Biografien & Erinnerungen
Warum ist mein Leben so verlaufen?

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"Warum ist mein Leben so verlaufen?"
Veröffentlicht am 28. April 2013, 484 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Nach vielen Fragen neugieriger Familienmitglieder habe ich angefangen Erinnerungen an Ereignisse, Menschen, Orte und Erkenntnisse niederzuschreiben. Da ich bisher Textverarbeitung lediglich für Briefe genutzt habe leide ich unter dem stressigen Formatieraufwand :-(. Ursprünglich hatte ich vor ein E-Book zu erstellen: zu aufwendig! Schön wäre ein Co-Autor/in, oder Lektorat. Fast 400 Seiten habe ich z.Z für 1942-1986. !987-2013 ist in Arbeit....
Warum ist mein Leben so verlaufen?

Warum ist mein Leben so verlaufen?

Beschreibung

© Heiner Jäger 2013 Als PDF von FogomainsATgooglemail.com erhältlich Z.Z. nicht aktualisiert

Warum ist mein

Leben so verlaufen?


Von Heiner Jäger

 

 

Versuch Erinnerungen an
Menschen, Ereignisse & Orte
festzuhalten.


Vielen Dank an Heike Noll und Jochen Körner.

Sie haben mir sehr geholfen



27.04.13 V08_Einleitung

Bevor ich alles vergesse



Viele Entscheidungen und Fehlentscheidungen wurden ge­troffen und beeinflussten das Leben. Ein „Was wäre gesche­hen wenn ...?“ ist jedoch überflüssig. Was geschah, lässt sich nicht mehr korrigie­ren und das ist auch gut so. Aus Fehlern lernt man und aus Scha­den wird man klug. Hätte ich mich in manchen Dingen anders ent­schieden, dann hätte mein Leben sicherlich einen anderen Lauf ge­nommen.

 

Doch wäre das gut?

 

Ich kann nur im Nachhinein sagen, dass ich zufrieden bin, mit allem, was passiert ist und wie sich alles entwickelt hat.

 

Es erwarten Sie Geschichten von meiner Kindheit, über meine Schulzeit, über die Zeit bei der Bundeswehr und natür­lich über mei­nen Beruf, der mich geprägt hat und zu dem ge­macht hat, was ich heute bin.

Mit der Zeit wird man reifer und lernt, richtige Entschei­dungen zu treffen. Vielleicht kön­nen Sie aus der ein- oder anderen Erfahrung meines Lebens profitieren?! Wenigstens die guten Erleb­nisse.

 

Ich habe viele Erinnerungen an Menschen, Orte und Ereig­nisse niedergeschrieben und daraus dieses Buch erstellt. Es soll mir helfen mich selbst zu entdecken und zu verstehen.

Kommen Sie mit auf die Reise!

 

Das Lied meines Lebens



Steh auf geh ins Bad,
mach dich sauber, mach dich wach.
Zieh dich an die Arbeit, es gibt immer was zu tun.
Reiß dich zusammen, laufe los, keine Zeit dich auszu­ruhen.

 

Mach das Maul auf, wenn was stört,
auch wenn es keiner hört.
Vor deiner Tür dreht sich die Welt,
heb sie aus den Angeln.

Du bist alt, jung genug,
um etwas mit deinem Leben anzufangen.


Schlafen kannst du immer noch, wenn das vorbei ist,
doch erst einmal musst du los, da wäre niemand, der dich vermisst.

 

Hau rein, hau drauf, zeig uns, wo der Hammer hängt.
Wer hat gesagt, dass es einfach wäre,
dass dir wer was schenkt?

 

Reib dich auf, zieh dir alles Neue rein.
Mach ihn voll deinen Kopf,
nicht um etwas Besseres zu sein,
sondern besser, um es besser zu wissen.
Sonst wirst du, wie du dich versiehst
von irgendwem beschissen.

 

Irgendwann bist du alt und du wirst es noch bereu­en,
dir werd ich helfen, sagt das Leben
und fängt an, dich zu zerstreuen.

 

Du sagst, du hast Angst vor den Menschen,

vor den Tieren,
fang an zu gewinnen, fang an zu verlieren
nimm alles was du hast und wirf es vor den Zug.
Der fährt ab und du weißt, mitzufahren wäre gut.

 

Also halt dich bei der Stange, es gibt Dinge, die sind ein Muss.
Halt nicht an, bleib nicht stehen, wiederhole deinen Rhyth­mus.
Halt nicht an.

 

Leg los, leg ab, gib Gas, mach nicht schlapp,
es klingt so einfach doch die Zeit wird knapp

Wenn du wüsstest, was noch kommt,
fingst du an zu heulen,
all die Wunden, all die Kratzer, all die Beulen.

 

Die Anreisen ...

 

Ich fürchte, in diesem Fall müssen wir leider teil­weise konsequent sein.“

 

Hat er das wirklich zu seinen „Untergebenen“ ge­sagt? Ohne zu lächeln? Der ältere Herr, Typ Abtei­lungsdirektor, lächelte nicht, als er diese verbale Inkon­tinenz seinen zwei Assistenten vermittelte. Und diese notierten diesem Blöd­sinn auch noch!

Was musste man bei den ständigen Reisen mit der Bahn al­les ertragen? Waren die regelmäßigen Verspä­tungen der Deutschen Bahn nicht schon Strafe genug?

Ich klappte das Buch zu und schaute aus dem Fens­ter. Die wöchentlichen Fahrten nach Frankfurt hatten mich zu einem idealen Kandidaten für „Wetten dass“ gemacht. Landmarken ermöglichten die Vorhersage der Ankunftszeit. Der kleine Segelflugplatz … jetzt noch circa 43 Minuten. Heute funktionierte mein System nicht so wie gewohnt. Die­se merkwürdige Reisegruppe rechts von mir hat mich abge­lenkt. „Leider teilweise“ in Verbindung mit „konsequent“ machte geradezu rammdösig.

 

Wie soll man sich bei solchem Nonsens auf die wichtigen Meetings konzentrieren? Wichtige Meetings mit viel Kaffee und dem richtigen Gebäck sind eine Wohltat, aber doch meistens unergiebig.

Langwierige Präsentationen mit vielen Grafiken und geradezu end­losen Zahlenkolonnen führen zu kaum zu unter­drückenden Gähnattacken.

 

Wie soll man das nur kaschieren? Eine provozieren­de Frage könnte für genügend Ablenkung sorgen. „Haben Sie bei der Analyse die (… möglichst viele englische Fachbegrif­fe) bedacht?

 

Oder, ich fürchte in diesem Fall, das lenkt ab und verlän­gert leider häufig ungewollt die Sitzungen.

Das Leben könnte so schön sein!

Die Reisen mit Flugzeug waren auch Routine. Wenigst­ens die Bonusmeilen waren ein Gewinn. Manch­mal hatte ich den Eindruck, dass alle anderen Passagie­re sich auch aus Consultants zusammensetzten.

Die Anzüge, die Mäntel, die Aktenkoffer und die unver­meidlichen Laptoptaschen ordne­ten sie dieser Katego­rie zu.

 

Und privat sah es so aus:

 

Vierzehn Jahre von Montag bis Freitag auf Achse. Bahn­höfe, Flugplätze, Leihwagen. Manchmal fragte ich mich, ob ein Job am Wohnort nicht die bessere Lösung wäre. Es gab mehrere Möglichkeiten, aber ich hatte sie nicht ergriffen. Bei allem Stress und extrem langen Ar­beitstagen „liebte“ ich meinen Job, oder redete es mir jedenfalls ein.

Eigentlich war das Reiseleben eine Flucht. Denn die Krank­heit meiner Frau und die damit verbundenen Probleme wa­ren eine schwere Bürde.

Die Nachricht, die unser Leben veränderte



Es begann mit einem Telefonat. Ich arbeitete 1989 bei ei­nem Kunden in Berlin. Meine Sekretärin kam in unsere Morgenbesprechung und sagte ich solle drin­gend unseren Hausarzt in Hamburg anrufen. Dr. R. er­zählte mir, er hätte nachts um drei Uhr einen Anruf meiner Frau erhalten. Sie klagte über unerträgliche Kopfschmerzen. Er fuhr sofort zu unserer Wohnung. Sein erster Eindruck veranlasste ihn, El­len umgehend in die Hamburger Uniklinik zu fahren. Ver­dacht auf Aneurysma.

Ich solle umgehend nach Hamburg kommen.

 

Der nächste Pan-Am-Flug war ausgebucht, aber nach Schilderung des Notfalls wurde ich mitgenom­men. In der Uniklinik nannte man mir die Station, und ich bin gleich in Ellens Zimmer. Es war abgedunkelt und sie schlief. Ich frag­te die Stationsschwester, was nun geschehe. Sie sagte, man hätte Ellen erstmals ein Beruhigungsmittel verabreicht und der Professor wür­de später nach Ellen schauen.

 

Sofort rief ich unseren Hausarzt an und schilderte ihm die Lage. Er war entsetzt, da er bei der Einliefe­rung auf den Verdacht einer Hirnblutung hingewiesen hatte.

Er würde so­fort in der Klinik anrufen und eine Verlegung in die Neuro­chirurgie verlangen.

 

Es dauerte kaum 10 Minuten und es erschienen eini­ge Krankenpfleger und holten meine Frau ab. Sie wur­de in die Neurochirurgie verlegt, und man versprach, mich umgehend zu informieren.

 

Zu Hause saß ich vor dem Telefon und rührte mich nicht von der Stelle. Unsere beiden Katzen hatten mei­ne Anspan­nung wohl gemerkt und lagen links und rechts von mir auf der Couch. Ich hatte Angst vor dem Anruf. Als er endlich kam, sagte mir der Oberarzt man müsse sofort operieren. Nach der Operation würde man sofort bei mir anrufen.

Das Warten wurde geradezu unerträglich. Ich informiert­e meine Familie und einige Freunde und bat sie nicht zurückzurufen. Die Leitung müsse unbedingt frei bleiben.

Nach sieben Stunden erhielt ich den ersehnten An­ruf aus dem Krankenhaus. Die Operation sei gut ver­laufen und ich solle zu einem Gespräch zum Oberarzt kommen.

 

Ich ließ das Auto stehen und rief ein Taxi. In dem Zu­stand wäre ich nicht in der Lage gewesen, mich auf den Ver­kehr zu konzentrieren.

 

Das Gespräch mit dem Oberarzt sorgte nicht zur Beruhig­ung meiner Flatternerven. Er erklärte mir: Die Aussichten auf eine vollständige Genesung seien sehr gering. Es könne sein, das Ellen nach dem Eingriff zum Pflegefall würde. Ei­nige andere Symptome wurden auch noch erläutert und ich hatte den Wunsch mich ir­gendwo zu verkriechen.

Der Chirurg rief mich später erneut an und sagte El­len wäre kurz aufgewacht und ich solle bitte vorbei­kommen. „Haben Sie einen Bauernhof?“ war die erste Frage. „Wie kommen Sie darauf?“ „Als ich nach Ihrer Frau schaute, öff­nete sie ihre Augen und fragte: Wer kümmert sich um die Kühe?“

 

Merkwürdige Geschichte. Wir gingen in Ellens Zim­mer. Sie war wach und ich werde die ersten Worte nie vergessen: „Dich kann man nicht alleine Einkaufen schicken. Wer hat Dir diesen fürchterlichen Kittel ver­kauft?“ Der Oberarzt nahm meine Hand und meinte: „Sie kommt durch!“ Nach dieser seltsamen Begrüßung schlief Ellen wieder ein.

 

Als ich die Geschichte dem Produktionsleiter Jens Köster erzählte, wurde das Rätsel gelöst. „Wir hatten bei den ge­planten Dreharbeiten Ärger mit einem Bau­ern. Er fürchtete seine trächtigen Kühe würden gestört. Ellen wollte am nächsten Tag mit ihm sprechen.

 

Ellen blieb für die nächsten vier Wochen auf der Intens­ivstation.

Trotz der guten Prognose blieb der Ein­druck der Monitore, Kabelstränge und Anzahl sich tropfenweise ent­leerender Infusionsflaschen deprimie­rend. Bei meinen Besu­chen konnte ich den Blick nicht von den Diagrammen und mehrfarbigen Zahlen wen­den. Warum ging diese Kurve plötzlich abrupt nach unten? Mehrfach rief ich nach den Schwestern, wurde aber stets beruhigt. Es würde keine Ge­fahr bestehen.

 

Ellen erzählte mir später, sie hätte meine Stimme immer gehört und das Streichen über den Kopfver­band hätte sie be­ruhigt.

 

Meine Mutter hielt die Stellung in Hamburg. Ich fand großes Entgegenkommen bei meinem Kunden und konnte die Anwesenheit in Berlin reduzieren. An­flug, Meetings, Abflug und Besuch in der Uniklinik wurde zur Routine.

Nach sechs Wochen auf der Inten­sivstation wurde Ellen auf eine andere Station in der Neuro­chirurgie verlegt. Ihr Orientie­rungssinn war anschei­nend in Mitleidenschaft geraten. Sie fand häufig ihr Zimmer nicht mehr. Das Kurzzeitgedächtnis war stark beeinträchtigt. Sie freute sich über meine Besuche, schi­en sich aber über ihren Aufenthaltsort nicht klar zu sein.

Ellen wurde gesucht

 

Ich erhielt einen Anruf aus der Klinik. Ellen war auf dem Weg zur Röntgenstation spurlos verschwunden. Sofort fuhr ich zum Flughafen und flog mit der nächs­ten Maschine nach Hamburg. In der Klinik herrschte große Aufregung.

 

Polizei wurde inzwischen eingeschaltet und eine Suchaktion gestartet. Die Polizisten baten um ein Foto von Ellen. Ich hatte Schwierigkeiten, da Ellen auf fast allen Fotos nur von hinten zu sehen war. Sie hasste es, fotografiert zu werden. Letztendlich fand ich eine Aufnahme vom letzten Skiurlaub in Braunlage.

 

 

Große Sorge bereitete die Tatsache, dass Ellen ihre Hand­tasche bei sich hatte. Mit Ausweis EC- und Kreditkarten. Der Flug­platz wurde sofort informiert.

Die Polizei be­fürchtete, sie könne in ihrer Verwirrtheit irgendwohin fliegen. Das war sie ja durch ihre Tätigkeit gewohnt.

 

Inzwischen waren alle Arbeitskollegen und Freunde mit ihren Autos unterwegs und suchten in Hamburg Orte ab, an denen sich Ellen möglicherweise aufhalten könnte. Ich fuhr in unsere Wohnung und koordinierte die Suche.

 

Am späten Abend klingelte es an der Haustür. Ellen war zurück. Sie war durchgefroren und bat um einen Kaffee. Ich informierte umgehend die Polizei und die Klinik.

 

Zwei Polizeibeamte erschienen um Ellens Anwesen­heit zu überprüfen. Ein Arzt vom UKE kam zu einer Untersu­chung und erlaubte Ellen eine Nacht Zuhause zu bleiben. Sie fand die ganze Situation äußerst anre­gend und lud alle Anwesenden zu einem Kaffee ein. Sie konnte sich an nichts erinnern, aber als sie bei ihrer „Wanderung“ unser Haus sah, klingelte sie.

 

Später konnte ich ihren Weg rekonstruieren. Sie war vom UKE zunächst ziellos herumgelaufen und fand schließlich Eimsbüttel.

In diversen Restaurants hatte sie Gäste angespro­chen und gefragt, ob sie als Komparsen an der laufen­den TV-Pro­duktion mitmachen würden.

 

Ellen musste am nächsten Tag zurück in die Klinik. Nach einigen Wochen wurde sie mit einem Kranken­wagen nach Bad Soden/Allendorf gebracht.

 

Bei meinem ersten Besuch dort begrüßte sie mich mit ei­nem strahlenden Lächeln: "Wohnst Du auch hier im Hotel? Mutti hat ein Zimmer auf meiner Etage."

 

Ich war perplex und verzweifelt. Sofort suchte ich den zuständigen Arzt auf und erfuhr, dass durch die Operations­folgen ein Überdruck im Gehirn entstanden sei. Ellen müsse zu einer Folgeoperation zurück nach Hamburg. Eine Art Ventil sollte eingebaut werden.

 

Meine Frage, ob dadurch eine Besserung erzielt würde, wurde lapidar beantwortet: „Das wollen wir doch hoffen."


Eine 2. Operation war erforderlich

Die zweite Operation verlief problemlos. Die Verwirrung­en schienen abzunehmen. Sie hatte sich total verändert. Früher die reizbare Arbeitsbiene im Dauer­einsatz war sie nun stets gut gelaunt und begann die Mitpatienten zu un­terhalten.

 

Eine weitere Kur wurde angemeldet und wenige Tage vor Weihnachten sollte sie nach Zwesten verlegt werden. Ich rief dort an und fragte, ob man den Termin nicht auf Anfang Ja­nuar verlegen könne. Das sei nicht möglich, war die Ant­wort. Wieder wurde ein Kranken­wagen eingesetzt. Ihre Schwester in Göttingen bot an, sich Weihnachten um Ellen zu kümmern. Zu meiner Überraschung erfuhr ich, Hilde durfte Ellen für die Weihnachtstage mit nach Göttingen nehmen. Drei Tage vor den Festtagen musste sie unbedingt in der Kuran­lage erscheinen und nun so etwas!"

 

In der ersten Januarwoche besuchte ich Ellen in Zwesten. Nach der Begrüßung fragte ich nach dem Ta­gesplan. Nach anfänglichen Untersuchungen hatte sie täglich eine Stunde Korbflechten. Korbflechten! Ich verlangte sofort einen Ter­min bei der Stationsärztin. Mein Weltbild kam ins Wanken.

 

Die Dame erklärte mir: „Wegen der Feiertage hätte man nicht genügend Personal für gezielte Maßnah­men, und sie hätte daher eine einwöchige Verlänge­rung der Kur bean­tragt.“ Mir verschlug es die Sprache. Das war die reinste Abzockerei!


Erkenntnis: Das Gesundheitswesen war und ist marode!

 

Nach Ellens Rückkehr von der Kur zog meine Mut­ter zu uns. Die Verwandlung meiner Frau war bemer­kenswert. Von der Powerfrau mit stets vollem Termin­kalender war nichts mehr zu erkennen. Sie liebte das Leben. Ich wurde an den Wochenenden von vielen Leuten auf der Straße ange­sprochen: „Hallo, wie geht es Ihrer Frau?“ Bald begriff ich, dass Ellen mit jedem menschlichen Wesen kommunizierte. Immer wenn sie auf einen Einkaufsbummel ging, sprach sie alle Men­schen freundlich lächelnd an.

 

Besonders ältere Leute waren total von ihr angetan. Sie trug deren Einkäufe, machte Besorgungen und hör­te ihnen einfach zu.


Erkenntnis: Zuhören will gelernt sein!

Der Leiter eines Altenheims in Hamburg erzählte mir später, Ellen würde häufig vorbeikommen und mit den Be­wohnern Bastelstunden veranstalten. Die alten Leute wären begeistert.

 

An den Wochenenden praktizierten wir stunden­lang Ge­hirnjogging. Mir war aufgefallen, dass ihr Kurzzeitgedächt­nis stark nachgelassen hatte. Auch der Orientierungssinn war beeinträchtigt. Ereignisse vor ihrer Operation waren je­doch präsent. Alle Telefon­nummern, Anschriften und Na­men waren gespeichert. Die Beeinträchtigung des Kurzzeit­gedächtnisses fiel besonders auf. „Ich gehe eben Senf holen“ führte zum Beispiel zu einem einstündigen Ausflug.


Nach der Rückkehr wurden diverse Dinge ausgepackt. Mei­ne Frage: „Wo ist der Senf?“ , führte zur Gegenfra­ge: „Wel­cher Senf?“ Von nun an musste ein Einkaufzet­tel genutzt werden, und vor meinem Abflug am Mon­tag erstellte ich ei­ne Übersicht mit allen Terminen und wichtigen Besorgun­gen.

 

Ihr Hausarzt bestellte sie wöchentlich ein. Mir fiel bei Durchsicht der Liquidationen auf, dass tägliche GOÄ-Posi­tionen, wie zum Beispiel „Telefonische Bera­tung“ aufgeführt wurden. Auch erschienen häufig Be­handlungspositionen mit gleichem Datum auf unter­schiedlichen Rechnungen. Beson­ders teuer waren die Laborabrechnungen. Hier gab es min­destens alle 14 Tage zwei unterschiedliche Liquidationen.

 

Als ich den Arzt um Aufklärung bat, schob er die doppel­te Abrechnung zunächst auf sein Personal und sagte: „Ihre Krankenversicherung erstattet doch alles. Ich verstehe Ihre Aufre­gung nicht.“ Er war an einer Labor­gemeinschaft beteiligt und sorgte durch die Laborana­lysen für genügend Umsatz!

 

Ich konnte meine Tätigkeit in Berlin wieder Vollzeit auf­nehmen. Meine Mutter übersiedelte nach Hamburg und kümmerte sich um Ellen.

 

Meine Tage waren mit den Reisen und Aufgaben beim Kunden ausgefüllt. Freitags holte mich Ellen ent­weder vom Bahnhof oder Flugplatz ab. Ihr Orientie­rungssinn war fast wie­derhergestellt, und sie machte nun häufig Streifzüge durch Hamburg und Umgebung.



Die Kinder meiner Nichte Heide verbrachten oft ihre Fe­rien bei uns, und Ellen machte viele Ausflüge mit ihnen. Als Ellen starb, wurde es von den in inzwi­schen Erwachsenden ohne Reaktion hingenommen.

 

Ich musste an einen Spruch von Ellen denken, über den wir oft gelacht hatten:

Begibt man sich in Familie, kommt man oft dabei um“

Er bezog sich eigentlich auf die fast täglichen Anru­fe ih­rer Mutter, die immer auf baldigen Besuch dräng­te.

 

Große Unterstützung in der angespannten Zeit er­fuhr ich auch durch meine Schwester Edith und ihren Mann Kar­l-Heinz. Sie haben Haushüter während meiner Abwesenheit „gespielt“ und mich sehr entlastet.

 

Die Kindheit

Man hat mir erzählt...

Ich wurde an einem Samstag am 25.07.1942 in Bremen zur Welt gebracht. Typisch für mich natürlich an einem Wochenende. Vater Heinrich war bei der Wehrmacht und irgendwo eingesetzt. Nach zwei Töchtern hatte die Familie nun einen Sohn hinzubekommen. Wenn ich meinen Schwestern glauben konnte, wurde ich ziemlich verwöhnt. So ein Nachkömmling änderte das Leben der anderen Kinder erheblich. Immer auf diesen schreienden Balg aufpassen und die eigenen Interessen hinten anstellen musste die Hölle für Edith und Ursula gewesen sein.


Geburtstagskinder Juli 1942



  • Rosel Zech, Theaterschauspielerin

  • Vicente Fox, Präsident von Mexiko

  • Javier Solana, spanischer Politiker und Außenminister der EU

  • Desmond Dekker, jamaikanischer Reggae-Sänger

  • Hannelore Elsner, Schauspielerin

  • Hartmut Mehdorn, Ex-MBB, Ex-DB, Air Berlin

  • und ich ……





 

 

 

Was war los in der Welt 1942?



  • Schlacht um Moskau - sowjetische Vorstöße bei Wjasma und Moschaisk

  • Unterzeichnung der Gründungserklärung der Vereinten Nationen durch 26 Staaten in Washington, D.C.

  • In Schweden werden Textilien rationiert und die Kleiderkarte eingeführt Venezuela bricht seine diplomatischen Beziehungen zu Italien, Japan und dem Deutschen Reich ab.

  • Wannseekonferenz in Berlin

  • Vernichtung des tschechischen Dorfes Lidice und seiner erwachsenen Einwohner durch den Naziterror

  • Beginn des deutschen Angriffs auf Stalingrad (Schlacht von Stalingrad)

  • Die Briten unter Bernard Montgomery setzen bei El-Alamein zum Gegenangriff an.

  • 1. Energiegewinnung durch Kernspaltung

  • Ich wurde zwar in diesem Jahr geboren, hatte jedoch keinen Einfluss



Im Exil während des 2. Weltkrieges



Während des 2. Weltkriegs war der Rest der Familie in Holtorf/Niedersachsen. Meinen Vater kannte ich nicht, er war ja damals Soldat. Meine Familie bestand aus meiner Mutter und meinen beiden Schwestern Edith und Ursula.

 

Ich spielte meistens mit meinem Cousin Hans-Jürgen Meyer. Von allen Menschen aus dieser Zeit ist nur der Vermieter noch vage in Erinnerung. Ich nannte ihn Onkel Ernst und er mich „Heinzala.“

 

Meine Mutter erzählte mir später, dass nach Ankunft der Engländer ich oft als Maskottchen in einem Jeep mitfahren durfte. Vielleicht stammt meine Begeisterung für die englische Sprache aus dieser Zeit.

 

Nach Kriegsende zogen wir zurück nach Bremen. Mein Onkel Hermann F. Jäger hatte ein Lebensmittelgeschäft eröffnet, und wir fanden eine Wohnung im Nebenhaus.


Ankunft meines Vaters nach der Kriegsgefangenschaft

 

Die erste Erinnerung ist die Heimkehr meines Vaters aus der Kriegsgefangenschaft. Es klingelte an der Haustür und ich lief die Treppe runter. Vor der Tür stand ein unbekannter Mann mit einem Holzkoffer und einem langen Wehrmachtmantel. „Du musst Heiner sein“ waren die ersten Worte.

 

Schnell lief ich nach oben in die Küche und rief: „Da ist ein fremder Mann an der Haustür.“ Der Unbekannte war mir gefolgt und meine Mutter nahm ihn weinend in den Arm. Der Mann stellte den Koffer auf den Tisch, öffnete ihn, und überreichte mir einen dreiteiligen Holzdackel. Die Teile waren mit Schuhlederstücken verbunden und das Geschenk bewegte sich, wenn man an der kurzen Hundeleine zog. Die Worte meiner Mutter: "Das ist dein Vater", konnten mich nicht von meinem neuen Spielzeug ablenken.


Lebenserfahrungen: Es dauerte Tage, bis ich den neuen Familienzuwachs verarbeitete.


Frage: War ich bestechlich?

 

Die Bremer Neustadt: Mein Revier

 

Mein Onkel hatte wie gesagt im Nebenhaus einen Lebensmittelladen und ich verbrachte die meiste Zeit dort. Es gab immer etwas zu naschen. Eines Tages zeigte mir mein Onkel etwas Zwiebelförmiges und versprach mir 50 Pfennig, wenn ich es essen würde. 50 Pfennig, ich war reich!

 

Als ich zum Essen nach Haus musste, gab es eine Ohrfeige. "Iss nie wieder Knoblauchzehen!"

 

Ich verstand die Welt nicht mehr. Mein großer Freund, mein Onkel hat mich zu einer Mutprobe herausgefordert und sogar fürstlich dafür belohnt. Die Welt konnte ganz schön grausam sein.

Der weiße Zucker



An einen bestimmten Tag im Lebensmittelladen meines Onkels erinnere ich mich noch genau. Mein Vater arbeitete für eine amerikanische Dienststelle und es war ihm gelungen, mehrere Säcke Zucker zu besorgen. Weißer Zucker war zu der Zeit kaum zu kriegen, und es sprach sich wie ein Lauffeuer herum. An diesem Tag sollte der Verkauf beginnen. Die ganze Familie war schon vor der Ladenöffnung dabei jeweils 100 Gramm in blaue Tüten zu füllen.

 

Einige Minuten vor acht ging mein Onkel zur Ladentür. Neugierig wie immer folgte ich ihm. Vor der Tür war ein Menschengewimmel. Die Menschenschlange schien bis zum Horizont zu reichen. Es wurden immer nur fünf Kunden eingelassen und nach Erledigung ihrer Einkäufe (natürlich den kostbaren Zucker zuerst) gegen fünf neue Kunden ausgetauscht. Ordnung muss sein!

 

Nach einiger Zeit wurde es mir zu langweilig und ich trollte mich vor dem Laden herum. Einige Häuser weiter saßen drei Jugendliche auf der Eingangstreppe. Ein Junge und zwei Mädchen mit Rucksäcken. Der Junge hatte eine Zigarrenkiste in der Hand und zählte Zigaretten. „Ich hatte doch neun, habt ihr eine geraucht herrschte er die Mädchen an. Diese wiesen diese Anschuldigung empört zurück.

 

Welch ein Aufstand wegen einer Zigarette, die waren doch in Onkels Laden zu kaufen. Schicke Dreierpackungen!

 

Erst später habe ich über Schwarzmarktgeschäfte gelesen und begriffen, dass auch eine einzige Zigarette als Tauschobjekt wertvoll sein konnte. Es war meine erste Begegnung mit Flüchtlingskindern.

 

Wir zogen nach einiger Zeit in ein Haus in der Lehnstedter-Straße. Hier gab es einen Garten und wesentlich mehr Platz.

 

Der erste Hund in meinem Leben



Ein Hund kam ins Haus. Wir nannten ihn Strolch. Sah aus wie eine schwarze Miniaturausgabe eines Schäferhundes. Gemeinsam machten wir Erkundigungsausflüge. Strolch wurde von den Jungen unserer Straße zum Wachhund ernannt.

 

Wir hatten auf einem Ruinengrundstück einen Unterstand mit Wachturm errichtet. Strolch saß im Wachturm und warnte uns, wenn die feindlichen Jungen der Meyerstraße sich näherten.

 

Schnell wurden unsere Waffen eingesetzt. Ein Hagel von Lehmbällen vertrieb die Meyerbande und wir feierten unsere Siege ausgiebig mit Brausepulver.

 

Höhepunkt des Lebens waren die Besuche im Kino. Es gab sonntags die sogenannten Jugendvorstellungen zum reduzierten Preis. Atemlos verfolgte ich die Abenteuer des scharlachroten Reiters und spannende Piratengeschichten.

 

Auch der Bremer Freimarkt wurde stets besucht. Der Geruch gebrannter Mandel, die Musik der Fahrgeschäfte, die aufregenden Fahrten in der Geisterbahn waren immer wieder spannend. Als ich einmal mit meinem Vater zum Freimarkt ging, fiel mir ein Drehorgelspieler auf. Er hatte keine Beine und thronte auf einem Brett mit kleinen Rädern. Ich bat meinen Vater um etwas Geld. Er sagte jedoch: "Der Kerl hat mehrere Wohnungen und braucht unser Geld nicht.“


Erkenntnis: Erwachsene können manchmal seltsam sein!

Mein Vater arbeitete für meinen Onkel und war für den Einkauf von Obst + Gemüse zuständig. Früh morgens fuhr er zum Großmarkt. Er brachte häufig Proben mit heim. Die ersten Kiwis werde ich nicht vergessen. Es hatte schon Vorteile, in einer Lebensmittel-Familie zu leben. Häufig tauschte ich später mitgebrachte Süßigkeiten in der Schule zum Erstaunen meiner Klassenkameraden gegen Schmalzbrote.

Die Familie veränderte sich

 

 

Später eröffnete mein Vater in der Bremer Neustadt einen eigenen Lebensmittelladen. Wir zogen erneut um in die Gneisenaustraße. Im Laden wurde die ganze Familie eingespannt. Mehl und Zucker mussten gewogen und eingetütet werden. Neue Ware wurde ständig in die Regale sortiert und im Keller wurden Flaschen gespült und aus den angelieferten Fässern neu gefüllt und etikettiert.

 

Die Renner waren Tarragona- und Malagawein. Auch Brandwein wurde so auf den Markt gebracht. Zu meiner Verwunderung wurden aus dem gleichen Fass drei unterschiedliche Sorten produziert. Es gab sowohl 1- 2- und 3-Stern-Etiketten. Mein Vater sagte, die Kunden würden diese Vielfalt fordern.


Erkenntnis: Nachfrage reguliert den Preis und der Kunde ist König

Die Abfülltage waren geradezu ein Familienfest. Meine Schwestern spülten die Flaschen und ihre Männer wechselten sich beim Ansaugen der Fässer und dem Füllen der Flaschen ab. Die Stimmung der beiden wuchs und wuchs. Sehr beliebt war es den anderen zum Ansaugen eines Essigfasses zu bewegen. Das war stets der Höhepunkt des Tages, da beide das Ritual durch ausgiebige Schlucke der diversen Sorten verfeinert hatten.

 

Mir wurde beigebracht, wie Flaschen mit Etiketten, Korken und farbigen Verschlüssen bearbeitet wurden. Aus meiner Sicht war das eine deutlich höherwertige Aufgabe.

 

Eines Tages beschlossen die "Abfüller", mich zum Ansaugen der Spirituosen zu animieren. Als ich die Kellertreppe später hochstieg, gab es die erste und letzte Ohrfeige von meinem Vater.

Erkenntnis: Alkohol ist stets mit Vorsicht zu genießen!

 

Ich beobachtete meinen Vater oft beim Tagesgeschäft. Dabei konnte man vieles für das spätere Leben lernen. Als eines Tages ein Bauer mit mehreren Kartoffelsäcken in den Laden kam und ich sah, dass sehr viel Sand dabei war, informierte ich umgehend meinen Vater. "Ist schon in Ordnung“ hatte ich nicht erwartet. Der Bauer trat an die Kühltheke und bestellte zwei Pfund Käse. Ich sah, wie mein Vater mit seinem Daumen die Waage bearbeitete. Der Landwirt zahlte und verließ den Laden. Mein Vater sagte, der Sand sei damit ausgeglichen!


Erkenntnis: Vieles gleicht sich im Leben anscheinend aus.

Einmal erhielt ich als Weihnachtsgeschenk das "Neue Realienbuch". Kaum aufgeschlagen sah ich einen Artikel "Der gemeine Seehund". Das rief sofort Protest hervor: "Der ist nicht gemein!“ Ich verstand nicht, warum die Familienmitglieder lachten.

 

Meine Eltern kauften viele Bücher für mich. Das war der Start zum Leben als Leseratte. Um das nächtliche Leseverbot zu umgehen, benutzte ich eine Taschenlampe unter der Bettdecke.


Erkenntnis: Auch ohne Internet konnte man die Welt entdecken!

Die Welt der Naturwissenschaften wurde erforscht



Als der 1. Chemiekasten eines Tages in Haus kam, brach der Forscherdrang bei mir durch. Ich nutzte die Abwesenheit meiner Eltern an einem Abend, um die größte Wunderkerze der Welt herzustellen.

 

Im Begleitbuch waren die Zutaten exakt beschrieben. Sie schienen mir arg dürftig. Durch Erhöhung um den Faktor 10 sollte die Kerze sicherlich meinen Anforderungen genügen. Nach dem Anzünden war ich begeistert, mein Zimmer musste endlich neu gestrichen werden.


Lebenserfahrungen: Das Leben könnte so schön sein, aber ohne Experimente?


Erkenntnis: Handbücher sind zwar nützlich, aber experimentieren ist spannender ...

 

Die nähere Umwelt wurde erkundigt



Große Urlaubsreisen wurden nicht unternommen. Meine Eltern waren von Montag - Samstag im Geschäft. Sonntags wurden dann gelegentlich Ausflüge in die Umgebung unternommen.

 

In einem Dorf stand ein Bauer am Zaun. Mein Vater hupte kurz und winkte ihm zu. "Kennst Du den Mann denn?"

 

"Nein, aber der wird den ganzen Tag mit der Frage beschäftigt sein: Wer war das?“ Mir war das peinlich. Kinder sind manchmal kleinlich, oder?

 

Ich lernte bei diesen sonntäglichen Ausflügen die Umgebung von Bremen näher kennen, fand diese Fahrerei, abgesehen von gelegentlichen Kuchenpausen, jedoch recht öde.

 

Spannend dagegen waren die Streifzüge zur Piepe, einem kleinen See. Hier wurden die ersten Stichlinge gefangen und wieder freigesetzt. Im Winter waren die Böschungen ideale Rodelstrecken.

Wichtige Bezugspersonen während der Kindheit



Ein besonderes Verhältnis hatte ich zu meinem Großvater Martin Heyn. Seine ruhige Art und Geduld selbst „irre“ Fragen seines neugierigen Enkels zu beantworten habe ich sehr bewundert.

 

 

Mit meinem Onkel Hermann F. Jäger verband mich einiges. Er wirkte zwar etwas schroff, aber ich möchte ihn sehr.

 

Meine Schwester Edith lebte in Nienburg und ich liebte die Besuche dort. Später habe ich meine Schulferien oft bei ihr verbracht.

 

Der 1. Urlaub mit den Eltern



Meine Eltern schafften es doch, eines Tages eine Woche Urlaub zu nehmen. Wir fuhren nach Callantsoog in Holland. Übernachtet wurde in einem kleinen Hotel. Man musste nur die Straße und die Dünen überqueren, um an die Nordsee zu kommen. Es war herrlich. Die Seeluft sorgte für ewigen Hunger. Loslaufen, baden, zurück und eine Portion Pommes mit Ketchup. Das Ganze mehrmals täglich.

 

Besonders das Frühstück gefiel mir: Schokoladenstreusel auf Toastbrot! Das war der Himmel auf Erden. Abends fiel ich wie tot ins Bett, die Seeluft wirkte wahre Wunder.

 

Dreißig Jahre später bin ich nach einem Englandurlaub nochmals nach Callantsoog gefahren, um Kindheitserinnerungen aufzufrischen. Der Ort war nicht wiederzuerkennen. Alles mit neuen Hotels, Campingplätzen, Ferienhäusern und Andenkenläden zugepflastert.

Erkenntnis: Erinnerungen sind schön, die Zeiten ändern sich!

 

 

 

 

Und aus heutiger Sicht



Die Kindheit ist eine sehr wichtige prägende Phase. Betrachtet man die Gegebenheiten dieses Lebensabschnitts, fällt auf:

1942 geboren. Vater erst 1947 kennengelernt. Vom Krieg nichts direkt mitbekommen.

Umzug nach Bremen. Ruinen waren ein gewohnter Anblick und boten Möglichkeiten für viele Erkundigungen.

Die Begeisterung für Bücher sorgte für die Möglichkeit, in Traumwelten zu leben und zu flüchten. Die Rückzüge in meine Traumwelten endeten leider nicht mit Ende der sogenannten Kindheit.

Familie: Mutter und zwei Schwestern waren der Dreh- und Angelpunkt. Die Eltern meiner Mutter kannte ich nur von Besuchen. Während mein Großvater später zu einer wichtigen Bezugsperson wurde, erinnere ich mich nicht an meine Großmutter.

