Kinderbücher
Die Kichererbsen stellen die Bankräuber

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"Die Kichererbsen stellen die Bankräuber"
Veröffentlicht am 23. Mai 2013, 168 Seiten
Kategorie Kinderbücher
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Die Kichererbsen stellen die Bankräuber

Die Kichererbsen stellen die Bankräuber

Beschreibung

Vier Freundinnen, die gerne Kriminalfälle lösen beobachten, wie Bankräuber ihre Beute im Wald vergraben. Sie beschließen spontan, die Räuber abends am Abholen der Beute hindern. Im Wald kommt es dann zum showdown mit den Gangstern.

Kapitel 9

Einen Moment standen sie noch unschlüssig herum und überlegten, was sie tun sollten, dann gingen sie zur Polizeiwache und fragten nach Axel. Sie wollten das, was sie gesehen hatten, der Polizei mitteilen - auch wenn sie nicht so recht davon überzeugt waren, dass Axel und sein Chef die Bankräuber so ohne Weiteres fangen konnten.

Der junge Kripobeamte erkannte sie sofort wieder und fragte scherzend: "Na, wieder mal auf Ganovenjagd?"

Die Mädchen erzählten ihm, was sie beobachtet hatten, und warteten dann gespannt auf seine Reaktion.

"Donnerwetter", sagte Axel und kratzte sich am Kopf, "das ist ja eine tolle Geschichte. Wie kommt ihr bloß immer an diese Informationen? Was habt ihr da überhaupt gemacht? Beschreibt mir doch mal das Auto, wie sah das denn aus?" Er nahm einen Block und einen Stift und sah die Mädchen erwartungsvoll an.

"Es war ein BMW X5, ein Geländewagen", sagte Sara wie aus der Pistole geschossen.

"Woher weißt du das?", wollte Axel wissen.

"Mein Onkel fährt so ein Auto, nur in Grün. Dieses hier war schwarz."

"Bist du da ganz sicher? Mädchen kennen sich doch nicht so mit Automarken aus." Ein wenig herablassend sah Axel Sara an.

"Natürlich bin ich sicher!" Sara funkelte ihn durch ihre Brillengläser wütend an, aber er bemerkte es nicht. "Und wie sahen die Männer aus?" Die Mädchen gaben eine ausführliche Beschreibung ab. Sie erwähnten auch, dass sie die Namen der Männer gehört hatten und diese 'Horst', 'Kalle' und 'Detlef' lauteten.

"Okay, danke, ich werde sofort meinen Chef informieren und wir werden umgehend der Sache nachgehen. Und ihr", fügte Axel noch hinzu, "geht jetzt nach Hause und überlasst das Weitere uns. Denn wie ich euch kenne, wollt ihr sicher wieder etwas auf eigene Faust unternehmen, genau wie das letzte Mal. Das ist aber viel zu gefährlich. Mit solchen Typen ist nicht zu spaßen. Keine Widerrede", fügte er noch an, als er sah, dass Lena Luft holte, um etwas zu erwidern. Er machte ein Gesicht, das wohl streng sein sollte, aber nur leicht beschränkt wirkte. Die Mädchen verließen die Wache und machten draußen ihrem Ärger Luft:

"So ein Heini. Der behandelt uns wie kleine Kinder."

"Wo wir ihm und seinem Chef doch schon einmal geholfen haben und er froh war, dass wir das getan haben."

"Undank ist der Welt Lohn", philosophierte Sara ein wenig altklug. "Wir brauchen ihn und seinen Chef nicht. Das machen wir alleine! Jetzt erst recht!"

"Genau", riefen Anne und Lena begeistert.

"Also abgemacht", sagte Anne, "heute abend um halb sieben am Kino. Bringt eure Taschenlampen mit. Nur für alle Fälle - im Wald ist es dann nicht mehr so hell wie hier."

"Und was sagen wir den Eltern, wenn sie fragen?" Unsicher sah Tina Anne an.

"Sag ihnen, dass du dich mit uns triffst, was ja auch stimmt, und dass wir noch ein wenig an die Luft wollen, aber bis acht ganz bestimmt zurück sind."

"Ich habe Angst nachts im Wald", sagte Tina ehrlich und den Tränen nahe, "da geh ich nicht hin! Auf keinen Fall!"

Die anderen sahen sich an. So ganz geheuer war ihnen auch nicht zumute, aber keine wollte das so ohne Weiteres zugeben. "Du brauchst keine Angst zu haben, Tina", sagte Sara und legte ihr den Arm um die Schultern, "wir sind doch zu viert, haben Lampen dabei und wir passen auf dich auf. Es passiert nichts, garantiert."

"Wenn du willst, bringen wir dir auch etwas zu essen mit", sagte Lena, denn sie wusste, dass essen Tinas Nerven beruhigte. Tina machte kein sehr überzeugtes Gesicht, schniefte noch ein wenig, nickte aber schließlich, obwohl sie immer noch Angst hatte. Die anderen waren erleichtert, denn sie vier gehörten doch zusammen. Wenn Tina nickte, konnten sie sich darauf verlassen, dass sie auch kam.

Dann trennten sie sich, weil jede zu Hause noch einen Teil ihrer Hausaufgaben fertigmachen musste.

Kapitel 3

Laubheim, die Stadt in der die vier Freundinnen wohnten, war eine Kleinstadt im badischen Land, in der Nähe von Burghausen. Sie lag inmitten von grünen Hügeln und Wäldern, aber doch sehr zentral. Es gab dort ein großes Schulzentrum, das 'Luise-Scherer-Gymnasium', das auch 'Die Kichererbsen' besuchten, und das sowohl einen sprachlichen als auch einen naturwissenschaftlichen Zweig unter seinem Dach vereinte. Alle Geschäfte und Einrichtungen, eine Grundschule, Lokale und Cafés sowie eine Sparkasse und ein Kino waren vorhanden. Zusätzlich gab es mehrere Pensionen, ein kleines Hotel, eine Polizeiwache mit angeschlossenem Kommissariat, einen Kindergarten, ein Krankenhaus und ein Feuerwehrhaus. Es war also alles vorhanden, was man so brauchte.

Es gab einige Kleinstädte in dieser Gegend, aber Laubheim war die größte von allen. Einzig Burghausen, das nur etwa zehn Kilometer entfernt lag, konnte es, was die Einwohnerzahl anging, mit Laubheim aufnehmen. Die nächstgrößere Kreisstadt war Schönfeld, welche etwa fünfzig Kilometer entfernt lag, aber bei weitem nicht so viel zu bieten hatte. Alles in allem war es eine friedliche Gegend, in die im Sommer viele Urlauber zum Erholen kamen oder auch nur, um einfach mal ein Wochenende auszuspannen.

Der größte Industriebetrieb und somit wichtigster Arbeitgeber waren die 'Reuter-Werke', eine Metall verarbeitende Firma. Sie produzierten alles, vom Dosenöffner bis zu Stahlplatten, vom Schraubendreher bis zu Wagenhebern. Es war eine florierende und aufstrebende Firma mit Geschäftsverbindungen in alle Welt und sie zahlte gute Löhne und bot viele Sozialleistungen. Die 'Reuter-Werke' waren ein Familienbetrieb. Gegründet wurden sie vor hundert Jahren von Ludwig Reuter. Als er sich auf sein Altenteil zurückzog, hatte er die Leitung der Firma seinem Sohn Ernst übergeben, der die Firma vergrößerte und die Handels- und Geschäftsbeziehungen ausweitete. Sein Sohn Herbert hatte das Vermögen vergrößert und und bessere Sozialleistungen und höhere Löhne eingeführt. Nun war die Leitung bereits in den Händen der vierten Generation, denn Herberts Söhne, Hermann und Ulrich, leiteten das Werk gemeinsam.

Die vier Freundinnen fühlten sich sehr wohl in ihrer Stadt, denn der Stadtkern von Laubheim war sehr liebevoll hergerichtet worden. Das Kopfsteinpflaster war sauber und in Ordnung gehalten, die Häuser, meistens altes Fachwerk, waren restauriert und standen alle unter Denkmalschutz. Im Sommer war hier immer viel Betrieb. Der Springbrunnen, der in der Mitte des Marktplatzes stand, war ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt. Auch die vier Mädchen trafen sich gerne hier. Kinder planschten dann im Wasser und viele Leute saßen auf dem Rand und genossen das schöne Wetter. Im Winter, wenn Schnee lag, erschien die Stadt wie ein Ort aus dem Bilderbuch, mit Lichterketten an den Häusern und Sternen über dem ganzen Platz verteilt. Dann stand ein großer Weihnachtsbaum in der Mitte des Platzes und der Duft nach Plätzchen, Lebkuchen und Glühwein lag in der Luft, wenn der Weihnachtsmarkt begonnen hatte.

Kapitel 6

Inzwischen suchte die Polizei fieberhaft nach den Bankräubern. Alle bisher eingeleiteten Maßnahmen hatten keinen Erfolg gebracht.  Eine Personenfahndung nach den drei Räubern wurde herausgegeben, aber da die Beschreibungen nur sehr dürftig waren, war niemand überrascht, dass auch das kein Resultat brachte. Da die Bankräuber maskiert waren, konnten der Filialleiter und die Kassiererin nur eine sehr vage Beschreibung liefern, die auf die Mehrheit der Bevölkerung zutraf. Es konnte jeder gewesen sein. Auch das Auto brachte sie nicht weiter. Große schwarze Geländewagen gab es auch jede Menge. Wenn sie wenigstens die Marke gekannt hätten, dann wären sie schon einen Schritt weiter gewesen. So aber tappten sie noch vollkommen im Dunkeln. Eine Konferenz wurde einberufen, an der sowohl die Kripo als auch ihre Kollegen von der Schutzpolizei teilnahmen. Sogar der Staatsanwalt persönlich war erschienen, um sich über den Stand der Dinge informieren zu lassen.

Er wandte sich an die Kripobeamten: "Herr Gerber, Herr Rademacher, nun zeigen Sie mal, was Sie können. Bei der Autoschieberbande haben Sie ja schon gute Arbeit geleistet und die Kerle dingfest gemacht, dann schaffen Sie das in diesem Fall auch. Also dranbleiben, solange die Spur noch warm ist." An alle gewandt fügte er noch hinzu: "Wir müssen die Täter unbedingt schnappen, diese Sache hat äußerste Priorität", er wedelte mit der Hand durch die Luft, "der Polizeichef sitzt mir im Nacken und will Ergebnisse sehen, halten Sie mich auf dem Laufenden. Sie können mich jederzeit anrufen", ergänzte er noch und nickte den Polizisten zu, bevor er sich wieder zurück in sein Büro begab.

"Ergebnisse sehen", brummte der leitende Kommissar, "das wollen wir alle. Dran bleiben, solange die Spur noch warm ist. Was glaubt der denn, was wir den ganzen Tag machen? Karten spielen?"

"Machen Sie sich nichts draus, Chef, das schaffen wir schon. Wir werden den Fall lösen."

"Wieso sind Sie da so sicher, Rademacher?"

"Das sagt mir mein Gefühl. Sie haben doch langjährige Erfahrung, Chef, das kriegen Sie hin. Und außerdem haben Sie ja mich."

Sein junger Kollege machte ein sehr selbstzufriedenes Gesicht. Der Kommissar zog es vor, darauf nicht zu antworten, nickte seinen Kollegen von der Schutzpolizei zu und stapfte in sein Büro. Auch sein junger Kollege setzte sich an seinen Schreibtisch, um noch einmal gründlich alle Fakten durchzugehen, die sie bisher ermitteln konnten. 'Das gibt ein hartes Stück Arbeit', dachte er bei sich.

Kapitel 7

Am späten Nachmittag des Tages, an dem die Bank überfallen worden war, trafen sich 'Die Kichererbsen' wie gewohnt an ihrem geheimen Treffpunkt, der Grillhütte. Es war kurz nach vier und sie alle hatten ihren Müttern versprochen, nicht zu spät nach Hause zu kommen.

"Habt ihr schon von dem Banküberfall gehört?", fragte Anne, gleich nachdem sie in der Hütte angekommen war, noch etwas außer Atem. Sie war das letzte Stück gerannt, weil sie schon spät dran war.

"Ja, ich hab vorhin davon im Radio gehört", antwortete Lena und sah die anderen gespannt an.

"Die Gangster sollen eine Menge Geld erbeutet haben", warf Sara ein und ihre grünen Augen leuchteten. "Weiß man schon, wie viel?"

"Sind die Gangster entkommen?", fragte Tina fast gleichzeitig mit weit aufgerissenen Augen. Sie verzehrte gerade die letzten Reste einer Mohnschnecke.

"Ja, sie sind entkommen ... mit einer Beute von hunderttausend Euro", erwiderte Anne und schüttelte missbilligend den Kopf, weil Tina sich gerade die klebrigen Finger ableckte und sie das eklig fand. Da sie Tina aber kannte, wusste sie, dass es ihre Art war. "Sie sollen einen Geländewagen gefahren haben", fügte sie noch hinzu. "Die Gangster scheinen wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Die Polizei hat sofort alle Stadtausfahrten abgeriegelt, aber bisher noch niemanden erwischt."

"Woher weißt du das?" Skeptisch sah Sara Lena an.

"Von Axel. Ich hab ihn vorhin zufällig getroffen und gleich gefragt."

Axel Rademacher war frischgebackener Kriminalhauptmeister und die Mädchen hatten ihm und seinem Chef, Kommissar Gerber, vor ein paar Monaten geholfen eine Autoschieberbande dingfest zu machen. Dadurch hatte sich eine lose Freundschaft entwickelt.

"Ach so." Saras Miene drückte aus, dass sie es nicht erstaunlich fand, dass Axel und sein Chef noch keinen Erfolg verbuchen konnten. Die beiden hatten sich bei der Autoschieberbande nicht gerade mit Ruhm bekleckert, denn wenn 'Die Kichererbsen' nicht gewesen wären, würde die Bande heute noch ihr Unwesen treiben. Die Mädchen mochten Axel und fanden auch Kommissar Gerber ganz nett, obwohl er manchmal ziemlich grantig war, hielten aber nicht allzu viel von deren Fähigkeiten, Verbrecher dingfest zu machen. Bei den beiden ging einfach zuviel schief.

"Oh", Tina sah erschrocken auf ihre Uhr, "es ist ja schon fast fünf und ich habe noch nicht alle Hausaufgaben gemacht."

"Wir auch nicht", riefen die anderen im Chor. "Kommt, lasst uns gehen."

Sie suchten ihre Siebensachen zusammen und traten dann gemeinsam vor die Hütte. Da fiel Tina ein, dass sie ihr Handy in der Hütte liegen gelassen hatte. Sie rannte noch einmal hinein, um es zu holen. Endlich kam sie wieder heraus.

"Warum hat das so lange gedauert?", wollte Sara wissen.

"Ich konnte es nicht gleich finden", entschuldigte sich Tina. Wie immer verschlossen sie die Hütte mit dem alten, aber noch funktionstüchtigen Vorhängeschloss, das Sara im Werzeugkasten ihres Vaters gefunden hatte, und legten den Schlüssel in das dafür vorgesehene Versteck. Das war eine Vertiefung unter dem dritten Stein von rechts. Da viele solcher Steine herumlagen, wirkte es ganz natürlich und fiel nicht sofort auf. So konnte diejenige von den vieren, die zuerst an der Hütte ankam, diese schon mal aufschließen und hineingehen und dort auf die anderen warten.

 

Kapitel 8

Gerade als die Mädchen aufbrechen wollten, hörten sie von fern ein Motorengeräusch und kurz darauf tauchte ein großes Auto am Ende des Feldweges auf, wo dieser eine Kurve machte und in den Waldweg überging. Es hielt dort, etwas fünfzig Meter entfernt an einer Stelle, an der zwei Bäume und ein paar Büsche eine natürliche Höhle bildeten. Da die Mädchen sich schon ein Stück von der Grillhütte entfernt hatten und, wie immer, quer durch den Wald zwischen den Bäumen hindurch zum Feldweg liefen, konnten sie sehen, wie das Auto am Ende des Weges in der Kurve anhielt. Sie selbst waren von dort aus nicht zu sehen. Drei Männer stiegen aus und musterten sorgfältig die Umgebung.

"Was sind denn das für Typen und was wollen die hier?", fragte Lena.

"Das sind keine Spaziergänger und zu sehen gibt es hier auch nichts", bemerkte Anne.

"Wieso schauen die sich so merkwürdig um?", wollte Tina wissen.

"Die sehen irgendwie komisch aus", meinte Sara, "lasst uns mal sehen, was die vorhaben."

"Da vorne ist eine gute Stelle, wo wir uns verstecken können." Lena zeigte in die Richtung, die sie meinte. Die Mädchen schlichen näher an das Auto heran und ließen sich hinter einem großen Busch in Hörweite nieder.

"Nun macht schon", sagte gerade einer der Männer und schaute sich nervös um. Die anderen beiden schleppten mehrere Säcke und Kassetten heran. "Hier, die Stelle ist gut."

Die drei holten Spaten und Schaufeln aus dem Kofferraum, gruben ein recht großes Loch und legten die Kassetten und Säcke hinein. Dann schaufelten sie das Loch wieder zu, trampelten die Erde fest und schichteten kreisförmig ein paar Steine darauf.

"So finden wir die Stelle heute Nach wieder, wenn wir den Zaster holen."

"Nicht so laut, Kalle", sagte der Mann, der sich nervös umgesehen hatte und von den anderen mit 'Horst' angeredet wurde.

"Warum denn, ist doch niemand hier", brummte Kalle.

"In einem Wald kann immer jemand unterwegs sein und uns hören, selbst wenn es nur ein Jäger oder Wildhüter ist", sagte Horst in belehrendem Tonfall.

"Was war das?"

"Was meinst du?"

"Dieses Geräusch eben."

"Wahrscheinlich nur ein Tier im Unterholz", ließ sich der dritte Mann hören und begann, die Schaufeln und Spaten wieder ins Auto zu räumen.

"Nein Detlef, das klang nach einem Niesen und ich glaube kaum, dass ein Tier niest. Vielleicht werden wir ja beobachtet", sagte Horst und schaute forschend in die Richtung des Gebüschs, hinter dem die Mädchen kauerten.

"Ach Unsinn, hier ist weit und breit niemand, außer ein paar Füchsen, Rehen und was sonst noch hier so rumläuft. Aber vielleicht werden wir ja gerade von einem Fuchs beobachtet, der unsere Beute haben will", feixte Detlef. "Kommt schon, wir sollten uns nicht zu lange hier aufhalten. Wir holen das Zeug, wie ausgemacht, um sieben ab."

Horst sah noch einmal in Richtung des Gebüschs, machte sogar Anstalten dorthin zu gehen, drehte sich dann aber doch um, als Kalle nach ihm rief, und folgte seinen Kumpanen. Die drei stiegen in das Auto, wendeten und brausten davon. Hinter dem Busch atmeten vier Mädchen aus.

"Puh, das war knapp", sagte Lena.

"Bist du verrückt zu niesen? Du hättest uns beinahe verraten", schnauzte Sara Tina an.

"Ich konnte es nicht zurückhalten, tut mir leid", sagte ihre Freundin niedergeschlagen. "Wer war das denn und was haben die hier versteckt?"

"Das ist doch sonnenklar", antwortete Sara, "das waren die Bankräuber und in den Kassetten und Säcken ist das erbeutete Geld."

"Sie wollen es heute Abend holen, das müssen wir unbedingt verhindern", sagte Anne.

"Wie aufregend." Tina war ganz aus dem Häuschen, hüpfte herum wie ein junger Hund, stolperte und fiel der Länge nach hin. "Au, mein Knie", jammerte sie und strich sich über die schmerzende Stelle.

"Du bist vielleicht ein Tollpatsch", bemerkte Sara und sah Tina mitfühlend an. "Tut es sehr weh?"

"Geht schon", murmelte Tina.

"Ihr kommt mir vor wie ein aufgeschreckter Hühnerhaufen", sagte Lena kopfschüttelnd, was bei Anne einen Lachanfall auslöste. Die nächsten paar Minuten verbrachten sie damit, Anne wieder zu beruhigen, was aber gar nicht so einfach war, denn ein Lachanfall lässt sich nicht einfach so abschalten.

"Wir sollten überlegen, was wir jetzt tun." Auffordernd sah Lena Anne an.

Die kämpfte jedoch noch mit ein paar letzten Lachern und war noch nicht in der Lage, etwas zu sagen. Alle redeten durcheinander.

"Wir gehen zur Polizei und erzählen, was wir gesehen haben."

