseres digital gespeicherten Wissens. Wissenschaft, Geschichte, Taktiken…

Es ist schwer nur mit Worten  zu beschreiben.“

,, Grob gesagt… eine Art Nexus für sie ?“ , wollte Aine wissen.

,, So ähnlich.“ , bestätigte Seyonn. ,, Aber viel mehr. Gehen wir.“

 

Coel wusste nicht, wie lange sie durch diese seltsame,  fast leere Stadt wanderten. Unterwegs begegneten sie fast niemand. Nur ab und zu gelang es ihnen einen Blick auf eine entfernte Gestalt zu erhaschen, die sofort wieder verschwanden.
Schweigend betrachtete er die Gebäude und Straßen unter ihnen. Mittlerweile folgte die kleine Gruppe  einem Weg, der an der Seitenwand, welche die Anlage begrenzte, nach oben führte, so dass er sich einen Überblick über die Stadt verschaffen konnte. Kristalline Strukturen, die ihn mehr an ein Lebewesen als an ein Gebäude erinnerten wechselten sich ab mit Bauten, die einfach aus dem Stein geschnitten schienen. Aber über die Oberfläche all dieser Bauwerke lief ein seltsamer Schimmer, der eine sanfte Helligkeit spendete und es ihnen erlaubte sich bequem zu orientieren.

Etwa auf halbem Weg die Straße hinauf sah Coel noch einmal nach unten.

Ein Kristallturm zerfiel, ohne Vorwarnung, vor seinen Augen zu staub.

 Es gab keinen Übergang oder ähnliches, das Gebäude verschwand einfach von einem Augenblick zu anderen.

Er blieb einen Augenblick unsicher stehen. Seine Kopfschmerzen waren vergessen.

,, Wir müssen weiter.“ , hörte er Martins Stimme.

,, Ich komme gleich.“ Einen Augenblick noch  starrte er misstrauisch auf die leere Stelle, dann drehte er sich um und folgte den anderen.

 

Letztlich erreichten  sie eine kaum sichtbare Tür in der Wand. Es war mehr eine Vertiefung und wenn Seyonn sie nicht darauf aufmerksam gemacht hätte, wären sie vermutlich glatt daran vorbei gelaufen. Die Tür selbst bestand aus einem dunklen, glasartigen Material.

,, Und was jetzt ?“

,, Wir gehen rein.“ , erwiderte Seyonn und legte eine Hand auf das schwarze Glas. Der vorher massiv wirkende Block Material teilte sich plötzlich und verschwand, wie auf ein unsichtbares Signal hin, in der Wand.

,, Ich vermute mal, sie haben mehr getan, als nur ihre Hand darauf zu legen ?“

,, Nein, ich habe lediglich bestätigt, wer ich bin.“ , entgegnete er ,, Hätten sie, oder ein Via ihre Hand auf diese Tür gelegt… wären sie abgewiesen worden. Schmerzhaft.“

 Seyonn trat durch die dunkle Öffnung und sie fanden sich in einem Kreisartigen Raum wieder, der ebenfalls komplett aus Obsidian zu bestehen schien. Die Wände formten eine Kuppel über ihren Köpfen, sofern Coel das im schwachen licht erkennen konnte.

Ein Geräusch ließ ihn herumfahren und das letzte was er sah, bevor das Licht von draußen verschluckt wurde war, wie die schwere Glas-Tür wieder zufiel.

,, Was soll das ?“ , fragte Aine.

,, Geduld.“ , ermahnte Seyonn sie.

,, Ich bin einfach nicht gerne eingesperrt.“

,, So wie jeder von uns.“ , erwiderte Martin.

Coel hingegen sagte nichts. Langsam nahm er auf den dunklen Wänden so etwas wie einen rötlichen Lichtschimmer war. Zuerst war der Schein ganz subtil, dann jedoch bildeten sich aus den Lichtern Buchstaben, Zeichen…. Er erkannte einige davon, darunter auch Symbole, die er auf Goodsprings und letztlich auch in seinen Visionen gesehen hatte.

Und dann trat etwas aus dem halbdunkel. Ein zuerst kaum wahrnehmbarer Schemen, der wie die Lichter zuvor nur langsam eine feste  Gestalt annahm.

,, Utgar, ich möchte euch…“ , setzte Seyonn an.

,, Man hat mich bereits über deine Rückkehr informiert Seyonn. Und auch über unsere Gäste.“ Er schien jeden der vier eindringlich zu Mustern. Martin nickte die jetzt deutlichere Gestalt sogar kurz zu, wanderte dann weiter zu Aine, wobei er keine Überraschung zeigt, neben den Menschen auch noch eine Artheranerin vorzufinden und blieb dann bei Coel hängen.

,, Sie leiden.“ ,stellte er schlicht fest.

,, Nun es gibt so einiges unter dem ich leide.“ , erwiderte Coel.  Er hatte keine Angst… aber dieses Wesen vor ihm strahlte etwas aus, das ihn von den wenigen anderen der Unity denen er bisher begegnet war und den Via unterschied. Etwas Kaltes, auf unbestimmte Art erhabenes.

 

,, Offenbar.“ Utgar wendete sich an Seyonn. ,, Wie lange, seit er dem Archiven ausgesetzt war ?“

,, Etwa ein Tag.“

,, Das könnte schwierig werden.“ Zum ersten Mal meinte er so etwas wie Unsicherheit oder Besorgnis in der sanften, aber monotonen Stimme zu erkennen.

,, Und zwar weil…“ , setzte Coel an.

,, Weil ich nur entfernen kann, was ihr Verstand noch nicht gespeichert hat. Die Veränderung ist zeitabhängig und vollzieht sich langsam, wie ein Impuls, der sich langsam ausbreitet wiederholt  und letztlich immer mehr Verstärkt. Aber was sie bereits haben… bleibt. Erinnerungen direkt  aus dem Gedächtnis zu entfernen ist mehr als Fahrlässig.“

,, Und das wissen sie woher ?“ , fragte Martin.

,, Ich habe es bei mir selbst versucht. Ich besitze nur einen kleinen Teil des ursprünglichen  Wissens der Erbauer und doch hat es mich und meine ganze Art verändert. Was mit ihnen geschehen wird, wenn ihnen nicht geholfen wird… ist überhaupt noch gar  nicht abzusehen.“

,, Nun es bringt mich um.“ , rief Coel.

,, Ja… das ist die wahrscheinlichste Folge.“ , entgegnete der Archivar ruhig. ,, Soweit ich weiß konnten selbst unsere Vorfahren die gesamten Informationen eines Archivs nur für begrenzte Zeit beherbergen. Das war ja der ursprüngliche Grund, aus dem sie Archivare erschufen.“

Coel sah sich, genau wie die anderen langsam in der kreisrunden Kammer um. Die Kuppelförmige Decke über ihnen schien sich im Licht der darauf projizierten Symbole ständig zu verändern und zu verschieben. Der gesamte Saal musste so etwas, wie eine einzige holografische Projektionsfläche sein.

Aber wenn er sich den Archivar betrachtete… er wagte nicht einfach eine Hand auszustrecken und das Wesen zu berühren, trotzdem schien Utgar mehr als ein simples Hologramm zu sein.

Es gibt da etwas“ , fuhr dieser  fort,  ,, das vorher meine Aufmerksamkeit erfordert. Ihr Volk baut Waffen, die gegen uns verwendet werden können. Stimmt das?“
,, Das schon wieder.“ Coel seufzte. ,,Ja verdammt, wir haben einen Prototyp. Besser gesagt habe ich den. Und ? Wir müssen uns  irgendwie gegen die Via verteidigen können und ich weiß dieses Detail ist ihnen vielleicht entgangen, aber Kugeln richten gegen die nicht viel aus. Also was ? Wollen sie mich jetzt sterben lassen, weil wir uns verteidigen während ihr euch  hier versteckt?“

Coels Stimme war laut genug geworden, dass sie von den Wänden wiederhallte.

,, Nein, aber wir mussten die Wahrheit wissen. Ihre Wut ist verständlich.“

,, Das glaube ich auch. Habt ihr überhaupt eine Ahnung, was los ist?“

,, Wir wissen mehr als ihr glaubt, brachtet ihr,“ Utgar sah in Martins Richtung, ,, uns doch einen Via.“

,, Wovon Sprechen sie ?“ , wollte er wissen.

,, Grace Hemingway.“

Kapitel 17 Nachtfahrt

,, Vielleicht wollte ich mich einfach selbst überzeugen, das sie wirklich noch am Leben sind.“ , antwortete die Gestalt unter der Kapuze.

,, Ach kommen sie, sie sind nicht bloß hier um guten Tag zu sagen.“ , erwiderte Coel.

,, Nein, sicher nicht. Sie kennen die Situation ja vermutlich mittlerweile.“

,, Sie müsste das doch eigentlich freuen. Es dürfte ihre Geschäfte erleichtern, wenn die allgemeine Ordnung derart durcheinander gerät.“

,, Vielleicht, aber ich will Veränderung ohne dafür erst die Gesellschaft ins Chaos zu stürzen.  Wäre das anders, würde ich einfach all meine Leute bewaffnen und zusehen.“

,, Keine Revolution und keine große Veränderung in der Geschichte geschah jemals ohne einen Konflikt. Und meistens waren es vor allem die unbeteiligten, die den Preis dafür zahlten. “ , sagte Seyonn.

,, Vielleicht. Vielleicht kann ich ja deshalb keinen Erfolg haben, meinen sie das Unity ? Möglich ist es. Das hindert mich jedoch nicht daran es zu versuchen.“ , erklärte Marcks.

