Ein einst stolzes und mächtiges Volk am Tiefpunkt seiner Existenz. Kaum einer glaub noch an sein Fortbestehen bis auf eine kleine Gruppe die sich auf ein Reise in die Vergangenheit ihres Volkes begibt und versucht mit dem Wissen von gestern eine Tür für das Morgen zu öffnen.
Einst war das Volk der Felurian ein großes und mächtiges Nomadenvolk. Sie durchstreifen, geführt von ihrem Leitgestirn, Felur, die Welt. Die Shadchar, heilige Auserwählte Felur’s die seine Stimme hören und seinen Willen an sein Volk weitergeben konnten, führten die Felurian in die entlegensten Winkel dieser Welt. Völker regiert von Tyrannen, Reiche bedroht von Dämonen und Landstriche verwüstet von der Natur. Dort wo selbst der größte Held und der mächtigste Herrscher die Hoffnung bereits verloren haben, genau dort führte sie Felur hin um das Gleichgewicht der Mächte wiederherzustellen. Dafür belohne Felur sie mit Gesundheit, einem langen Leben und mit seiner Macht die sie durch ihren Körper leiten und so selbst den größten Gefahren trotzen konnten. Sie waren ein Volk der Retter und Helden, eines der ältesten und sagenumwobensten überhaupt.
Doch nichts währt ewig und so auch nicht das stolze und mächtige Volk der Felurian. Denn eines bedeutenden Tages verschwand Felur vom Firmament und war seitdem nie wieder gesehen. Das war der Tag an dem der Untergang seines Volkes besiegelt wurde.
Ohne Führung und die Stimme ihres Herren verzweifelten viele Shadchar und starben an gebrochenem Herzen. Das Volk selbst verteilte sich langsam in alle Himmelssrichtungen in der Hoffnung Felur wieder zu finden.
In vielen Gegenden dieser Welt wurden sie von da an als niedere Wesen, den Tieren gleichzusetzen, angesehen und als Sklaven gefangen und gehalten. Die Feluri die diesem Schicksal entgingen zogen sich in tiefster Trauer in die tiefen und unergründeten Wälder dieser Welt zurück um dort zu ihrer primitiven Natur zurück zu kehren. Nur sehr wenige blieben in der Zivilisation, denn diese wies sie auch ab, da sie keinen Nutzen für die Gesellschaft in diesen so andersartigen Wesen sah.
Die vielfältige Kultur aus jahrtausenden und das große Wissen hunderter Generationen das in den wandernden Tempelt bewahrt wurde ging verloren oder wurde versteckt. Die Verstecke werden seitdem von den wenigen überlebenden der Shadchar bewacht. Sie hatten genauso wie Felur ihr Volk im Stich gelassen, um sich ihrer Trauer und ihrer neuerwählten Aufgabe hinzugeben.
Heute ist dieses Volk aus fast allen Geschichtsbüchern verschwunden und die wenigen Nachkommen der Felurian werden gemeinhin abfällig als Tierwesen bezeichnet. Adelige halten besonders schöne Exemplare als Haustiere. Wer nicht so viel Glück hat mit einem glänzenden Fell zur Welt zu kommen endet als Sklave oder wildes Tier im Wald, wenn er solange überlebt um erwachsen zu werden. Die allerwenigsten lernen jemals sprechen und so verschwindet immer mehr Wissen um das das einst stolze Volk von dieser Welt.
Auszug aus einem alten Kinderbuch über Farbelwesen und mystische Völker
Leise huschte Shakyra über das Pflaster der Hauptstraße. Die Sonne war noch hinter dem Horizont versteckt aber man konnte schon die ersten Sonnenstrahlen erahnen. Zu dieser Zeit war kaum jemand auf der Straße und das war gut so. Zwar wurde ihresgleichen mitlerweile akzeptiert in Chandri aber immernoch gab es viele Menschen die sie im abwerten Blicken straften wenn sie sich Tagsüber in der Stadt aufhielt. Deswegen erledigte sie alle Aufgaben die sie in die Stadt führten am liebsten früh morgens wenn die Läden gerade erste aufmachten. Ihr erstes Ziel war der Bäcker der zu dieser Zeit bereits seit Stunden am Ofen stand und die ersten Brötchen und Brote bereits fertig waren. Je näher sie dem kleinen Laden an der Ecke zu einer Nebenstraße kam desto stärker war der Geruch der frischgebackenen Brötchen. Sie vernahm ihn so intensiv als würde sie bereits vor dem vollen Korb dieser warmer, kleiner Leckerbissen stehen obwohl sie noch nichteinmal den Laden sehen konnte. Um diese Gabe war sie sehr froh denn oft wurden die Kinder die in der Stadt geboren wurden ohne den ausgeprägten Gesuchssinn geboren der ein Merkmal für ihre Herkunft war. Diese und andere wilde Gaben wie sie die Menschen nannten haben Shakyra schon einige male das Fell gerettet. Andere hatten nicht so viel Glück, denn ihre Gaben waren verkümmert wegen dem Leben in der Stadt.
Sie huschte weiter im Schatten den die ersten Strahlen der Morgensonne warfen. Plötzlich ein Geräusch aus einer Schenke nicht weit vor ihr. Eigentlich müssten schon alle Gasthäuser und Schenken geschlossen haben. Das war Gesetz! Aber da regte sich etwas in der Tür. Sie vernahm den wiederlichen Geruch von Schweiß Tabak und Alkohol gemischt mit dem Geruch menschlicher Exkremente. Ein Trunkenbold auf dem Weg nach Hause? Um diese Zeit? Oder etwa ein Obdachloser bei einem Einbruchsversuch? Er drehte sich in ihre Richtung und sofort durchfuhr sie nur ein Gedanke: Weg hier! Denn auch wenn sie im Schatten stand und ihr schwarzes Fell sie gut tarnte würde der große schneeweiße Fleck in ihrem Gesicht, der ihr azurblaues Auge einrahmte, sie sofort verraten. Denn im Dämmerlicht des Morgens wirkte alles dunkle noch dunkler und alles helle leuchtete richtig.
Mit einem großen Satz versuchte sie sich im Eingang eines Hauses zu verstecken. Sie presste sich fest an die Tür und hoffte noch unentdeckt geblieben zu sein.
„He! Du da… ich weissss das da einer ist!“, lallte der Mann, „Komm raus ich tu dir nichts. Ich hab mich nur verlaufen.“ Er war sturzbetrunken und konnte kaum laufen. Seine Schritte hallten sehr unregelmäßig durch die Straße während er sich in Shakyras Richtung bewegte. „Hilf mir doch mal. Ich weiß nich wos lang geht!“, er wurde bei jedem Wort lauter. Aus Angst die Anwohner des Hauses oder noch schlimmer die ganze Nachbarschaft aufzuwecken wegen dem Geschrei des Mannes, trat Shakyra aus der Tür und kam geduckt und unterwürfig auf den Mann zu. Sie konnte zwar sprechen und verstand alles was der Mann sagte aber sie war eine sehr große Ausnahme und wollte den Mann nicht verschrecken wenn sie ihn ansprach. „Ach ein verlaustes Katzenviech nur.“, sagte er mehr zu sich selbst als zu ihr. „Los verschwinde du räudiger Auswurf deiner verwurmten Mutter!“, brüllte er so laut das es von den Wänden hallte, dabei klatschte er fest in die Hände so wie man eben auch Straßenköter verschäucht.