"Ach und du meinst, die glauben uns so einfach? Erinnere dich daran, wie es letztes Mal gewesen ist. Da mussten wir sehr große Überzeugungsarbeit leisten." Sara sah grimmig drein.

"Aber dieses Mal kennen sie uns ja schon, und wenn wir sie zu der Stelle führen, an der die Beute vergraben ist, werden sie uns bestimmt glauben." Anne hatte sich endlich wieder gefasst und sah optimistisch in die Runde.

"Vielleicht sollten wir die Beute wieder ausgraben und zur Polizei bringen", überlegte Lena.

"Wir haben weder Schaufeln noch Spaten, um die Beute auszugraben, und mit bloßen Händen dauert das viel zu lange", erwiderte Sara, "außerdem machen sich die Gangster sofort aus dem Staub, wenn sie sehen, dass ihr Versteck geplündert wurde." Die anderen stimmten ihr zu.

"Wir können ja mit Axel reden und der kann es dann seinem Chef sagen", schlug Lena vor.

"Wir sollten die Gangster selber fangen und dann der Polizei übergeben."

"Wie willst du das denn machen? Das ist viel zu gefährlich, die sind doch sicher bewaffnet und außerdem sind sie zu dritt." Tina machte ein ängstliches Gesicht.

"Die wissen doch gar nicht, dass wir sie gesehen haben und dass wir sie aufhalten wollen und daher besteht auch keine Gefahr für uns. Wir gehen heute Nacht hierher und überraschen die Typen". Anne schaute sich zufrieden um.

"Und dann, was machen wir dann?", fragte Lena.

"Das ergibt sich dann von selbst", antwortete Anne.

"In der Nacht, wenn es dunkel ist und unheimlich?" Tina sah die anderen furchtsam an. "Nein, das mache ich nicht! Können wir nicht warten bis Morgen ist?"

"Dann sind die Gangster längst über alle Berge und das Geld ist auch weg. Kommt gar nicht infrage!"

Eifrig diskutierend gingen die Mädchen den Weg entlang und kamen bald darauf in die Stadt.

Kapitel 10

Nachdem die Mädchen gegangen waren, stand Axel noch eine Weile da und überlegte. Es waren wichtige Informationen, die sie ihm mitgeteilt hatten und sie brachten sie ein Stück weiter. Das war wieder einmal typisch, dass die vier einen wichtigen Hinweis lieferten. Allerdings waren sie wohl oder übel gezwungen bis zum Abend zu warten, wenn die Verbrecher das Geld holen wollten. Diese waren also noch in der Stadt. Kein Wunder, dass die Straßensperren nichts gebracht hatten. Wo sie sich wohl aufhielten? Am ehesten fiel ihm da das Hotel ein. Aber es konnte auch eine Pension sein oder sie wohnten bei Freunden. Sein Chef, der Kommissar, würde bestimmt nicht einfach auf Verdacht jemanden im Hotel oder den Pensionen vorbeischicken, soweit kannte er ihn nun schon. Schon gar nicht, wenn der Hinweis von den Mädchen kam, denn sein Chef war schon bei der Autoschieberbande sehr missmutig gewesen, weil es den Mädchen gelungen war, die Bande zu stellen. Zumal die Gangster die Beute ja auch nicht bei sich im Hotel hatten, oder wo sie sonst waren, sondern im Wald vergraben. Wenn die merkten, dass man im Hotel nachfragte, holten sie die Beute vielleicht gar nicht ab, sondern warteten, bis sich alles etwas beruhigt hatte. Er musste das mit Bedacht anstellen und so drehen, dass Kommissar Gerber keine andere Wahl blieb, als mit ihm in den Wald zu gehen, die Gangster zu überraschen und festzunehmen. Er wusste auch schon, wie er es anstellen würde. In Gedanken spielte er es einmal durch.

'Ja, so mache ich es. Das klappt bestimmt', dachte er. Axel machte ein zufriedenes Gesicht, drehte sich um und ging in Kommissar Gerbers Büro, um diesem zu berichten, was er soeben erfahren hatte.

Kapitel 1

Die Mitglieder des Klubs 'Die Kichererbsen' trafen sich wie immer an ihrem Lieblingsplatz: einer alten, schon lange nicht mehr benutzten Grillhütte am Waldrand. Da die Hütte schon lange leer stand und nicht mehr verwendet wurde, hatten sie dort ihr Hauptquartier aufgeschlagen. Der Platz war von Gestrüpp und Sträuchern überwuchert, aber die Hütte selbst war noch gut erhalten und 'Die Kichererbsen' hatten sie ein wenig für ihre Zwecke umgebaut. Der Vorteil war, dass man von der Hütte aus ein Stück des Waldweges sehen konnte, der etwas weiter hinten, nach einer Kurve, in den Feldweg überging, der zur Stadt führte. Umgekehrt konnte man aber, wenn man den Waldweg betrat, die Grillhütte nicht ohne weiteres erkennen, vor allem wenn man ortsfremd war, denn ihre Farbe passte genau zur Umgebung. Den Waldweg konnte man nicht befahren, sondern musste das Fahrzeug, ein Auto zum Beispiel, am Ende des Feldwegs parken und dann zu Fuß weitergehen. Daher waren die Hütte und ihr Standort einfach ideal.

Der Klub bestand aus vier Freundinnen, die alle zwölf Jahre alt waren, in die gleiche Klasse gingen und sich regelmäßig hier trafen. Sie hatten niemandem von ihrem Platz erzählt, denn sonst wäre er ja nicht mehr geheim - und sie wollten dort in keinem Fall gestört werden. Die vier Freundinnen waren: Anne Meister, ein großes schlankes Mädchen mit halblangem mittelblondem Haar und blassblauen Augen, das gerne lachte. Anne konnte über alle möglichen Dinge lachen und bekam dann meistens einen regelrechten Lachanfall, der dann oftmals einige Zeit anhielt. Der längste, so erzählte man sich, hatte einmal geschlagene fünf Minuten gedauert. Ihre beste Freundin, Lena Schilling, war das genaue Gegenteil von ihr. Zwar genauso groß sie, aber mit dunkelbraunem Haar und braunen Augen, war sie eher ruhig, mit eisernen Nerven, die sie als Mittleres von drei Geschwistern entwickelt hatte. Sie ließ sich selten aus der Ruhe bringen. Die Dritte im Bunde war Sara Reuter. Heute trug sie ihr pechschwarzes glattes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden und ihre grünen Augen blickten nachdenklich durch ihre runden Brillengläser, die ihr ein sehr intellektuelles Aussehen verliehen. Böse Zungen behaupteten, sie hätte Ähnlichkeit mit einer Eule, dem ihre Freundinnen aber überhaupt nicht zustimmten. Weil sie fast immer alles wusste, hatte sie den Spitznamen 'Die Professorin' erhalten. Vervollständigt wurde das Quartett durch Tina Ruhland: Sie hatte rote Pausbacken und wirkte immer etwas außer Atem, als sei sie gerade von einem Waldlauf zurückgekehrt. Sie aß meistens, denn sie hatte ständig Hunger, und stellte sich manchmal etwas ungeschickt an, was ihr aber in den Augen ihrer Freundinnen keinen Abbruch tat.

Die vier trafen sich regelmäßig in der Hütte, denn hier konnten sie ungestört lachen, diskutieren, sich über die Dinge unterhalten, über die Mädchen gern sprechen, sich auch mal streiten, was aber nur relativ selten vorkam, und vor allem ihrem Hobby nachgehen: Kriminalfälle. Alle vier liebten Krimis und tauschten sich immer lebhaft über die neuesten 'Tatort-Folgen' oder andere Fernsehserien aus. Sie lasen auch gern Bücher, in denen ein Privatdetektiv oder eine Detektivin den Verbrechern nachjagte. Sie hatten im Wald auch schon mal das Anschleichen geübt und versucht, sich so geräuschlos wie möglich fortzubewegen. Leider hatte das bisher noch nicht hundertprozentig geklappt, denn irgendwann war die eine oder andere auf einen Zweig getreten, der dann knackte, oder hatte versehentlich einen Stein zum Rollen gebracht, der dann mit einigem Getöse den Abhang hinunterrollte. Aber sie gaben nicht auf und übten weiter.

Tatsächlich hatte vor einigen Monaten in ihrer kleinen Stadt eine Autoschieberbande ihr Unwesen getrieben. Die Mädchen waren eigentlich eher zufällig und unbeabsichtigt in die Geschichte hineingeraten, hatten dann aber mit viel Entschlossenheit den Fall lösen können, zumal die hiesige Kripo nicht wirklich weiter gekommen war. Seither waren sie Feuer und Flamme und verfolgten alle Ereignisse in ihrer Stadt mit großem Interesse; besonders dann, wenn ein Verbrechen verübt wurde, wie etwa ein Banküberfall. Aber auch alles andere, was ein wenig rätselhaft wirkte, erweckte ihre Aufmerksamkeit und wurde untersucht.

Kapitel 27

Die vier Schutzpolizisten, die die Polizeiwache von Laubheim besetzten, waren Polizeioberkommissar Philipp Lindemann, der auf über zwanzig Jahre bei der Polizei zurückblicken konnte. Er war 46 Jahre alt, verheiratet und hatte zwei Kinder im Alter von 16 und 18 Jahren. Seine ruhige und ausgleichende Art hatte schon oft geholfen, Spannungen abzubauen und Konflikte erst gar nicht aufkommen zu lassen. Er handelte stets besonnen und überlegt. Weiterhin gab es Johann Berger, der den Rang eines Polizeihauptmeisters innehatte. Er war 35 Jahre alt, ebenfalls verheiratet und seine beiden Kinder waren 10 und 8 Jahre alt. Johann hatte meistens gute Laune und die ließ er sich auch selten verderben. Mit seiner fröhlichen und positiven Art brachte er viel Harmonie in die Wache ein. Ein weiterer, noch sehr junger Kollege, war Polizeiobermeister Ralf Mertens. Er war erst 28 Jahre alt, verheiratet und hatte ein Kind von drei Jahren. Ralf war erst ein paar Jahre bei der Polizei und wegen seiner korrekten und strebsamen Art bei seinen Kollegen sehr beliebt. Auch Polizeihauptkommissar Thomas Ude, 48 Jahre alt, verheiratet, drei erwachsene Kinder, gehörte zu den Schutzpolizisten von Laubheim. Er war seit mehr als 25 Jahren im Polizeidienst und ein routinierter und erfahrener Polizist, dem man nicht so leicht ein X für ein U vormachen konnte.

Wenn es irgendwo einen Alarm oder ein Problem gab, das die Polizei erforderlich machte, dann rückten immer zwei Polizisten aus und die anderen beiden blieben auf der Wache, damit diese nicht unbesetzt war. Üblicherweise taten immer Philipp und Johann zusammen Dienst, ebenso Thomas und Ralf. Das war eine gute Einteilung, denn so wurde immer einer der jüngeren Polizisten von einem älteren Kollegen mit schon einigen Jahren an Erfahrung begleitet.

Als der Anruf von Axel Rademacher auf der Wache einging, wollten Philipp Lindemann und Johann Berger gerade ihren Dienst beenden, denn Ralf Mertens und Thomas Ude hatten heute Nachtdienst. Sie waren bereits eingetroffen, um ihre Kollegen abzulösen.

Johann Berger nahm den Anruf entgegen. Er hörte einen Moment lang zu, was Axel Rademacher am anderen Ende sagte, dann antwortete er knapp:" Okay, wir kommen", und legte auf. Johann und Philipp wussten, dass Norbert Gerber und Axel unterwegs waren, um die Bankräuber zu schnappen und setzten nun kurz ihre Kollegen ins Bild:

"Axel hat gerade angerufen, dass die Bankräuber verhaftet worden sind. Wir sollen nun kommen und sie abholen", sagte Johann. "Wer fährt und holt sie?"

"Wir fahren, ihr habt ja jetzt Dienstschluss", sagte Thomas und winkte Ralf mitzukommen.

"Wir bleiben noch so lange hier, bis ihr wieder da seid, damit die Wache besetzt ist", sagte Philipp und sah Johann an. "Ist das okay für dich?"

"Natürlich", antwortete dieser sofort.

Thomas und Ralf setzten sich ins Auto und Ralf wollte die Sirene einschalten, aber Thomas hielt ihn zurück: "Axel sagte, wir sollen nur das Blaulicht einschalten, aber die Sirene auslassen, damit nicht der ganze Ort geweckt wird." Also schaltete Ralf nur das Blaulicht ein.

Die beiden erreichten den Feldweg und waren kurz darauf am Waldrand. Sie sahen das Auto von Norbert Gerber, der mit Axel und einer Gruppe junger Leute dort wartete.

"Hallo Norbert", sagte Thomas und stieg aus. "Was hast du denn Schönes für uns?"

"Die drei da haben die Bank überfallen und die Beute hier versteckt. Sie wollten gerade mit dem Zeug abhauenl, wurden aber von den Mädchen daran gehindert", antwortete der Kommissar und zeigte in Richtung der Mädchen.

Anerkennend nickte Thomas den Mädchen zu. "Gut gemacht", sagte er.

"Ihr seht ja ganz schön ramponiert aus", meinte Ralf, der auch hinzugekommen war."Ist jemand von euch verletzt? Sollen wir die Sanis rufen?", wollte er noch wissen.

Die Mädchen schüttelten die Köpfe.

"Nein danke, so schlimm ist es nicht", antwortete Lena.

"Was ist mit deiner Lippe?", fragte er noch.

"Halb so schlimm, hat schon aufgehört zu bluten", erwiderte Lena, "aber trotzdem vielen Dank."

"Tu da aber dennoch sobald wie möglich etwas Eis drauf, sonst kannst du morgen nicht mehr sprechen", meinte Ralf.

Lena nickte.

"Na, dann wollen wir mal." Ralf packte Kalle am Arm, führte ihn zum Polizeiauto und setzte ihn hinein.

Thomas brachte Detlef. Während Ralf noch Horst holte, der lautstark protestierte und versuchte, sich zu wehren, setzte Thomas sich ins Auto und startete den Motor.

"So, jetzt sind alle drin", sagte Ralf und stieg ebenfalls ein. "Ich ruf schon mal Philipp und Johann an und sag ihnen, dass wir kommen."

Die Polizisten brachten die drei Gangster zur Wache, wo sie von ihren Kollegen in Gewahrsam genommen wurden. Einen Moment später traf auch Kommissar Gerber auf dem Revier ein. Er rief gleich den Staatsanwalt an, der nicht sehr erbaut darüber war, so spät noch gestört zu werden. Das änderte sich aber, als er hörte, dass die Bankräuber gefasst waren.

"Ausgezeichnet, Herr Gerber", lobte er, "ausgezeichnet. Ich komme morgen früh vorbei und wir erledigen die Formalitäten. Gute Arbeit", sagte er noch einmal, dann legte er auf.

Der Kommissar übergab die Beute an seine Kollegen zur Aufbewahrung. Diese schlossen das Geld in den Tresor ein. Inzwischen war auch Axel angekommen und übergab seinem Chef die Schlüssel des Fluchtfahrzeugs, das er auf dem Parkplatz abgestellt hatte.

"Haben Sie das Auto auch abgeschlossen?", fragte der Kommissar, der wusste, dass Axel so etwas leicht vergas. "Nicht, dass es noch gestohlen wird".

"Natürlich, Chef", antwortete Axel.

"So natürlich ist das nicht", erwiderte der Kommissar, aber da die Bankräuber gefasst waren, war er in Hochstimmung und beließ es dabei.

Nach einer langen Diskussion erklärte sich Kommissar Gerber schliesslich bereit, Anne, Sara und Lutz mit Frau Schilling fahren zu lassen, wenn diese einverstanden war, und später dann Annes Eltern und Saras Vater anzurufen, um diese ins Bild zu setzen. Auch von einer Anzeige wegen Vernachlässigung der Aufsichtspflicht wollte er absehen, denn die Kinder hatten ihn bekniet, ihren Eltern keine Schwierigkeiten zu machen - und letztlich sollte es ja eigentlich möglich sein, Mädchen in diesem Alter mal einen Abend allein zu lassen, ohne dass die gleich im Wald hinter Gangstern herjagen.

Lutz gab ihm die Handynummer seiner Eltern. Der Kommissar rief an und sprach mit Annes Vater.

Dieser sagte: "Meine Frau und ich sind gerade auf dem Weg zum Parkplatz. Bis wir zu Hause sind, wird es wohl noch gute 45 Minuten dauern. Ist es nicht möglich, dass Anne und Lutz mit Frau Ruhland oder Frau Schilling fahren? Ich rufe Sie sofort an, wenn wir zu Hause sind oder komme auch bei Ihnen vorbei, wenn es vonnöten ist." Dann sagte er noch: "Geben Sie mir mal meinen Sohn. "

Kommissar Gerber reichte das Telefon an Lutz weiter. Dieser versicherte seinem Vater, dass alle wohlauf seien, und sie sich keine Sorgen machen müssten. Dann beendete er das Gespräch. "Mein Vater ruft sofort an, wenn er zu Hause ist."

Nach mehreren Versuchen erreichte der Kommissar auch Herrn Reuter und erklärte ihm die ganze Sache.

"Wir sind sowieso gerade fertig geworden und wollten nach Hause. Ich komme vorbei und hole Sara ab, bin in spätestens zehn Minuten auf dem Revier. "

"So, das wäre auch geklärt", sagte der Kommissar. "Ihr wartet hier, bis ihr abgeholt werdet, klar? Ude! Mertens! Lassen Sie sich zu nichts bequatschen - die bleiben alle hier, bis sie abgeholt werden."

"Geht klar".

Der Kommissar und sein Assistent gingen, um schon mal den Papierkram vorzubereiten, während sie auf die Eltern der Kinder warteten.