 

Mein Onkel (Hermann F. Jäger) ersetzte den unbekannten Vater. Er war eine absolute Respektsperson für mich. Sein Sohn Helmut wurde zum Spielkameraden, während der andere Sohn Heinz-Hermann kaum mit Helmut und mir korrespondierte.

 

Jahrzehnte später musste ich feststellen, dass die geringe Wertschätzung meines Onkels dem ältesten Sohn gegenüber gerechtfertigt war. Es gab noch Onkel Alfred (Jäger) und Tante Kläre. Die habe ich jedoch nur bei Familienfesten gesehen.

 

Mehr Kontakt hatte ich mit zwei Schwestern meiner Mutter und ihren Familien. Tante Anni und ihre Familie kannte ich aus der Zeit in Holtorf. Tante Hanni war mit einem Schlachtermeister verheiratet.

Religion spielte im gesamten Familienkreis keine Rolle und wurde nicht diskutiert. Das sorgte sicherlich für meine spätere Haltung zu diesem Komplex.

Auch Politik war kein Thema. Lediglich Großvater Martin Heyn verfolgte interessiert das politische Leben.

 

 

Die Grundschule oder erste Schritte





Die Grundschulzeit liegt bis auf wenige Erinnerungen in tiefem Nebel. Die wenigen erwähnenswerten Ereignisse sind kurz erzählt. Eines Tages kam ich nach der Schule heim und meine Mutter fragte, warum meine Hand so rot sei. Der Deutschlehrer wollte mir beibringen, dass ich gefälligst mit der rechten Hand schreiben solle, und benutzte dafür sein Lineal. Ein Besuch meines Vaters beim Pauker am nächsten Tag rettete meine Linkshändigkeit, beeinflusste jedoch häufig die Noten. Aufsatzthema eine glatte Eins, Schrift eine glatte Sechs.

 

Niemand nahm Rücksicht auf mein traumatisches Erlebnis mit der Knoblauchzehe in der Kindheit.

 

Ich hatte in der Grundschule einen Freund, Klaus Reher. Seine Eltern besaßen eine Bäckerei. Nach Schulschluss eilten wir zur Bäckerei und wurden mit Kümmelbroten und frischer Butter versorgt. Ein Traum! Kuchen war etwas für Weicheier, aber Kümmelbrote etwas für ganze Kerle.

 

Das Schulleben war nicht besonders schwer. Diskussionen mit den Klassenkameraden erweiterten den kindlichen Horizont. Ich lernte schnell, dass körperliche Überlegenheit einiger Mitschüler durch flotte Sprüche kompensiert werden konnte. Man durfte nur niemanden lächerlich machen.

 

Wir hatten nur ein Mädchen in der Klasse. Bei der Wahl zum Klassensprecher bemühte ich mich durch kleine Geschenke um diese Position. Der Lohn war nämlich der Platz neben der hübschen Christa, die mangels weiblicher Wähler automatisch Klassensprecherin wurde. Als ich das Ziel erreichte entdeckte ich neue bisher unbekannte Gefühle. Das Leben war schön, und es tat gut, von anderen beneidet zu werden.

 

Erkenntnis: Setze dir stets die richtigen Ziele im Leben!

 

Zwanzig Jahre später wurde ich bei einem Besuch in Bremen von einer Frau angesprochen: „Hallo Heiner, wie geht es Dir?“ Ich schaute sie an. Die rundliche Dame mit dem schrecklichen Hut und den zwei Kindern kannte ich nicht. Nie vorher gesehen. „Ich bin es, Christa.“

 

Galant begrüßte ich sie, schaute auf die Uhr und floh mit der Bemerkung: „Sorry, mein Zug ...“

 

Erkenntnis: Manchmal holt einen die Vergangenheit ein

 

 

Die ersten Erfahrungen wurden gemacht



Es gab besondere gute Tage. Wir kriegten einen neuen Englischlehrer, Dr. Platzer. Der Vorgänger war ein dröger Grammatikfanatiker und der Notenschnitt daher ziemlich miserabel.

 

Dr. Platzer schaffte es durch seine lockere Art, Begeisterung für die neue Sprache zu wecken. Er forderte uns zum Beispiel auf, unsere Tagesabläufe in Englisch zu erzählen. Wenn uns Worte fehlten, wurden sie von ihm an der Tafel notiert und später erläutert. Der Wortschatz wuchs zusehends. Er überzeugte unsere Eltern, uns Abonnements der „Junior Press“ zu besorgen. Diese spezielle Zeitung für Schüler hatte unter jedem Artikel eine Übersetzung der wichtigsten Worte.

 

Ich nutze fortan mein Taschengeld, um alle vierzehn Tage am Bahnhof in Bremen die „Saturday Evening Post“ zu kaufen. Die Titelbilder von Norman Rockwell und die Artikel haben mich begeistert.

 

Etwas später fing ich an, englischsprachige Taschenbücher zu kaufen. In harten Verhandlungen mit meinen Eltern musste dafür mein Etat erheblich angepasst werden.

„The Red Pony“ , von John Steinbeck, war der erste Erwerb. Ich hielt mich an den Ratschlag von Dr. Platzer: "Fange nicht an, den Text mit einem Wörterbuch zu verarbeiten, lese einfach weiter, ohne beim Lesen alles zu übersetzen.“ Recht hatte der Gute!

 

Schön waren auch die jährlichen Fahrten in die Schullandheime. Die anfallenden Kosten verhinderten gelegentlich die Teilnahme einiger Mitschüler. Dr. Platzer fand eine gute Lösung. Er lud die Eltern ein und fragte nebenbei: "Wie viel Taschengeld geben sie ihrem Sohn bzw. Tochter mit.“ Es erfolgten Nennungen zwischen 0,00 DM und 50,00 DM.

 

Unser Superlehrer überzeugte die Eltern, alle Beträge über 0,00 DM und die Reisekosten in die Klassenkasse einzuzahlen. Mit dem Gesamtbetrag konnten die Reisekosten für Mitschüler aus ärmeren Familien beglichen werden. Eis und andere lebenswichtige Dinge wurden dann aus der Klassenkasse gezahlt.

 

Lebenserfahrungen: Wir lernten den Begriff Sozialismus auf diese Weise, ohne ihn zu begreifen.

 

 

Dr. Platzer war mit der hübschen Sport- und Mathematiklehrerin verheiratet. Sie waren kinderlos und alle zwei Wochen gab es ein offenes Haus bei ihnen. Es gab Säfte und Kuchen. Wir saßen auf dem Fußboden und diskutierten alle möglichen Themen (Politik, Kultur, Literatur, Sport etc.). Nach der zweistündigen Runde blieben eini

Swing im Hotel Skandia

Der Erfolg des Jazzkellers brachte uns auf die Idee, weite­re Musikevents zu planen. Sonntags gingen wir gerne in das Hotel Skandia. Hier gab es ein besonders gutes Anret­ning

Der Hotelbesitzer war vom Jazz begeistert und er sei auch ein Fan von Swing und Big Bands. Wir kann­ten den großen Saal im Skandia, der für große Feiern genutzt wurde. Warum nicht einen Abend mit einer Big Band? Der Hotelier war begeistert und sagte wir könnten den Saal kostenlos nutzen. Ihm würde der Ga­stronomieumsatz reichen.

Es klang sehr gut, aber woher sollten wir eine Big Band nehmen und was würde es kosten?

Conny erzählte, er hätte einmal die US-Air-Force Band erlebt. Sie hätten ihn mit ihrem Swing total be­geistert. Sie waren in Ramstein stationiert und gaben weltweit Konzerte. Warum nicht Kontakt aufnehmen? Gesagt, getan und zu unserer Überraschung war der zuständige Offizier nicht ab­geneigt. Kosten würden für Band und Transport nicht anfal­len.

Wir schickten ihm unser Konzept und mögliche Ter­mine zu. Ein Termin wurde festgelegt und wir starte­ten unser Marketing. Eine Druckerei übernahm als Sponsor die Plaka­te. Sie wurden überall verteilt und die Bühne im Saal leicht modifiziert.

Unser Verbindungsoffizier in Ramstein sandte uns die An- und Abreiseinformationen. Die Band würde mit ihrem Transporter in Jagel landen und mit Bundes­wehr-Bussen zum Hotel anreisen. Für den Nachmittag waren Proben an­gesetzt. Das Konzert sollte um 19 Uhr beginnen und pünkt­lich um 22 Uhr enden, da die Band vor Beginn des Nacht­flugverbotes in Jagel sein musste.

Alles klappte wie geplant. Die Bandmitglieder rich­teten die Bühne her und fingen mit ihrer Probe an. Um 18.30 Uhr wurde der Saal geöffnet und wir warteten gespannt auf das Publikum. Hoffentlich würden genü­gend Leute kommen.

Unsere Erwartungen wurden geradezu übertroffen. Zu­sätzliche Sitzgelegenheiten mussten besorgt wer­den. Als alle untergebracht waren, fing die Band mit Stücken von Benny Goodman und Glenn Miller an. Ich saß in der ersten Reihe und beobachtete die Reaktion des Publikums. Zu meinem Erschrecken schienen sie teilnahmslos herumzusitzen. Fias­ko!!!

Was hatten die Besucher sich eigentlich unter einem Big-Band-Abend vorgestellt? Volkslieder? Vereinzelt wurde ge­klatscht, es klang jedoch mehr nach Höflich­keit. Welch Rein­fall! Um 20.30 Uhr war eine 30-minüti­ge Pause. Wenigs­tens der Hotelier kam auf seine Kos­ten.

Nach der Pause fing die Band erneut an und ich konnte meinen Augen und Ohren kaum trauen. Einzel­ne Paare fin­gen in den Gängen an zu tanzen und Solis­ten wurden frene­tisch gefeiert. Kurz vor 22 Uhr spielte ein schwarzer Trom­peter das Trompetensolo Taps aus dem Film "Verdammt in alle Ewigkeit". Der Beifall war orkanartig und wir bekamen ein Problem: das Nacht­flugverbot in Jagel. Der Bandmana­ger hatte nur eine Frage: "Wo bringen wir unsere Leute un­ter, wenn wir weiterspielen?"

Der Hotelier stellte einige freie Zimmer zur Verfü­gung und der Rest wurde kurzerhand im Seeflieger­horst unterge­bracht.

Das Konzert lief bis weit nach Mitternacht und war lan­ge Zeit im Gesprächsthema Nummer. Eins.

Diverse Zeitungsartikel in ganz Schleswig-Holstein lob­ten das Konzert.

Den sonntäglichen Brunch im Skandia erhielten wir nun zu einem Sonderpreis.

Und auch der Sport kam nicht zu kurz

Als Haushaltsmittel zur Förderung sportlicher Aktivität­en freigegeben wurden, beantragten wir Segelboo­te. Die An­bindung an die Schlei bot sich geradezu an. Nach längeren Diskussionen wurden die notwendigen Formulare ausge­füllt. Ein Tornado und ein Starboot sollten es schon sein.

Nach einigen Wochen kam die frohe Botschaft: Die Boote lägen im kleinen Hafen. Dort angekommen wa­ren wir sprachlos. Drei Tornados und drei Starboote waren angelie­fert worden. Unsere Segelgruppe hatte nur acht Mitglieder!

Wir informierten umgehend unseren Kompanie­chef. Sei­ne Reaktion war verblüffend: "Keine Aufre­gung bitte, wenn die uns sechs statt der angeforderten zwei Boote senden, soll­ten wir uns freuen. Es ist sinn­los mit den Zuständigen zu diskutieren. „Die“ haben immer recht und geben keine Feh­ler zu"

Erkenntnis: Bürokraten heißen nicht umsonst so

Die Marine in Flensburg stellte uns einen erfahren­den Oberbootsmann als Segellehrer zur Verfügung. Mir gefiel besonders seine riesige rote Nase. Er konnte offensichtlich Windänderungen damit riechen.

Unter seiner Anleitung erkundeten wir die Schlei und unsere Segelgruppe hatte regen Zulauf. Vom örtli­chen Yachtclub wurden wir wegen unserer Armada be­neidet. Ein schönes Gefühl, oder

Das Sportabzeichen und meine Schwachstellen

3000 Meter laufen

Das Ablegen der Prüfung für das Sportabzeichen wurde angeordnet. Ein Blick auf die Disziplinen zeigte zwei Proble­me auf: 3000-Meter-Lauf und 300-Me­ter-Schwimmen. Aus­gerechnet meine Achillesfersen!

In der Schulzeit hatte ich einige Erfolge auf Kurz­strecken bei Schulsportfesten, aber 3000 Meter? Da half nur Trai­ning. Deprimiert packte ich meine Turnschuhe und ging zum Sportplatz. Ein einsamer Läufer drehte seine Runden. Der Kerl schnaufte nicht mal!

Nach 400 Metern setzte ich mich total ausgepumpt ins Gras. Da kam der Bursche mit der Pferdelunge vor­bei, blieb bei mir stehen und sagte: „Hallo.“

Ich erzählte von meiner Herausforderung. „Kein Pro­blem, ich helfe gerne.“ Intervalltraining war nun täglich an­gesagt. Seine Trainingsmethoden schienen reichlich paradox. Er lief vorweg und rief „Marilyn“ oder „BV“ und ich sollte im Kopf mit „Monroe“ oder „Aral“ antworten. Das klappte tatsächlich.

Die anfänglichen Lungenstiche verschwanden. Kurz vor der Prüfung schaffte ich die geforderte Zeit. Mein Trainer bot an, als Pacemaker zu fungieren. Er brauch­te nicht ein­mal eine Uhr um die erforderlichen Run­denzeiten exakt ein­zuhalten.

Der große Tag kam und ich hielt mich an seine Anweis­ungen. „Monroe, ARAL, Monroe, ARAL“ Runde um Run­de. „Du bist genau in der Zeit, die letzte Run­de.“ Kaum ge­hört raste ich wie ein Irrer los, überholte ihn und brach nach Überquerung der Ziellinie total er­schöpft zusammen. „Was war denn mit Dir los?“ Schwer atmend: „Ich wollte die Qual so schnell wie möglich beenden!“

Erkenntnis:

Manchmal kann man über sich herauswachsen!

Ich hatte die vorgebende Zeit noch deutlich unterschritt­en und nahm mir vor: „Nie wieder mehr als 200 Meter!!!!“

300 Meter schwimmen?

Nun lag nur noch die leidige Schwimmerei vor mir. Schwimmen konnte ich zwar, aber 300 Meter in einer Fabel­zeit? Hier halfen „Marilyn und ARAL“ sicherlich nicht. Im Hallenbad wurden die Bahnen ausgelost. Mir wurde die Bahn am Beckenrand zugewiesen. Da konn­te ich mich not­falls retten bei einem möglichen Krampf.

Der Startschuss ertönte. Ich bemühte mich ohne große Wasseraufnahme, meine Bahnen zu absolvieren. Auf dem mittleren Bahnen entwickelte sich ein Wett­kampf. Drei Prüflinge lieferten sich ein spannendes Rennen. Die Zeit­nehmer waren ganz gebannt und schauten den Assen zu.

„Mir sagen Sie, dass Sie nicht gut schwimmen kön­nen, das war eine Klassezeit, kommen Sie raus.“ Halb tot hörte ich diese Worte. Ich hatte doch erst die halbe Strecke absol­viert!

Als Soldat hatte ich gelernt: Widerspruch ist zweck­los! Mit letzter Kraft erklomm ich den Beckenrand.

Erkenntnis: Manchmal reicht die halbe Distanz!

Ausflug in die Heide

Der Kalte Krieg war noch im Gange. Ein Teil von uns wurde in eine Kaserne in der Lüneburger Heide verlegt. Die US-Air-Force hatte eine temporäre Radar­station auf einem Hügel aufgebaut. Dort sollten wir den Luftraum überwa­chen. Wir machten Schichtdienst. Unsere Konsolen waren in einem aufblasbaren Zelt in­stalliert. Baulicher Höhepunkt war auf einer kleinen Anhöhe die Toilette. Vier Pfähle ver­kleidet mit einer matten Folie.

Als ich eines Nachts eine Raucherpause einlegte, sah ich Flammen in der Toilette. Ich traute meinen Au­gen nicht. Sie erloschen und Sekunden später erneut Flammen. Ich griff einen Feuerlöscher und stürmte den Hügel rauf, öffnete die Tür. Ralf schaute mich verdutzt an. „Hey, was soll das.“ „Die Flammen“ keuchte ich. „Hier zieht es eiskalt von un­ten, deshalb habe ich ein paar alte Zeitungen angezündet.“

Erkenntnis: Zündende Ideen sind manchmal hilf­reich

Während unseres Aufenthalts waren wir in einer nahelie­genden Kaserne untergebracht. Sie lag im wahrsten Sinne des Wortes am „Arsch der Welt.“ Ein­ziger Lichtblick in die­ser Zeit war eine attraktive Ser­viererin in der Kantine. Im Laufe der Wochen wurde sie immer attraktiver.

Mangels ausreichender Unterhaltungsmöglichkei­ten sa­hen die dienstfreien Tage so aus:

  1. Essen
  2. Schlafen
  3. Ein, zwei Biere bei der inzwischen schönsten Frau der Welt ordern, wenn die drei Punkte er­ledigt wa­ren, fing das Ganze wieder von vorne an.

Ich fand einen Bertelsmannkatalog mit einem Sonderang­ebot: Ein Kofferplattenspieler für nur 45,00 DM. Das war ja geradezu ein Schnäppchen. Das Formular wurde ausgefüllt, einige LPs ausgesucht und abgeschickt.

Nach einer Woche wurde ich über die Anlieferung infor­miert. Ich eilte zur Schreibstube: „Hallo, hier soll ein Paket für mich sein?“ „Ein Paket ist gut, hier sind fünf.“

Alle waren vom Buchclub. Jedes Paket enthielt einen Plattenspieler und die bestellten Langspielplat­ten. Das musste ein Irrtum sein. Ich schleppte die Lie­ferung in mein Zimmer, öffnete die Pakete und fand le­diglich eine Rechnung über einen Plattenspieler und die Platten. In den anderen Paketen lagen nur Glück­wunschschreiben an das neue Mit­glied. Ich erzählte die Geschichte meinen Kameraden und es wurde ein­stimmig beschlossen: Rechnung zahlen und war­ten.

Vier Plattenkoffer und Platten wurden für je 60,00 DM schnell verkauft. Nun klang die gleiche Musik aus mehreren Gebäuden.

Der Buchclub hat sich nie gemeldet und die Falschliefer­ung reklamiert.

Erkenntnis: Manche Clubs sind eine Bereicherung für das Leben.

Besuch aus Afrika

Unser Kommandeur verkündete den Besuch von zehn Luftwaffenkadetten aus Nigeria. Wir sollten uns um die Burschen kümmern, und uns anständig beneh­men.

Als die glorreichen Zehn eintrafen, begrüßten wir sie und erfuhren, dass für den Abend ein gemeinsames Essen einge­plant war. Die „Kadetten“ hatten einen ei­genen Koch mitge­bracht!

Die Überraschung war wirklich gelungen, es gab Cous­cous! Es sah nicht nur merkwürdig aus, sondern schmeckte auch so. Das beeinträchtigte die Stimmung jedoch nicht. Nach einigen Getränken verbrüderten wir uns.

Die Herren waren alle Söhne von Ministern, hohen Be­amten, Militärs oder sehr wohlhabenden Familien. Am Wo­chenende riefen sie Taxen und fuhren zum Flughafen nach Hamburg. Besuche in London oder Pa­ris waren standesge­mäß!

Erkenntnis: In der Schule hatten sie Afrika ganz an­ders geschildert

 

 

Vorbereitung auf das Privatleben

Kurz vor Ablauf meiner Dienstzeit erhielt ich einen Son­derauftrag. Ich sollte diverse Handbücher und Verfahrensanw­eisungen übersetzen. Meine guten Eng­lischkenntnisse prädestinierten mich geradezu für die­se Aufgabe. Ich erhielt einen abgeschlossenen Raum in der Radarstellung. Ausge­rüstet mit Schreibtisch, Schreibmaschine und einem Feld­bett. „Schließen Sie sich während der Arbeit ein. Einige Un­terlagen sind "Top Secret". Befehl ist Befehl, oder?

Ich inspizierte mein künftiges Heim. In einer Schreib­tischschublade lagen fertige Übersetzungen. Da musste doch jemand besonders fleißig gewesen sein. Wieso ist das nicht aufgefallen?

Ein Plan wurde gefasst. Ich gab jeden Tag 3-4 Seiten ab, schloss mich, bis auf die Mahlzeiten, ein und las die mitge­brachten Bücher. Ein Leben wie Gott in Frank­reich!

Mein Arbeitseifer wurde gelobt und in meiner Beurteil­ung vermerkt. Nun begann das bekannte Verfahren: noch x Tage und x Stunden.

Der Abschied

Am letzten Tag lud ich meine Mitstreiter zu einem Um­trunk ein. Es gab viel zu erzählen. Einige waren re­gelrecht neidisch. Sie hatten noch längere Zeit beim Bund zu ver­bringen. Ich würde einige der Typen sicher vermissen.

Ich hatte meine Siebensachen im Auto verstaut und machte mich auf die Fahrt nach Bremen. Ein neuer Lebensa­bschnitt lag nun vor mir. Was würde mich erwar­ten?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Von Oliv nach Blau

Die richtungsweisende Hose, oder wie alles begann …..

Nach der Bundeswehrzeit ging ich auf einen sechsmonat­igen Lehrgang bei der Deutschen Angestellten­akademie in Düsseldorf. BWL, Statistik und Program­mierung wurden nun zum Mittelpunkt meines Lebens. Besuche in der Alt­stadt sorgten für genügend Ab­wechslung.

Ich hatte ein Zimmer bei Verwandten meiner Schwester gefunden. Mein Freund Wolf Schinn kam in einem zweiten Zimmer unter. Schwierigkeiten hatten wir nur bei der mo­natlichen Mietzahlung. Sie sollte in bar gezahlt werden. Im ersten Monat überbrachte ich den Mietzins und hatte erheb­liche Probleme danach die Treppen zu meinem Zimmer zu bewältigen. Der Hausherr nutzte die Gelegenheit und prüfte meine Trinkfestigkeit.

Wir haben nach diesem Vorfall immer geknobelt und Wolf hat jedes Mal verloren. Der Arme!

Mit zwei weiteren Studienkollegen haben wir ein­mal im Monat eine Fresstour unternommen. Nur Tü­tensuppen und belegte Brötchen erzeugen Heißhun­ger, oder?

Eine dieser Touren führte uns in ein ungarisches Restaur­ant in der Altstadt. Pünktlich nahmen wir am re­servierten Tisch Platz. Ein Geiger kam an unseren Tisch und spielte die zum Menü passenden Melodien. „Fuchs“ Maurice Griff in die Brusttasche seines Jacketts und reichte dem Musiker ver­deckt etwas zu. Uns viel auf, dass der Geiger während der Schlemme­rei nur an unserem Tisch fiedelte. Als die Rech­nung kam, flüsterte „Fuchs“ : „Jungs, wie viel Geld habt ihr dabei? Ich hatte zwei Scheine, einen Zehner und einen Hun­derter. Ich habe dem Geiger 100,00 DM Trinkgeld gegeben“

Erkenntnis:  Musikgenuss kann teuer werden!

Die Düsseldorfer Altstadt bot uns ein ideales Revier für die notwendige Entspannung von der Paukerei. Nach der letzten Vorlesung zogen wir stets los. Eines Abends wollten wir uns gemütlich in einer urigen Alt­bierkneipe erholen. Schnell wurde ein Tisch auf einer Empore gefunden. Die Be­dienung bewegte sich im Schneckentempo in unsere Rich­tung. Weiße Bluse, Schürze und ausgetretene Gesundheits­latschen. Sie hatte einen Schreibblock in der Hand und frag­te zuerst Wolf: „Was darf es sein? Seine Antwort kam pfeil­schnell: „Ein Alt, bitte.“ Sie notierte die Bestellung und sah fragend zu Fuchs: „Und für Sie?“ „Auch ein Alt, bitte.“

Es wurde notiert. „Also zwei Alt.“

Wir schauten uns verdutzt an. Nun war Gerd an der Reihe. „Und für Sie, junger Mann?“

„Ich hätte gerne auch ein Alt.“

Wieder wurde der Wunsch notiert. „Das macht dann drei Alt.“ Sie schaute noch mal auf ihren Zettel. Nun war ich an der Reihe. „Sie auch ein Alt?“

„Ich hätte gerne vier Alt.“

Nun war sie geschafft. Der Zettel wurde erneut stu­diert. Stirnrunzeln.“

Sie schaute Wolf an: „Sie hatten ein Alt bestellt? „Ja, ich hätte aber gerne vier Gläser.“

Der Abend begann mir zu gefallen. Die Dame war unbe­zahlbar!

„Also noch mal von vorne. Sie möchten nun auch vier Alt?“

Zu Fuchs: „Und Sie wollten ein Alt?“

„Ich möchte meine Bestellung ändern. Bringen Sie mir bitte auch vier Alt.“ Die Arme war kurz vor einem Herzin­farkt.

„Sie bringen mich ganz durcheinander, also dreimal vier Alt und ein Alt für Sie?“ Sie schaute Gerd fragend an.

„Ach bringen Sie mir auch vier Gläschen.“

Fluchtartig verließ sie unseren Tisch. Wir warteten fei­xend auf die Lieferung. Die Szene hatte uns gefallen und musste unbedingt weiter ausgebaut werden. Sie erschien mit einem Tablett, stellte je vier Gläser vor uns hin. „So was ist mir noch nie passiert. Ich hoffe, Sie sind zufrieden. Kann ich noch etwas für Sie tun?“ Das war die Vorlage für uns!

„Ja, vielen Dank, bringen Sie uns noch einmal 16 Alt bit­te.“ Den verzweifelten Blick werde ich nie verges­sen.

„Sie haben doch gerade Ihre Bestellung erhalten und wol­len schon nachbestellen?“

„Das heißt, jeder möchte noch mal vier Alt?“ Sie zer­knüllte ihren Zettel. „Nein wir hätten jeder gerne 16 Glä­ser.“

„Aber Sie hatten gerade 16 geordert.“

„Ändern Sie die Bestellung einfach.“

„Das sind dann ja 64 Gläser?!“ Sie war mit den Ner­ven am Ende. Wir bemühten uns, ernst zu bleiben. Nun gab es kein Halten mehr.

„Am besten bringen Sie uns einfach 128, dann müs­sen sie nicht so häufig laufen.“ Nun hatten wir sie!

Kopfschüttelnd schlurfte sie zur Theke. Sie musste mehr­fach anliefern. Als alle Gläser auf dem Tisch stan­den, räumte sie die inzwischen leeren Gläser unserer Erstbestellung ab und wollte gehen.

„Bringen Sie uns bitte noch 16 Alt.“ Hoffentlich war ein Arzt in der Nähe. Sie floh geradezu.

Wir saßen vergnügt vor unserem Gläserberg und fingen an zu trinken.

Die Wirtin kam an unseren Tisch: „Meine Herren, ich habe keine Alt-Gläser mehr. Neue Gäste sind ge­kommen und ich kann kein Alt ausschenken.“

Vierstimmig: „Kein Problem, schicken Sie die Leute ein­fach zu uns. Platz genug ist da.“

„Meinen Sie wirklich ...?“

 „Ja.“

Zwei ältere Paare gesellten sich zu uns. Nach der Begrü­ßung entwickelte sich eine lebhafte Unterhal­tung. Unsere neuen Freunde waren von den Gastge­bern begeistert. Bald war der Tisch von leeren Gläsern bedeckt.

Wir winkten unsere Bedienung heran: „Bitte noch mal dasselbe.“ Wieder musste die Arme mehrmals lau­fen. Es war ein Gelage.

Unsere Gäste verabschiedeten sich: „Ein toller Abend, vielen Dank.“

Nun saßen wir bei den letzten Gläsern.

Fuchs lallend: „Wie viele Gläser hatten wir eigent­lich und was kostet der Spaß?“ Unsere finanzielle Si­tuation war wie immer angespannt und nun schien es ein Problem zu geben. Wir kramten in den Geldbörsen. Das würde wohl kaum reichen die Zeche zu beglei­chen. Was nun?

Wolf hatte eine blendende Idee: „Heiner, Du machst einen einigermaßen seriösen Eindruck. Sprich doch mal mit der Wirtin, ob wir den Rest der Rechnung morgen zahlen können. Sie kann ja unsere Ausweise, oder sogar die Arm­banduhren als Pfand behalten.“ Schlaumeier!

Nun war ich gefragt, der große Problemlöser!

Mit einem flauen Gefühl in der Magengegend schlich ich in Richtung Theke. Die Wirtin schaute mich an: „Was gibt es?“ Ich erklärte die verfahrende Situati­on. „Mach Dir keine Sorgen, mein Sohn. Eure Gäste fanden den Abend toll und haben alles bezahlt.“ Der Stein, der mir vom Herzen fiel, könnte sicherlich bis Köln gehört werden.

Erkenntnis: Manchmal wird man gerettet          

Der große Statistiker

Bei den Abschlussklausuren sah ich mich gezwun­gen Hilfe bei der Statistikaufgabe zu suchen. Unser Statistik-Ass saß direkt vor mir und hatte versprochen die Lösungen, per Schmierzettel zu liefern. Als Dr. Beissel aus dem Fenster schaute erfolgte die verabredete Transaktion. Flugs übertrug ich die Ergebnisse. Kurz vor Schluss der Klausur wollte zu meiner Verwunderung unser „Superstatistiker“ den Schmierzettel zurück. Mir war es egal, seine Hilfsaktion hat­te mich auf jeden Fall gerettet.

Bei der Verkündigung der Ergebnisse kam das böse Erwa­chen. Ich hatte als Einziger eine glatte „1“ und musste vor der Handelskammer in die mündliche Prü­fung. Unser „Su­perstatistiker“ hatte sein Ergebnis nachträglich korrigiert und endete bei einer „2.“

Ich in die mündliche Prüfung? Hilfe!!!!

Es gab nur eine Lösung: die Beichte! Dr. Beissel fand die Lösung, während alle anderen die Abende in der Altstadt verbrachten, bekam ich einen Crashkurs. Mengenindizes wurden Mittelpunkt meines Lebens.

Der Tag der mündlichen Prüfung endete erfolg­reich. Beim Verlassen des Gebäudes sagte Dr. Beissel: „Sie haben mir fast zu einem Herzinfarkt verholfen. Wie konnten Sie nur immer antworten, bevor die Frage ganz gestellt war?“

Wir haben dennoch den Erfolg bis zum frühen Mor­gen in diversen Altstadtkneipen gefeiert.

Erkenntnis: Statistisch gesehen hatte ich oft Glück

Unsere Zeit in Düsseldorf endete nicht nach dem Ab­schluss. Schinni und ich, wir wurden von der DAA beauf­tragt, die Gehaltsabrechnung der Angestellten und Dozen­ten zu optimieren. Nun begann das freie Leben. Ausschlafen, bis auf den Abgabetermin keinen Zeitdruck, voller Zugriff auf die notwendigen Ressour­cen. Der Nachmittag wurde für Interviews, Meetings und Programmierung genutzt. Abends wurden Test­läufe durchgeführt und anschließend ging es in die Altstadt.

Schinni erzählte, er müsse einen Notartermin wahrnehm­en. Als er zurückkam, war er ziemlich verwirrt. Er hatte zwar von seiner Mutter erfahren, dass sein leiblicher Vater in Düsseldorf leben würde, aber nie et­was von ihm gehört. Der Notar verlas das Testament und Wolf war als Alleinerbe über Nacht Millionär. Es mussten nur noch einige gesetzli­che Dinge geregelt werden. Der Notar (ein alter Freund sei­nes Vaters) gab Schinni einen Vorschuss auf sein Erbe: 20.000 DM und ca. 100 Goldmünzen!

Wir saßen abends lange zusammen und haben die Schick­salswendung diskutiert. „Ich hatte schon immer einen Wunsch, einmal im Leben einen Porsche fahren“ er schaute verträumt in sein Glas. „Wollen wir morgen mal beim Por­schehändler vorbeischauen?“ Eine wahr­lich gute Idee, oder?

Am nächsten Morgen fuhren wir zur Königsallee. Direkt vor dem Autohaus fanden wir einen Parkplatz. Wir schau­ten in den Verkaufsraum. Auf einer Dreh­scheibe rotierte ein rotes, 356er Cabrio. „Der ist es.“ Ein gelangweilter Auto­verkäufer bemerkte uns und sprach uns an: „Wir nehmen keine Gebrauchtwagen in Zah­lung und dieser Wagen kostet 18.600 DM.“ Er hatte Schinnis alten Opel vor dem Schau­fenster gesehen, und die beiden seltsamen Vögel in Jeans und T-Shirt waren offensichtlich keine potenziellen Käufer.“ Ar­roganter Fatzke!

„Ich brauche den Wagen zugelassen bis Freitag, schaffen Sie das?“ Selten so ein dummes Gesicht gese­hen! Der Kauf­vertrag wurde unterschrieben und Wolf legte mit Grandezza den Kaufpreis in bar auf den Tisch. „Mein Wagen wird kos­tenlos von Ihnen ent­sorgt, schönen Tag noch.“

Wir fuhren nach der Abholung gleich in den Wochenendu­rlaub.

Erkenntnis:

Ein Leben ohne Porsche ist kein richtiges Leben, oder?

Um den Anweisungen des Handbuches zu folgen, nutzen wir möglichst Landstraßen. Es war einfach herrlich mit offe­nem Verdeck zu fahren.

Ich nahm mir vor, später auch ein Cabrio zu erwer­ben. Es wurde zwei. Allerdings Käfer-Cabrios. Der Porsche kam später.

Erkenntnis: Manchmal werden Träume umgesetzt

Bremen da bin ich wieder

Nach erfolgreicher Ausbildung bei der Deutschen Ange­stellten Akademie fand ich bei der ersten Bewer­bung gleich einen Arbeitgeber in Bremen. Leider war der Einstieg in das künftige Berufsleben mit einem dreimonatigen „Zwangsurlaub“ verbunden. Der Vor­gänger musste erst den Arbeitsplatz räumen.

Drei Monate waren in dem Alter leicht zu verkraf­ten. Der Erste wurde für ausgiebige Touren durch das Unterhal­tungsangebot meiner Heimatstadt geprägt.

Erkenntnis:

 Man braucht eigentlich kaum Schlaf!

Wir nannten uns die „Könige der Nacht“ und die Ge­sichtsfarbe wurde tatsächlich „royalfahl.“

Der zweite Monat wurde für das Auftanken der lee­ren Akkus benötigt. Die Geschichtsfarbe begann sich zu norma­lisieren.

Erkenntnis:

Zu viel Schlaf macht müde und Fernsehen dumm!

Nur noch vier Wochen bis zum Start. Es wurde Zeit die Garderobe für den angehenden Programmierstar zusammen­zustellen. Zu meinem gut sitzenden Blazer fehlte nur noch eine passende Hose. Also auf in die Stadt. Beim Herrenaus­statter wurde die richtige Hose mit entsprechender Beratung in Rekordzeit gefunden (rein, fragen, probieren + passt).

Erkenntnis:

Zeitmanagement ist wichtig!

Bewaffnet mit einer schicken Einkaufstüte verließ ich den Modetempel. Mein Blick fiel auf ein großes Messingschild. In der ersten Etage des Gebäudes resi­dierte der Marktführer der damaligen Datenverarbei­tungswelt. Kurz entschlossen folgte ich dem Hinweis­schild und stand vor einem Emp­

Emp­fangstresen.

„Guten Morgen, ich wollte mich erkundigen, ob Sie Praktikanten beschäftigen“ , kaum gesprochen war die Dame am Telefonieren. Sekunden später saß ich einem zuständigen Manager gegenüber. Gepflegter Haar­schnitt, gut sitzender Anzug, schicke Krawatte und ein sympathisches Lächeln. „Sie möchten ein Praktikum bei uns absolvieren?“ , es folg­ten einige gezielte Fragen und zu meiner Überraschung die Frage „Was haben Sie Morgen vor?“

Was sollte ich schon groß vorhaben? Nichts, was die Weltgeschichte gravierend ändern würde!

Er erklärte mir, dass am nächsten Tag in Hamburg ein Einstellungstest stattfinden würde, und er mich dort gerne sehen würde. Ich wies auf meinen Arbeits­vertrag hin. Das sei kein Hindernis. Mein verwirrtes Schweigen wurde um­gehend als Zusage gewertet und er führte ein kurzes Tele­fonat. „Eine Fahrkarte erhalten Sie am Empfang, viel Er­folg.“

Frage:

 Ob jeder Hosenkauf für so viel Neues in meinem Leben sorgen würde?

Der Einstellungstest

Damals waren die Züge noch pünktlich. Kurz nach der Ankunft saß ich mit mehreren anderen Kandidaten bei ei­nem Kaffee und wartete. Was würde dieser Tag wohl brin­gen? Wir alle waren ziemlich angespannt. Ein Manager, ge­pflegter Haarschnitt, gut sitzender Anzug, schicke Krawatte und ein sympathisches Lächeln, be­trat den Raum und er­klärte uns, dass zunächst Inter­views mit den einzelnen Kan­didaten durchgeführt würden. Danach erfolge ein schriftli­cher Test.

Ich sollte als Dritter interviewt werden. Nach circa 30 Minuten kam der erste Kandidat zurück und setzte sich schweigend auf seinen Platz. Auch der zweite mögliche Mit­arbeiter des Weltkonzerns kam wortlos zurück. Warum zeig­ten die keine Reaktion? Was gesch­ah dort im Interview­raum?

Nun wurde ich aufgerufen. Zwei Manager, gepfleg­ter Haarschnitt, gut sitzende Anzüge, schicke Krawat­ten und sympathisches Lächeln, begrüßten mich und fragten nach meinem bisherigen Lebenslauf, Hobbys und aktuellen Ereig­nissen. Warum waren meine Vor­gänger so merkwürdig nach den Interviews? Nach dreißig Minuten war alles beendet. Ich kehrte in den Warteraum zurück und setzte mich wort­los auf meinen Stuhl. Warum sollte der Nächste nicht auch grübeln?

Nach der Interviewphase gingen wir gemeinsam zum Mittagessen in die Kantine. Die Tische waren mit gut ge­kleideten Frauen und Männern besetzt. Alle schienen gut gelaunt zu seien. Vielleicht ist ein Job bei einem Weltkonzern gar nicht so schlecht!