,, Aber sie sind sicher nicht hier um darüber zu diskutieren vermute ich.“

,, So gerne ich das auch tun würde, nein. Es geht vor allem darum, was sie jetzt vorhaben. Ich vermute doch, es gibt einen Plan ?“

Coel ließ sich auf einen freien Platz auf der Bank fallen. ,, Ich schätze einfach… vielleicht kann ich das alles hinter mir lassen. Das Parlament weiß Bescheid, Steel wird dafür sorgen, dass wir nicht völlig ohne Schutz dastehen, möglicherweise habe ich endlich den Punkt erreicht, an dem man mich nicht mehr braucht.“

,, Glauben sie das wirklich ?“ , wollte Marcks wissen.

,, Nun… ich müsste natürlich erneut untertauchen, zumindest bis das alles vorbei ist. Und diesmal schützen mich auch keine geheimen Informationen. Ich wollte nie wieder ins All, zumindest nicht für die GTDF“ , meinte er. ,, Ich wäre damit zufrieden gewesen den Rest meines Lebens irgendwo versteckt zu verbringen, wo mich keiner kennt, ich keine Angst haben muss auf der Straße erschossen zu werden… Stattdessen begegne  ich Artheranern, Via , Kolonien die sich abspalten und den ganzen Scheiß und stecke plötzlich mitten in einem sich anbahnenden  interstellaren Bürgerkrieg.“

Er zuckte kurz mit den Schultern.

,, Wir können unseren Weg nicht immer selbst bestimmen, sobald wir uns einmal für einen Entschieden haben.“ , antwortete Seyonn. ,, Das wichtigste ist, das wir ihn weitergehen, bis zum Ende.“

,, Ohne zurück zu sehen wie ?“ , fragte er.

,, Ohne zu bereuen Coel.“

Marcks war aufgestanden und warf einen Blick auf die Uhr. ,, Ich glaube da kommt ihr Zug.“ , meinte er. ,, Ich weiß nicht, wie viel ich ausrichten kann, aber wenn ich sie irgendwie unterstützen kann, lassen sie es mich wissen.“

,, Und wie ?“ , fragte Coel, als Marcks langsam auf den Ausgang des Bahnsteigs zulief.

,, Das lassen sie mal meine Sorge sein.“

,, Unfassbar dieser Mann.“ , meinte er noch, als die Magnetschwebebahn auf dem Gleisen zum Halten kam. Bevor er Einstieg drehte er sich noch einmal um, aber Marcks war bereits verschwunden.

 

Adams sah auf, als ihn jemand rief. Er hatte die letzte Stunde damit zugebracht, sein Quartier und das notdürftig Eingerichtete Labor, das er während seines ersten Aufenthalts auf dem Schiff aufgebaut hatte, etwas zu ordnen. Viele der empfindlicheren Geräte hatten die Schlacht nicht überstanden und er fertigte eine Liste an, welche Geräte er entweder neu kaufen, oder reparieren musste. Vielleicht könnte Steel ihnen auch dabei aushelfen überlegte er.

,, Adams ?“  Er entdeckte Nathan Teach, der in der Tür zum Labor stand, eine große Pappschachtel in der Hand.

,, Richtig,“ Er stand auf und ging dem Schiffsarzt entgegen.

,, Das soll ich ihnen bringen, mit besten Grüßen von Admiral Steel. Hat eben ein etwas verwirrter Mann bei mir abgegeben, weil er sie nicht gefunden hat.“

Adams nahm Teach den Karton ab. ,, Was soll das sein ?“ , fragte er, hatte aber schon den Deckel entfernt. Eine orange-weiß gestreifte  Katze sprang heraus  und landete auf dem Fußboden um wenige Augenblicke später in den Gängen des Schiffs zu verschwinden.

,, Schrödinger.“

,, Was ?“ , fragte Teach unsicher.

,, Das ist der Name der Katze…Schrödingers Katze in einem Kasten, Steel muss einen interessanten  Sinn für Humor haben.“ Adams schüttelte den Kopf.

,, Das Vieh knabbert aber hoffentlich keine Leitungen an ?“ , fragte der Arzt  besorgt.

,, Hoffentlich nicht.“ , meinte er lachend. ,, Ich versuch die Katze später einzufangen.“

,, Wie sind sie eigentlich auf den Namen gekommen ?“

,, Was Schrödinger ? Den habe ich nicht ausgesucht. Die Katze gehörte praktisch zum Inventar  der GTDF-Forschungseinrichtung in der ich die letzten Monate gearbeitet habe. Ich vermute mal, das Projekt Savior ist mittlerweile wohl stillgelegt. Jedenfalls… der Name bezieht sich auf ein Gedanken-Experiment von Erwin Schrödinger. Er meinte das wenn man eine  Katze in einen informationsdichten Raum oder eben eine Box  setzt und in diese dann eine Flasche mit Gift stellt, die sich erst beim Zerfall eines radioaktiven Isotops öffnet, man von außen  nicht in der Lage ist zu sagen, ob die Katze Tod oder lebendig ist, denn wann das Atom zerfällt, lässt sich nicht vorhersagen. Somit würden für einen Beobachter von außen zwei Wahrheiten existieren, die Katze wäre sowohl lebendig als auch Tod, bis jemand sich vergewissert und die Box oder den Raum öffnet.“

,, Das klingt ziemlich weit hergeholt.“

,, Na ja, ich würde es sicher auch nicht ausprobieren wollen.“ , erwiderte Adams.,, Es dient lediglich zur Veranschaulichung der Unvollständigkeit der Quantenmechanik , ein Beweis dafür, das mehrere Wahrheiten gleichzeitig existieren können.“

Etwas fiel klirrend draußen auf den Gang zu Boden.

,, Nun, diese Katze ist definitiv Lebendig.“ , meinte Teach lachend.

,, Vielleicht.“ , meinte Adams plötzlich ernst geworden.

,, Was ist los ?“

,, Ich kann es nie vergessen.“

,, Was ?“

,, Artherium. Ein Planet verbrannte wegen mir. Ich glaube die Artheranerin  hatte recht… sich damit auseinander setzen zu müssen, daran denken zu müssen, ist die schlimmste Strafe.  Einen Moment lacht man… und fragt sich dann doch nur, wie viele nie wieder lachten, weil ich es zuließ, dass mich der Wunsch nach Rache zu etwas anderem machte, mich dazu trieb nicht darüber nachzudenken, wie viele sterben würden. “

,, Das war vor mehr als einem Jahrzehnt Adams.  Aber sie sind jetzt ein anderer Mensch, oder?“ , fragte Teach.

,, Meinen sie ?Ich glaube ich bin immer noch dieselbe Person, die am Nova-Projekt arbeitete. Ich bin dieselbe Person, die ihnen sagte, dass die Waffe fertig ist. Ich habe mich nicht geändert. Nur mein Blickwinkel. Und das ist falsch… es sollte einen Verändern. Aber ich weiß genau… wenn ich wieder vor derselben Situation stehen würde, dann wüsste ich nicht, ob ich die Richtige Entscheidung treffen könnte. “

,, Doch , den sie bereuen es jetzt . Vielleicht gibt es für Menschen immer  nur eine Wahrheit. Und die ist in diesem Fall, dass sie nicht mehr derjenige sind, der einen Planeten verbrennen  lassen würde.“

,, Stattdessen bin ich jemand geworden, der seinem Verrückten hinterherläuft .“

,, Vielleicht liegt genau darin ja der Schlüssel.  Manchmal  muss man einfach bereit sein, alles zu riskieren um das richtige zu tun.“ Auf dem Gang fiel wieder etwas zu Boden. ,, Zum Beispiels endlich  diese Katze einfangen.“

Teach nahm den leeren Karton und verließ das Labor.

Adams dachte noch eine Weile über die Worte des Arztes nach. Andere würden ihm verzeihen können, aber er selbst sich sicher nie, das war ihm klar. Aber er fühlte sich besser. Zum ersten Mal in zehn Jahren konnte er sich eingestehen, dass er sich freier Fühlte. Einen Fehler zuzugeben machte ihn nicht ungeschehen… aber vielleicht, nur vielleicht, etwas leichter zu ertragen.

,, Hal… können sie das Schiff mal nach einer Katze scannen ?“

 

 

Wie Coel bereits erwartet hatte war der Zug fast genauso verlassen wie der Bahnsteig.  Lediglich hier und da lagen einige Gestalten in Decken gehüllt auf den Sitzen. Keine von ihnen wachte auch nur auf.

Er setzte sich einfach auf den ersten freien Platz den er fand und wartete bis Seyonn gegenüber von ihm Platz nahm.

,, Dieser Marcks… trauen sie ihm ?“ , wollte der Unity-Abgesandte wissen.

,, Er ist immer noch einer der führenden Köpfe hinter dem Schwarzmarkt,  ich bezweifle also, dass er so Rechtschaffen ist, wie er behauptet. Nein ich traue ihm sicher nicht… aber ich sehe auch keinen Grund ihm zu misstrauen.“ Er sah einen Augenblick nach draußen, wo die schwarzen Tunnelwände grade durch einen  offenen Abschnitt abgelöst wurden. 

Kurz konnte er einen Blick auf die Türme und Hochhäuser des Stadtzentrums werfen, die sich wie der Schirm eines riesigen Pilzes über den Erdboden erhoben. Einen Boden der in alle Himmelsrichtungen mit dem Myzel der Wohnhäuser bedeckt war. Dann verschluckte wieder das Schwarz eines Untergrundtunnels  die Aussicht.

,, Und wir brauchen jeden Verbündeten den wir bekommen können.“

Seyonn nickte.

Eine Weile lang schweigen beide und hingen ihren eigenen Gedanken nach. Der Unity seinen uralten Erinnerungen und Ängsten und der Mensch einem unsicheren Gedanken.

,, Was wissen sie eigentlich über Artheraner ?“ , wollte er wissen.

Seyonn schien die Frage einen Moment zu überraschen. ,, Meinen sie kulturell ? Ein ziemlich interessantes Völkchen. Etwa das was  eben dabei herauskommen müssten, wenn man eine viktorianische Gesellschaft 400 Jahre in die Zukunft katapultiert.“
,, Sie klingen irgendwie nicht begeistert.“ , stellte Coel fest.

