Kurzgeschichte
... und weg - HarryAltona fährt inne Ferien

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"... und weg - HarryAltona fährt inne Ferien"
Veröffentlicht am 13. Mai 2013, 44 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Über mich gibt es nichts interessantes. Aber jetzt auch mit schönen bunten Bildern.
... und weg - HarryAltona fährt inne Ferien

... und weg - HarryAltona fährt inne Ferien

... und weg


( HarryAltona fährt inne Ferien )





"Wir müssen mal raus hier," hat sie gesagt.
"Is gut, erwiderte ich, "gehen wir zum Schorsch inne "Blaue Nacht."
"Nee!"
"Nee?"
"Nee. nich zum Schorsch, nich wieder nur Saufen. Ich mein´ richtig raus. So Urlaub mein ich... , und so."
"Ach!"

Wie kam sie denn auf die Idee? Woher kam denn das? Was hatte sie getrunken? Oder kam dieser blöde Einfall vielleicht von den ganzen Frauenzeitschriften die sie dauernd las? Das Fernsehprogramm? Fragte ich mich.
Jedenfalls mochte sich bei mir keine wirkliche Begeisterung für ihren mehr als merkwürdigen Plan einstellen. Schon der Gedanke an meine eventuelle Abwesenheit von Heim und Herd und liebgewonnener Routine brachte mich um den kaum verdienten Schlaf.
Kein Wunder bei einem überzeugten Einsiedler wie mir, dem schon der Schrecken in die Glieder fährt wenn er mal zum Einkaufen raus muss; der sich stets unwohl fühlt zwischen Massen seiner Mitmenschen. Und der ihre Anwesenheit nur erträgt mit der Aussicht, sich inmitten ihrer dumpfen Gesellschaft um den Verstand zu trinken.
Mit allerlei fadenscheinigen Gründen gelang es mir für wenige Wochen sie von ihrem blöden Plan abzulenken. Ich erzählte ihr von wichtigen Projekten, gemahnte sie an unaufschiebbare Termine und simulierte Krankheiten.
Doch eines schönen Tages - der Mai blühte schon im Land - war mein Vorrat an Ausreden unwiederbringlich erschöpft. Sie hat das sofort gemerkt und ist mir auf die Pelle gerückt mit ihrem bescheuerten Wunsch nach gemeinsamen Ferien.

"Wo soll ´s denn hingehen?" Hab ich gefragt, nur mal so und so Interessenhalber.
"Keine Ahnung," hat sie geantwortet, "so grobe Richtung Süden denk ich mir. Mal schauen wo ´s uns hinführt. Wir brauchen doch kein Ziel. Wir fahren einfach ins Blaue. Is doch spannender so. Mit gebuchtem Pauschalurlaub Plus ödem Bespaßungsprogramm kann doch jeder. Wir machen das mal anders."
"Ach was?"
"Jo, wie die Zigeuners. So Ruckzuck und Kreuz wie Quer!"
"Und wann soll ´s los gehen?"
"Na, so schnell wie möglich. Wie wär ´s mit Freitag?"
"Is vielleicht n bisschen früh." Wagte ich einen kleinen Einwand.

Heute war Montag. Also kaum Zeit genug mich noch mal tüchtig zu betrinken, unsterbliche Gedichte zu schreiben, meine Siebensachen zu packen, den Nachbarn zu bitten sich um meine Post zu kümmern und mal so richtig auszupennen.
Wie sollte ich das alles schaffen?
Aber sie war so jiddelich mit der nun fest terminierten Aussicht mit mir durch ´s Land zu toben, dass sie ganz zauberhaft aussah; mir einen fetten Kuss verpasste und sich am Reißverschluss meiner Hose zu schaffen machte. Da hab ich dann ja gesagt.

Sie hatte sich richtig ins Zeug gelegt. Hatte sich den verlotterten 240er Benz TD von Bekannten geliehen, ihn notdürftig gereinigt und war dann einkaufen gefahren. Doch vorher hatte sie mir noch ne Liste hinterlassen, mit Dingen um die ich mich anscheinend zu kümmern hatte: Zelt besorgen, Luftmatratzen, Schlafsäcke, einen Gaskocher nebst Kochgeschirr, Essbesteck, Teller, Kaffeepötte, usw. usw...
Ich schnorrte mir das meiste zusammen, kaufte noch das Ein und Andere und kam vor lauter Rennerei kaum noch dazu sie zu fragen ob wir n ganzes Jahr in Urlaub fahren würden.

Freitagmorgen. Sechs Uhr dreißig schepperte der Wecker und sie sprang aus der Klappe wie ´n verdammtes Fohlen. Taufrisch und bereit die ganze Welt zu umarmen - da machten sich die zwanzig Jahre Altersunterschied dann doch bemerkbar. Denn ich komm Morgens nur schwer in Gang, schmiss als erstes den Wecker anne Wand, gefolgt vom Bettzeug und dem Rest eines recht angenehmen Traumes, der mir eine beachtliche Morgenlatte hinterlassen hatte.
Hustend und Spuckend rappelte ich mich hoch, suchte nach meiner Brille, den Zigaretten nebst Feuerzeug. Steckte mir ne Kippe zwischen die müden Lippen, gab mir Feuer und schlurfte Richtung Kombüse um Kaffee aufzusetzen.
Sie plantschte ausgelassen unter der Dusche als ich mich zum Pinkeln vor ´s Porzellan pflanzte.
"Alles klar bei Dir?" Wollte sie wissen.
"Aba sicher." Log ich, ließ die Shorts fallen und klemmte mich neben sie in die Kabine um ihr den Hintern einzuseifen.