Die Pause endete und wir wurden in einen Schulungsr­aum geführt. Ein anderer Manager, gepflegter Haarschnitt, gut sitzender Anzug, schicke Krawatte und ein sympathi­sches Lächeln, begrüßte uns und er­klärte den weiteren Ab­lauf, wir sollten innerhalb von drei Stunden einen Stapel von Testfragen bearbeiten.

Der erste Blick auf die Aufgaben war recht erfreu­lich. Diese Fragen hatte ich während meiner Bundes­wehrzeit ge­nügend geübt. Nach einer dreiviertel Stun­de gab ich den Stapel zurück.

„Wollen Sie nicht noch einmal …?“

„Nein danke.“

Endlich einmal etwas Zeit für mich. Was sollte ich ma­chen, wenn sie mir ein Angebot unterbreiten wür­den?

Die drei Stunden des schriftlichen Tests endeten. Nun wurden wieder Einzelgespräche angekündigt. Zu meiner Überraschung wurde ich als Erster gebeten. Ein neuer Ma­nager, gepflegter Haarschnitt, gut sitzender Anzug, schicke Krawatte und ein sympathisches Lä­cheln, eröffnete mir die frohe Kunde: „Wir würden Sie gerne bei uns als Mitarbeiter begrüßen.“

Man würde die Niederlassung in Bremen darüber infor­mieren und ich sollte mich dort am nächsten Tag melden.

Die Rückfahrt verlief wie im Fluge. Erstaunlich wie viele Gedanken in einer Stunde im Kopf herum schwirren kön­nen. Ich als Mitarbeiter bei einem Welt­konzern! Brauchte unbedingt einen adäquaten Haar­schnitt, gut sitzenden An­zug und eine schicke Krawat­te.

Feststellung:

Sympathisch lächeln war ja bisher kein größeres Problem für mich.

 

 

Auf in das Berufsleben

Nach meiner Ankunft in Bremen wurde mir mitgeteilt: "Hamburg hat Sie angefordert". Mobilität war ein wichtiger Bestanteil des Arbeitsvertrages. Ich habe schon am ersten Tag meine Bereitschaft deutlich gemacht!

Eine Weltstadt und einige Probleme

Nach der Ankunft in Hamburg reichte ein kurzer Blick auf den Stadtplan. Die Stadthausbrücke war nicht allzu weit entfernt. Der neue Aktenkoffer (leer bis auf eine Zeitung und einen Apfel) ermöglichte die Strecke per Pedes zu bewäl­tigen. Die attraktive Empfangsda­me begrüßte mich freund­lich lächelnd und nannte mir nach einem kurzen Telefonat eine Zimmernummer.

Mein zukünftiger Chef hieß mich willkommen. Nach ei­nem kurzen Überblick über meinen künftigen Aufgabenbe­reich fragte er, ob ich schon eine Wohnung in Hamburg hät­te. Als ich die Frage verneinte, verwies er mich an seine Se­kretärin. Diese Damen waren offen­sichtlich alle äußerst at­traktiv und kompetent. Ich er­hielt einen Zettel mit mehreren Adressen von Vermie­tern möblierter Zimmer und den Rat, mir genügend Zeit zu nehmen, da es sehr schwierig sei, in Hamburg eine gute und bezahlbare Unterkunft zu finden..

Ich rief also die potenziellen Vermieter an und ver­einbarte Termine. Ein Blick auf den Stadtplan zeigte, dass alle mögli­chen Lokationen jeweils längere Fahr­zeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln erforderten. Ei­nige hätten zwischen 45 – 60 Minuten je Strecke ge­braucht und wurden umgehend gestri­chen. Mobilität musste ja nicht übertrieben werden, oder?

Nach drei Tagen erfolgloser Suche bat ich um ein Ge­spräch mit meinem Manager. Zu meiner Überra­schung hat­te er mit einer längeren Suche gerechnet. Er erzählte mir von einem ähnlichen Fall in Bremen. Ein Hamburger (neu eingestellt) suchte in meiner Heimat­stadt verzweifelt ein möbliertes Zimmer. Ein kurzes Te­lefonat brachte die Lösung: Der Bremer wurde nach Bremen und der Hamburger nach Hamburg versetzt. Unsere Züge sind sich vermutlich in Ro­tenburg/Wüm­me begegnet.

Was für ein spannendes Leben: Drei Tage bei der Weltfir­ma und schon fast alle Mobilitätsanforderungen erfüllt.

                                                      Home, sweet home

Meine Eltern waren überrascht. „Junge, was ist pas­siert?“ Ich beschrieb die letzten Tage und bezog mein altes Zimmer. Essen, schlafen, waschen, bügeln: alles geregelt! Der erste Schritt für eine atemberaubende Managementkar­riere war gemacht.

Nun konnte es zum Ausgangspunkt zurückgehen.

Einfach den Herrenausstatter passieren und das Portal meines neuen Arbeitgebers erneut entern.

Erkenntnis:

 Ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ...

Der Arbeitsalltag und das sonstige Le­ben

Der erste Arbeitstag war sehr anstrengend. Nach der Be­grüßung durch meinen neuen Manager: „Hallo, lange nicht gesehen“ , wurde ich durch die verschiede­nen Abteilungen geführt. Ich versuchte krampfhaft, mir die Aufgaben und die dazugehörenden Gesichter zu merken. Es gibt leichtere Übungen, oder?

Nach dem Rundgang wurde mir mein zukünftiger Ar­beitsbereich erklärt und die notwendigen Lehrgänge festge­legt.

Die nächste Zeit war sehr abwechslungsreich: Ler­nen und Lehrgänge. Wir waren eine junge Mannschaft und ver­standen uns auf Anhieb. Mir gefiel das Be­triebsklima sehr. Der Umgang mit Kunden, die gefor­derte und geförderte Ei­geninitiative und das wachsen­de Wissen über Abläufe in der Datenverarbeitung wa­ren motivierend.

Das Privatleben kam auch nicht zu kurz. Lange Kneipen­abende mit Kollegen oder anderen Freunden brachten den Beweis: Schlaf ist etwas für Schlafmüt­zen!

Eselsbrücken sollen angeblich helfen

Im Rahmen der Ausbildung begleitete ich eines Ta­ges einen Vertriebsbeauftragten bei einem Kundenbe­such. Er er­klärte mir, dass es wichtig sei, die Chefse­kretärin mit ihrem Namen anzusprechen. Die Dame hieße Kühn. Kühn wie wüst! Wir wurden vorgelassen und ich begrüßte die Dame mit einem freundlichen: "Guten Tag Frau Wüst". Sie fing an zu lachen: „hat Herr X. Ihnen eine Eselsbrücke gebaut?“ Später betreu­te ich den Kunden und hatte nie Schwierigkei­ten, einen Termin zu bekommen.

Der lebenswichtige Dresscode

Einmal hatten wir bis zum frühen Morgen einen ausgie­bigen Kneipenbummel gemacht und erschienen ziemlich de­rangiert kurz vor Arbeitsbeginn in der Ge­schäftsstelle. Ir­gendwie mussten auf der Tour unsere Krawatten abhanden­gekommen sein. Unser Chef be­merkte diesen Fauxpas sofort und forderte uns auf, diesen Missstand zu beheben. Wenige Meter von unse­rer Geschäftsstelle war ein Kaufhaus. Dort entdeckten wir im Sonderangebot ausgesprochen hässliche Krawatten für 80 Pfennig. Immer noch angeheitert beschlos­sen wir den sofortigen Erwerb. Als wir zurückkamen, gab es bei unserem Manager hochgezogene Augenbrauen. Er hatte doch nichts über den Stil gesagt, oder?

Um 15 Uhr rief er uns zu einem Meeting. Zu unse­rem Erstaunen trug er die gleiche Krawatte und meinte lächelnd: „Morgen sollten wir wieder korrekt gekleidet sein, meine Herren"

In der Geschäftsstelle gab es keine Kantine. Wir gin­gen in den Mittagspausen daher in naheliegende Gastwirtschaft­en. Vor einem Besuch im beliebten „Schmut­zigen Löffel“ wollte mein Kollege noch kurz zur Spar­kasse in der Nähe. Er ging zum Schalter und es gab of­fensichtlich Probleme. Ich sah, wie sein Kopf vor Wut rot wurde.

Die Schalterangestellte rannte mit seinem Beleg zu einem Schreibtisch und sprach mit einem anderen Sparkassenmit­arbeiter. Telefonate wurden geführt. Die Zeit für unser Mit­tagsessen war fast aufgebraucht. Die­ter ging mit einem Be­leg zur Kasse. Als er zurückkam, fragte ich: „Was war denn da los, hast Du überzogen?“ „Nö, die haben sich bei mir ent­schuldigen müssen.“

Auf dem Weg zur Geschäftsstelle erklärte er mir sein ge­niales Finanzkonzept. Am Monatsanfang über­wies er 300,00 DM auf sein Sparkonto. Bei einem Netto von 650,00 DM ergab sich gelegentlich die Notwendig­keit, das Girokon­to zu überziehen. Diesen Monat hatte er sein Limit deftig ausgereizt. Als die Sparkassenange­stellte die Auszahlung verweigerte, wies Dieter auf sein Sparkonto hin. Seine Bonität war hervorragend!

Erkenntnis:

Nun begriff ich das Finanzwesen endlich!

An dem Tag war ich zwar hungrig, hatte aber viel für das spätere Leben gelernt.

Das soziale Umfeld

Einmal im Jahr unternahmen wir eine sogenannte „Kohl + Pinkel-Fahrt.“ Ein Bus brachte uns zum Start­platz der ge­planten Wandertour. Ein kleiner Bollerwa­gen wurde mit Ge­tränken beladen. Jeder Teilnehmer erhielt ein, an einem Band befestigtes, Schnapsglas und los ging das Abenteuer. Ein überdimensionierter Wür­fel wurde geworfen und die ange­zeigte Zahl musste mit entsprechenden Schnäpsen konsu­miert werden. Natürlich gab es schnell die ersten Pflegefälle.

In einem Landgasthaus angekommen sollte nun der Kohlkönig[1]  bestimmt werden. Natürlich wurde kräftig Bier und Korn getrunken. Als ich eine attraktive Dame aus dem Lochsaal sah, wie sie in den Nebenraum ging, erwachte der Jagdtrieb. Mit einem Hechtsprung ver­suchte ich sie zu erwi­schen und landete bäuchlings auf dem Tisch unseres Mana­gers. „Darf ich Dir unseren neuen Assistenten vorstellen, Schatz.“

Seine Gattin schaute mich freundlich an und sagte: „Freut mich Sie kennenzulernen.“ Da lag ich nun ziem­lich verwirrt mitten auf dem Tisch und wäre am liebs­ten gestor­ben.

Die Rückfahrt verlief im Nebel. Wie würde die Geschicht­e am nächsten Morgen wohl weitergehen?

Es wurde nicht einmal angesprochen! Es müssen schon schlimmere Dinge bei diesen Touren passiert sein.

Erkenntnis: Immer den Dingen ihren Lauf lassen

Der Blitz schlug ein

Mir war eine sehr attraktive Mitarbeiterin der Geschäftss­telle aufgefallen. Bei einem Betriebsausflug nach Bremerha­ven unterhielt ich mich ausgiebig mit ihr. Der Spruch „Liebe auf den ersten Blick“ hatte bis­her nichts für mich bedeutet, aber hier wurde er wahr. Ich hätte die ganze Welt umarmen können, entschied mich spontan jedoch für Renate. Wir wurden unzer­trennlich und planten einen gemeinsamen Ur­laub. Ein Angebot des Reisebüros war Alassio in Italien. Ich buchte umgehend das Hotel Poggiofiorito für zwei Wochen.

Als ich mich von meinem Großvater verabschiedete, drückte er mir etwas in die Hand und wünschte uns einen schönen Urlaub. Ich verstaute das „etwas“ in der Jeansta­sche. Als ich am Bahnhof ein Taschentuch such­te, fand ich einen zusammengefalteten 500,00 DM Schein. Es ging nichts über einen großzügigen Großva­ter, oder?

Als wir nach langer Bahnfahrt dort ankamen, muss­ten wir erfahren, dass wir uns bei der Anreise um einen Tag ge­irrt hatten. Das Hotelzimmer war bereits vergeben. Die freundliche Dame an der Rezeption sah unsere Enttäu­schung und machte einen Vorschlag: „100 Meter weiter ha­ben wir einen Neubau. Die Eröffnung ist in 14 Tagen. Wenn es Sie nicht stört, können wir Sie dort unterbringen“

Uns stören? Wir folgten dem Pagen in das neue Quar­tier. Freie Zimmerwahl hatte man uns angeboten. Eine Suite mit Seeblick und großem Balkon wurde un­ser Nest für die nächsten Tage.

Es war eine herrliche Zeit, verliebt und Sonnen­schein war eine gelungene Verbindung.

An einem Abend war Renate von unseren Ausflü­gen er­schöpft und wollte im Hotel bleiben. Ich hatte ei­gentlich vor mit ihr in einem der schicken Restaurants an der Promenade den Tag ausklingen zu lassen.

„Geh doch allein, Schatz. Ich bin wirklich zu müde.“ Al­so machte ich mich auf den Weg. An der Promenade fand ich ein Restaurant mit herrlichem Garten. Es war noch ziemlich leer und ich fand einen schönen Platz im Freien. Das Essen war hervorragend und ich bestellte mir einen doppelten Es­presso corret­to. Es blieb nicht bei der einen Tasse. Was für ein Le­ben, gutes Essen, tolle Drinks, die laue Sommernacht was will man mehr.

Plötzlich wurde es laut. Eine Gruppe gut gekleide­ter Ita­liener erschien. Wurde vom Besitzer und dem Personal laut­stark begrüßt und auf die Tische verteilt. Mir gefiel das La­chen und die melodische Sprache. Ein letzter Espresso sollte den Abend abschließen.

Der Ober brachte den dampfenden Espresso und eine Fla­sche Brandy. „Signor Agnelli hat eine Lokal­runde bestellt“

Der konnte sich das sicherlich leisten „Salute Signor Agnelli“

Die Brandy-Flasche war mein Verhängnis. Ich tau­melte aus dem Restaurant. Oben auf dem Bergrücken konnte ich unser Hotel sehen. Nun half nur ein Taxi. Ich ging zu dem wartenden Wagen und stammelte „Hotel P........“ Die Buch­staben fielen mir anscheinend aus dem Mund. Neuer Ver­such: „Hotel Po,,,,,,,.“ Der Fahrer zuckte mit den Achseln und ich machte mich auf den beschwerlichen Aufstieg zum Hotel P.

Dort angekommen war ich nüchtern. Kein Wunder, Bergtouren konnten ganz schön schlauchen!

Dennoch war es ein herrlicher Urlaub

Auch der schönste Urlaub endet

Die Arbeit in Bremen wurde wieder aufgenommen. Wir mussten die Kundenaufträge entgegennehmen und die erfor­derlichen Arbeitsschritte im Rechenzen­trum durchführen. Jeder Arbeitsgang musste mit Start- und Endzeit auf einer Lochkarte abgestempelt werden. Es kam häufig zu Wartezei­ten, wenn z. B. eine Sortier­maschine belegt war. Es gab ein Tagessoll von 8 Stun­den. Ich schaute mir die Aufträge an und hatte eine Idee. Wenn z. B. die Sortiermaschine lief, startete ich den Kartenmischer. Nun zählte die Zeit doppelt. Die­ses System erforderte zwar Lauftätigkeiten, ermöglich­te aber, dass ich häufig mittags mein Soll erfüllt hatte.

                                 Erkenntnis: Wenn man ein Hirn hat, darf man es auch nutzen, oder?

Mit meinen Freunden wurde das Nachtleben aus­führlich genossen. Sechstage-Rennen, Freimarkt, Party und die nächste Party, Wochenendtouren. Renate wur­de es einfach zu viel und nach einem längeren Ge­spräch vereinbarten wir die Trennung.

                                     Erkenntnis: Es gibt Fehler, die vermeidbar gewesen wä­ren

Beliebte Treffpunkte unserer Clique waren der Club 99 und das Saskatchewan, eine Art Pub. Im Club war Krawat­tenzwang, und auf gutes Benehmen wurde vom Besitzer sehr geachtet. Als Stammgäste lag für uns immer eine Aus­wahl Krawatten an der Garderobe be­reit. Unsere Umsätze befreiten uns schnell vom Ein­trittsgeld. Für mich gab es nur ein großes Problem: alle tanzten unentwegt, und ich als Tanzmuffel hielt die Plätze frei!

Meine Eltern hatten mehrfach versucht, mich zu ei­ner Tanzschule zu überreden. Sie hatten keinen Erfolg! Ich musste also einen Weg finden, wie man die attrak­tiven Da­men beeindrucken konnte, ohne mit den Hüf­ten zu schwin­gen. Schnell fand ich heraus, dass ge­pflegte Konversation und interessiertes Zuhören ein adäquates Mittel waren. Sie wollten nicht nur hüpfen, sondern sich unterhalten und un­terhalten werden. Bald musste ich nur noch die Plätze mei­ner Freunde freihalten!

                                   Erkenntnis: Analysiere die Gegebenheiten, dann er­geben sich oft Gelegenheiten

 

Der zweite Treffpunkt im Saskatchewan war der Aus­gangspunkt unserer nächtlichen Touren. Der Besit­zer hatte uns großzügig einen 10%igen Rabatt auf un­sere Zechen an­geboten. Wir akzeptierten huldvoll. Welch wunderbare Refi­nanzierungsquelle am Monats­ende. „Gisela, gib mir mal 100,00 DM und schreibe es auf meinen Zettel.“

Es war herrlich jung zu sein, oder?

Es war schon erstaunlich, mit wie wenig Schlaf man aus­kommen konnte, und trotzdem die anstehenden Arbeiten im­mer zur vollsten Zufriedenheit der Firma erledigte.

Nach einigen Monaten wurde ich von meinem Chef zu einem Gespräch gebeten. Er erzählte von einem großen Pro­jekt in Hannover. Ich war Feuer und Flam­me. Neue Aufga­ben und ein weiterer Beweis meiner Mobilität.

                                                                                                         Hannover ich komme


 

 

Bremen, Hamburg, Bremen und nun Hannover

Nach einem kurzen Gespräch mit dem dort zustän­digen Manager wurde mir ein Arbeitsplatz zugewie­sen. Ich ahnte nicht, dass ich den größten Teil meiner Tage an diesem Platz verbringen würde. Das neue Pro­jekt bestand aus der Ein­richtung einer TP-Leitung zwi­schen Hannover und Braun­schweig. Mit "alten“ Feld­telefonen! Standardsatz: "Muss ein Vogel auf der Lei­tung sitzen, noch mal."

Die Zahl der Versuche war gigantisch. Es kamen häufig nur nutzlose Fragmente der benötigten Daten in Braun­schweig an. Dort war nur eine Außenstelle unse­rer Firma. In unsere Teste war "Irmchen W.“ in Braun­schweig einge­bunden. Sie tat mir leid, da sie stets al­lein in der Geschäfts­stelle war. Wir konnten uns wäh­rend der Arbeit in Hanno­ver wenigstens über Proble­me und Störungen austauschen. Oft war also telefoni­sche Seelsorge angebracht. "Irmchen“ war nah am Wasser gebaut und brauchte viel Zuspruch.

Erkenntnis: Ich hatte anscheinend besondere Fähig­keiten, Damen zu beruhigen. Das hat mich sehr beun­ruhigt!

Hannover habe ich während der Projektarbeit nicht näher kennengelernt. Wir waren zur Erreichung der Projektziele fast im Dauereinsatz. Die Nutzung unserer Autos wurde zur Vermeidung von Unfällen untersagt und wir erhielten Taxengutscheine. Die Fahrer brauch­ten keine Angaben zu Fahrtzielen. Einsteigen, einschla­fen und ein freundliches „wir sind da“ wurden zur Routine.

Auch dieses Projekt fand ein Ende. Zum Abklingen wur­de eine interne Ruhepause verhängt. Nur ein Mee­ting am Tag. Projektdokumentation überarbeiten und sonst nichts!

Ergebnis: Magenschmerzen. So lernte ich den Be­griff Stress kennen.

Ein Besuch bei einem Facharzt schien erforderlich. Eine Reihe von Untersuchungen wurden durchgeführt und nach einer Wartezeit erfolgte das Abschlussge­spräch beim Onkel Doktor.

„Kein Wunder bei Ihrem bisherigen Lebensstil“ , wurde mir erklärt: „Unmengen Kaffee, eine Zigarette nach der an­deren, kaum Schlaf, unregelmäßiges Essen und viel Stress.“

Verwundert sah ich auf seinen überquellenden Aschenbe­cher, er steckte sich gerade die dritte Zigaret­te an.

Erkenntnis: quod licet iovi non licet bovi

Mir wurde eine einwöchige Rollkur verschrieben. Eine Woche im Bett klang nicht schlecht. Also auf nach Bremen zur Familie.

Der Plan klang gut, aber meine Eltern waren auf ih­rem Wochenendgrundstück. Ich allein zu Hause!

Der Kühlschrank war ausreichend gefüllt, das Bett frisch bezogen. Nun konnte das verschriebene Rollen beginnen. Damals gab es noch nicht so viele TV-Sen­der, also wurde ge­rollt und gelesen. Das Nichtrauchen fiel auch nicht beson­ders schwer. Mittags wurde eine Tütensuppe ausgewählt. Würstchen in appetitliche Scheiben geschnitten, und alles mit Maggi bestens ab­geschmeckt. Das Leben kann manch­mal sooo schön sein.

Nach einigen Tagen fiel mir die Decke auf den Kopf. Es war Sonntagmorgen und nach dem Frühstück sagte eine Stimme: "eine Zigarette wäre jetzt schön". Total beeinflusst fing ich an, die Wohnung nach Rauchwaren zu durchsu­chen. Es gab nur eine Zigarre. Nun denn, in der Not frisst der Teufel.......

Nach dem zweiten Zug klingelte es an der Haustür. Im Bademantel, die Zigarre in der Hand öffnete ich die Tür. Mein Chef aus Hannover strahlte mich an und sagte:“ ich habe gerade Verwandte in Bremen besucht und wollte mal nach ihnen schauen. Wir sehen uns si­cherlich Montag".

Fazit: Manchmal kriegt man zwei Zigarren am Tag

Erlebnisse in Hannover

Die Arbeitstage waren ausgefüllt. Überstunden wa­ren die Norm. Einige Ereignisse hinterließen einen bleibenden Eindruck.

Der Leiter der Anwendungsprogrammierung hatte sich einen FIAT-Spider gekauft. Nun fehlte nur der Einbau eines Autoradios. Ein Mitarbeiter erklärte sich bereit, die Aufgabe zu übernehmen. Herr Volkmer fuhr rückwärts vor den Ein­gang. Eine Verlängerungsschnur wurde für die Beleuchtung der Arbeitstätigkeiten vom Empfang bis zum Auto verlegt. Wir versammelten uns am Tatort, um das Werk zu beobach­ten. Ein spazieren gehendes Paar gesellte sich zu uns und schaute interes­siert zu. „Entschuldigen Sie, was geschieht hier? „Wir machen computergesteuerte Motorentests.“ Ich führte die beiden um die Ecke und zeigte auf die rotierenden Magnetbänder. „Unglaublich, was es alles gibt.“ Kopfschütt­elnd gingen sie weiter.

Als ich zurückkam, fand ich eine johlende Mann­schaft. „Motorenteste, hehe“

Besonderen Spaß hatten wir mit unserem Nachtpor­tier. Er war ein pensionierter Bundeswehrfeldwebel. Seine Erklä­rung, er würde diesen Job machen, um sei­ner Frau nicht im­mer im Weg zu sein, hat ihn zu einem Idol gemacht. Nachts? Er legte großen Wert auf ord­nungsgemäßen An- und Abmeldungen. Sorgsam wur­den die Zeiten notiert. Als er einmal einknickte, verlie­ßen wir das Rechenzentrum durch ein Fenster zum In­nenhof. Ich werde nie seinen ver­wirrten Blick verges­sen, als wir nach 30 Minuten am Ein­gang klingelten. „Wo kommen Sie her? Sie sind doch gar nicht ausgetragen?“ Seine Welt war nicht mehr wie zuvor.

Die Programmierversuche...

Eines Tages fragte mein Manager, ob ich Cobol-Programm­e schreiben könne. Ich hatte zwar einen Lehr­gang besucht, aber Programmierung bisher immer ver­mieden. Es sei ein Engpass in der Programmierung und es handele sich um ei­ne einmalige Sonderauswer­tung für eine Bank. Ich traf mich mit den Bankmitar­beitern und lies mir alle notwendigen In­formationen geben. Wir waren noch im Lochkartenzeitalter und ich beschloss, mein Programm selbst zu lochen. Es wurden fast 2000 Lochkarten, und nach vielen Testen wurde die Auswertung zur Zufriedenheit des Kunden durch­geführt. Ich verstaute den Karton mit meinem Pro­gramm im Schreibtisch und verabschiedete mich in den Urlaub. Endlich frei! Bella Italia!

Ich saß mit meiner damaligen Freundin auf der Hotelterr­asse: "Da läuft ein Page mit einem Schild herum. Du möchtest dringend in Hannover anrufen". Mein dortiger Manager war sehr aufgeregt. Die Bankleute wollten eine weitere Auswertung und bestanden dar­auf, dass ich sie durchführen sollte. Oh Gott, ich hatte mein Wunderwerk nicht dokumentiert! Mir wurde ein Flug von Nizza gebucht und meine Freundin war auf sich gestellt.

Zurück in Hannover bekam ich die Informationen für die neue Auswertung und mein Programm wuchs auf über 4000 Lochkarten an. Mit Hilfe von Kaffee und Zigaretten wurde auch diese Herausforderung bestan­den. Wieder sah ich keine Notwendigkeit zur Doku­mentation.

Später wollte die Bank die erste Version monatlich durch­führen. Ich beschloss, nie wieder Programmier­aufträge anzu­nehmen.

Erkenntnis: Dokumentationen sind die Basis für ge­zielte Vermeidung von Aufwand!

 

 

 

Arbeiten und Erholen

Die Einführung der bargeldlosen Lohnzahlung

Ich saß an einem Samstag im Empfang des Rechenzent­rums und versuchte einen Fehler in unseren Test­läufen zu finden. Es klingelte. Vor der Tür stand eine Gruppe von Bauarbeitern. Was wollten die den hier? Beim Öffnen der Tür wurde ich direkt von ihnen in den Raum gedrängt. „Wir wollen unser Geld“ Reich­lich perplex kam meine Ge­genfrage: „Welches Geld, und warum sind Sie hier?“ Als die wütende Meute sich etwas beruhigt hatte, stellte sich heraus, dass sie wie gewohnt ihre am Freitag ihre Lohntüten abholen woll­ten. Man erklärte ihnen, die IBM würde sich jetzt um die Auszahlung kümmern.

Erkenntnis: Informationen sollten immer verständlich weitergeben werden

Mit mir nicht....

Eines Tages wurde beschlossen, eine Übersicht aller An­wendungen mit Zuständigkeiten, Programmen und Doku­mentationen zu erstellen. Ich wurde mit dieser verdienstvol­len Aufgabe betreut. Es war eine wahre Si­syphus-Task. Ständig belagerte ich unseren Chefpro­grammierer. "Wer hat das programmiert, wer betreut die Anwendung etc.?".

Seine gelassene Antwort: „Sie sind doch pfiffig und wer­den das schon herausfinden"

Eigentlich mochte ich ihn, aber einen Denkzettel hatte er doch verdient. Wenn ich Zuständigkeiten nicht zuordnen konnte, wurde kurzerhand der Hinweis: "Bei Problemen Herrn H. anrufen unter folgender Telefon­nummer". Er er­zählte mir später, dass er sich lange Zeit die nächtlichen Notrufe nicht erklären konnte.

Ich blieb dann nur kurze Zeit in Hannover und er­hielt ei­ne Anfrage aus Hamburg:

Erkenntnis: Mobilität zahlt sich eben aus.

Hamburg da bin ich wieder

Ich hatte bei meinem Start in Hamburg dieses Mal kein Wohnungsproblem. In einem Hochhaus an der Alster fand ich ein Apartment mit herrlichem Ausblick. Der Höhepunkt: die morgendliche Fahrt mit einem Alsterdampfer zum Jung­fernstieg! Von dort waren es nur wenige Minuten zur Fir­ma. Mit Volldampf zur Maloche! Die Frühstücksreste wur­den gönnerhaft an die Schwäne verfüttert.

Ich genoss den kurzen Weg vom Anleger Jungfern­stieg zum IBM-Hochhaus. Man konnte alle notwendi­gen Einkäu­fe für den Rückweg einplanen. Das war äu­ßerst wichtig nach dem ersten Einkauf bei Bezug mei­ner Wohnung. Der Kühlschrank war gähnend leer und ich fand in der Nähe ein Feinkostgeschäft.

Der Laden war sehr edel und die gut gekleidete Kund­schaft wurde von kompetenten Verkäuferinnen bedient. "Darf es 10 Gramm mehr sein, gnädige Frau?“ Als ich an der Reihe war, bestellte ich zunächst die not­wendigen Grundnahrungsmittel. Als die fleißige Fach­kraft die Liste abarbeitete, geriet ich ins Träumen. Ich erinnerte mich an ei­ne Radtour mit Freunden und plötzlich kam unsere damali­ge Hauptnahrung bildhaft in meinen Kopf. „Haben Sie Kunsthonig?", fragte ich. Schlagartig zuckten die Köpfe der anwesenden Damen in meine Richtung. "Kunsthonig füh­ren wir nicht, mein Herr". Blamabel!

Erkenntnis: Supermärkte verhindern Fauxpas und sind Tempel für Singles!

Das Arbeitspensum war sehr hoch und häufige Über­stunden wurden zur Regel. Eines Tages kriegten wir Ver­stärkung. Unser Chef teilte uns mit, dass ein Frl. Janette Hastreiter unser Team verstärken würde. Ein weibliches We­sen in unserer Welt? Keine derben Witze und Zoten mehr?

Als sie erschien, stockte uns der Atem. Schlank, blonde Haare und eine atemberaubende Figur. Wir überschlugen uns geradezu, ihr zu Diensten zu sein. Nach einigen Tagen rief sie uns zusammen und sagte: "Ich bin schon ein großes Mädchen und kein Pflegefall. Außerdem benehmt ihr euch wie Klosterschüler. Keine Witze, keine flotten Sprüche".

Uns fielen die Kinnläden runter. Nach Feierabend gingen wir in unsere Stammkneipe und Janette wurde offiziell in unser Team integriert. Wenn andere Mitar­beiter der Ge­schäftsstelle Bemerkungen wagten, wur­den sie unmissver­ständlich zur Ordnung gerufen.

Erkenntnis: Auch Frauen können Kumpel sein!

Man lernt nie aus, oder?

Im Rahmen der Ausbildung nahm ich an einem weiteren Programmierlehrgang teil. Wochen zuvor er­hielten unsere Kunden Päckchen mit einem grünen Apfel ohne Begleit­schreiben. Wir wurden telefonisch belagert, konnten aber keine befriedigenden Antworten geben.

Das Geheimnis wurde dann gelüftet: APL (a programm­ing language ) wurde vorgestellt. Bredouille. Ich flog nach Stuttgart, um dieses neue Werkzeug ken­nenzulernen. Die Syntax bestand überwiegend aus Symbolen und meine Be­geisterung für derartige Spie­lereien war nicht gerade groß.

Zurück in Hamburg wagte ich mich dennoch an die Er­stellung eines APL-Programmes. Als Ziel hatte ich mir ein Hotelreservierungssystem vorgestellt. Nach vielen Tests lief es endlich. Ich wollte es noch ausbauen und konstatierte den absoluten APL-Guru. Herr von Allwörden wurde bei uns nur APL-Ali genannt.

Er erschien in meinem Büro und hörte sich meine Wün­sche an. Nach einem kurzen Blick auf meinen Programmcod­e verscheuchte er mich von meinem Platz, und ich hörte nur noch ein kurzes Tastaturklappern. "Habe es etwas modifi­ziert, bis bald“ und weg war er. Ich schaute mir mein bishe­riges Werk an und stellte fest, es war nicht nur um circa 90 % geschrumpft, son­dern bestand nun aus wenigen Zeilen voller Symbole und Klammern.

Erkenntnis: Es gibt Dinge, die können andere einfach besser.

Ich begriff, warum man sagt "Schuster bleib bei Deinen Leisten!

Einstieg in neue Aufgaben

Neue Aufgaben und Anforderungen kamen auf mich zu. "Fliegen Sie mal nach Stuttgart. Die haben was Neues im Bereich Systems Management. Sollten uns unbedingt schlaumachen!"

Auf zu neuen Horizonten. Im Workshop wurden neu de­finierte Disziplinen vorgestellt: Problem-, Chan­ge- und Configuration-Management. In einem IBM-La­bor hatte man ein Anwendungspaket für die Bearbei­tung dieser Prozesse entwickelt.

Den "Erfinder“ dieses Werkes lernte ich später persönl­ich kennen. Lee Dicke hatte wesentlichen Einfluss auf meine berufliche Entwicklung genommen.

In Hamburg vertiefte ich mich in das Werk und unters­uchte Einsatzmöglichkeiten für den Vertrieb an un­sere Kunden. Die Abläufe wurden bei uns implemen­tiert und in die Ablauf- und Aufbauorganisation einge­bunden. Dazu mussten die englischen Handbücher übersetzt werden. Eng­lisch war nun mal die Sprache der Datenverarbeitung und nach der Übersetzung mussten wir feststellen: die deutschen Versionen wa­ren fast doppelt so umfangreich.

Wir fingen mit dem sogenannten Problem-Manage­ment an. Da gab es fast endlose Diskussionen: was ist ein Problem und was ist eine Störung? Außerdem mussten alle Menüs und Panel eingedeutscht werden. Unsere künftigen Kunden würden die Originalversion sicher nicht erwerben.

Es waren Tage mit vielen Überstunden, aber der Auf­wand lohnte sich. Durch die gewonnenen Informa­tionen er­hielten wir genügend Transparenz, um die Auswirkungen von Problemen und Störungen zu mi­nimieren und die Ser­viceziele einzuhalten. Die ersten Kunden installierten die Software und wir setzten ihre Anforderungen um. Keine In­stallation war gleich!

Erkenntnis: Der Kunde ist König und Könige sind reich.

Das Leben bei der IBM war zwar anstrengend, aber durch die Aufgaben und häufigen Lehrgänge gefiel es mir sehr. Die Aus- und Weiterbildung bestand nicht nur aus fachspezifischen Kursen, sondern auch zu Highlights wie Motivation und Rhetorik.

 Meine Frau hat sich später oft beklagt, ich hätte mich be­sonders nach der Teilnahme an Motivations­technik und Rhe­torik zu einem wahren Ekel verwan­delt. Mögliche Streitan­lässe würden lächelnd mit den erlernten Methoden umgan­gen.

Eines Tages beim Frühstück warf sie mir erbost ein voll­geschmiertes Honigbrötchen entgegen, und als sie mich ver­fehlte und ich laut lachen musste, weil das langsam von den Kacheln rutschende Brötchen zu ko­misch aussah, gab es eine mehrtägige Redepause ihrer­seits.

Erkenntnis: Auch Ehefrauen sollten in Motivationstechn­iken und Rhetorik unterrichtet werden!

Und was geschah im Privatleben?

Meine Schwester Ursula machte mich mit einer Arbeitsk­ollegin bekannt. Sie arbeiteten in einem Mode­haus in Bre­men. Irgendwie müssen wir den Burschen mal von der Ar­beit ablenken, hatte sie sich wohl ge­dacht. Ellen war gerade aus dem Urlaub gekommen, und frisch gebräunt in einem schwarzen Kleid eine wahre Augenweide. Ein sehr angeneh­mer Abend. Wir unterhielten uns angeregt und tauschten unsere Tele­fonnummern aus.

Es folgten viele Telefonate und nach einigen Wo­chen fin­gen wir an, Pläne zu schmieden. Obwohl die Entfernung zwischen Bremen und Hamburg nicht sehr groß war, dach­ten wir über einen Umzug von Ellen nach Hamburg nach. Ich hatte zwar nur ein kleines 1-Zimmer Apartment mit Kü­che und Bad, aber die Lage an der Alster war unbezahlbar.

Bei ihren ersten Besuchen studierte Ellen die Anzei­gen in den Zeitungen. Die Aussicht im Modebereich war nicht be­sonders. Ein bekanntes Ledergeschäft in der Hamburger In­nenstadt suchte jemanden für die Dekoration der Schaufens­ter. Nach der Vorstellung er­hielt Ellen sofort ein angemesse­nes Angebot. Kriegsrat! Der Job in Bremen wurde gekündigt und der Umzug nach Hamburg eingeleitet.

Meine Wohnung wurde nun tatsächlich wohnlicher. Wir fuhren morgens nun zu zweit mit dem Alster­dampfer zum Jungfernstieg. Da ich häufig Überstun­den machte, gab es nur wenige gemeinsame Heimfahr­ten. In den ersten Mona­ten saßen wir abends gerne am Panoramafenster und genos­sen den herrlichen Aus­blick auf die Alster.

Ich hatte mir inzwischen einen Audi 100 LS gekauft. Ich hatte mich für die zweitürige Variante entschieden, und wunderte mich über den Sonderpreis von 800,00 DM. Zwei Türen waren teurer als vier? Der Wagen stand jedoch hauptsächlich herum. Die Fahrten mit der Alsterfähre waren einfach bequemer.

 

 

 

Der Umzug nach Rahlstedt

 

Nach einigen Monaten wechselte Ellen als Sekretä­rin zu einer TV-Werbefilmfirma in Rahlstedt.

 

Wir beschlossen, uns eine Wohnung im Umkreis zu be­sorgen. Gelandet sind wir dann direkt in Rahlstedt. In einer ruhigen Nebenstraße mieteten wir das Dach­geschoss bei ei­nem netten Ehepaar. Die neue Wohnung bestand aus einem u-förmigen Raum, einer winzigen Küche und einem kleinen Bad. Sie hatte nur einen Nachteil: wir mussten durch das Esszimmer der Fami­lie Sens, um unser Wolkenkuckucks­heim zu erreichen. Durch die unkomplizierte Art der Ver­mieter wurde es jedoch ausgeglichen. „Mein Mann hat einen herrlichen Bocksbeutel aus Franken mitgebracht, den müs­sen Sie unbedingt probieren.“ So schön konnte ein Feier­abend beginnen!