,, Zu recht. Ob absichtlich oder nicht, ein früher Kontakt einer unterentwickelten mit einer hochentwickelten Kultur bringt immer Probleme mit sich, selbst wenn diese sich schnell daran anpasst.“

,, So könnte man das auch nennen.“

,, Wieso fragen sie ?“ , wollte er wissen.

,, Sie behalten das für sich ?“

,, Bin ich jemand, der gerne und viel erzählt ?“

,,Ja.“

,, Das kommt ihnen nur so vor. Ich könnte ihr ganzes restliches Leben reden und doch nur einen Bruchteil erzählen.“

,, Also, es geht um Aine. Ich habe sie vielleicht verletzt fürchte ich.“ , sagte er schließlich.

,, Entschuldigen sie sich. Damit haben sie doch sonst keine Probleme. Und vor allem brauchen sie dafür keinen  Diplomaten.“

,, Nun, das ist etwas komplizierter Schätze ich.“ Er fasste das kurze Gespräch mit der Artheranerin zusammen. Seine eigenen Gedanken ließ er dabei jedoch außen vor.  Davon brauchte Seyonn weder etwas zu wissen, noch sollte er es. Es ging niemanden etwas an.

,, Nun, ich glaube ihr Menschen bezeichnet so etwas als  ins Fettnäpfchen treten.“ , meinte Seyonn

,, Ein Artheraner teilt einen Gedanken mit ihnen und sie…“ Der Unity-Botschafter lachte kurz. Ein unwirtlicher aber gleichzeitig menschlicher Laut  ,, Das ist so ziemlich die größte Beleidigung, die mir grade einfallen will.“

,, Ich verstehe es nicht.. Artheraner  geben doch ständig Gedanken weiter…“

,, Nicht absichtlich Coel. Oder zur Verteidigung ja. Trotzdem ist das… seltsam.“

,, Wieso ?“

,, Lassen sie mich ein Wort finden, das ihre menschliche Ethik nicht verletzt…  Normalerweise gibt es unter Artheraner eine strenge Gesellschaftsordnung.“

,, Sie reden von…“

,, Ich rede von Adelshäusern, Familienclans , Militärs und blutigen Kleinkriegen, die meist durch eine Verbindung beendet werden. Ohne dabei die betroffenen zu Fragen.“

,, Klingt nicht sehr nett.“ , erwiderte Coel.

,, Für sie jetzt, aber für viele Jahrhunderte war das auch auf der Erde nicht selten.“
,, Ich schätze sie können mir keinen Tipp geben, wie ich das wieder ausbügle ?“

Der Zug kam zu einem Halt.

,, Denken sie sich  was aus. Darin sind sie sonst eigentlich ganz gut.“ , meinte Seyonn während er aufstand und auf den Ausstieg der Bahn zuging.

,, Sicher.“ Er blieb noch einen Augenblick sitzen, bevor er ebenfalls aufstand und Seyonn nach draußen folgte.

Der Bahnsteig hier war nicht so düster und verlassen, wie der vorherige. Mehrere mit Plakaten  beklebte Betonsäulen trugen das unterirdisch liegende Gewölbe und ein Dutzend Lampen sorgte für  Helligkeit, die nach dem Halbdunkel in den Augen brannte.

Einige Leute in Hemden und Aktenkoffern  standen ziellos in der Gegend herum oder betraten die grade angekommene Magnetschwebebahn.

,, Kommen sie, wir sollten uns beeilen.“ , meinte Seyonn bevor sie den Bahnsteig verließen und die Treppe hinauf das Parlamentsviertel im Herzen der Stadt betraten.

Hier oben waren die Straßen auch spät abends noch belebt.  Hunderte von Menschen, die sich alle zu einem großen Strom zusammenschlossen und die zahlreichen kleinen Seitengassen und großen Hauptstraßen mit Leben erfüllten.  Weder Seyonn noch Coel vielen in dem Gedränge weiter auf, als sie sich einen Weg zum Parlament suchten,  dessen Gebäudekomplex sich einige hundert Meter weiter die Straße hinunter befand.

Epilog

 

Währenddessen ließ er den Via nicht aus den Augen. Und dieser ihn ebenfalls nicht, wie er rasch feststellte.

Die grauen, metallischen Augen verrieten als einzige deutlich, dass er es nicht mit einem Menschen zu tun hatte.

Erstaunlicherweise hielt Asmodeus weder Wilkonson noch Marcks verbliebene Leute auf, als diese an ihm vorbeihasteten.

,, Sie entkommen nicht. Die Erde gehört längst uns. Ihr habt nichts. Keine Verteidigung, keine Armee… zumindest nicht hier.“

,, Ich bin hier.“ , erklärte Marcks dem Via ruhig.

,, Sie sind ein Mensch. Und was sie versuchen zu verteidigen ist es nicht Wert. Kümmert diese Leute da unten denn, das sie hier sind?“

,, Es braucht sie nicht zu kümmern. Ich glaube an freien Willen. Ob mir dieser nun passt oder nicht.“

,, Freier Wille ist eine Einladung zur Anarchie. Ihr könnt nicht damit umgehen, das hat die Menschheit wieder und wieder bewiesen.“

,, Es ist nicht einfach die Stimme der Vernunft  für eine Spezies gehirngewaschener Affen zu sein.“ , erklärte er. Seien Hand fand endlich den Waffengriff. Eine Pistole, wie sie jetzt an viele Sicherheitskräfte ausgeliefert wurde. Magnetische Projektile, die hoffentlich auch bei einem Via Schaden anrichten würden.

,, Sie sind mutig. Aber Mut allein reicht nicht aus. Sie sind verblendet wie die Unity. Wir hingegen werden sie wieder auf einen geordneten Pfad führen.“

,,Ach ? Ich kenne ihre Ziele… Asmodeus. Sie glauben besser zu sein. Sie glauben, dass man Veränderung und Revolution nur mit Gewalt erreichen kann. Das war der große Fehler jedes Umbruchs. Gewalt führt zu Gewalt. Sie mag in Einzelfällen nötig sein, aber wird sie zum Mittel der Wahl… ist nichts zu gewinnen.“

,, Dann reden sie vom Nichtstun und zusehen und von schönen Worten. Glauben sie ernsthaft, das ändert etwas?“ , wollte der Via wissen. War dieses Gespräch nicht schon so alt.. Er hatte es mit der Unity geführt… in einer anderen Version mit Coel und nun wieder. Verstand denn wirklich niemand?

Oder… der Gedanke war kurz und sofort wieder weg, war er derjenige der nicht verstand?

,, Nichteinmischung ist falsch. Unterdrückung auch. „ , erklärte Marcks. ,,Aber… was ist mit einem dritten Weg ? Vorbilder, was ist mit Lenkung? Will ich etwas ändern, muss ich mich darum kümmern ja. Aber ich muss vorangehen, nicht die anderen vor mir her scheuchen.“

Der Via hatte genug. ,, Dieses Gespräch führt zu nichts.“

Trotzdem… Wer war dieser Mann? Er musste es wissen. Und dafür blieb ihm nur eins.

Er Versuchte die verworrenen Gedanken des Menschen vor ihm zu durchschauen.

Ein vergebliches Unterfangen. Der Verstand seines Gegenübers schlug sämtliche Riegel zu, sobald er die fremde Präsenz wahrnahm. Ein Rausschmiss, wenn Asmodeus je einen erlebt hatte.

Alles was er hatte war ein Name. Marcks. Aber was lag dahinter? Es war eine Maske nicht mehr…

,, Wer sind sie ?“

,, Wer ich war , das spielt glaube ich keine Rolle. Oder speilt es das für sie?“ , Er streifte die Kapuze zurück. Kurzgeschorene Haare und braungrüne Augen, die den Via verstohlen musterten. ,, Ich war einmal Paul Keller. Der Mann, der ich einmal war, ist bereits gestorben.“

,, Und heute werden sie das. Das tut jeder, der sich uns in den Weg stellt.“

 

,, Ich habe vor vielen Menschen gestanden, die sich für Götter, hielten mein Freund. Und wir redenhier von Kapitalisten.“

Asmodeus richtete die Hand mit der Metallplatte auf ihn. Marcks spürte, wie seine Füße mit Gewalt vom Boden gehoben wurden,  als ihn etwas traf, das an den Faustschlag eines Riesen erinnerte.

Noch im Flug riss er die Waffe hoch und feuerte auf den Via.

Die Kugel jagte direkt durch die Platte und die Hand des Via, die sich sofort in eine Wolke aus grauen Partikeln auflöste.

Ein überlegenes Lächeln trat für den Bruchteil einer Sekunde auf Asmodeus Gesicht, nur um sofort wieder zu verlöschen.

Die Kugel riss die Partikelwolke mit sich.

Marcks schlug auf dem Boden auf. Er spürte noch, wie alle seine Knochen brachen

Dann drückte den Abzug aber noch einmal.

Diesmal prallte das Projektil wirkungslos an dem Via ab.

Einen Augenblick lang starrte Asmodeus zwischen dem sterbenden Menschen und der           Hand, die sich nur langsam wieder regenerierte hin und her. Die magnetische Wirkung und der EMP der Waffe ließen bereits nach.

Ein schwächeres Model.

Die Waffe die Coel modifiziert hatte, hätte ihn getötet. Nachdenklich sah er wieder auf die Verletzung.

Sie waren Verwundbar geworden….

Der Fall der Götter… wie konnte er so schnell kommen?

Kapitel 7 Schicksals Zufall

,, Ich bin vielleicht zu optimistisch, aber ich denke, wir könnten es tatsächlich schaffen.“ , bemerkte  Martin einige Augenblicke später, während sie auf den Fahrstuhl warteten. Die Treppe war zwar gesichert worden, aber immer noch nicht völlig stabil. Auch würden sie zu Fuß mehrere Minuten brauchen, um  nur das nächste Deck zu erreichen.