"Wir sind schon ne halbe Stunde im Verzug." Ermahnte sie mich noch, bevor sie sich - sauber geschruppt und lecker duftend -  zum Bäcker trollte um frische Brötchen für unseren Reiseproviant zu besorgen.
Was mich nich davon abhielt das zu tun, was ich immer morgens tue: Nämlich rum sitzen, Rauchen, Kaffee trinken und mich zu fragen was all diese Hektik soll? Während R. L. Burnside mir was von "To many Ups" aus meinem Hi - Fi vorsingt.

"Komm in die Gänge, Alter!"
Da ist sie schon wieder mit ihren rosigen Wangen, ihrer kindlichen Vorfreude und diesem frechen sorglosen Lächeln.
"Jo Jo!" Mach ich. Quäle mich in meine Socken, die Büx, T - Shirt und Schuhe. Schnappe mir meinen Beutel mit Klamotten und sage dem ganzen Krempel Adieu. Mir is nich ganz wohl bei dem Gedanken mein ganzes Zeug unbeaufsichtigt zu lassen.
"Können wir los?"
Ich mach die Fenster dicht, stelle den Strom ab und nehme den Müll mit runter um ihn gleich in die Tonne zu schmeißen.
Wir können los!

Ich schmeiß meinen Sack achtern in den Benz. Ein schöner Benz. Alt und feuerrot. Ich setz mich rein. Auf den Beifahrersitz. Denn ich bin einer der wenigen Menschen die ich kenne, die ohne Führerschein durchs Leben stolpern. Es gibt keinen besonderen Grund für meine jahrelange Weigerung einen Führerschein zu machen. Es ist nur, dass mich Auto fahren einfach ankotzt. Außerdem bin ich auch so immer dahin gekommen wo ich hin wollte, und auch dahin wohin ich nie wollte.
Kirsten fährt. Und sie fährt wie eine Selbstmörderin mit Organspenderausweis. Benutzt den Benz wie eine Waffe. Schon der erste Kilometer raubt mir fast die Hoffnung irgendwo anzukommen - In einem Stück und atmend.

"Kirsten, mach ma n bisschen langsam!"
"Ich fahr doch nur achtzig. Das is nich schnell!"
"Wir sind noch inne Stadt!"
"Na gut, olle Bangbüx!"

Wir tanken. Einmal voll. Und nachdem ich gezahlt hatte überkommt mich so der leise Verdacht ausgeraubt worden zu sein. Aber egal. Ein Zurück is nich mehr drin. Wir brettern schon auf die Autobahn, durch den Elbtunnel, vorbei an Hafenkränen, Container - Friedhöfen und Werkhallen. Der Verkehr hält sich in Grenzen. Und schon weichen vertraute Straßen und Häuser der freien Natur. Kirsten gibt richtig Gas. Und die Landschaft rauscht nur so vorbei: Dörfer, einzelne Gehöfte, kleine Wälder, immer durchbrochen von Straßen, Feldwegen. Dazu reichlich Ackerfurchen, Wiesen, Felder...
Ich beguckte mir das alles; dieses fette Niedersächsische Bauernland und denke an die toten Kollegen, die, die genau wie ich, durch diese Republik gefahren waren. Typen wie Goethe, Ringelnatz, Dr. Benn und der viel zu früh gestorbene Jörg Fauser. Die hatten noch was draus gemacht, aus diesem Land; aus dieser Landschaft: Einsichtige Gedichte, hintersinnige Geschichten, starke Texte allesamt. Doch mir wollte bei diesem Anblick nix einfallen, keine literarisch wertvollen Dramen oder Tragödien harrten der Geburt in meinem trockenen Geist, noch nich mal ne billige Komödie konnte ich mir bei dieser Aussicht auf Industriegelände, Autofriedhöfe und unendlichen Müllhalden zusammen spinnen. Wahrscheinlich musste man dieses Land lieben, oder zumindest mögen, um seine lieblichen Schätze gebührend zu verarbeiten. Mir sagte das alles nix. Und lieben konnte ich dieses Land schon lange nicht mehr. Ich penne ein...

Unser Stillstand weckt mich, kurz bevor ihre kleine Faust mich auf die Schulter trifft.
"Ich bin wach."
Sie haut trotzdem kräftig drauf.
"Komm Alter, Zeit für ne Pause."

Wir sind knapp hinter Kassel, parken auf einem schäbigen Rasthof mitten im Nirgendwo. Die Landschaft hatte sich erhoben. War richtig bergig. Na ja, bergig für einen der aussem Norden kommt. Es is wohl eher hügelig. Doch stark bewaldet.
Ich erinnere mich dunkel an diese finstere Märchen - Gegend. Vor über dreißig Jahren musste ich hier in der Nähe meinen Wehrdienst ableisten. Und schon da hatte mir dieser Landstrich das Fürchten gelehrt.
Ich erzähle Kirsten ein paar witzige Anekdoten aus dieser Zeit Anfang der achtziger Jahre. Doch das interessiert sie nich sonderlich. Sie haut sich ins dürre Gras und pennt augenblicklich ein. Ich ess noch n Brötchen, trink von dem Kaffee aus der Thermosbuddel, mir wird langsam ungemütlich. Ich rauche eine. Gucke mich dauernd um. Weil mich so ein komisches Gefühl überkommt, dass hier hinter jedem Baum das Böse lauert. Ich rauche noch eine. Dann wecke ich Kirsten.

"Komm, wir müssen weiter!"
"Aaaaaach," machte sie, "Jetzt schon?"
"Jo, Is nich gut hier."
"Also schön."