Shakyra rannte los, an ihm vorbei und dann in die nächste Seitenstraße. Sie hatte weniger Angst vor dem Mann als vor dem was sie vor einigen Augenblicken hinter ihr gehört hatte. Das geklapper von Rüstung und Waffen. Die Wachen waren auf Patrolie und würden den Mann sicher bald aufgreifen. „Das geschiet die nur zu recht.“, murmelte sie leise dem Mann zu der sie natürlich nicht hören konnte. Wenig später erklangen in der Hauptstraße die Stimmen von mehreren Männern. Das Gespräch wurde lauter und Intensiver bis das Gebrüll losging und Shakyra das Scharen der Schwerter hörte als diese aus ihren Scheiden gezogen wurden. Plötzlich verstummte alles. Kurz hielt Shakyra noch inne dann aber machte sie sich wieder auf den Weg ohne auch nur einen weiteren Gedanken an den Mann und sein Schicksal zu verschwenden. Sie würde jetzt einen sehr unangenehmen Umweg gehen müssen, da die Wachen auf der Hauptstraße nun in allarmbereitschaft waren. In den Seitenstraßen Chandris sammelt sich der gesammte Abschaum der Stadt. Die Stadt war in viel zu kurzer Zeit viel zu groß geworden. Die Wachen patrolierten nur noch auf den 6 großen Hauptstraßen, so verwahrlosten die Seitenstraßen und die Stadtteile die keinen Anschluss zu den Hauptstraßen hatten. Raub und Mord waren hier an der Tagesordnung und Shakyra wollte nicht zu den vielen Opfern der kriminellen hier werden. Sie kletterte bei der nächsten Gelegenheit auf ein Dach und ging zum Schornstein. Ihr Meister würde sie später bestrafen für das was sie vorhatte aber ihr war ihr Leben wichtiger. Sie steckte ihre Pfote in das Loch und fuhr an der Wand entlang. Als Shakyra die Pfote wieder herauszog betrachtete sie kurz ihr Werk. Die Fellfarbe hatte sich nicht verändert aber dort wo der Ruß hängen geblieben war, war das Fell matt und glanzlos. Kurz hatte sie nocheinmal Bedenken, ob sie es wirklich tun sollte aber dann schmierte sie sich kurzerhand den Ruß ins Gesicht. Zur Sicherheit trug sie noch eine zweite Schicht Ruß auf. So würde sie nun in den Schatten besser verborgen bleiben und falls sie doch jemandem begegnete wäre sie nur ein Streuner und würde in Ruhe gelassen werden. Nur bei ihresgleichen müsste sie Aufpassen. Sie könnten den Ruß riechen oder vielleicht einige weiße Haare in ihrem Gesicht erkennen. Das wäre was Todesurteil für sie. Denn wer weißes Fell irgendwo am Körpfer trug galt als Verräter ihrer Rasse. Eigentlich wurden solche Neugeborenen direkt von den Müttern getötet aber bei ihr war das anders. Ihre Mutter war bei ihrer Geburt gestorben und ihre Geschwister waren alle totgeboren worden. Sie hat als einzige überlebt und wurde dann von einem kleinen Mädchen aufgesammelt die dachte das Shakyra ein kleines Kätzchen sei. Das Mädchen durfte sie behalten und sie wuchsten gemeinsam auf, lernten gemeinsam, spieltem im Garten bis Shakyra alt genug war Aufgaben im Haus zu übernehmen und das Mädchen das Haus verließ um zu heiraten. Shakyra vermisste manchmal noch ihre große Schwester aber sie bezweifelte sie jemals wieder zu sehen.
Die Sonne war fast vollständig aufgegangen. Wenn sie sich jetzt nicht beeilte würde sie das Frühstück verpassen und ihre anderen Aufgaben in der Stadt musste sie auch noch erledigen, also sprintete sie los, bog hier nach rechts da nach links und schon bald stand sie vor der Bäckerei. Zum Glück hatte sie niemanden getroffen auf ihrem Weg hierher. Sie öffnete die Tür nur einen Spalt breit. Normalerweise stand direkt hinter der Tür ein gepackter Korb für sie aber diesmal stand dort nichts. „Oh du bist aber spät heute“, ertönte eine tiefe, volltönige Stimme aus dem Verkaufsraum. „Die Brote waren bereits wieder kalt geworden deswegen dachte ich mir ich tausche die alten gegen die frischen, warmen.“, sagte der Bäcker. „Danke Jakob.“, murmelte Shakyra auf der Türschwelle. Er sah sie an und erkannte sofort dass sie heute über die Seitenstraßen gekommen war. Ihr Pfoten waren schmutzig und ihr gesucht schwarz vor Ruß. „Gab es Ärger auf der Hauptstraße? Warst du beteiligt?“, fragte er besorgt? „Nein, mir geht’s es gut. Es war nur ein Betrunkener auf der Straße vor mir den die Wachen aufgegriffen hatten. Mich hat niemand gesehen.“, antwortete sie sofort. Fast schon etwas zu schnell, denn der besorgte Gesichtsausdruck von Jakob veränderte sich nicht. „Hier! Für dich. Und warte mal, wenn ich mich nicht irre hatte ich noch etwas geräucherten Fisch hier hinten.“, er legte ihr ein Brötchen auf die Theke und verschwand im Lagerraum. „Nein bitte Jakob! Das ist nicht nötig. Nicht für jemanden wie mich.“, rief sie ihm hinterher. Aber er war schon wieder da mit einem großen Stück Fisch und einem nassen Tuch für ihre Pfoten. Während sie sich schweigend die Pfoten sauberwischte schnitt er gutgelaunt und ein Liedchen summend das Brötchen auf und belegte es mit dem Fisch. Als Shakyra da Tuch beiseitelegte, drückte er ihr das Brötchen in die Hand. Sein freundlicher aber bestimmter Blick duldete keine Wiederworte. Jakob und Shakyra waren schon sehr lange Freunde. Sie hatten sich an seinem zweiten Tag als Lehrling bei dem Bäcker dem die Bäckerei einst gehörte, kennengelernt. Damals hatte Jakob sieben Säcke Mehl umgeworfen und unbrauchbar gemacht, von der Sauerei mal abgesehen. Damals war Shakyra gerade dabei gewesen ihre morgentlichen Brötchen abzuholen als sie ein verzweifelten Bäckerlehrling entdeckt hatte der versuchte die Spuren seiner Tat zu verwischen. Damals hatte sie mitleid gehabt und ihm geholfen indem sie ihn weggeschubst hatte und lautstark die am Boden liegenden Säcke zerfetzt hatte. Der Bäcker hat es gehört und als er ankam sie für die Sauerei verantwortlichh gemacht. Jakob hat er bis heute noch nicht vergessen obwohl sie erst Jahre später das erste Wort gewechselt haben, hat Jakob sie seit jenem Tag als Freundin angesehen. Es war nicht ungewöhnlich dass er ihr hier und da mal ein Brötchen oder eine andere Leckerei zusteckte. Auch der Fisch heute war soetwas. Normalerweise führen Bäckereien schließlich einen Fisch und wäre er für Jakob gedacht gewesen wäre er sicher in seiner Küche über der Bäckerei und nicht im Lagerraum für den Laden. Er gab es nie zu, denn er wusste das Shakyra soetwas nur in verlegenheit bringen würde aber eigentlich wartetet er nur auf solche Gelegenheiten wie heute um sich mit seiner Freundin zu unterhalten und ihr etwas Gutes zu tun.
Sonnenstrahlen die durch das Fenster fielen kitzelten Shakyras feine Schnurrhaare. „Oh nein! Es ist schon viel zu spät! Ich hab noch so viel zu erledigen Jakob! Bitte entschulige und danke für das Brot er hat sehr gut geschmeckt.“, sagte sie während sie aufsprang und ihren Brotkorb schnappte. „Warte! Das Frühstück ist erst in über einer Stunde nicht wahr? Bleib noch ein wenig.“, sagte er mit einem gespielt flehendem Tonfall. Er setzte einen Blick auf den kleine Katzen haben wenn sie um einen Schluck Milch betteln. „Es tut mir leid Jakob aber ich habe noch andere Dinge für das Mittagessen zu besorgen und du weißt doch dass ich tagsüber lieber nicht in der Stadt bin.“, entschuldigte sie sich. Sie wollte bereits aus der Tür treten da rief Jakob: „Ich mach das! Ich wollte heute sowieso nur morgens aufmachen. Heute ist der Todestag des alten Bäckermeisters ich wollte heute Nachmittag sein Grab besuchen. Davor kann ich die Sachen für dich holen und sie auf dem Weg bei dir vorbeibringen.“ Kurz überlegte Shakyra. Sie blickte auf die Straße und sah bereits das geschäftige Treiben der ersten Händler die damit beschäftigt waren ihre Stände aufzubauen und auch schon die ersten Kunden die die noch verpackte Ware begutachteten. Wirklich große Lust jetzt noch über die Hauptstraße zu gehen hatte sie nicht mehr und über die Seitenstraßen wäre es jetzt auch viel gefährlicher denn nun waren die meisten Menschen schon wach. „Also gut. Ich lasse dir die Liste hier.“, sagte sie erleichtert und ging hinter die Theke zu Jakob wo sie sich auf eine kleinen Hocker niederließ. Er holte einen zweiten nassen Lappen auf einem sauberen Wassereimer und reichte ihn ihr: „ Hier! Mach die erstmal sauber.“
Sie plauderten ausgelassen über die neuesten Gerüchte, über Kochrezepte und über anderen belanglosen Kram des Lebens.
Sie lachte gerade über den Witz den ihr Jakob erzählt hatte als die Turmglocke läutete. Sie horchte auf. „Zeit zu gehen Jakob. Danke nochmal für das Brötchen und den Fisch. Ich sehe dich später.“, verabschiedete sie sich. Sie nahm ihren Korb der mitlerweile wieder mit frischen, warmen Brötchen aufgefüllt war die einfach herrlich dufteten, drückte Jakob einen flüchtigen Kuss auf die Wange auf und verschwand durch die Tür. Hinter sich ließ sie den erröteten Bäcker stehen und eilte im Schatten hinter den Ständen der Händler die Hauptstraße zum großen Anwesen auf dem Hügel hinauf.