 

Herr Sens war Vertreter für Damenmoden und werktags mit seinem Auto in ganz Deutschland unter­wegs. Als er hörte, dass Ellen als Designerin bei einem Modehersteller in ihrem Heimatort gearbeitet hatte, bat er sie seine Kollektion zu zeichnen. Diese Zeich­nungen kamen bei seinen Kunden hervorragend an, und ein Teil unserer Miete wurde dadurch abgedeckt.

 

Eines Tages entdeckten wir in einem Geschäft eine Braun-Cockpit-Anlage. Der Preis überstieg unser Etat. 1850,00 DM für Musikgenuss?

 

Der Ladeninhaber bemerkte unser Zögern und machte ein Angebot: 300,00 DM monatlich ohne Zinsen und 50,00 DM Anzahlung. Wir trauten unseren Ohren nicht. Inner­halb von Minuten waren wir Eigentümer dieser Traumanla­ge. Schnell wurden noch einige LPs ausgesucht und ab ging es zurück in unser Nest.. Welch ein irrer Sound.

 

Erkenntnis: Man muss das Leben genießen

An den Wochenenden gingen wir gerne in die Radolfstub­en, eine Musik-Kneipe im Ortskern. Hier gab es Livemusik und viele nette Leute. Dort lernten wir Günther Hohenhövel und seine Frau Marion kennen. Günther wurde mehrfach von anderen Gästen aufge­fordert, seine Gitarre zu holen. Er ging zum Auto und kehrte mit einer 12-seitigen Gitarre zu­rück, setzte sich mitten zwischen die Gäste auf einen Barho­cker und fing an zu singen. Unglaublich, da sang doch Cat Ste­vens, oder? Schon nach dem ersten Song tobte der La­den. Ein wirklicher Virtuose auf der Gitarre und eine tolle Stimme. Bald waren wir dabei „Lady d´'Arban­ville“ mitzusingen. Nach mehreren Songs wechselte er zu Bob Dylan. Der Abend endete mit „Blowin in the Wind“ und nicht endendem Applaus.

 

Wir verabredeten uns zum Kaffeetrinken am nächs­ten Tag. Günther war in der Immobilienbranche tätig und er­zählte beim 1. Besuch von seinem Hobby, der Musik. Er kannte keine Noten, konnte kein Instrument spielen, und hatte kaum Englischkenntnisse. Als er Platten von Cat Ste­vens, Bob Dylan und anderen hörte, beschloss er, Gitarre zu lernen. Dank eines optimalen Gehörs eignete er sich schnell die erforderlichen Fähig­keiten an.

 

Marion erzählte: „Er kauft sich eine neue Platte, und nach dreimaligem Abspielen kann er Sänger und Mu­sik per­fekt nachspielen“

 

Die Bekanntschaft mit dem Paar war ein Gewinn und ei­ne Freundschaft entwickelte sich.

 

 

 

 

 

 

Auf nach Marokko

Ein Urlaub wurde geplant. Ellen wünschte sich Son­ne, Strand und Palmen. Meine Wunsch: Ruhe und aus­schlafen. Wir einigten uns auf einen Club Mediterranee in Marokko. Schlafen kann man überall, oder? Außer­dem versprachen die Katalogbilder viel Strand und Sonne.

Unsere Anreise sah einen Zwischenstopp in Paris vor. Wir besuchten dort eine Freundin von Ellen. Christina war mit einem Engländer verheiratet. Er ar­beitete für Price Wa­terhouse. Das Zusammentreffen mit Richard King hat mich irritiert. Als wir in der Woh­nung ankamen, sagte Christina: „Richard ist gerade unterwegs. Er kauft sonntags immer alle englischspra­chigen Zeitungen.“

 

Wenig später kam er mit einem riesigen Stapel Pa­pier zu­rück. Kurze, kühle Begrüßung. Nach dem Früh­stück winkte er mir einladend zu, nahm die Zeitungen und verschwand in seinem Arbeitszimmer. Am Fenster standen zwei urge­mütliche Ohrensessel. Eine Handbe­wegung des Gastgebers wies mir einen der Sessel zu. Richard fing an in dem Zei­tungsstapel zu wühlen und reichte mir wortlos einige Teile zu. Comic-, Mode- und Reiseberichte! „Wofür hielt der mich?“

 

Es wurde Zeit zum Flughafen zu fahren. „Richard fährt Euch, er mag Deine ausgeglichene Ruhe. „Ausge­glichen? Ich hätte den arroganten Schnösel am liebsten erwürgt! Auf der Fahrt zum Flughafen unterhielt er sich angeregt mit El­len. Am Abflugterminal wurden wir ausgeladen und er ver­abschiedete sich: „Schönen Urlaub, kommt das nächste Mal doch für ein paar Tage zu uns. Würde mich freuen.“

 

 

Erkenntnis: Es gibt Dinge, die man nicht haben muss, oder?

 

Der Flug von Paris nach Tanger war ein Abenteuer.. Wir suchten den Schalter der Royal Air Maroc, erhiel­ten unsere Bordkarten und gingen in den Abflugbe­reich. Offensichtlich waren wir die einzigen Europäer. Die anderen Fluggäste wirkten ausgesprochen orienta­lisch. „Du, ich fühle mich un­behaglich. Man liest so viel über Flugzeugentführungen.“ Ich musste Ellen un­bedingt beruhigen. „Ach Schatz, die werden sich doch nicht selbst entführen“

 

Erkenntnis: Manchmal redet man, ohne zu denke

Eine Durchsage bat alle wartenden Fluggäste, den War­tebereich zu verlassen und sich beim Schalter der Fluglinie zu melden. Man hatte die Sicherheitskontrol­le vergessen. Hatte ich doch geahnt.

 

Nach der Prozedur wurden wir zum Boarding aufgeruf­en. Die Boing 727 hatte sicherlich schon bessere Zeiten gese­hen. Allah würde sicherlich schon für eine sichere Reise sor­gen, waren doch überwiegend seine Schäflein an Bord. Ich hatte recht, der Flug verlief, bis auf eine extrem harte Lan­dung, gut.

 

Wir setzten unsere Füße auf einen neuen Kontinent. Afrika wir sind da!

 

Eine Taxe brachte uns nach Malabata. Der einheimi­sche Fahrer sprach nur Französisch und eine Sprache, die mir auch nicht bekannt war. Wenigsten Ellen ge­noss es, ihre Französischkenntnisse nutzen zu können. Nach einem herz­lichen Willkommen bezogen wir un­seren Bungalow. Wie be­schrieben: einfach und sauber. Das Gelände wurde erkun­digt. Alles bereit für einen schönen Urlaub. Geldscheine wurden gegen Perlenket­ten eingetauscht. War viel prakti­scher, als ewig die Geldbörse mit Kredit- und Kundenkarten mit sich zu schleppen. Wir setzten uns an die Bar und wur­den auf­geklärt, wie man die Perlen nutzt.

 

Plötzlich ertönte „Samba Pa Ti“ von Santana. Alle Ur­lauber bewegten sich in eine Richtung. „Was ist los? „Das Zeichen zum Büfett.“ Ich wurde noch jahrelang hungrig, wenn diese Melodie erklang.

 

 

Das Leben im Club Med

 

Es gab viele Aktivitäten im Clubangebot. Ich wollte erst mal ausschlafen. Das gelang mir in den ersten Ta­gen auch. Ellen war in ihrem Element: ein herrlicher Strand und Pal­men. Nach der Schlafphase erkundigte ich erst mal das Club­gelände. In der Mitte stand eine alte Villa im maurischen Stil. Dort gab es einen Aufent­haltsraum mit sehr schönen Keramikarbeiten. Ich setz­te mich auf einen Sessel und trank einen frisch zuberei­teten Pfefferminztee, störend war nur die orientalische Musik. Dennoch beschloss ich, den Villenbe­such in mein Tagesprogramm einzubinden. Der Vorteil: ich war der einzige Gast. Alle anderen Gäste waren an­scheinend hektisch bemüht, alle kostenlosen Angebote zu nutzen.

 

Am Ende der ersten Woche traf ich den Segellehrer. Ein echter Kieler Jung. Ich wollte gerne teilnehmen. Die Boote lagen am Strand und wurden mit vereinten Kräften in die nicht geringe Brandung verbracht. Ich hatte drei Mitsegler. Als ich rief: „Schwert raus“, schauten sie mich verständnis­los an. Franzosen! Sprachkenntnisse: französisch, franzö­sisch! Ich musste also auf meinen Sprachenschatz zurück­greifen und nutzte die nichtverbale Variante: Gestik.

 

Wir haben den Ausflug überlebt und Segeln vervollständ­igte nun mein Tagespensum. Der Terminkalender bein­haltete nun: Frühstück, Pfefferminztee in der Villa, zwei- drei Stunden Segeln, Mittagsbüfett, Freizeit und warten auf Samba Pa Ti. Danach ging es an die Bar. El­len hatte inzwi­schen viele Bekannte.

 

Um etwas Abwechslung zu haben, fuhren wir mit einem Taxi nach Tanger. Touristen wurden automa­tisch erkannt und von Fremdenführerrudeln umzin­gelt. „Sprechen Sie Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch?“ Als ich „Russ­ki“ knurrte, wurden wir igno­riert.

 

Erkenntnis: Sprachkenntnisse sind manchmal vorteilhaft, oder?

 

Wir schlenderten durch den Basar. Herrlich diese Gerü­che und die Angebote der Händler. Ein kleiner Junge hatte uns schon eine Weile verfolgt. Es sprach uns an, und fragte, ob er als Fremdenführer dienen könne. Da er leidlich Eng­lisch sprach und einen netten Eindruck machte, wurde er ge­bucht.

 

Wenn wir etwas kaufen wollten, wies er häufig auf Qua­litätsmängel hin. Wir hatten wohl richtig gewählt. Er fragte mich, ob ich etwas Spezielles suchen würde. Mein Blick war in einigen Geschäften auf alte Pistolen gefallen. „Die sind meistens künstlich gealtert und ih­ren Preis nicht wert.“ Da­mit schien das Thema gestor­ben.

 

Am Basarrand saß ein alter Araber und hatte eine große Schale mit Geldmünzen vor sich. Es waren Mün­zen aus al­ler Herren Länder. Mein Blick fiel auf mehre­re 5,00 DM Stücke. „Was kosten die? „Ein Dirham.“ Das war ein Super­angebot. Der Dirham war 70,00 Pfennig wert! Kurz ent­schlossen erwarb ich die 5,00 DM Münzen. Beide Seiten waren mit dem Geschäft zu­frieden!

 

Unser „Führer“ steuerte ein großes Geschäft an. „Hier gibt es nur echte Sachen zu kaufen.“ Er lächelte und verab­schiedete sich ohne ein Trinkgeld zu fordern.

 

Erkenntnis: Im Urlaub schweigen Alarmglocken!

 

Ein sehr gut gekleideter Mann empfing uns. Das musste der Besitzer sein. Sein Deutsch war sehr gut. „Ich habe ge­hört Sie interessieren sich für echte antike Pistolen.“ Aha, der agile Fremdenführer war sicherlich Familienmitglied. Andere Länder, andere Sitten!

 

Ellen protestierte: „Wir wollen doch noch essen ge­hen.“ Sanft wurde sie von einem anderen Verkäufer, mit dem Hin­weis auf wunderschöne Silbersachen, ent­führt. Der Besitzer lies Tee bringen. Wir saßen auf sehr bequemen Sesseln. Er stand auf, öffnete einen Wand­schrank. Eine prächtig verzierte antike Pistole wurde sichtbar. Er am zurück und sagte: „Hier sehen Sie eine echte Waffe mit Zertifikat. Alles, was Ihnen bisher an­geboten wurde, sind Fälschungen. Dieses Prachtexem­plar kann ich Ihnen zu einem Sonderpreis von 750,00 DM anbieten.“ Er nahm einen Schluck Tee und sah mich erwartungsvoll an.

 

Schon mal gehört: im Orient muss man handeln, sonst verliert man sein Gesicht.

 

„Mehr als 350,00 DM werde ich nicht investieren.“ Un­gläubig schaute er mich an: „Das mit dem Feilschen im Ori­ent haben Sie sicherlich missverstanden. Wenn ich meinen neuen Mercedes in Sindelfingen abhole, kriege ich maximal 3 % Skonto!“

 

Er minderte den Preis auf 700,00 DM. Ich blieb bei 350,00 DM. Dieses Spiel hatte ich in einigen Filmen geseh­en. „Für 675,00 DM schicke ich die Pistole kostenlos nach Deutschland. Das ist mein letztes Angebot.“ Im Film hatte es ganz anders ausgesehen. Plötzlich hörte ich Ellens Stim­me: „Nun lass uns endlich gehen, ich habe Hunger.“ Erneut wurde sie nun von mehreren Verkäufern aus dem Raum „entfernt.“

 

„Sie sind ein ganz schwerer Brocken. Wenn Sie die Pisto­le wirklich nicht haben wollen, kaufen Sie wenigs­tens irgen­detwas anderes. Ich möchte mein Gesicht nicht verlieren.“

 

Erkenntnis: mache immer das Beste aus verfahrenen Si­tuationen und vermeide Gesichtsverluste.

Ellen kaufte versilberte Tee- und Kaffeekannen und wir wurden huldvoll entlassen.

 

Orientalischer Geschäftssinn

Wenn Ellen hungrig war, musste sofort gehandelt werde. Ein Blick auf die Uhr. Wir hatten uns mit einem Ehepaar aus dem Club zum Essen in einem Chinalokal in Tanger ver­abredet. Also schnell eine Taxe besorgt, den Zettel mit der Lokaladresse zeigen und den Wunsch meiner Holden erfül­len.

 

Der Taxenfahrer nahm den Zettel und raste los. Es wurde langsam dunkel. Warum mussten Hannes und Trudi ausge­rechnet ein so weit entferntes Lokal aus­wählen? Endlich hielten wir vor dem Restaurant. Hu­pend düste unser Kami­kazepilot davon.

 

Das Essen und der Service waren wunderbar. Ellen war zufrieden. Nach mehreren Drinks verabschiedeten wir uns und ich nutzte die Gelegenheit, eine Zigarette vor dem Re­staurant zu rauchen. „Nun ruf doch bitte ein Taxi. Ich bin müde.“ „Gleich“

 

Erkenntnis: vermeide das Wort „gleich“ wenn Deine Frau müde ist!

 

Noch ein letzter Zug am Glimmstängel. Ich schlen­derte betont lässig zur Straßenecke und traute meinen Augen nicht. 100 Meter entfernt war der Taxenstand, von dem wir gestartet waren. Dieses Schlitzohr von Fahrer!

 

Ich erweiterte mein Tagesprogramm. Als Frühauf­steher ging ich gerne vor dem Frühstück am Strand spazieren. Nach einigen Kilometern kam ich bei einem Leuchtturm an. Ein Mann in einer weißen Djellaba winkte mir zu. Das war der Leuchtturmwärter. Mit Gesten lud er mich zu einem Tee ein. Wir fanden keine gemeinsame Sprache, so tranken wir schweigend unse­ren frischen Tee und schauten auf das Meer. Ich verab­schiedete mich und machte mich auf den Weg zum Club.

 

Einige Tage später begleitete mich Ellen. „Du, da auf dem Leuchtturm winkt uns jemand zu.“ „Der Tee ist sicher­lich fertig.“ Mein neuer Freund freute sich, uns zu sehen. Nun konnte Ellen ihre Sprachkenntnisse anwenden. Die bei­den unterhielten sich prächtig und ich hörte dieser melodi­schen Sprache zu. Hätte ich doch nur statt Alt-Griechisch Französisch gewählt!

 

An der Bar hatten wir ein Ehepaar aus Stuttgart kennen­gelernt. Sie waren sehr sympathisch.

 

Ellen hatte nun Begleitung bei ihren Strandsessions und ich begleitete Hannes zu seinen Tennisspielen. Wir verstan­den uns so gut, dass gegenseitige Besuche nach dem Urlaub verabredet wurden.

 

Eine unangenehme Begegnung, oder Schatten der Vergangenheit

Ich war häufig der erste Gast beim Frühstück. Frü­her Wurm..........! Fast immer zur gleichen Zeit traf ich dort einen älteren Franzosen. Wir plauderten über Gott und die Welt und freuten uns, dass die hungrigen Hor­den noch nicht das Büfett belagerten. Eines Tages war er vor mir da. Ich füllte meinen Teller und ging mit ei­nem fröhlichen „Gu­ten Morgen“ an seinen Tisch. Er wurde blass und schrie: „Vous cochon allemand.“ Er­schrocken wich ich zurück.

 

Der Restaurant-Chef führte mich an einen entfern­ten Tisch. „Sie haben sich doch sonst immer so gut ver­standen. Er wird sich schon beruhigen. Ist irgendetwas vorgefallen?“ Ich war ratlos. Wir hatten uns doch wirk­lich immer gut ver­standen.

 

Am nächsten Morgen saß der Franzose schon beim Früh­stück, als ich das Restaurant betrat.. Er winkte mir zu. Noch eine unerwartete Attacke? Zögernd ging ich an seinen Tisch. „Ich muss mich für mein Benehmen gestern wohl ent­schuldigen. Ich habe Dich für einen Skandinavier gehalten, und als Du gestern plötzlich Deutsch sprachst, sah ich rot. Ich bin Jude und der größte Teil meiner Familie wurde von den Nazis um­gebracht. Später habe ich über den Vorfall nachgedacht und festgestellt, dass Du nicht schuld bist an dem Hor­ror.“

 

„Mir haben unser gemeinsames Frühstück und Gespräc­he sehr gefallen. Können wir die Geschichte ver­gessen?“

 

Wir gaben uns die Hände und er schenkte mir fri­schen Kaffee ein.

 

Erkenntnis: Die Schatten der Vergangenheit holen uns oft unvermutet ein

Arbeit, Freizeit etc.

Der Umzug nach Rahlstedt

Nach einigen Monaten wechselte Ellen als Sekretä­rin zu einer TV-Werbefilmfirma in Rahlstedt.

Wir beschlossen, uns eine Wohnung im Umkreis zu be­sorgen. Gelandet sind wir dann direkt in Rahlstedt. In einer ruhigen Nebenstraße mieteten wir das Dach­geschoss bei ei­nem netten Ehepaar. Die neue Wohnung bestand aus einem u-förmigen Raum, einer winzigen Küche und einem kleinen Bad. Sie hatte nur einen Nachteil: wir mussten durch das Esszimmer der Fami­lie Sens, um unser Wolkenkuckucks­heim zu erreichen. Durch die unkomplizierte Art der Ver­mieter wurde es jedoch ausgeglichen. „Mein Mann hat einen herrlichen Bocksbeutel aus Franken mitgebracht, den müs­sen Sie unbedingt probieren.“ So schön konnte ein Feier­abend beginnen!

Herr Sens war Vertreter für Damenmoden und werktags mit seinem Auto in ganz Deutschland unter­wegs. Als er hörte, dass Ellen als Designerin bei einem Modehersteller in ihrem Heimatort gearbeitet hatte, bat er sie seine Kollektion zu zeichnen. Diese Zeich­nungen kamen bei seinen Kunden hervorragend an, und ein Teil unserer Miete wurde dadurch abgedeckt.

Eines Tages entdeckten wir in einem Geschäft eine Braun-Cockpit-Anlage. Der Preis überstieg unser Etat. 1850,00 DM für Musikgenuss?

Der Ladeninhaber bemerkte unser Zögern und machte ein Angebot: 300,00 DM monatlich ohne Zinsen und 50,00 DM Anzahlung. Wir trauten unseren Ohren nicht. Inner­halb von Minuten waren wir Eigentümer dieser Traumanla­ge. Schnell wurden noch einige LPs ausgesucht und ab ging es zurück in unser Nest.. Welch ein irrer Sound.

Erkenntnis: Man muss das Leben genießen

An den Wochenenden gingen wir gerne in die Radolfstub­en, eine Musik-Kneipe im Ortskern. Hier gab es Livemusik und viele nette Leute. Dort lernten wir Günther Hohenhövel und seine Frau Marion kennen. Günther wurde mehrfach von anderen Gästen aufge­fordert, seine Gitarre zu holen. Er ging zum Auto und kehrte mit einer 12-seitigen Gitarre zu­rück, setzte sich mitten zwischen die Gäste auf einen Barho­cker und fing an zu singen. Unglaublich, da sang doch Cat Ste­vens, oder? Schon nach dem ersten Song tobte der La­den. Ein wirklicher Virtuose auf der Gitarre und eine tolle Stimme. Bald waren wir dabei „Lady d´'Arban­ville“ mitzusingen. Nach mehreren Songs wechselte er zu Bob Dylan. Der Abend endete mit „Blowin in the Wind“ und nicht endendem Applaus.

Wir verabredeten uns zum Kaffeetrinken am nächs­ten Tag. Günther war in der Immobilienbranche tätig und er­zählte beim 1. Besuch von seinem Hobby, der Musik. Er kannte keine Noten, konnte kein Instrument spielen, und hatte kaum Englischkenntnisse. Als er Platten von Cat Ste­vens, Bob Dylan und anderen hörte, beschloss er, Gitarre zu lernen. Dank eines optimalen Gehörs eignete er sich schnell die erforderlichen Fähig­keiten an.

Marion erzählte: „Er kauft sich eine neue Platte, und nach dreimaligem Abspielen kann er Sänger und Mu­sik per­fekt nachspielen“

Die Bekanntschaft mit dem Paar war ein Gewinn und ei­ne Freundschaft entwickelte sich.

 

 

Auf nach Marokko

Ein Urlaub wurde geplant. Ellen wünschte sich Son­ne, Strand und Palmen. Meine Wunsch: Ruhe und aus­schlafen. Wir einigten uns auf einen Club Mediterranee in Marokko. Schlafen kann man überall, oder? Außer­dem versprachen die Katalogbilder viel Strand und Sonne.

Unsere Anreise sah einen Zwischenstopp in Paris vor. Wir besuchten dort eine Freundin von Ellen. Christina war mit einem Engländer verheiratet. Er ar­beitete für Price Wa­terhouse. Das Zusammentreffen mit Richard King hat mich irritiert. Als wir in der Woh­nung ankamen, sagte Christina: „Richard ist gerade unterwegs. Er kauft sonntags immer alle englischspra­chigen Zeitungen.“

Wenig später kam er mit einem riesigen Stapel Pa­pier zu­rück. Kurze, kühle Begrüßung. Nach dem Früh­stück winkte er mir einladend zu, nahm die Zeitungen und verschwand in seinem Arbeitszimmer. Am Fenster standen zwei urge­mütliche Ohrensessel. Eine Handbe­wegung des Gastgebers wies mir einen der Sessel zu. Richard fing an in dem Zei­tungsstapel zu wühlen und reichte mir wortlos einige Teile zu. Comic-, Mode- und Reiseberichte! „Wofür hielt der mich?“

Es wurde Zeit zum Flughafen zu fahren. „Richard fährt Euch, er mag Deine ausgeglichene Ruhe. „Ausge­glichen? Ich hätte den arroganten Schnösel am liebsten erwürgt! Auf der Fahrt zum Flughafen unterhielt er sich angeregt mit El­len. Am Abflugterminal wurden wir ausgeladen und er ver­abschiedete sich: „Schönen Urlaub, kommt das nächste Mal doch für ein paar Tage zu uns. Würde mich freuen.“

Erkenntnis: Es gibt Dinge, die man nicht haben muss, oder?

Der Flug von Paris nach Tanger war ein Abenteuer.. Wir suchten den Schalter der Royal Air Maroc, erhiel­ten unsere Bordkarten und gingen in den Abflugbe­reich. Offensichtlich waren wir die einzigen Europäer. Die anderen Fluggäste wirkten ausgesprochen orienta­lisch. „Du, ich fühle mich un­behaglich. Man liest so viel über Flugzeugentführungen.“ Ich musste Ellen un­bedingt beruhigen. „Ach Schatz, die werden sich doch nicht selbst entführen“

Erkenntnis: Manchmal redet man, ohne zu denke

Eine Durchsage bat alle wartenden Fluggäste, den War­tebereich zu verlassen und sich beim Schalter der Fluglinie zu melden. Man hatte die Sicherheitskontrol­le vergessen. Hatte ich doch geahnt.

Nach der Prozedur wurden wir zum Boarding aufgeruf­en. Die Boing 727 hatte sicherlich schon bessere Zeiten gese­hen. Allah würde sicherlich schon für eine sichere Reise sor­gen, waren doch überwiegend seine Schäflein an Bord. Ich hatte recht, der Flug verlief, bis auf eine extrem harte Lan­dung, gut.

Wir setzten unsere Füße auf einen neuen Kontinent. Afrika wir sind da!

Eine Taxe brachte uns nach Malabata. Der einheimi­sche Fahrer sprach nur Französisch und eine Sprache, die mir auch nicht bekannt war. Wenigsten Ellen ge­noss es, ihre Französischkenntnisse nutzen zu können. Nach einem herz­lichen Willkommen bezogen wir     un­seren Bungalow. Wie be­schrieben: einfach und sauber. Das Gelände wurde erkun­digt. Alles bereit für einen schönen Urlaub. Geldscheine wurden gegen Perlenket­ten eingetauscht. War viel prakti­scher, als ewig die Geldbörse mit Kredit- und Kundenkarten mit sich zu schleppen. Wir setzten uns an die Bar und wur­den auf­geklärt, wie man die Perlen nutzt.

Plötzlich ertönte „Samba Pa Ti“ von Santana. Alle Ur­lauber bewegten sich in eine Richtung. „Was ist los? „Das Zeichen zum Büfett.“ Ich wurde noch jahrelang hungrig, wenn diese Melodie erklang.

Das Leben im Club Med

Es gab viele Aktivitäten im Clubangebot. Ich wollte erst mal ausschlafen. Das gelang mir in den ersten Ta­gen auch. Ellen war in ihrem Element: ein herrlicher Strand und Pal­men. Nach der Schlafphase erkundigte ich erst mal das Club­gelände. In der Mitte stand eine alte Villa im maurischen Stil. Dort gab es einen Aufent­haltsraum mit sehr schönen Keramikarbeiten. Ich setz­te mich auf einen Sessel und trank einen frisch zuberei­teten Pfefferminztee, störend war nur die orientalische Musik. Dennoch beschloss ich, den Villenbe­such in mein Tagesprogramm einzubinden. Der Vorteil: ich war der einzige Gast. Alle anderen Gäste waren an­scheinend hektisch bemüht, alle kostenlosen Angebote zu nutzen.

Am Ende der ersten Woche traf ich den Segellehrer. Ein echter Kieler Jung. Ich wollte gerne teilnehmen. Die Boote lagen am Strand und wurden mit vereinten Kräften in die nicht geringe Brandung verbracht. Ich hatte drei Mitsegler. Als ich rief: „Schwert raus“, schauten sie mich verständnis­los an. Franzosen! Sprachkenntnisse: französisch, franzö­sisch! Ich musste also auf meinen Sprachenschatz zurück­greifen und nutzte die nichtverbale Variante: Gestik.

Wir haben den Ausflug überlebt und Segeln vervollständ­igte nun mein Tagespensum. Der Terminkalender bein­haltete nun: Frühstück, Pfefferminztee in der Villa, zwei- drei Stunden Segeln, Mittagsbüfett, Freizeit und warten auf Samba Pa Ti. Danach ging es an die Bar. El­len hatte inzwi­schen viele Bekannte.

Um etwas Abwechslung zu haben, fuhren wir mit einem Taxi nach Tanger. Touristen wurden automa­tisch erkannt und von Fremdenführerrudeln umzin­gelt. „Sprechen Sie Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch?“ Als ich „Russ­ki“ knurrte, wurden wir igno­riert.

Wir schlenderten durch den Basar. Herrlich diese Gerü­che und die Angebote der Händler. Ein kleiner Junge hatte uns schon eine Weile verfolgt. Es sprach uns an, und fragte, ob er als Fremdenführer dienen könne. Da er leidlich Eng­lisch sprach und einen netten Eindruck machte, wurde er ge­bucht.

Wenn wir etwas kaufen wollten, wies er häufig auf Qua­litätsmängel hin. Wir hatten wohl richtig gewählt. Er fragte mich, ob ich etwas Spezielles suchen würde. Mein Blick war in einigen Geschäften auf alte Pistolen gefallen. „Die sind meistens künstlich gealtert und ih­ren Preis nicht wert.“ Da­mit schien das Thema gestor­ben.

Am Basarrand saß ein alter Araber und hatte eine große Schale mit Geldmünzen vor sich. Es waren Mün­zen aus al­ler Herren Länder. Mein Blick fiel auf mehre­re 5,00 DM Stücke. „Was kosten die? „Ein Dirham.“ Das war ein Super­angebot. Der Dirham war 70,00 Pfennig wert! Kurz ent­schlossen erwarb ich die 5,00 DM Münzen. Beide Seiten waren mit dem Geschäft zu­frieden!

Unser „Führer“ steuerte ein großes Geschäft an. „Hier gibt es nur echte Sachen zu kaufen.“ Er lächelte und verab­schiedete sich ohne ein Trinkgeld zu fordern.

Erkenntnis: Im Urlaub schweigen Alarmglocken!

Ein sehr gut gekleideter Mann empfing uns. Das musste der Besitzer sein. Sein Deutsch war sehr gut. „Ich habe ge­hört Sie interessieren sich für echte antike Pistolen.“ Aha, der agile Fremdenführer war sicherlich Familienmitglied. Andere Länder, andere Sitten!

Ellen protestierte: „Wir wollen doch noch essen ge­hen.“ Sanft wurde sie von einem anderen Verkäufer, mit dem Hin­weis auf wunderschöne Silbersachen, ent­führt. Der Besitzer lies Tee bringen. Wir saßen auf sehr bequemen Sesseln. Er stand auf, öffnete einen Wand­schrank. Eine prächtig verzierte antike Pistole wurde sichtbar. Er am zurück und sagte: „Hier sehen Sie eine echte Waffe mit Zertifikat. Alles, was Ihnen bisher an­geboten wurde, sind Fälschungen. Dieses Prachtexem­plar kann ich Ihnen zu einem Sonderpreis von 750,00 DM anbieten.“ Er nahm einen Schluck Tee und sah mich erwartungsvoll an.

Schon mal gehört: im Orient muss man handeln, sonst verliert man sein Gesicht.

„Mehr als 350,00 DM werde ich nicht investieren.“ Un­gläubig schaute er mich an: „Das mit dem Feilschen im Ori­ent haben Sie sicherlich missverstanden. Wenn ich meinen neuen Mercedes in Sindelfingen abhole, kriege ich maximal 3 % Skonto!“

Er minderte den Preis auf 700,00 DM. Ich blieb bei 350,00 DM. Dieses Spiel hatte ich in einigen Filmen geseh­en. „Für 675,00 DM schicke ich die Pistole kostenlos nach Deutschland. Das ist mein letztes Angebot.“ Im Film hatte es ganz anders ausgesehen. Plötzlich hörte ich Ellens Stim­me: „Nun lass uns endlich gehen, ich habe Hunger.“ Erneut wurde sie nun von mehreren Verkäufern aus dem Raum „entfernt.“

„Sie sind ein ganz schwerer Brocken. Wenn Sie die Pisto­le wirklich nicht haben wollen, kaufen Sie wenigs­tens irgen­detwas anderes. Ich möchte mein Gesicht nicht verlieren.“

Erkenntnis: mache immer das Beste aus verfahrenen Si­tuationen und vermeide Gesichtsverluste.

Ellen kaufte versilberte Tee- und Kaffeekannen und wir wurden huldvoll entlassen.

Orientalischer Geschäftssinn

Wenn Ellen hungrig war, musste sofort gehandelt werde. Ein Blick auf die Uhr. Wir hatten uns mit einem Ehepaar aus dem Club zum Essen in einem Chinalokal in Tanger ver­abredet. Also schnell eine Taxe besorgt, den Zettel mit der Lokaladresse zeigen und den Wunsch meiner Holden erfül­len.

Der Taxenfahrer nahm den Zettel und raste los. Es wurde langsam dunkel. Warum mussten Hannes und Trudi ausge­rechnet ein so weit entferntes Lokal aus­wählen? Endlich hielten wir vor dem Restaurant. Hu­pend düste unser Kami­kazepilot davon.

Das Essen und der Service waren wunderbar. Ellen war zufrieden. Nach mehreren Drinks verabschiedeten wir uns und ich nutzte die Gelegenheit, eine Zigarette vor dem Re­staurant zu rauchen. „Nun ruf doch bitte ein Taxi. Ich bin müde.“ „Gleich“

Erkenntnis: vermeide das Wort „gleich“ wenn Deine Frau müde ist!

Noch ein letzter Zug am Glimmstängel. Ich schlen­derte betont lässig zur Straßenecke und traute meinen Augen nicht. 100 Meter entfernt war der Taxenstand, von dem wir gestartet waren. Dieses Schlitzohr von Fahrer!

Ich erweiterte mein Tagesprogramm. Als Frühauf­steher ging ich gerne vor dem Frühstück am Strand spazieren. Nach einigen Kilometern kam ich bei einem Leuchtturm an. Ein Mann in einer weißen Djellaba winkte mir zu. Das war der Leuchtturmwärter. Mit Gesten lud er mich zu einem Tee ein. Wir fanden keine gemeinsame Sprache, so tranken wir schweigend unse­ren frischen Tee und schauten auf das Meer. Ich verab­schiedete mich und machte mich auf den Weg zum Club.

Einige Tage später begleitete mich Ellen. „Du, da auf dem Leuchtturm winkt uns jemand zu.“ „Der Tee ist sicher­lich fertig.“ Mein neuer Freund freute sich, uns zu sehen. Nun konnte Ellen ihre Sprachkenntnisse anwenden. Die bei­den unterhielten sich prächtig und ich hörte dieser melodi­schen Sprache zu. Hätte ich doch nur statt Alt-Griechisch Französisch gewählt!

Das Zusammentreffen mit Hannes und Trudi war eine Bereicherung

Ellen hatte nun Begleitung bei ihren Strandsessions und ich begleitete Hannes zu seinen Tennisspielen. Wir verstan­den uns so gut, dass gegenseitige Besuche nach dem Urlaub verabredet wurden.

Eine unangenehme Begegnung, oder Schatten der Vergangenheit

Ich war häufig der erste Gast beim Frühstück. Frü­her Wurm..........! Fast immer zur gleichen Zeit traf ich dort einen älteren Franzosen. Wir plauderten über Gott und die Welt und freuten uns, dass die hungrigen Hor­den noch nicht das Büfett belagerten. Eines Tages war er vor mir da. Ich füllte meinen Teller und ging mit ei­nem fröhlichen „Gu­ten Morgen“ an seinen Tisch. Er wurde blass und schrie: „Vous cochon allemand.“ Er­schrocken wich ich zurück.

Der Restaurant-Chef führte mich an einen entfern­ten Tisch. „Sie haben sich doch sonst immer so gut ver­standen. Er wird sich schon beruhigen. Ist irgendetwas vorgefallen?“ Ich war ratlos. Wir hatten uns doch wirk­lich immer gut ver­standen.

Am nächsten Morgen saß der Franzose schon beim Früh­stück, als ich das Restaurant betrat.. Er winkte mir zu. Noch eine unerwartete Attacke? Zögernd ging ich an seinen Tisch. „Ich muss mich für mein Benehmen gestern wohl ent­schuldigen. Ich habe Dich für einen Skandinavier gehalten, und als Du gestern plötzlich Deutsch sprachst, sah ich rot. Ich bin Jude und der größte Teil meiner Familie wurde von den Nazis um­gebracht. Später habe ich über den Vorfall nachgedacht und festgestellt, dass Du nicht schuld bist an dem Hor­ror.“

„Mir haben unser gemeinsames Frühstück und Gespräc­he sehr gefallen. Können wir die Geschichte ver­gessen?“

Wir gaben uns die Hände und er schenkte mir fri­schen Kaffee ein.

Erkenntnis: Die Schatten der Vergangenheit holen uns oft unvermutet ein

Der 1. Urlaub in Großbritannien wurde geplant

Nach der Rückkehr nach Hamburg telefonierten wir häu­fig mit unseren neuen Freunden aus dem Club Med. Die Idee eines gemeinsamen Urlaubs wurde ge­boren. Mir gelang es, sie für einen Trip nach England zu überzeugen. Die Ein­zelheiten der Reise wollten wir bei einem Wochenendbesuch in Stuttgart bereden. Also auf in den Süden.

Nach der Landung am Freitagabend besprachen wir De­tails unserer Reise bei einem Abendessen. Wir woll­ten mit zwei Autos fahren und uns nach der Ankunft auf der Insel einfach treiben lassen. Ein Urlaub nach meinem Geschmack!

Für Samstag planten die Damen eine Shoppingtour und Hannes lud mich zu einem Rundflug mit seinem Motorseg­ler ein. Auf dem Flugplatz angekommen überfiel mich ein seltsames Gefühl. Beim Schließen des Cockpits hörte ich, wie Ellen zu Trudi sagte: „Heiner hat eine tolle Lebensversiche­rung, wenn etwas schief geht, machen wir beide eine Bou­tique auf.“ Ihr fröhli­ches Lachen beschäftigte mich während des Starts.

Nach Erreichen einer bestimmten Höhe schaltete Hannes den Motor ab. Schrecksekunde! Der Motor hat­te etwas Beru­higendes gehabt. Doch nach kurzer Zeit fing ich an, den Flug zu genießen. Die Ruhe und der herrliche Ausblick sorgten für Entspannung.

„Greife Dir das Ruder und stelle die Füße auf die Pedale.“ Hä? Ganz ruhig folgte ich seinen knappen Kom­mandos. „Etwas ziehen, linkes Pedal leicht drücken etc.“ Es machte irrsinnigen Spaß. Nach eini­gen Minuten sagte er: „Du machst das recht gut für einen Erstflug.“ Entgeistert sah ich zu ihm rüber. Das saß der Kerl grinsend mit ver­schränkten Armen. Vor Schreck überzog ich die Steuermanö­ver und er musste eingreifen.

Nach der Landung erzählte Hannes, dass unser Rund­flug die Fluglizenz gerettet hätte. Ihm fehlten noch zwei Stunden für die erforderliche Zahl der Flug­stunden pro Jahr.

Wir verabredeten uns, 1973 den gemeinsamen Ur­laub anzutreten.