Wir fahren weiter. Der Benz dieselt ohne Beschwerden dahin. Kirsten hatt ihn im Griff; so wie sie alles im Griff hatt: Ihren Job, ihre Freizeit, sogar mich hält sie fest. Aus welchem Grund auch immer. Einen großen, allumfassenden Plan schien sie nicht zu haben, vertraut eher darauf das sich die Dinge ganz in ihrem Sinne von allein ergeben würden. Und ich versuchte erst gar nicht dahinter zu kommen, wie sie das alles machte. Denn es gibt so Sachen, die muss man nich dauernd hinterfragen, ermahnte ich mich still im Privatbereich meiner Birne, so ´ne Sachen muss man einfach nur lieben. Solange es geht.

Mittlerweise sind wir seit Stunden unterwegs. Fulda war an uns vorüber gezogen, Würzburg ebenfalls. Langsam setzt die Dämmerung ein und wir sehen uns ernsthaft nach einem Platz für die Nacht um.
Wir verlassen die Autobahn bei Dinkelsbühl, rauschen über verlassene Bundesstraßen und einsame Landstraßen. Is nich viel los hier. An einem Freitagabend auffem Land.

"Da is n Campingplatz!"
"Ach je!"
"Vielleicht ham se noch n freien Platz."
"Also... ich weiß nich...!"

Bei der Aussicht uns und unser bescheidenes Zelt unter eine Horde organisierter Proficamper zu mischen, werd ich richtig rappelig. Ich war davon ausgegangen, dass wir uns an günstig gelegenem Gelände einfach in die Büsche schlagen würden. Obwohl das in diesem an Vorschriften nicht gerade armen Land nicht gern gesehen wird. Und mit Sicherheit unsere sofortige Verhaftung und die Androhung uns auf ewige Zeiten von der freien Natur auszuschließen zur Folge gehabt hätte. Aber um auf der sicheren Seite zu sein, hätten wir nur so einen Bauersmann Zwecks vorübergehender Überlassung eines Stückchens Wiese zum Übernachten anhauen können. Doch jetzt ist ´s zu spät. Sie holpert schon die Auffahrt rauf. Vor einer Bretterbude machen wir Halt.

"Geh ma gucken ob ´s noch n freien Platz gibt!"
"Is gut."

Ich steig aus, wackel hin zu der Bude und rein.

"Moin zusammen, noch n Platz frei? PKW Plus Zelt."
"Grüaß Gott. A Platz wollen ´s? Na, do schau i ma."

Sie schaut. Auf ihren Monitor und darüber weg. Lächelt. Mir zu und an. Und auch wieder nicht. Nett. Schmucke dralle Deern, die da, denk ich mir, sogar volkstümlich verkleidet. In so nem Dirndl drin, dass das Dralle kaum im Zaum hält. Ich guck noch mal hin. Gesund sieht die aus. Gesund und sauber. Muss an der Landluft liegen. Oder am Essen. Der frischen Milch.

"Wie lang wollt ´s bleiben?"
"Erstmal nur ne Nacht."
"Ah Schad, mir ham so ein schönes Fleckerl Erd´ hier."
"Na ja, vielleicht auch länger."
"So ist ´s Recht. Schaut ´s euch erst ma um."
"Geht klar."
"So, da hammers. iar nehmts die Nummer 27. is glei obn rechts. Da hast a Plan und a Heftl üba uans. Das macht 18 Euro. Und wenn ´s noch Fragn habt, kommt ´s einfach vorbei, i bin die Marie."
"Hi Marie, ich komm bestimmt drauf zurück."

Ich schieb ihr einen Zwanziger rüber, obendrauf mein nettestes Lächeln und ein Augenzwinkern. Und schieb wieder ab nach draußen.

"Du hast mit ihr geflirtet, du Sack, ich hab euch beobachtet!"
"Ach Quatsch, hab nur nett mit dem Mädel gesabbelt."
"Du hast geflirtet, oller Drecksack, hast die kleine Schlampe mit den Riesenmöpsen richtig angemacht, ich hab ´s gesehen!"
"Jetzt werd ´ nich albern. Ich hab nur den Platz klar gemacht. Erst mal für ne Nacht. Wir müssen da vorne Rechts... und dann linksrum... Nummer 27... muss da irgendwo sein."

Ich halt mir den Plan vor die Fresse, kriege aber noch deutlich ihren erbarmungslos - wütenden Blick ab. Ihren bösen Blick. Ihren echt bööööösen Blick, der einem im Herzen weh tut und die Klöten schrumpeln lässt. Aber ich kenn das schon, kenne ihre Macken, ihr Misstrauen, die ewigen Zweifel an meiner Liebe... meiner Treue...

"Da isses."

Sie hat ihn gefunden, unseren Platz für die Nacht. Ich guck mal so rum. Is ne ruhige Ecke. Keine direkten Nachbarn. Einige freie Plätze zwischen uns und dem nächsten Zelt, den Wohnwagen. Is ja auch noch nich Saison. Sehr schön. Ein Hauch intimer Freiheit weht mir durchs Hemd. Wir steigen erstmal aus.

"Du stellst das Zelt auf, und ich geh ma gucken wo hier alles is. Außerdem muss ich ma aufs Klo."
"Is gut."

Ich zerre den Kram aus dem Benz. Mache einen Haufen, sortiere alles aus was nich nach Zelt aussieht. Dann geh ich ran, setz mich erstmal ins Gras und rauch ne Kippe. Keine zwei Minuten später kommt schon Einer an zum gucken. N Kerl in Shorts und Badelatschen und Sonnenbrille im Gesicht. Die müssen hier irgend so ´n Teufelsradar haben, dass sofort jedem anzeigt das Neulinge eingetroffen sind. Er guckt nich nur. Quatscht mich auch an.