Mit gespitzten Ohren und geschlossenen Augen lag sie da. Sie nahm jedes Geräusch in unnatürlicher Lautstärke wahr. Das knarzen des Holzes, das scharren der Taue die über das Deck gezogen wurden, die Rufe der Männer die sich auf das Einlaufmanöver vorbereiteten, ja selbst die Rufe der Möven die weit über ihnen ihre Kreise am Himmel zogen. Sie zog die Luft tief ein und atmete langsam wieder aus. Die Luft hier unten war stickig und obwohl die Kajüte war für so ein einfaches Schiff sehr geräumig war, war sie immer noch immer noch zu eng für ihren Geschmack. Sie würde sich lieber an Deck aufhalten aber das machte die Seemänner unruhig deswegen zog sie sich die meiste Zeit in ihre Kajüte zurück. Einsam war sie nicht hier unten, denn die Zwillinge die sie bereits seit fast einem halben Jahrhundert begleiten leisten ihr Gesellschaft wenn sie nicht gerade damit beschäftigt sind von der Tür Wache zu stehen. Sie hatte die kleinen als winzige Neugeboren vor ihrer Mutter gerettet. Die Mutter war eine entlaufene Sklavin gewesen und hätte die Kinder niemals großziehen können. Ausserdem galten Zwillinge in der Gegend aus der ihre Mutter stammte wohl als Verflucht. Man glaubte das sich bei Zwillingen nur eine Hälfte einer Seele im Leib befindet und sie deswegen Dämonen anlocken die den leeren Platz im Körper der Neugeborenen füllen und damit Unheil über die Menschen bringen.
Nein, diese Kinder brachten niemandem Unheil sondern ihrer neuen Mutter nur unglaublich viel Freude. Mit Freude dachte sie an die ersten Augenblicke zurück in denen sie die Kleinen das erste Mal in ihren Armen gehalten hat und die beiden ihr als Dank für die Wärme und das Essen ihr schönstes Lächeln schenkten.
Sie gab ihnen starke Namen in einer Sprache die bereits seit Jahrtausenden nicht mehr gesprochen wurde. El’Rian und Ra’Lion waren Namen die viele Bedeutungen hatten aber die treffendsten Übersetzungen in die Sprache der Menschen waren wohl Energie oder Macht und Stärke oder Mut.
Die beiden sahen sich nicht nur ähnlich sondern waren fast identisch. Nichteinmal sie konnte die beiden auseinander halten. Einzig in ihrer Fellbemalung die sie jeden Morgen auf ihr feuerrotes Fell auftrugen unterschieden sie sich. El’Rian bevorzugte glatte Linien quer über seinen Rücken, während Ra’Lion lieber gezackte Muster überall am Körper trug. Genauso unterschiedlich wie ihr modischer Geschmack waren auch ihre Persönlichkeiten. El’Rian war der Denker. Jeden seiner Schritte hatte er im voraus schon geplant, selbst wenn es um die Belegung seines Brotes ging. Er war berechnend und eiskalt. Einmal einen Plan zurechtgelegt, egal ob für ein Kochrezept oder einen Mord, wurde dieser bis zum Ende ausgeführt.
Ra’Lion dagegen hatte Herz und ging mit Leidenschaft seinen Aufgaben nach. Er überlegte nicht lange sondern hörte auf sein Bauchgefühl. Bisher allerdings hat ihn sein Bauchgefühl eher in Schwierigkeiten gebracht als ihm tatsächlich zu helfen. Bei einem abenteuerlichen Kletterakt im Gebirge bei dem er sich mehr zugetraut hatte als seine Armen hergaben hat er sogar ein kleines Stück von seinem Schwanz verloren. Die nächsten 10 Jahre dannach hatte Ra’Lion Gleichgewichtsprobleme gehabt. Die Menschen nannten sein Verhalten Dummheit aber sie wusste es besser. Ra’Lion war nicht dumm er wusste nur noch nicht sein Bauchgefühl richtig zu deuten und seine Instinkte zu befolgen wenn es nötig war. Doch er hatte noch eine ganze Weile Zeit es zu lernen und dann würde er ein großer Feluri werden, da war sie sich sicher.
Es klopfte an der Tür. Zaghaft nur, also war es keiner der Zwillinge. „Mylady seid ihr wach?“, erklang eine unsichere Stimme hinter der Tür. Schnell packte sie die Maske und die Parücke auf dem Tisch neben dem Bett. „Mylady?“, fragte der verunsicherte Seemann diesmal etwas lauter. „Habt ein wenig Geduld, Mann. Eine Lady braucht ihre Zeit. Ich bin erst vor kurzem erwacht und muss mich frisch machen. Also verschwinde!“, antwortete sie barsch und achtete darauf den Akzent des Ostens beizubehalten. Ein schwieriger Akzent und noch schwieriger war die Sprache. Die Vokale wurden unnatürlich in die länge gezogen und die Konsonanten mussten draufhin härter als gewöhnlich ausgesprochen werden. „Verzeiht Mylady, aber wir erreichen bald den Hafen von Chandri. Das ist ein Anblick den solltet ihr nicht verpassen.“, entschuldigte sich der Mann. „Ich entscheide was ich gesehen haben muss und was nicht!“, erwiederte sie erbost, „Und nun verschwinde, ich komme aufs Deck wenn ich fertig bin.“ Sie hörte wie sich Schritte entfernten. Wo waren nur die Zwillinge? Vermutlich an Deck um die Hafenstadt Chandri zu bestaunen. Es hieß die Stadt sei das Tor zur Welt für die Reiche südlich des Marunggebirges.
Sie setzte die blonde Perücke behutsam auf ihre geflochtenen und hochgesteckten Haare um ihre verräterischen Ohren zu verdecken und setzte die Maske vor ihr Gesicht. Die Maske war bunt bemalt und mit Edelsteinen versehen. In den Augenwinkeln glänzten kleine blaue Azurite die Freudentränen darstellen sollten, denn die Maske selbst stellte ein glückliches, lachendes Gesicht dar. Entsprechend waren auch die Farben gewählt. Vorwiegend war Gelb, dazu kam ein wenig Rot und Grün. Entsprechend der Farben waren die Rubine, Citrine und Smaragde auf der Maske verteilt.
Sie war unbequem und drückte ihr schmerzhaft auf die Nase aber damit musste sie zurechtkommen wenn sie unter den Menschen gleichwertig behandelt werden wollte. Schlimmer war ihr Schwanz dran, den sie zusammengebunden eng am Körper tragen musste um ihn nicht doch einmal ausversehen zu bewegen. Wo waren nur die Tage geblieben in denen sie von Menschen und Feluri gleichermaßen als heilig verehrt wurde? Kurz schwelgte sie in uralten Erinnerungen kam aber wieder zu sich als sie spürte wie sie das Schiff in eine Rechtskurve neigte. Es wurde Zeit sich an Deck blicken zu lassen.
Kaum war sie die kurze Treppe zum Deck hinaufgestiegen wurde sie von der hellen Mittagssonne geblendet. Sie erkannte viele Gestalten an Deck, konnte aber niemanden wirklich erkennen. Sie hörte nur wie immer mehr Gespräche verstummten als sie bemerkt wurde. Unter den Matrosen hatte sie den Namen ‚Gruselige Alte‘, denn ihre Begründung für die Maske war ihr Alter gewesen. Genauso für die Handschuhe aus Seide und ihre Perücke mit dem grellfarbigem Federschmuck. Sie nutzte die Gerüchte über Menschen im Osten aus, denn es hieß sie würden nicht altern und wenn sie es doch taten dann versteckten sie es unter Masken und irrem Haarschmuck.
Nach einer Weile hatten sich ihre Augen an das grelle Licht gewöhnt und der Anblick der sich ihr bot war wirklich einer den man nicht verpassen sollte. Sie steuerten eine Stadt im Delta des Flusses Chanran an. Des größten Flusses südlich der Berge. Die Stadt nahm den ganzen Horizont ein. Aber das beeindruckendste waren die Schiffe. So viele hatte sie selbst in der großen Hafenstadt der Nordens, Kadorin, nicht gesehen und die galt als die größte der Welt. Chandri würde ihr diesen Titel über kurz oder lang streitig machen. Die Schiffe waren einfach überall, ein Wald aus Mästen und Segeln der kein Ende nahm wohin man auch Blickte. Schiffe die ausliefen oder gerade einliefen verwirbelten das ansonsten Ruhige Meer in der Bucht vor der Stadt. Viele Schiffe waren von weit her. Sie erkannte sogar einige Segler nach der Bauart des fernen Westens. Aus allen Teilen der Welt versammelten sich Handelsschiffe in diesem Hafen. Militätschiffe wie etwa im Norden üblich, sah sie hier keine. Der freie Handel blühte hier anscheinend richtig auf. An der Reling fand sie auch die Zwillinge wieder. Viel zu selten hatte sie in letzter Zeit diesen Ausdruck des Staunens in den Augen der beiden gesehen. Die beiden ließen sich nichteinmal durch ihre Anwesenheit von diesem Anblick losreißen.