,, Ja, vielleicht.“ Coel rieb sich die Schläfen. Langsam ließ das Schmerzmittel wider nach, aber er zögerte. Lieber die Kopfschmerzen in Kauf nehmen, als die Nebenwirkungen. Hätte Noah Hal nicht grade rechtzeitig wieder hinbekommen, dann wäre er jetzt tot, das war Coel klar.

Und auch wenn sie vielleicht gerettet waren, gab es dutzende, für die jede Hilfe zu spät kam… Weitere Verletzte, Verwundete… und Aine.

,, Sie wirken trotzdem niedergeschlagen.“ , bemerkte Martin, als sie in die Kabine traten.

,, Ich mache mir eben Sorgen.“ , erwiderte er. ,, Wir sind am Leben… aber wie viele haben es nicht geschafft ? Auf der Horus allein waren über 500 Mann Besatzung.“

500, die jetzt irgendwo zwischen den Trümmern im All trieben oder direkt vom Feuer verzehrt worden waren. Die GTDF würde viele leere Särge bestatten müssen.

,, Wir hatten Verluste, ich dachte nicht, das ihnen das noch zu schaffen macht.“ , stellte Martin fest. Aber auch er nahm es sicher nicht auf die leichte Schulter.

,, Ihnen etwa nicht ?“

,, Schon, aber…“

,, Ich weiß, ich weiß. Ich habe kein Problem mit dem Töten Martin, glauben sie mir. Es ist nur… sinnlos. Es gibt immer einen besseren Weg.“

 ,, Sicher. Nur manchmal findet man ihn nicht, wie?“

Coel antwortete nicht. Seine Gedanken schweiften ab, als die wieder funktionierenden Kommunikationsanlagen sich einschalteten. ,, Coel, sind sie da ?“ , erklang Teachs Stimme.

,, Bin ich, was ist denn los ?“ , wollte er wissen.

,, Ich kann mich irren, aber es sieht fast so aus als würde die Artheranerin aufwachen. Die Pulsfrequenz hat sich in den letzten paar Minuten deutlich verstärkt.“

,, Noch eine gute Nachricht. Ich bin gleich da.“ Coel wendete sich an Martin. ,, Ich sehe nochmal nach ihr, sie könnten schon vorgehen. Seyonn ist sicher für jede Hilfe dankbar. Jetzt hat er ein paar mehr Systeme zu Überwachen.“ , meinte er, während er den Fahrstuhl auf dem krankendeck anhielt.

Martin wurde einen Moment ernst. ,, Sie bedeutet ihnen was oder ?“
,, Ich weiß es nicht.“ , antwortete Coel und verschwand.

Martin blieb einen Augenblick kopfschüttelnd zurück, dann trat er in den Aufzug.

Sobald die Türen zufielen musste er laut lachen. Verstand jemand außer ihm die Ironie?

 

,, Also, wieso haben sie uns hängen lassen ?“ Adams ließ ein paar simple Programme über die Systeme der KI laufen, die eventuelle weitere Schäden aufspüren würden.

,, Ich verstehe nicht ganz.“

,, Wir hätten sie brauchen können.“  , erklärte er.

,, Ohne eine Abschaltung, wären irreparable Schäden möglich gewesen.“

,, Wirklich ? Hal, wie lautet ihre erste Aufgabe?“

,, Leben schützen.“

,, Und wie viele sind  gestorben, weil wir die Schiffsysteme erst reaktivieren mussten ?“
,, Einer wäre zu viel vermute ich.“ Die sonst so emotionslose Stimme klang nun beinahe traurig. Es stimmte. Durch den Ausfall der Systeme hatte es Stundenlang keine Möglichkeit gegeben, medizinische Ausrüstung zu nutzen. ,, Aber es war notwendig.“

,, Und wieso ?“ Er wollte Hal nicht testen aber… seine Vermutung musste überprüft werden.

,, Sie wissen, was Angst ist.“                      

,, Ja das weiß ich Hal, Also war es Angst.“ Adams zögerte. ,, Sie hatten wirklich Angst oder ?“

Das Diagnoseprogramm war abgeschlossen
,, Nicht in ihrer Vorstellung. Rationale Angst.  Menschen fürchten sich vor irrationalem Dingen. Dunkelheit, Spinnen, manche sogar vor Staub.“

Adams nickte. Oder vor der Vergangenheit. Gab es einen schlimmeren Fluch als die Furcht vor den eigenen Erinnerungen? Es war der einzige, dem man niemals entrinnen konnte. ,, Und sie hatten wovor Angst ?“

,, Vor dem Ende. Sie würden es wohl Tot nennen.“

,, Sicher.“ Adams ging die Ergebnisse der Diagnose durch. Nichts auffälliges, aber… ,, Wissen sie, die meisten KIs werden nicht besonders alt, wenn sie es so formulieren wollen. Eine kontrollierte Löschung des Speichers wird meist schon nach wenigen Wochen durchgeführt und das System neu gestartet. Aber sie sind jetzt fast drei Monate aktiv.“

,, Wollen sie auf irgendetwas hinaus ? Es war Coel, der sich dagegen entschied und wie er sagte, soll ich lernen eigenen Entscheidungen zu treffen.“

,, Ich frage mich nur, welche Auswirkungen diese lange Lebenszeit hat. An sich sollte es möglich sein, das ihr neurales Netzwerk sich, wie ein Gehirn, selbstständig weiter vernetzt.“

,, Tatsächlich erhöht sich die Leistungsfähigkeit einer KI proportional zur aktiven Zeit, das ist ihnen doch bekannt.“ , entgegnete Hal.
,, Aber es hat noch niemand darüber nachgedacht, wo diese Entwicklung endet.“ , flüsterte Adams.

,, Was ?“

,, Nichts, vergessen sie es einfach.“

,, Ich vergesse nie.“

,, Dann tuen sie wenigstens so.“

Coel entdeckte Teach schon, als er grade die, mittlerweile zu einem Notlazaret umfunktionierte, Kantine der Kronos erreichte. Die Anzahl der Verwundeten schien noch gestiegen zu sein, aber auch einige Helfer hatten sich eingefunden.

Die Tische und Bänke  hatte man beiseite geräumt, um mehr Platz zu haben  und der Arzt lief zwischen dem aufgestellten Liegen hin und her, erteilte Anweisungen, oder half wo nötig sofort selbst.

Einige Helfer bemerkten Coel  und drehten sich zu ihm um. Er konnte ihre fragenden Blicke sehen. Und alle wollten sie natürlich dasselbe wissen… kamen sie wieder nach Hause?

Coel wollte weiter. Aber diese Leute hatten allesamt  ihr Leben für ihn riskiert.

Er seufzte und  wartete einen Moment, bis ihn alle bemerkt hatten.

,, Ich möchte ihnen zuerst allen danken. Ich weiß dass die letzten Stunden für die meisten nicht einfach waren. Und voraussichtlich wird dies auch noch eine Weile so bleiben. Aber, Damen und Herren, wir sind aus dem gröbsten raus.“

Auf diese Nachricht reagierten die meisten mit lautem Jubel. Einige fielen sich sogar in die Arme.

,, Wir schaffen es.“

Coel nickte.

,, Wir schaffen es. In spätestens zwei, drei Stunden wird das Schiff wieder funktionsbereit sein. Bis dahin jedoch, bitte ich sie weiter ihr bestes zu tun. Unsere größte Sorge ist die Überwachung der Schwerverletzten, die wir haben. Doktor Teach allein kann nicht allen helfen, also jeder, der sich noch freiwillig meldet, ist herzlich willkommen.

Aber und das kann ich ihnen allen versprechen, wir schaffen es nach Hause. Sie alle haben eigentlich einen Orden verdient, ich denke aber nicht dass uns die GTDF oder eine der Kolonien besonders freundlich empfangen wird. Wer sich also lieber ungesehen Absetzen lassen will, meldet sich bei mir.

Das ist alles.“

Unter der versammelten Crew brachen sofort vereinzelte Diskussionen über das für und wider aus, aber auch ermutigende zurufe wurden laut. Coel drängte sich an ein paar Leuten vorbei, bis er Teach erreichte.

,, Das war eine gute Ansprache. Ich glaube, das haben sie gebraucht.“ , erklärte der Doktor.

,, Nun, ich weiß nicht was daran gut war. Ich habe ihnen gesagt, das selbst wenn wir es zur Erde schaffen sie nur damit rechnen können suspendiert zu werden, sollten sie bleiben.“

,, Aber sie haben ihnen die Wahrheit gesagt und eine Wahl gegeben.“

,, Ja… mag sein.“ Tat er das wirklich? Er hatte die Crew der Kronos immer wieder vor die Wahl gestellt ihn zu begleiten oder zu gehen. Und jedes Mal hatten alle hinter ihm gestanden. Auf seine eigene Art beunruhigte ihn das mehr, als wenn sie ihn alle zurück gelassen hätten.

Er wusste nur, dass er für diese Männer und Frauen verantwortlich war und dass er ihr Vertrauen sicher nicht enttäuschen wollte. Der Gedanke hing über Coel wie ein Schwert an einem haarfeinen Draht.

,,Sie meinten vorhin, Aines zustand hätte sich verbessert?“

,, Wenn ich wenigstens das wüsste. Aber auf jeden Fall verändert. Aber ohne wenigstens zu wissen welchen Ruhepuls ein Artheraner hat  ist selbst so etwas schwer zu sagen.“
Er folgte Teach, als dieser sich auf den Weg Richtung Krankenstation machte.

,, Ich bin mir sicher, sie tun unter den Umständen was sie können.“ , meinte Coel, als sie die Station erreichten. Teach hatte wohl dafür gesorgt, dass man alle nicht lebensbedrohlich verletzten nach draußen in die Kantine schaffte, den außer Aine, die weiterhin bewusstlos war,  befand sich nur noch ein Mann mit schweren Verbrennungen auf einer Liege . Mehrere Lagen aus Verbänden zogen sich über eine Teil seines Gesichts und den Oberkörper.