"Brauchse Hilfe?"
"Eigentlich nich. Aber wenn de nix anners zu Tun hast, dann gerne."

Wir packen ´s an. Zeltstangen zusammen. Leinwand drüber. Heringe inne Erde.  Tüddelband ran. Festknoten. Fertig.

"Lust auf n Bier?" Fragt er.
"Aber immer!" Sag ich.

Ich schmeiß unser Zeug ins Zelt, schließ den Benz ab und halte Ausschau nach Kirsten. Is nich zu sehen. Muss sich verlaufen haben, oder auffem Pott eingepennt sein, denk ich mir, na ja, wird schon wieder auftauchen. Also zottel ich mal hinter meinem neuen Camperkumpel hinterher. Er heißt Hubert, - von allen Hubi genannt - und kommt aussem Ruhrgebiet. Genau aus Essen. Und genau wie sein Anhang. Frau und zwei Kinder hat er dabei. Außerdem n Riesen - Wohnwagen mit Vorzelt und allen Schikanen. Ich werde vorgestellt bei Frau und Kindern. Die Frau heißt Doris und kommt sogleich mit nem Teller Kartoffelsalat und Knackwurst für mich rüber, Hubi stellt Bier daneben. ich esse erst mal, trinke. Das Bier is gut. Hat der Hubi extra aus der Heimat mitgebracht. Die Pisse hia kannse vagess ´n, klärt er mich auf.
Es is schon duster, doch noch angenehm warm. Also sitzen wir draußen als ich da hinten die Kirsten sehe. Ich gröle rüber zu ihr, zappel mit den Armen, dass sie rüberkommt. Sie guckt. Erkennt mich, und kommt langsam näher.

"Da biste ja endlich." Empfange ich sie.
"Hallo," sagt sie nur. Ganz ohne bösen Blick und ganz nett und freundlich. Ich stelle sie vor. Jetzt kommen auch Hubis Gör ´n an. N Junge und n Mädel. So vier und fünf Jahre alt. Sofort hängen sich die Beiden an Kirsten. Müssen wohl gerochen haben das sie Erzieherin is und gut mit Kindern kann. Wir trinken noch n Bier, sabbeln so Sachen. die man eben sabbelt wenn man sich noch fremd is. Dann is elf Uhr Feierabend. Wir verabschieden uns, wünschen gute Nacht und alles Gute und verlassen diese wirklich netten Leute. Ich pinkle noch in die Büsche, schenk mir das Händewaschen und Zähneputzen und krieche in unser neues Heim. Kirsten hinterher. Es is eng hier drin. Dauernd klatschen wir zusammen. Endlich is es geschafft. Wir liegen in unseren Schlafsäcken, die Luftmatratzen quietschen als ich nach ihrer Hand suche.

"Schlaf gut," sag ich.
"Du auch."

Am nächsten Morgen tut mir der Rücken weh. Ich dreh mich nach Backbord, Steuerbord und wieder zurück. Ich setz mir meine Brille auf, gucke nach der Uhr. Is noch ziemlich früh. Nich mal halb sieben. Ich finde diese Broschüre die mir das Mädel gestern mitgegeben hat. Ich les mal drin rum:

"Wir sind mittendrin in einer der romantischsten Ferienlandschaften zwischen der herben Schönheit der schwäbischen Alb und dem abwechslungsreichen Urlaubsangebot des Naturparks - Altmühltal."

Aha.

"Die drei großen Volksstämme - Schwaben, Franken und Bajuwaren - treffen hier in Sprache und Tradition zusammen."

Na... leck mich...!

"Eingebettet in die einmalige Landschaft des Donau - Ries - Kessels bietet sich hier jedem ein Plätzchen..."

Gut zu wissen.

"Gäste Wemdings genießen die Vorzüge von zwei verschiedenen Landschaften: Die flache Ebene des Ries und die waldreiche Mittelgebirgslandschaft des Fränkischen Jura im Naturpark Altmühltal."

Sehr schön! Mit flachen Ebenen kenn ich mich aus.

Außerdem erfahre ich das Wemding - der nächst gelegene Ort - die Fuchsien - Stadt schlechthin ist. Mit einer Fuchsien - Pyramide, die es zu bestaunen gilt. Einem ( natürlich! ) Fuchsien - Markt. Plus einem Kräutermarkt.
Was will man mehr!
Ich wecke meine Herzallerliebste und berichte ihr von meinem neu erworbenen Wissen und schlage ihr vor noch ein paar Tage zu bleiben.

"Mach watte willst, und lass mich pennen!"