„Mylady!“, hörte sie die Stimme des Kapitäns, „ Welch Freude euch heute an Deck begrüßen zu dürfen! Bestaunt die größte Hafenstadt dieser Welt und freut euch auf die Güter die ihr an Land zu sehen bekommt.“ Der Kapitän war sichtlich glücklich über die Ankunft in Chandri und dazu hatte er guten Grund, ihre Reise war lang und gefährlich gewesen und nicht nur einmal waren sie dem sicheren Untergang entronnen. Sie bereute es ein wenig den Kapitän überredet zu haben die kürzeste und damit die gefährlichste Route zu nehmen. Zwei Männer haben sie verloren und der Kapitän selbst hätte beinahe ein Auge eingebüßt. Aber diese Männer haben sich nicht entmutigen lassen und haben nicht abgedreht. Ob es das viele Geld war, das sie ihnen geboten hatte oder der Reiz die Naturgewalten zu bezwingen wusste sie nicht genau. Wahrscheinlich war es beides gewesen das die Mannschaft zu Höchstleistungen angespornt hat.
Sie war auch froh endlich hier zu sein und seinen Ruf noch nicht verloren zu haben. Die Stimme ihrer Herrin wurde zwar schwächer aber sie konnte sie besonders nachts noch hören. Bald war sie am Ziel das spürte sie. Sie lächelte zuversichtlich hinter ihrer Maske und erfreute sich weiter am Anblick der Stadt.
Es war wieder ein normaler Morgen. Shakyra huschte wie immer die leere Hauptstraße entlang. Heute war sie früher dran als sonst, denn sie hatte heute Besorgungen im Hafen zu erledigen. Anlässlich des 57 Geburtstages des Lord Ibral wurde heute ein großes Fest stattfinden. Den Fisch dafür zu besorgen war ihre Aufgabe heute. Sie hatte den richtigen Riecher dafür pflegten die Köche zu sagen.
Der große Korb auf dem Rücken störte sie beim Laufen aber eine andere Möglichkeit den Fisch schnell in die Küche zu bringen gab es nicht also musste sie sich irgendwie arrangieren. Heute würde sie keine Brötchen von Jakob holen und auch kein Gemüse oder andere Dinge. Der Fisch hier aus der Gegend um die drei Inseln vor Stadt galt als Delikatesse in der ganzen Welt. Bunte Feuerfische die vor allem in den Gewässern um die große Insel Rashir vorkommen sind an den Enden ihrer Flossen sehr giftig und können sogar nach dem Kochen noch Menschen umbringen. Das macht den besonderen Reiz dieses Fisches aus, weniger der eigentlich eher gewöhnliche Fischgeschmack. Anders der Chanos oder auch Milchfisch genannt, weger des milchigen Sekretes das besonders frische Exemplare noch am Verkaufsstand absondern. Dieser Fisch ist eher unscheinbar aber der Geschmack ist mit nichts vergleichbar was Shakyra jemals gegessen hatte. Sie durfte ein einziges Mal von diesem delikatem Fisch kosten, als die Tochter des Lords ihren zehnten Geburtstag feierte und Shakyra als Gast von ihr eingeladen wurde. Das Fleisch war zart und zerfiel ohne zu Kauen bereits auf der Zunge, es roch praktisch gar nicht fischig und selbst ohne auch nur einen Krümel Salz oder andere Gewürze hatte der Fisch einen einzigartigen Eigengeschmack. Das würde sie nie mehr vergessen und hoffte auch insgeheim das ein oder zwei Stücke beim Kochen auf den Boden fallen. Damit wären sie Müll und Shakyra könnte sie sich später aus der Mülltonne holen.
Gut gelaunt spazierte sie weiter die Straße hinab zum Hafen. Nur kurz hielt sie noch an der Bäckerei von Jakob um ihm auszurichten dass heute jemand anderes die Brötchen holt. Jakob war sichtlich enttäuscht wünschte Shakyra aber trotzdem einen schönen Tag und viel Spaß beim Fest. Am Hafen angekommen stellte sie fest das hier bereits geschäftiges Treiben herrschte. Fischer waren Frühaufsteher falls sie nachts überhaupt schliefen. Denn neben Sauferei und anderen Vergnügungen schafften sie es immer noch aufs Meer zu fahren und zu Angeln und das in großen Mengen. Shakyra war es schleierhaft wann sie für all das Zeit fanden aber es war ihr eigentlich auch egal.
Vorsichtig bewegte sie sich am Rand des Geschehens im Schatten um bloß nicht aufzufallen. Unter den Seemännern entdeckte sie auch einige Katzenmenschen und ihr lief es eiskalt den Rücken runter. Vor zwei Jahren wäre so etwas undenkbar gewesen. Katzen! Auf einem Schiff! Sie hoffte nur dass keine von denen sie sehen würde. In der Nähe entdeckte sie eine Fackel in der Wandhalterung. Sie war bereits ausgebrannt und würde für ihre Zwecke genau das richtige sein. Leise und vorsichtig bewegte sie sich hinter Fässern, Kisten und anderem Kram der rumstand auf die Fackel zu. Sie hang sehr hoch und Shakyra müsste springen um sie zu erreichen. Einmal, zweimal und ein drittes Mal atmete Shakyra tief durch, nahm ihren Mut zusammen und sprang. Ohne auch nur ein lautes Geräusch zu verursachen schnappte sie sich die Fackel aus der Halterung und landete sicher wieder auf den Pfoten. „Da was!“, hörte sie jemanden rufen. „Ich hab nichts gehört. Los geh wieder an die Arbeit.“, ertönte eine weitere gebieterische Stimme. Shakyra beeilte sich den weißen Fleck auf ihrem Gesicht mit einer dicken Schicht Ruß zu bedecken. „Warte Alf! Der Katzenmann hat bessere Ohren als du und ich zusammen was wenn da wirklich jemand ist? Das ist unser Lagerhaus, der Kapitän wird nicht glücklich sein wenn da jemand einbricht.“, hörte Shakyra jemanden drittes sagen. Sie musste hier weg! Aber es war schon zu spät. Der Katzenmann starrte sie grimmig an. Er hatte gleichmäßig braunes Fell und mattgrüne Augen. Auf dem Kopf trug er eine Haube die ihn als einfachen Matrosen auszeichnete. „Was machen?“, er konnte offensichtlich kaum sprechen. „Fackel.“, sie zeigte dabei nach oben und dann auf ihren Kopf. Er verstand was sie ihm sagen wollte. „Ist nix hier.“, rief er den Seemännern zu, „Fallen Fackel nur.“ Dabei winkte er mit der Hand hinter dem Rücken um ihr zu verstehen zu geben das sie verschwinden soll. Das ließ sie sich nicht zweimal sagen und sprintete hinter Kisten und Fässern davon. Eine Woge der Erleichterung packte sie als sie begriff das ihm das weiße Fell in ihrem Gesicht verborgen blieb. Mit neuer Zuversicht trat sie nach einer Weile aus ihrem Versteck und machte sich daran die Fischer zu suchen.