Kapitel 5

Horst Habermann, Karl 'Kalle' Voberg und Detlef Kraft saßen in Horsts Zimmer in dem kleinen Hotel in Laubheim. Sie hatten sich dort unter den Namen 'Müller', 'Klein' und 'Lehmann' eingetragen und sich als Vertreter einer großen, internationalen Firma ausgegeben, die zusammen Urlaub machten und sich ein wenig vom Alltagsstress erholen wollten. Das hatte man ihnen auch ohne weiteres abgenommen, denn die drei wirkten von ihrer Kleidung und ihrem Auftreten her wirklich wie Vertreter. Horst, Kalle und Detlef hatten die Bank überfallen, denn sie brauchten dringend Geld. Sie kannten sich schon ein paar Jahre, hatten früher einmal jeder ein eigenes Geschäft gehabt, und jeder von ihnen hatte irgendwann einmal Konkurs anmelden müssen. Das hatte daran gelegen, dass sie keinerlei kaufmännischen Kenntnisse besaßen, die Preise für ihre Waren zu niedrig oder zu hoch kalkulierten und so im Laufe der Zeit einen riesigen Schuldenberg anhäuften. Doch anstatt sich der ganzen Misere zu stellen, hatten sie sich aus dem Staub gemacht und an einem anderen Ort neu angefangen. Dass viele ihrer Gläubiger ihr Geld nicht bekamen, interessierte sie herzlich wenig. Alle drei hatten eine Vorliebe für einen aufwendigen Lebensstil und das alles musste finanziert werden. Eine Weile verlegten sie sich auf Betrügereien, indem sie zahlungskräftigen Interessenten Schrottimmobilien andrehten. Das ging etwa zwei Jahre lang gut, dann brach alles zusammen. Horst, Kalle und Detlef hatten jedoch längst ihre Schäfchen ins Trockene gebracht und sich auf einem ausländischen Konto einige Millionen zurückgelegt. Das hätte eigentlich reichen müssen. Aber die vielen kostspieligen Dinge, die sie sich anschafften, verschlangen Unsummen und ihr Kapital schmolz zusammen. Dann waren sie auf die Idee gekommen, ihr Geld mit Glücksspiel noch zu vermehren und waren in den Spielbanken von Baden-Baden und Monte Carlo aus und eingegangen. Doch das anfängliche Glück, das sie beim Roulette hatten, war sehr schnell vergangen und sie hatten Schulden gemacht. Die Millionen waren verspielt und sie mussten ihre Schulden zurückzahlen, denn wie es so schön heißt: Spielschulden sind Ehrenschulden. Die Leute, bei denen sie sich Geld geliehen hatten, saßen ihnen im Nacken. Leider hatten sie aber keine Mittel mehr und wussten auch nicht, wie sie sich noch welche verschaffen sollten. Es einmal mit seriöser Arbeit zu versuchen, kam ihnen nicht in den Sinn. Sie wollten schnell zu Geld kommen. Dann waren sie auf die Idee mit dem Banküberfall gekommen. Erst wollten sie eine Bank in einer Großstadt überfallen, zum Beispiel in Frankfurt, aber da sie sich dort überhaupt nicht auskannten, hatten sie den Gedanken wieder gelassen. So waren sie nach langem Überlegen zu dem Schluss gekommen, es in einer kleineren Stadt zu versuchen, die nicht ganz so groß war und von wo sie trotzdem schnell verschwinden konnten. Zuerst hatten sie Burghausen ins Auge gefasst, waren auch dort gewesen, hatten sich ein wenig umgesehen und sich schon darauf geeinigt es dort zu versuchen, als sie auf der Rückfahrt durch Laubheim kamen. Sie hatten angehalten, waren etwas durch die Stadt gelaufen und das, was sie sahen, hatte ihnen gut gefallen. Sie hatten sich hier sofort wohl gefühlt. Die Sparkasse lag sehr zentral, das hatten sie schnell ausgekundschaftet, und als sie weiter durch die Straßen liefen, waren sie auf das kleine Hotel gestoßen, das nur eine Querstraße von der Bank entfernt lag. Das Hotel hatte einen sehr gepflegten und gemütlichen Eindruck gemacht und war genau das, was sie gesucht hatten, und so hatten sie spontan beschlossen, den Überfall in dieser Stadt zu verüben. Zu Hause hatten sie sich dann mit den Einzelheiten beschäftigt, alles genau geplant und waren dann vor ein paar Tagen ins Hotel gezogen, um die letzten Vorbereitungen zu treffen. Das Hotel lag zentral zu der Bank, die ihr Ziel war. Sie hatten die Bank und die Gewohnheiten der Bankangestellten längere Zeit studiert und beobachtet, um die günstigste Zeit herauszufinden, zu der sich ein Überfall lohnen würde, ohne großes Aufsehen zu erregen. Den günstigsten Zeitpunkt hatten sie auf diesen Nachmittag halb vier Uhr festgelegt und ihren Plan, dann die Bank zu überfallen, in die Tat umgesetzt. Alles hatte wie am Schnürchen geklappt. Eigentlich zu gut, wie es Horst einmal kurz durch den Kopf schoss. Wenn alles so reibungslos lief, dann würde später sicher noch etwas schiefgehen, auch wenn er sich absolut nicht vorstellen konnte, was das sein sollte. Aber er schob diesen Gedanken schnell beiseite. Er wollte kein Pessimist sein. Nun saßen sie hier und zählten das Geld. Es waren sage und schreibe hunderttausend Euro! Das hatte sich wirklich gelohnt. Wenn sie das Geld aufteilten, bekam jeder etwa dreiunddreißigtausend Euro, das reichte dicke, um ihre Schulden zu bezahlen und noch einen großen Teil davon übrig zu behalten. Dieses Mal wollten sie sorgfältiger mit dem Geld umgehen und es nicht wieder durch Glücksspiel oder andere Dinge verlieren. Daher waren sie bestens gelaunt und guter Dinge. Das Auto hatten sie eine Straße weiter geparkt, aber sie waren sich sicher, dass sich niemand die Nummer gemerkt oder notiert hatte. Und selbst wenn: die Kennzeichen waren sowieso gestohlen, und die Polizei ging sicher davon aus, dass sie schon längst die Stadt verlassen hatten. Nun mussten sie nur noch das Geld an einem sicheren Ort verstecken, denn sie wollten die Stadt erst in der Nacht verlassen, weil sie sich im Schutz der Dunkelheit sicherer fühlten. Im Hotel wollten sie das Geld nicht lassen, da sie befürchteten, dass ein Stubenmädchen es entdecken konnte. Auch ein Schließfach am Bahnhof kam nicht in Frage, da die Polizei dort mit Sicherheit kontrollieren würde und im Auto wollte es Horst nicht lassen, da es ja gestohlen werden könnte.

"Ich will das Risiko so gering wie möglich halten", erklärte er. "Wo sollen wir das Geld verstecken?", wollte Kalle wissen und sah seine Kumpane fragend an.

"Hier im Hotel ist es zu gefährlich, da könnte versehentlich jemand darüber stolpern", meinte Detlef und Horst nickte zustimmend.

"Genau", sagte er. "Ich habe vorhin einen Feldweg gesehen, der zum Waldrand führt", erklärte Horst, "da gibt es sicher ein Plätzchen, wo wir die Beute verstecken oder vergraben können, bis wir sie abholen. Dann können wir hier alles in Ruhe beenden. Am besten fahren wir gleich los, bevor es zu spät wird."

"Meinst du, wir können so ohne weiteres mit dem Auto in der Gegend herumfahren?", fragte Kalle. "Wenn sie uns nun anhalten?"

"Die Polizei vermutet sicher, dass wir die Stadt schon längst verlassen haben", entgegnete Detlef.

"Ich bin mir fast zu hundert Prozent sicher, dass sich niemand das Kennzeichen gemerkt hat oder notieren konnte, daher ist die Gefahr, von der Polizei angehalten und kontrolliert zu werden, sehr gering", erklärte Horst. "Außerdem ist es nicht weit bis zum Feldweg, so dass wir ziemlich schnell wieder hier sein werden."

"Wenn uns aber da jemand beobachtet, ich meine, wenn wir mit dem Auto dort entlang fahren, dann fällt das doch bestimmt auf. So viel Verkehr ist da ja nicht." Kalle war immer noch nicht ganz überzeugt.

"Wenn uns tatsächlich jemand fragen sollte was wir da wollen, dann sagen wir ganz einfach, dass wir hier Urlaub machen und uns ein wenig den Wald ansehen möchten, ob es dort zum Beispiel schöne Spazier- und Wanderwege gibt." Horst sah Kalle an.

"Das ist eine gute Idee", nickte dieser beruhigt. "Dann können wir ja jetzt gehen."  Die anderen beiden nickten. Sie packten die Säcke und Kassetten wieder in die Sporttasche und verließen das Hotel durch den Hintereingang. Von dort mussten sie nur zwei Minuten gehen, bis sie ihr Auto erreicht hatten. Sie stellten die Tasche in den Kofferraum, stiegen ein und fuhren los. Ohne Zwischenfall gelangten sie zu dem Feldweg und fuhren ihn entlang, bis sie den Waldrand erreicht hatten. Ein kurzes Stück fuhren sie noch weiter, bis sie zu einer Stelle kamen, wo sie gut wenden konnten. Dann stellten sie den Motor ab und stiegen aus. Sie sahen sich nach allen Seiten um, fanden eine gute Stelle und fingen an zu graben.

 

Kapitel 15

Anne saß in ihrem Zimmer auf dem Bett und dachte nach. Sie hatte ihre Hausaufgaben beendet und mit ihren Eltern und Lutz zu Abend gegessen. Dann waren die Eltern noch einmal weggegangen, um eine Theatervorstellung zu besuchen. Das kam ihren Plänen entgegen. Sie überlegte, ob sie Lutz einweihen und ihm sagen sollte, was sie vorhatten. Schließlich war er ihr Bruder und sie mochte ihn gern - auch wenn er sie manchmal neckte und aufzog. Ihr wäre wohler, wenn er wüsste, was sie vorhatten, nur für den Fall, dass etwas schiefging. Aber andererseits wollten sie und die anderen die Gangster schnappen und Lutz wäre sicher nicht damit einverstanden. Bestimmt würde er sagen, sie sollten das Ganze der Polizei überlassen. Das kannte sie schon. 'Nein', entschied Anne. Sie würde nichts sagen und leise das Haus verlassen. Schließlich waren sie zu viert, was konnte da schon groß passieren? Und im Notfall, wenn alles schiefging, konnten sie ja über Handy immer noch die Polizei anrufen. Entschlossen stand sie auf und verließ ihr Zimmer. Im Flur öffnete sie eine Schublade, nahm eine Taschenlampe heraus, prüfte, ob sie auch funktionierte und steckte sie ein. Sie zog noch ein Sweatshirt über, dann verließ sie leise das Haus. Einen Moment lang glaubte sie, Lutz' Zimmertür gehört zu haben, aber alles blieb still. 'Wahrscheinlich habe ich es mir nur eingebildet', dachte sie. Sie ging schnell die Straße entlang und bog dann in die Hauptstraße ein. Kurz darauf hatte sie das Kino erreicht, wo sie sich verabredet hatten.

"Hallo, wartest du schon lange?" Lena war gerade um die Ecke gebogen und stand nun vor Anne.

"Nein, ich bin auch gerade erst gekommen." Da sahen sie Sara mit schnellem Schritt auf das Kino zusteuern.

"Hi, bin ich die Letzte?"

"Nein, Tina fehlt noch."

"Da kommt sie." Lena deutete in die Richtung, aus der sich Tina näherte.

"Schön, dass du da bist, dann kann es ja losgehen."

"Mir ist schlecht", sagte Tina und hielt sich den Bauch.

"Wieso das denn?", fragte Sara.

"Na ja", Tina sah verlegen drein, "meine Mutter hatte leckere Pfannkuchen gebacken und da musste ich unbedingt welche probieren."

"Wie viele hast du denn gegessen?", fragte Lena, denn ihr schwante nichts Gutes.

"Och, nur so sechs bis sieben Stück", antwortete Tina.

Lena stieß einen leisen Pfiff aus.

"Das heißt, du hast dich überfressen", bemerkte Sara trocken, "irgendwann können wir dich rollen."

Anne kicherte, lief rot an und schnappte nach Luft.

"Bist du verrückt, Sara", sagte Lena, "jetzt bekommt sie gleich einen Lachanfall und das kann dauern, das weißt du ja."

"Schon gut, schon gut", prustete Anne, "es ist nichts weiter. Wir müssen los." Sie holte noch einmal tief Luft und unterdrückte einen weiteren Lacher, was jetzt allerdings einen Schluckauf bei ihr auslöste.

Dann machten sich die Mädchen auf den Weg, Anne noch immer hicksend, und kurz darauf hatten sie den Feldweg erreicht, der zum Waldrand führte.

Kapitel 28

"Wieso wolltet ihr eigentlich auf eigene Faust die Bankräuber schnappen?", fragte Lutz seine Schwester. Er war sehr erleichtert, dass alles so glimpflich ausgegangen war, aber auch ein wenig verärgert, dass Anne ihm nichts gesagt hatte.

"Du hättest mir sicher abgeraten, etwas zu unternehmen", fing Anne an.

"Ja, allerdings hätte ich das, denn wie gefährlich so etwas ist, hast du ja gesehen."

"Wir waren doch bei der Polizei und haben Axel informiert", sprang Lena ihr bei, "aber du hast doch selbst gesehen, dass sie erst recht spät dazugekommen sind."

"Bei der Autoschieberbande damals war es doch fast dasselbe. Anne hat keine Schuld, wir waren alle dafür selbst etwas zu unternehmen", sagte Sara und schaute Lutz fest an.

"Ganz richtig", warf Tina ein.

Lutz musste innerlich lachen, weil Sara ihn so ernsthaft ansah und alle vier so eisern zusammenhielten. Er konnte keiner lange böse sein.

"Lass gut sein, Lutz", meinte Bernd, "ich kann sie verstehen, das hätte ich auch gemacht."

"Ja, ich auch", pflichtete ihm Olli bei. "Hat doch Spaß gemacht den Typen mal zu zeigen, wo der Hammer hängt."

"Okay, überstimmt", gab sich Lutz lachend geschlagen, "aber nächsten Mal sagst du mir Bescheid, wenn du etwas unternimmst."

"Versprochen", sagte Anne erleichtert und die anderen drei nickten ebenfalls.

Anne wandte sich an Tina: "Ich finde es super, wie du einen der Gangster ausgeschaltet hast. Ich weiß nicht, ob ich mich das getraut hätte. Das war wirklich große Klasse."

"Ja, das war wirklich mutig von dir", ergänzten die anderen und sahen Tina freundlich an. "Wir sind sehr stolz, dass du unsere Freundin bist."

Tina hatte vor Freude einen hochroten Kopf und war sehr glücklich.

"Auch dass du dich in den dunklen Wald getraut hast, finde ich enorm." Olli klopfte ihr anerkennend auf die Schulter. "Im Dunkeln ist es dort schon etwas unheimlich. Nachts würde ich nicht freiwillig dorthin gehen."

"Aber das ist doch nicht der Rede wert", sagte Tina bescheiden. "Anne war auch sehr mutig, als sie Detlef auf den Rücken gesprungen ist und sich an ihm festgeklammert hat", versuchte Tina von sich abzulenken.

Die andern stimmten ihr zu. "Was ist mit deiner Taschenlampe?", erkundigte sich Bernd.

"Kaputt", sagte Tina nur und hielt die Reste hoch.

"Der Kerl muss ja einen ziemlichen Holzkopf haben, wenn die Lampe zu Bruch geht", witzelte Olli und Anne kicherte.

"Nicht so schlimm", sagte Tina, "wir haben zu Hause noch mehr." Anne kicherte immer noch.

"Am besten, du wirfst die Reste gleich weg", schlug Lutz vor, nahm die kaputte Lampe und warf sie in den Mülleimer, der in der Ecke stand. Vorher hatte er die Batterie herausgenommen und sie Tina in die Hand gedrückt. "Die kann man bestimmt noch brauchen", meinte er.

Tina stopfte die Batterie in ihre Hosentasche.

Anne hustete, sie hatte sich vor Lachen verschluckt und Lena klopfte ihr auf den Rücken. "Geht's wieder?", fragte sie Anne.

"Ja, alles okay", antwortete diese.

"Jetzt habe ich aber Hunger", sagte Tina. "Hat jemand etwas zu essen dabei?"

Alle lachten. Olli kramte in seiner Jackentasche herum und förderte einen Schokoriegel zutage. Der war zwar etwas zerknautscht aber sonst noch vollkommen in Ordnung.

"Hier", sagte er und überreichte Tina den Schokoriegel, "das ist alles, was ich dabei habe. Ist zwar etwas zerdrückt aber sonst noch okay."

"Vielen Dank, Olli, das ist lieb von dir", sagte Tina und strahlte ihn an. Sie verputzte den Schokoriegel in Rekordzeit. "So, jetzt ist es viel besser", meinte sie.

In diesem Moment tauchten Frau Ruhland und Frau Schilling auf.

"Ihr macht ja schöne Sachen", sagte Frau Ruhland, aber sie war nicht böse. Sie schloss Tina in ihre Arme und fragte, ob es ihr gut ginge.

"Bis auf meinen Knöchel ist alles gut", antwortete diese. Auch bei den anderen fragte Frau Ruhland nach ob sie in Ordnung seien. Alle nickten.

Frau Schilling wollte gerade etwas sagen, als Hermann Reuter erschien.

"Alles klar bei euch?", fragte er und sah die Kinder besorgt an.

"Natürlich Papa, du kennst mich doch", antwortete Sara.

Die drei Eltern gingen zu Kommissar Gerber. Es dauerte eine Weile, bis sie wieder herauskamen. Gespannt sahen die Freundinnen sie an.

"Es ist alles geklärt", sagte Herr Reuter, "wir wissen nun, was passiert ist. Der Kommissar wird ausnahmsweise von einer Anzeige wegen Verletzung der Aufsichtspflicht absehen. Das finde ich sehr anständig von ihm."

"Ein sehr netter Mann, der Herr Kommissar", sagte Frau Schilling und Frau Ruhland stimmte ihr zu.

"Na, dann wollen wir mal. Sara, du musst ins Bett."

Sara verabschiedete sich von den anderen und stieg zu ihrem Vater ins Auto. Frau Schilling, Lena sowie Anne und Lutz machten sich auf den Weg zu Frau Schillings Auto, das sie hinten auf dem Parkplatz abgestellt hatte. Da Anne und Lena in derselben Straße wohnten, hatte Frau Schilling vorgeschlagen, Anne und Lutz mitzunehmen. Frau Ruhland machte sich mit Tina, Olli und Bernd ebenfalls auf den Weg. Natürlich wollte sie die Jungs mitnehmen und zu Hause absetzen.

Kommissar Gerber und Axel verabschiedeten sich von den Schutzpolizisten. Dann gingen beide nach Hause, um noch einen Rest ihres Feierabends genießen zu können.

Kapitel 32

Es wurde eine sehr lustige und vergnügliche Runde. Die jungen Leute amüsierten sich, als sich Kommissar Gerber etwas ungeschickt anstellte und nicht genau wusste, wie er denn nun den Burger, den er sich bestellt hatte, essen sollte. Erst wollte er es mit Messer und Gabel probieren, aber schließlich zeigten ihm Olli und Bernd, wie so ein Burger gegessen wurde. Der Kommissar probierte es und es klappte recht gut. Natürlich bekleckerte er sich mit Ketchup und ein großer roter Ketchup-Fleck prangte mitten auf seinem blauen Hemd.

Der Kommissar lachte und sagte: "Ihr seht, ich habe keine Übung darin, so einen Burger unfallfrei zu essen", und versuchte mit der Serviette den Fleck zu entfernen, was ihm aber nicht gelang. Im Gegenteil: durch Reiben vergrößerte er ihn nur. Schließlich gab er es auf (der Fleck war inzwischen schon doppelt so groß wie vorher) und murmelte etwas das wie: 'Da soll sich Leni drum kümmern' klang und wandte sich wieder der Gruppe von jungen Leuten zu.

Die unterhielten sich lebhaft, lachten und scherzten viel und bezogen auch ihn immer wieder mit in das Gespräch ein. Sie fragten ihn und Axel auch sehr viel über die Polizeiarbeit aus, und der Kommissar lächelte im Stillen über die ernsthaften und begeisterten Gesichter der Mädchen, als er ein paar Anekdoten aus seiner Polizeilaufbahn erzählte. Sie wollten auch unbedingt wissen wie Handschellen funktionierten und waren total begeistert, als sie es ausprobieren durften. Jede der vier ließ sich einmal die Handschellen anlegen und probierte aus, wie sich das anfühlte.

Sara interessierte sich auch für die Dienstpistole und wollte wissen, welche Marke und Kaliber diese hatte. Sie hatte im Internet schon darüber gelesen. Sie fragte auch, ob sie sie einmal in die Hand nehmen dürfte. Bedauernd schüttelte der Kommissar den Kopf. "Das würde hier nur eine Panik auslösen. Außerdem ist eine Waffe kein Spielzeug. Und schon gar nicht sollte man damit in einem Lokal herumhantieren." Sara machte ein enttäuschtes Gesicht, aber sie verstand die Gründe.

Der Kommissar hatte sich schon lange nicht mehr so wohl gefühlt und auch sein Rheuma schien wie weggeblasen zu sein. Vielleicht sollte er das öfter machen, denn es tat ihm offensichtlich gut, mit jungen Leuten zusammen zu sein. Am liebsten würde er den Rest des Tages hier sitzen bleiben und sich einfach nur unterhalten.

Schließlich hatten alle fertig gegessen, auch Tina, die mindestens drei große Portionen verputzt hatte und nun einen äußerst zufriedenen Gesichtsausdruck zur Schau trug, und so erhob er sich, sah auf seine Uhr und sagte bedauernd: "Leider ist meine Mittagspause jetzt vorbei und Rademacher und ich müssen wieder zurück an unsere Arbeit. Ich muss noch einen Bericht schreiben und der Staatsanwalt hat auch noch ein paar Fragen."

"Dann sollten Sie aber ein anderes Hemd anziehen, Chef", meinte Axel und deutete auf den gut sichtbaren Fleck, der dort prangte.

"Ja, sie haben Recht, Rademacher. Vielleicht kann mir Lindemann ein Hemd leihen, der hat ungefähr meine Größe."

"Wann wollte der Staatsanwalt kommen?", fragte Axel.

"So gegen vierzehn Uhr", antwortete der Kommissar.

"Dann haben Sie doch noch genug Zeit. Warum gehen Sie nicht nach Hause und ziehen schnell ein frisches Hemd an? Das schaffen Sie locker. Und sollte der Staatsanwalt früher kommen, kann ich ihn ja ein wenig beschäftigen." Axel sah ihn erwartungsvoll an.

"Gute Idee. So machen wir es." Er wandte sich zum Gehen. "Kommt gut nach Hause", sagte er noch zu den Mädchen gewandt, dann verließ er mit federnden Schritten das Lokal.

Axel sah ihm nachdenklich hinterher. "Manchmal überrascht er mich immer noch", meinte er, "hoffentlich hält das an." Dann verließ auch er schnell das Lokal, nachdem er allen 'Auf Wiedersehn' gesagt hatte.