Also mach ich. Ich zieh mir was an, leg mir n Handtuch um n Hals, schnappe mir Dusch, - und Rasierzeug, dazu diesen Platzplan damit ich mich nich verlauf. Als erstes such ich nach den Toiletten. Aha, da hinten, verrät der Plan. Rechts rum, dann gleich links, und schon steh ich vor dem Hauptgebäude. Mit Restaurant, Lebensmittelhöker, Müllentsorgung und einer flott eingerichteten Küche. Zehn Meter daneben befinden sich die sanitären Annehmlichkeiten. Sehr schön da drin. Helle Fliesen, sauber bis an den Rand. Ich geh erst mal kacken.
Dummerweise hatte ich nix zum Lesen dabei, so das es nach zehn Minuten keinen wichtigen Grund gab noch weiter da zu hocken.
Also ab unter die Dusche. Eine schnelle Rasur. Und ab zur Marie. Sie ist da. Diesmal in einem anderen Dirndl, jedoch genauso drall wie gestern. Ich bezahle für ne weitere Woche. Sie lächelt ganz zauberhaft darüber. So richtig unbeschwert, ohne listige Hintergedanken. Ich bin so Freundlichkeiten gar nicht mehr gewohnt und ganz verdattert. Da wo ich herkomme, wird Kundschaft als lästige Begleiterscheinung empfunden die beim Rumstehen stört. Lächeln spart man sich da. Lässt man nur mal kurz aufblitzen, für die Familie und nur nach Feierabend.
Doch ehe ich mit der Marie so richtig ins sabbeln komm, stürmen neue Gäste ihr Büro. Sie rotiert über deren Wünsche. Ich schieb ab nach draußen. Werd mal n Rundgang machen.
Über die Terrasse vom Restaurant geht ´s in den hinteren Teil des Platzes, hier isses drei Nummern größer als vorne. Noch recht wenig belegt. Viele Stellplätze harren der Massen die irgendwann in den Ferien heranstürmen. Doch im Moment herrscht hier himmlische Ruhe. Nur ein paar müde aussehende Gestalten wandern Richtung Duschen, einige Kinder toben auf den Spielplätzen. Ein See glitzert in der Morgensonne.
Ich geh da mal hin.
Tatsächlich isses n ziemlich kleiner See. Im Vergleich mit der Alster eher n Tümpel, n Angelteich. Doch er sieht furchtbar sauber und idyllisch aus. Hartgesottene Schwimmer ziehen schon ihre Bahnen. Ich steck mal meine Paddel rein. Schrecklich kalt ist dieser Tümpel. Da hinten ist auch ein Bootsverleih, eine Wasserrutsche. Sehr hübsch hier, mit all dem Gras, den Bäumen.

"Guten Morgen."
"Moin." Sag ich und dreh mich um.

Da waten zwei Gestalten aus dem Teich. N Kerl und seine Olle. Schon ziemlich alt und baufällig und ziemlich dick. Der Bauch des Typen hängt ihm bis zum Sack. Seine Alte ist dieselbe Nummer, nur in einem geblümten Badeanzug, dessen elastische Ränder unübersehbar in ihr massiges Fleisch schneidet. Sie schüttelt sich. Wassertropfen fliegen von ihr ab wie Das Bratfett von nem Spanferkel.

"Schön hier, nicht wahr?!"
"Ja genau!"

Sie watscheln den Hang hoch, wobei ihre Schenkel kräftig aneinanderklatschen. Ich verzieh mich in die entgegen gesetzte Richtung, sorgsam darauf achtend möglichst breitbeinig zu gehen.
Kirsten ist inzwischen wach und hat sich fein gemacht. Wir gehen essen.
Im Angebot haben sie Schweinsbraten mit Knödel und brauner Soße, Hendl und Haxen mit Kraut, Leberkäs und Weisswurst. Süßen Senf. So richtig landestypische Kost. Pures Klischee. Ich verzichte dankend. Bestelle lieber Fritten und n Schnitzel, dazu n Wasser. Man muss ja keine Experimente mit seiner Verdauung durchführen, auch nich im Urlaub. Kirsten hockt hinter einem Riesen - Salat mit Brötchen. Die hier Semmeln genannt werden. Wir reden so über dies und jenes und machen Pläne für einigermaßen entspannte zweisame Freizeitgestaltung.

"Morgen geh ich Reiten, da achtern gibt ´s n Stall wo man Pferde mieten kann."
"Okay," sag ich, "ich guck mir dann mal das Dorf  da an, dieses Wemding."
"Na, hoffentlich verläufste dich nich."
"Pass ma lieber auf, das de nich vom Hottemax fällst."

Den Nachmittag verbringen wir am See, gucken uns die Landschaft an, die Bäume, das Wasser, den Himmel und den ganzen Rest. Ich penne darüber ein bis ein kühler Wind mir in die Hose fährt. Wir gehen noch auf n Bier bei Hubi vorbei, quatschen dummes Zeug und verabschieden uns recht früh. Als wir zu unserem Platz kommen, müssen wir feststellen, dass man uns direkte Nachbarn zugewiesen hat. Leute aus Hannover, wie ich dem Nummernschild an ihrer Karre entnehme. Ich putz mir die Zähne, schaue mir das Zelt von denen an. Is n mächtig großes Ding. ich könnte drin stehen, Kirsten sogar fliegen. Bin mal gespannt was das für Leute sind. Ich spül mir den Mund aus. Mit Wasser, dass ich am Vormittag in einem zwanzig Liter Kanister rangeschafft hatte. Is wesentlich praktischer, als jedes mal n Spaziergang zum Haus zu machen. Dann is Schlafenszeit. Diese holde Natur um uns macht echt müde.

Nächster Morgen. Ich sitz neben unserem Gaskocher und mach Wasser heiß für den Morgenkaffee, als ich unsere neuen Nachbarn erblicke. Als erstes kommt der Kerl raus. Er is n Hungerhaken, n echt dünner Hering, aber lang isser, mindestens eins neunzig. Er steht da, kratzt sich am Hintern, dann am Sack. Geräuschvoll zieht er seinen Rotz hoch, spuckt gekonnt über den Weg, dann glotzt er zu mir rüber, nickt mit seiner Birne quasi zur Begrüßung und trollt sich wieder rein.
Komische Type, denk ich mir. Ich bin ja stets bemüht meine Mitmenschen nicht nach Äußerlichkeiten zu beurteilen; nicht anhand ihrer Kleidung oder ihrer physischen Erscheinung voreilige Schlüsse zu ziehen. Aber dieser Kerl da, der is mir beim ersten Anblick unsympathisch.
Kirsten kommt raus, hat wohl den Kaffee gerochen, sie gähnt, streicht mir über meinen Kopp, meinen Nacken. Mir wird ganz anders. Nebenan kommt wieder jemand raus. Diesmal die Frau. Sie is auch ne Dürre, aber kleiner. Das mit dem Hintern kratzen hat sie wohl schon erledigt. Sie kommt direkt rüber zu uns.