Nach kürzester Zeit führte sie ihre feine Nase zu den Objekten ihrer Begierde. Milchfische! Ein ganzer Stand nur für Milchfische. Dieser Fischer musste wirklich Glück gehabt haben bei seinem letzten Fang. Shakyra hoffte nur dass dieser noch nicht zu lange her war, denn die kostbaren Fische verdarben schnell. Aber als sie näher herantrat sah sie die milchig-schleimige Schicht auf den Fischen die für ihre Frische stand. Sie trat an den Stand und verbeugte sich tief. Der Mann hinter der Theke wirkte auf den ersten Blick nicht sehr erfreut. „Ich hab nichts für dich! Geh wo anders betteln.“, sagte er gereizt. Shakyra richtete sich auf. Es war jetzt deutlich sichtbar dass ihre Haltung nicht die eines Streuners war. Ihre Halskette verriet dann dem Mann zu wem sie gehörte. „Oh Verzeihung!“, sagte er in einem übertrieben unterwürfigen Tonfall, „Also was willst du?“, sagte er nun wieder in dem wie zuvor gereiztem Ton. „20 Stück. Wieviel?“, antwortete Shakyra. „ Einen Goldtaler und 5 Silberlinge!“, sagte er stolz. „Zu viel“, erwiederte Shakyra bestimmt. „Was?! Willst du etwa mit mir feilschen?! Du dreckiges…“, der Mann verstummte mitten im Satz als Shakyra die Brust weiter rausstreckte und die Kette mehr zum Vorschein kam. „Wieviel hast du denn?“, fragte er stattdessen. „ 9 Silber.“, antwortete Shakyra. „Verdammt die werte Lord will mich wohl ruinieren!“, rief er empört aus, „Na gut. Aber ich will dass er erfährt dass dieser gute Fisch von Brond dem Fischer stammt! Richte es ihm unbedingt aus!“, ermahnte er sie mit gehobenem Finger. Sie nickte nur. Dann begann der Fischer die Fische einzeln in Tücher zu wickeln und in Shakyras Korb den sie ihm gereicht hatte zu Packen. Shakyra zählte mit. Nachdem alle Fische verstaut waren reichte sie ihm das Geld und verbeugte sich zum Abschied nocheinmal. Der Mann murmelte noch etwas in seinen Bart als Shakyra sich auf den Weg zum nächsten Stand machte. Feuerfische waren dieses Jahr seltener geworden und so musste sie eine Weile suchen bevor sie die bunten Fische endlich fand, es war bereits Mittag du die Sonne stand hoch am Himmel. Der Stand befand sich in der Nähe eines Docks in das gerade ein großes und scheinbar ramponiertes Schiff einlief. Kurz hielt Shakyra an um sich das Manöver anzusehen. Das spannendste war schnell vorbei und während die Matrosen sich daran machten das Schiff fest zu vertäuen trat Shakyra an den Stand mit den Feuerfischen heran. Hinter der Theke stand eine Beleibte, vollbusige Frau. Ihre Wangen waren gerötet, wahrscheinlich vom vielen Lächeln. Als sie Shakyra erblickte verblasste das Lächeln kurz aber sobald sie die Kette um ihren Hals entdeckte war sie wurde ihr Gesicht wieder weich und sie lächelte bis über beide Ohren. „Was kann ich für die hübsche Dame tun?“, fragte sie und konnte nicht verhindern dass ein sarkastischer Unterton mitschwang. „10 Stück. Wieviel?“, fragte Shakyra. „Ganze 10 Stück? Na da wird wohl heute gefeiert was? Das wären dann 6 Silberlinge.“, antwortete die Frau. Zu teuer wie Shakyra fand aber sie hatte nirgens einen anderen Händler mit den begehrten Fischen gesehen, wahrscheinlich waren die Fische wirklich so selten geworden wie sie gehört hatte. Sie nickte knapp und die Frau verpackte die giftigen Fische mit Schmiedehandschuhen aus dickem Leder einzeln in dünnwändige Holzkisten gerade stark genug um die Stacheln abzuhalten. Die Kästchen reichte sie dann Shakyra die sie dann in ihren Korb, der mittlerweile ziemlich schwer geworden war packte. Nachdem alles verstaut war, hievte sie sich den schweren Korb auch den Rücken, reichte der Frau das Geld, die sie schon ungeduldig anschaute, und verabschiedete sich mit einer knappen Verbeugung.
Sie war gerade auf dem Weg das Dock zu verlassen als ihr aus dem Augenwinkel rotes Fell auffiel. Sie drehte sich um und sah wie zwei unglaublich gutgebaute Katzenwesen mit rotem Fell und schwarzen Mustern, darauf das gerade eingelaufene, Schiff verließen. Sie erinnerten Shakyra an die wilden Raubkatzen in den Jangala-Wäldern die sie aus einem Kinderbuch kannte. Die beiden begleiteten eine Frau mit bunten Federn in den Haaren und einer Maske vor dem Gesicht. Ihr übriger Aufzug war schlicht in weis gehalten. Die Hände und die Beine waren trotz der Hitze von Handschuhen und Hosen verdeckt. Ein wirklich seltsamer Anblick aber die beiden Katzenmänner an ihrer Seite weckten richtiges Interesse in Shakyra. Plötzlich schaute einer der beiden sie direkt an. Sein Blick war kalt und berechnend, er musterte sie sehr genau. Ihr war das unangenehm und sie wollte sich bewegen aber dann sah sie wie seine Züge weicher wurden und in seinen Augen ein warmer Funke erschien. Diese schönen blauen Augen. Wäre Shakyra ein Mensch gewesen wäre sie jetzt rot wie eine Tomate aber ihr Fell verdeckte ihre Haut zum Glück. Der kurze Augenkontakt war schnell wieder vorbei und der Katzenmann schaute wieder nach vorne mit dem harten blick eines Leibwächters. Denn ganu das waren die beiden wohl für die adelige Dame in ihrer Mitte. Die Gruppe kam genau auf sie zu. Shakyra wich zur Seite ließ die Augen aber nicht von dem Katzenmann. Dieser wechselte auf einmal die Seiten mit seinem Kollegen. Er ging so nah an ihr vorbei dass er sie im Vorbeigehen an der Schulter berührte. Für andere mag es ausgesehen haben als würde er sie aus dem Weg schubsen aber es war viel zärlicher, viel freundlicher gewesen. Sein kurzes Lächeln dabei raubte ihr den Atem. Und hatte sie es richtig gehört? Hatte er etwas geflüstert? Sie versuchte sich zu erinnern aber sie war wie benommen. Fast gaben ihre Beine nach. Und dann war das Wort dass er geflüstert wieder da: El’Rion. War es sein Name? Oder ein Ort? Völlig verwirrt blieb sie zurück während die Gruppe in das Getümmel der Stadt eintauchte.
Es war früher Abend. Die Köche in der Küche waren unter großer Anspannung am Kochen backen und Vorbereiten des großen Buffets. Die meisten Gäste waren bereits da und wurden mit Wein und kleinen Häppchen im Garten bei Laune gehalten. Shakyra beobachtete das Geschehen vom Dach des Anwesens aus wo sie die letzten Strahlen der Abendsonne genoss. In der Küche war sie nutzlos und ansonsten wollte sie auch keinen der Gäste mit ihrem Anblick beleidigen. Deswegen zog sie sich wie auf den meisten Festen die hier gefeiert wurden auf das Dach zurück. Sie hing ihren Träumereien über den schönen Katzenmann, El’Rion, den sie am Morgen getroffen hatte, nach. Ob sie ihn wohl jemals wiedersehen würde? Sie wünschte es sich sehr.
Plötzlich hörte sie Schritte und Stimmen vor dem Zimmer aus dessen Fenster sie gestiegen war. Die Worte konnte sie nicht verstehen aber die Stimmer erkannte sie sofort. Es war die Stimme ihres Herren Lord Ibral. Er und zwei Diener traten in das Zimmer ein. „Shakyra? Bist du hier irgendwo?“, erklang die tiefe aber freundliche Stimme der Lords. Sofort war Shakyra am Fenster und kletterte behutsam ins Zimmer. „Ach mein kleines Mädchen! Was machst du nur für Sachen?! Bitte klettere nicht so ganz ohne Sicherung auf dem Dach herum. Wir haben doch eine Sonnenterasse wenn du dich in die Sonne legen willst.“, tadelte er sie besorgt. „Ihr dürft nun gehen.“, sagte er beiläufig zu den Dienern. Diese lächelten Shakyra zu und wünschten ihr leise viel Spaß. Sie verstand nicht wozu aber das würde sie in den nächsten Stunden herausfinden. „Meine Liebe. Ich weiß das du ausgezeichnete Manieren hast du auch recht Wortgewand bist. Darf ich dich heute zu meinem Geburtstag einladen?“, Ibral ging dabei theatralisch auf die Knie. Sie konnte es kaum glauben was sie da hörte und konnte nicht anders als ihrem Ziehvater vor Freude lachend an den Hals zu springen. „Hör zu Shakyra. Wir haben hohen Besuch von weither. Im Westen ist es üblich sich Katzenmenschen als Haustiere zu halten. Diese werden erzogen und auf großen Veranstaltungen als Statussymbole geschmückt mit Edelsteinen präsentiert. Also wärst du heute nicht nur mein Gast sondern auch mein Statussymbol vor den Herrschaften aus dem Westen.“, sagte er um ihr den Ernst der Lage deutlich zu machen. „Ich hoffe ich habe dich jetzt nicht gekränkt.“, entschuldigte er sich als er den kleinen Anflug von Enttäuschung in ihrem Gesicht sah. „Nein mein Lord. Ich stehe euch gerne zu diensten.“, erwiderte sie mit geradezu überspielter Freude. Ibral erkannte sofort das es ihr doch nicht gleichgültig war, denn mein Lord nannte sie ihn sonst nur wenn andere Menschen dabei waren. Er wusste aber genau wie er sie wieder aufmuntern konnte. „Der Fisch den du heute gekauft hattest wird auf dem Buffet serviert.“, verkündete er ihr erwartungsvoll. Sofort war der Ärger über Ibrals Vorhaben vergessen und sie schaute ihn mit ihren freudigen, großen Augen an, gespannt darauf endlich runter zu den Gästen zu gehen. „Worauf warten wir hier oben noch Papa? Los los!“, forderte sie ihn an seinem Arm zerrend. „Sehr schön mein kleines Mädchen! Danke dafür dass du mich heute begleitest. Aber bevor wir runtergehen müssen wir dich noch ein wenig aufhübschen.“, sagte er unüberlegt. „Nicht das du nicht schon hübsch genug wärest aber Edelsteine und etwas Schönes zum anziehen würden das nur noch unterstreichen.“, verbesserte er sich bevor Shakyra ihm wieder böse wurde.