Auch Lutz, Olli und Bernd verabschiedeten sich. Sie wollten noch bei Olli ein neues Computerspiel ausprobieren, das er erst seit Kurzem hatte. Die Mädchen blieben noch etwas sitzen, denn Tina hatte sich entschlossen, noch ein Eis zu essen und auch die anderen holten sich noch einen Nachtisch.

"Wie geht es denn deinem Knöchel?", fragte Lena Tina.

"Och, soweit ganz gut. Ich habe gestern Abend noch ein paar Umschläge gemacht und ihn über Nacht fest bandagiert. Jetzt tut er nur noch ein bisschen weh."

"Trotzdem solltest du ihn aber noch nicht wieder voll belasten", meinte Anne, "sonst dauert es ewig, bis er wieder vollkommen in Ordnung ist."

"Erfahrung", fügte Anne hinzu als Lena sie fragend ansah. Als dann endlich alle fertig waren und sich satt und zufrieden fühlten, brachen auch die Mädchen auf. Ein Stück hatten sie noch denselben Weg.

"Haben wir eigentlich Hausaufgaben auf bekommen?", fragte Tina noch.

"Ja, in Mathe - das fertigmachen, was wir in der Schule begonnen haben", antwortete Sara.

Tina stöhnte, denn sie hasste Mathe. Vielleicht konnte ihr ja Timo helfen. Sie würde ihn gleich fragen, wenn sie nach Hause kam.

Auch die anderen mochten Mathe nicht besonders gern  und maulten herum.

"Hilft aber alles nichts, wir müssen das fertigmachen", sagte Lena, vernünftig wie immer.

"Dann bis später, wie immer um vier an der Grillhütte."

Am Kino trennten sie sich. Sie konnten nicht ahnen, dass sie schon bald in ein neues Abenteuer verstrickt sein würden.

Kapitel 2

Die vier waren schon seit ihren Kindergartentagen befreundet. Sie hatten sich an dem Tag kennengelernt, als sie zum ersten Mal dorthin gegangen waren. Sie hatten zusammen gespielt, sich auch mal miteinander gestritten und sich wieder versöhnt. Irgendwie hatte es sich ergeben, dass sich Anne und Lena sehr eng zusammenschlossen, genauso wie Sara und Tina. Warum das so war, konnte keine genau sagen, es bedeutete aber nicht, dass die vier nicht auch untereinander gut befreundet waren. Anne und Lena wohnten nur ein paar Häuser voneinander entfernt, in der gleichen Straße, jede in einem kleinen Einfamilienhaus mit großem Garten. Sara wohnte etwas weiter weg am Stadtrand, in einer Villa mit riesigem Rasengrundstück und Swimmingpool. Tina bewohnte mit ihrer Familie ein gemütliches altes Haus, das in einer ruhigen Straße stand.

Außer Sara hatten alle Geschwister: Anne und Tina jeweils einen älteren Bruder, Lena eine ältere Schwester und einen jüngeren Bruder.

Nur Sara war Einzelkind. Ihr Vater und ihr Onkel leiteten das ortsansässige Familienunternehmen und Sara hatte es am Anfang sehr schwer gehabt, Anschluss zu finden. Weil ihre Eltern ein großes Haus und viel Geld besaßen, waren viele Leute reserviert, was sich auch auf ihre Kinder übertrug und Sara wurde daher von vielen ihre Altersgenossen als arrogant und verzogen abgestempelt, nur weil sie zurückhaltend war und nicht gleich mit jedem Freundschaft schloss. Sara hatte nie auch nur ansatzweise einen Anflug von Arroganz oder Verzogenheit erkennen lassen. Sie war eher einsam, weil sie keine Geschwister hatte und ihre Eltern auch oft unterwegs waren. Es war dann zwar immer jemand da, der nach Sara sah, als sie noch klein war, aber sich nicht wirklich um sie kümmerte. Also las sie viel, verschlang alle Bücher, die sie finden konnte und interessierte sich für viele Dinge, die sie für sich erforschte.

Tina, die in einem sehr liebevollen Elternhaus aufwuchs, hatte sofort gespürt, dass Sara sehr einsam war, als sie sie das erste Mal im Kindergarten sah, obwohl sie damals auch erst vier Jahre alt gewesen ist. Kinder spüren so etwas manchmal besser als die Erwachsenen. Tina war gleich auf Sara zugestürmt, wobei sie sie um ein Haar umgerannt hätte, und hatte sie gefragt, ob sie ihre Freundin sein wolle und ihr die Hälfte von ihrem Frühstücksbrot angeboten. Wer Tina kannte und wusste, dass sie gerne aß und so etwas nicht jedem anbot, dem war klar, dass das für den anderen fast so etwas wie ein Ritterschlag war. Sara war vollkommen verblüfft gewesen, konnte sich aber dem Strahlen, das von Tina ausging, nicht entziehen und hatte das Angebot freudig angenommen. Seither waren Sara und Tina unzertrennlich.

Ähnlich innig war auch das Verhältnis von Anne und Lena. Auch die beiden waren ein Herz und eine Seele. Eines Tages, als Sara und Tina von den anderen Kindern in ihrer Gruppe geärgert und herumgeschubst wurden und ein besonders frecher Junge sich vor den beiden aufbaute und ihnen Schläge androhte, da hatten sie eingegriffen. Sie hatten den anderen unmissverständlich klar gemacht, dass sie die beiden in Ruhe lassen sollten, wenn sie es nicht auch noch mit ihnen zu tun bekommen wollten. Anne, die mit einem älteren Bruder aufwuchs und daher nicht zimperlich war, und Lena, die sich mit einer älteren Schwester auseinandersetzen musste, hatten ihren Worten Taten folgen lassen und den Jungen und zwei seiner Freunde ordentlich verhauen.

Von diesem Tag an waren die vier eng befreundet und bildeten eine Gruppe. Keiner traute sich mehr, ihnen etwas zu tun. Der Junge und seine Freunde waren plötzlich sehr kleinlaut. Wie sich später herausstellte hatte Lutz, Annes älterer Bruder, sich den Kleinen und seine Freunde vorgeknöpft und ihm klargemacht, dass sie Ärger bekommen würden, wenn sie seine Schwester und ihre Feundinnen nicht in Ruhe ließen.

Nach einiger Zeit war dann alles wieder in den gewohnten Bahnen verlaufen und nach und nach wurden die vier mit in die Kindergartengruppe einbezogen. Auch in der Grundschule und auf dem Gymnasium hielten sie einsern zusammen. Wenn Schüler aus einer anderen Klasse eine der vier verhauen wollten, dann waren sofort die anderen drei da und standen ihr zur Seite. Keine war zimperlich was das Verhauen betraf. Daher verliefen solche Versuche bald im Sand.

Ihren Klubnamen verdankten sie übrigens Annes Bruder Lutz, der einmal im Scherz gesagt hatte, 'Kichererbsen' sei genau die richige Bezeichnung für die vier. Erst war Anne etwas ungehalten gewesen, aber dann hatte sie Lutz doch recht gegeben und die Mädchen hatten sich für den Namen entschieden, auch weil er sehr speziell war. Nur Lutz wusste von dem geheimen Treffpunkt seiner Schwester und ihrer Freundinnen. Er und seine Freunde, Olli und Bernd, hatten den Mädchen etwas beim Umbau geholfen und versprochen, niemandem ein Wort von dem Treffpunkt zu verraten. Das hatten sie auch eingehalten. Da ihre Eltern beide berufstätig waren, fühlte sich Lutz als großer Bruder für seine Schwester verantwortlich und ihm war wohler, wenn er wusste, wo sie sich aufhielt.

 

Kapitel 12

Lena hatte gerade ihre Hausaufgaben beendet, als sie auf dem Flur laute Stimmen hörte. Das Zetern ihrer Schwester drang durch ihre geschlossene Zimmertür. Laura war fünfzehn, fühlte sich aber schon erwachsen und hatte gerade eine Auseinandersetzung mit ihrer Mutter, weil diese mit ihrer Kleidung nicht einverstanden war. Laura wollte zu ihrer Freundin Jennifer gehen, die am anderen Ende der Stadt wohnte, und hatte für diese Gelegenheit ihr bestes Outfit angezogen, das aus einer schwarzen Netzstrumpfhose, einem schwarzen Minirock und einem undefinierbaren schwarzen Oberteil bestand. Dazu trug sie Plateauschuhe und hatte reichlich Make-up aufgelegt.

"In diesem Aufzug gehst du mir nicht aus dem Haus, das ist mein letztes Wort", sagte ihre Mutter gerade mit Nachdruck, "du siehst aus wie eines dieser leichten Mädchen."

"Aber Mama, das tragen doch heutzutage alle, das ist nichts Besonderes", entgegnete Laura genervt und verdrehte die Augen.

"Was ist denn hier los?", fragte ihr Vater, der gerade zur Tür hereinkam, "willst du in den Zirkus, Laura, weil du so angemalt bist?" Er schaute von seiner Frau zu seiner Tochter.

Laura ließ ein beleidigtes Schnauben hören. Warum musste ausgerechnet sie so spießige Eltern haben? Das war total ungerecht.

"Hor zu", sagte Frau Schilling zu ihrer Tochter, "wenn du vernünftige Schuhe anziehst, nicht diese unförmigen Klötze, und etwas weniger Make-up aufträgst, dann kannst du meinetwegen so gehen, aber nur dann."

"Wenn es sein muss", maulte Laura und verschwand in ihrem Zimmer - nicht, ohne die Zimmertür vorher geräuschvoll zu schließen. Sie wusste, wenn ihre Mutter in diesem konsequenten Ton sprach, dann war nichts zu machen. Zehn Minuten später verließ Laura das Haus, nachdem sich ihre Mutter davon überzeugt hatte, dass sie jetzt besser aussah.

"Wie kommst du denn heim? Soll ich dich abholen?", fragte sie noch.

"Nein, nicht nötig. Frau Gärtner fährt uns heim."

Lena schüttelte den Kopf. Hoffentlich wurde sie nicht einmal genauso wie Laura, wenn sie älter wurde. Früher hatte sie mit Laura unheimlich viel Spaß gehabt, sie hatten fast alles gemeinsam unternommen, aber seit Laura in der Pubertät war und nur noch mit den, wie sie es nannte, 'coolen' Leuten abhing, kümmerte sie sich kaum noch um ihre jüngeren Geschwister. Lena hatte manchmal sogar den Eindruck, dass es Laura peinlich war, überhaupt jüngere Geschwister zu haben. Lena bedauerte das, konnte aber nichts daran ändern. Sie sah auf die Uhr und fuhr in die Höhe: schon Viertel nach sechs vorbei. Sie musste sich beeilen, um nicht zu spät zu kommen.

"Ich geh noch mal kurz weg", rief Lena ihrer Mutter zu und wollte aus der Tür.

"Wo gehst du denn hin?", wollte Frau Schilling wissen und tauchte im Flur auf.

"Ich treffe mich noch mal kurz mit Anne und den anderen, wir müssen noch etwas besprechen, für die Schule."

"Um diese Uhrzeit?"

"Ja, es dauert auch nicht lange."

"Na ja, wenigstens hast du dich anders angezogen als deine Schwester", meinte ihre Mutter und betrachtete ihre Kleidung. Lena trug Jeans, Turnschuhe und ein T-Shirt. Sie hatte noch ihr Sweatshirt mit Kapuze darüber gezogen, denn es wehte ein leichter Wind. Ganz bewusst versuchte Lena sich so viel wie möglich von Laura abzuheben, vor allem was die Kleidung betraf. "Bleib aber nicht zu lange weg, du hast morgen wieder Schule."

"Keine Sorge, ich bin spätestens um acht wieder da." Lena schnappte sich noch eine Taschenlampe, als ihre Mutter ihr den Rücken zukehrte, um wieder in die Küche zu gehen. Sie steckte sie in ihre Hosentasche und verließ schnell das Haus. 'Puh, das ist ja noch mal gutgegangen', dachte sie und steuerte auf das Kino zu. Wenn ihre Mutter sie noch in ein Gespräch verwickelt hätte, hätte es sicher länger gedauert. Lena beschleunigte ihre Schritte, denn inzwischen war es kurz vor halb sieben.

Kapitel 13

Als Sara nach Hause kam, um noch den Rest ihrer Hausaufgaben fertigzumachen, war es schon fast halb sechs. Wie üblich war niemand daheim. Ein Zettel lag auf dem Küchentisch: 'Bin auf einer Vernissage, komme erst gegen elf Uhr heim. Essen steht im Kühlschrank. Mama'. Sara seufzte. Es war immer dasselbe. Ihr Vater war ein bekannter Unternehmer, der zusammen mit seinem Bruder, ihrem Onkel, das Familienunternehmen leitete. Er kam jeden Tag erst gegen sechs Uhr nach Hause. An den Wochenenden war er allerdings immer da und unternahm etwas mit ihr. Manchmal kam auch noch Onkel Ulrich mit. Ihre Mutter, die den ganzen Tag alleine war, besuchte viele Vernissagen oder Kaffeekränzchen oder Wohltätigkeitsveranstaltungen und kam manchmal auch erst spät heim. Daher war Sara oft allein zu Hause. Früher war dann immer ein Babysitter da gewesen, aber Sara lehnte das inzwischen strikt ab und hatte ihren Eltern versichert, es mache ihr nichts aus allein zu Hause zu sein. Sie war das gewohnt. Trotzdem wünschte sie sich manchmal, es wäre anders. Wie bei Anne zum Beispiel; deren Eltern waren zwar beide berufstätig, aber wenigstens kamen sie nicht so spät heim und sie hatte ja auch noch Lutz. Auch bei Lena war es schön, obwohl ihre ältere Schwester, Laura, eine ziemliche Zicke geworden war. Sie fühlte sich trotzdem bei den Schillings wohl und mochte auch Lukas, Lenas kleinen Bruder, der mit seinen zehn Jahren schon recht pfiffig war. Am liebsten war sie aber bei Tina. Dort war es richtig gemütlich. Die Ruhlands wohnten in einem alten Haus, das schon seit vielen Jahren im Familienbesitz war. Es war mit Weinranken überwuchert und innen sehr gemütlich eingerichtet. Frau Ruhland hatte ihren Haushalt und die Familie voll im Griff. Auch Timo, Tinas älterer Bruder, war ganz in Ordnung, soweit sie das beurteilen konnte. Sara seufzte noch einmal und machte sich etwas von dem Essen warm, das im Kühlschrank stand. 'Wenn ich wenigstens einen Hund hätte', dachte sie, 'dann wäre jemand da, der mir Gesellschaft leisten könnte. Vielleicht sollte ich Papa mal darauf ansprechen oder Onkel Ulrich. Ja, das mache ich'. Sie aß gemütlich und in aller Ruhe, dann erledigte sie den Rest ihrer Hausaufgaben. Als sie fertig war, war es schon kurz nach sechs Uhr. Sie hörte einen Schlüssel im Schloss. Ihr Vater kam nach Hause.

"Hallo Sara, wie geht's? Alles okay?"

"Natürlich Papa, alles im grünen Bereich", antwortete sie.

"Wo ist deine Mutter?"

"Auf einer Vernissage, sie kommt erst um elf."

"Ich muss auch noch mal weg, muss mit Ulrich noch die Abrechnung fertigmachen, damit sie morgen zum Steuerberater kann. Ich komme auch nicht viel früher zurück als Mama".

"Das macht nichts. Ich will auch noch mal kurz weg, muss mit den anderen noch ein Projekt für die Schule besprechen."

"Okay, aber nicht so spät. Ich verlasse mich darauf."

"Klar. Danke Papa."

Sie unterhielt sich noch ein wenig mit ihrem Vater, fragte, wie es so in der Firma lief, und er erzählte ihr, dass sie momentan sehr viel zu tun hatten und einfach noch nicht dazu gekommen waren, die Abrechnung fertigzumachen. Daher mussten er und Ulrich heute eine Nachtschicht einlegen und sie fertigmachen. Sara machte ihrem Vater noch etwas Essen warm und leistete ihm Gesellschaft, während er aß. Dann musste er wieder weg. "Ulrich wartet bestimmt schon", sagte er und verließ eilig das Haus.

Sie hörte einen Motor brummen und kurz darauf sah sie das Auto ihres Vaters die Einfahrt hinauffahren und dann auf die Straße biegen. Sara holte eine Taschenlampe aus ihrem Zimmer, nahm ihre Jacke vom Haken und steckte ihren Schlüssel ein. Dann verließ auch sie das Haus, um sich mit den anderen vor dem Kino zu treffen.

Kapitel 21

Oliver Dersch war sechzehn Jahre alt. Er hatte mit seinen besten Freunden Lutz und Bernd nicht nur den Kindergarten, sondern auch die Grundschule und alle bisherigen Klassen des Gymnasiums durchlaufen. Oliver, nur Olli genannt, hatte noch zwei jüngere Geschwister: seine Schwester Ramona, 14 Jahre alt und seinen Bruder Simon, der zehn Jahre alt war. Er kannte sich also mit zickigen kleinen Schwestern und nervigen kleinen Brüdern aus und konnte sowohl mit Mädchen als auch mit Jungen prima umgehen und sie (mehr oder weniger) verstehen. Seine beiden Geschwister besuchten ebenfalls das 'Luise-Scherer-Gymnasium' und kannten natürlich auch seine Freunde Bernd und Lutz. Sein Bruder Simon war in der gleichen Klasse wie Lenas jüngerer Bruder Lukas und seine Schwester Ramona besuchte dieselbe Klasse wie Lenas Schwester Laura und war mit dieser sogar befreundet. Olli war groß gewachsen und kräftig, sehr humorvoll, gutmütig und hatte meistens einen flotten Spruch auf Lager. Er tat keiner Fliege etwas zuleide, aber seine große, kräftige Gestalt war Respekt einflößend und bei Auseinandersetzungen war er ein ernst zu nehmender Gegner. Zudem kannte er einige Kniffe, wie man einen Gegner lahmlegen konnte. Olli saß in seinem Zimmer und wollte gerade seinen Laptop abschalten, als ihn der Anruf von Bernd erreichte.

"Okay, ich komme sofort", rief er, sprang auf, schnappte sich seine Jacke und polterte die Treppe hinunter.

Seine Mutter, die gerade die Kellertreppe heraufkam, sah ihn entgeistert an: "Ist jemand hinter dir her, weil du so rennst?", fragte sie.

"Ich geh noch mal kurz weg, treffe mich mit Lutz und Bernd, bin aber bald wieder da." Und bevor sie etwas antworten konnte, war er schon zur Haustür hinaus.

Olli schloss das Gartentor hinter sich und ging zügig die Straße entlang bis zur Ecke, wo schon Bernd auf ihn wartete. Zusammen legten sie die letzte Strecke bis zum Kino zurück. Von Weitem sahen sie Lutz schon ungeduldig auf und ab gehen. Wenig später erreichten sie das Kino, wo schon Lutz auf sie wartete. Sie wechselten ein paar Worte und dann machten sie sich auf den Weg zum Waldrand. Bernd fragte sich, was sie dort wohl erwarten und welche Situation sie dort vorfinden würden oder ob sich alles als ganz harmlos herausstellen würde. Aber ein Gefühl sagte ihm, dass es nicht harmlos war und dass sie sich beeilen mussten.

"Und du meinst, die Mädchen wollen tatsächlich die Bankräuber stellen?", wollte Olli wissen, während sie den Weg entlanggingen.

"Es würde zu ihnen passen. Als das mit der Autoschieberbande war, da haben sie die Bande doch auch gestellt", entgegnete Lutz.

"Ja, das stimmt, aber die Kripo ist da auch nicht wirklich weiter gekommen", warf Bernd ein.

"Meinst du, das hätte sich inzwischen geändert?", fragte Lutz und sah seinen Freund an.

"Keine Ahnung", meinte der, "wohl eher nicht."

Die drei jungen Männer gingen weiter den Weg entlang, den die Mädchen genommen hatten, und erreichten kurz darauf den Waldrand. Hier verlangsamten sie ihre Schritte und schlichen vorsichtig weiter.

