„Für alles im Leben, aber wirklich alles, gibt es einen richtigen Zeitpunkt. Alles kommt genau dann, wenn es kommen soll, nicht früher und nicht später.“ Diesen Spruch hat Alice von ihrer Mütterlichen südtiroler Freundin gehört, als sie das 5te mal in diesem Jahr zu ihr fuhr. „Ist
das wirklich so?“ denkt sie sich, vor allem dann als sie zufällig ihren Exfreund samt Freundin im Klosterkeller trifft. Alice war wiedermal zu einer erneuten Wohnungsbesichtigung dort. Sie wird bald ins Mediterrane Klima übersiedeln. Alice registriert den schwarzen
BMW sehr wohl der an der Strasse steht, das Kennzeichen ist ihr ja vom treffen im letzten Jahr bekannt. Ein Totenkopfaufkleber? oh oh...was für eine Veränderung. „Die Stadt ist groß“, sagt sie zu Sonja, die sie dieses Mal begleitete. „In den letzten 15-malen als ich in Meran war, ist mir auch niemand begegnet.“ Lachend, fröhlich und durchnässt vom Regen gingen sie in das nächstbeste Weinlokal.
Wie klein doch die Welt ist. Es gibt 100te von netten Weinlokalen dort, aber nein, Alice stolpert genau in das Lokal wo sich Walter mit seiner Freundin aufhält. Draußen regnet es in Strömen. Die Mädels wollen sich nur schnell aufwärmen und mit einen
Schlückchen Wein auf ihren Erfolg anstoßen.
Eine unbekannte Schönheit lächelt freundlich als die beiden das Lokal betreten. Alice denkt, die lacht bestimmt weil ich
aussehe wie ein nasser Pudel. Lachend nickt sie zurück, und grüßt ebenso. Erst jetzt sieht sie „Ihren“ Ex-Walter am Barhocker sitzen,der sichtlich nervös auf seinem Hintern hin und her rutscht als er sie ebenso entdeckt. In diesem Moment wusste Alice wer diese freundliche Frau eigentlich ist.
Gut sieht sie aus, denkt Alice. Sie ist gar nicht so unattraktiv und bieder wie Walter sie immer beschrieben hat. Im Gegenteil…schick gekleidet, so wie die Südländerinnen sich nun mal kleiden. Hellbraune Stiefel passend zur Lederjacke. Sie hat gestrahlt und schien sehr Glücklich zu sein. Aber Walter…da war er. Der Wolf im Schafspelz. Der Mann der ein Doppelleben führte. Fremd kam er ihr vor. Eher ungepflegt, eine neue Frisur die ihm eigentlich nicht wirklich passt. Neues Outfit, Klamotten die er früher nie angezogen hätte. Eine Steppjacke, über die er früher nur lachen konnte. Völlig verändert. Kurz um...er sah gar nicht gut aus. War fahl im Gesicht und alt ist er geworden. Ich sag nur, Totenaufkleber am AutoIn jeder Beziehung ist man/ Mann ein anderer. Walter auch! Seine Gewohnheiten, Samstag in der Stadt durch die Lokale zu ziehen, hat er scheinbar nicht abgelegt. "Ruft er jetzt immer heimlich die nächste an so wie er es bei mir getan hat?" fragt sich Alice, oder ist er endlich sesshaft geworden.
Walter tat natürlich so, als ob er Alice nicht kenne, obwohl er Sonja begrüsste und Alice tief in die Augen blickte, aus Angst seine Freundin würde etwas mitbekommen. Auch Alice gab sich nicht zu erkennen, sie besitzt ja schließlich Stärke und Charakter. Stattdessen nestelte er nervös an seinem Handy herum, so wie Walter es immer tat, wenn er sich unwohl fühlte, bis die beiden dann letztendlich fast fluchtartig das Lokal verliesen. „Diese schicke Frau, sie tut mir richtig leid“, sagt Alice, da sie überzeugt ist, das Walter wieder betrügen wird, wenn er es nicht gar schon tut. Er ist und bleibt ein Fremdgänger. Das hat einfach keine Frau verdient.
Tja, mit der Begegnung haben wohl beide nicht gerechnet.