"Haben Sie Zucker?"
"Nee, nur n hohen Blutdruck. Ansonsten bin ich gesund." Sag ich.

Die Dünne guckt komisch. Kirsten kichert, obwohl sie meinen lahmen Spruch schon kennt; mindestens schon zwanzig Mal gehört hat. Sie klärt die Magere auf. Versichert ihr freundlich das wir wirklich keinen Zucker haben und das ich n bisschen bescheuert bin. Zusätzlich zeigt sie ihr den Weg zum Platzeigenen Laden.

"Die is aber dünn!" Bemerkt Kirsten.
"Jo, sind vielleicht krank die Beiden - oder einfach nur zu blöd zum essen."
"Gesund sieht das wirklich nich aus, also nee."
"Egal... Hauptsache sie gehen uns nich auffe Nerven."
"Hoffentlich...! Ich geh Duschen."
"Warte...! Ich komm mit."

Wemding, - die Fuchsien - Stadt - soviel wusste ich bereits, liegt etwa 2 Kilometer entfernt von unserem Campingplatz. Also kein Grund zur Besorgnis, dass mir unterwegs die Luft ausgeht. Ich hab schon volltrunken längere Strecken ohne Unfall hinter mich gebracht.
Das Wetter ist recht angenehm, Vögel zwitschern aufgeregt als ich die Straße entlang gehe. In einiger Entfernung sehe ich die ersten Dächer, Kirchtürme, Sendemasten. Vorbei geht es an einer Kleintierzuchtanlage, an Parkplätzen, dem Festplatz und dem Friedhof, dann rechts rum noch 200 Meter und man steht mittendrin in diesem Wemding.
Alles sehr sauber hier, fällt mir auf, alles frisch geschrubbt und blank geleckt. Was nicht sehr verwundert. Diese angebliche Stadt entpuppt sich beim Betrachten als gewöhnliches Dorf, sehr übersichtlich. Ein beschaulicher Marktplatz mit Kirche, einem Brunnen, Bänke. Alles sehr idyllisch. Ich besorg mir ne Zeitung und halte Ausschau nach ner Kneipe.
Kneipen nennt man hier Wirtshaus. Dieses hier ist gelb angestrichen und kommt daher wie frisch aus einem Heimatfilm der 50er Jahre geklaut. Es heißt "Zur Ente." Ich geh mal rein. Drinnen noch eine Kulisse. Als ob hier gestern noch der Musikantenstadl getobt hätte. Komplett mit diesen Holzbänken, karierten Tischdecken und einer dicken Wirtin.
Ich bestelle ein Bier und setz mich.
Lese meine Zeitung, ein Lokalblatt. Ich erfahre äußerst wichtige und neue Neuigkeiten: Eine Einheimische hat Drillinge geboren, alle gesund und munter. Der Bichlhuber Max ( 10 ) hat mit seinem Zuchtkarnickel "Hansl" bei der letzten Kleintierschau den zweiten Platz belegt. Die lokale und freiwillige Feuerwehr freut sich über eine neue Leistungsstarke Pumpe. Der Stellvertretende Stadtdirektor Hans Altbauer, CSU, ( natürlich ) eröffnete eine Ausstellung zeitgenössischer Fuchsienmalerei im Kunstmuseum an der Fuchsstraße.
Was für n Blödsinn, denk ich mir. Doch Zuhause sind die Meldungen auch keine anderen. Überflüssige Wasserstandsmeldungen, die uns glauben machen sollen, die Welt ist in Ordnung und alles geht seinen wohlgeordneten und richtigen Weg.
Ich trinke etwas von meinem Bier. Eine dünne, geschmacksarme Pisse ist das. Genau wie die Nachrichten in diesem Käseblatt.
Jetzt kommt Leben in die Bude. Besser gesagt, ein paar Eingeborene entern diese gastliche Stube. Getrampel. Rufe erschallen. Bestellungen werden gebrüllt.

"Bring mi a Mass, Vronil!"
"Mi a, und an Enzian."
"Mach a mal a Runde, Vroni!"

Ich guck mir die mal an da, diese Einheimischen. Ein oller Knacker is dabei, mit grauem Rauschebart und grünem Filzhut auf seiner mächtigen Birne. An seinem Deckel hat er so ne Art großem Rasierpinsel stecken. Er is ziemlich klein, aber dafür breit für zwei. Umringt wird er von vier jüngeren Typen, zwei von ihnen in so Trachtenklamotten. Die anderen Beiden haben ihre Ärsche tatsächlich in Lederhosen gezwängt.
Lustig sehen die aus. 
Lederhosen hab ich das letzte Mal als Vierjähriger getragen. Und auch nur um meiner Muddi n Gefallen zu tun, die diese Sepplbüxen so was von niedlich fand.
Lustig reden die da auch. Obwohl ich angestrengt zuhöre, versteh ich kaum was.

"Du Grattler! Wos host ma denn do füa a varrekts Glump daher brocht? Nimm dei Graffe und schau dass ´d die schleichst!"
"Hea dei wuisln auf! Wos bist denn Du für a Hosnbisla?!"
"I glab dir brennt da Huat!"
"Hau ma bloß ob mit deim Schmarrn!"
"Host mi?!"

Ganz ungeniert grins ich mir einen. Bleibt natürlich nicht unbemerkt. Diese ethnischen Minderheiten haben ja so einen siebten Sinn für auswärtiges Volk, dass sich über sie lustig macht. Einer kommt an meinen Tisch.