"Da steht ein Auto", flüsterte Bernd kurz darauf und zeigte auf die Stelle, an der das schwarze Auto stand. Sie schauten um die Ecke und da sahen sie auch schon die Männer. Sie lieferten sich ein Handgemenge mit den Mädchen. Lutz erschrak, als er sah, was da vor sich ging. Lena und Sara wurden gerade an einen Baum gebunden und seine Schwester mit einer Waffe bedroht. Lutz und seinen Freunden stockte der Atem. Das war ja schlimmer als sie gedacht hatten! Sie konnten sehen, wie Lena und Sara verzweifelt versuchten sich zu befreien, was aber misslang, und bekamen mit, wie Anne zwei Schritte zur Seite machte und der Gangster sich mit ihr drehte. Er fuchtelte mit der Waffe herum. Wenn sich jetzt ein Schuss löste! Nicht auszudenken. Lutz standen die Haare zu Berge. Warum hatte sie zwei Schritte zur Seite gemacht? Was war der Grund dafür? Tina war nirgends zu sehen. Merkwürdig. Sie waren doch alle vier in den Wald gegangen, das wusste er genau. Doch da erschienen plötzlich ihr Kopf und dann sie selbst hinter dem Kerl mit der Pistole. Die Jungen sahen, wie sie kurz da stand, dann beide Arme hob und dem Gangster etwas über den Kopf schlug. Dieser sackte ohnmächtig zusammen.

"Guter Schlag", sagte Olli anerkennend, "hätte ich nicht besser machen können."

"Das sieht nicht gut aus, Jungs", meinte Lutz und die anderen stimmten ihm zu, "die Mädels schaffen das nicht alleine. Wir müssen sofort handeln."

Olli und Bernd waren der gleichen Meinung. "Ja, schnappen wir sie uns", sagte Olli erwartungsvoll und rieb sich die Hände, "die werden ihr blaues Wunder erleben."

"Ja", meinte auch Bernd, "sie sollen mal sehen, wie es ist, wenn sie einen wirklichen Gegner vor sich haben und nicht drei Mädchen, die sie mit der Waffe bedrohen können." Bernd machte ein finsteres Gesicht.

Kapitel 14

Tina blieb im Hausflur stehen und schnupperte - es roch lecker. Hmmm ... Sie ging in die Küche und sah, dass ihre Mutter Pfannkuchen backte.

"Die riechen aber gut", sagte Tina und schnupperte erneut. Sie sah dabei aus wie ein Hund, der Witterung aufgenommen hatte. "Willst du welche?", fragte ihre Mutter, holte einen Teller und legte zwei Stück drauf.

"Oh ja, danke, ich muss noch einen kleinen Rest meiner Hausaufgaben machen, dabei kann ich die ja essen." Tina ging in ihr Zimmer und aß erst einmal genüsslich die Pfannkuchen. So gestärkt erledigte sie dann den Rest ihrer Hausaufgaben. Sie war gerade damit fertig, als ihre Mutter zum Abendessen rief. Es gab gefüllte Pfannkuchen und Tina aß gleich noch einmal vier Stück.

"Aber nicht, dass dir schlecht wird", meinte Timo, ihr Bruder, "gekotzt wird nicht. Schließlich hast du vorhin schon zwei Stück verdrückt, das habe ich mitbekommen."

Tina schnitt ihm eine Grimasse und kaute bedächtig weiter. Nach dem Abendessen sagte sie, dass sie noch einmal kurz weg müsse, weil sie mit den anderen noch ein Schulprojekt zu besprechen hätte - die Mädchen hatten sich vorher auf diese Begründung geeinigt.

"Kannst du überhaupt noch laufen, soviel wie du gegessen hast?" Timo stand da und grinste.

Tina streckte ihm die Zunge raus und ging ins Bad, um sich die Hände zu waschen.

"Aber spätestens um acht bist du wieder da, Tina", sagte Frau Ruhland.

"Natürlich Mama, wahrscheinlich schon früher. Kann ich noch einen Pfannkuchen mitnehmen, für unterwegs?", fragte Tina.

"Natürlich". Frau Ruhland reichte ihr einen.

"Irgendwann platzt du noch", rief Timo, der gerade an der Küche vorbeiging und alles gehört hatte. "Ich fasse es nicht, wie man so viel essen kann. Das schaffe ja nicht mal ich", ergänzte er noch.

"Ich bin noch im Wachstum und brauche das", antwortete Tina würdevoll.

"Oder vielleicht eher in einem Fressstadium? Vielleicht sollten wir dich 'Fressbär' nennen", feixte Timo und streckte den Kopf durch die Küchentür, wurde aber von seiner Mutter mit einem strafenden Blick bedacht.

"Es reicht, Timo", sagte Frau Ruhland und sah ihren Sohn streng an.

Jetzt grinste Tina. Sie kannte ihren Bruder und nahm es ihm nicht übel, was er sagte. Er meinte das ja auch nur scherzhaft. Sie aß eben für ihr Leben gern. Zum Glück wurde sie nicht so schnell dick. Sie war zwar nicht so schlank wie Anne, Lena und Sara, aber sie war auch nicht dick, nicht mal pummelig, hatte auch kein Gramm Übergewicht. Essen war nun mal ihre große Leidenschaft. Sie nahm den Pfannkuchen und verließ das Haus. Vorher steckte sie noch ihre Taschenlampe ein. Unterwegs aß sie den Pfannkuchen. Irgendwie fühle sie sich voll und hatte Bauchschmerzen, vielleicht hatte sie doch etwas zu viel gegessen. Als sie sich dem Kino näherte, wischte sie noch schnell ihre Hände an ihren Jeans ab, denn sie waren etwas klebrig geworden.

Kapitel 16

Unterdessen saßen Horst, Detlef und Kalle gemütlich in einem der kleinen Lokale beim Essen und ließen den Tag ausklingen. "Lasst uns auf unsere gelungene Tat anstoßen. Morgen Nachmittag sind wir schon an der Riviera und liegen in der Sonne." Die Gläser klirrten und alle drei genossen den Rotwein, den sie sich zur Feier des Tages bestellt hatten.

"Dieser ... Job ... war sehr einfach und ist ohne Probleme und Scherereien vonstattengegangen", sagte Detlef und hob sein Glas.

"Ja, und der Rest ist nur noch ein Kinderspiel", meinte Kalle und schob sich ein großes Stück von seinem Steak in den Mund.

"Ich habe mich ein wenig in der Stadt umgehört, natürlich ganz diskret", erzählte Horst, "und mich über die Kripo erkundigt", setzte er flüsternd hinzu. "Der hiesige Kommissar und sein junger Kollege haben hier noch nicht viel zu tun gehabt. Das Kommissariat gibt es erst seit drei Jahren. Vor ein paar Monaten war hier mal eine Autoschieberbande am Werk, die haben sie gekriegt, okay. Aber das war's auch schon."

"Du meinst, die beiden haben nicht viel Erfahrung, oder?", fragte Kalle, noch immer kauend.

"Ja, so ungefähr. Ich habe den Kommissar mal von Weitem gesehen und er machte auf mich nicht den hellsten Eindruck. Ebenso sein Kollege. Hier ist nicht viel los, eine friedliche kleine Stadt und alles nette Bürger." Horst hatte einen leicht ironischen Unterton.

"Das kann uns ja nur recht sein", meinte Detlef.

"Genau", erwiderte Horst mit gesenkter Stimme, "zumal wir viel schlauer sind als die und mit Sicherheit schlauer als diese Autoschieber. Wir haben alles gut geplant und durchdacht. Die Polizei weiß nicht, dass wir noch hier sind, und kann uns somit auch nicht aufhalten. Wer sonst könnte uns denn jetzt noch in die Quere kommen? Wir könnten höchstens noch durch einen dummen Zufall geschnappt werden, aber dieses Risiko ist äußerst gering. Wenn ihr fertig seid mit essen, dann brechen wir auf." Er sah auf seine Uhr. Es war halb sieben.

Sie zahlten, erhoben sich und schlenderten aus dem Lokal. Eine Straße weiter stand ihr Auto. Sie stiegen ein und fuhren los, ihr Weg führte sie noch ein kurzes Stück durch die Stadt, dann kamen sie zu dem Weg, der zum Waldrand führte.

Horst sagte: "Detlef, halt mal kurz an."

Dieser bremste und blieb kurz nach der Einmündung auf dem Feldweg stehen. "Ganz kurz. Es ist jetzt zehn vor sieben. Wir fahren bis zu der Stelle, wo der Feldweg in den Waldweg übergeht, wenden und stellen das Auto am Ende des Feldwegs in der Kurve ab, damit wir gleich losfahren können, wenn wir fertig sind. Es ist dort noch hell genug, sodass wir kein Licht brauchen und die Scheinwerfer auslassen können. Somit fällt auch niemandem auf, dass jemand hier im Wald ist. Die ganze Aktion wird nicht länger als eine Viertelstunde dauern, dann sind wir fertig. Hast du vorhin noch vollgetankt?"

"Klar."

"Also dann los, Detlef, fahr weiter."

Vergnügt vor sich hin summend, startete Detlef erneut den Motor und fuhr die letzten paar Meter bis zu dem Versteck. Dort wendete er und stellte das Auto dann auf dem befestigten Weg ab. Sie stiegen aus, öffneten den Kofferraum, holten die Schaufeln und Spaten heraus und gingen zu der Stelle, an der die Beute vergraben lag. Sie räumten die Steine, mit der sie die Stelle markiert hatten zur Seite und fingen zum zweiten Mal an diesem Tag an zu graben.

Kapitel 17

Die Mädchen hatten den Wald erreicht. Mit ihren Taschenlampen beleuchteten sie den Weg, um nicht zu stolpern, obwohl es noch nicht vollkommen dunkel war.

Tina sah sich ständig ängstlich um. "Was hat da eben geraschelt?", fragte sie und spähte angestrengt ins Gebüsch.

"Vielleicht ein Kaninchen", antwortete Lena.

"Die schlafen doch nachts, oder? Gibt es hier eigentlich Ratten? Oder Spinnen?" Leise Panik war in Tinas Stimme zu hören. Zögernd ging sie weiter und sah sich dabei nach allen Seiten um. Sie glaubte, überall Geräusche zu hören und erwartete, dass gleich eine schwarze Gestalt aus der Dunkelheit kam, um sie zu erschrecken. Eine Eule schuhute und Tina fuhr erschrocken zusammen. Wieder schaute sie umher, dabei stolperte sie über eine Wurzel und wäre beinahe gestürzt. Sie konnte sich gerade noch an Sara festhalten. Diese nahm sie bei der Hand und zog sie weiter.

"Psst, nicht so laut, sonst hören sie uns noch", sagte Anne, die angestrengt in die Ferne lauschte. Ihr Schluckauf war inzwischen vorbei, was auch gut war.

Als sie fast die Stelle erreicht hatten, blieben sie stehen und lauschten. Da waren Stimmen! Die Gangster! Die waren tatsächlich schon da. Die Mädchen schlichen sich etwas seitlich heran und schauten vorsichtig hinter einem Busch hervor. Ja, drei Gestalten gruben die Säcke und Kassetten aus. Im Dämmerlicht konnten die Mädchen die drei Männer vom Nachmittag erkennen. Jetzt wurde ihnen doch etwas beklommen zumute.

"Puh, wie unheimlich hier", hörten die Mädchen den Mann sagen, der Kalle genannt wurde, "hoffentlich sind wir bald fertig und können abhauen." Seine Kumpane lachten. Aber es klang nicht sehr überzeugend.

"Ich bin auch dafür, dass wir die Sache schnell beenden und machen, dass wir wegkommen", ließ sich Detlef vernehmen, "es ist wirklich nicht sehr angenehm hier."

Die drei Männer hatten die Säcke und Kassetten ausgegraben und begannen nun, sie zum Auto zu transportieren, das, wie die Mädchen erst jetzt bemerkten, nur einen Steinwurf weit entfert stand. Durch die schwarze Farbe war es von seiner Umgebung fast nicht zu unterscheiden. Dabei kamen die Männer ziemlich dicht an dem Busch vorbei, hinter dem die Mädchen kauerten. Sie waren so nahe, dass sie ihren Atem hören konnten. Wie erstarrt saßen sie da und wagten nicht, sich zu rühren. Die Männer wandten sich dem Auto zu und verluden die Gegenstände. Erleichtert atmeten die Mädchen auf.

"Was machen wir jetzt?", wisperte Lena, "wir müssen sie irgendwie aufhalten. Sie sind jeden Moment fertig und dann fahren sie weg."

Die Mädchen sahen sich ein wenig ratlos an. "Ich könnte mich hinschleichen und ihnen die Luft aus den Reifen lassen", schlug Sara leise vor.

"Die sehen dich dann aber", entgegnete Lena und machte ein besorgtes Gesicht.

"Das ist viel zu gefährlich", meinte auch Anne.

"Ihr könnt sie ja ablenken, damit sie mich nicht bemerken."

Anne und Lena schüttelten den Kopf. "Wir sind zwar zu viert, können es aber trotzdem nicht mit den drei aufnehmen", sagte Lena realistisch.

"Und wenn wir die Polizei anrufen und sagen, dass sie sofort kommen sollen? Es gibt nur diesen einen Weg zurück in die Stadt und die Polizei könnte sie abfangen", meinte Sara.

"Wenn wir jetzt telefonieren, dann hören sie uns", erwiderte Anne, "außerdem weiß ich nicht, ob wir hier im Wald überhaupt Empfang haben."

"Oh, das hab ich nicht bedacht." Sara dachte angestrengt nach.

"Moment", sagte Tina und bewegte sich ein wenig. Sie wollte ihr Gewicht etwas verlagern, da ihr ein Bein eingeschlafen war, rutschte aber auf dem Waldboden, der hier ziemlich abschüssig war, aus, blieb dabei an einer langen Wurzel hängen und stieß vor Schreck einen Schrei aus, als sie den Abhang hinunterkullerte. Dort blieb sie erst einmal einen Augenblick regungslos liegen und lauschte, was oben geschah. Hatten die Gangster sie gesehen oder bemerkt? Sie hoffte, dass es bereits zu dämmrig war, um sie sehen zu können. Die Männer fuhren herum, und noch ehe die Mädchen reagieren konnten, standen sie vor ihnen, hatten sie gepackt und hielten sie fest.

Tina war von dort, wo sie standen, nicht zu sehen. Sie kämpfte weiter unten noch immer mit der Wurzel, in der sich ihr Fuß total verheddert hatte, musste aber leise sein, damit die Männer sie nicht auch noch bemerkten und den Abhang herunterkamen. Dadurch kam sie nur sehr langsam voran. Sie fühlte einen stechenden Schmerz in ihrem linken Fuß. Um den konnte sie sich aber jetzt nicht kümmern. Außerdem hatte sie bei dem Sturz ihre Taschenlampe verloren.

Ganz vorsichtig, um kein Geräusch zu machen, tastete Tina ihre nähere Umgebung ab. Nichts. Wenn sie sie nun nicht mehr fand? Ein Anflug von Panik stieg in ihr hoch. 'Ganz ruhig, Tina', sagte sie sich, 'tief durchatmen'. Da stieß sie mit dem Knie an etwas Hartes: ihre Taschenlampe. Erleichtert nahm Tina sie wieder an sich. Sie wagte nicht sie anzuschalten, um zu prüfen, ob sie noch ging, denn das hätten die Gangster mit Sicherheit bemerkt und das wollte sie nicht riskieren.

Kapitel 18

"Wen haben wir denn da?", fragte Horst, der der Anführer zu sein schien. "Spioniert ihr uns nach?"

"Äh, nein, wir sind nur zufällig hier vorbeigekommen", versuchte Lena abzuwiegeln.

Aber Horst blaffte sie an: "Du willst mich wohl für dumm verkaufen? Ich weiß genau, dass ihr uns nachspioniert. Wir können aber keine Zeugen gebrauchen. Wer von euch hat geschrien und warum?" Durchdringend schaute Horst die Mädchen an. Sie mussten sich schnell etwas einfallen lassen.

"Das war ich", sagte Sara und hoffte, dass Anne und Lena nicht gleichzeitig etwas sagten, "da war eine große und eklige Spinne. Ist sie noch da?", fragte sie und tat so, als ob sie große Angst hätte, wobei sie sich hektisch umschaute. Sie musste verhindern, dass die Männer auf die Idee kamen, dass da noch jemand sein könnte.

Horst lachte verächtlich, schien ihr aber zu glauben.

"Was machen wir jetzt mit ihnen?", fragte Kalle.

Horst zog seine Pistole.

"Willst du sie etwa erschießen?", fragte Detlef entsetzt.

"Am liebsten würde ich das", antwortete Horst grimmig, "aber ich bin kein Mörder. Wir müssen aber dafür sorgen, dass sie uns nicht verraten können."

"Sie haben unsere Gesichter gesehen", gab Kalle zu bedenken.

"Hier im Wald ist es schon ziemlich dämmrig, da können sie uns nicht so genau erkennen. Und außerdem sind es nur Kinder. Einfach nur neugierige Kinder. Mit denen sind wir gleich fertig. Holt mal ein paar Stricke und Knebel aus dem Auto."

Kalle brachte das Gewünschte.

"So, jetzt werdet ihr versorgt, dass ihr uns nicht stören und in die Quere kommen könnt", sagte Horst zynisch und gab seinen beiden Kumpanen Anweisungen, was sie tun sollten.

Während Kalle und Detlef Sara und Lena, die ihnen am nächsten standen, fesselten und knebelten und dann jede an einen Baum banden, hielt Horst Anne mit der Waffe in Schach. Sara und Lena zappelten und versuchten, sich aus dem Griff zu befreien. Sara rammte Kalle, der sie festhielt, ihren Ellenbogen in den Magen. Beinahe hätte sie es geschafft, dass er sie losließ, aber im letzten Moment packte er noch fester zu und Sara stieß einen Schmerzenslaut aus.

Kalle lachte höhnisch. "Denkste", sagte er.

Auch Lena versuchte freizukommen und biss Detlef in die Hand, hatte gegen ihn aber keine Chance. Er verpasste ihr eine schallende Ohrfeige, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. "Wenn du das noch einmal machst, schlag ich dich grün und blau", knurrte er sie an.

Anscheinend hatte keiner Tina bemerkt, die noch immer unten auf dem Boden lag. Das musste auch unbedingt so bleiben, denn sie war ihre einzige Chance, auch wenn sie nicht wussten, wie sie ihnen helfen konnte - denn sie war allein und die Gangster zu dritt. Aber trotzdem. Daher machte Anne zwei Schritte zur Seite, sodass sich Horst ihr zuwenden musste und mit dem Rücken zum Abhang zu stehen kam, den Tina hinuntergerollt war. Detlef und Kalle, die noch damit beschäftigt waren Lena und Sara an einem Baum festzubinden, standen ebenfalls mit dem Rücken zum Abhang.

"Bleib gefälligst stehen, wo du bist, sonst drücke ich ab", fuhr Horst sie an und schwenkte die Waffe hin und her.

Anne hob erschrocken beide Hände. "Ist schon gut", sagte sie beschwichtigend, "bitte nicht schießen." 'Hoffentlich sieht er sich nicht um', dachte sie bei sich.

"Ihr haltet euch wohl für ganz schlau und meint, uns einen Strich durch die Rechnung machen zu können", versuchte Horst Anne zu provozieren. Aber diese schwieg. "Wieso seid ihr eigentlich hier und nicht zu Hause, wo ihr hingehört? Hat es dir die Sprache verschlagen?" Aber Anne sagte noch immer nichts.

Unten hatte sich Tina endlich freigestrampelt, richtete sich auf und krabbelte leise den Abhang hinauf. Sie musste aufpassen, dass sie nicht wieder abrutschte und erneut den Abhang hinunterpurzelte, da sie ihren linken Fuß nicht voll belasten konnte. Dann wäre sie mit Sicherheit bemerkt worden und weglaufen konnte sie mit ihrem verletzten Knöchel auf dem unebenen Waldboden nicht. Tina hatte alles gehört, was oben gesprochen wurde. 'Ich muss den anderen helfen, unbedingt', dachte sie bei sich und packte ihre Lampe fester, als wenn sie ihr Trost und Schutz bieten könnte. 'Aber wie? Egal, das sehe ich, wenn ich oben bin'. Sie schob sich noch ein Stück weiter hoch und kam fast direkt hinter Horst nach oben. Sie atmete einmal tief durch, um sich zu sammeln. Sie sah, wie sich Annes Augen weiteten als sie sie entdeckte, nahm auch wahr, dass Lena und Sara sie bemerkt hatten und ihr hoffnungsvoll und aufmunternd zunickten, umklammerte ihre Taschenlampe mit beiden Händen, hob sie in die Höhe und schlug mit aller Kraft zu.