Alice und Sonja hatten Spaß und tranken ihren Wein. Aus einem Gläschen wurden dann doch etwas mehr. Sie unterhielten und amüsierten sich prächtig mit Peter, dem Wirt des Klosterkellers und den anderen Männer im Lokal, die den Walter auch kennen, wie sich später herausstellte. Die beiden Mädels feierten einfach einen Erfolg und die gemeinsamen Urlaubstage.
Doch wie sagten schon die alten Chinesen? „ Der beste Wein vertreibt keine Sorgen!“ Im Gegenteil. Da war sie wieder, die Vergangenheit.
Alice und Walter. Mein Gott, denkt Alice in der schlaflosen Nacht. „Warum tut es immer noch so weh? Seit eineinhalb Jahren sind wir nun endgültig getrennt, der Mann hat mich so sehr verletzt, gelogen, betrogen und am Ende noch finanziell ruiniert, da er sie mit seinen Schulden zurück lies. Sonja sag mir warum tut es immer noch weh?“ Sie schliefen in der Nacht keine Stunde. Alice Südtiroler Freundin Mathilde gesellte sich in dieser Nacht zu ihnen auf das Bänkchen vor dem Haus. Mathilde hat auch eine schlaflose Nacht, da ihr Mann an einem Tumor operiert werden muss. Die drei philosophierten über das Leben, Gott und Welt, Krankheit und Glück, die Männer und die Liebe. „Wer lange genug ein Auge zugedrückt hat, wird erstaunt sein, wenn beide aufgehen“, sagte Mathilde. Wie wahr ist dieser Satz den sie Alice zuflüsterte. „7 Jahre habe ich ein Auge zugedrückt, vertraut, geliebt, gehofft, geglaubt“ erzählte Alice der alten Dame, die sie schon so sehr ins Herz geschlossen hat. Die beiden nahmen sich herzlich in den Arm, und leise weinten ihre Augen. So ist es nun mal, wenn einem die Vergangenheit wieder einholt und wenn einmal tiefe Gefühle im Spiel waren.
"Manchmal wünscht man sich, das Leben wäre anders, manche Fehler hätte man nicht begangen, manche Menschen nie getroffen und so mancher wäre dafür ein wenig länger geblieben. Manchmal fragt man sich, wäre man statt abzubiegen, mal weiter geradeaus gegangen. Wäre man, statt stehen zu bleiben, einen Teil des Weges gerannt. Doch Vergangenes bleibt was es ist, es zählen die Momente in denen man Freunde traf und es zählt der Weg, der noch vor einem liegt und es zählt, wer den Weg mit einem geht.
“Es ist keine Naivität, trotz aller Enttäuschungen an das Gute im Menschen zu glauben, das ist meine Stärke“, sagt sie weiter. „Gerade wenn du schon fast aufgeben willst, gerade wenn du glaubst, dass das Leben zu hart mit dir umspringt, dann denke daran wer du bist. Denke an deinen Traum! Gräm dich nicht mehr, die Erde ist rund, und jeder bekommt seine Rechnung. Auch dein Walter, wenn er sie nicht gar schon bekommen hat. “ Mit diesem Satz von Mathilde und dem letzten Gläschen Wein in dieser Nacht, genießen die drei Frauen lachend den Sonnenaufgang und erfreuen sich an den Apfelblüten die jetzt zu der Zeit alle Felder übersähen.
„Deine Vergangenheit, verfolgt sie dich? Lass sie los, meine Schöne, sonst wird sie dich immer verfolgen. Denke an deine Zukunft, an jedem Tag beginnt die Zukunft. Denke immer an das Glück das du jetzt hast, seit du dich von Walter getrennt hast, schau vorwärts, und nicht mehr zurück. Du bist fast Gesund seit du diesen Mann nicht mehr hast, Du hattest keinen Schub mehr seit er weg ist, weil dein Herz nimma schwer ist. Denk immer an das Gute in dir. Lass deine Augen nicht mehr leise weinen, lass sie strahlen, sie sind wunderschön. Du bist ein sehr Wertvoller Mensch. Vergiss das nie“.
Mit diesem herzlichen Worten verabschiedete sich Matthilde von Alice. „Was für eine tolle Frau“, denkt Alice…Schade dass sie nicht ihre Mutter ist!
…und die beiden freuen sich auf ei n baldiges Wiedersehen um weiter über das Leben zu philosophieren…
Helen Uebler 30.4.2013