"Was lachst denn so damisch, du Hirsch?"
"Ihr sabbelt eben so schön lustig hier."
"Jo mei, so red ´n mer halt hia!"
"Eben!"
"Ihr Saupreißn, habt ´s eh ka Ahnung von Kultur!"
"Genau...! Deswegen kommen wir euch ja so gerne besuchen."
"Da könnt mer gerne drauf verzicht ´n!"
"Ach komm schon, wer sollte euch denn sonst n bisschen Lebensart beibringen?"
"Lebensart...? A Schmarrn is des! Mia ham a Brauchtum!"
"Sich mit den Händen auffe Latschen zu kloppen, während die Blasmusik bläst, jodeln wie ´ n geiler Esel und sich gegenseitig Backpfeifen zu verpassen mag hier Brauchtum sein. - Bei mir Zuhause nennt man das debilen Kasperkram. Und n vernünftiges Bier brauen gehört sicher nich zu euren Bräuchen!"
"Is a Spitzenbier bei uans. Ia könnts nur net richtig saufen!"
"Ach ja...? Kein Wunder bei dieser Brühe hier!"

Kurzum. Dieses lockere Geplänkel artet zu einer massiven Sauferei aus. Die Jungs halten ganz gut mit. So ungefähr bis zum fünften Liter. Dann wird der erste ganz grün inne Fresse und geht spucken, kurz danach sind die anderen dran. Ich bin gut in Form. Liter um Liter gluckert durch mich durch, ohne erkennbare Wirkung zu hinterlassen. Dreißig Jahre Biertrinkerei zahlen sich eben irgendwann aus.
Der windschiefe Opa hält sich grade, brabbelt unverständliche Urlaute in seinen filzigen Bart. Is ganz aussem Häuschen, dass ihm nur noch n Ausländer zuprostet. Er bestellt Schnäpse. Jetzt wird ´s Ernst.
Ich vertrag keine Spirituosen. Trotzdem kipp ich mir dieses Zeugs rein. Enzian. Furchtbar bitter bahnt sich dieser geistige Tropfen garstig durch meine Innereien. Das war ´s, denk ich mir, das tust du dir nich an. Ich klopp dem Waldschrat anerkennungsvoll auf die Schnapsgestählten Schultern und wackel von dannen.
"Pfüad di!" Brummelt der Olle.
Draußen haut mir ein Unsichtbarer mit nem Schippenstiel in die Kniekehlen. Ich knicke ein bisschen ein, stolpere kurz. Is aber nix neues oder gar außergewöhnliches, dass ich nach n paar Bierchen ins wanken komme. Als halbwegs erfahrener Trinker kenn ich das. Um sich vorm Hinfallen und den daraus eventuell resultierenden Verletzungen zu bewahren gibt es die schöne Möglichkeit, sich möglichst dicht und langsam an Häuserwänden entlang zu bewegen. Dazu macht man ein nettes unschuldiges Gesicht. Dieses bewahrt einen meistens auch vor garstigen alten Weibern, die einen als verlotterten Säufer und allgemeinen Schandfleck der Gemeinde beschimpfen.
Und dann seh ich sie.
Die Fuchsienpyramide.
Da mitten auffem Marktplatz hat man sie zusammengebastelt. Rote Blumen, etwa drei Meter hoch gestapelt, gebunden, getackert, oder was weiß ich. Ich hoppel näher ran, guck mir die mal an, so ganz von nahem.
Riechen tun die Dinger auch, ziemlich süßlich.
Und dann kommt ´s!
Es kommt mir hoch!
Ein dünner schaumiger Strahl schießt aus meinen Eingeweiden in hohem Bogen auf diese ganze floristische Pracht. Blüten werden überschwemmt, Blätter gehen Baden. Eine ganze Reihe dieser Blumen wird fortgespült.
Eine alte Schachtel geht hinter mir vorbei.
"Tztztz," macht sie, während ich mich umdrehe. Ich sehe noch wie sie tatsächlich mit ihrer rechten Klaue das Kreuzzeichen macht.
Wird langsam Zeit das du hier verschwindest, denk ich mir.

Nach gefühlten 69 Kilometern und 22 Stunden erreich ich wieder unser beschauliches Lager. Alles ist so wie ich es verlassen hatte. Nur die Kirsten nich. Bäuchlings liegt sie vor unserem Zelt.

"Na," sag ich, nur mal so und zur Begrüßung.
"Na." Gibt sie mir das Wort zurück.

Ich lass mich neben sie ins Gras fallen, atme, kriege eine Nasevoll von ihrem Geruch geliefert. Sie duftet herrlich nach Frau, und ein bisschen nach Pferd.

"Und...? Warste reiten?"
"War ich."
"Wie war ´s?"
"Eigentlich ganz nett."
"Ganz nett?"
"Na ja, war schon Super. Aber jetzt tut mir alles weh. Besonders der Hintern."
"Muskelkater?"
"Und wie!"
"Ach, du arme Frau." Ich reibe ihren Hintern.
"Arme Frau...? Arschloch! Bisse besoffen?"
"Jo!"
"Aha."
"Bin da so zufällich inne Sauferei geraten."
"Klar doch!"
"Ja freilich!"
"Spinner!"

Darauf gibt ´s nur eine Antwort. Nämlich die drei Worte die Frauen so gerne hören:

"Halt die Klappe!"

Damit kriech ich in die Behagliche Miefigkeit unserer außer - Haus -  Behausung.