Kapitel 19

Lutz Meister war sechzehn Jahre alt und besuchte die elfte Klasse des 'Luise-Scherer-Gymnasiums' in Laubheim. Es war die gleiche Schule, in die auch seine Schwester Anne ging. Nur war sie, genau wie ihre Freundinnen, in der siebten Klasse. Lutz war ein recht guter Schüler, nicht brillant aber auch nicht schlecht. Er kam mit den meisten Schülern und Lehrern zurecht. Da seine Eltern beide berufstätig waren - seine Mutter zwar nur halbtags, aber trotzdem wurde es oft später, da sie meistens noch einkaufen ging - fühlte er sich für Anne verantwortlich: dass sie ihre Hausaufgaben machte, für Arbeiten lernte, regelmäßig aß und auch ihre sonstigen Aufgaben erledigte. Er empfand das nicht als Belastung oder Zumutung, denn Anne war recht pflegeleicht. Natürlich gab es manchmal auch Streit, wenn ihr etwas nicht passte oder er sie ärgerte, aber das war meist schnell wieder in Ordnung. Er konnte sich über seine kleine Schwester nicht beschweren. Seine besten Freunde waren Olli und Bernd, eigentlich Oliver Dersch und Bernd Fenner, die ebenso alt waren wie er und in seine Klasse gingen. Sie kannten sich schon seit dem Kindergarten, als sie zusammen Indianer gespielt und die Erzieherinnen geärgert hatten. Die drei waren unzertrennlich und wurden meistens nur 'Das Trio' genannt. Sowohl Olli als auch Bernd hatten wenigstens einen jüngeren Bruder oder eine jüngere Schwester, und so war es für sie ganz selbstverständlich, dass Lutz sich um Anne kümmerte. Sie kannten Anne und ihre Freundinnen und umgekehrt genauso. Olli und Bernd hatten geholfen die Grillhütte etwas umzubauen und fanden es gut, dass die Mädchen einen solchen Rückzugsplatz gefunden hatten. "Hier würde ich mich auch wohlfühlen", hatte Olli gemeint. Wie er hatten sie ihnen versprochen, nichts von ihrem geheimen Treffpunkt zu verraten und hatten das auch eingehalten. Lutz hatte auch nichts anderes erwartet.

Lutz surfte im Internet, als er das Knarren des Bodens hörte - Anne verließ ihr Zimmer. Der Boden knarrte nur, wenn man sehr vorsichtig auftrat, um nicht gehört zu werden. Er hatte das schon mal ausprobiert. Daher schaute er nun durch einen Spalt seiner Zimmertür und sah seine Schwester, wie sie eine Taschenlampe einsteckte, sich noch einmal umsah und dann leise das Haus verließ. Er runzelte die Stirn. Was hatte das zu bedeuten? Warum schlich sich Anne aus dem Haus und nahm auch noch ihre Taschenlampe mit? Er konnte sich keinen Reim darauf machen. Es sah fast so aus, als hätte sie etwas zu verbergen. Das letzte Mal, als sie sich so verhalten hatte, hatten sie und ihre Freundinnen diese Autoschieberbande dingfest gemacht. Das war damals ein großes Ereignis gewesen. Da fiel es Lutz wie Schuppen von den Augen: Natürlich! Die Bankräuber! Dass er da nicht früher drauf gekommen war. Bestimmt hatten die Mädchen von dem Banküberfall gehört, ja, ganz sicher hatten sie das, und da sie ja alle miteinander Kriminalfälle interessant fanden, wollten sie jetzt sicher etwas auf eigene Faust unternehmen. Vielleicht wußten sie auch etwas oder meinten, etwas zu wissen. Oder täuschte er sich und alles war ganz harmlos? Wenn Anne nichts im Schilde führen würde, dann hätte sie ihm Bescheid gesagt, dass sie noch einmal wegging, so wie sie es immer tat, und würde sich nicht einfach aus dem Haus schleichen. Wahrscheinlich fürchtete sie, dass er ihr von der Sache abraten würde. Womit sie auch recht hatte. In jedem Fall wollte er sich das Ganze mal näher ansehen, denn das alles roch förmlich nach Gefahr. Lutz holte seine Jacke, schaltete noch schnell seinen Computer aus und verließ dann ebenfalls das Haus, um seiner Schwester zu folgen.

Anne ging schnell und ohne sich umzusehen die Straße entlang, bog dann in die Hauptstraße ein und blieb vor dem Kino stehen. Lutz stellte sich in einen Hauseingang und beobachtete sie. 'Fast wie im Film, wenn der Detektiv einen Verbrecher beschattete', ging es ihm durch den Kopf. Wollte Anne einen Film ansehen? Aber wozu brauchte sie dann die Taschenlampe? Während er noch überlegte, was er tun sollte, sah er Lena und Sara kommen, gleich darauf auch Tina. Aha, also alle vier. Sie unterhielten sich kurz und gingen dann zu dem schmalen Feldweg, der zum Waldrand führte. Lutz ging vorsichtig hinterher, bis die Mädchen den Weg erreicht hatten. Sie wollten in den Wald! In der Nacht! Ganz bestimmt nicht zur Grillhütte um eine Mitternachtsparty zu feiern, die hatten etwas anderes vor. Lutz war besorgt und aufgeregt zugleich und überlegte, was er tun konnte. Die Polizei anrufen? Lutz bezweifelte, dass die ihm glauben würden. Die würden ihn als Spinner abtun, der zuviel getrunken hatte. Aber vielleicht hatten die Mädchen die Kripo ja bereits informiert. Kannten sie nicht diesen jungen Kripobeamten? Wie hieß er noch mal? Lutz dachte angestrengt nach. Axel, genau - Axel Rademacher. Aber trotzdem, wie sollte er das erklären? Für einen Außenstehenden klang das alles ziemlich fantastisch. Und hatten  die beiden Kripobeamten sich beim letzten Fall nicht etwas unbeholfen angestellt? Nein, er wusste jetzt, was er machen würde. Lutz holte sein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer seines Freundes Bernd. Der meldete sich gleich.

"Du musst sofort kommen." Lutz erzählte kurz was er gesehen hatte und welche Befürchtungen er hegte. "Ruf Olli an und kommt dann sofort her, ich warte vor dem Kino auf euch. Aber beeilt euch bitte."

Kapitel 20

Bernd Fenner war, wie auch seine Freunde Olli und Lutz, sechzehn Jahre alt. Bernd war ein ruhiger und zurückhaltender junger Mann, der aber auch, bei Leuten die er gut kannte, ausgelassen und fröhlich sein konnte. Familie und Freundschaft waren für ihn sehr wichtig und er verstand sich gut mit seinen Eltern und seiner jüngeren Schwester Sandra. Mit seinen Freunden Olli und Lutz verband ihn eine langjährige Freundschaft. Bernd kannte die Eltern und Geschwister seiner Freunde, genau wie diese auch umgekehrt seine Eltern und seine Schwester kannten. Sie unterstützten und halfen sich gegenseitig und standen auch anderen bei, wenn diese in Not waren. Bernd gähnte und streckte sich, als sein Handy läutete. Er hob ab und hörte Lutz' aufgeregte Stimme am anderen Ende. Es war für ihn klar, dass er Lutz helfen würde, denn er kannte ihn gut genug und wusste, dass er nicht Alarm schlug, wenn es keinen Grund dafür gab. Wäre er umgekehrt in einer solchen Situation, würde ihm Lutz auch ohne zu zögern beistehen.

"Ganz ruhig, Mann", sagte er, "ich sag Olli Bescheid und bin schon unterwegs. Wir sind in fünf Minuten da." Er beendete das Gespräch, drückte die Kurzwahl für Ollis Nummer und erklärte diesem, als der sich meldete, mit wenigen Worten, worum es ging. Eilig verließ er das Haus, um sich an der Ecke mit Olli zu treffen.

Kapitel 22

Die Polizeiwache von Laubheim bestand aus einem alten, gut erhaltenen Bau, in dem das Revier und vier Schutzpolizisten untergebracht waren, die immer abwechselnd zu zweit Innen- oder Außendienst machten. Manchmal waren auch alle vier auf der Wache, wenn nichts Besonderes vorlag. Zwei Polizeiautos standen zur Verfügung. Da die nächstgrößere Kreisstadt fünfzig Kilometer entfernt war, hatte man vor ein paar Jahren kurz entschlossen auch noch ein Kommissariat hierher verlegt, da das in der Kreisstadt geschlossen, beziehungsweise umgestaltet werden sollte. Ein Anbau war hinzugefügt worden, sodass Schutzpolizei und Kripo nun in benachbarten Räumen untergebracht waren, die man durch eine Verbindungstür erreichen konnte. Das hiesige Kommissariat war nun mit einem Kriminalhauptkommissar und einem Kriminalhauptmeister besetzt. Schutzpolizei und Kripo arbeiteten Hand in Hand und verstanden sich gut, was von Vorteil war und eine schnelle Bearbeitung der Kriminalfälle zur Folge hatte. So war es vor ein paar Monaten möglich gewesen, relativ schnell die Autoschieberbande zu fassen, die hier ihren illegalen Geschäften nachgegangen war.

Kriminalhauptkommissar Norbert Gerber war eins achtundachtzig groß und von kräftiger Statur, 52 Jahre alt und seit vielen Jahren geschieden. Er lebte in einem kleinen Haus unweit vom Kommissariat, zusammen mit seiner Schwester Magdalena, die verwitwet war. Am Anfang seiner Laufbahn bei der Polizei hatte er vorwiegend in großen Städten wie Düsseldorf, Hannover oder Frankfurt gearbeitet. Nun aber, seit er älter war und immer öfter von Rheuma geplagt wurde, hatte er sich entschieden, ein ruhigeres Leben zu führen und sich in die Kleinstadt Laubheim, einem Städtchen im badischen Land, versetzen zu lassen, da er in der Nachbarschaft von Laubheim, in Burghausen aufgewachsen war. Er liebte diese Gegend mit ihren sanften Hügeln, den grünen Wiesen und dem Flüsschen, das sich in vielen Windungen durch das Tal schlängelte. Nach seiner Scheidung von Rebecca war sein Leben zunächst unstet gewesen, aber inzwischen hatte er sich an sein Single-Dasein gewöhnt, zumal seine Schwester seit drei Jahren verwitwet war und die Geschwister beschlossen hatten, sich zusammen ein Häuschen in der Nähe ihres Heimatortes zu suchen. Das Kommissariat, das in Laubheim eingerichtet worden war, war ihm gerade recht gekommen. Und so hatte er einen Antrag auf Versetzung dorthin gestellt, welcher nach langem Zögern von seinem Vorgesetzten, der ihn nicht gehen lassen wollte, dann endlich genehmigt worden war. Seit er vor drei Jahren hergekommen war, hatte er nun schon den zweiten größeren Fall zu bearbeiten. Vor ein paar Monaten den mit der Autoschieberbande und nun den Banküberfall. Dass 'Die Kichererbsen' den Löwenanteil zur Lösung des ersten Falles beigetragen hatten, passte ihm gar nicht. Nach außen war davon zwar nichts bekannt geworden, oder nur wenig, aber trotzdem nagte es an seinem Ego, dass ausgerechnet vier Mädchen ihm zu Hilfe gekommen waren. Was war das überhaupt für ein alberner Name? Er hatte mit seiner Schwester darüber gesprochen, in der Hoffnung, dass sie ihm zustimmen würde, aber sie war der Meinung gewesen, dass die vier Mädchen sehr clever waren und es doch nicht schlimm sei, wenn sie auf ihre amateurhafte Weise ihm ein wenig geholfen hatten. Sie kannte die Mädchen (Leni kannte immer alle Leute, das war früher schon so gewesen - wie sie das machte, war ihm ein Rätsel), deren Eltern und Geschwister und versicherte ihm, dass sie alle aus heilen und stabilen Elternhäusern stammten und in der Stadt gut angesehen waren. Diese vier hatten den Klub 'Die Kichererbsen' gegründet. Sie meinte: "Norbert, es ist doch besser, dass die Mädchen Straftaten aufklären wollen, statt welche zu begehen - wie so viele andere Jugendliche." Da musste er ihr allerdings recht geben, wenn auch nur widerwillig. So gesehen war das die bessere Lösung. Er hatte noch eingewendet: "Es sind doch nur Kinder - Mädchen", aber weiter war er nicht gekommen, denn seine Schwester hatte ihn empört angesehen und gesagt, dass er ganz veraltete Ansichten habe. "Dir wäre es wohl lieber, wenn sie mit Puppen spielen und zu Hause bleiben würden, kochen lernen, stricken und häkeln? Du bist wohl auch der Meinung, dass Mädchen das nicht können?" Leni hatte vor ihm gestanden, die Hände in die Seiten gestemmt und ihn verärgert angesehen. "Äh, nein, natürlich nicht, das siehst du ganz falsch", ruderte er rasch zurück, denn er wusste, mit einer Leni in diesem Gemütszustand war nicht zu spaßen. "Ich hab doch nur gemeint, dass Mädchen in diesem Alter doch andere Interessen haben als Kriminalfälle zu lösen. Äh ... Schminken zum Beispiel oder so". Er war sehr froh, dass ihm das noch rechtzeitig eingefallen war. Leni hatte sich wieder beruhigt und nur gemeint: "Du solltest wirklich einmal deine Ansichten überdenken, die sind schon sehr antiquiert." Er hatte protestieren wollen, aber es war ihm nichts Passendes eingefallen. 'Vielleicht hat sie ja recht', schoss es ihm durch den Kopf, aber er schob den Gedanken schnell wieder zur Seite. Dann hatte Leni ihre Arbeit weiter gemacht, als wenn nichts geschehen wäre. Er hatte erleichtert aufgeatmet, denn er wollte keinen Streit. Ein anderer Fall, über den er nachdachte, war sein Assistent und Kollege Axel Rademacher, der vor Kurzem zum Kriminalhauptmeister aufgestiegen war. Er hatte sich für ihn gefreut, denn er mochte den Jungen, nur kam er nicht immer mit dessen lockeren und manchmal auch etwas unbekümmerten Art klar. Axel konnte klar denken, war nicht dumm, hatte aber manchmal diese saloppe und auch etwas gönnerhafte Art, die die jungen Leute (für Kommissar Gerber waren alle 'junge Leute', die mehr als zehn Jahre jünger waren als er) oftmals den Älteren gegenüber an den Tag legten, ohne damit jedoch etwas Böses zu beabsichtigen. Was ihn jedoch am meisten an Axel Rademacher störte, war dessen Unordnung, die auch vor seinem Schreibtisch nicht haltmachte. Der Junge war ständig dabei etwas zu suchen oder vergaß etwas, nur Kleinigkeiten zwar, aber die waren auch wichtig, wie zum Beispiel das Betranken des Dienstautos. Irgendwann würden sie dadurch mal zu spät kommen. Er hatte Axel deswegen schon öfter zusammengestaucht und ihm nahe gelegt, gerade in solchen Dingen verlässlicher zu sein und dieser hatte versprochen, in Zukunft etwas sorgfältiger zu sein. Nun, er würde ja sehen ob der Junge das einhielt. Er hoffte es sehr.

Kommissar Gerber warf den Bericht, den er fertig geschrieben hatte, in den Ablagekorb und sah auf die Uhr. Schon fast halb sieben. Er hatte wieder einmal Überstunden gemacht. Er stand auf und streckte sich. Vom langen Sitzen tat ihm der Rücken weh. 'Vielleicht sollte ich etwas Sport treiben', dachte er bei sich. Als sein junger Kollege sein Büro betrat, fiel ihm wieder ein, dass sie ja in den Wald gehen und und nach der Beute suchen wollten.

"Sind Sie fertig, Rademacher?", fragte er.

"Schon lange, Chef, ich hab nur auf Sie gewartet."

"Na, dann mal los, holen Sie zwei Taschenlampen und bringen Sie die Autoschlüssel mit." Er griff nach seiner Jacke und wollte zur Tür hinaus.

"Die Schlüssel müssen Sie haben, Chef."

"Ich? Nein, ich bin heute noch gar nicht mit dem Auto gefahren. Aber Sie waren doch vorhin noch unterwegs damit."

"Ich kann sie nirgends finden."

"Wie bitte? Sie machen wohl Witze, Rademacher. Wollen Sie mir allen Ernstes erzählen, dass Sie die Wagenschlüssel nicht finden? Wo haben Sie sie denn hingelegt?"

"Dorthin, Chef", sagte Axel und zeigte auf seinen Schreibtisch, der voll mit Papieren lag und außerdem noch übersät mit Papptellern war, auf denen noch Essensreste lagen.

"Das sieht ja aus wie eine Müllkippe aber nicht wie ein Schreibtisch! Können Sie keine Ordnung halten? In dem Saustall kann man ja nichts finden." Erbost schaute der Kommissar auf den Schreibtisch und schüttelte den Kopf. Es war nicht zu fassen.

Axel nahm einen Stapel Papier hoch, als etwas scheppernd zu Boden fiel: Die Autoschlüssel. "Da sind sie ja." Hocherfreut nahm Axel sie auf und wedelte damit vor Kommissar Gerbers Nase herum. "Keine Panik, Chef, es ist alles im grünen Bereich. Ich habe alles im Griff."

Der Kommissar wollte etwas erwidern, besann sich dann aber anders und sagte nur: "Na dann los."

Die beiden Männer verließen das Büro und stiegen in den Dienstwagen, der vor der Tür stand. Kommissar Gerber ließ den Motor an und wollte losfahren, als er am Armaturenbrett das rote Licht bemerkte, das einen Benzinkanister zeigte. Das Benzin stand auf Reserve. "Haben Sie vorhin nicht getankt, Rademacher?", fragte der Kommissar und sah seinen jungen Kollegen forschend an.

Axel fuhr zusammen. Das hatte er komplett vergessen. "Äh, nein Chef, ich wollte das noch machen, aber dann kam wieder etwas dazwischen." Der Kommissar schnaubte laut, murmelte: "Die Jugend von heute", und fuhr dann zur nächsten Tankstelle, um vollzutanken.

Wertvolle Minuten verstrichen.

Endlich war der Tank voll. Der Kommissar bezahlte und stieg wieder in den Wagen. "Jetzt aber fix", sagte er und fuhr los, "es ist fast sieben - sonst gehen uns die Gangster noch durch die Lappen."

"Sie hätten da eben links abbiegen müssen, Chef", sagte Axel kurze Zeit später und zeigte auf den Weg, der zum Waldrand führte.

"Quatsch", sagte Gerber, "es ist dieser Weg hier."

"Nein Chef, glauben Sie mir, dies ist der Weg, der zur Scheune von Bauer Wilhelm führt. Dort endet er."

Kurz darauf standen sie vor der Scheune und kamen nicht weiter. Fluchend wendete der Kommissar das Auto und fuhr den Weg zurück, den sie gekommen waren.

"Hier müssen Sie abbiegen, Chef", sagte Axel, als sie zu dem richtigen Weg kamen.

"Das weiss ich selbst", knurrte der Kommissar. Er bog in den Weg ein, der zum Waldrand führte.

Kurz bevor sie den Waldrand erreichten, schaltete der Kommissar den Motor und die Lichter aus und stellte den Wagen an der Seite ab. "Den Rest gehen wir zu Fuß sonst hören uns die Gangster vielleicht noch und verschwinden", erklärte er und stieg aus.

Kaum waren sie ein paar Schritte gegangen, hörten sie lautes Rufen und Schreien. Es waren die hellen Stimmen von Mädchen und die tieferen von Männern. "Da ist etwas passiert, kommen Sie, Beeilung Rademacher", sagte der Kommissar.

Er zog seine Pistole, entsicherte sie und ging schnell auf die Stimmen zu. Axel folgte ihm auf dem Fuß. Als sie um eine Ecke bogen, bot sich ihnen ein grotesker Anblick. Drei Männer standen da, einer hielt mit einer Pistole eines der Mädchen in Schach während die anderen beiden zwei der Mädchen, die bereits gefesselt und geknebelt waren, an einen Baum banden.

Axel runzelte die Stirn. "Die sind doch zu viert", meinte er, "da fehlt eine. Ja, genau, Tina fehlt. Wo mag sie wohl sein?"

Da erschien plötzlich das vierte Mädchen hinter dem Kerl mit der Pistole, hielt einen winzigen Moment inne und schlug ihm dann etwas über den Kopf. Der Gangster sank zu Boden.

"Gut gemacht", flüsterte Axel vor sich hin. Auch der Kommissar murmelte etwas, das wie 'sehr gut' klang.

Kapitel 23

Kalle und Detlef hatten Lena und Sara bereits gefesselt und geknebelt an einen Baum gebunden und kamen nun auf Anne zu, um mit ihr dasselbe zu machen.

"So, nun bist du dran und kannst gleich deinen Freundinnen Gesellschaft leisten", grinste Kalle, der etwas vor Detlef ging.