Er führte sie in das alte Zimmer seiner Tochter wo schon zwei Zofen auf sie warteten. Ibral verabschiedete sich knapp: „Ich warte in meinem Arbeitszimmer auf dich.“ Nun war sie alleine mit den Zofen die sie zuallererst in eine Badewanne zwängten und ihr Fell ordentlich ausschrubbten. Dann wurde sie mit viel zu kratzigen Handtüchern wieder trockengerieben. Diese unangenehme Prozedur brachte ihr ganzes Fell völlig durcheinander. Die Zofen rückten ihr als nächstes mit Bürsten und Kämmen auf den Leib. Und nach einer geschlagenen Stunde war Shakyra friesiert, ihre Augen geschminkt und angezogen. Ihre einfache hellbraune Arbeitshose tauschte sie gegen einen weisen Hosenrock und ihr einfaches graues Hemdchen gegen kaum mehr als einen weise Stoffstreifen der ihre Brüste kaum verbarg. Die Farbe weis bildete einen schönen Kontrast zu dem glänzend schwarzem Fell von Shakyra und die Perlenohrringe, -Ketten und -Armbänder kamen besonders gut zur Geltung. Ihre langen Haare die sie sonst nur als Zopf trug fielen ihr nun offen über die Schultern. Geschickt hatten die Zofen einige Strähnen an ihrem Kopf entlang geflochten und so einen Kranz um ihren Kopf geschaffen. Er hielt ihr die Haare aus dem Gesicht verbarg aber nicht die volle Schönheit ihrer Haarpracht.
So hatte sich sie noch nie im Spiegel gesehen. Sie brauchte einen Moment, um tatsächlich sich in dem Spiegel zu erkennen. Sie streckte ihre Pfote aus und berührte den kalten, glatten Spiegel um sich davon zu überzeugen dass es kein Gemälde war. Kleine Tränen bildeten sich in ihren Augenwinkeln, so gerührt war sie. „Shakyra? Es wird Zeit zum Lord zu gehen seine Gäste warten bereits und er wartet nur auf dich.“, sagte eine der Zofen lächelnd um sie aus ihren Träumereien zu lösen. Die Zofen führten sie bis vor das Arbeitszimmer des Lords und klopften. Kurze Zeit später stand Ibral vor ihnen. „Mein Gott Shakira?! Du bist wirklich bildhübsch.“, sagte er völlig entgeistert als er sein kleines Mädchen erblickte. „Werte Ladys ihr habt wirklich sehr gute Arbeit geleistet.“, sagte er anerkennend zu den beiden Zofen. Diese verabschiedeten sich mit einer kleinen Verbeugung und huschten, ganz rot im Gesicht, davon.
Ibral reichte Shakyra die Hand. Sie richtete sich auf und nahm eine Haltung ein die Würde und Stolz ausstrahlte dabei legte sie ihre Hand behutsam in die seine. So gingen sie dir Treppe hinab, den langen Flur entlang, bis sie durch eine gläserne Flügeltür in den Garten hinaustraten. Die Sonne noch nicht ganz untergegangen und das rote Licht ließ den Lord und seine Begleiterin, die an der obersten Stufe der Treppe zum Garten standen, majestätisch wirken. „Werte Gäste ich freue mich euch alle hier begrüßen zu dürfen!“, erklang seine tiefe Stimme über den Garten. „Ich würde euch alle nun nach drinnen bitten um mit mir zu speisen zu trinken und meinen 57. Geburtstag mit mir zu begehen.“, lud er alle Anwesenden ein. Dann drehte er sich um und schritt immer noch mir Shakyra an der Hand zum großen Festsaal im rechten Flügel des Anwesens.
Also sie den Raum betraten, spendeten die großen Kronleuchter an der Decke so viel Licht dass Shakyra glaubte es wäre wieder Tag geworden. Das Buffet was angerichtet worden war übertraf Ihre kühnsten Vorstellungen. Fisch, gebraten, gekocht, überbacken und gegrillt. Früchte die sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte. Gemüse nach allen Regeln der Kunst zubereitet und Fleisch in nur erdenklichen Formen. Aber obwohl sie das Buffet völlig aus der Fassung brachte und sie nichts lieber getan hätte als sich darauf zu stürzen, bewahrte sie ihre Haltung und ließ sich nichts anmerken. Sie folge Ibral zu einem großen Sessel im Raum. Davon standen noch etliche mehr im Raum verteilt. Einige hohe Tische standen an den Wänden um sich dort mit seinem Essen zu einem Plausch mit gleichgesinnten zurückzuziehen. Doch der Platz in der Mitte des Saales wurde zum Tanzen freigehalten. Die Musiker in der linken Ecke des Raumes begannen auch schon bald die ersten Melodien anzustimmen erst ein wenig leiser aber im Laufe des Abends würde die Musik lauter werden wenn die Leute anfangen würden zu tanzen. Aber zuerst kamen die Geburtstagsgrüße an den Lord. Shakyra setzte sich auf ein Kissen zur rechten ihres Herren. Anmutig kniete sie nieder und stützte sich mit einem Arm dabei ab. Der Lord tätschelte ihr sanft den Kopf und sein entschuldigender Blick verriet ihr dass es noch eine ganze Weile dauern würde bevor sie sich über das Büffet hermachen durfte. Aber sie verzog keine Miene und blickte nur anmutig und leicht unterwürfig den nächsten Gast an der vor den Lord trat um ihm seine Glückwünsche auszurichten.
Sie sagte die ganze Zeit über nichts aber beobachtete die Gäste. Viele waren aus Ländern deren Namen Shakyra nicht einmal kannte. Ihr Herr war wirklich eine bedeutende Persönlichkeit in der Welt der Menschen. Sie war stolz auf ihn und ein Lächeln spielte um ihre Lippen während sie das dachte. Nachdem sie sich bereits sein bald einer Stunde die Glückwünsche und Neuigkeiten aus der Welt angehört hatten trat eine Edeldame aus dem Westen an dem Lord heran. „Oh wie ich sehe haben meine Haustierchen einen bleibenden Eindruck bei euch hinterlassen Ibral.“, sie sprach ihn ohne Titel und in einem freundschaftlichen Tonfall an, dabei winkte sie jemandem im Raum zu. Sofort kam ein Katzemann zu ihr. Er hatte dunkelbraunes Fell durchsetzt mit schwarzen Flecken. Seine Augen hatten einen goldenen Braunton. Er war eher schmächtig gebaut war aber trotzdem oberkörperfrei. Seinen Hals zierten etliche Ketten in verschiedensten Farben und mit wertvollen Juwelen besetzt. Seine Hose war in verschiedenen Farben gefärbt die ineinander überliefen. Hände und Arme waren ebenfalls mit Schmuck überhangen und selbst vor den Füßen schien die Dame nicht Schluss zu machen. „Ein schönes Exemplar und gut abgerichtet ist es wohl auch.“, sagte die Dame anerkennend. „Veronica, meine liebe. Ich freue mich auch dich wiederzusehen.“, freute sich der Lord offenkundig. „Mein Mädchen ist nicht nur abgerichtet. Sie ist unterrichtet!“, bemerkte er belustigt. „Ach tatsächlich? Dann kann sie reden?“, fragte die Frau verblüfft. „Nicht nur reden, meine Liebste, sie singt wie eine Nachtigall und trägt Gedichte so vor, dass selbst ihre Dichter weinen. Außerdem ist sie eine begnadete Künstlerin.“, prahlte er vor Veronica. Anscheinend waren die beiden gute Freunde und Shakyra war froh den Lord wieder wirklich lachen zu sehen. Dann bemerkte sie die erwartungsvollen Blicke der Dame vor ihr. Die Falten auf ihrem Gesicht ließen sie älter wirken als die Frau tatsächlich war, das konnte Shakyra an den Augen erkennen, denn diese sahen noch Jung und voller Lebensfreude aus. Sie trug ein, im Vergleich zu ihrem Begleiter schlichtes Kleid. Es war aus tiefgrünem Samt und nur die Borten waren geschmückt mit kleinen Perlen und in Gold eingefassten kleinen Rubinen. Ihr dunkelbraunes Haar, das der Fellfarbe des Katzenmannes glich, hatte sie sorgsam hochstecken lassen und mit schlicht geschmückten Haarnadeln verziert. Die Erwartungen die an Shakyra gestellt waren konnte sie voll und ganz gerecht werden sie wusste nur nicht wie viel sie von ihrer Bildung zeigen durfte aber ein ermutigender Blick von Ibral nahm ihr die Scheu. „Verehrte Dame Veronica, ich freue mich dass ihr heute gekommen seid um meinem Herren, Lord Ibral, eure Glückwünsche kund zu tun. Ich bin sicher ihr hattet eine weite Reise und habt deutlich mehr zu berichten als ich aber wenn ihr dennoch darauf besteht würde ich euch gerne ein kleines Schlaflied aus Kindertagen vortragen.“, sagte Shakyra und sah zu wie die Kinnlade der Frau immer weiter absank. Als Veronica, unfähig auch nur einen Ton rauszubringen, stumm blieb, setzte Shakyra zum Lied an.