Weiter nach Volksdorf

1973 wurde wegen der Ölkrise ein Sonntagsfahrver­bot verhängt. Wir hatten gerade gefrühstückt, und wa­ren mit der Sonntagszeitung beschäftigt. Ellen stöberte im Immobili­enteil herum. „Hier ist etwas für uns: „Der größte Kamin von Hamburg.“ Du wolltest doch immer einen Kamin, oder?“ „Wo ist das?“ „Ganz in der Nähe, in Volksdorf.“ „Was hältst Du von einem Ausflug. Wir schauen uns die Wohnung an, und sagen dann wir würden es uns überlegen“

In Volksdorf angekommen besichtigten wir die Wohnung und schon nach wenigen Minuten war es klar: Die müssen wir unbedingt haben! Wir einigten uns schnell mit dem Vor­mieter und fuhren zurück nach Rahlstedt.

Allein das Wohnzimmer der künftigen Wohnung war größer als unser derzeitiges Heim.

Wir besorgten einen IBM-Kollegen als Nachmieter für unsere alte Wohnung, und zogen in unser neues Heim. Wir hatten diverse Einrich­tungsstücke vom Vormieter übernommen und richteten uns ein. Die Wohnung war ein Anbau eines Herrenhauses. Der Besitzer Dr. Weizmann war über den Zuzug junger Leute erfreut.

Seine Haushälterin Charlotte war das frühere Kinderm­ädchen des Hausbesitzers und erzählte uns die Familienge­schichte. Wir hatten uns über einige Na­men, die mit kleinen Silbernägeln in Balken des Wohn­zimmers zu erkennen wa­ren, gewundert. Deutlich les­bar war z. B. Eitel Friedrich von Preußen. Charlotte sagte, früher seien in unserem jetzigen Wohnzimmer häufig Herrenabende veranstaltet worden.

Als wir mit der Einrichtung fertig waren, luden wir Freunde und Arbeitskollegen zu einer Party ein. Wer konnte schon Parkplätze für 20 Autos auf dem eigenen Grundstück anbieten!

Die Einweihungsparty war ein großer Erfolg, und wir beschlossen uns jeden Sonnabend in Volksdorf zu treffen.

Günter Hohenhövel brachte seine Gitarre mit und wir konnten stundenlang seine Songs von Cat Stevens und Bob Dylan hören. Kio, ein Iraner, hatte seine Handtrommeln mitgebracht und nach kurzer Auf­wärmphase am Kamin, fin­gen unsere Musiker an zu improvisieren. Ein Genuss!

Später schauten häufig Musiker aus den Radolfstu­ben vorbei. Die Musik lockte gelegentlich Spaziergän­ger an. „Oh, wussten gar nicht von dem neuen Musik­schuppen.“ Hereinspaziert, Platz genug vorhanden!

Die Sonnabendtreffen waren natürlich mit lauter Musik und Gesang verbunden. Ich fragte vorsichtig beim Vermieter an, ob ihn die Lautstärke störe. Ant­wort: „Endlich ist mal Leben im Haus, weiter so!“

Dr. Weizmann war an Parkinson erkrankt. Wir mochten den alten Herrn sehr. Er kam häufig auf eine Tasse Tee vor­bei. Jedes Jahr am Silvesterabend mussten Ellen und ich uns von unseren Gästen verabschieden. Dr. Weizmann bestand auf unseren Besuch um 23:45 Uhr. Eine Flasche Champa­gner stand bereit und wir stießen auf das neue Jahr an.

Erst nach 20 Minuten wurden wir entlassen und durften uns zu unseren Gästen gesellen.

 

Noch mehr Freizeit

England wurde entdeckt

Wie mit Hannes und Trudi verabredetet, starteten wir unseren Urlaub. Wir verabredeten einen Treff­punkt in Ca­lais. Ich konnte die Abfahrt kaum erwar­ten. Ellen hatte mei­nem ständigen Flehen nachgegeben und dem Kauf eines Por­sches zugestimmt. Da stand nun der gelbe 911 Targa und wartete auf die erste große Reise.

Es war wie ein Rausch, offenes Dach und das kerni­ge Motorengeräusch sorgten für einen guten Start. In Calais warteten unsere Freunde bereits am vereinbar­ten Treffpunkt. Herzliche Begrüßung und ab auf die nächste Fähre. England wir kommen!

Im Terminal in Dover schauten wir uns mögliche Ziele an. Wir wollten in Küstennähe bleiben und uns Richtung Cornwall bewegen. Ich war von der Land­schaft begeistert. Rapsfelder, sanfte Hügel und baum­bestandene Straßen. Sel­ten war ich derart gelassen. Mir war, als wäre ich hier in ei­nem anderen Leben schon einmal gewesen. Das Linksfahren musste irgendwie angeboren sein.

Nachmittags erreichten wir das Städtchen Rye

Nach einem Bummel durch den malerischen Ort buchten wir Zimmer im Mermaid Inn. Das Mermaid Inn war das äl­teste Hotel Englands. Ellen und wir schliefen in einem Zimmer, welches Königin Elizabeth I. 1420 bewohnt hatte.

Der Aufenthalt im Hotel führte zu einigen Beulen. Die Türen waren nicht für Menschen über 160cm ge­baut, wie ich schmerzhaft feststellen musste.

Weiter ging die Fahrt Richtung Dartmoor. Unser nächster Halt war Moretonhampstead. Wir fanden ein nettes Hotel. Abends an der Bar trafen wir eine Reitleh­rerin. Sie lud uns zu einem Geländeritt am nächsten Tag ein. Es gab nur ein kleines Problem: Hannes und Trudi hatten niemals das Glück der Erde auf einem Pferderücken genossen. Mutig sagten sie dennoch zu.

Als wir zurück im Hotel waren, setzten wir uns in die Lounge und bestellten vier Brandy. „Oh, you must settle your nerves.“ Die Frage des Kellners sorgte für eine Lachsalve. Seinem Blick sah man deutlich an: „Die spinnen, die Deutschen“

Am nächsten Morgen ging ich vor die Hoteltür (Frühaufsteher haben mehr vom Leben, oder?). Das Frühstück wurde erst in einer Stunde serviert und ich wollte etwas Spazierengehen (Ausrede: Rauchen!) Auf der gegenüberliegenden Straßenseite war ein Tabakge­schäft. Eine Zeitung wäre jetzt nützlich, um die Zeit bis zum ersten. Kaffee zu überbrücken.

„Guten Morgen, ich hätte gerne die Times.“ „Sorry Sir, die Times ist bereits ausverkauft.“ „Aber im Stän­der vor der Ladentür liegt doch ein Exemplar.“ Er schaute mich verwirrt an, ging vor die Tür, nahm die Times und ging zum Hoteleingang. Dort stand Ellen, die wohl auch aus dem Bett gefallen war. Er gab ihr die Zeitung und kam zurück. „Sorry Sir, aber die Dame hat zuerst gefragt“

Ein liebenswertes Volk, oder?

Das Dartmoor war wirklich einen Ausflug wert. Nach mehreren Touren ging es weiter nach Cornwall.

Nächstes Ziel war St.Ives. Die Palmen beeindruck­ten uns. Auch die Landschaft war wunderschön. Au­ßerhalb von der Stadt fanden wir ein kleines Hotel. Zwei Zimmer wurden gebucht. Der Eigentümer half, unser Gepäck zu entladen. Seine Augen glänzten, als er den Porsche sah.“ Please close the door again, I love the sound so much“ Seltsamer Typ! Das Schließen ei­ner Wagentür soll glücklich machen?

Meine Mitreisenden standen mit dem Gepäck vor dem Eingang und schauten uns zu. „Wie sieht es mit einer kurzen Probefahrt aus?“ Selten hatte ich einen glücklicheren Menschen gesehen. Er an das Steuer, ein kurzer Wink an die entgeisterten Urlauber und ab ging es. Als wir nach einer Viertelstunde zurückkamen, standen meine Reisegefährten immer noch vor dem Hotel. Der Blick meiner Gattin verhieß nichts Gutes.

Der Hoteleigentümer rettete die Situation durch eine Einladung an der Bar.

Neue Erlebnisse

Zurück in Volksdorf

Eine Party mit Überraschungsgästen

Ein IBM-Kollege rief mich an und fragte, ob er je­manden am Abend zu unserer Musikparty mitbringen dürfe. „No Problem“

Das Wohnzimmer war wie immer proppenvoll, als es an der Haustür klingelte. Heinz Ehrhard und seine Frau Christina standen vor der Tür, hinter ihnen war ein zweites Paar zu erkennen. „Du kennst doch sicher Dr. Ischebeck. Er ist mit seiner Frau übers Wochenende in Hamburg.“

Mit allem hatte ich gerechnet. Dr. Ischebeck war ab­soluter Topmanager in Stuttgart und nun Gast bei uns. Himmel, wie sollte das gehen? „Hereinspaziert, was darf ich einschenken?

Die Vier legten ihre Mäntel ab und mischten sich unter die anderen Gäste. Zu meiner Überraschung un­terhielt sich Ischebeck angeregt mit einigen meiner Freunde. Die Musik und das Ambiente schienen ihm und seiner Frau sehr zu gefallen. Ich traf die beiden später in der Küche. „Mit einem so tollen Abend hatten wir gar nicht gerechnet. Es ist genau die Musik die wir lieben und wir haben einige sehr interessante Leute kennengelernt.“

Irgendwann bin ich wohl eingedämmert. Als ich die Augen aufschlug, sah ich eine lustige Runde vor dem Kamin auf dem Boden sitzen. Dr. Ischebeck und Frau, die Ehrhards, Axel Kaphanke und meine liebe Gattin. „Komm rüber Schatz, wir trinken Friesengeist.“

Gegen vier Uhr verabschiedeten sich die letzten Gäste und ich fiel in den komatösen Tiefschlaf.

Der 100%-Club in Monte Carlo

Dieser Abend hat nach meiner Kündigung später noch für einige komische Situationen geführt. Als klei­nes Abschiedsgeschenk wurde ich im Mai 1984 als Gast der IBM zum 100-Prozent-Club nach Monte Carlo eingeladen. Ich hatte an diesen Veranstaltungen schon teilgenommen, aber der Gästestatus war schon etwas Besonderes. Kein Doppelzimmer, sondern eine Suite mit Meerblick. Alles frei, sogar die üppig ausgestattete Minibar.

Es war schon ein merkwürdiges Gefühl. Ich hatte so lange als Mitarbeiter für diese Firma gearbeitet und nun war ich Gast.

Auf der Agenda stand am nächsten Morgen die Er­öffnung der Veranstaltung. In der großen Lobby wim­melte es geradezu. Die Karrieregeier standen in der Nähe der Aufzüge. Wenn die Topmanager erschienen, wollte man unbedingt gesehen werden. Dieses Spiel kannte ich. Ich setzte mich auf eine Marmorfenster­bank und genoss den herrlichen Ausblick auf das Meer.

Plötzlich kam eine merkwürdige Spannung auf. Eine Fahrstuhltür öffnete sich und Dr. Ischebeck trat heraus. Er sollte die Eröffnungsansprache halten. Er schaute sich, umringt von servilen Mitarbeitern, um. Mit dem ganzen Schwarm kam er auf mich zu: „Hallo, Herr Jäger, schön sie hier zu sehen. Grüßen sie bitte Ihre Gattin von mir und meiner Frau. Wir sehen uns si­cherlich später noch.“

Ich hatte selten so verdutzte Gesichter gesehen. Warum begrüßt Ischebeck den Kerl bloß als Ersten? Man sah deutlich die Fragezeichen aus ihren Köpfen ragen. Plötzlich suchten sogar Stabsleute aus Stuttgart meine Nähe. Bisher wurde man blasiert ignoriert, aber nun versuchten sie herauszukriegen, warum Ischebeck mit mir gesprochen hatte. Ich lächelte diabolisch und antwortete nur geheimnisvoll.

Am Abend in der Hotelbar saß ich mit Jochen Kör­ner und Ex-Kollegen zusammen. Immer wieder tauch­ten Leute auf und begrüßten unsere Runde geradezu überschwänglich: „Hallo, wie geht es? Wir sehen uns sicher noch“ Jochen erzählte, er hätte diverse Anrufe erhalten. Immer ging es um eins: Was ist dem Jäger los? Warum diese Begrüßung durch Dr. Ischebeck?

Wir beschlossen, das Spiel auszureizen. Geheimnis­volle Andeutungen würden die Spannung erhöhen. Die diversen Einladungen zu Drinks nahmen wir huld­voll wahr.

Am nächsten Tag war ein Busausflug nach Nizza geplant. Ich sah die Busse vor dem Hotel und beeilte mich, da der Abfahrtstermin in fünf Minuten war. Wo sind noch die Fahrstühle? Ah, dort schließt sich eine Tür. Ein Hechtsprung, und ich hatte es geschafft. Eine Stimme sagte: „Sie haben es offensichtlich eilig, junger Mann.“ Ich erkannte den damaligen Geschäftsführer der IBM Lothar Sparberg. „Ich kann nicht anders, Dy­namik ist mir angeboren.“ Er lachte, legte den Arm um meine Schulter, und erwiderte: „Wir wollen diese Tage doch etwas ruhiger genießen.“ Die Fahrstuhltür öffne­te sich und nun war die Gerüchteküche nicht mehr aufzuhalten. Gestern Ischebeck und nun Sparberg mit diesem Kerl? Was war da los?

Erkenntnis:

Geheimnisvolles Schweigen erhöht die Spannung

 

Als Ausgleich Sport

Sport musste unbedingt betrieben werden

Nur arbeiten und am Wochenende mit Freunden feiern konnte nicht das Ziel des Lebens sein. Günther Hohenhövel und ich, beschlossen also Sport zu betrei­ben. Wir suchten die Telefonnummern der Tennis­-Clubs in der näheren Umgebung heraus, und fragten nach Terminen. Fast alle waren ausgebucht. Als wir endlich ein Angebot für Trainingsstunden erhielten, waren wir zunächst begeistert. „Ich könnte Sie für 11:00 Uhr vorsehen.“ 11:00 Uhr war für Berufstätige nicht gerade optimal. „Ginge es auch nach 18:00 Uhr?“ „Ich meinte doch 11:00 am Abend.“ Das war sicherlich ein Scherz. Wir sagten dankend ab.

„Lass uns mal zum Großensee fahren. Vielleicht fin­den wir da eine Möglichkeit. Als wir am Lütjensee vor­beifuhren, sahen wir ein Schild „Golfplatz“ am Stra­ßenrand. Kurz entschlossen folgten wir dem Pfeil. Warum nicht Golf?

Ein ehemaliger Bauernhof war zu einem Golfplatz umgebaut worden. Die Eigner hatten vor einen öffent­lichen Platz anzubieten, und gleichzeitig einem zu gründenden Golfclub anzusiedeln.

Wir wurden im Wohnzimmer der Familie Brau­mann begrüßt und erfuhren, dass erst neun bespielba­re Bahnen vorhanden seien. Ein englischer Golf-Pro war vorhanden und bot uns eine Schnupperstunde an.

Schon die ersten Versuche auf der Driving-Range hatten mich süchtig gemacht. Nach drei Übungsstun­den wurde ich spontan Mitglied Nr.9 im frisch gegrün­deten GC Hoisdorf. Günther zog Tennis vor. Schade!

Eines Tages übte ich allein auf der Driving-Range. Ein grüner Jaguar fuhr vor. Ein Mann in perfekter Golfkleidung stieg aus und grüßte kurz. Er öffnete den Kofferraum, entnahm einen Golfsack. Das war doch Krokodilleder, oder? Er stellte sich auf die Abschlag­matte, riss ein Büschel Gras raus und warf es in die Luft. Mit staunenden Augen beobachtete ich seine Ak­tionen. Er nahm den Driver und machte formvollendet einige Übungsschläge.

Erkenntnis: Durch Beobachten kann man viel lernen

Nun holte er schwungvoll aus und feuerte eine kompakte Grassode[1] in die Luft. Als er meinen er­staunten Blick sah, sagte er: „Auch neu hier?“

Der Tagesablauf wurde nun radikal geändert. Wenn ich keinen auswärtigen Kundenbesuch hatte, stand ich um 5:45 auf der Driving-Range. So erhielt ich in kurzer Zeit die Platzreife. Stolz war ich über das Erreichen von Handicap 36 nach zwei Monaten.

Der erste Satz Golfschläger wurde gekauft. Nun wa­ren die Wochenenden ausgebucht. Anfangs hatte Ellen noch Verständnis für meine Leidenschaft. Das hat sich später allerdings schnell geändert.

Ich hatte nun endlich ein passendes Hobby gefun­den und opferte meine gesamte Freizeit. Ellen ging rei­ten und ich hatte ihr Hobby auch toleriert. Bin sogar freiwillig mitgegangen und hatte Unterricht genom­men. Ein Kompromiss musste her. Ich nahm Ellen mit auf den Golfplatz.

Sie nahm nur einige Trainerstunden. Gemeinsamer Beschluss: Sie auf dem Rücken der Pferde und ich mit einem kleinen Ball in freier Natur.

Im Club wurde über einen einwöchigen Trip nach Spanien gesprochen. Schnell war das Team zusammen­gestellt. Ein Bauunternehmer, ein Oberstudienrat, ein IBMer und der neue Pro Martin Hughes. Die Kosten des Ausfluges erhöhten sich wesentlich durch den Kauf eines Paares Lederreitstiefel für Ellen!

Da der Abflug in Düsseldorf frühmorgens stattfand, fuhren wir mit der Bundesbahn durch die Nacht. Bei der Ankunft in Düsseldorf wurde Martin eine Tasche mit wichtigen Unterlagen gestohlen. Unser Pro stand nun ohne Pass, Flugticket, Geld und der Reservie­rungsbestätigung unseres Hotels da. Krisensitzung!

Die Polizei wurde informiert. Die Fluglinie war sehr kulant. Man wies auf mögliche Schwierigkeiten bei der Ankunft in Spanien hin. Martin erhielt ein Ersatzticket und den Rat sich in Spanien umgehend beim Briti­schen Konsulat zu melden.

Klang recht vielversprechend, hat aber leider nicht funktioniert. Martin wurde bei der Einreise von der Guardia Civil festgenommen. Er sollte gleich mit der Maschine wieder nach Düsseldorf abgeschoben wer­den. Wir sammelten schnell Geld und steckten es ihm zu.

Manchmal kommt alles anders als man denkt

Nun standen wir ziemlich ratlos in Barcelona. Wir hatten vergessen, welches Hotel Martin reserviert hat­te.

Der Oberstudienrat, als Beamter, machte Pläne. Der Bauunternehmer beeindruckte durch imposante Kre­ditkarten und der IBMer besorgte einen Leihwagen und Hotelzimmer in Estepona. Der Ort wurde von Martin während unserer Bahnfahrt erwähnt.

Ohne unseren Golf-Pro erkundeten wir in den nächsten zwei Tagen die tollen Golfplätze. Trotz der Hitze wurden täglich zwei mal 18 Löcher absolviert.

„Sie haben Besuch. Er wartet an der Bar.“ Ich schau­te die nette Dame am Empfang erstaunt an. Besuch? Neugierig machte ich mich auf den Weg zur Bar. Wer sollte mich hier in Spanien besuchen?

Die Überraschung: an der Bar saß ein total müde aussehender Martin Hughes, der Mann ohne Flug­ticket, Ausweis und Geldbörse. „Martin, wo kommst Du den her?“ „Bestelle mir bitte ein Bier. Ich habe so­eben den letzten Penny von Eurer Geldspende inves­tiert.“

Ich holte meine zwei Mitspieler und wir lauschten gebannt Martins Schilderung seine Reise nach Spanien.

„In Düsseldorf angekommen empfing mich schon die Polizei und ein Vertreter der Airline. Meine Tasche mit meinen Unterlagen war gefunden worden. Nur das Geld fehlte. Was nun? Ich fragte sofort nach dem nächsten Flug nach Barcelona. Wollte Euch Jungs nicht allein lassen. Die Frage nach der nächsten Flugmög­lichkeit erforderte eine Entscheidung von mir. Entwe­der am nächsten Morgen oder in einer Stunde nach Portugal. Ich dachte, von Portugal kann es ja nicht weit sein nach Südspanien. Umgebucht, und ab ging es nach Faro“ .

Erkenntnis: Einen Engländer haut nicht aus der Bahn


[1]

             Ab sofort nur noch Divot genannt

 

„In Faro angekommen suchte ich die günstigste Fahrgelegenheit nach Estepona. Euer Geld war ja ei­gentlich für die Rückfahrt nach Hamburg gedacht. Nun musste es reichen, um Euch zu überraschen. Ich benutzte Bahnen, Busse und angebotene Mitfahrgele­genheiten. Es waren rund 450 Kilometer. In Estepona klapperte ich die Hotels ab und fragte nach den drei Deutschen. Hier bin ich nun. Noch ein Bier. Muss erst mal schlafen“

Feststellung: Es waren doch vier Musketiere

Der Rest unseres Urlaubs bestand aus Golf, Golf, Golf. Bei der Rückreise nahmen wir Martin in unsere Mitte. Man wusste ja nie, welche Wege nach Hamburg er aussuchen würde.

Spanien, Golf und neue Bekanntschaf­ten

Einige Jahre später konnte ich Ellen zu einem Golf­urlaub überreden. Als sie hörte Spanien, war sie Feuer und Flamme. Da gab es ja viele Strände und Palmen. Als Ziel buchte ich wieder Barcelona und das Hotel in Estepona. Dort gefiel es meiner Gattin jedoch nicht. Also weiter die Küste lang. In Sotogrande fanden wir ein Hotel, das unseren Anforderungen entsprach. Ellen hatte einen Strand und ich einen fantastischen Golf­platz.

Nach der Ankunft fuhr ich sofort zum oberen der beiden Sotogrande Golfclubs. Er lag in einer wunder­schönen Hügellandschaft. Es war kaum etwas los. So hatte ich die Driving Range für mich. Nach zwei Stun­den harten Trainings ging ich Richtung Bar. Der Club-Manager fragte, wie mir die Anlage gefallen würde. Höchstes Lob.

„Wollen Sie noch eine Runde spielen?“ Seltsame Frage, natürlich. „An der Bar sitzt jemand, der noch auf Mitspieler wartet. Ich stelle Sie ihm gerne vor.“

Der andere Golfer freute sich, mich kennenzuler­nen. „My name is Churchill, glad to meet you.“ Er sah mein erstauntes Gesicht und lachte. „Winston has been my grandfather.“

Er sagte mir, er würde nach einer Hüftoperation zum ersten mal wieder eine Golfrunde probieren. „Spielen wir um ein Mittagessen und die Drinks?“ Aber klar, ziemlich eindeutige Gelegenheit die Ur­laubskasse zu schonen. Hüftoperation, 20 Jahre älter!

Wir zogen los und schon nach neun Bahnen hatte ich keine Aussicht zu gewinnen. Er spielte traumhaft Golf und machte nicht den geringsten Fehler.

Erkenntnis: Engländer sind oft Tiefstapler

Ein dennoch guter Start. Beim Mittagessen unter­hielt er mich mit lustigen Anekdoten. Wir verabrede­ten für das nächste Wochenende.

Als ich in das Hotel zurückkam, war Ellen noch am Strand. Sie hatte den erwünschten weißen Strand, eine Schatten spendende Palme und war glücklich.

Nach dem Abendessen war sie müde und ich ging in die Hotelbar. Was war nur los, ein fast leerer Golf­platz und nun eine fast leere Bar? An der Theke saß ein Paar. Ich suchte mir einen Tisch auf der Terrasse und bestellte ein kühles Bier. „Hey, ist doch ungemütlich, wenn nur drei Gäste hier sind, und noch getrennt sit­zen. Mein Name ist Stephen und das ist meine Frau Jane. Dürfen wir uns setzen?“ So lernte ich die La­wrences kennen. Er war Manager bei Esso und der bes­te Witzeerzähler der Welt. Es wurde ein langer Abend.

Am nächsten Morgen saßen wir zusammen beim Frühstück und planten die Tagesaktivitäten. Ellen wollte wieder zum Strand und wir drei Golfer den zweiten Golfplatz erkunden.

Der zweite Platz war zu unserer Überraschung fast leer. Erst später erfuhren wir den Grund. Bei der Affen­hitze in der Mittagszeit wollte keiner außer uns spie­len. Man bot uns Golfcarts an. Das war doch nur etwas für Weicheier, oder?

Wir schulterten unsere Golfbags und machten uns auf den Weg. Am 9. Loch war eine Bar eingezeichnet. Dort wollten wir eine Pause einlegen. Allmählich wur­den unsere Taschen schwer und schwerer. Auch dieser Platz führte uns immer weiter auf die Hügel. Wir hat­ten nur noch ein Ziel: die Bar am 9. Loch. Fast ausge­dörrt erreichten wir die malerische Hütte. Geschlossen!! Wenigstens ein Wasserhahn war in Be­trieb.

Nach einer halben Stunde starteten wir die Rück­runde. Es ging wieder Richtung Mittelmeer und bergab. Am 18. angekommen, versuchten wir unsere Putts zu versenken.

Die Bewässerungsanlage setzte ein und wir waren pudelnass in Sekunden. Eine Wohltat!

Erkenntnis: Die Miete für einen Golfcart ist kein raus­geschmissenes Geld, und eine Flasche Wasser manchmal nicht in Gold aufzuwiegen

Zurück im Hotel trafen wir ein anderes Paar aus England. Sie waren mit Stephen und Jane befreundet, und hatten an dem Tag einen Ausflug nach Gibraltar gemacht. Als Ellen vom Strand zurückkam, verabrede­ten wir uns zum gemeinsamen Abendessen und an­schließendem Abend an der Bar.

Nach diversen Drinks, vielen lustigen Geschichten und Austausch von Telefonnummern und Adressen vereinbarten wir gegenseitige Besuche.

Erkenntnis:  In Urlaubsstimmung wird viel versprochen

 

 

 

Auf nach GB, oder Besuch der 2. Heimat

Verabredungen müssen eingehalten werden, oder?

Nach dem schönen Urlaub riefen unsere neuen Freunde mehrfach an und fragten, wann wir endlich auf die Insel kommen würden. Ich hatte die Verabre­dung nicht wirklich ernst genommen, nun wurde es langsam peinlich. Ellen und ich hielten Kriegsrat. Maximal eine Woche wären wohl genug.

Als wir unseren Termin bekannt gaben, freuten die vier sich sehr. Ab ging die Fahrt: Hamburg-Calais, auf die Fähre und nach Dover. Eine richtige Urlaubsstim­mung kam nicht auf. Es würde sicherlich regnen!

Erkenntnis: Vorurteile sorgen gelegentlich für Überraschun­gen

Die Kreidefelsen von Dover lagen im schönsten Sonnenschein vor uns. Runter von der Fähre, ein kurz­er Blick auf die Karte und los ging es. Linksfahren war kein Problem, kannte ich von deutschen Autobahnen!

Ich hatte auf der Karte den Begriff „Folkstone downs“ gesehen. So etwas können sich auch nur die Briten einfallen lassen. Die „downs“ waren sehr hüge­lig! Stephen hatte für uns Zimmer im The Crown Inn in Chiddingfold gebucht. Nach der Ankunft wollten wir uns telefonisch melden.

„Du fährst ungewohnt gelassen, Schatz.“ Ellen hatte Recht. Die leicht hügelige Landschaft war ein Trauman­blick. Die sehr disziplinierte Fahrweise der anderen Autofahrer war ein Genuss. Ich war total entspannt.

Das Hotel gefiel uns auf Anhieb. Wir bezogen unser Zimmer. Beim Einräumen unserer Sachen sah ich viele Wolldecken im Kleiderschrank. „Die werden doch nicht etwa noch andere Gäste hier unterbringen.“ Der Zweck dieser Decken zeigte sich nachts. Es war Anfang März und die Hotelheizung wurde um 23:00 Uhr zen­tral abgestellt. Durch die malerischen, bleiverglasten Fenster strömte eiskalte Luft ins Zimmer. Sechs Woll­decken wurden nach und nach zur Verhinderung eines Kältetodes gebraucht. Die altmodische Teemaschine auf meinem Nachtisch war mir schon bei der Ankunft aufgefallen. Kurz vor dem Erfrieren schmiss ich das Monstrum an. Es zischte und dampfte gewaltig. Die beiden Teebecher wärmten herrlich die abgestorbenen Finger!

Das zweite Problem für einen notorischen Frühauf­steher: Das Badezimmer war ein wahrer Eisschrank. So lagen wir unter unserem Deckenberg und warteten auf den Start der Heizung. Um 7:00 Uhr knackten die alter­tümlichen Heizungsrohre und wir waren gerettet.

Als wir beim Frühstück gefragt wurden, ob wir Nie­ren oder lieber eine geräucherte Makrele wünschten, wurde unser Ausflug zur Abenteuerreise.

Erkenntnis: Andere Länder, andere Sitten

Wir feierten unser Wiedersehen im Pub des Swan Inn. Ellen und Jane verabredeten sich zu einem Reit­ausflug und ich wurde von Stephen zu einem Kricket-Event im Fernsehen eingeladen. Kricket? Warum war er nur so aufgeregt? Der TV-Tag war eines der      denk­würdigen Erlebnisse meines Lebens. Nach dem die Da­men sich verabschiedet hatten, stellte Stephen den Fernseher an. Mengen an Knabberzeug wurden in das Wohnzimmer gebracht, Tee aufgesetzt und im Fernse­hen wurden von den Moderatoren endlose Kommenta­re über das bald startende Spiel gehalten.

Stephen hatte mich anscheinend vergessen und saß inmitten der gesalzenen Köstlichkeiten auf dem Fuß­boden. Als dann die ersten Spielszenen begannen, ver­suchte er mir die Regeln zu erklären.

Nach zwei Stunden konnte ich kaum noch sitzen. „Wie lange dauert so ein Spiel eigentlich? „Das kann bis heute Abend dauern!“ Hilfe!!!

Der qualvolle Tag wurde durch eine Einladung un­serer Freunde zum Abendessen im Swan Inn etwas aufgewertet. Hoffentlich gab es dort kein blutiges Roastbeef!

Er merkte nicht einmal, wenn ich vor die Haustür ging, um eine Zigarettenpause zu machen

Gegen Mittag kamen die Ladys zurück und Jane verschwand in der Küche, um Mittagessen vorzuberei­ten. Ich nutzte die Gelegenheit, um draußen mit Ellen über den Reitausflug zu sprechen. „Es war herrlich, morgen wollen wir einen mehrstündigen Reitausflug machen, willst Du mit?“ Durch das Rumsitzen wäh­rend des äußerst langweiligen Kricketspiels hatte ich das Gefühl, mein Hinterteil wäre abgestorben und ich lehnte das Angebot dankend ab.

Das Mittagsmahl werde ich nie vergessen. Es gab blutiges Roastbeef mit Pfefferminzsoße, knallgrüne Erbsen und schneeweißen Kartoffeln. Die Erbsen wa­ren wahrscheinlich nur Sekunden im heißen Wasser gewesen und kaum mit der Gabel zu bändigen.

„Jane ist eine fantastische Köchin, nicht wahr?“ Mir gelang es, begeistert zu nicken.

Erkenntnis: Gäste sind immer höflich

Im Keller war ein kleines Restaurant mit nur vier Ti­schen. Es gab keine Speisekarten. Der Koch und Eigen­tümer bot eine Auswahl von köstlich klingenden Spei­sen an. Sie klangen nicht nur verlockend, sondern wa­ren es. Später erfuhren wir, dass der Koch zwanzig Jahre in Paris gearbeitet hatte, und nun den Ruf der Küche in seiner Heimat korrigieren wollte. Es war ihm gelungen.

Meine kleine Welt war nun wieder in Ordnung. Wir gingen rauf in den Pub, holten uns Getränke und un­terhielten uns prächtig. Nach einigen Pints fing ich an zu schwärmen: „Es ist so traumhaft, ich könnte mir vorstellen, ein Haus zu kaufen und den Rest meines Lebens hier zu verbringen.“ Diese Bemerkung sorgte für eine Sympathiewelle im Pub. Die Konsequenz zeig­te sich am nächsten Tag.

Das Traumhaus

Am nächsten Morgen erschien ein gut gekleideter Makler kurz nach dem Frühstück im Hotel. „Mister Lawrence hat mir von Ihrer Absicht ein Haus zu kau­fen erzählt. Ich glaube, ich habe das passende Anwesen für Sie.“ Wir schauten uns entgeistert an. Drehen die hier eine Folge von „Vorsicht Kamera?“

Er ließ sich nicht beirren und lud uns zu einer Be­sichtigung ein. Die Fahrt ging durch die malerische Landschaft und endete vor einer imposanten Einfahrt. „Ihr künftiges Heim, willkommen!“

Nicht nur die Einfahrt war imposant. Nach einer minutenlangen Fahrt über knirschenden Kies lag ein Traum von Herrenhaus vor uns.

Der Makler führte uns durch die prachtvollen Räu­me. So etwas hatte ich bisher nur in Filmen gesehen. „Wie komme ich nur aus dieser Situation heraus?“ In einem der zahllosen Wohnräume sah man in der Ferne mehrere Gebäude. „Was sind das für Häuser dort?“ „Das Gästehaus und die Ställe. Ich hörte, Ihre Gattin reitet gerne.“

Ich suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit diese Besichtigungstour ohne Gesichtsverlust zu beenden. Vielleicht über den Preis? „Was kostet das Anwesen?“ „Oh, es ist sehr günstig. Der Eigentümer will zurück nach London. Für 2,3 Millionen Pfund können Sie hier sofort einziehen. Wunderbar, nicht wahr?“

Nun half nur die Flucht. 2,3 Millionen! Der Wechsel­kurs lag bei 3,12. „Hat Mr. Lawrence Ihnen von der kleinen Besonderheit dieses Hauses erzählt?“ Was nun noch?

„Der Eigentümer hat einen der ersten Rolls-Royce und besteht im Kaufvertrag darauf, dass der Wagen nicht verkauft werden darf“

Nun hatte ich ihn. „Darauf kann ich mich nicht ein­lassen. Autos interessieren mich nicht.“

Er lieferte uns ziemlich wortkarg im Hotel ab. Ich rief sofort Stephen an. „Was sollte das denn? Er lachte: „Da hattet Ihr doch eine kostenlose Gelegenheit dieses Prachthaus zu besichtigen. Ich wollte dem arroganten Makler mal eine Falle stellen“

Ich hörte von einem Golfguru in der Nähe. Unter­richtsstunden mussten unbedingt gebucht werden. Ur­laub sollte man nutzen, oder?

Auf ging es nach Shillinglee. Schon die Frage nach Unterrichtsstunden endete mit einer Enttäuschung: Der „Meister“ akzeptiere nur Golfer mit Handicap bis 10. Ich ging gekränkt auf die Driving Range und schlug mir den Frust vom Leibe. Nachdem ich mit aus­getobt hatte, ging ich in die Bar. Der Kummer musste ersäuft werden. Ein älterer Herr setzte sich auf den Barhocker neben mich. „Habe Sie hier noch nie gese­hen. Neues Mitglied?“ Ich erzählte ihm von meinem Wunsch bei dem Guru einige Stunden zu nehmen und der Ablehnung. Er lächelte: „Morgen um neun Uhr, wenn es passt.“ Ich hatte zuvor nur Fotos von ihm ge­sehen. Das war ER.

Ich konnte mein Glück kaum fassen. „Darf ich Freunde mitbringen? „Natürlich.“

Um acht Uhr am nächsten Tag tummelten wir uns schon auf der Driving Range. Wir wollten uns ja beim Golfguru nicht blamieren Stephen hatte seinen Schwie­gervater mitgebracht. Punkt neun Uhr kam der große Meister, begrüßte uns und sagte zum Schwiegervater: „Gehe bitte 170 Schritte Richtung Waldrand.“ Wir schauten uns verdutzt an. „Nun spielt John den Ball vor die Füße. Ich möchte mal anschauen, wie weit Ihr seid“ Konzentration war gefordert. Ich schaffte es den Ball drei Meter vor John zu platzieren und spürte ein unbeschreibliches Glücksgefühl.

„Wir müssen das Adressieren des Balls und den Griff verbessern. Den Rest der Stunde folgten wir sei­nen Anweisungen. Er schien zufrieden und wollte sich verabschieden. „Wann sehen wir uns wieder? Ich möchte gerne die Tage hier nutzen.“ Er lachte: „Komm nächstes Jahr wieder und denke beim Spiel an das heu­te gelernte. Es ist die Grundlage für ein gutes Golf­spiel.“ So eine Enttäuschung! Später begriff ich, wie Recht er hatte.

 

 

 

 

 

Ausflug nach Belgien

Ein Ausflug nach Belgien

1977 war Ellen zu Dreharbeiten nach Belgien gefah­ren. Eberhard Fechner drehte den Film Winterspelt 1944. Ich hatte einige freie Tage und beschloss Ellen ohne Vorankündigung zu besuchen. Die Haushälterin unseres Vermieters übernahm die Betreuung unseres Haustigers Böbby.

Gegen 5:00 Uhr startete ich die Reise. Die Autobah­nen waren leer und ich konnte das Potenzial des Tar­gas ausnutzen. Abgesehen von einigen Baustellen und Geschwindigkeitsbegrenzungen zeigte der Tacho Wer­te zwischen 200-240 Stundenkilometer. Mein Ziel war Manderfeld in Belgien. Dort hatte die Filmcrew ihr Hauptquartier aufgeschlagen.

Gegen zehn Uhr parkte ich den Wagen vor der Ho­stellerie Thornbach. Die Überraschung war gelungen. Mein holdes Weib freute sich sehr, war aber gerade bei wichtigen Arbeiten. „Geh doch frühstücken. Das Re­staurant hat noch bis 11:00 Uhr geöffnet. Ich komme später nach.“

Frühstück klang gut. Ich suchte mir ein Fensterplatz und bestellte ein üppiges Mahl. „Hallo, ist hier noch ein Platz frei?“ Ein großer Amerikaner stand lächelnd am Tisch. „Mein Name ist Hal Galili. Muss erst später zum Drehort. Habe Sie hier noch nicht gesehen. Auch beim Film?“ Ich erzählte ihm von meinem Überra­schungsbesuch bei Ellen.

„Ellen ist ein Schatz.“ Er setzte sich und bestellte Rühreier, Schinken, Marmelade, Wurst, Käse und eine Kanne Kaffee. Kein Wunder, dass er so wohlbeleibt war. Als seine Bestellung gebracht wurde, fing er an seine Tischseite in ein Chaos zu verwandeln. Kaffeefle­cken, Krümel, Marmeladeinseln! Ich traute meinen Au­gen nicht. Das Gelage wurde mit Grunzlauten, Schmatzen und einer Art lustvollem Stöhnen begleitet. Ein wahrer Schweinestall! Der Ober stand mit eisigem Gesicht in einer Ecke und schaute dem Treiben zu.