In diesem Moment traf Horst von hinten ein Schlag, der ihn betäubt zu Boden sinken ließ. Anne nutzte die Gelegenheit, um Kalle, der sie bereits gepackt hatte, kräftig ans Schienbein zu treten, sodass dieser vor Schmerz aufheulte und sie losließ, während Tina nun Detlef attackierte. Anne kam hinzu, um ihrer Freundin zu helfen, aber Detlef war kräftig und warf die beiden zu Boden.

"Das habt ihr euch so gedacht", rief er, "aber mit mir nicht."

Er wollte sich auf sie werfen, doch geistesgegenwärtig rollte sich Tina zur Seite und Detlef fiel mit dem Gesicht nach unten auf den Waldboden. Anne sprang ihm auf den Rücken und klammerte sich an ihm fest. Detlef rappelte sich mühsam auf und versuchte, Anne von seinem Rücken zu schütteln. Doch die hielt sich eisern fest, zog ihn an den Haaren und schlug ihm mit der Faust gegen die Ohren. Inzwischen hatte Kalle seinen Schmerz überwunden und kam Detlef zu Hilfe. Tina boxte ihm in die Seite, um ihn aufzuhalten. Auf keinen Fall durfte er zu Detlef gelangen und Anne von dessen Rücken ziehen, denn dann hätten sie verloren. Lena und Sara konnten ihnen nicht helfen und so waren Tina und Anne auf sich allein gestellt, doch die Chancen waren sehr ungleich verteilt. Kalle gab Tina einen Stoß, der sie nach hinten taumeln ließ, da sie ihren schmerzenden linken Fuß nicht voll belasten konnte. Tina fiel der Länge nach hin. Sie sah sich verzweifelt nach einem Stock oder Ast um, den sie als Waffe benutzen konnte, doch auf die Schnelle war nichts zu finden. Ihre Taschenlampe war zerbrochen, als sie diese mit aller Kraft Horst über den Schädel gehauen hatte, und daher nicht mehr zu gebrauchen. Und an die eine Schaufel, die noch herumlag, kam sie nicht ran - die lag zu nahe beim Auto und Tina hätte auf ihrem Weg dorthin an Kalle vorbei gemusst, der sie dann natürlich geschnappt hätte. Tinas Mut sank. Was sollten sie nur tun? Mühsam rappelte sie sich auf. Sie stieß ein lautes 'Hilfe' aus und Anne stimmte mit ein, obwohl beide wussten, dass keiner sie hören konnte. Aber vielleicht ließen sich die Gangster dadurch abschrecken. Einen Versuch war es wert. Um ihre Handys aus der Tasche zu nehmen und jemanden anzurufen hatten sie keine Zeit, denn dann würden die Gangster sie überwältigen. Gerade, als Kalle sich mit Triumphgeheul auf Tina stürzen wollte und es Detlef endlich gelungen war, Anne von seinem Rücken zu schütteln, erschienen wie aus dem Nichts drei Gestalten und warfen sich auf Kalle und Detlef. Die beiden waren von diesem Angriff und dem Auftauchen weiterer Personen so überrascht, dass sie sich nicht gleich wehrten. Nach einer kurzen Rangelei waren sie in den Schwitzkasten genommen. Horst war wieder zu sich gekommen, schaute sich erstaunt um und rappelte sich noch etwas benommen auf, als er gepackt und gegen das Auto gepresst wurde.

Kapitel 24

"Hört zu", sagte Lutz, "wir greifen sofort ein, sonst sind die Mädchen verloren. Es steht bereits auf der Kippe. Wir müssen die Strecke bis zu ihnen so schnell wie möglich zurücklegen und ohne, dass wir zu früh bemerkt werden. Jede Sekunde zählt! Olli, du nimmst den Kräftigen in der Mitte. Bernd, du den, der Tina attackiert. Ich kümmere mich um den Kerl mit der Pistole. Alles klar?"

"Alles klar!"

Die drei sprinteten zu den Männern hinüber. Der Überraschungsmoment war gelungen. Olli packte Detlef am Kragen, sagte zu ihm: "Überraschung" und nahm ihn in den Schwitzkasten, Bernd machte dasselbe mit Kalle. Lutz schnappte sich Horst und presste ihn gegen das Auto.

 

Kapitel 25

Kommissar Gerber und Axel waren noch zu weit entfernt, um eingreifen zu können. Aus dieser Entfernung zu schießen war viel zu gefährlich, denn dann hätten sie die Mädchen treffen können - außerdem wollten sie vermeiden, dass die Gangster die Mädchen als Geiseln nahmen. Besser war es, die Männer zu überrumpeln.

Plötzlich sahen sie, wie sich etwas aus den Bäumen löste und auf die Gruppe zustürzte. Im ersten Moment konnten sie nicht erkennen wer oder was es war, aber dann erkannten sie, dass es sich um drei junge Männer handelte, die sich ins Getümmel stürzten und nach einem kurzen Gerangel die drei Gangster überwältigten. Kommissar Gerber und Axel atmeten erleichtert auf.

"Ich hoffe sehr, sie haben Ihre Handschellen dabei", sagte der Kommissar. "Wir müssen uns beeilen, sonst läuft da noch etwas aus dem Ruder. Schließlich sind die Kerle bewaffnet. Kommen Sie." Und mit einer Geschwindigkeit, die Axel ihm nicht zugetraut hätte, sauste der Kommissar hinüber zu der Gruppe, um die Verbrecher festnehmen zu können. Axel hatte Mühe hinterher zu kommen, und das, obwohl er ziemlich durchtrainiert war.

Kapitel 26

Schwer atmend und ziemlich lädiert sahen Anne und Tina erstaunt aber auch sehr erleichtert mit an, was da gerade geschah. Annes Haare waren zerzaust, auf den Wangen hatte sie ein paar Kratzer und ihr Sweatshirt war verdreckt. Tina sah auch nicht viel besser aus, ihre Jeans waren über dem Knie zerrissen, sie hatte einige blaue Flecken und ihr Knöchel war geschwollen. Sie hielt die Überreste ihrer Taschenlampe in Händen. Betrübt schaute sie auf die Lampe, die nicht mehr zu reparieren war. Anne hatte inzwischen in den drei Gestalten, die ihnen zu Hilfe gekommen waren, ihren Bruder Lutz und seine Freunde Olli und Bernd erkannt.

"Was macht ihr denn hier?", fragte sie erstaunt.

"Dasselbe könnte ich dich fragen", antwortete Lutz und drehte Horst die Arme auf den Rücken.

"Lass mich los, du Mistkerl", zischte Horst Lutz an und versuchte, sich dem Griff zu entwinden, doch Lutz presste ihn nur noch fester gegen das Auto. Horst zappelte herum aber es gelang ihm nicht, zu entkommen.

Auch Kalle und Detlef versuchten sich zu befreien und lieferten sich mit Bernd und Olli eine Rangelei. Aber die beiden konnten es mit den Gangstern aufnehmen und hielten sie eisern fest.

"So, Freundchen", fauchte Lutz Horst an, "nun erzähl mal, warum du meine Schwester und ihre Freundinnen mit der Waffe bedroht hast." Er schaute ihn dabei so böse an, dass sich Horst unwillkürlich ein wenig duckte.

"Das würde mich auch sehr interessieren", erklang eine Stimme hinter ihnen. Kommissar Gerber und Axel kamen im Laufschritt auf sie zu und hielten ihre Pistolen in der Hand. "Gerber, Kriminalpolizei. Das ist mein Kollege Rademacher", sagte der Kommissar und hielt Horst seinen Ausweis vor die Nase. "Sie sind vorläufig festgenommen."

"Aber Herr Kommissar", versuchte sich Horst herauszureden, "wir sind völlig unschuldig. Meine Freunde und ich sind ein wenig hier im Wald spazieren gegangen, als wir plötzlich von diesen Gören", er deutete auf die Mädchen, "überfallen wurden. Sie wollten uns ausrauben. Dann kamen noch diese Rüpel dazu." Er zeigte auf Lutz und seine Freunde. Seine Kumpane nickten.

"Wollen Sie uns veralbern?", fragte Axel erbost. "Wir haben genau gesehen, wie Sie die Mädchen bedroht haben, und wir haben auch gesehen, wie dann die drei Jungs hier sie überwältigt haben."

"Gehen Sie immer bewaffnet spazieren", fragte der Kommissar. "Und die Säcke und Kassetten haben Sie wohl zufällig hier gefunden, wie?", fügte er noch sarkastisch hinzu und blickte Horst finster an.

Horst wollte etwas erwidern aber da klickten die Handschellen.

"Was Sie sonst noch sagen wollen, können Sie dann dem Staatsanwalt erzählen", brummte Axel.

"Was war nun genau hier los?" Kommissar Gerber sah erst die Mädchen und dann Lutz und seine Freunde an.

"Wir wollten die Gangster schnappen", sagte Anne und sah herausfordernd den Kommissar an.

"Ich habe euch doch gesagt, dass ihr das uns überlassen sollt", warf Axel ein.

"Ja, aber wir sind keine kleinen Kinder und lassen uns auch nicht als solche behandeln", fügte Sara hinzu und funkelte ihn an. Ein großer blauer Fleck zierte ihre Wange. Bernd und Olli hatten die Mädchen inzwischen wieder losgebunden.

"Und da haben wir beschlossen, uns heute Abend zu treffen und hierher zu gehen, um die Gangster am Abtransport der Beute zu hindern", erklärte Lena, deren Unterlippe blutete. Detlef hatte ziemlich kräftig zugeschlagen.

"Als ob diese Kinder uns an irgendetwas hindern könnten", mischte sich Horst ein und blickte verächtlich die Mädchen an.

"Sie halten den Mund und reden nur, wenn Sie gefragt werden", herrschte der Kommissar Horst an. "So, und nun erzählt mal." Kommissar Gerber wandte sich wieder der Gruppe zu.

"Ich habe gehört, wie Anne aus dem Haus ging und gesehen, dass sie ihre Taschenlampe eingesteckt hat", erzählte Lutz, "und da bin ich neugierig geworden und ihr hinterher gegangen. Und als ich gesehen habe, dass sie sich mit ihren Freundinnen trifft und sie in den Wald gehen, habe ich Olli und Bernd angerufen, dass sie sofort kommen. Wir sind dann auch in den Wald und kamen gerade noch rechtzeitig, um bei dem Handgemenge eingreifen zu können. Es war aber sehr knapp. Eine halbe Minute später und die Sache wäre anders ausgegangen. Warum sind Sie eigentlich nicht früher gekommen, Herr Kommissar?", fragte Lutz.

"Äh, na ja, also Rademacher konnte die Autoschlüssel nicht finden und dann musste er auch noch tanken", sagte der Kommissar und warf Axel einen vorwursvollen Blick zu.

"Und der Herr Kommissar hat sich dann noch verfahren", erwiderte Axel und lächelte süffisant.

Lutz und seine Freunde sahen sich an und schüttelten den Kopf. Soviel Dämlichkeit auf einmal konnte es doch gar nicht geben. "Aber jetzt sind wir ja da und haben die Burschen erwischt. Das ist die Hauptsache. Rufen Sie Lindemann und Berger an, die sind auf der Wache, dass sie die Burschen hier abholen können, Rademacher, aber sie sollen die Sirene auslassen."

Der Kommissar und sein Assistent brachten die drei Gangster zum Wagen und warteten dort auf ihre Kollegen von der Schutzpolizei.

"Ich fahre mit zur Wache und informiere den Staatsanwalt. Sie bringen den Wagen der Gangster zum Revier."

"Und die Mädchen?", fragte Axel.

"Wir nehmen sie mit zur Wache", sagte der Kommissar, "und werden eure Eltern informieren, dass sie euch von dort abholen können", erklärte er, an die Mädchen gewandt.

"Dann komme ich auch mit", sagte Lutz sofort und auch Olli und Bernd wollten mit.

"Unsere Eltern sind im Theater und nicht zu Hause, sie können uns noch nicht abholen", sagte Anne.

"Meine Mutter kommt erst um elf von einer Vernissage zurück und mein Vater ist in der Firma und macht die Steuererklärung", meldete sich nun auch Sara.

"Kann denn meine Mutter nicht Anne, Sara und Lutz mitnehmen und Sie versuchen, Annes Eltern und Saras Vater anzurufen und ihn zu informieren?", schlug Tina vor.

"Wir reden darüber noch auf der Wache", antwortete der Kommissar. "Sie fahren das Auto der Gangster zum Revier, Rademacher. Die Beute laden wir aber erst noch in mein Auto, sonst kommt sie ihnen unterwegs noch abhanden."

Die beiden luden die Kassetten und Säcke um. Inzwischen waren die Kollegen von der Schutzpolizei eingetroffen, verfrachteten die Gangster ins Auto und gemeinsam fuhren alle zum Revier.

Kapitel 29

Axel Rademacher saß in seiner Wohnung und hörte Musik. Er brauchte das, um abschalten zu können, bevor er ins Bett ging, sonst konnte er die ganze Nacht nicht schlafen. Er dachte noch einmal über den Tag nach: Es war ihm und seinem Chef gelungen, die Bankräuber zu fassen, mit Hilfe der 'Kichererbsen' natürlich, was, wie er nur zu gut wusste, seinem Chef überhaupt nicht passte. Obwohl, dachte er ... als Thomas gefragt hatte was er denn für ihn habe, da hatte der Kommissar ohne Zögern geantwortet, dass die Mädchen die Gangster am Abtransport der Beute gehindert hatten. Kommissar Gerber hatte das ganz ohne Groll vorgebracht. Vielleicht freundete sich der Kommissar doch noch mit dem Gedanken an, dass die Mädchen ihm geholfen hatten. Axel mochte die vier, ihre frische und natürliche Art und wie sie miteinander und mit anderen umgingen. Axel musste lächeln, wenn er an die vier dachte. Jede von ihnen hatte ihren ganz eigenen Charakter. Tina, zum Beispiel, war meistens am Essen oder hatte Hunger. Es war wirklich ein Wunder, dass sie nicht schon kugelrund war. Wenn es darauf ankam, konnte man sich allerdings auf sie verlassen, das hatte er gerade heute im Wald gesehen. Es war mehr als mutig gewesen Horst außer Gefecht zu setzen und ganz ungefährlich war es auch nicht. Oder Anne, die konnte wirklich über alles lachen, das wusste er noch vom letzten Mal, und steckte damit dann auch alle anderen an. Auch sie hatte sich sehr mutig verhalten - einem der Gangster einfach auf den Rücken zu springen und sich festzuklammern, das nötigte ihm Respekt ab. Auch Sara versetzte ihn immer wieder in Erstaunen. Sie wußte sehr viel, weit mehr als mancher Erwachsene und konnte das auch entsprechend vorbringen und sich gut ausdrücken. Lena war diejenige von den vieren, die die besten Nerven hatte, erstmal alles ruhig und sachlich überlegte und praktisch veranlagt war. Den Namen 'Kichererbsen' für ihren Klub fand er originell. Den konnte man sich wenigstens merken. Seinen Chef, den Kommissar, konnte er im Prinzip gut leiden, nur seine oft kauzige Art und den manchmal etwas kasernenhaften Ton hatte er noch nicht so ganz verinnerlicht. Aber er wusste, dass Kommissar Gerber es nicht immer so meinte, wie es klang. Er hatte ihn auch schon sehr nett und freundlich erlebt. Axel war bewusst, dass er die junge Generation verkörperte, die mit den modernen Einrichtungen und den Neuheiten der Technik bestens umgehen konnten, während die älteren Herrschaften, zu denen auch Norbert Gerber zählte, sich schwer taten diese Dinge zu benutzen. Er wusste, dass sein Chef mit dem Computer nicht so vertraut war. Er konnte ihn zwar bedienen und auch die Berichte darauf schreiben, aber so ganz geheuer war er ihm nicht. Ähnlich verhielt es sich auch mit dem Handy oder der EC-Karte - Kommissar Gerber war noch vom alten Schlag, der einen Einkauf oder eine sonstige Anschaffung lieber bar bezahlte, als seine Karte zu benutzen. Aber damit konnte er leben. 'Wer weiß', dachte Axel, 'vielleicht bin ich ja später mal genauso, was die Neuerungen der künftigen Zeit betrifft'. Was ihm weit mehr zu schaffen machte, war, dass er keine Ordnung halten konnte. Er versuchte es zwar immer wieder, aber es gelang ihm nicht. Zugegeben, er hatte meistens auch keine Lust dazu. Seine Wohnung sah halbwegs ordentlich aus, aber seinen Schreibtisch hatte er nicht wirklich im Griff. Irgendwie sammelte sich dort immer irgendwelches Zeug an, das nicht dorthin gehörte. Wenn sie die Schlüssel gleich gehabt hätten und er nicht vergessen hätte zu tanken, dann wären sie früher im Wald gewesen und hätten vorher eingreifen können. Einen Moment war er etwas schuldbewusst, dann schob er den Gedanken aber schnell zur Seite, sie waren ja noch rechtzeitig da gewesen - Axel war ein Meister der Verdrängung. Vielleicht gab es ja einen Kurs, in dem man lernen konnte, wie man am besten Ordnung hielt. Da musste er sich etwas einfallen lassen. 'Aber heute nicht mehr', dachte er, schaltete die Musik aus und ging ins Bett, denn er war todmüde. Er schlief sofort ein.

Kapitel 30

Magdalena Lindner saß mit einer dampfenden Tasse Kaffee vor sich am Küchentisch und las die Tageszeitung. Besonders interessierten sie dabei die Rubriken 'Lokales' und 'Vermischtes', die Ereignisse und Veranstaltungen aus dem Ort und der Umgebung brachten. Das Radio sendete das Wunschkonzert der Volksmusik (gerade sangen die Wildecker Herzbuben ihr 'Herzilein') und auf dem Herd köchelte das Essen. Sie war eine mittelgroße, leicht mollige Frau, deren hellbraunes Haar schon mit einigen grauen Strähnen durchzogen war. Sie hatte graublaue Augen, die alles sahen, und ein freundliches Gesicht. Magdalena, die von ihren Freunden und allen, die sie kannten, nur 'Leni' genannt wurde, war seit drei Jahren verwitwet. Gerhard, ihr Mann, war nach einer kurzen Leidenszeit an Lungenkrebs gestorben, obwohl er niemals geraucht hatte. Sie waren fünfundzwanzig Jahre verheiratet gewesen und hatten gerade ihre Silberhochzeit gefeiert. Nach dem Tod ihre Mannes erschien ihr das Haus, in dem sie bisher gewohnt und das sie mit ihm zusammen gebaut hatte, zu groß und zu einsam, und so hatte sie es kurzerhand ihren Kindern Markus und Isabel überschrieben und sich entschlossen, zusammen mit ihrem Bruder ein kleines Haus in Laubheim zu beziehen. Die Geschwister waren im Nachbarort, in Burghausen, aufgewachsen und die Gegend war ihre Heimat. Norbert war Kriminalhauptkommissar geworden und hatte sich dann nach Laubheim versetzen lassen, um etwas kürzerzutreten. Norbert, oder 'Nobbi', wie ihn viele auch nannten und was er gar nicht so gern hörte, war seit vielen Jahren geschieden. Sie hatte seine Frau Rebecca nie besonders gemocht, hielt sie für berechnend und kalt. Diese war inzwischen wieder verheiratet, mit einem Großgrundbesitzer, und lebte nun auf dessen Hazienda irgendwo in Argentinien. Es war bezeichnend für Leni, dass sie das wusste, obwohl sie schon seit Langem keinen Kontakt mehr zu Rebecca hatte. In den drei Jahren, in denen sie nun schon hier lebten, hatte sie sehr schnell die meisten Leute kennengelernt, denn Leni war eine kontaktfreudige, liebenswerte und hilfsbereite Frau. Sie war lebhaft an ihrer Umwelt und den anderen Menschen interessiert. Anders ihr Bruder, der nur schwer neue Kontakte knüpfte und ein wenig kauzig wirkte. Aber Leni wusste, diese Kauzigkeit war nur ein Schutzschild von Norbert, um niemanden näher an sich heranlassen zu müssen. Das war schon früher so gewesen. Sie hatte auch Axel Rademacher kennengelernt, den sympathischen jungen Mann, der, nach Aussagen ihres Bruders, zwar ein wenig unordentlich war, aber trotzdem gewissenhaft seine Polizeiarbeit erledigte.