Schlaf mein kleiner Liebling ein!
Draußen fällt der Regen.
Vater schaukelt 's Wiegelein -
ist ja schon so alt wie Stein.
Träum durch den Nebel,
dem Tage entgegen!
Schlafe endlich nun, schlaf ein!
Bald schon ist es Morgen.
Träume auch den Wassern zu!
Väter schirmen unsre Ruh.
Ihr ewges Sehnen:
Sich um uns zu sorgen.
Dieses Lied was Shakyras Lieblingslied, denn Ibral hatte es ihr fast jeden Abend vorgesungen als sie klein gewesen ist. Heute gab sie es Veronica und seinen Gästen zum Besten und wurde dafür mit Applaus belohnt. Veronica immernoch völlig verblüfft schien ihre Sprache wiedergefunden zu haben. „Das ist ja bewundernswert Ibral! Wieviel möchtest du für das kleine Juwel haben?“, fragte sie aufgeregt. „Ruhig Blut, Veronica. Shakyra ist nicht zu verkaufen. Seit Marga weg ist, hält sie mich bei Laune. Gott weiß was ich machen würde hätte ich Shakyra nicht.“, er lachte aber in seiner Bemerkung lag auch eine ernste Note. Ibral vermisste seine Tochtes selbst heute noch sehr. Shakyra hatte nie erfahren wohin sie gegangen ist, nur das sie verheiratet wurde. Veronic beließ es dabei und schon bald verfielen die beiden in ein angeregtes Gespräch. Shakyra sah Ibral erwartungsvoll an und als dieser ihr ein Handzeichen gab war sie für den Abend befreit von ihren Pflichten als Haustier der Lord. Sie stand auf und sah sich im Raum um. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie rotes Fell doch als sie sich umdrehte wurde sie enttäuscht. Es war nur der rote Pelzkragen einer Adeligen. Doch als sie sich durch den Raum in Richtung Buffet bewegte sah sie ihn. Großgewachsen, breite Schultern und rotes Fell mit den geraden schwarzen Streifen auf dem Rücken. Er trug eine rote, offene Weste mit bestickten Borten und eine weiße Hose die von einem prunkvoll goldgeschmücktem Gürtel gehalten wurde. Er überragte die meisten Gäste hier um fast einen Kopf und das war für einen Katzenmann schon wirklich riesig. Wenn ein Katzenmensch wenigstens so groß wurde wie ein normaler Mensch galt dieser schon als groß. Ohne es zu merken ging sie auf ihn zu, getragen von ihren Füßen die wohl einen eigenen Willen entwickelten. Und dann stand sie direkt hinter ihm.
Langweilig! Das war das einzige was Ra’Lion an diesem Abend dachte. El’Rion hatte schon mehr Freude an diesem Fest. Er mochte es die Leute bei solchen Anlässen zu beobachten, ihren Geschichten zu lauschen aber das schönste waren die Kleider die bei Festen getragen wurden. In jedem Winkel der Welt waren sie anders und genau das mochte El’Rion. Völlig gefesselt starrte er auf die Tanzfläche. Welches der bunten Kleider er dabei im Blick hatte konnte Ra’Lion nicht sagen aber es war ihm auch egal. Er hoffte nur bald hier rauszukommen. Plötzlich fiel ihm eine kleine schwarz-weiße Gestalt im Raum auf. Sie bewegte sich geschickt durch die Menge auf El’Rion zu. Direkt hinter ihm blieb sie stehen. Einige Augenblicke vergingen und nichts geschah. El’Rion war so vernarrt in die Kleider der Edeldamen dass er das kleine Katzenmädchen hinter ihm gar nicht bemerkte. Ra’Lion wartete gespannt daraus was als nächstes passieren würde. Würde sie ihn ansprechen? Wollte sie vielleicht nur vorbei? Aber er wurde enttäuscht. Mit geknickten Ohren und eingezogenem Schwanz zog sich das Mädchen zurück. Im vorbeigehen bediente sie sich am Buffet und verschwand im hinteren Teil des Raumes. Gelangweilt widmete Ra’Lion sich wieder den Gästen zu in der Hoffnung doch noch irgendwo etwas Interessantes zu erblicken. Seine Mutter unterhielt sich immer noch mit demselben Mann der sie in der Stadt auf dieses Fest eingeladen hatte. Sie waren ganz versunken in ihre Diskussion über die Unterschiede diverser Kulturen. Der Mann war ein reicher Händler und war schon in vielen Ländern dieser Welt gewesen. Einige seiner Reisen hatte er mit dem Lord diese Hauses unternommen. Er war ein schlanker Mann mittleren Alters und trug einen langen, blauen Mantel über einem weißen Hemd mit Rüschen an den Ärmeln und am Kragen. Es stand ihm nicht und ließ ihn zu weiblich erscheinen. Sein langes blondes Haar, das er streng zu einem Zopf gebunden trug unterstrich die weibliche Erscheinung nur. Auch sein Gesicht wies eher weibliche Züge auf, nur das gut gepflegte Bärtchen am Kinn, das sehr fehl am Platz dort aussah, zeigte etwas männliches.
Die Langeweile konnte Ra’Lion kaum noch aushalten. Er entschied sich für einen kurzen Spaziergang durch den Raum und vielleicht durch den Garten. An den Wänden entlang bewegte er sich trotz seiner Größe unauffällig. Hinter einigen Statuen die den Wänden verteilt standen entdeckte er Paare die sich etwas näher kamen als Ra’Lion lieb war. Er trat in den Raum und wollte sich etwas vom Buffet zu essen holen und entdeckte sie wieder. Das kleine Katzenmädchen stand an einem der Stehtische und schlang Fisch und andere Speisen auf ihrem Teller hinunter als hätte sie seit Wochen nichts gegessen. Interessiert an dem Ungewöhnlichen Gast auf einem Fest der Menschen ging Ra’Lion auf sie zu. Sie schien ihn bis zum Schluss nicht zu bemerken. Er kam ihr näher und konnte sie nun genauer betrachten. Das Schwarze Haar zu einer schönen Frisur geflochten und die weiße Kleidung standen ihr sehr gut. Der Schmuck den sie trug ließ ausschließen, dass sie eine Bedienstete war. Wahrscheinlich war sie ein Haustier von einem der Gäste aus dem Westen. Er hoffte sehr dass sie sprechen konnte. „Schöne Lady?“, sprach er sie vorsichtig an. Sie drehte sich überrascht aber nicht erschrocken um. Ihre klaren Augen zeugten von Intelligenz und Ra’lion konnte im ersten Moment kein weiteres Wort herausbringen so schön war ihr Anblick. Ein tiefschwarzes und ein azurblaues Auge umrahmt von einem weißen Fleck blickten ihn direkt an. Haare die ihr schönes und gütiges Gesicht einrahmend, auf ihre Schultern fielen wie Wasser. Nach dem kurzen Moment der Überraschung zeichnete sich ein wunderschönes Lächeln auf ihrem Gesicht ab. Es raubte Ra’Lion förmlich den Atem. „Sei gegrüßt! Kann ich dir weiterhelfen? Suchst du jemanden?“, fragte sie. Ihre Stimme war klar und für ihre Gestalt tief. Der Klang erinnerte ihn ein wenig an das sanfte Plätschern eins Baches im Wald. „Nein! Ich wollte … Ich. Tanzen?“, ihm war sofort klar wie dumm er nun aussehen musste. Nicht einmal einen vollständigen Satz brachte er im Moment heraus. „Die Tanzfläche ist dort drüben.“, sagte sie und zeigte in die Richtung aus der er gekommen war. „Nein! Ich meinte ob wir beide …“, brach er wieder mitten im Satz ab. Sie sah ihn fragend an. Dann riss er sich endlich zusammen: „ Würde die schöne Lady mir die Ehre erweisen und mir diesen Tanz schenken?“ Ihre Augen weiteten sich und die Überraschung stand ihr ins Gesicht geschrieben. Sie nickte nur und reichte ihm ihre Hand, doch als er sich in Richtung der Tanzfläche bewegen wollte hielt sie ihn zurück. „Hier hören wir die Musik auch und belästigen niemanden.