Als das Krümelmonster“ fertig war, lehnte er sich zurück und meinte: „Es geht nichts über ein gutes Frühstück, oder?“

„Ich bin Ensemblemitglied bei der Royal Shakespea­re Company in London.“ Dieses Urvieh und Shakes­peare? Überrascht musste ich feststellen, dass seine Stimme sich total änderte. Fasziniert lauschte ich den Versen. Ich hatte Shakespeare im Originaltext gelesen und erlebte nun einen wunderbaren Vortrag.

„Oh, Ihr habt Euch schon kennengelernt“.  Ellen kam in den Frühstücksraum. „Ich zeige Dir kurz unser Hotelzimmer. Wir haben einen Nachtdreh und ich muss noch viel vorbereiten.

Nachtdreh? Das würde bestimmt interessant sein. „Kann ich mitkommen? „Natürlich“

Wir verabschiedeten uns von Hal, und ich be­schloss, den vernachlässigten Schlaf nachzuholen. Es würde sicherlich eine lange Nacht werden.

Gegen zwanzig Uhr weckte mich Ellen: „Wir fahren gleich los, nimmst Du mich mit?“ „Ich brauche erst einen Kaffee.“ „Es ist nicht weit und der Marketender­wagen hat alles was das Herz begehrt. Auf geht’s Schlafmütze!“

Ich folgte der Wagenkolonne. Auf einer Waldlich­tung herrschte bereits hektisches Treiben. Schienen für die Kamera wurden verlegt, ein Armeezelt aufgebaut und vieles mehr. Ich suchte den Marketenderwagen. Endlich Kaffee!

Ellen kam vorbei und brachte mir eine Kopie des Drehbuchs und den sogenannten Call-Sheet (Tages­plan). Ich suchte die Einstellungen für die Nachtauf­nahmen. Klang ziemlich simpel: Zwei US-Offiziere verlassen das Zelt. Sie unterhalten sich angeregt und gehen Richtung Waldrand. Dort zeigen sie Richtung Norden und gehen zurück. Dafür der ganze Aufwand? Würde sicherlich nicht lange dauern!

Irrtum: die Szene wurde zwei Stunden geprobt. Scheinwerfer wurden neu ausgerichtet. Die Schienen für den Kamerawagen einen halben Meter versetzt und die Maskenbildner voll beschäftigt.

Nun sollte es losgehen. Gestärkt durch inzwischen drei Becher Kaffee wartete ich gespannt.

Der Aufnahmeleiter rief „Action“ , die „US-Offizie­re“ verließen das Zelt, gingen einige Schritte und aus der Ferne ertönte das Gebimmel von Kirchenglocken. Sofortiger Abbruch der Aufnahme. „Warum das?, frag­te ich. „Wir drehen mit Originalton.“ Haha!

Nach zwei weiteren Stunden hatte ich die Nase voll. Die Füße waren wahre Eisklumpen. „Ich fahre zurück in das Hotel.“ Ellen hatte eine bessere Idee: „Kurz vor dem Hotel ist eine Kneipe „Bei Marianne.“ Dort treffen sich immer alle, die drehfrei haben. Ich komme nach“

Beim Wagen angekommen erlebte ich die nächste Überraschung. „Bitte nicht anlassen, wir drehen gera­de.“ Das hatte mir gerade noch gefehlt. „Wie lange dauert es denn noch.“ „Unbestimmt.“ Aus dem Dun­keln erschienen vier Crewmitglieder und schoben mei­nen Wagen ca. 500 Meter durch den Wald. Ein kurzes Klopfen auf das Wagendach: „Gute Fahrt, wir sind weit genug weg“

Erkenntnis: Die spinnen, die Kreativen

Schnell fand ich die genannte Kneipe. Der Laden war voll. „Setz Dich, auch einen Zaubertrank?, wie läuft es beim Dreh?“ Die Stimme kannte ich doch: Rudi, der Chefgarderobier.“ Rudi hatte bereits mehrere Filme mit Ellen zusammengearbeitet. „Hi, alter Knabe, was ist der Zaubertrank?“ „Ein großer Becher mit Schokolade und Grand Marnier. Mischungsverhältnis 1:1.“ Der Name passte! Herrlich!

Am Tisch saß Katharina Thalbach . Sie war hinter ihrem großen Becher kaum zu erkennen. Nur ihre un­vergleichliche Stimme hatte sie identifiziert. Gebannt lauschte ich den Geschichten aus ihrer Theaterzeit.

Die Stimmung in der verräucherten Kneipe war ein­zigartig. Irgendwann erschienen auch die „Nachtarbei­ter.“ Sofort wurden weitere Zauberbecher vorbereitet. „Wie ist es gelaufen? „Alles im Kasten.“ Die Nachzüg­ler waren fast erfroren und leerten ihre Becher.

„Hast Du schon die Geschichte mit Henning Schlü­ter gehört?“ Ich kannte den massigen Schauspieler zwar aus mehreren Filmen, aber Geschichten über ihn nicht. „Also Henning ist sehr sparsam. Er ging in den kleinen Dorfladen und kaufte Brot, Wurst, Butter usw.

zurück im Hotel leerte er die Minibar und verstaute seine Einkäufe. Das Zimmermädchen stellte den ur­sprünglichen Zustand am nächsten Tag wieder her. Es wurde zum Ritual: Essen raus, Flaschen rein und vice versa.“

„Unser Henning ist schon ein Unikum. Er hatte sich auch Waschpulver besorgt und wusch seine Wäsche selbst. Als der Hotelier am nächsten Morgen die flat­ternden, langen Unterhosen auf dem Balkon sah, wur­de der Mime umgebettet. Ein ehemaliges Personalzim­mer auf der Rückseite des Hotels (mit Kühlschrank) war die Lösung.“

Ich hätte stundenlang diesen Geschichten zuhören können, aber die Zaubertränke forderten ihren Tribut.

Drei Jäger und der Zoll

Auch der nächste Tag war für nächtliche Dreharbei­ten eingeplant. Wir saßen gerade beim Mittagessen, als der Produktionsleiter in das Restaurant kam. „Ellen, wir haben ein Problem, Frederic Jaeger (ein britischer Schauspieler mit deutschen Wurzeln) ist heiser. Er muss unbedingt heute am Set sein. Versuch doch einen Arzt aufzutreiben.“

Wenige Minuten später kam Ellen zurück. „Es gibt keine HNO-Ärzte in der Gegend. Am besten wäre die Uniklinik in Aachen. Ich habe mit der Klinik gespro­chen, Sie würden sofort behandeln.“

„Das sind doch mindestens 100 KM. Hin- und Rückfahrt plus Behandlung sind zeitaufwendig. Wir brauchen Frederic bis spätestens 22:00 Uhr.“

Das war mein Signal. Der große Problemlöser mit dem schnellen Auto musste eingreifen. „Ich kann ihn fahren!“ ,

Erkenntnis:  Der Retter in der Not gewinnt Ansehen. Oder?

Der heisere Mime und Ellen (einer musste ja die fi­nanziellen Dinge in die Hand nehmen) enterten den Wagen. Los ging es. Ellen hatte den Autoatlas und gab die Richtung vor. Das Problem war: sie verwechselte häufig links und rechts. Diese Schwäche kannte ich schon von anderen Touren und konnte instinktiv korrigieren. Als wir an der deutschen Grenze ankamen, wurden wir von Grenzschutzbeamten mit Maschinenpistolen „umzingelt.“ „Die Wagenpapiere und Ausweise!“ Ich hatte vergessen, dass man vermutete, die RAF-Leute hätten ihr Entführungsopfer Schleier in Belgien versteckt.

Wir waren den Beamten sehr suspekt. Ein deutsches Ehepaar und ein Brite mit demselben Namen. Wir mussten den Wagen verlassen. Telefonate wurden ge­führt. Die Klinik in Aachen bestätigte den Termin mit dem Schauspieler. Unsere Identität wurde durch einen Rückruf des Produktionsleiters bestätigt.

In der Klinik wurde die Heiserkeit weggezaubert.

Erkenntnis: Wunder gibt es immer wieder

Wir waren pünktlich zurück am Drehort. Dieses Mal verzichtete ich auf die Rolle des frierenden Zu­schauers.

Am nächsten Tag ging es zurück nach Hamburg.

 

 

 

Zwischendurch wurde auch gearbeitet

Präsentationen und sich verkaufen

Es war die hohe Zeit der sogenannten Mainframes. Wir waren stets mit den modernsten Modellen ausge­stattet. Zur Vorbereitung einer Kundenführung ließ ich mir von einem Techniker zeigen, wie man die Gehäu­setüren des neuen Großrechners öffnen kann. Es ist bei Präsentationen immer wichtig, den Kunden direkt an­zusehen.

Ich übte also den Griff zur Tür! Als der große Au­genblick kam, sah ich nur lachende Gesichter. Ich hatte verkündet: "Nun werfen wir einmal einen Blick ins In­nere", und gekonnt die Gehäusetür geöffnet. Im Gestell hing eine Anzugjacke auf einem Bügel und eine Kiste Coca-Cola wartete auf den Verzehr.

Erkenntnis: Vorher nachschauen lohnt sich manchmal!

Ein besonderes Präsentationserlebnis war eine Rei­he von Workshops in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Ich hatte ein Buch über Systems Management geschrieben und wurde von einem Veranstalter aus München gebeten, eine 5-tägige Tour durch die o. a. Länder zu unternehmen. Zusammen mit einem Moderator hielten wir eintägige Seminare. München, Stuttgart, Wien, Zürich und Bern waren die Veranstaltungsorte.

In München lief die Veranstaltung ohne besondere Vorkommnisse ab. Ich hatte nur Schwierigkeiten bei ei­nigen Fragen der Teilnehmer. Hatten die eigentlich kein Deutsch in der Schule?

Besonders Zürich wird mir immer in Erinnerung bleiben. Ich hatte ein bestimmtes Ritual: suche Dir in der ersten Reihe jemanden aus und versuche die Reak­tion auf deine Worte zu interpretieren. Nach der Einlei­tung durch den Moderator fand ich ein "Opfer". Ein schmächtiger IT-Direktor einer großen Schweizer Bank. Nadelstreifen und gelangweilter Blick!

Ich begann mit meinem Programm und wurde ziemlich nervös. Der Typ saß, ohne eine Miene zu ver­ziehen auf seinem Platz. Ich versuchte alles aus der Trickkiste für Präsentationen: lauter Reden, leiser Re­den, Anekdoten zur Lockerung. Keine Wirkung.

In der Mittagspause unterhielten sich die Teilneh­mer in der gutturalen Stammessprache und bis auf ein "schmeckt es Ihnen“ war ich ziemlich isoliert. Das deu­tete auf einen qualvollen Nachmittag hin.

Ich forderte die Teilnehmer auf, bei Fragen jederzeit zu unterbrechen. Überrascht sah ich die Hand des IT-Direktors hochschnellen (nicht direkt rasant, sondern mit Schweizer Schnelligkeit). "Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn wir unsere Fragen in Schwyzer­dütsch stellen?“ "Wenn ich auf Plattdeutsch antworten kann, gerne“ rettete den Nachmittag.

Nach dem Abschluss wurde ich von den Teilneh­mern in ein Restaurant eingeladen. Ich musste meinen Rückflug nach Hamburg stornieren. Es war ein toller Abend. Ich hatte noch jahrelang Kontakt mit einigen Teilnehmern.

 Erkenntnis: Schlagfertigkeit kann gelegentlich die Rettung sein und fördert die orale Wertschöpfung

Eine andere Veranstaltung in Glückstadt wurde auch ein Erfolgserlebnis. Ich sollte vor einer Reihe von Managern über Managementmethoden und Führungs­techniken sprechen. Bei der Ankunft teilte man mir mit, das es eine kleine Ablaufänderung geben würde. Ich sollte nicht wie geplant um 10 Uhr starten, sondern nach dem Mittagsessen. Ausgerechnet nach dem Mit­tagsessen. Alle sind dann satt und müde. Schöne Aus­sichten!

Wie erwartet saßen die Herren und Damen gelang­weilt herum und ich hörte, dass sie sich, während ich vorgestellt wurde, unterhielten. "Der neue Vorstand war doch.., ich habe gehört ihr ... usw.“ Das konnte ja eine qualvolle Stunde werden!

Kurz entschlossen änderte ich meinen Vortrag. Ich begann, die Teilnehmer mit frechen Thesen zu bombar­dieren. „Ich habe absolut kein Verhältnis zu den eige­nen Prioritäten, verschwende viel Zeit mit überflüssi­gen Meetings, höre nicht auf meine Mitarbeiter, halte eigene Ziele nicht ein. Ich bin ein typisches Beispiel für uns alle".

Ein Ruck ging durch die Reihen und ich sah in em­pörte, protestierende Gesichter. Ich lies mich selbst von dem gefrorenen Gesicht des anwesenden Veranstalters nicht bremsen. Nun schnell umschalten. „WIR müssen an uns arbeiten und ich habe einige Ideen und Vorschläge". Das "wir“ kam an und es wurde eine lebhafte Session. Sie begleiteten mich bis zum Parkplatz und trotz Aufforderung des verzweifelten Veranstalters: "Meine Damen und Herren, es geht weiter im Programm“ diskutierten wir draußen noch dreißig Minuten.

Es wurden Visitenkarten ausgetauscht und ich ge­wann neue Kunden.

 Erkenntnis: Man sollte sich öfter auf sein Baugefühl verlassen.

Das kam mir recht Chinesisch vor

Eine weitere Präsentation erweiterte meinen Erfah­rungsschatz. Der Vorstand eines Back-up-Unterneh­mens bat mich, einen Vortrag über Back-up-Anforde­rungen vor einer chinesischen Delegation zu halten. Dauer eine Stunde und natürlich auf Englisch. Ich sag­te zu und erstellte die benötigten Folien.

Am vereinbarten Termin wurde ich der fernöstli­chen Delegation vorgestellt. Der Chef war Minister und leicht von den anderen Teilnehmern zu unter­scheiden. Er war größer und fülliger! Begleitet wurde er von fünf schmächtigen Assistenten mit großen Schreibblöcken und einer zierlichen Dolmetscherin.

Hier begannen die Schwierigkeiten. Ich legte die erste Folie mit den Punkten der Präsentation auf und nach den einleitenden Worten begann die Dolmetsche­rin gefühlte fünf Minuten den Inhalt der Folie zu über­setzen, und die Assistenten eifrig mitzuschreiben. Mein ganzer Zeitplan kam ins Wanken.

Nach dreißig Minuten waren wir bei Folie 3 und ich fing an zu schwitzen. Es gab Handlungsbedarf, also bat ich um eine kurze Pause. Der Minister kam auf mich zu und bot mir eine chinesische Zigarette an. Nach einem heftigen Hustenanfall sagte ich: "Es ist recht problematisch, in einer dritten Sprache miteinan­der zu kommunizieren. Leider beherrsche ich Ihre schöne Sprache nicht.“

"No Problem", kam als Antwort.

Der Mann sprach fließend Englisch und seine Assis­tenten ebenso.

Als der Gastgeber erschien und den Minister an das geplante Abendessen erinnerte, sagte der: „Wir bleiben lieber hier und machen weiter.“

Wir überzogen die geplante Zeit erheblich, und ich erhielt eine Einladung nach Peking, der ich leider nicht folgte.

Erlebnisse auf Fahrten zum Arbeits­platz und zurück

Als ich an einem Wintermorgen die Schneeberge vor dem Haus sah, entschloss ich lieber, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Seit sechs Wochen war ich Nichtraucher und daher wurde nur kurz gefrühstückt. Irgendwas fehlte!

Ich ging durch den knirschenden Schnee den kurz­en Weg zur U-Bahn Volksdorf. Es war verdammt kalt. Vor dem U-Bahn-Gebäude war die Bushaltestelle Rich­tung Langenhorn. Büroschuhe waren nicht gerade ide­al bei dem Sauwetter. Um mich warmzuhalten, trippel­te ich auf der Stelle. Wo bleibt der Bus? Mein Blick fiel auf einen Zigarettenautomaten an der Wand. NEIN!!!

Zehn Minuten später war der Bus noch nicht da. Halb erfroren sagte eine innere Stimme: „Wenn er in fünf Minuten nicht kommt, kaufe eine Packung Ziga­retten.“

Ich suchte mit klammen Fingern nach passendem Kleingeld und bewegte mich Richtung Automat. Da er­schien der Bus. Ich stieg ein, legte das Geld hin und sagte: „eine Marlboro bitte.“

Der Fahrer hat bis zum Fahrziel gelacht!

Erkenntnis: Der innere Schweinehund ist schwer zu be­siegen

Bei einer anderen Busfahrt hatte ich eine ungünstige Zeit gewählt. Alles voller lauter Schüler. Auf der hin­tersten Bank fand ich noch Platz. Neben mir saß ein Afrikaner und las in einem Buch. Ein Blick auf den Buchdeckel: „Johann Gottfried Herders Ideen zur Phi­losophie der Geschichte der Menschheit“

 Verlegen packte ich meine Bildzeitung wieder ein.

 

 

 

 

Auf geht es nach Spanien

Es gab auch Urlaub zwischendurch

Wenn wir es einmal schafften, einen gemeinsamen Urlaubstermin abzustimmen erfolgte umgehend die Auswahl der Ziele.

Freunde aus Bremen erzählten, sie würden mit dem Auto nach Cadaqués in Spanien fahren. Wir entschlos­sen uns spontan, mitzufahren. Die Wagen wurden be­laden und wir starteten die Tour. Von Bremen steuer­ten wir unser erstes Etappenziel an. Claude kannte dort einen Weinbauern in Riquewihr und wusste, dass dort Gästezimmer vermietet würden.

Wir hatten Glück, die Zimmer waren frei. Nach ein­räumen unserer Siebensachen trafen wir uns im Hof des Weingutes. Unsere Damen wollten mit Per in den Ort fahren. Claude und ich nahmen lieber das Angebot zu einer Weinprobe an. Lange Gesichter unserer Liebs­ten konnten uns nicht umstimmen. Schließlich sagt man ja nicht umsonst: „in vino veritas!“

Wir folgten unserem Gastgeber in einen Weinkeller. Er lag in einem 1,5 Kilometer langen Gang unter den Weinbergen. Kerzenlicht und die kühle Temperatur sorgten für beste Voraussetzungen für die Probe. Herr­liche Tropfen wurden probiert. Nach zwei Stunden gingen wir wieder nach oben. Geblendet vom grellen Sonnenlicht und den vielen Gläschen war es Zeit für einen Nickerchen.

Abends fuhren wir in ein Restaurant im Ort. Immer noch nicht ganz nüchtern ließ ich mich zu Weinberg­schnecken überreden. Hätte ich ohne die Weinprobe nie bestellt.

Erkenntnis: Was der Bauer nicht kennt ….......

Weiter ging es Richtung Spanien. Kurz vor dem Grenzübergang blinkte Claude kurz und fuhr in die Berge. Seltsamer Vogel, warum hält er nicht und sagt, was los ist? Er hielt vor dem Eingang eines einsamen Bauernhofs. Kaum ausgestiegen liefen mehrere Bewoh­ner des Hauses auf ihn zu. Küsschen links und Küss­chen rechts. Ich verstand keines ihrer Worte, da ich bei aller Sprachbegabung nie Französisch gelernt hatte.

Nach der lebhaften Begrüßung sagte Claude, wir würden eine Mittagspause bei seinen Freunden ma­chen. Ich habe selten so gut gegessen.

Nun waren es nur noch wenige Kilometer zu unse­rem Ziel. Wir folgten dem Wegweiser nach Cadaqués und parkten im Zentrum.

Dorit, Claude und Per wollten zu einem Camping­platz in der Nähe. Wir gingen zur Touristeninformati­on und buchten eine Ferienwohnung. Wir verabrede­ten ein Treffen am Abend und bezogen unser neues Domizil. Cadaqués gefiel uns auf den ersten Blick. Ein malerischer Ort. Nach dem Einräumen unserer Sachen erkundeten wir die Gegend. Wo waren gute Restau­rants, wo konnte man einkaufen und wo gab es Schuh­geschäfte? Letzteres war für Ellen immens wichtig!

Am Abend trafen wir uns mit Dorit, Claude und Per (dem Sohn aus Dorits 1. Ehe) in einem Restaurant am Hafen. Wir hatten einen Tisch draußen gewählt. Die herrliche Luft und der Blick auf die malerische Bucht sorgten für die richtige Urlaubsstimmung. Als ich auf der Karte sah, es gäbe Schnecken, dachte ich an meinen ersten Versuch im Elsass und bestellte eine große Porti­on. Beim servieren verging mir jedoch der Appetit: Eine Salatschüssel garniert mit Weinbergschnecken ohne Gehäuse! Großzügig schenkte ich die Portion Claude. Franzosen essen alles, oder?

Plötzlich herrschte absolute Ruhe, alle Gäste schauten auf die gegenüberliegende Landzunge. Ein Ruderboot fuhr in die Bucht. Am Heck stand ein Mann gekleidet mit einem langen Umhang und einem Hirtenstab. Der Umhang war mit leuchtend roter Seide gefüttert. „Sal­vadore Dali kommt“ , hörte man flüstern. Am Neben­tisch saß ein englisches Ehepaar, das öfter in Cadaqués Urlaub gemacht hatte. Der Mann erklärte die merk­würdige Prozedur. Dali wohnte hinter der Langzunge und lies sich gelegentlich von einem Fischer für einen Aperitif in die Bucht rudern.

An der Mole angekommen, ging der Maler langsam majestätisch in die nächste Bar, grüßte huldvoll die Gäste, zelebrierte seinen Drink und bestieg das Ruder­boot. Nie werde ich den Anblick des um die Landzun­ge verschwindenden Bootes vergessen.

Der Engländer erzählte uns, dass es Dali zu verdan­ken war, das Cadaqués so urtümlich erhalten war. Er drohte z. B. bei Planungen neue Hotels zu bauen mit dem Wegzug.

Danke Savatore!

Als Frühaufsteher machte ich kurz nach Sonnenauf­gang einen Spaziergang. Ich wollte das Haus von Dali einmal ansehen. Der Anblick war fantastisch. Auf dem Dach saß eine riesige weiße Henne und legte offen­sichtlich ein Ei. Direkt unter der Henne stand ein Eier­becher. Dali, das verrückte Huhn!

Zwischen den Palmen hatte er ein Kamel platziert. Sein Anwesen bestand aus mehreren alten Fischerhäu­sern. Ich schlenderte herunter zur Mole und schaute auf das Meer. Plötzlich sagte eine Stimme: „Hallo, wo kommen Sie her?“ Ich drehte mich um. Ein Mann in ei­ner braunen Lederjacke lächelte mich an. „Ich bin Ur­lauber und komme aus Deutschland“ , antwortete ich. „Genießen Sie Ihren Urlaub“ , sprach es und ging zum Eingang der Dali-Villa.

Da begegnet man einem begnadeten Künstler und erkennt ihn nicht!

Erkenntnis: Manchmal war ich blind

Der schöne Urlaub ging zu Ende und wir machten uns auf den Heimweg. Unsere Freunde wollten noch Besuche in Frankreich machen. Wir fuhren über die Schweiz Richtung Heimat.

Kurz nach Stuttgart bat Ellen um eine Unterbre­chung der Fahrt. Sie war müde und hungrig. Ich ver­ließ die Autobahn und sah im nächsten Dorf einen Gasthof mit dem beleuchteten Hinweis: „Fremdenzim­mer frei.“

Ich fragte den Wirt nach einem freien Zimmer. Er nickte, sah kurz zu seiner Frau. Ich sah, wie sie den Kopf schüttelte. Dieser verschwitzte Kerl kam als Gast nicht infrage. „Dann schalten Sie den Hinweis vor dem Eingang besser ab. Ich hätte nach dem ersten Eindruck ohnehin kein Zimmer gemietet.“ Das tat gut!

Ellen war natürlich enttäuscht. Nach wenigen Kilo­metern sah ich ein Hinweisschild: Schlosshotel X in 3 Kilometer. Ohne zu zögern, folgte ich dem Richtungs­pfeil. Wir hielten vor einem imposanten Gebäude. An der Rezeption wurde ich freundlich begrüßt. Ein Zim­mer wäre frei und unser Gepäck würde sofort nach oben geschafft.

Im Zimmer angekommen machten wir uns frisch, nahmen die Speisekarte, suchten etwas Schmackhaftes aus und riefen den Zimmerservice. „Warum besuchen Sie nicht unser Restaurant, dort ist die Auswahl grö­ßer? Unseren Hinweis wir wären zu müde nach der langen Fahrt und hätte keine Lust uns für einen Re­staurantbesuch umzuziehen, wurde freundlich igno­riert. „Sie sind Gast unseres Hauses und wir haben kei­ne Kleiderordnung, ich reserviere Ihnen einen Tisch“

Erkenntnis: Vermeide Fremdenzimmer wenn möglich!

Der Rat war goldrichtig. Man hatte uns einen Tisch in einer Nische reserviert. Die Müdigkeit verschwand umgehend. Die Küche und der Service waren hervor­ragend.

Am nächsten Morgen fuhren wir nach einem fruga­len Frühstück Richtung Hamburg.

Ausgeruht ging es wieder an die Arbeit.

 

Die tägliche Routine

Tägliche Routine

Von unserem Chef konnte man viel lernen:

„Machen Sie nach der Ankunft morgens einen Rundgang und begrüßen Sie die Mitarbeiter. Hören Sie genau auf die Gesprächsthemen. Haben Sie immer ein offenes Ohr.“

„Planen Sie Ihre eigene Karriere. Verfolgen Sie Ent­wicklungen und Trends.“

 „Denken Sie immer daran: 20 % der offenen Proble­me erfordern 80 % Ihrer Arbeitskraft.“

„Vermeiden Sie seitenlange Berichte, eine Seite sollte Standard sein. Ein Management-Summery muss eine klare Empfehlung für notwendige Entscheidungen beinhalten.

 „Arbeiten Sie Ihren Stellvertreter ein. Wenn Sie einen Wechsel planen, muss er in der Lage sein, Ihre Position zu übernehmen“

„Vermeiden Sie emotionale Reaktionen“

Er hielt sich nicht immer an die eigenen Ratschläge, das war eben ein Privileg für Vorgesetzte.

Der morgendliche Rundgang war jedoch ein wert­voller Hinweis. Eines Tages besuchte ich unser Bandar­chiv. Der Archivar war total im Stress. „Was ist denn los heute? „Ich muss tausende Bänder freigeben.“ Alarm! Tausende von über 13000 Magnetbänder? Nor­mal waren 100-200. Des Rätsels Lösung: der Konsol­operator hatte beim Start sich bei der Eingabe des Startdatums bei der Jahreszahl geirrt.

Ein Neustart wurde sofort durchgeführt und alle Betroffenen informiert. Die Konsol- und Archivprozes­se wurden angepasst.

Erkenntnis: Höre zu und lerne

Die richtige Gesprächsführung

Er gab auch wichtige Ratschläge für Konversation und berufliche Gespräche. „Merken Sie sich eine einfa­che Regel: positiver Einstieg, Besprechung negativer Punkte und immer einen positiven Ausklang.“

Wir konstruierten daraufhin eine Art Eselsbrücke:

  • (Positiv) Schön, dass wir uns treffen und mit­einander reden können
  • (Negativ) Sie sind mit sofortiger Wirkung ent­lassen
  • (Positiv) Die gemeinsame Zeit unserer Zusam­menarbeit war sehr schön

War einfach zu merken, oder?

Ich nahm mit einem Kollegen an einem Rhetorik­training in Sindelfingen teil. Gesprächsführung wurde mit unterschiedlichen Szenarien auf einer Bühne durchgeführt und aufgezeichnet. Freund Jürgen S. soll­te bei einer dieser Übungen einen Manager darstellen. Der Trainer hatte inzwischen einer Teilnehmerin eine Aufgabe gestellt. Sie sollte sich einen Termin geben las­sen und sich bei ihrem Chef über die häufigen Über­stunden, und damit verbundene Eheprobleme auslas­sen.

Auf der Bühne saß Jürgen an seinem Schreibtisch und blätterte in einigen Papieren. Die Mitarbeiterin be­trat die Bühne. Jürgen erhob sich und deutete einla­dend auf den Stuhl vor seinem Tisch. „Schön, dass wir mal miteinander Zeit für ein Gespräch haben. Wie geht es Ihnen?“ Der positive Einstieg war gelungen!

„Die Belastung durch die vielen Überstunden in der letzten Zeit, haben zu Problemen in meiner Ehe ge­führt.“ Sie war eine gute Schauspielerin, sogar Tränen!

„Sie sehen doch, das wir alle im Augenblick sehr viel zu tun haben. Ich komme auch immer spät heim und sehe meine Kinder kaum. Erwarten Sie das ich hier auch noch den Eheberater spiele?“ Seine Stimme wurde geradezu schrill und er bekam einen roten Kopf. Der „negative“ Teil änderte in einer Katastrophe. Die Mitarbeiterin fing wirklich an zu weinen und rann­te davon. Der Trainer unterbrach die Aufzeichnung, kündigte eine kurze Pause an und verschwand mit den „Darstellern“ hinter der Bühne.

Wir waren total durcheinander. Was war da vor un­seren Augen passiert? Der „positive“ Abschluss kam nicht mehr zur Wirkung.

Abends erklärte Jürgen sein Verhalten: „Als die blö­de Gans auch noch heulte, hatte ich die Nase voll“

Erkenntnis:  Ein Mensch lebt nicht nur nach gelernten Regeln, oder?

Beim Kunden lernen und lehren

Unser Chef hatte die Idee Umsatz durch Beratung über RZ-Organisation zu generieren. Eine Organisati­ons-Bezeichnung gab es für diesen neuen Service an­fangs nicht, aber deftige Stundensätze. Mein erster Ein­satz führte mich nach Finkenwerder zu MBB. Ich sollte einen Mitarbeiter bei der Einführung eines Problem Management-Prozesses beraten und unterstützen.

Bei der Ankunft meldete ich mich beim Empfang und erhielt einen Besucherausweis. Nach kurzer Fahrt hielt ich vor dem Hauptportal und fragte nach der Zimmernummer des IT-Chefs. „Eine Treppe hoch, am Ende des Gebäudes.“ Es war der längste Flur meines Lebens. Das rote Backsteingebäude zog sich über hun­derte Meter direkt an der Elbe.

Dr. Wilkes begrüßte mich und stellte mir mehrere Manager des IT-Bereiches vor. Er umriss kurz die Er­wartungen an meinen Einsatz und sagte: „Wir haben ein kleines Problem. Der Mitarbeiter ist diese Woche krankgeschrieben und der geplante Raum noch nicht fertig. Unser RZ-Leiter Dr. Schmidt wird Ihnen Weite­res erklären. Viel Erfolg.“

Ein toller Start! Ich folgte Dr. Schmidt zu seinem Ar­beitsplatz. „Da Sie schon mal vor Ort sind, sollten sie sich einen Überblick unserer Dokumentationen ver­schaffen. Wir haben wie gesagt Raumprobleme, aber dort hinten neben der Kaffee-Ecke steht ein leerer Schreibtisch. Nächste Woche können Sie dann mit Herrn Richters Ihr Büro beziehen.“

Ich nahm dankend den gewaltigen Handbuchstapel entgegen und bezog mein temporäres Domizil. Mein Schreibtisch war nur durch Stellwände von der Kaffee-Ecke getrennt, und ich wurde ungewollt Zeuge der Ge­spräche der Mitarbeiter. Neben den üblichen Fußball­neuigkeiten wurden viele fachliche Dinge diskutiert. „Wir haben mit den Antwortzeiten große Probleme, ich habe mehrfach auf Schwächen der Ablauforganisation hingewiesen, wurde aber ignoriert etc.“

Mein Projekttagebuch füllte sich rasch. Informatio­nen konnte man immer gebrauchen, oder?

Die zur Verfügung gestellten Dokumentationen wa­ren ausführlich und aktuell. Die Woche verging wie im Fluge, kein Wunder bei einem Flugzeughersteller!

Am folgenden Montag zog ich mit Klaus Richters, dem künftigen Problem Manager in unser gemeinsa­mes Büro. Ein herrlicher Ausblick auf die Elbe verschö­nerte die Arbeitsumgebung. Wir entwarfen einen Auf­gabenkatalog und entwickelten unseren Projektplan. Mein „neuer“ Lehrling hatte eine schnelle Auffas­sungsgabe und wir verstanden uns sehr gut.

Der Arbeitstag begann morgens um 7 Uhr. Ich musste daher um 6 Uhr in Ahrensburg starten. Kein Problem für einen Frühaufsteher. Das Arbeitspensum erforderte jedoch viele Überstunden.

Die Teilnahme an diversen Meetings tagsüber erfor­derte für die Projektarbeit unseren Einsatz bis in die Abendstunden. Ein einsames Licht in einem Zimmer mit Elbblick zeigte den Bewohnern jenseits der Elbe: da sind welche besonders fleißig!

Für die Problemerfassung entwickelten wir mit DCF/GML Online-Masken. Es gab keine fertigen Tools zu der Zeit. Es war eine wahre Sisyphusarbeit die ge­forderten Verfügbarkeitsprozente mit Hilfe von Ma­kros zu errechnen.

Die täglichen Problem-Meetings hatten durch unse­re Auswertungen genügend Informationen zur geziel­ten Bearbeitung und Behebung von Problemen und Störungen.

Die Folge war eine deutliche Verbesserung der Ser­viceziele und die Anerkennung unserer Leistung feu­erte uns an, unsere Anwendung zu optimieren.

Zwischen Baum und Borke ...

Drei Jahre (1981 -1983) verbrachte ich bei meinem Kunden in Finkenwerder. Höchstens zwei Tage im Mo­nat fuhr ich zur IBM. Die Spesenabrechnung, die ge­leisteten Stunden und ein kurzer Statusbericht und zu­rück ging es. Langsam aber sicher wurde man ein Teil der neuen Umgebung. Anfangs wurde man als der Ex­terne, der IBMer angesehen. Nun gehörte man zur Fa­milie.

Bei vertraulichen Meetings erfuhr ich Dinge, die un­seren Vertrieb brennend interessiert hätten, aber ich behielt sie für mich. Wenn niemand der Company ge­zielt nach Informationen fragen würde, könnten keine Konflikte entstehen.

Ganz so einfach war es jedoch nicht. Eines Tages hatten wir ein internes Meeting und besprachen einige wichtige Problemfälle, als ein IBM-Vertriebsbeauftrag­ter aus München hereinplatzte. „Entschuldigen Sie die Störung, aber ich wollte Ihnen unseren neuesten Mas­senspeicher kurz vorstellen und Sie auffordern am First Customer Shipment teilzunehmen. Das beinhaltet einen erklecklichen Rabatt.“

Ich schaute kurz hoch: „Wir haben zurzeit wichtige­re Aufgaben als uns mit neuen Produkten zu beschäfti­gen.“

Nach dem Meeting rief der Geschäftsstellenleiter aus München an: „Was haben Sie sich da eigentlich er­laubt. Wir bereiten die Markteinführung sorgfältig vor und Sie sabotieren unsere Bemühungen.“ „Es wäre besser gewesen, wenn Sie mich über Ihre Pläne vorher informiert hätten. Ich bin Mitglied im Planungsgremi­um bei unserem Kunden und hätte sicherlich helfen können.“

Dunkle Wolken zogen auf. Ade Karriere! Ich fuhr sofort zu unserer Geschäftsstelle und berichtete den Vorgang. Unser Chef rief in München an und be­schwerte sich lautstark über das unabgestimmte Vor­gehen.

„Alles in Ordnung, Sie haben richtig gehandelt, weiter so“

Eine Zentnerlast fiel mir vom Herzen. Gerade noch mal gut gegangen. Was hatte er früher einmal zu mir gesagt: Vermeiden Sie emotionale Reaktionen. Immer erst Denken!

Ich nahm mir vor, etwas vorsichtiger zu sein. Feinde sollte man sich nicht unbedingt machen.

Die Abstimmung mit dem zuständigen Vertrieb lief nun besser.

Das Beratungs- und Förderungsge­spräch

Einmal jährlich wurde das sogenannte B+F-Ge­spräch durchgeführt. Der zuständige Manager teilte dem Mitarbeiter die Ergebnisse der Beurteilung mit und sollte bei der Karriereplanung beraten.

Die Beurteilung war entscheidend für die Gehalts­entwicklung und Beförderungen.

Ich erschien pünktlich zum vereinbarten Termin. Nach den üblichen Eingangsfloskeln (Wie geht es, wie läuft es?) offenbarte mir mein Boss: „Sie sind seit Jah­ren immer in der Spitzengruppe, Sie wissen, dass un­ser Gehaltsbudget immer nach diesen Kriterien verteilt wird. Nun haben wir inzwischen neue Mitarbeiter hin­zubekommen und ich möchte etwas für sie tun. Außer­dem sind Sie durch Ihren Sondereinsatz kaum noch in interne Prozesse involviert“

Mit ruhiger Stimme forderte ich ihn auf, das Ge­spräch auf einen anderen Termin zu legen und seine Entscheidung noch einmal zu überdenken.

Er bestand auf die Fortsetzung, und es wurde rich­tig laut. Ich lehnte die Beurteilung ab, mit dem Hin­weis auf die Auswirkungen auf weitere Beförderungen

Als Wochen später eine Gehaltserhöhung von 35,00 DM angekündigt wurde, lehnte ich die Annahme schriftlich ab. Reaktion der Firma: Ein Excellence Award in Höhe von 3000,00 DM und ein „Essen zu Zweit-Gutschein“ über 250,00 DM.

Erkenntnis: Nicht alles gefallen lassen, oder?

La Hulpe

La Hulpe/ Terhulpen: 13 tolle Wochen

Es wurde ein besonderer Lehrgang im IBM-Center in La Hulpe/Belgien in der Nähe von Brüssel angebo­ten. Ein 3-monatiger Studiengang beim European Sys­tems Research Institute. Begeistert nahm ich am Auf­nahmetest teil. Ich wurde angekommen, musste aber wegen meiner Achillesferse, der Mathematik eine Wo­che früher anreisen.

Ich packte meine Siebensachen zusammen, sagte meiner Frau Ade und fuhr gen Westen. Zwischenstati­on machte ich in Ohain wenige Kilometer von La Hul­pe. Ein befreundetes Paar wohnte dort mit den beiden Söhnen in einem Chalet. Richard war Engländer und ein Finanzgenie, Christina kam aus Deutschland und führte mich in die Chaos-Theorie ein (mehr dazu spä­ter).Sie boten mir an freie Stunden bei Ihnen zu ver­bringen.