Coel musste sich eingestehen das er den Namen des Mannes nicht kannte. ,, Wird er es schaffen ?“

,, Vielleicht.“ , antwortete Teach einsilbig. Nach einer Weile des Schweigens sprach er schließlich weiter. ,, Ich fürchte jedoch nicht. Er hielt sich wohl  im Hangar auf als der von einem Projektil getroffen wurde. Fast alle dort unten waren sofort Tod. Nur der arme Bastard hier hat Überlebt.“

Coel nickte. Und wieder wanderten seine Gedanken zu den dutzenden zerstörten Schiffen und getöteten Menschen, die wohl langsam aber sicher durch die Schwerkraft von Goodsprings angezogen wurden und in der Atmosphäre verglühten. Nur er hatte wieder Überlebt.

Selbst die Via hatten ihn nicht töten wollen… und Hals Geschütze hatte er durch einen absoluten Glücksfall überstanden. Und noch mehr.. Artherium. Zuerst den Krieg mit einer Narbe an der Schulter überlebt, dann den Novawaffen-Einsatz der ihn für Jahre zum Krüppel gemacht hatte. Dann die ganze verrückte Jagd quer durch die Galaxie immer den Via hinterher. Allein auf Isaari hätte er zweimal sterben können, auf der neuen  artheranischen Heimatwelt erneut und schließlich bei der beinahe Zerstörung des Weltenschiffs über der Erde…

,, Glauben sie, das Unbesiegbarkeit ein Fluch sein kann?“ , fragte Coel unvermittelt.

Teach schien sich mit seiner Antwort Zeit zu lassen. ,, Reden sie von sich selbst ?“

,, Ich denke schon. Artherium, Isaari, Erde, hier und auf Goodsprings. Ich sollte längst tot sein. Und doch atme ich noch, wo andere längst gestorben, oder umgekehrt wären. Wieso ? Wieso ich und nicht jemand anders…“

Teach schweig wieder einen Augenblick und schien nachzudenken.
,, Glauben sie an Schicksal Finn Coel?“

Er schüttelte lediglich langsam den Kopf.

,, Ich tue es jedenfalls.“ , antwortete der Doktor. ,, Wie ich ihnen bereits sagte, war ich auf Artherium. Als Arzt, um zu helfen. Nun jedenfalls eines Tages… es dürfte etwa einen Monat nach der ersten Landung auf dem Planeten gewesen sein, stolperten wir mit unserer Einheit über eine Gruppe völlig verängstigter und verletzter Artheraner. Verängstigt, aber bewaffnet. Es gelang uns ein paar zu überwältigen und der Rest ergab sich. Ich wollte ihnen helfen aber unser Kommandant… gab den Befehl alle zu erschießen.“

,, Wie bitte ?“ Coels Augen weiteten sich. ,, Es gab einen klaren Befehl der GTDF. Wer sich ergibt ist in Gewahrsam zu nehmen. Natürlich starben diese alle bei dem späteren Nova-Angriff, aber zu diesem Zeitpunkt hoffte man noch den Konflikt schnell beilegen zu können.“

Tech nickte.

,, Bei einem Krieg auf der Erde wäre der Mann vermutlich direkt vom Parlament hingerichtet oder verurteilt  worden. Aber das war Artherium. Lichtjahre entfernt von jeder politischen oder gesetzlichen Stelle. Und was das Militärkommando unter Dante und Steel anging… nun die haben so einiges durchgehen lassen.“

Jetzt war es an Coel zustimmend zu nicken.

 

,, Ich habe freiwillig, aus Überzeugung,  einen Eid geschworen. Leben zu schützen und niemanden zu töten, selbst wenn er mich darum bittet sollte. Jedenfalls… ich ging dazwischen. Und verpasste dem Kommandanten einen Schlag, der ihn wohl ziemlich überrascht haben muss. Er stolperte, fiel hin und hat sich wohl ein paar Schrammen geholt.

 Eigentlich hätte die Sache damit geklärt sein können, aber natürlich konnte er es nicht auf sich sitzen lassen, dass ausgerechnet der pazifistische Arzt ihn verprügelt hatte.  Was soll ich sagen… die folgende Schlägerei ging eine Weile hin und her. Und schließlich zog ich den Kürzeren. Der Kommandant war bewaffnet und zögerte nicht, auf mich zu schießen, aber kurz bevor er dazu kam, jagte eine Kugel von hinter mir an meinem Kopf vorbei… und traf ihn direkt zwischen die Augen.“ Teach machte eine kurze Pause. ,, Er war sofort tot, ein artheranischer Scharfschütze, der sich während der ganzen Aktion angeschlichen haben musst.

Ein Schütze, der es eigentlich auf mich abgesehen hatte…. Und die Kugel trifft ausgerechnet den Mann, der mich ebenfalls töten wollte. Also Coel… glauben sie an Schicksal?“
,, Nein. Ich bezweifle, dass irgendetwas das geschieht festgelegt ist, wie auf einem Pfad, dem man folgen muss. Ich meine Sehen sie sich um… denken sie das alles war gewollt? Das irgendjemand oder etwa da draußen ist und Spaß daran hat uns auf eine Kurs in unseren tot zu schicken? Halten sie mich für einen Idioten oder Narren, aber dann glaube ich lieber, das alles Zufall ist.“ Er machte eine ausladende Handbewegung mit der er Versuchte alles einzufangen. Die Krankenstation und… die dutzenden von Verletzten. Nein er wollte sicher nicht glauben, dass dies alles einer Art Plan diente.


Du bist kein Narr.

 

 Der plötzliche Gedanke, der durch seinen Verstand blitzte war nicht sein eigener gewesen… Coel war einen Augenblick verwirrt bis ihm klar wurde, was das bedeutete.

,, Sie ist wach.“ , meinte er.

Kapitel 8 Erwachen

,, Wo ist Coel ?“ , fragte Seyonn, als Martin die Brücke der Kronos betrat. Neben dem Unity-Botschafter befanden sich noch zwei  Männer aus der Crew auf dem Deck, die immer noch damit beschäftigt waren zerstörte oder beschädigte Teile auszutauschen.

,, Der kommt nach.“ , erwiderte er. ,, Wie sieht es aus ?“

,, Überraschend gut.“ , meinte  Seyonn und trat an eine Konsole heran. ,, Die Lebenshaltung und die Co2-Filter  laufen fast mit voller Kapazität, die Treibstoff Tanks sind unbeschädigt geblieben und noch fast voll. Und wie es aussieht funktioniert auch der Antrieb noch. Das einzige was wirklich Übel aussieht sind Waffen und Schilde, aber ich glaube, wenn wir die in nächster Zeit brauchen sind wir Ohnehin tot.“

,, Vermutlich können sie daran auch nicht machen , oder ?“

,, Nein, dazu müsste jemand einen Spaziergang machen. Die Schildemitter lassen sich nur von außen reparieren, was bei der Masse an Trümmerteilen nicht zu empfehlen wäre,  und die beschädigten Railguns müssten komplett ersetzt werden.“

Railguns waren die Standardbewaffnung der meisten Schiffe der GTDF-Flotte. Im Prinzip funktionierte die Waffe ähnlich wie eine Magnetschwebebahn. Ein Projektil wurde, auf eine Art Schlitten montiert, mit einer magnetischen Schiene beschleunigt und schließlich abgefeuert. Die entstehenden Kräfte waren, vor allem dank fehlenden Luftwiderstands im Weltall, enorm und durchschlugen einen ungeschützten Schiffsrumpf meist sofort. Ein Ziel, das weder über Unity-Schilde noch über magnetische Ablenksysteme verfügte war praktisch verloren und größere Schlachtschiffe, wie die Horus eines gewesen war, verfügten über dutzende von Geschützen, die noch aus dem Orbit eine Stadt praktisch pulverisieren konnten.

,, Mit anderen Worten, wir bräuchten ein Raumdock.“

,, Genau. Allerdings funktioniert auch unsere Kommunikation wieder auf voller Bandbreite.“

,, Und ? Irgendetwas Interessantes ?“

,, ich bekomme nach wie vor keinen Kontakt zu einer Datensonde. Dafür gibt es dutzende weitere Notsignale. Darunter mehrere von den Tariden, diese sind allerdings allesamt automatisch. Ihre Leute waren sehr gründlich während unseres Angriffs auf die Brücke.  Dann noch mehrere andere Signale, die ich erst noch durchgehen muss… aber…“ Seyonn zögerte. ,, Das gibt es doch nicht…“

,, Was ? Was ist los ?“

,, Wir sind anscheinend nicht das einzige Schiff, das den Angriff überstanden hat.“

,, Wer ist noch da draußen ?“ Er antwortete nicht sofort. ,, Seyonn ?“

,, Sehen sie selbst.“ Der Abgesandte trat Beiseite.

,, Das gibt es doch nicht.“

,, Ich fürchte doch. Und sie haben uns grade entdeckt.“

,, Dann hoffen wir mal, das sie in Plauderlaune, was ? Soll ich schon mal Kaffee aufsetzen?““

Seyonn schüttelte nur den Kopf. Eine seltsam menschliche Geste, die er fast ohne es zu merken verinnerlicht hatte. Auf eine unbestimmte Art machte ihm das immer noch Sorgen.

 


Aine war schnell. Die eben noch so reglos wirkende Gestalt sprang in einer verschwommenen Bewegung auf. Coel sah eine pfotenartige Hand zum Schlag erhoben. Er konnte die spitz zulaufenden Klauen erkennen. Irgendetwas stimmte hie gar nicht.

Er fing den Schlag ab und hielt ihr Handgelenk fest. ,, Hey, ganz ruhig wir sind’s.“

Aine versuchte sich loszureißen, dann blinzelte sie ein paar Mal verwirrt. Ihr Blick wanderte zwischen Coel und Teach hin und her, bis sich plötzlich Erkennen darin spiegelte.