Entspannte Tage folgen. Wir hängen rum. Relaxen. Auf der Wiese am See. Wir schwimmen sogar etwas darin herum, fahren mit einem gemieteten Boot über denselben. Sogar gewandert sind wir. Na ja, eigentlich sind wir nur auf der Suche nach nem ruhigen Fleckchen Erde, um mal wieder übereinander her zu fallen und dem Geschlechtsakt zu frönen. Denn die Vorstellung es in unserem Zelt zu treiben, mit quitschenden Luftmatratzen, einer quitschenden Kirsten und einem Kerl der wie ein Esel röhrte, während nebenan die Nachbar sich eins feixten, ist dann doch recht absurd.
Die Tage verfliegen wie ein Furz im Orkan.
Und Ruckzuck is die Woche um.

Wieder packen wir unseren Krempel in den Benz, verabschieden uns von Hubi und seiner Sippschaft und melden uns bei der Marie ab.
"Pfüad euch!" Verabschiedet sie uns. Knackig und knapp.

Und wieder nehmen wir die Straße unter die Räder. Die einsamen Landstraßen, die Autobahnen, nochmal vorbei an dieser Republik mit ihren Shopping - Centern und Freizeitparks, den Industrie - Ruinen aus besseren Tagen, den scheinbar unendlichen Ackerfurchen, Wiesen und Wälder.
Endlich, nach Stunden halb verpennter Landschaft, kommen die Elbbrücken in Sicht. Ein Anblick der mir jedesmal das verdammte Herz wärmt. Endlich wieder zu Hause.
Ein Zuhause zwischen leer stehenden Bürohochhäusern, überbelegten Obdachlosenasylen und ums überleben kämpfende Brauerein deren malziger Duft mit schon als Kind in den Kleidern hing.
Ein Zuhause zwischen dreckigen Straßen voller verrückter Junkies, hungriger Stadtstreicher und besoffenen Halbwilden, die meinen ihre Stärke damit zu beweisen andere Leute vor die S - Bahn zu schubsen.
Ein Zuhause voller Ekel und Wut über die Verantwortlichen dieser ganzen abscheulichen Misere.
Aber es ist mein Zuhause.
Hier lebe ich, hier treiben sich meine Wurzeln tief in den Asphalt auf der Suche nach dem Nährstoff, der dieses ganze Elend etwas erträglicher macht und der mich weitermachen läßt. Tag für Tag. Und so manche Nacht.
Dieses Bayernland war ja recht angenehm, mit seinen Bergen und Tälern und diesem ganzen idyllischen Zuckerguss; dieser Hirten - Romantik und den überaus witzigen Eingeborenen. Aber eine Woche davon reichte mir voll und ganz.

Wir sind da. In meiner Straße, vor dem Haus in dem ich lebe. Sie parkt den Wagen und wir gehen rein.
Mein Schlüßel dreht sich im Schloß. Die Tür schwingt nach innen. Alles ist so wie wir es verlassen hatten. Bis auf einen Berg Post auf der Kommode. ich schalte den Strom an. Dann die Hi - Fi Anlage, den Computer. Alles blinkt.

"Ich bin total fertig, muss mich auspennen." Sagt Kirsten.
"Is gut." Sag ich und küsse ihre trockenen Lippen.
"Und...? War doch gar nich so schlimm, unsere Ferien!"
"Nee, gar nich so schlimm!"
"Mach nich mehr so lange."
"Werd ´s versuchen."

Ich setz mich an den Rechner und fange an mit dieser komischen Geschichte als wir mal in die Ferien fuhren...






                                                                                                             *****

 

Text: HarryAltona

Cover: Magicpen/www. pixelio.de

 

 







  

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Über den Autor

HarryAltona
Über mich gibt es nichts interessantes. Aber jetzt auch mit schönen bunten Bildern.

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RSchulz Janz stark. Hab hier lange nach sowas gesucht. Hab schön gelacht. Danke.
R.
Vor langer Zeit - Antworten
DoktorSeltsam Ganz großes Kino, mein Lieber, - und wie gut ich dich verstehen kann. Einen Ort zu verlassen, den man mühsam über all die Jahre eingesessen hat, ist wahrlich keine schöne Sache.

Hochachtungsvolle Grüße

Dok
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift  ... UND WEG - Auf diese Klasse-Urlaubsreise-Geschichte erst mal einen echten HARRYALTONA, Prost!
Ich würde mir wünschen, ich könnt anne' ganz ähnliche Sache schreiben wollen, wenn ich nächsten Monat für eine Woche in den Schwarzwald fahre.
Aber niemals würde es mir gelingen, jemals so eine hammer-geile Reise-Story hinzulegen. grins*
Unverwechselbar, eben dieser Harryaltona!
Deswegen auch noch mal gern gelesen...

LG Louis :-)))
Vor langer Zeit - Antworten
schnief unheimlich tolle Geschichte, bei der ich mich köstlich amusiert habe.

LG
Schnief
Vor langer Zeit - Antworten
Zentaur klasse deine Geschichte! mir tun nur die Blümchen leid.

lg Helga
Vor langer Zeit - Antworten
Karimela Schöne Ferien - und doch ist es irgendwie zuhause immer noch am schönsten;-))

Deine locker, flockig geschriebene Geschichte hat mir echt gut gefallen. Habe mehrfach gelacht, geschmunzelt und Erinnerungen an ähnliche Begegnungen im schönen Bayernland sind wach geworden. Der saloppe Schreibstil macht das Ganze noch zusätzlich zu einem Genuss. Wirklich gern gelesen - und morgen fahre ich nach Bayern in den Urlaub; werde wohl ab und an an dich denken;-))

Liebe Grüße
Karimela
Vor langer Zeit - Antworten
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