Ich nahm dankend an, da Richard, wie ich leiden­schaftlicher Golfer war und die Aussicht als Gastmit­glied im berühmten Royal Waterloo Golf-Club aufge­nommen zu werden rundete das Angebot ab.

Am nächsten Morgen fuhr ich weiter nach La Hul­pe. Dort lag das IEC (International Education Center) der IBM.

Mir wurde ein komfortables Zimmer zugewiesen und ein Stapel Informationspapier in die Hände ge­drückt. Wichtig waren der Lageplan und meine "Stun­denpläne". Hier erfuhr ich, das ich am nächsten Tag um 8.30 Uhr von Prof. Hirschberg in Hörsaal X erwar­tet würde. Ich sollte vorher benötigte Bücher in der Bi­bliothek abholen. Sechs mehr oder weniger dicke Wäl­zer wurden mir übergeben. Alles für einen 5-tägigen Mathe-Crashkurs? Ich fühlte mich krank, klein und verfolgt. Worauf hatte ich mich nur eingelassen? Es wurde eine unruhige Nacht.

Beladen mit dem Bücherhaufen und einem Schreib­block nebst Schreibutensilien, erschien ich pünktlich um 8.25 Uhr im Hörsaal. Dort saßen schon mehrere Kandidaten erwartungsvoll auf ihren Plätzen. Zu mei­ner großen Überraschung erschien ein Kollege aus Hamburg und setzte sich neben mich. "Hallo Christof, was machst Du den hier. „Du bist doch Mathematiker?“ Grinsende Antwort: „Hab beim Test geschummelt, eine extra Woche wollte ich mir nicht entgehen lassen.".

Professor Hirschberg erschien, stellte sich kurz vor und der Albtraum begann. Alles, was ich während der Schulzeit nicht mit vollem Herzen gepaukt hatte, wur­de hier in fünf Tage eingetrichtert. Ohne Christof hätte ich es sicherlich nicht überlebt. Er half geduldig mit Hinweisen und "übersetzte“ Begriffe und Formeln in für mein "Spatzenhirn“ verdauliche Portionen.

 Erkenntnis: Suche Dir kompetente Unterstützung und konzentriere Dich auf Dinge, die Du beherrscht!

Wann fallen endlich die Würfel?

Schon am ersten Tag brachte unser geschätzter Do­zent zwei große Schaumstoffwürfel mit und deponier­te sie auf seinem Pult. Wann und bei welcher Gelegen­heit würde er sie einsetzen? Wir mussten bis zum letz­ten Tag warten.

 Wahrscheinlichkeitstheorie war das Tagesthema. Nun würden die Würfel zum Einsatz kommen. Die Spannung stieg und stieg. Er fasste die Würfel an. Es geht los! Irrtum, sie wurden zur Seite gelegt und es ging weiter im Programm.

Als Krönung gratulierte er uns zur Teilnahme am Kurs, nahm seine Sachen, klemmte sich die Würfel un­ter den Arm und verschwand.

Erkenntnis: Kein „alea iacta est“ und ich war enttäuscht!

Volkswirtschaft wurde nach der Vorstellung des Belgiers van Herreman allein wegen seines niedlichen Akzentes gewählt. "De Djöropiän Öconömie .......". Ich konnte einfach nicht genug davon hören. Abgesehen von dem drolligen Englisch konnte man viel bei ihm lernen.

„Human Relationships“ bei John Nichols war auch sehr interessant. Besonders wenn er von den „Nörves änd relätions to hümän communicätions“ sprach. Die Engländer hatte wahrscheinlich auch eine Art Platt­deutsch!

Wir arbeiteten in Teams mit einem Weltmodell der Uni­versität Leiden. Jeder übernahm ein Ministerium und nach einer Woche stellten wir fest: nur am Stammtisch kann man alles besser! Das Thema war derart komplex, das wir den Übungscharakter gelegentlich vergaßen und uns gegenseitig angifteten. Die Abhängigkeiten und un­vorhersehbare Auswirkungen der von uns geplanten Ak­tionen waren oft erstaunlich. Gute Ideen wurden im Zeitraffer des Modells häufig zu Flops.

 Erkenntnis: Politik ist nicht meine Welt. Lieber am Stammtisch...!

Wir erhielten oft Gruppenarbeiten zu diversen The­men. Die Ergebnisse wurden dann im Plenum vorge­stellt und bewertet. Einmal sollten wir über ein sehr komplexes Datenbankthema referieren. In unsere Gruppe war leider kein DB-Spezialist.

Erst wurde der organisatorische Teil abgehandelt. Paolo, unser smarter italienischer Kollege, sollte die Präsentation übernehmen. Nach dem Abendessen wollten wir uns zusammensetzen und an unserer Auf­gabe arbeiten.

Schon beim ersten Treffen fehlte Paolo. Wir sammel­ten Material und Informationen und erstellten unsere ersten Folien. Paolo war wie vom Erdboden ver­schwunden. Am großen Tag im Plenum saß ich ziem­lich nervös mit dem Folienstapel am Tisch. Ich hatte beim Würfeln verloren und sollte unsere Ergebnisse präsentieren. Am liebsten hätte ich mich krankgemel­det. Noch drei Minuten! Noch eine Minute! Hilfe!

Eine Hand ergriff meinen Folienstapel. Erschrocken sah ich hoch. Paolo ging mit unseren hart erarbeiteten Erkenntnissen zum Pult und hielt eine grandiose, hochgelobte Präsentation. Alle Teilnehmer waren be­geistert. Er kam zurück und grinste uns an. „Paolo, wo warst Du die ganze Zeit? Wieso konntest Du unser Er­gebnis präsentieren, ohne die Folien vorher anzu­schauen?“

„Ich war in Italien zuständig für diese Thematik.“ Diese Italiener!!!!
„Kommt ich lade Euch zu einem Drink im „La Cave“ ein.“ Das klang nach einem vernünftigen Friedensan­gebot.

La Cave der Treffpunkt

Weitere Fächer rundeten mein Arbeitspensum ab. Die Infrastruktur bot alles, was man sich nur wün­schen konnte. Eine umfangreiche Bibliothek, einen Großrechner nur für uns, Tennisplätze, Fitnesscenter, Squash-Räume und "La Cave“ die Bar. Hier war der abendliche Treffpunkt. Obwohl wir aus verschiedenen Nationen kamen, wurde nur Englisch gesprochen. "La Cave“ lag in Keller.

Das Bier war sicherlich subventioniert und es gab ein Problem: zum Toilettenbesuch musste man viele Treppenstufen bewältigen. Es gab neben der Bar eine Tür beschildert mit einem großen Schild "NO EXIT". Das Personal nutzte häufig diesen gesperrten Ausgang und zu meiner Verwunderung auch einige Gäste. Bei meinem ersten Toilettenausflug erklomm ich Stufen nach oben und folgte den WC-Schildern. Nach 30 Me­tern zeigte ein Pfeil nach unten die Richtung zu den dringend benötigten Räumlichkeiten

.Der Bierkonsum bedurfte eine exakte Planung, um den minutenlangen Weg zu den Toiletten zu berück­sichtigen. Erleichtert verließ ich den Ort und stand vor einer Tür mit einem großen Schild "NO ENTRY". Ein Barkeeper öffnete sie gerade, und ich sah den Barho­cker, den ich vor Minuten verlassen hatte. Wie beim Autofahren wurden die Schilder ab sofort ignoriert.

Soziales Umfeld

Am schwarzen Brett vor dem Sekretariat hing ein Zettel mit der Aufforderung zur Gründung von Inter­essengemeinschaften. Einige Aushänge waren bereits vorhanden: Tennis, Wandern, Squash, Rudern und mehr zeigten schon die Unterschriften von Interessen­ten. Da das soziale Engagement sicherlich bewertet würde, überlegte ich krampfhaft, wie ich meinen Ein­satz zeigen könnte. Ich musste unbedingt an das schwarze Brett! Kurz entschlossen nahm ich ein Blatt Papier und schrieb:“ Einladung zur internationalen Bier-Liga. Zweck der Veranstaltung sollte das Kennen­lernen der unterschiedlichen Lebensweisen der Teil­nehmer und lebhafte Diskussionen sein. Eine reine Pseudo-Aussage, aber...

Vor dem Frühstück am nächsten Morgen kam ich am schwarzen Brett vorbei und sah ungläubig über zwanzig Einschreibungen. Fast alle Engländer, Iren und Schotten waren bereit an der IBL (International Beer-League) teilzunehmen. Ich hatte die meisten Mit­glieder. Man muss eben die Interessen und Wünsche der Mitmenschen erkennen und etwas bieten, oder?

Unser erstes Treffen fand natürlich im "La Cave“ statt und nach diversen Runden belgischen Bieres wur­de ich zum Präsidenten gekürt. So jung und schon Prä­sident!

Erkenntnis: Nutze die Gegebenheiten, dann ergeben sich Gelegenheiten!

Bald traten weitere Mitstudenten unserer Bier-Liga bei. Da "La Cave“ um 23 Uhr schließen musste, verein­barte ich mit dem Personal, das ein Rollwagen mit ge­nügend frischen Biergläsern bereitgestellt wurde. Nun wurde ich sogar zum Ehrenpräsidenten ernannt!

Ein aufregendes Tennis-Match

Mein Hamburger Kollege Peter Harries sprach nicht gerade fließend Englisch, aber als exzellenter Entertai­ner sorgten seine teils pantomimischen Sketche für Lachsalven. Als er anfing den Teilnehmern Skat beizu­bringen, wurden die Abende noch ausgedehnter.

Peter hatte ein Auge auf unsere attraktive Sekretärin geworfen. Hanneke spielte oft Tennis. Da Peter auch Mitglied in unserer Tennisliga war, kam er auf die Idee sie zu einem Match aufzufordern. Hanneke sagte zu seiner Freude zu und ein Termin wurde verein

Ich hatte erfahren, das Hanneke vor Jahren in der belgischen Nationalmannschaft gespielt hatte. Das war meinem lieben Kollegen nicht bekannt und musste ge­nutzt werden. Peter wollte Hanneke nach dem Match zu einem Ausflug nach Brüssel einladen und fragte mich, ob er meinen Wagen leihen könnte. Ein Schelm, der Böses denkt!

Nun reifte ein launischer Plan in mir. Zunächst wur­de ein Aushang mit dem Termin des Tennisereignisses veröffentlicht. Hanneke wurde eingeweiht und ver­sprach lachend mitzuspielen. Wichtig für meinen Plan was, das mein Auto nach dem Match nicht auf dem Parkplatz war.

Ich bat einen Freund aus der Bier-Liga mit den Wa­gen einen längeren Ausflug zu unternehmen. Alle wa­ren in den Plot eingeweiht nur das potenzielle Opfer nicht.

Die Zuschauertribünen waren proppenvoll, als das Match begann. Der erste Satz war schnell entschieden 6:1 für Hanneke. Jubelstürme der Zuschauer beschall­ten den Park.

Auch der zweite Satz lief für meinen Kollegen nicht viel besser: 6:2. Kurz vor dem Ende des Satzes machte ich mich vom Acker und verschanzte mich in meinem Zimmer.

Wir haben am nächsten Tag die ganze Geschichte im "La Cave“ ausgiebig unter Lachsalven durchgehe­chelt (Freund Peter hatte sich zurückgezogen).

Nach dem Match lief Peter zum Netz und gratulier­te der Siegerin. Nach einer unhörbaren Frage von ihm schüttelte Hanneke leicht mit dem Kopf. Lächelte betö­rend und ging Duschen. (Sie fuhr mit ihrem Freund schnellstens heim). Peter erschien frisch geduscht und parfümiert und fragte nach Hanneke. "Hanneke ist vor wenigen Minuten mit Heiner weggefahren".

Ich hätte sein Gesicht gerne gesehen! Meine Mitver­schwörer berichteten lachend, er sei sofort zum Park­platz gelaufen und hätte meinen Wagen gesucht. Ich selbst merkte seine Hektik, weil permanent mein Tele­fon klingelte und er mehrfach an der Zimmertür klopf­te.

Mein fieser Plot sorgte umgehend für die Strafe: ich konnte nicht Fernsehen, keine Musik hören und kein Licht einschalten.

Erkenntnis: Wer anderen eine Grube gräbt ......!

Am nächsten Morgen ging ich zum Frühstück. Peter kam aus seinem Zimmer und rief: "Guten Morgen.“ Ich tat, als hätte ich nichts gehört und ging etwas schneller. Hanneke sah mich und lief auf mich zu, küsste meine Wange und flüsterte deutlich hörbar: „Danke, Cherie."

Beim Frühstück saß mir ein total verstörter Peter ge­genüber.

Erkenntnis: Habe wohl wenig Aussichten, in den Him­mel zu kommen!

Der erste Wochenendurlaub mit einem menschlichen Bordcomputer

Wir drei Hamburger beschlossen, übers Wochenen­de unsere Lieben zu besuchen. Pünktlich nach der letz­ten Vorlesung starteten wir. Peter saß auf dem Beifah­rersitz und hatte eine Europakarte vor sich. Christoph saß auf der Rückbank und fing an mir Fahrhinweise zu geben.

Nach einem Stau vor Aachen sagte er: „Du musst die nächsten 25 Minuten 110 Kilometer fahren, sonst halten wir die geplante Ankunftszeit nicht ein.“ So ging es die ganze Fahrt, und ich überlegte, ob ein Mord im Affekt zu einem längeren Gefängnisaufenthalt füh­ren könne. Als wir jedoch unser Ziel, die Elbbrücken termingerecht erreichten, änderte ich meine Meinung. Diese Berechnungen hätte ich nicht mal mit einem Computer und anderen Hilfsmitteln geschafft.

Wie kann ein Mensch nur durch Beobachtung des Tachos und ohne Notizen, diese Leistung vollbringen?

Neue Erfahrungen wurden gemacht

Unsere Freunde in Belgien fragten mich, ob ich abends Babysitter für ihre beiden Söhne spielen könn­te. Sie waren zu einem Essen eingeladen und hatten niemand gefunden. In Belgien gab es empfindliche Strafen, wenn man Kinder unter zwölf Jahren unbeauf­sichtigt lässt. Ich packte also einige Bücher zusammen und fuhr zu ihrem Haus. Die Zeit konnte ja für das Studium genutzt werden.

Vor der Abfahrt von Christina und Richard wurden die braven Knaben zu Bett gebracht. Kaum waren die Eltern fort, standen die Rabauken im Wohnzimmer. "Hi, what are you doing?“ Die Knirpse wuchsen drei­sprachig auf, Deutsch war nicht dabei. Ich erklärte: "Ich muss lernen", und wurde durch eine Gegenfrage entwaffnet: "wanna play hide and seek?"

Davon hatte ich schon ein Leben lang geträumt. Verstecken spielen mit den Zwergen! Resigniert klapp­te ich die Bücher zu und fügte mich meinem Schicksal. James und Christofer kannten natürlich alle guten Ver­stecke in dem großen Haus und ich war der geborene Verlierer. Wurden die denn nie müde?

Kurz nach 2 Uhr waren die Bengel spurlos ver­schwunden. Sie hatten den Wagen ihrer Eltern auf der Auffahrt gehört und sind blitzartig in ihren Betten ver­schwunden.

 „Nun wie lief es? Waren die Beiden auch artig?“ Ich nickte erschöpft und wir gingen zum Kinderzimmer. Dort lagen zwei Engel im Tiefschlaf. Diese Schauspie­ler! Ich packte meine Siebensachen, lehnte einen Drink vor dem Kamin höflich ab, und fuhr todmüde zurück nach La Hulpe.

Erkenntnis: Babysitter brauchen eine spezielle Ausbildung und extreme Nerven!

Beim nächsten Besuch lud ich die beiden Knirpse zu einem Essen bei McDonalds ein. Ich war vorher noch nie in einer Burgerstation gewesen.
James übernahm die Besorgung:

Drei Big Macs und drei große Becher Cola. Die Kna­ben mussten mir erst beibringen, wie man den Fleisch­klops zu sich nimmt. Bei ihnen sah es ganz einfach aus: ein, zwei kräftige Bisse, kurze Schluckungen und ihre Teller waren leer. Wo ließen die Zwerge das Zeug eigentlich?

Sie sahen zu, wie ich mit meinem Burger beschäftigt war. Ich fragte, ob sie noch hungrig seien. Heftiges Kopfnicken! Diesmal ging Chris zum Tresen. Er kam mit vier Burgern zurück: „Happy Hour.“ Auch diese Portionen wurden von ihnen professionell vertilgt.

Unglaublich!

Nach unserer Rückkehr wurde ich zu einem Fuß­ballmatch von den Knirpsen eingeladen. Wurden die denn nie müde?

Sport und Selbstmarketing

Richard King lud mich zu einem Golfnachmittag ein. Ein kurzer Blick auf meinen Terminkalender und schon war ich unterwegs zum Royal Waterloo GC. Im Clubhaus wartete Richard mit sechs Freunden. Kurze Vorstellung "George, William, Thomas ...“ und wir bil­deten zwei Vierer. Es war ein großartiger Tag. Sonne, beste Stimmung und ein guter Score.

Meine drei neuen Freunde und ich genossen die Zeit. Zurück im Clubhaus fragte mich Richard: "Na, hast Du die Gelegenheit genutzt Dich gut zu präsentie­ren? "Wir hatten viel Spaß". „Spaß? Ich bringe Dich mit den CEO´s dreier Weltunternehmen zusammen. Erzäh­le ihnen, Du seist eine Computer-Koryphäe und Du hattest nur Spaß?“

Hier lernte ich den wahren Sinn eines Golfspiels kennen. Kontakte! Kontakte!

Erkenntnis: Freizeit ist nicht immer Freizeit!

Die Stunde der Wahrheit

Zu den Annehmlichkeiten unserer Ausbildung zähl­te auch die Möglichkeit, Extrawünsche zu äußern. Ge­rade auf den Markt kommende Filme wurden blitzar­tig geliefert und im eigenen Kino aufgeführt. Außer­dem konnten wir prominente Persönlichkeiten zu Gast­referaten einladen. Wenn es terminlich passte, wurden die Gewünschten eingeflogen.

Wir hatten uns einen international bekannten Moti­vation-Trainer aus den USA ausgesucht und zu unserer Freude erfuhren wir, dass er in zwei Tagen in der Aula mit uns sprechen würde.

Als der große Tag kam, sahen wir überrascht in der ersten Reihe lauter Topmanager aus den USA und Eu­ropa. Die meisten kannten wir nur aus Hochglanzbro­schüren und Zeitungsartikeln. Die waren nur wegen uns angereist! Unglaublich!

Wir setzen uns hin, flüsterten leise: „Ist das nicht der Europa-Boss da neben dem ...?"

Da betrat unser Gastredner die Bühne. Ein großer, schlaksiger Amerikaner im Nadelstreifen und blitz­blanken Schuhen. Uns stockte der Atem: er hatte eine brennende Zigarette in der Hand. Eine Zigarette in den heiligen Hallen, unfassbar! Gemächlich näherte er sich dem Pult und schnipste dabei die Asche auf den Bo­den. Ein Murmeln lief durch unsere Reihen. Asche!

Am Pult angekommen schrieb er schwungvoll sei­nen Namen auf einen Flipchart, und darunter ganz groß KITA. Was sollte das heißen? KITA?

Mit sonorer Stimme fing er an zu reden: "Ich wurde in New York von Ihrer Firma kontaktiert und gefragt, ob ich bereit sei, zwei Stunden vor Ihnen hier in Belgi­en zu sprechen. Als meine unverschämte Honorarfor­derung ohne Zucken akzeptiert wurde, lies ich mir die Reisedetails durchgeben. Gestern hat mich eine Stret­chlimousine von meiner Wohnung abgeholt und zum Flughafen gebracht. Ein Ersterklasse-Sitz war für mich reserviert, und in Brüssel wurde ich im besten Hotel in einer Luxussuite untergebracht. Alles umsonst! Diese Firma lässt es sich wahrlich etwas kosten, um mich zwei Stunden zu hören. Und alles nur, um Ihnen einen Wunsch zu erfüllen.“

„Die Herren in der ersten Reihe scheinen es gut mit Ihnen zu meinen. Ich meine wirklich "meinen". Deswe­gen werden wir ausführlich über KITA sprechen"

Er ging zum Flipchart und schrieb schwungvoll "Kick in the ASS".

"Das meine Damen und Herren ist die Formel, warum man Sie ausgesucht hat. Dieser Kursus kostet pro Kopf einen sechsstelligen Betrag. Und Ihre Gönner in der ersten Reihe werden KITA anwenden, um das letzte aus Ihnen rauszuholen"

Der beschimpfte doch tatsächlich unsere Führungs­spitzen, und die hörten sich das auch noch an!

Nach den zwei Stunden verabschiedete sich der ex­zellente Gastredner und wir gingen ziemlich verwirrt ins "La Cave". Heftige Diskussionen entbrannten. Warum waren so viele Topmanager angereist? Warum ertrugen sie geduldig die Äußerungen unseres Gastes?

Plötzlich fiel es uns wie Schuppen von den Augen: Das war ein abgesprochenes Spiel! Ein Härtetest für uns.

Er hatte recht mit seinen Hinweisen. Uns wurde vorgespielt, wir hätten den Marschstab in der Tasche, und wir zahlten durch erhöhten Einsatz vielfach an die Firma zurück.

Erkenntnis: Leistung muss sich lohnen. Fragt sich nur für wen?

 

Immer noch La Hulpe

Was der Bauer nicht kennt.......

Ellen nutzte die Gelegenheit, mich an einem Wo­chenende in La Hulpe zu besuchen. Sie wohnte bei Ri­chard und Christina. Richard war ganz aufgeregt, es war ihm gelungen, in einem berühmten Restaurant einen Tisch am Wochenende zu buchen. Gemeinsam mit Freunden sollte eine wahre Schlemmerei stattfin­den.

Vor der Abfahrt lernten wir die anderen Teilnehmer kennen. Henk I., Chef einer internationalen Security Firma mit seiner sympathischen Frau. Henk II., 747-Flugkapitän bei der KLM. Jane und Jeremy (Amerika­ner) und in Brüssel für eine PR-Firma stationiert.

Es war ein sehr sympathischer und lustiger Haufen. Wir verteilten uns auf die Autos. Zu meiner Überra­schung führte uns die Fahrt in immer einsamere Ge­genden. Ziel war ein Bauernhof. Keine Hinweise auf das „In-Restaurant“ ? Merkwürdig!

Beim Betreten der umgebauten Scheune wurden wir von dem Inhaber herzlich gegrüßt und an einen der vier Tische geleitet. Warum hatte ich kein Franzö­sisch in der Schule? Er sprach minutenlang gestikulie­rend in dieser melodischen Sprache, und die anderen Gäste waren sehr angetan. „Was hat er gesagt?“ fragte ich Christina. „Menüvorschläge“ aha!

Henk I. fragte, ob er die Weinauswahl übernehmen könne, er würde uns gerne einladen. Anscheinend war er Experte und niemand widersprach.

Die einzelnen Gänge waren atemberaubend gut und die Weine sorgten für eine ausgelassene Stimmung. „Wie hat Dir das Kalbsbries gefallen und, war die Schneckensuppe nicht delikat?“ Oh, Christina, hättest Du doch nur geschwiegen! Ich hatte Dinge verzehrt, die ich nie in meinem Leben freiwillig geordert hätte.

Der Inhaber und Chefkoch kam erneut und brachte eine Dessertkarte zur Auswahl. Hank II. nahm eine Brille aus der Brusttasche und fing an die Karte zu stu­dieren. „Hank, Du bist doch Flugkapitän und brauchst eine Brille?“ Christina schien total perplex. Hank setzte die Brille ab: „Christina, dear, ich brauche sie nur gele­gentlich zum Lesen. Beim Fliegen ist sie nicht erforder­lich. Ich starte in Schipohl, schalte den Autopiloten ein. Wenn der Co-Pilot bei der Landung in New York hus­tet, zieh ich den Vogel etwas hoch.“

Er war ein herrlicher Abend. Beim Bezahlen stellte ich fest, mit dem Betrag konnte man mehrere große Partys leicht finanzieren. Man lebt nur einmal, oder?

Als ich dann sah, wie Hank I. allein einen vierstelli­gen Betrag für den Wein zahlen musste, schien meine Rechnung nicht mehr ganz so gewaltig.

Richard beruhigte mich: „Das setzt er als Geschäfts­ausgaben ab.“

Erkenntnis: Genieße den Tag

Bestanden und ein gelungener Ab­schied

Zum Abschied gab es in Brüssel eine Party. Wie im­mer hervorsagend organisiert. Mit Bussen wurden wir von La Hulpe zum Veranstaltungsort gefahren. Wir be­kamen unsere Diplome und nach einigen Reden stan­den wir mit unseren Gläsern zwanglos herum und un­terhielten uns.

Wir kamen rechtzeitig vor Schließung unsere Le­bensmittelpunktes "La Cave“ in La Hulpe an. Es gab Wichtiges zu besprechen. Unsere Vorgänger hatten ein Ritual geschaffen, um den Abschied zu feiern.Möglichst viel Blödsinn zu veranstalten.

Wir beschlossen, das Mobiliar der einzelnen Etagen auszutauschen. Empfang nach oben, das würde am nächsten Tag verdutzte Gesichter geben. Ein Team schrieb mit einem Rasenmäher ESRI 33 in den Zierra­sen vor dem Büro des Institut-Leiters. Fünf Meter große Buchstaben würden sicherlich eine ganze Weile sichtbar bleiben.

Die Möbelpacker waren emsig am Umräumen. Wir hatten vorsorglich im "La Cave“ Servierwagen mit Bier geordert und die Stimmung war entsprechend präch­tig.

"Komm, wir räumen ein Hotelzimmer von den Schotten aus". Ich versuchte, Peter davon abzuhalten, aber er war nicht aufzuhalten. Wir drückten den Fahr­stuhlknopf zum Hoteltrakt. Die Tür ging auf, und Pe­ter lachte haltlos. Im Fahrstuhl war eine komplette Zimmereinrichtung. "Da ist uns jemand zuvorgekom­men, schade“ waren Peters letzte Worte, bevor er reali­sierte: Es war der gesamte Inhalt seines Zimmers!

Erkenntnis:  Wer Anderen eine Grube......

ZUrück in Hamburg und noch mehr Golf

Zurück in Hamburg

Die schöne, unvergessliche Zeit war vorbei und der Arbeitsalltag begann. Ich machte mich zunächst an die Aufgabe meine Spesenabrechnung zu erstellen. Eine der schwierigsten Herausforderung überhaupt. Belege sortieren, Kilometer ausrechnen und alles schön notie­ren. Als ich fertig war und den Papierberg weitergelei­tet hatte, musste ich die Post durcharbeiten.

Die Bearbeitung eines Postkorbs war eine wahre Si­syphusarbeit. Was sich so in 13 Wochen ansammelt, ist unglaublich. Jeder musste anscheinend Jedem alles Wichtige und Unwichtige mitteilen. Zur Kenntnis, zur Bearbeitung, zur Erledigung, als Kopie usw. wurden vorsortiert und je nach Relevanz geschreddert. Eigent­lich war es die Aufgabe des jeweiligen Stellvertreters/in für einen möglichst leeren Korb zu sorgen, aber da gab es wohl andere Prioritäten. Na wartet!

Unser oberster „Feldherr“ hatte eine unorthodoxe Art der Postverteilung. Häufig erhielt man das gleiche Schriftstück mit den Vermerken: zur Kenntnis, zur Er­ledigung oder auch als einfache Kopie. Ich hatte eine blendende Idee. In die linke Schreibtischschublade ka­men die „harmlosen“ Schreiben und in die Rechte die „Brisanten.“ Nun konnte das Spiel beginnen.

„Herr Jäger, ich hatte Ihnen doch die Anfrage aus Paris zur Erledigung ...“ Erstaunter Blick meinerseits, öffnen der linken Schublade. „Oh, hier ist die, Anfrage, aber ich habe sie mit dem Vermerk „zur Kenntnis“ er­halten.“ Stirnrunzeln beim Boss. „Muss aber trotzdem dringend erledigt werden.“ „Langsamer Griff zur rech­ten Schublade. „Soll ich den die Vorgänge x und y ter­minlich verschieben? „Nein, ich werde jemand ande­ren damit beauftragen.“

Erkenntnis: Erkenne die Schwächen anderer und sei nett zu ihnen

Man hatte ja nicht umsonst am Lehrgang Time Ma­nagement teilgenommen, oder? Dieser Lehrgang war Pflicht. Mein Kollege Peter A. besuchte ihn vor mir. Kaum zurück sah ich einen neuen Menschen vor mir. Vor und nach Meetings füllte er emsig seinen Planer aus. Gelegentlich schaute er gedankenverloren an die Decke. Griff seinen Kugelschreiber und notierte etwas im Planer. Ich hatte nie auf den Schreibtischen anderer herumgestöbert, aber als er zu einem Meeting ging und den Planer offen liegen lies konnte ich meine Neu­gier nicht mehr länger unterdrücken. Ich schlich mich an seinen Platz und schaute mir die Einträge an: 17 Uhr 2 Kisten Bier abholen, Dienstag 19:30 Uhr Kegeln usw.

Als er vom Meeting zurückkehrte, sprach ich ihn an: „Sag mal was notierst Du den da? „Mein Berufsle­ben hab ich im Griff, aber private Angelegenheiten, die machen mir Sorgen. Da bin ich sehr nachlässig.“

Wo er recht hatte, hatte er recht, oder?

Golf in Spanien

Wir buchten zusammen mit einem befreundeten Paar einen Golfurlaub in Marbella. Der Club Med hatte dort ein Golfhotel, und die Aussicht die traumhaften Golfplätze wiederzusehen, sorgte für Vorfreude. Wir flogen von Hamburg nach Barcelona. Ein Freund aus meinem Golf-Club hatte mir eine Leihwagenfirma in Barcelona empfohlen. Nach der Landung rief ich den Repräsentanten der Firma an. Rolf prüfte die Preise von Avis und Konsorten und war über die Preise er­schrocken. „Da vorne fährt in einer halben Stunde ein Bus nach Marbella. Das ist es günstig.“ Man spürte di­rekt, wie er zu seiner ersten Million gekommen war.

„Ich habe einen Wagen gebucht. Der Preis ist in Ordnung. Ich habe Urlaub und nicht die Absicht eine lange Bustour zu unternehmen“ Skeptisch schaute er mich an, akzeptierte aber letztendlich. Das konnte ja heiter werden.

In Marbella angekommen bezogen wir unser Zim­mer und schauten uns das Hotel an. Tranken einen Es­presso und lernten wichtige Erkenntnisse: Wo ist die Bar, wo gibt es die „Atzung“ usw. Nach einer Stunde gingen wir ins Zimmer zurück. Das Telefon klingelte. Christa erzählte, sie hätten nach drei Umzügen nun endlich ein adäquates Zimmer gefunden. Drei Umzüge in 60 Minuten?

„Bringt Eure Zahnputzbecher mit, wir haben eine zollfreie Flasche Brandy dabei und können uns auf dem Balkon von den Reisestrapazen erholen. Ich traute meinen Ohren nicht. „Wir wollen gleich in die Bar, da treffen sich Golfer und planen die Reihenfolge der Courses.“ „Rolf war vorhin in der Bar, ganz schön teu­er.“ Mein Gott, ich hatte Urlaub!

Während Rolf seine Zeit beim Golflehrgang ver­brachte, nutzte ich die Ausflüge zu den umliegenden Golfplätzen. Bei einer dieser Touren stieß ein Japaner zu uns. Nach einigen Übungsbällen auf der Driving Range beschlossen wir das übliche Ritual: „der Letzte zahlt die Drinks“ , dieses mal nicht anzuwenden. „Hast Du die Abschläge von unserem japanischen Freund gesehen? Unglaublich, schnurgrade und mindestens 250 Meter.“

Bei der Ankunft am ersten Abschlag losten wir die Reihenfolge aus. Unser Neuling gewann. Der erste Ball war atemberaubend: schnurgrade und 230 Meter. Wir schauten uns verdutzt an. Es war ein Dogleg und die beste Platzierung wäre bei ca. 120 Metern. Ungerührt schlug unser Longhitter sechs Bälle nacheinander: Schnurgrade und ca. 230 Meter. Er sah unsere staunen­den Blicke und sagte: „Sorry, ich bin zum ersten mal auf einem richtigen Golfplatz. Golf in Japan ist extrem teuer, also habe ich wöchentlich auf einem Hochhaus in Tokio geübt.“ Die Bezahlung der Drinks war geret­tet!

Jeden Tag ein anderer Club und neue Bekanntschaf­ten. So sollte ein Urlaub sein, oder? Nach dem Früh­stück ging es los. Rein in den Bus, Ankunft, Green Fee zahlen, Driving Range, kurzes Studium der Bahnen und der 1. Abschlag.

 Im Golfclub Aloha traf ich den früheren HSV-Spie­ler Kevin Keegan. Als ich ihm Grüße aus Hamburg überbrachte, freute er sich sehr und wir tranken ein Glas auf die Hansestadt.

Einen Tag musste ich auf mein Hobby verzichten. Ellen war zwar einverstanden mit meinem Spieltrieb, aber wollte mal etwas Gemeinsames im Urlaub unter­nehmen. Nach kurzer Beratung wurde ein Ausflug nach Ronda geplant.

Ich hatte Bilder von dieser Stadt gesehen und freute mich auf diesen Tag. Rolf und Christa wollten auch mit. Er ging los, einen Leihwagen zu besorgen. Freude­strahlend kam er zurück: „Ich habe einen Supermiet­preis ausgehandelt.“ „Was für einen Wagen hast Du denn gebucht?“ „Einen Fiat Panda, 300 KM frei.“ Das durfte nicht wahr sein. Ronda lag oben in den Bergen und mit vier Personen hätte der Floh sicherlich Schwie­rigkeiten da rauf zukommen. Ich nahm den Buchungs­schein und änderte die Reservierung. Die Driemeyers waren im Gegensatz zu uns Zwerge, aber der Gedanke in einem Panda diese Tour zu bewältigen sorgte für Platzangst.

Schnell änderte ich die Reservierung Ich mochte zwar Pandas, aber nicht als Transportmittel.

Am nächsten Morgen nach dem Frühstück brachen wir auf. Selbst mein „schottischer“ Freund musste An­gesicht der endlosen Serpentinen zugestehen das mei­ne Wagenauswahl richtig wahr. In Ronda trennten wir uns, machten uns auf einen Rundgang. Ich wollte un­bedingt vermeiden mit den „Freunden“ gemeinsam in Ronda essen zugehen. Sie würden wieder stundenlang die Preise der Imbissbuden vergleichen!

Ronda war einfach wunderbar. Der Ausflug hatte sich gelohnt. Wir fuhren entspannt nach Marbella zu­rück.

Dort angekommen eilten die Sparfüchse gleich Richtung Restaurant. „Das Abendessen beginnt doch erst in einer Stunde!“ „Wir wollen mal schauen, was es an Spezialitäten gibt.“ Die Imbissbuden in Ronda wa­ren wohl nicht das Richtige!

Als wir zum Abendessen in das Restaurant kamen, saßen die beiden schon voller Spannung an unserem Tisch und warteten auf die Büfettfreigabe. Beim Ertö­nen stürzten sie sich auf vorher ausgesuchte Positionen und kamen mit üppig gehäuften Tellern und zwei Flaschen des kostenlosen Weins zurück. Wir hatten inzwischen uns auch etwas ausgesucht. „Habt Ihr keinen Wein mitgebracht? „Das stehen doch zwei Flaschen.“ „Holt noch mal nach, die können wir nachher im Garten trinken.“ Waren das die netten Nachbarn, die wir in Ahrensburg so gerne besuchten? Als sie das dritte mal zum Büfett eilten, entschloss ich mich die gemeinsamen Essen auf ein Minimum zu beschränken.

Mir war die Ausnutzung des All-Inklusive Ange­bots einfach unverständlich.

Erkenntnis: Suche Dir Mitreisende stets sorgfältig aus

Rolf fragte mich, ob ich ein Restaurant in Marbella empfehlen könne. Er wollte Christas Geburtstag mit uns feiern. Bei einem früheren Besuch in Marbella mit Golffreunden hatten wir einmal in einem fantastischen Restaurant in der Altstadt gefeiert. Ich reservierte also für vier Personen einen Tisch. Es war schließlich der Geburtstag seiner Frau und nun sollte die übertriebene Sparsamkeit des Millionärs mal getestet werden.

Es war ein wunderschöner Abend und zu meiner Überraschung wurde ich trotz der horrenden Zeche gelobt.

Erkenntnis: Menschen sind oft nicht berechenbar

 

Texas ich komme

Es wurde nicht nur gearbeitet

Die großzügige Urlaubsregelung der IBM ermög­lichte uns ausgedehnte Reisen.

1982 Texas ich komme

Meine Frau drehte einen Film in El Peso, Texas, und ich beschloss, sie dort zu besuchen. Durch unsere Be­rufe waren wir häufig getrennt. Sie war oft monatelang bei Dreharbeiten, und wenn sie zurückkam, war ich bei Kunden oder Lehrgängen. Ich wusste, sie hat kaum Zeit für gemeinsame Unternehmungen, aber ich plan­te, ohnehin meine Zeit mit Golf und Erkundigung von Land und Leuten zu verbringen.

Also auf ins Reisebüro und den Flug buchen. Ham­burg, Frankfurt, New York, Dallas und Eli Peso wurde vereinbart. Früh morgens startete ich in Hamburg. Frühstück fiel aus, schließlich gibt es ja Verpflegung an Bord. Leider ein Irrtum, die Flugzeit war zu kurz und es gab den obligatorischen Tomatensaft.

In Frankfurt angekommen war keine Zeit für ein Frühstück. Der Anschlussflug nach New York rief zum Einchecken. Ich nutzte meinen ganzen Charme, um einen Fensterplatz in der letzten Reihe der 747 zu er­halten. Ich hatte Glück, Fensterplatz und letzte Reihe wurden zugesagt. Die letzte Reihe hatte den Vorteil, dass nur zwei Sessel vorhanden waren und der Weg für eventuelle Toilettengänge kurz.

Beim Boarding verstaute ich mein Handgepäck und nahm meinen Platz für die nächsten Stunden ein. Bald würde es Frühstück geben. Mein Magen knurrte un­überhörbar.