Als hätte sie sich verbrannt entwand die Artheranerin sich Coels griff und trat ein paar Schritte zurück, die Augen auf den Boden gerichtet. Die Klauen wurden wieder unsichtbar zurückgezogen.

,, Ganz ruhig.“ , wiederholte Coel, trat aber vorsichtshalber zwischen sie und Teach. Nur zur Sicherheit. Sie zitterte und setzte sich langsam wieder auf die Liege.

,, Was…“, Aine schien sich noch immer nicht ganz gefangen zu haben. Verständlich, wenn das letzte woran man sich vermutlich erinnerte eine Schlacht war, die nicht unbedingt gut verlief. Und für einen Artheraner mit beinahe perfektem Gedächtnis gab es wohl nichts schlimmeres, als Desinformation.

,, Was ist passiert ?“ , wollte sie , schon etwas Sicherer, wissen.

,, Das könnte eine Weile dauern.“ ,stellte Coel fest.

,, Lassen sie sich Zeit. Ich sehe währenddessen nach den Patienten in der Kantine.“ , meinte Teach. ,, Aber rufen sie mich, wenn irgendetwas ist.“

Coel nickte dem Mann kurz zu, während dieser nach draußen trat um sofort von einem der Helfer angesprochen zu werden.

,, Das ist ja das reinste Chaos.“ Aine hatte sich ein wenig umgesehen und selbst auf dem noch recht aufgeräumten Medizindeck war unübersehbar, dass etwas nicht stimmte.

,, Wir haben verloren.“ , antwortete Coel.

Aine nickte. Offenbar hatte sie diese Antwort schon erwartet. Die Schlussfolgerung war nicht besonders schwierig und der Verstand der Artheraner arbeitete etwa zehn Mal so schnell wie der eines Menschen.

,, Wie viele…“

,, Soweit ich weiß sind wir die einzigen, die noch leben.“ Er wusste, dass bei der Flotte der Menschen auch Artheraner befunden hatten, die erst kurz vor der Schlacht eingetroffen waren.

,, Hatten sie Freunde auf den Schiffen ?“

Aine lachte fast. ,, Niemanden, den ich so bezeichnen würde. Die haben uns ohnehin nur Geholfen weil ich… ihnen keine Wahl gelassen habe.“ Das bisschen Einfluss, das sie mal gehabt hatte, war mittlerweile vermutlich nichts mehr wert.

,, Wie das ?“

,, Die meisten meiner Leute sehen in mir mittlerweile ohnehin einen Verräter. Was glauben sie  also?“

,, Dann sind wir ja schon zwei, schätze ich.“

Aine stand vorsichtig wieder auf, schwankte aber etwas, bevor  sie einen sicheren Stand fand.

,, Verdammt… wie lange war ich bewusstlos ?“

Coel half ihr auf den Beinen zu bleiben.

,, Ein paar Stunden. Wir haben mittlerweile die größten Schäden am Schiff repariert.“ Er fasste zusammen, was sie verpasst hatte, Angefangen von dem Moment, in dem er auf dem zerstörten Kommandodeck aufgewacht war, bis hin zu dem Punkt, an dem es so aussah, als hätten sie tatsächlich Glück gehabt. Und auch, das Watergate und einige andere mit Rettungskapseln und Jägern hatten entkommen können, als die Horus und die anderen Schiffe zerstört worden waren.

Er brauchte länger, als er vermutet hatte, denn jetzt wo er sich die ganze Situation wieder vor Augen rief, kam es ihm noch seltsamer vor, dass sie überhaupt noch hier waren.

,, Wieso haben die Via uns nicht erledigt, als sie die Gelegenheit dazu hatten ?“ , fragte Aine und sprach damit genau das aus, was ihm zu schaffen machte.

,, Ich weiß es nicht. Seyonn meinte es ginge ihnen um das Archiv.“ Er tippte sich an die Schläfe. Mittlerweile machten sich seine Kopfschmerzen wieder stärker bemerkbar. Unwillkürlich fragte er sich, was als nächste über ihn hereinbrechen würde. Bisher ergab nichts von dem was er sah einen zusammenhängenden Sinn.

,, Vielleicht wollen sie aber auch einfach  Zeugen dafür, dass sie uns überlegen sind. Einschüchterung ist auch eine Taktik. “ , vermutete Aine. Erstaunlich wie schnell sich die Artheranerin erholt hatte.

Coel konnte nicht anders. Er lächelte.

,, Vielleicht. Wichtig ist jedenfalls erst mal, das wir es geschafft haben.“

Aine  lief ohne ein weiteres Wort an ihm vorbei und trat durch die Türen der Krankenstation nach draußen

,, Wo wollen sie hin ?“ , fragte Coel überrascht.

,, Ich muss einfach mal ein Stück laufen. Kommen sie mit?“
Coel zuckte mit den Schultern und folgte ihr. In der umfunktionierten Kantine und auf den Gängen war noch längst nicht Ruhe eingekehrt. Auch wenn die Nachricht, dass sie bald zumindest außer Lebensgefahr wären bei den meisten  die Anspannung etwas gelöst hatte unter der alle Gestanden hatten.

Nathan Teach, der grade den Verband einer Frau wechselte, die sich den Arm verbrannt hatte, sah  kurz auf, als er Coel und die Artheranerin bemerkte.

,, Halten sie das wirklich für so eine gute Idee ?“ , fragte er.

,, Ich kann laufen.“ , erwiderte Aine. ,, Und es ist nicht so, dass ich irgendwo hin könnte.“
,, Das wohl nicht.“ , meinte Teach. ,, Ich hoffe wirklich wir kommen hier bald weg.“ , fuhr er an Coel gerichtet fort. ,, Uns gehen langsam Verbände und Antibiotika aus. Von Schmerzmitteln ganz zu schweigen. Wir sind nicht dafür ausgerüstet, die halbe Crew dauerhaft zu versorgen.“

Coel antwortete nicht sofort. Einen Moment dachte er zurück an Artherium. Auch dort waren sie nicht auf hohe Verluste vorbereitet gewesen… aber… waren die Menschen das je ?

Egal welcher Konflikt, egal wie groß oder klein, es gab immer zu viele Verletzte. Als wollten sie sich nie eingestehen, das ihr tun eben dazu führte, das Leute starben. Als könnten sie es durch mangelnde Vorbereitung wegleugnen. Er spürte wie der Gedanke ihn wütend machte.

,,  Sie schaffen das schon.“ Es war ihm nicht möglich seine Gedanken in geordnete Worte zu fassen.

,, Ich wünschte, das wäre so.“ , erwiderte Teach . Er klang so müde wie Coel sich fühlte.

 

Sie gingen weiter, weg von den Reihen aus Verletzten. Immer noch waren hier die Spuren des Angriffs deutlich zu sehen. Die meisten größeren Trümmerstücke hatte man zwar Beiseite geschafft, aber die fehlenden Verkleidungsteile  und offenen Kabelleitungen Sprachen ihre eigene Sprache.

Das Treppenhaus hingegen war in der Zwischenzeit fast völlig Repariert worden. Fehlende Stufen waren notdürftig durch Platten ersetzt worden, die man angeschweißt hatte und beschädigte Tragestreben wurden wieder stabilisiert. Die sich scheinbar endlos in die tiefe und ein gutes Stück nach oben erstreckende Spirale aus Gitterstufen erinnerte ein wenig an das Modell eines DNA-Strangs. Die Quintessenz eines Lebewesens..

,, Und doch kommt es wohl nicht darauf an, als was man geboren wird. Sondern eher was man daraus macht.“

,, Was ?“

,, Ich habe grade nur Nachgedacht. Unsere Wissenschaftler habenschon vor langer Zeit  herausgefunden, das alles leben, zumindest auf der Erde, auf einer Verbindung Namens DNA aufbaut. Unser Aussehen und unser Aufbau wird maßgeblich dadurch bestimmt.“

,, Auf Artherium gab es einige, die etwas ähnliches vermuteten. Und heute… nun viele unserer Fragen wurden im Krieg drastisch beantwortet.“ , antwortete Aine.

,, Aber es gibt durchaus auch Menschen die meinen, alles was uns ausmacht sei auf DNA festgelegt, sogar unsere Persönlichkeit. Ich persönlich halte das für Falsch. Ich glaube nicht, das irgendetwas festgelegt oder determiniert ist.“ Er überlegte. ,, Ich schätze mal, das die Via da anderer Meinung sind.“

,, Eine interessante Weltanschauung. Aber damit wiederlegen sie nicht nur die Idee der Via sondern auch der Unity.

,, Das ist doch der einzige Grund aus dem ich sie bekämpfen kann.  Wissen sie… als ich dort unten in den Archiven war… Asmodeus hat mich nicht getötet. Nur geredet.

Wie er sagte… unsere Ziele sind nicht so unterschiedlich. Nur unsere Ansichten sind es.“

,, Die Via wollen das gesamte Universum nach Möglichkeit kontrollieren, sag mir nicht das du dich als Diktator versuchen willst.“
Jetzt war es an Coel einfach laut loszulachen. Aines Worte waren einfach so unglaublich, menschlich scherzhaft  gewesen, das es wirklich fast lächerlich war. ,, Hat Martin ihnen heimlich Unterricht gegeben ?“ , meinte er immer noch lachend. Es spülte einen Teil seiner Erschöpfung und der schweren Gedanken weg, die ihn belasteten. Vielleicht würden sie trotzdem alle sterben, vielleicht würden ihn das Parlament für seine Flucht hinrichten lassen…

 Im Augenblick war es ihm endlich wieder egal.

,, Ich verbringe einfach zu viel Zeit mit Menschen.“ , meinte sie ernst.