“, sagte sie und trat noch einen Schritt näher zur Wand. Er hatte fast vergessen welchen Status die Katzenmenschen dieser Stadt haben und bereute es sie so in Verlegenheit zu bringen. Die Musik war eine flotte Melodie und sie schien den Tanz zu kennen. Ra’Lion allerdings stellte sich tollpatschig an, trat seiner Begleitung das ein oder andere Mal auf die Füße und geriet ständig aus dem Takt. Um von seiner Ungeschicklichkeit abzulenken versuchte er ein Gespräch zu beginnen: „ Wie ist dein Name meine Schöne?“ Er wollte den Charmeur spielen so wie er es einige Male bei El’Rion beobachtet hatte. „Shakyra.“, sagte sie angestrengt. Sie versuchte seine Schrittfehler abzufangen und ihre Füße vor noch mehr blauen Flecken zu retten. Es war Ra’Lion unglaublich peinlich und er brach nach kurzer Zeit den Tanz ab. „Bitte entschuldige ich stamme nicht von hier und kenne den Tanz nur vom zusehen.“, entschuldigte er sich. Ihr Blick zeigte dass sie ihm nicht böse war. „ Wirklich? Wo kommst du her?“, fragte sie interessiert statt auf den Tanz weiter einzugehen. „Ich und mein Bruder sind … Begleitschutz für eine Edeldame aus dem Osten. Macira ist ihr Name. Sie hat uns dort von einem Bauernhof in den Bergen gekauft. Meine Eltern leben immer noch dort und freuen sich für uns dass wir die Welt sehen dürfen.“, er sagte es auf wie ein einstudiertes Gedicht und hoffte dass Shakyra nichts davon merkte. „Ach wirklich?“, sie stutzte, „Sind alle Katzenmenschen aus den Bergen so groß wie ihr?“ Er merkte dass sie ihm nicht so recht glaubte. „Äh… Wir … In den Bergen ist es selten aber nicht ungewöhnlich wenn Fel… Katzenmenschen so groß werden.“, sagte er stotternd. Er war kein guter Lügner und das merkte auch Shakyra. Sie fand ihn und sein Geheimnis interessant und würde nicht lockerlassen bis er sich verplapperte. „Und diese Fellfarbe ist dort auch normal?“, sie streichelte ihm bei dem Satz über den Arm. Sie hatte so ein Fell noch nirgendwo gesehen aber es hieß die wilden Katzen im Dschungel hätten so eine Fellfarbe. „Welche Farben hat das Fell deiner Eltern?“, fragte sie. Er wusste darauf keine Antwort und schaute sie verwirrt an. Erwartungsvoll sah sie ihm in die Augen. Nun hatte er sich wirklich in eine schwierige Situation gebracht, dabei hatte ihm seine Mutter dringend geraten mit niemandem zu sprechen auch nicht mit anderen Feluri. Shakyras Gesichtsausdruck wurde zunehmend ernster. Sie sah schon fast wütend aus. Je länger er schwieg desto klarer wurde es das Ra’Lion gelogen hatte. Hilfesuchend sah er sich um und keinen Augenblick zu früh tauchte sein Bruder auf. „Ra’Lion! Ich habe dich gesucht! Was tust du hier?“, er schien das Katzenmädchen erst gar nicht zu bemerken. Doch als er sie sah verflog der besorgte Gesichtsausdruck und er lächelte sie an. „Hallo meine Schöne. Wie ist der Name eines so wunderbaren Wesens? Meinen habe ich euch bereits im Hafen verraten nun seid ihr dran.“, sagte er, nahm ihre Hand und küsste ihren Handrücken, so wie Männer Edeldamen begrüßen. „Shakyra.“, antwortet sie gebannt. Ihre feinen Schnurrhaare zuckten von Erregung und ihre rosige Nase wurde fast kirschrot. „Bruder El’Rion! Ich habe nur ein wenig mit Shakyra getanzt und geplaudert.“, antwortet Ra’Lion auf die Frage die El’Rion bereits vergessen hatte. „Shakyra, das ist ein wunderschöner Name für so eine bildhübsche Lady. Hat euch mein Bruder verletzt bei seinem vergeblichen Versuch auch nur einige Schritte zu tanzen?“,entschuldigte er sich. Dabei kniete er nieder und berührte sanft ihre Füße. Sie schüttelte nur den Kopf den El’Rion ihr völlig verdreht hatte. „Darf ich euch dann als Entschädigung um einen Tanz bitten?“, fragte er und reichte ihr die Hand. Ohne ein Wort zu sagen legte sie ihre Hand in seine. Genau in diesem Moment stimmten die Musiker eine langsame Melodie an. Die Gespräche im Raum wurden leiser und Paare fanden sich auf der Tanzfläche zusammen. El’Rion und Shakyra blieben aber da stehen wo sie waren. Er war taktvoller gewesen als sein Bruder und nicht versucht sie auf die Tanzfläche zu ziehen. Er wagte einen ersten Schritt und hoffte das Shakyra keine allzu schlechte Tänzerin war. Sie ging sofort auf ihn ein und bewegte sich, geführt von ihm elegant und ohne Fehler zur Melodie. Ra’Lion sah gespannt zu. So konnte das also aussehen wenn man gut tanzte. Weder El’Rion noch Shakyra kannten die richtigen Tanzschritte für das Lied, sie ließen sich von der Melodie tragen und schwebten elegant über den Boden. Eine Drehung hier, ein Ausfallschritt da. Die beiden vergaßen völlig die Umgebung und hatten nur noch Augen für einander. Sie hatte einen zufriedenen und glücklichen Ausdruck auf ihrem Gesicht während sie El’Rion anlächelte. Ihr Ausdruck war so echt und vertrauensvoll. So hatte er schon lange niemanden lächeln sehen. Seine Mutter hatte ihn als Kind oft so angelächelt aber das tat sie schon lange nicht mehr. Die Melodie neigte sich ihrem Ende, doch er wünschte dieser Moment würde nicht enden. Als die letzten Klänge im Raum verstummten und der Applaus einsetzte entschied er dieses Mädchen in Ruhe zu lassen. Er wollte sie nicht auch brechen so wie die anderen vor ihr. Ohne auch nur ein Wort des Abschieds verneigte er sich zum Abschied, drehte sich um und ging. Sein Bruder folgte ihm nach kurzem zögern ohne Shakyra weiter zu beachten. Ra’Lion fand das Verhalten sehr seltsam und machte sich mehr Sorgen um ihn als Shakyra auch nur einen weiteren Gedanken zu schenken. El’Rion eilte durch den Raum auf den Ausgang zu. Auch im Garten machte er nicht halt. Er durchquerte den Garten und zog sich am Ende hinter einem Baum zurück. Ra’Lion, der ihm bis hierher gefolgt war, traute sich nicht ihn anzusprechen also setzte er sich nur zu ihm. El’Rion begann von selbst darüber zu sprechen: „Hast du gesehen wie sie mich ansieht?“ Sein Bruder nickte. „Selbst wenn ich sie jetzt schön finde ist dieses Gefühl morgen bereits verflogen. Wenn ich ihre Erwartungen erfülle und sie für heute glücklich mache wird sie das am Ende brechen.“ Wieder nickte sein Bruder. „Ich sollte sie nicht wiedersehen.“, entschied El’Rion. Seinen Bruder so verletzlich zu sehen machte Ra’Lion Angst. Der sonst so selbstsichere und kühle El’Rion saß hier den tränen nahe versteckt vor den Blicken anderer du bemitleidete sich selbst. „Was hast du in ihren Augen gesehen? Waren es Erwartungen an dich?“, fragte Ra’Lion. Er hatte in ihre Augen gesehen. Sie waren klar, frei von Lügen und Verurteilen. Shakyra lebte im hier und jetzt. Sie stellte keine Erwartungen an niemanden. El’Rion saß noch lange da mit einem äußerst nachdenklichen Ausdruck auf dem Gesicht. Zu gerne hätte Ra’Lion gewusst was im Kopf seines Bruders vor sich geht aber er hatte bereits lange den Versuch aufgegeben seinen Bruder verstehen zu wollen. Sie waren zwar Zwillinge aber dennoch völlig unterschiedlich. Und so schaute Ra’Lion zu den Sternen hinauf bis er einschlief.
EagleWriter Bleibt spannend lg E:W |
EagleWriter Bisher doch wirklich interessant. Die IDee mit Katzenwesen hatte glaube ich zwar schon betehsda^^ Aber trotzdem mal was anderes. Die Vorgeschichte lässt ja auf einiges hoffen. Werde auf jeden Fall dranbleiben lg E:W |