Als das mit der Autoschieberbande war, hatte Norbert wegen der vier Mädchen furchtbar rumgepoltert. Leni lächelte vor sich hin - Norbert polterte gern mal los, meinte es aber in den seltensten Fällen so, wie es klang. Oft tat ihm sein Lospoltern später auch wieder leid. Nun war es mit den Bankräubern also genau das gleiche. Sie hatte ihrem Bruder geraten, etwas freundlicher zu den Mädchen und den drei Jungs zu sein, denn auch in diesem Fall hatten sie ihm wieder in entscheidendem Maße geholfen. Norbert hatte protestiert und gemeint, dass er immer freundlich zu den Menschen sei. Aber sie hatte ihm klargemacht, dass seine Art oft sehr kurz angebunden war, auch wenn er selbst es nicht so empfand. Scherzhaft hatte sie gemeint, er solle die Mädchen doch zu 'Hilfssheriffs' oder 'Hilfskommissarinnen' ernennen, was ein empörtes Schnauben von ihrem Bruder zur Folge hatte. Sie hatte ihm auch vorgeschlagen, sie doch alle in das neue 'American-Diner-Restaurant' einzuladen, das vor ein paar Tagen eröffnet hatte, zum Dank und zur Anerkennung für ihre Hilfe. Norbert hatte erst das Gesicht verzogen und vor sich hin gebrummt, denn er hielt von 'Schnellimbissen', wie er alles, wo es keine Knödel gab, nannte, gar nichts, tat moderne Gastronomie als neumodischen Schnickschnack ab, den keiner brauchte. Aber als sie ihm sagte, dass sie ihn doch für so weltoffen und flexibel halte, dass er dem Laden eine Chance geben würde, zumal so ein Lokal bei den jungen Leuten sehr angesagt sei und er dadurch bei diesen im Ansehen steigen würde, hatte er schnell eingelenkt und darüber nachgedacht. Leni lächelte erneut. Sie wusste genau, wie sie ihren Bruder anfassen musste. 'Kaum zu glauben, dass er zwei Jahre älter ist als ich, manchmal könnte man wirklich meinen, er sei der kleine Bruder', dachte Leni. 'Seine diplomatischen Fähigkeiten sind noch nie die besten gewesen.'

Sie sah auf die Uhr. Schon kurz nach eins. Gleich würde Norbert zum Essen kommen, da war es an der Zeit, den Tisch zu decken. Sie erhob sich und faltete die Zeitung zusammen, stellte die Tasse in die Spüle und schaltete das Radio ab, denn Norbert hasste Volksmusik. Er nannte es immer 'ein mieses Gejaule.' Leni dachte bei sich: 'diese Marschmusik, die er am liebsten hört, ist auch nicht besser.' Sie deckte den Tisch und nahm das Essen vom Herd. Kurz darauf hörte sie die Tür klappen und wenig später betrat ihr Bruder die Küche.

Kapitel 31

Pünktlich um elf am nächsten Morgen, fanden sich die Mädchen, Lutz und seine Freunde vor dem Kommissariat ein. Da der Kommissar am Vorabend noch mit allen Eltern sprechen konnte, auch mit Annes Vater - dieser hatte ihn, wie versprochen, sofort angerufen, als sie zu Hause waren - hatten sie vereinbart, dass die Kinder am nächsten Morgen ohne die Eltern zum Revier kommen sollten, um das Protokoll abzuholen und zum Unterschreiben durch die Eltern mit nach Hause zu nehmen.

"Was haben denn eure Eltern gesagt? Habt ihr Ärger bekommen?", wollte Sara wissen. "Als ich nach Hause kam, waren meine Mutter und Onkel Ulrich da", fuhr sie fort, "und wollten natürlich genau wissen, was los war. Natürlich haben sie gesagt, dass wir in Zukunft der Polizei diese Arbeit überlassen sollen." Sie rollte mit den Augen.

"Meine Eltern haben das recht locker aufgenommen", meinte Lena. "Mein Vater wollte wissen, ob das mein neues Hobby sei. Natürlich haben sie auch gemeint, dass das viel zu gefährlich war. Laura war aber ganz beeindruckt. Lukas wollte alles ganz genau wissen, ob wir mit dem Polzeiauto mit Blaulicht und Sirene gefahren sind und so." Lena lachte. "Er war völlig von den Socken."

"Meine Eltern kamen kurz nach uns nach Hause", berichtete Anne. "Die haben sich furchtbar erschrocken, als der Anruf von Kommissar Gerber kam. Sie waren so froh, dass nichts passiert ist, dass sie glatt vergessen haben, mir eine Strafpredigt zu halten."

"Bei mir war es so ähnlich wie bei Lena", erzählte Tina. "Alle haben sich für die Einzelheiten interessiert. Timo hat mir seine letzten beiden Muffins gegeben - die waren sehr lecker."

Die anderen lachten. "Na dann ist ja alles okay."

Gemeinsam gingen sie hinein.

Kommissar Gerber saß an seinem Schreibtisch und las sich gerade das Protokoll durch, als die sieben Kinder eintraten.

"Guten Morgen, Herr Kommissar", grüßten sie, "hier sind wir."

"Guten Morgen, dann setzt euch erst mal", antwortete der Kommissar und deutete auf die Stühle vor seinem Schreibtisch. Dort standen allerdings nur zwei Stück. "Oh", sagte er, "das haben wir gleich." Er stand auf. "Rademacher", rief er und öffnete die Tür, "bringen Sie mal noch ein paar Stühle."

"Was ist denn los, Norbert, alles okay?" Einer der Schutzpolizisten, Philipp Lindemann, steckte den Kopf durch die Tür und sah Kommissar Gerber erstaunt an. "Was brüllst du denn so herum?"

"Wo steckt der Junge schon wieder?"

"Hier bin ich, Chef", sagte Axel, der gerade durch die Tür kam und ein belegtes Brötchen aß, "ist was passiert?"

"Holen Sie mal noch ein paar Stühle, damit sich die Kinder setzen können."

"Wir sind keine Kinder!" Entrüstet blickten die Mädchen den Kommissar an.

"Und wir sowieso nicht." Auch Lutz und seine Freunde protestierten.

Einen Moment lang starrte Kommissar Gerber die jungen Leute, die vor seinem Schreibtisch standen, verblüfft an, dann lächelte er und sagte: "Ja, natürlich, Entschuldigung ... damit die jungen Damen und Herren sich setzen können."

"Sofort, Chef." Axel verschwand durch die Tür und kam kurz darauf mit einigen Stühlen wieder, die er vor den Schreibtisch stellte. Auch Philipp Lindemann und Johann Berger schleppten Stühle herein.

Als alle saßen, räusperte sich der Kommissar. "Schön, dass ihr alle da seid, dann können wir ja beginnen. Ich habe das Protokoll bereits ausgefertigt. Bitte lest es euch in aller Ruhe durch, und wenn alles stimmt, so wie es da steht, dann unterschreibt ihr es bitte unten rechts." Er händigte jedem ein Exemplar aus. Die nächsten Minuten herrschte Stille, denn alle lasen das Protokoll aufmerksam durch.

"Haben Sie etwas zu schreiben, Herr Kommissar?", fragte Lutz nach einer Weile, "ich habe meinen Stift vergessen."

"Natürlich, hier bitte."

"Danke."

Nachdem alle unterschrieben hatten und das Protokoll wieder auf Kommissar Gerbers Schreibtisch lag, sagte dieser: "Es gibt da noch eine ungeklärte Sache. Wir haben bei den Bankräubern zwei Pistolen gefunden und konnten diese Detlef Kraft und Karl Voberg zuordnen. Aber die dritte Pistole, die Horst Habermann benutzte und mit der er dich, Anne, in Schach hielt, konnten wir nicht finden. Weiß jemand etwas darüber?"

"Äh, ja", stotterte Lutz, "ich habe die Pistole zur Seite gekickt, als ich diesen Horst am Kragen packte - damit er nicht auf die Idee kommt vielleicht noch nach ihr zu greifen und uns alle zu bedrohen."

"Das war absolut richtig und umsichtig gehandelt, mein Junge", sagte der Kommissar freundlich. "Weißt du vielleicht noch, wo du sie hin gekickt hast?"

Lutz überlegte. "Dorthin, wo Tina vorher gestanden hatte, glaube ich ... oh, vielleicht ist sie ja den Abhang hinuntergerutscht und liegt nun dort unten."

"Das könnte sein, ich lasse sie sofort suchen." Der Kommissar ging durch die Verbindungstür hinüber zu den Polizisten, um diese zu beauftragen, nach der Waffe zu suchen. Er erklärte ihnen genau, wo sie suchen sollten. "Wir behalten inzwischen das Revier im Auge", sagte er noch und ließ die Tür offen. "Rademacher, Sie schauen, ob jemand die Wache betritt."

"Klar Chef, ich kann von hier aus die Tür sehen."

Kommissar Gerber ergriff wieder das Wort. "Da nun der offizielle Teil beendet ist, möchte ich euch", er sah die Mädchen an, "noch einmal für euren Mut danken, die Gangster zu stellen. Das war gute Arbeit." Die Mädchen strahlten. "Es hätte allerdings auch anders ausgehen können. Ihr könnt von Glück sagen, dass die drei Jungs hier", er sah zu Lutz und seinen Freunden, "rechtzeitig zur Stelle waren und Schlimmeres verhindert haben." Auch die Jungen machten fröhliche Gesichter. "Wie ich die Sache sehe, kann euch nichts und niemand davon abhalten, einen Kriminalfall zu lösen. Ich verspreche euch daher, dass ich in Zukunft versuchen werde, eher auf euch zu hören und euch ernst zu nehmen", fuhr er fort und zu seinem Kollegen gewandt," Rademacher, Sie erinnern mich daran."

"Mit Vergnügen, Chef." Axel zwinkerte den Mädchen zu.

"Zur Feier des Tages lade ich euch alle in das neu eröffnete 'American-Diner' ein. Wie findet ihr das?" Der Kommissar sah erwartungsvoll in die Runde. Freudiges Rufen und Beifall war zu hören.

Axel sah seinen Chef verblüfft an. "Waren Sie überhaupt schon mal in einem Hamburger-Lokal?", fragte er. "Ich meine", fügte er hastig hinzu, als er das Gesicht seines Chefs sah, "Sie gehen doch sicher lieber in ein richtiges Lokal zum Essen."

Der Kommissar sah ihn schmunzelnd an. "Sehen Sie, Rademacher", sagte er, "manchmal muss man mit der Zeit gehen. Ich bin nicht so engstirnig oder altmodisch, wie viele denken. Ich halte zwar nicht viel von dem neumodischen Kram, aber so für zwischendurch, wenn man Hunger hat und sonst nichts vorhanden ist, kann man auch mal in so einen Schnellimbiss gehen. Aber um ihre Frage zu beantworten, Rademacher, nein, ich war noch nie amerikanisch essen. Es ist für mich heute das erste Mal. Sie kommen natürlich auch mit, Rademacher, oder haben Sie keinen Appetit mehr? Schließlich haben Sie ja vorhin schon ein belegtes Brötchen gegessen."

"Oh, Hamburger gehen bei mir immer rein." Axel grinste.

"Können wir da soviel essen, wie wir wollen?", fragte Tina und sah den Kommissar an.

"Natürlich", antwortete dieser.

"Aber nicht, dass dir schlecht wird und du dich übergeben musst. Und rollen wollen wir dich auch nicht", gab Sara mit ernster Miene zu bedenken.

"Mir wird von Hamburgern nie schlecht", sagte Tina, wurde aber von Annes Gekicher unterbrochen, die sich gerade vorstellte, wie es aussehen würde, wenn sie Tina rollen müssten. Das Gekicher nahm zu. Nach und nach stimmten alle in das Gelächter ein, auch Tina, die es nicht übel nahm, dass alle lachten. Sie wusste, dass ihre Freundinnen nicht über sie persönlich lachten, sondern sich nur die Situation vorstellten. Anne liefen die Tränen über das Gesicht und sie klammerte sich an Lena fest, um nicht vor lauter Lachen vom Stuhl zu fallen.

Lutz, Olli und Bernd sahen erst etwas erstaunt auf die Mädchen aber dann mussten auch sie lachen. Axel und sogar Kommissar Gerber konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen.

Der Kommissar hob die Hand. "Jetzt reicht es aber, beruhigt euch wieder."

"Ja", sagte Tina munter, "lasst uns gleich gehen, ich habe schon großen Hunger."

Anne wischte sich die Tränen ab und holte noch einmal tief Luft, aber es dauerte noch weitere zwei Minuten, bis sie sich wieder soweit beruhigt hatte, dass sie aufstehen konnte.

Da kam Johann Berger zur Tür herein und überreichte Kommissar Gerber die fehlende Pistole. "Sie war den Hang hinuntergerutscht und lag dort auf einem Büschel Moos."

Der Kommissar dankte ihm und Johann ging wieder zurück an seine Arbeit.

"So, nun ist das auch geklärt", sagte der Kommissar vergnügt und lachte, "der Staatsanwalt hätte sonst nämlich einen Herzanfall bekommen, wenn nicht alles beisammen gewesen wäre." Er zwinterte den Teenagern zu.

Lutz musste unwillkürlich lächeln. 'Er hat ja Humor', dachte er, 'das macht ihn gleich viel sympathischer.'

Die Gruppe verließ das Kommissariat und gingen in das neue Restaurant, das einige Tage zuvor nur ein paar Häuser weiter neu eröffnet hatte. Dort gab es angeblich die gesündesten und leckersten Burger aller Zeiten.

 

Kapitel 4

Die Stadtsparkasse von Laubheim lag in einem alten, restaurierten Gebäude, das unter Denkmalschutz stand. Das Fachwerk glänzte in der Nachmittagssonne, denn es war ein warmer Tag, ein Vorbote des kommenden Frühlings. Rechts und links von der Sparkasse gab es eine Bäckerei und eine Buchhandlung. An diesem Tag waren ein paar Leute unterwegs und tätigten noch einige Einkäufe, bevor sie nach Hause gingen. Die Cafés hatten Tische und Stühle vor ihre Lokale gestellt und viele Leute genossen den warmen Tag bei einem Kaffee oder einem Eis. Einige Kinder, die auf dem Rand des Brunnens saßen und sich mit Wasser naß spritzten, quietschten vor Vergnügen. Ein paar Tauben pickten Krümel vom Boden auf und am makellos blauen Himmel hinterließ ein Flugzeug einen langen, weißen Kondensstreifen auf seiner Reise in den Süden. Eine schläfrige Trägheit lag über der Stadt, die nur hin und wieder einmal vom Rattern eines Lieferwagens unterbrochen wurde, der über das Kopfsteinpflaster fuhr. Nichts schien die Ruhe stören zu können. Gegen halb vier nachmittags fuhr ein großer schwarzer Geländewagen auf einen der Parkplätze vor der Bank. Zwei Männer in dunkler Kleidung stiegen aus und sahen sich kurz um. Ein dritter Mann blieb am Steuer des Wagens sitzen. Die beiden, die ausgestiegen waren, gingen mit schnellem Schritt auf die Bank zu und verschwanden durch die Glastür. Im Vorraum der Bank zogen sie sich Skimasken über und holten jeder eine Pistole aus ihrer Tasche. Danach stürmten sie in den Schalterraum und riefen: "Achtung, Überfall! Alle die Hände hoch und das Geld her." Außer der Angestellten an der Kasse und dem Filialleiter, der gerade in sein Büro gehen wollte, befanden sich zu diesem Zeitpunkt keine Kunden in der Bank. Die Kassiererin händigte den Räubern das Geld aus. Diese stopften es zusammen mit mehreren Kassetten und Säcken aus dem Tresor, den der Filialleiter hatte öffnen müssen, in eine große Sporttasche. Dann rannten sie schwer beladen aus der Bank. Der Filialleiter hatte bereits den Alarmknopf gedrückt, aber die Räuber waren schneller. Ihr Komplize, der im Auto wartete, ließ den Motor an, die beiden anderen sprangen hinein und das schwarze Auto preschte mit Karacho davon. Alles war so schnell gegangen, dass die Leute in den Cafés und auf der Straße erst nach und nach begriffen, was geschehen war. Als eine Polizeistreife eintraf, waren die Bankräuber bereits seit drei Minuten verschwunden. Die Leute, die von der Polizei befragt wurden, konnten keine oder nur wenige Angaben machen und das, was sie sagten, war nicht zufriedenstellend. Alles, was die Polizei in Erfahrung bringen konnte, war, dass hunderttausend Euro geraubt worden waren und dass die Gangster ein großes schwarzes Auto fuhren. Keiner hatte sich das Kennzeichen merken oder notieren können. Keiner konnte sich an die Marke erinnern, nur dass es groß und schwarz war. Eine sofort eingeleitete Großfahndung und die Abriegelung aller Verkehrswege aus der Stadt brachte kein Ergebnis. Die Räuber waren wie vom Erdboden verschluckt.

Kapitel 11

Im Kommissariat stand Axel seinem Chef, Kommissar Gerber, gegenüber und berichtete ihm, was er von den Mädchen erfahren hatte. Er sah seinen Chef erwartungsvoll an. "Na, was meinen Sie dazu?"

"Das klingt ja sehr abenteuerlich, was Sie da berichten, Rademacher. Glauben Sie denen etwa?"

"Aber ja, Chef, das letzte Mal, bei der Autoschieberbande, haben sie auch die Wahrheit gesagt."

"Das war doch nur Zufall", brummte der Kommissar und sah ihn missmutig an. Ihm gefiel es gar nicht, dass er den letzten Fall nur dank der Hilfe der 'Kichererbsen' hatte lösen können. "Wieso wissen diese Kinder eigentlich immer mehr als wir? Warum haben Sie diese Informationen nicht beschafft, Rademacher?", brummte der Chef.

"Weil ich nicht im Wald war, sondern hier, und meine Arbeit gemacht habe", antwortete Axel lässig. Er war es gewohnt, immer der Schuldige zu sein. Er wusste, der Kommissar meinte es nicht so.

"Was hatten die da überhaupt im Wald zu suchen?", wollte er noch wissen.

"Das haben sie mir nicht gesagt. Die Mädchen haben uns aber darüber informiert, was sie wissen, und das sollten wir anerkennen. In jedem Fall sollten wir der Sache nachgehen und zumindest überprüfen, ob sich die Beute tatsächlich im Wald befindet."

"Wissen Sie denn, wo genau Sie suchen müssen? Ich schicke doch meine Leute nicht in den Wald, um nach dem Geld zu suchen, nur aufgrund der Aussage einiger übereifriger Kinder", sagte der Kommissar verdrießlich, denn sein Rheuma plagte ihn gerade wieder. "Wenn sie nichts finden, bin ich bis auf die Knochen blamiert. Was soll ich dann dem Staatsanwalt erzählen?"

"Ich finde die Mädchen glaubwürdig und keineswegs übereifrig. Sie haben die Stelle ziemlich genau beschrieben. Ich werde dann eben allein der Sache nachgehen, denn ich befürchte, sie wollen etwas auf eigene Faust unternehmen und das könnte gefährlich werden. Wir sollten sie da in keinem Fall alleine lassen."

"Kommt gar nicht infrage, Rademacher, dass Sie alleine gehen", antwortete der Kommissar prompt, genau, wie es Axel gewollt hatte. "Wenn, dann komme ich mit. Also gut, gehen wir der Sache auf den Grund, schaden kann es ja nicht. Aber nur wir beide. Ich denke auch, dass die Mädchen da wieder etwas im Alleingang machen wollen. Das scheint ja ihre Spezialität zu sein. Aber wenn es nicht stimmt, dass die Beute im Wald vergraben ist, sorge ich dafür, dass Sie ab morgen wieder bei der Fußstreife arbeiten."

"Wenn Sie meinen, Chef", sagte Axel und lächelte in sich hinein, denn er wusste, wie er seinen Chef anpacken musste und ihm war klar, dass Kommissar Gerber in jedem Fall die Sache verfolgt hätte, auch wenn er das nie zugeben würde. Außerdem gab es gar keine Fußstreifen mehr. "Wann gehen wir los?"

"Nach Dienstschluss, vielleicht können wir die Täter dann ja beim Ausgraben der Beute überraschen und gleich an Ort und Stelle festnehmen. Wir nehmen den Wagen bis zum Waldrand. Bereiten Sie alles vor, Rademacher, und informieren Sie Lindemann und Berger, dass sie sich bereithalten sollen."

"Wird gemacht, Chef", antwortete Axel und verschwand durch die Verbindungstür zur Schutzpolizei, um seine Kollegen ins Bild zu setzen. Er war sehr mit sich zufrieden, dass es geklappt und er seinen Chef dazu bekommen hatte, mit ihm in den Wald zu gehen und nach der Beute zu suchen.

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