,, Und sie glauben, das ist etwas Schlechtes ?“

,, Nein, ich denke nicht. Auch wenn die meisten Artheraner das sicher anders sehen.“ Aine schwieg einen Moment.  ,, Vielleicht wollen wir ja letztlich wirklich alle dasselbe. Und das einzige was wirklich einen Unterschied macht, sind unsere Ansichten.“

,, Ich wünschte es wäre so einfach.“ ,antwortete Coel. Eine Weile standen sie nur schweigend im Treppenhaus des Schiffs, jeder mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Schließlich fuhr er fort : ,,Aber es gibt auch immer Menschen… und wohl auch Artheraner, Via , Unity und Tariden, die  andere Ziele haben werden. Sonst wären wir jetzt  nicht hier.“

Er sah nach oben, stellte sich vor, durch die Schiffswände zu sehen…  Was lag dahinter? Sterne, Planeten, komplette Galaxien. ,, Selbst bei einer Milliarde Welten, wäre das Universum schrecklich Langweilig, wenn alle dieselben Ziele hätten.“ , schloss er.

Aine zögerte einen Moment. ,, Ich möchte mich entschuldigen.“

,, Wofür bitte ?“ Es klang ernster als ihm lieb war.

,, Ich hätte sie vorhin beinahe angegriffen…“

,, Dafür können sie ja wohl nichts.“ , erklärte Coel ,, Nach so was wäre jeder verwirrt gewesen.“

,, Das ist es nicht.“ Sie hielt eine Hand vor sich in die Luft.,, Werkzeuge, niemals Waffen.“
Endlich verstand er.

 Artheraner würden ihre Klauen niemals, nicht einmal im Kampf um Leben und Tod, als Waffen einsetzen. Das galt als so verwerflich, dass man den Betroffenen sogar ihre Namen wegnahm und sie aus der Gesellschaft der Artheraner ausschloss.

Coel hatte sich einmal mit einem dieser Ausgestoßenen unterhalten. Es brauchte entweder unglaubliche Wut oder wie in Aines Fall Verwirrung um einen Artheraner so weit zu treiben.

,, Wie gesagt, sie  können nichts dafür.“

,, Ach wirklich ?“ , meinte sie. Ihre Stimme klang viel zu unsicher. Natürlich machte ihr das zu schaffen. Aber was konnte Coel sonst sagen? Nichts. Stattdessen legte er eine Hand auf ihre.

,, Und ich vertraue ihnen.“

Sekunden verstrichen ohne ein Wort oder eine Regung. Dann durchbrach die Kommunikationsanlage der Kronos die Stille.

,, Coel ? Sie kommen besser mal hoch aufs Kommandodeck. Wir haben hier möglicherweise ein kleines Problem.“ , meldete sich Martins Stimme.

Coel seufzte. ,, Keine Ruhe für die Gerechten“, flüsterte er.

Kapitel 10 Assailant

,, Dann wollen wir mal.“ Coel sah aus dem Fenster des kleinen Transporters auf das vor ihnen liegende Schiff. Die Schäden an der Hülle der Assailant waren unübersehbar. Teilweise schienen ganze Sektionen einfach herausgerissen worden zu sein, wo Geschosse das Schlachtschiff gestreift hatten. Ganze Ebenen lagen zum All hin offen.

Wenigstens war der Hangar weitgehend unbeschädigt. Coel fragte sich grade, ob das Schiff überhaupt noch über funktionierende Waffen verfügte und ihre ganze Aktion somit sinnlos wäre.

Er wollte es sicher nicht herausfinden.

Einige Kilometer hinter ihnen trieb die Kronos durchs All, wo Martin und die anderen hoffentlich schon damit beschäftigt wären, die Schilde vorzubereiten.

,, Die werden nicht froh sein mich zu sehen.“ ,  bemerkte Aine. Sie hatte darauf bestanden Coel zu begleiten und dieser hatte, wenn auch wiederwillig, zugestimmt. Er würde sie vermutlich brauchen.

,, Das mag sein, aber hey, wir retten ihnen das Leben.“ , erwiderte Coel.

,, Ich bezweifle, dass sie darüber sehr glücklich sein werden.“
,, Ich auch.“ 

Eine Stimme meldete sich über Funk. ,, Den Rest der Landung steuern wir. Geben sie die Maschinensteuerung ab.“

Coel zögerte einen Moment, dann überschrieb er die Flugkontrolle an das Hangardeck des Artheraner-Schiffs. Er warf einen Blick zurück in den Laderaum, des Transporters. Normalerweis befanden sich dort Plätze für etwa zwanzig Personen, jetzt jedoch waren die Sitze ausgebaut worden um Platz für einen großen Frachtcontainer mit Ersatzteilen zu schaffen. Ein paar kritischere Teile hatten sie nicht auf Lager gehabt, sondern erst aus den  beschädigten Systemen der Kronos ausbauen müssen. Etwas, das Zeit erfordert hatte.

Coel lehnte sich einfach auf seinem Platz zurück und beobachtete, wie der Transporter scheinbar von selbst auf das, mittlerweile den gesamten Sichtbereich verdeckende, Schiff zusteuerte. Nicht zum ersten Mal fragte er sich, wie es die Artheraner innerhalb von zehn Jahren geschafft hatten, sowohl technisch als auch militärisch zur GTDF aufzuschließen, ohne dabei bemerkt zu werden.

Viele ihrer Schiffe hatten die Artheraner wohl mit Hilfe der Via gebaut, versteckt in den hintersten Winkeln der Galaxie. Andere aber waren modifizierte GTDF-Schiffe, die sie übernommen hatten. Es musste eine logistische Meisterleistung gewesen zu sein, die nötigen Ressourcen für eine ganze Flotte zu besorgen, ohne dass es auffiel. Oder möglicherweise hatten die Via auch dies bereitgestellt?

Während er noch darüber nachdachte fielen ihm die Augen zu. Symbole und geometrische Zeichen ohne Bedeutung tanzten weiterhin vor seinen Augen.

 

,, Und wie sieht es bei ihnen aus ?“ , fragte Martin.

,, Ich würde sagen, hier ist soweit alles in Ordnung.“ , antwortete Seyonn über Funk. Die Schildrelais der Kronos zu überlasten hatte sich als Schwieriger erwiesen, als sie anfangs gedacht hatten. Viele Projektoren waren so beschädigt, das sie von der Brücke aus nicht mehr zu steuern waren.

Ihnen blieb also nichts anderes übrig, als die Steuerung jedes einzelnen Projektors manuell einzustellen. Und diese waren über das ganze Schiff verteilt.

,, Ich wäre dann auch soweit.“ , erwiderte Ägir, der sich um die Relais in der Nähe der Brücke kümmerte und sie koordinierte.

,, Gut, wir wissen nicht wie viel Zeit wir haben.“ Martin sah auf das Gewirr aus Kabeln vor ihm. Er hatte einen markierten Teil der  Innenverkleidung, welche die Gänge der Kronos bildete, entfernt und vor ihm lagen nun die gesamten Kabelleitungen und Verbindungen, die das Schiff am Leben erhielten.

Als er Coel erzählt hatte, der einzige Unterschied zwischen einem Shuttle und einem Kreuzer wäre die Größe, stimmte das nicht ganz. Es gab auch eine Unmenge mehr an Systemen.

Martin brauchte eine Weile bis er in dem ganzen Chaos den kleinen Schaltkasten fand, den er gesucht hatte. ,, Ich hoffe wirklich da klappt.“ , meinte er, während er arbeitete.

,, Es war ihre Idee, oder ?“ , fragte Ägir.

,, Deshalb ja. Ich will nicht derjenige sein der uns umbringt.“

,, Das schlimmste was passieren kann ist doch das wir die Schilde völlig verlieren, oder ?“ , wollte Ägir wissen.

,, Theoretisch zumindest ja.“

,, Und praktisch ?“

,, Das werden wir wohl bald rausfinden.“ Er schloss die Wandverkleidung wieder. ,, Ich wäre dann soweit.“

 

 

Coel erwachte, als das Shuttle mit einem Ruck aufsetzte und zum Stehen kam.

Ihm war schwindlig und er musste sich einen Moment abstützen, als er aufstehen wollte.

,, Alles in Ordnung ?“ , fragte Aine.

,, Geht schon.“ , erwiderte er.

,, Ich schaffe das notfalls auch alleine.“ , erklärte sie.

,, Ich sagte alles in Ordnung.“ Coel versuchte die letzten Nachwirkungen seines kurzen Schlafs abzuschütteln. Es war seltsam gewesen… Zahlen, Worte, vielleicht Namen, waren vor seinen Augen vorbei getrieben als ob sich hinter diesen ein Fluss verbergen würde… ein reißender Strom aus Gedanken und Erinnerungen, der alles mit sich zog.

Seine Kopfschmerzen waren zu einem stetigen Summen hinter seinen Schläfen geworden, die ihm kaum Raum für einen klaren Gedanken ließen. Er tastete nach dem Tablettenrörchen das Teach ihm gegeben hatte und schluckte eine der Pillen.

,, Gehen sie ruhig schon mal vor. Bevor unsere Gastgeber noch unruhig werden.“

,, Sicher ?“

,, Wie oft noch ? Es geht mir gut.“

Ein paar tiefe Atemzüge… es würde etwas dauern, bis das Medikament wirkte. Er musste nur noch ein bisschen durchhalten.

Schließlich folgte er Aine.

 

Der Hangar der Assailant wirkte beinahe verlassen gegenüber den Flugdecks der menschlichen Schlachtschiffe, auf denen Coel bisher gewesen war. Normalerweise herrschte dort immer reger Betrieb, entweder weil im Einsatz ständig kleinere Schiffe und Jäger starteten und landeten oder Wartungsarbeiten anstanden. Auch wurden die Hangarbuchten gerne als zusätzlicher Lagerraum für Vorräte und Ausrüstung genutzt, weshalb man sich oft in einem Gewirr aus, aus aufgestapelten Paletten bestehenden, Gängen wiederfand, in denen sich selbst die Crew oft nicht orientieren konnte.

Hier jedoch war das anderes. In der weitläufigen Halle gab es Stapel mit Ausrüstung, matt schimmernde Metallene Behälter, aber weit nicht so viele wie er Gedacht hatte. Auch konnte er keinen Jäger entdecken, weder menschlicher noch sonst irgendeiner Bauweise. Vielleicht wurden die meisten bei der Schlacht zerstört, dachte Coel. Es schien ihm die einzige Erklärung.

Während er die Rampe des Shuttles hinabging bemerkte er, dass sie bereits erwartet wurden.

Vier bewaffnete Artheraner , zwei Frauen und zwei Männer, wenn er sich nicht täuschte, schirmten einen fünften ab. Jemand, dessen Gesicht er kannte. Skelaw. Der Artheraner trug eine Uniform, die denen des GTDF-Militärs nicht ganz unähnlich war, allerdings  dunkler gehalten. Außerdem erkannte Coel keinerlei Rangabzeichen.

Seine  vier Wachen hingegen trugen schliche Alltagskleidung. Gewebte Stoffe, ohne einheitliches Muster. Wüsste er es nicht besser, würde Coel vermuten, es mit einer Bürgerwehr zu tun zu haben, nicht mit einem organisierten Militär. Jeder der fünf trug neben den Gewehren, bei denen es sich um den Nachbau eines GTDF-Modells handelte, noch ein Messer, das aber eher rituellen Zwecken dienen musste, vermutete Coel.  Selbst die simpelsten Panzerungen waren Schnittfest.

Zu seinen Kopfschmerzen gesellten sich jetzt noch die Flüchtigen Gedankensplitter hinzu, die er von den Artheranern auffing.  Es war nichts wirklich greifbares, aber er musste schnell feststellen, dass es ihn unruhig machte. Was er mitbekam waren  vollkommen Feindselige Gedanken.

,, Nun, bringen wir es hinter uns.“ , meinte Skelaw, der nicht wartete bis Coel oder Aine auch nur einen Fuß auf die Assailant gesetzt hatten. Auf einen Wink liefen zwei seiner Leibwächter die Rampe hinauf und schleppen die Kiste weg.

Coel wartete, bis sie die Kiste an einige weitere Artheraner abgegeben hatten, die damit sofort außer Sicht verschwanden, dann trat er endgültig von der Shuttlerampe.

,, Also dann, wo das erledigt wäre, könnten wir zum Geschäft kommen.“

Skelaw antwortete nicht, sondern musterte nur Abwechselnd Coel und Aine , als könnte er so irgendwie ihre Absichten erahnen.

Dann sagte er, überraschend freundlich, aber distanziert. ,, Natürlich. Folgen sie mir bitte.“

Entweder war er wirklich um Höflichkeit bemüht… oder er war einfach hochmütig wegen seines vermeintlichen Sieges.

Was auch immer es war, Coel zögerte nicht dem Artheraner zu folgen. Sollte er sich sicher fühlen, das würde lediglich die Überraschung verstärken. Hoffte er zumindest.

,, Ich möchte überhaupt nicht hier sein.“ , meinte er leise, während sie Skelaw folgten. Keiner der anderen Artheraner denen sie begegneten würdigte Coel auch nur eines Blickes. Irgendwie war er sich sicher, in dem Moment tot zu sein, indem er ihnen den Rücken zudrehte. Wie passend, wenn man bedachte, dass die Artheraner von ihm wohl das gleiche erwarteten.

,, Keine Sorge, die sind nur teilweise auf sie wütend.“ , sagte Aine düster.

,, Ich hoffe wirklich Martin bekommt das hin.“

Skelaw führte sie durch mehrere leicht ansteigende Gänge, die einem Labyrinth artigen Kurs durch das ganze Schiff zu beschreiben schienen. Kurz überlegte Coel, ob dieser Umweg Absicht war, bis ihm die äußeren Schäden wieder einfielen. Vermutlich war das halbe Schiffabgeriegelt.

Nach einer Weile schließlich erreichten sie das, was er als Kommandozentrum der Assailant erkannte. Der Raum musste sich an der Außenseite des Schiffs befinden, den ein großes Glasfenster

erlaubte einen Blick nach draußen und auf die in einigen Kilometern Entfernung schwebende Kronos. Ein ungewöhnliches Design. Normalerweise befanden sich die Kontrollräume der meisten Schiffe so weit wie möglich im Schiffsinneren wo sie gut geschützt waren. Allerhöchstens Kameras boten eine Möglichkeit nach draußen zu sehen.  Hier jedoch befand sich ein echtes Fenster. Ein fataler Konstruktionsfehler, wie Coel befand. Ein gut gezielter Treffer könnte den Raum dem Vakuum aussetzen und somit sofort die Steuerung des Schiffs ausschalten.

,, Woraus ist das ?“, fragte er und tippte gegen die Scheibe. Es war sicher kein normales  Glas.

,, Das ist , ich denke sie würden es in ihrer Sprache Palladium-Glas nennen. Das Ganze ist härter als Stahl und könnte sogar einem direkten Treffer standhalten.“ , erklärte Skelaw mit einer Mischung aus Stolz und unverhohlener Verachtung.

,, Das stammt nicht von den Via.“ , bemerkte Aine misstrauisch.

,, Ich sollte ihnen nicht einmal antworten Verräterin , aber nein. Es stammt nicht von den Via. Es basiert auf einem menschlichen Entwurf“ , Coel zeigte sich Überrascht  ,, den ihre Leute allerdings als zu unwirtschaftlich verwarfen.“ , beendete Skelaw den Satz.

,, Interessant. Also, zum eigentlichen Grund unseres Hierseins.“

,, Ihre Leute werden sich bedingungslos ergeben ?“ ,fragte der Schiffskommandant. Die zwei Verbliebenen Wachen traten nervös von einem Fuß auf den anderen.

,, Nun… was das angeht, habe ich vielleicht ein wenig gelogen“

,, Wie meinen sie das ?“

Coel trat an das Fenster heran. ,, Im Gegensatz zu ihnen verfügen wir über ein völlig funktionsfähiges Schiff.“

,, Schwachsinn. Ihr Schiff ist so gut wie zerstört.“

Ich hoffe wirklich das klappt, dachte Coel noch, bevor er eine Funkverbindung zur Kronos herstellte.

,,Martin, jetzt wäre der richtige Zeitpunkt.“

,, Habe Verstanden. Und… los geht die Show.“

,, Überprüfen sie das.“ , rief Skelaw.

Einer der zwei Wachen trat an einen Computer und starrte einige Sekunden fassungslos auf die gelieferten Daten. ,, Volle Schildkapazität… Er sagt die Wahrheit.“

,,Verdammt, warum sind sie hier ? Wir ergeben uns sicher nicht.“ , rief der artheranische Kommandant, während die  Wachen ihre Waffen auf Coel und Aine richteten.

,, Wenn sie ihre Vorurteile mal für eine Sekunde bei Seite schieben würden, sollte ihnen klar sein, das wir ihr Schiff grade gerettet haben.“ , antwortete Coel wütend. ,, Sie haben alle Ersatzteile die sie brauchen. Ich fordere sie also auf, zu verschwinden, sobald wir dieses Schiff verlassen haben. Andernfalls sehe ich mich gezwungen das Feuer zu eröffnen. Und wir wissen Beide wer dabei verliert. Also… seien sie zufrieden mit dem was sie haben.“

Skelaws Leibwächter ließen ihre Waffen sinken. Für sie stand die Entscheidung wohl fest. Für den Kommandanten selbst wohl jedoch noch nicht.

,, Was soll das ?“ , rief er. ,, Habe ich…“

,, Vergessen sies. Die haben offensichtlich vor weiterzuleben.“ , meinte Coel und nickte den zwei Wachposten dankbar zu. Wenigstens ein paar Vernünftige.

,, Aine, das können sie nicht zulassen.“ Skelaw schien langsam wirklich verzweifelt zu werden. ,, Sie können das nicht zulassen.“

,, Und ob ich das kann.“ , erwiderte sie. ,, Ich würde es vielleicht nicht. Aber da sie mich ohnehin für einen Verräter halten… warum eigentlich nicht?“

,, Sie hören sich schon an wie die Menschen.“ Offenbar war es als Beleidigung gedacht, aber Aine ging nicht darauf ein.

,, Ich schätze mal damit wäre das geklärt. Suchen sie es sich aus. Wir gehen… sie leben… Oder sie versuchen uns aufzuhalten. Dann gehen wir trotzdem. Und sie sterben ebenfalls,  trotzdem.“

Der Artheraner bebte vor Wut darüber dermaßen ausgetrickst worden zu sein. Schließlich jedoch sagte er : ,, Verschwinden sie, sie beide, aber… merken sie sich das Rafail  Coel, begegnen wir uns wieder, wird mich nichts davon abhalten sie zu töten.“

,, Sie werden es vielleicht probieren. Denken sie darüber nach, dass das schon andere Versucht haben. Und dann überlegen sie was mit denen passiert ist.“ , sagte Coel. Er gab es ungern zu, aber obwohl er damit gerechnet hatte machte ihn die Reaktion des Artheraners nur wütend. Und auf unbestimmte Weise traurig. Zehn Jahre und doch hatte sich nichts geändert. ,, Gehen wir.“

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Über den Autor

EagleWriter
...Was gibts über mich zu wissen ? Ich schreibe gerne, deshalb bin ich auf der Seite angemeldet. Muss man mehr wissen ?Ich freu mich natürlich immer über konstruktive Kritik und Kommentare zu meinen Texten.Sonst noch was über mich..
Malt und Metalhead und Laborheini mit einem Faible für Philosophie, Pfeifen und Fantasyliteratur. Erwarte also bitte niemand zu viel von mir :-)

Oh und mich gibts auch bei MyStorys
http://www.mystorys.de/profil/EagleWriter
Wattpad :
https://www.wattpad.com/user/Eagle_Writer
Bookrix
http://www.bookrix.com/-fp5b8dec42cb535/
Und bei Schreibernetzwerk :
http://www.schreiber-netzwerk.eu/de/Member/2648/EagleWriter/
Und Storyhub
https://storyhub.de/profil/EagleWriter

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