Die Maschine war ausgebucht, aber der Platz neben mir blieb frei. Herrlich!

Die 747 setzte sich in Bewegung und ich hörte eine Stewardess rufen „wir rollen schon, Sie müssen sich sofort hinsetzen". Adressat war ein Mann mit einem Kleidersack. Verfolgt von der aufgeregten Stewardess steuerte er den Sessel neben mir an, verstaute den Klei­dersack und setzte sich. "Hi, my name is Ed, hate to use the Firstclass. Great to find a seat here". Da hat der Mensch ein  Firstclass-Ticket und zieht die Holzklasse vor? Die spinnen, die Amis dachte ich.

Wir hoben ab und er drückte den Serviceknopf. "Need a Bloody Mary, what about you? Lieber nicht, brauche unbedingt etwas Essbares und keinen Drink. Widerstand war zwecklos, er bestellte zwei Drinks. Bis zum Frühstück hatte ich schon zwei Gläser intus und wurde von meinem neuen Freund interviewt. Zweck der Reise, Familienstand, Beruf, wurden abgefragt und eine neue Bestellung wurde getätigt. Er gab mir Hin­weise für den weiteren Reiseverlauf und bestand dar­auf, dass ich alles notierte.

In New York angekommen forderte er mich auf, ihm zu folgen. Er hielt einen Ausweis hoch und wir wurden ohne Kontrolle durchgewunken. „I´m a Con­gress-member, Enjoy your vacation“ ein kurzes Win­ken und weg war er.

Noch leicht schwankend machte ich mich auf die Suche nach einem Taxi. Der Weiterflug sollte in La Guardia starten. Eine attraktive Stewardess hörte, wie ich dem Fahrer mein Fahrziel nannte und fragte "Wan­na split the cab?". Es hörte sich in meinen Ohren etwas anrüchig an, aber sie wollte nur den Fahrpreis halbie­ren.

Die Drinks hatten mich schläfrig gemacht und ich döste vor mich hin. Die flotte Dame versuchte ein Ge­spräch anzufangen und muss gedacht haben: "Diese Deutschen sind seltsame Typen.“ Der Taxifahrer liefer­te uns vor dem Flugplatz ab, und ich verabschiedete mich von meiner Begleiterin. Am Check-in Schalter er­fuhr ich: Die nächste Maschine nach Dallas startet in vier Stunden. Ich suchte mir einen Sessel, erwarb zwei große Gläser Cola und kämpfte gegen die Müdigkeit.

Den Flug nach Dallas habe ich im Tiefschlaf ver­bracht. Nach der Landung wurde ich geweckt und in die EL Paso-Maschine "umgebettet".

Mein Kaffeekonsum auf dem Flug war keine große Hilfe. Diese lasche Brühe Kaffee zu nennen war gera­dezu Blasphemie!

Ellen erzählte mir später, ich hätte auf der Rolltrep­pe der Ankunftshalle geschlafen.

Sie war in Begleitung eines Produktionsassistenten und erklärten mir, sie müssten noch kurz in einen Country-Club vorbeischauen. Dort würde eine Sänge­rin auftreten, die unbedingt noch eine neue Version des Drehbuches erhalten müsse. Ich hörte zwar die Worte, verstand aber nichts. Ich wollte nur noch schla­fen.

Die Sängerin war fantastisch. Nach dem zweiten Song fielen mir dennoch die Augen zu. Sechs Bloody Mary, vier Bier und die endlose Anreise hatten eine un­geahnte Wirkung.

Am nächsten Morgen wachte ich in einem Hotel­zimmer auf. Wo bin ich? Auf dem Nachtisch lag ein Zettel. "Wollte Dich nicht wecken, bin im Büro. Ruf mich an, wenn Du wach wirst".

Erst einmal ein kräftiges Frühstück! „Scrambled eggs, bacon, well done toast, coffee and orange juice please". Die texanische Portion hätte gereicht, um eine ganze Meute zu sättigen.

Frisch gestärkt machte ich mich auf den Weg zu El­lens Büro. Sie sprach gerade mit dem Produzenten und Regisseur Vadim Glowna.

Ich kannte Vadim schon von früheren Produktionen und er hatte eine Frage. "Sag mal, Du als IBMer hast doch sicherlich genügend Organisationserfahrung. Könntest Du mal zum Drehort fahren und nach dem Rechten schauen?“ Man muss ja nicht gleich nach der Ankunft auf den Golfplatz, oder?

Ich durfte mir einen Leihwagen aussuchen und wählte einen Chevy-Pickup. O-Beine und Texas erfor­derten einen zünftigen Schlitten. Ich ließ mir den Weg erklären und machte mich unverzüglich auf denselben. Der Drehort lag in einem Militärgebiet. Außer Vadims Wunsch, mal die Augen aufzuhalten, wusste ich nicht was mich erwarten würde.

Nach dem Verlassen des Highways folgte ich den Angaben. Weit und breit nur Sand. Kein Problem für meinen Chevy, aber wo finde ich den Drehort in dieser Einöde? Da, auf einem Hügel standen zwei Männer an einem Stehpult und unterhielten sich.

Das musste es sein. Den einen konnte ich von der Ankunft am Vortag. Er hatte den passenden Namen: Ransom Rideout.

Der andere Mann drehte sich zu mir um und sagte: „Hallo, ich bin Dieter Flimm und Filmarchitekt. Vadim sagte, er würde Verstärkung raus schicken. Willkom­men! Es geht um folgendes". Er zeigte auf einen Packen Zeichnungen. "Hier soll die Tankstelle hin und dort der Diner. Damit solltet ihr anfangen. Das Material und die Arbeiter müssten auch bald erscheinen. Ich muss los, wir sehen uns".

Mir entgleisten alle Gesichtszüge. Da stand ich in der Wüste an einem Stehpult und verstand die Welt nicht mehr. Tankstelle, Diner, Material, Arbeiter?

Ransom murmelte irgendetwas in sein Walki-Talki Ich schaute mir indes die Zeichnungen an. Wo war ich nur gelandet und warum hatte ich nicht laut und deut­lich NEIN gesagt?

Führungsqualität gefragt

Aus der Wüste kam ein riesiger Truck mit Anhänger auf uns zu. "Ah, der Holzlieferant", rief mein amerika­nischer Kollege. Der Fahrer stieg aus und fragte, wo er seine Ladung abladen solle. "Ransom, was soll hier ge­schehen?", "Das Holz brauchen wir für die Gebäude". Hätte ich mir fast gedacht. Der Fahrer holte einige Pa­piere aus dem Truck und fragte: „Wer ist hier zustän­dig?“ Mit einer knappen Handbewegung deutete Ran­som auf mich. Hee? Er konnte ja nicht wissen, das ich in handwerklichen Dingen immer auf die Hilfe ande­rer angewiesen war. Ich musste aber eingestehen: zu­ständig sah ich schon aus.

Was nun? Ich nahm den Stapel entgegen und tat so als würde ich den Inhalt studieren. "Ransom, was ist C1-Sperrholz?". "Wird für die Wände benötigt, ist beste Qualität".

Hatte Vadim nicht gesagt, das die gesamten Kulis­sen zum Ende des Films in Flammen aufgehen wür­den? "Ich will das billigste Sperrholz. Die Balken kön­nen sie abladen, aber das Sperrholz wird ausgetauscht". Den Protest des Fahrers ignorierte ich einfach. Hoffentlich bedeutete Zuständigkeit nicht auch Verantwortung!

Nun standen wir mitten in der Wüste. Ein Stehpult mit Zeichnungen, stapelweise Balken und zwei Men­schen, von denen einer den anderen leicht zweifelnd ansah.

Film ist schick, oder?

Nach einer Stunde erschien unser Holzlieferant mit leicht säuerlichem Gesicht und lud das preisgünstigere Sperrholz ab. Nur gut, dass er keinen Colt bei sich hat­te. Man war ja schließlich in Texas. Schwungvoll unter­zeichnete ich die Lieferpapiere.

Aus dem nichts der Wüste tauchte plötzlich ein Trupp Mexikaner auf. Ohne Auto, zu Fuß?

Einer stellte sich vor: "I´m Jesus, we are ready to start". Meine erste Begegnung mit Jesus, mitten in der Wüste! Was für ein Leben!

Er schaute sich die Zeichnungen an, rief seinen Leu­ten etwas zu und es lief etwas Unglaubliches ab. Bal­ken wurden gesägt und ausgelegt. Wildes hämmern und das Fundament der Tankstelle war gelegt. In weni­gen Stunden waren sie dabei die Sperrholzplatte anzu­nageln. Jesus schaute gelegentlich auf den Plan und ich versuchte, möglichst kompetent auszusehen. Zustän­digkeit ist keine leichte Aufgabe, oder?

Wir verabredeten für den nächsten Morgen. Der Trupp verschwand in der Wüste, ich packte die Zeich­nungen zusammen und machte mich auf den Weg.

Im Plaza-Hotel angekommen wurde ich schon im Büro erwartet. Produzent, Produktionsleiter, Aufnah­meleiter, und alle im Raum gratulierten mir zu mei­nem ersten Tageswerk. Was hatte ich eigentlich ge­schafft. Außer möglichst kompetent auszusehen und dem Trinken von mindestens drei Liter Wasser eigent­lich nichts Weltbewegendes.

Vadim erzählte mir später an der Bar, meine Sperr­holzentscheidung hätte rund 15.000 $ eingespart.

Erkenntnis: Ich bin ein Finanzgenie!

Am nächsten Morgen erschienen Jesus und sein Trupp aus der öden Landschaft. Wo blieben die eigent­lich nachts? Ein Lächeln, ein kurzer Blick auf die Zeich­nungen und schon hörte man emsiges Hämmern. Die Überdachung der Tankstelle, der Innenausbau vom  Di­ner und dem angrenzenden Workshop erfolgten in Windeseile.

Mein erster Tornado

Wieder lagen wir im Plan. Jesus und seine „Jünger“ verschwanden winkend im Nirgendwo.

Wir packten unsere Unterlagen zusammen. Im Ho­rizont war ein bleistiftgroßer schwarzer Finger zu se­hen. „Was ist das?“ , fragte ich Ransom. „Ein Tornado, wir sollten uns schnell in Sicherheit bringen.“ In Si­cherheit, nun übertrieb er gewaltig. Der „Finger“ war meilenweit entfernt. Ransom bestand darauf, dass wir unseren Wagen in eine Senke fahren und dort warten sollten. Es sei für eine Flucht zu spät.

Kaum geschehen wurde der Pick-up kräftig durch­geschüttelt. Es dauerte endlose Minuten und wir konn­ten durch aufgewirbelten Sand nichts sehen. Schlagar­tig wurde es geradezu gespenstisch ruhig. Wir trauten uns auszusteigen und erklommen den Rand der Senke. Überall lagen Trümmer herum. Alle Bauten waren zer­stört.

Deprimiert machten wir uns auf den Weg nach El Paso. Als wir die schlechte Nachricht verkündigten, wurde sofort ein Meeting des Stabes einberufen. „Sind wir versichert?, müssen wir den Dreh verschieben?, was können wir tun?“ Alle waren nervös.

 „Ich bin sicher, wir können die Zeit wieder einho­len. Ich habe alle Schritte und Probleme bis jetzt no­tiert. Es ist möglich in wesentlich kürzerer Zeit die Bauten wiederherzustellen.“ Ungläubige Blicke der versammelten Crew. Der Neuling im Filmgeschäft will das Problem lösen?

Vadim forderte mich auf, mit ihm und seinem Re­gieassistenten Marijan Vajda in die Bar zu gehen. „Glaubst Du wirklich, wir können die Arbeit von zehn Tagen in fünf Tagen erledigen?“ Mir gelang es, die bei­den zu überzeugen.

Nach fünf Tagen war alles erledigt. In der Zeit habe ich maximal fünf Stunden am Tag geschlafen.

Erkenntnis: Schlaf kann man nachholen, oder?

Statt Urlaub arbeiten im Art Departement

Ungefragt wurde ich nun während der Vorberei­tung zum Dreh mit diversen Aufgaben betreut. Am Drehort liefen die Arbeiten wie geplant und ich sollte mich mit der Leiterin des Art Departements treffen. Was war eigentlich ein Art Departement?

Die Chefin Nora Chavoosian schaute etwas skep­tisch, als ich ihr Zimmer betrat. Sie saß im Schneider­sitz auf dem Bett, umgeben von Papierstapeln. „OK, here are some urgent tasks.“ Sie nahm einen Packen Papier und reichte ihn mir. „We need 50 cars vintage 1950 or earlier with licence plates.“ Eine echte Aufgabe für ein pfiffiges Kerlchen wie mich, oder?

Ich ging ziemlich verwirrt in die Lobby. Erst mal einen Kaffee und eine Zigarette. Kaum hingesetzt sprach mich der Hotelbesitzer Mike Dipp an. „Hi, habe gerade mit Deiner Frau gesprochen. Immer ein wahres Erlebnis. Hat unsere Rechnung um 5000,00 Dollar ge­kürzt.“ Er lachte: „Taffe Geschäftsfrau. Dachte nie­mand, würde unsere Buchungsfehler merken.“

„Du siehst etwas verwirrt aus, Probleme? Ich er­zählte Mike von der neuen Herausforderung. „Komm in mein Büro.“ Ich nahm meinen Kaffeebecher und folgte ihm.

In seinem Büro angekommen führte er diverse Tele­fonate und machte sich Notizen. Als er das letzte Ge­spräch beendet hatte, gab er mir den Zettel. „Das sind Freunde mit Autos aus den Fünfzigern. Mach Termine und schau Dir die Wagen an. Ich habe Dich bei ihnen angemeldet.“

Erkenntnis: Wenn Du nicht mehr weiter kannst, kommuniz­iere Deine Probleme!

Sofort fing ich an, die Telefonliste abzuarbeiten. No­tierte die genannten Adressen und legte mithilfe eines Stadtplans die Route fest.

Schon der erste Kontakt war ein Riesenerfolg. Ich fuhr zu der abgegebenen Adresse und hielt vor dem Haupteingang einer großen Fabrik. Zu meiner Überra­schung wurde ich sofort in das riesige Büro des Chefs geführt. Mit der so typischen, amerikanischen    Freund­lichkeit begrüßte er mich „Hi, Mike hat mich angeru­fen wegen der Autos und muss etwas durcheinander­gebracht haben. Ich sammle zwar Oldtimer, aber nur zwischen 1903-1925. No Problem at all, hier ist eine Liste mit Freunden, die Dir helfen können. Sie warten nur auf Deinen Besuch.“ God bless America, dachte ich und war wieder unterwegs.

Nach zwei Tagen legte ich Nora die unterschriebe­nen Verträge und Polaroids der Wagen vor. Nun fehl­ten nur noch die passenden Nummernschilder. Wieder half Mike Dipp.

Ich fuhr zum genannten Ort und fand einen Ge­brauchtwagenhändler. Öl verschmiert, einen ebenso öligen Stetson auf dem Kopf begrüßte er mich und fragte nach meinen Wünschen. Fünfzig Nummern­schilder von 1950, kein Problem. Hinter der Werkstatt hingen Hunderte an einem Holzzaun. Bingo!

Vorsichtig fragte ich nach dem Preis. „Wenn Du meinem Sohn einen Job beim Film beschaffst, nimm Dir alle, die Dir gefallen. So wurde Mike Jr. kurzer­hand zu meinem Assistenten ernannt. Beim Film hatte schließlich jeder einen Assistenten und natürlich die auch Assistenten.

Nora fiel fast vom Glauben ab. Nie hätte sie von dem Neuling eine so schnelle Erledigung erwartet. Als Dank ging es wieder zurück zum Drehort. Die Mexika­ner hatten die Garage und den Diner fertiggestellt. Je­sus verschwand mit seinem Trupp in der Wüste. Tschüss Jesus!

Am Stehpult besprach ich mit Ransom die ausste­henden Aufgaben. Mike Jr. sorgte für kühle Getränke und beobachtete uns aufmerksam.

 „Morgen kommt ein Filmmaler aus Hollywood und bringt die Gebäude in den 50er-Look, außerdem müssen wir Tanksäulen aus der Zeit besorgen. Nora schickt uns Annamarie raus. Wir brauchen Einrich­tungsgegenstände für den Diner. Der Filmarchitekt braucht noch eine Art alten Bohrturm für das Autoki­no. Ein Wohnwagen wird angeliefert und soll zum Cat-House umgebaut werden.“

An Arbeit schien es nicht zu mangeln.

Erkenntnis: Man wächst mit seinen Aufgaben!

Weiter mit Art Depüartment

Am nächsten Morgen besorgte ich mir ein dickes Ringbuch in einem Supermarkt. Bei den vielen Aufga­ben ging es nicht ohne Notizen. Der riesige Super­markt war mir schon bei der ersten Fahrt zur McGre­gor Range aufgefallen. Er hatte rund um die Uhr geöff­net und hatte augenscheinlich tausende Parkplätze. Bei späteren Besuchen entdeckte ich eine anscheinend ty­pische Marotte der Amerikaner. Gehe nie zu Fuß, oder vermeide es wenn möglich. Alle versuchten in der ers­ten oder zweite Reihe zu parken. Geduldig kurvten sie um diese begehrten Plätze zu ergattern minutenlang herum.

Ransom wartete schon am Stehpult. Mike Jr. war auch schon da und servierte mir eine Flasche Gatora­de. Das Zeugs schmeckte nicht besonders, war aber laut Reklame lebensnotwendig in heißen Regionen. Wir sprachen gerade die Tagesaufgaben ab, als ein Wa­gen erschien. Ein dürrer Mann in einem Overall stieg aus und begrüßte uns: „Hi, my name is Burt, time to dress up this place a little bit. Let´s have a look first.“ Er ging auf den Diner und die Tankstelle zu und schaute sich die Bauten aus der Nähe an.

Ransom: „he´s a famous film-painter from Holly­wood.“ Burt kam zu unserem Stehpult und schaute sich die Zeichnungen an. „the place should look ram­shackled and neglected since the 50th. Ok, let´s start.“

Sprach es und entnahm dem Kofferraum einige Ei­mer und Gerätschaften. „Was für ein komischer Vogel“ , dachte ich und staunte, als er anfing mit einem großen Pinsel wirre, graue Kreuze an die Wände mal­te.

Nach einiger Zeit drehte er sich um, sah meinen skeptischen Blick und winkte mich zu sich. „Durch die Kamera sieht es später ganz anders aus, glaub mir.“ Eher fällt in Peking ein Sack Reis um, der will mich auf den Arm nehmen! Unbeirrt kleckste der berühmte Filmmaler weiter.

Am nächsten Morgen erschien der Kameramann mit seinen Assistenten. Nach der Begrüßung bauten sie ihre Kamera auf und machten einige Probeschwenks. Der Kameramann Martin Schäfer forderte mich auf einen Blick durch die Kamera zu werfen. Potz Blitz, die Gebäude sahen heruntergekommen und total verwit­tert aus. Martin lachte: „Wir können zaubern. Burt hat großartig gearbeitet“

Erkenntnis: Augen können täuschen!

Die Suche auf den Junk Yards und überall

Die Bauten waren fast fertig, nun musste für die Ausstattung gesorgt werden. Auf dem Wunschzettel des Architekten stand ein eiserner Turm für die Projek­tor Kabine des Autokinos. Müsste sich doch in der Wüste finden lassen, oder?

Das Art-Department und neue Aufga­ben

Ich machte mich mit Nora und Annamarie auf den Weg zum nächsten Junk Yard. So etwas hatte ich nicht erwartet. Der Schrottplatz war mehrere Quadratkilo­meter groß. Übereinandergestapelte Jets, tausende Au­towracks, Elektroschrott und Möbelberge waren zu se­hen. Ein Mitarbeiter zeigte uns einen rostigen ca. 20 Meter großen Bohrturm. Bingo!

Die Mädels kramten inzwischen im Möbelberg. Alte Küchenteile wurden gesucht und beiseite gestellt. Als ich ihre Ausbeute sah, traute ich meinen Augen nicht.

„Dieser Müll soll am Set eine Küche darstellen?“ „Ja, warte es ab.“

Erkenntnis: Die Kamera muss wirklich zaubern können!

Wir organisierten einen LKW für den Abtransport. Die Bezahlung war einfach organisiert. Der LKW wur­de bei der Einfahrt gewogen und bei der Ausfahrt er­neut. Das Zusatzgewicht wurde mit einem Pauschal­preis berechnet. Ich hätte gerne einen der gut erhalte­nen Jets mitgenommen, aber wohin mit einer F86? Wüstenkoller?

Nach der Anlieferung am Set wurde der alte Bohr­turm mit vereinten Kräften an der vorgegebenen Stelle aufgerichtet. Die Küchenmöbel wanderten in den Di­ner und die Mädels stellten die Teile zusammen. „Das muss ja fürchterlich auf der Leinwand aussehen.“ „Warte es ab.“ Ich ging kopfschüttelnd nach draußen. Andreas Willim, der zuständige Bühnenarbeiter sagte, er bräuchte einige große Fleischerhaken für den Trans­port der Teile des Projektorhäuschens. Endlich eine Aufgabe für den Superorganisator!

Auf dem Weg zwischen dem künftigen Drehort und El Paso gab es einen riesigen Supermarkt. Also rein in den Pick-up und Fleischerhaken besorgen. „Fleischer­haken?“ Wie heißen die Dinger eigentlich auf Englisch. Hatte den Tag in der Schule wohl versäumt.

Egal, man wächst schließlich mit Herausforderun­gen, oder? Ich irrte in dem Riesenmarkt herum. Nach einer pantomimischen Glanzleistung meinerseits sagte ein lächelnder Angestellter: „oh, you are Looking for S-shaped Hooks. They are over there.“ ,

Erkenntnis: Man lernt nie aus!

Zehn „S-shaped hooks“ sahen in dem gewaltigen Einkaufswagen ziemlich mickrig aus. Auf in die Le­bensmittelabteilung. Mir kam eine blendende Idee, eine Frühstückspause für das Team. Weil deutsche Sol­daten nahe El Paso stationiert waren, gab es sogar Schwarzbrot, Mettwurst, Löwensenf und noch mehr Spezialitäten. Der Einkaufswagen füllte sich sehr schnell. Norwegischer Jarlsbergkäse wurde kurzer­hand eingedeutscht. Merken die Amis nicht, oder?

Eine Rolle weißes Papier, Pappteller, Becher und Plastikbestecke waren für den Anlass gerade richtig. Für die Mädels besorgte ich Zahnbürsten, Zahnpasta und Kleenextücher. Sie waren bis zu 18 Stunden am ra­ckern und würden das Geschenk sicherlich begrüßen.

Am Set angekommen gab ich Andreas die Haken und erklärte dem Team, das der Diner für eine halbe Stunde eine No-go-Area sei. Die skeptischen Blicke zeigten eindeutig: „Nun hat er einen Sonnenstich!“

Ich schleppte meinen übrigen Einkauf ins Diner. Zwei Tische wurden zusammen- gestellt und mit dem weißen Papier belegt. Teller, Becher und Bestecke ange­ordnet und die Fressalien optisch verteilt. Jarlsberg, Mettwurst, Gurken, Löwensenf und Brot warteten auf die Gäste. Eine Kiste Becks-Bier stand gut gekühlt bereit. Ein letzter Blick und dann der Ruf: „Come in, folks.“

Die Blicke werde ich nie vergessen. Einige hatten so­gar Tränen in den Augen. Mit so einer Überraschung hatte keiner gerechnet.

Erkenntnis: Tue Gutes und optimiere Dein Ansehen!

Requisiten und mehr

Die Suche nach Requisiten

Die Liste der benötigten Requisiten war endlos. Wir mieteten einige Container, um die jeweilige „Beute“ zwischenzulagern. Alte Tanksäulen, Ausrüstungen für den Diner und vieles mehr wurde verstaut.

Auf einem Flohmarkt in den Außenbezirken von El Paso fand ich einen Koffer mit einer uralten Polaroid-Kamera (Typ 95 ) und mehreren Filmpäckchen. Nach zähen Verhandlungen erstand ich das Prachtstück. Die mexikanische Verkäuferin ahnte nicht, welchen Schatz sie für 55 $ verkauft hatte.

Als wir am Abend ins Hotel kamen, trafen wir Va­dim und einige andere Crew-Mitglieder. Sie waren auf dem Weg zur Bar. Meine Neuerwerbung in der Hand schloss ich mich ihnen an. Nach der Hitze draußen kämen einige „Frozen Margaritas“ gerade recht.

„Was hast Du denn da in dem Koffer?“ Vadim war neugierig. „Habe eine Land-Kamera auf dem Floh­markt gefunden.“ Minuten später wechselte die Neu­erwerbung den Besitzer. Vadim brauchte das Schmuck­stück für seine Sammlung!

Erkenntnis: Manchmal war ich einfach zu großzügig, oder?

Das Treffen mit Chris aka „Kunta Kinte“

Die Crew am Drehort war kräftig angewachsen. Überall emsiger Assistenten, die eingeteilt werden mussten. Das Stehpult war inzwischen in den Diner gewandert und blieb die Zentrale des Geschehens. Un­ter den neuen Crew-Mitgliedern fiel mir ein schlaksi­ger Farbiger auf. Alle Aufgaben wurden betont lässig und mit extremer Zeitlupe erledigt. Als ich ihn darauf ansprach, grinste er mich provokant an und fragte, ob ich nicht wüsste, wie man in den USA mit Minderheiten richtig umgehen würde.

Meine knappe Antwort: „Ich habe davon gehört, mich interessieren jedoch nur Leistungen. Egal welche Farbe jemand hat. Ich sage, was gemacht wird, erwarte die prompte Erledigung.“ Meine Aufforderung den Ort umgehend zu verlassen und sich im Office den restlichen Arbeitslohn zu holen verwirrte ihn total.

„Boss, ich brauche den Job dringend, bitte.“ Immer diese Personalprobleme! „Ok, aber von nun an beob­achte ich Dich genau. Ein Fehler, und Du fliegst.“ Ich war ein harter Hund, oder?

Chris wurde Vorbild für alle. Er trieb die anderen permanent an.

Als wir an einer Wasserstelle der Army frisches Wasser besorgen mussten, luden wir sechs leere Fässer auf die Ladefläche des Pick-ups. Chris und ich zogen los. An der Station mitten im Nirgendwo packte ich den gewaltigen Wasserschlauch und rief: „Wasser marsch.“ Mit der Urgewalt des Wasserstrahls hatte ich nicht gerechnet. Der Schlauch wurde aus der Hand ge­rissen und in kurzer Zeit bildete sich ein See neben un­serem Wagen. Wir schauten fasziniert zu. Zuvor hatte ich außer Taranteln kaum Tiere in dieser Gegend gesehen. Aus allen Himmelsrichtungen kamen Vögel. Selbst ein Kojote schien die Nachricht vernommen zu haben. Frisches Wasser!

Wir warfen die Fässer vom Pick-up. Dichteten die Ladefläche mit einem Stöpsel ab, nahmen den Wasser­schlauch und ließen uns ein Bad ein.

„Die Army zahlt!“ Da lagen nun zwei merkwürdige Wesen mitten in der Wüste in der künstlichen Wanne und schauten den trinkenden Tieren zu. „Du solltest unbedingt Sonnencreme benutzen, Bleichgesicht.“ „Du benutzt ja auch keine und bist ganz schön braun ge­worden.“ Unser Gelächter irritierte die Tierwelt.

Als wir dann unsere Fässer füllten, trocknete der See zusehends aus. „Bye birds, we will be back soon, CU.“

Als ich später zum Abschied von El Paso die Crew zu einem Barbeque im Park einlud war ich sehr ent­täuscht, dass Chris nicht erschien. Nach einer halben Stunde tauchte er auf. Er hatte sich Mehl auf die Kraushaare geschüttet und sagte lachend: „Nun darfst Du mich alter Kunta Kinte rufen, Massa.“

 

Der 40. Geburtstag

Der 40. Geburtstag

Eigentlich wollte ich zu meinem 40. Geburtstag nur mit dem Team im Office einige Drinks konsumieren. Zu meiner Überraschung hatten Vadim und Vera je­doch eine Hazienda außerhalb von El Paso gemietet, und ein zünftiger Grillabend war geplant. Ich bestand darauf die Getränke zu besorgen. Es war schließlich mein Tag. Also auf in den nächsten Liquor-Store. Die Gesetze in Texas waren sehr streng. Zu der Zeit musste man über 21 Jahre alt sein, um Alkohol zu kaufen. Als der Ladenbesitzer meinen Ausweis verlangte fühlte ich mich geschmeichelt: der glaubte wohl ich sei noch nicht 21!

Ich suchte die richtige Mischung für unsere interna­tionale Crew aus. Bourbon für die Amis, Tequila für die Mexikaner, Wodka für unseren polnischen Haupt­darsteller und Wein für die Ladys. Der Einkaufswagen war bald randvoll mit Flaschen. Der Ladeninhaber half beim Beladen des Pick-ups und meinte, das würde ja wohl für hundert Gäste reichen. Ab zum Plaza Hotel, Ellen abholen und hinter der wartenden Wagenkolonne herfahren. Nach einer Stunde er­reichten wir die Hazienda.

Die Bauten im mexikanischen Stil, der riesige Pool und eine vorbereitete Grillstation versprachen einen gelungenen Abend

Zwei BBQ-Spezialisten sorgten für das leibliche Wohl.

 Nun musste ich meine Geschenke entgegenneh­men. Ein Golfset von Ping von Vadim und Vera wur­den mit den Worten: „Die kannst Du ja in Deutschland einspielen. Hier hast Du keine Zeit“ übergeben. Großes Gelächter! Nun waren die Anderen dran. Ich wurde mit mehreren Spielzeugpferden bedacht. Mein Ruf: „where is my horse“ bei Problemen hatte Furore ge­macht. Als Kind hatte ich kein Schaukelpferd, nun war ich Besitzer einer ganzen Herde.

 „Gib mir Deine Brieftasche und die Armbanduhr“ sagte Ellen. Kaum geschehen lag ich schon im Pool. Gehörte anscheinend zu einer zünftigen Party in Texas. Jerzy Radziwilowicz, Vadim und ich genossen den Vodka stilgerecht aus Wassergläsern.
Es war ein wunderschöner Abend. Bei der Heimfahrt nach El Paso fuhr Vadim vor mir. Auf dem Koffer­raumdeckel stand eine leere Bierflasche. Trotz der vie­len Schlaglöcher fiel sie nicht runter. Ich traute meinen Augen nicht. Als wir vor dem Plaza Hotel auf die Park­plätze fuhren geschah des Unglaubliche: die Flasche zerschellte auf dem Boden. Ob da einer vom Art De­partement getrickst hatte?

Wir entschlossen uns noch einen Absacker in der Hotelbar zu nehmen. Vor der Bar trafen wir den Hotel­besitzer mit dem Polizeichef von El Paso. Nach der Be­grüßung sah ich wie der Polizeichef seine Pistole an der Garderobe abgab. Er wies auf ein Schild in: das Tragen von Waffen aller Art ist verboten und wird mit einer 3-jährigen Gefängnisstrafe geahndet. „Ich bin nicht im Dienst und kenne unsere Haftbedingungen“ , erklärte er lächelnd.

Mike Dipp spendierte einige Runden „Frozen Mar­garitas.“ Ich erzählte ihm von dem Golfplatz, den ich bei meinen Fahrten entdeckt hatte. Leider war er nur für Mitglieder geöffnet. „No problem, you are my guest. Take the new golf-set and enjoy the course.“ So hatte ich mir den Urlaub vorgestellt.

 

Golf und Redwings

Endlich Zeit für Golf

Am nächsten Morgen packte ich meine neue Aus­rüstung in den Pick-up und fuhr zum Golfplatz. Mike Dipp hatte mich bereits telefonisch angekündigt. Im Pro-Shop hing ein Hinweis auf Trainingsmöglichkeiten mit dem Head-Pro. Gute Idee!

Wir gingen auf den Übungsplatz. Drei Kameras wa­ren aufgebaut und filmten meine Schläge. Nach einer halben Stunde gingen wir zurück in den Shop und eine Analyse der Aufnahmen wurde durchgeführt. „Du setzt zu viel Power ein. Daran müssen wir arbeiten.“

Zurück zum Übungsplatz. Dreißig Minuten Schläge auf einen Autoreifen dienten nicht gerade zur Verbes­serung meine Technik. Ich war total ausgebrannt. Nach einer kurzen Pause gingen wir zum ersten Abschlag. Oh Wunder, ich hatte meine Weite erheblich verbessert und wir spielten eine gute Runde. Ich fragte nach der Bezahlung und er antwortete: „Gäste von Mike zahlen nichts.“ So sollte ein gelungener Urlaub sein, oder ?

Er ist ein Freund von mir.

Zu dem Zeitpunkt wusste ich kaum etwas über Mike Dipp. Erst beim Rückflug las ich die Geschichte der Dippolito-Familie. Die Nähe zur Mafia erklärte nachträglich warum ich einige „Vorteile“ genießen konnte.

Ein Beispiel: Ich lief in den ersten Tagen am Set im­mer mit Turnschuhen herum. Mir wurde dringend ge­raten mir Boots anzuschaffen. In der Hotellobby traf ich Mike Dipp und fragte wo es in der Nähe einen Shop gäbe. „Fahre zu diesem Shop in der Dyerstreet 9674. Warte ich schreibe Dir eine Empfehlung, dann kriegst Du Rabatt.“ Er nahm eine Visitenkarte und schrieb auf die Rückseite: „Heiner ist ein Freund von mir, Gruß Mike Dipp.“

Später erfuhr ich, dass die Floskel „Freund von mir“ bedeutete „besonders gut behandeln.“ Wenn es „Freund von uns“ gelautet hätte wäre das ein Hinweis auf Mitgliedschaft bei der Mafia gewesen.

Ich schaute kurz auf die Karte und machte mich auf den Weg. Nach einer halben Stunde war ich bei der Hausnummer 6431 und auf beiden Straßenseiten wa­ren keine Häuser mehr zu sehen. Ob die angebende Hausnummer wohl falsch war? Ich drehte und fuhr wieder zurück. Nach einigen Minuten sah ich eine Bar am Straßenrand. Gut zwanzig Harleys waren davor ge­parkt.

Ich hielt, stieg aus und ging zum Eingang. Auf der Veranda saßen die urigsten Rockertypen, die ich je ge­sehen hatte. Mir war etwas mulmig zumute. Für einen geordneten Rückzug war es schon zu spät. „Hi, ich su­che den Boot-Shop von Redwings und habe mich ver­fahren. Die Hausnummern enden bei 6431 und ich soll zu 9674.“

 „Woher kommst Du? „Aus Deutschland, bin aber z. Z. hier in El Paso.“ „No problem, follow us, we´ll guide you.“

Vier dieser bärtigen Typen erhoben sich und schlen­derten zu ihren Bikes. Ich sollte denen folgen? Sicher­lich führen sie mich in die Wüste und dann? Mit wei­chen Knien setzte ich mich in meinen Chevy. Zwei Ro­cker setzten sich mit ihren Harleys vor mich und fuh­ren Richtung 6431. Zwei weitere hefteten sich an mein Wagenheck. Mit einer Ehreneskorte zur Hinrichtung? Nach ca. 40 Minuten sah ich eine Leuchtreklame auf der rechten Seite. Der Redwing-Shop! Meine Eskorte fuhr elegant vor, die Harley-Meute winkte kurz und verschwand Richtung Bar.

Diese Vorfahrt in Verbindung mit Mikes Visitenkar­te hatte im Laden zu einer Verkaufsschau der speziel­len Art geführt. Ich äußerte meinen Wunsch nach Ar­beitsstiefeln. Meine Füße wurden vermessen. Ein Rie­senbecher Kaffee, ein Aschenbecher wurden bereitge­stellt, und einige Musterboots gezeigt. Ich wollte keine verzierten Folklorestiefel und entschied mich für brau­ne Redwings. Gleich das erste Paar schien zu passen. Mein Motto: „rein, anprobieren, passt und zahlen“ schien wieder zu stimmen. Weit gefehlt! Über zwei Stunden wurde gemessen, in der Werkstatt an der Form gefeilt, anprobiert, gemessen etc.

„Die sind doch OK, ich möchte zahlen.“ „Das sind Arbeitsstiefel, die trägt man oft 24 Stunden und daher müssen sie bequem sein.

Nach Abschluss der Prozedur war ich nun Besitzer von einem Paar brauner Stiefel , zahlte, freute mich über den üppigen Rabatt, und verließ den Laden Jetzt verstand ich warum John Wayne immer so merkwür­dig ging. Diese Boots machten einen Mann erst zum Mann! In Verbindung mit meinen O-Beinen, den Boots und der Baseballmütze sah ich aus wie ein echter Texaner. Yeah

So ausgerüstet fuhr ich zum Drehort zurück. „Zeig Deine neuen Stiefel.“ Stolz zog ich die Jeansbeine hoch.

„Die sind nicht OK, hier wimmelt es von Sidewin­der-Klapperschlangen. Die springen bis zur Kniehöhe“

Erkenntnis: Vorher fragen lohnt sich manchmal

Bis zum Ende der Dreharbeiten

Wer beobachtet uns?

Wir saßen abends im Diner und haben den Tages­plan für den nächsten Tag besprochen, als sich die Tür öffnete und sechs uniformierte Männer den Raum be­traten. Bisher hatten wir gelegentlich Besuch von Mili­tärpolizisten der McGregor Range gehabt, dieser Trupp sah jedoch nicht nach regulären Soldaten aus. Sie trugen keine Rangabzeichen, die Gesichter waren mit Tarnfarbe „geschmückt „und sie waren schwer be­waffnet. Der Kleinste von ihnen sagte: „Keine Angst, wir machen gerade Manöver und wollten die Gelegen­heit einen heißen Kaffee zu trinken nicht versäumen.“

Uns war in den vergangenen Tagen verstärkter Flugverkehr aufgefallen. Jets und Hubschrauber über­flogen uns häufig. Die sechs tranken ihren Kaffee und der kleine, drahtige Soldat klärte uns auf. „Wir sind Special Forces und sollen uns nach El Paso durchschla­gen. Seit drei Tagen haben wir Euer seltsames Treiben beobachtet und uns entschlossen zwei Tage hier unter­zukriechen.“ Uns beobachtet? „Wo wart Ihr denn, wäh­rend Ihr uns beobachtet habt? „Wir hatten uns hier auf Eurem Drehort versteckt.“ Zu mir sagte der offensicht­liche Anführer: „Du rauchst zu viel. Einmal bist Du mir fast auf den Kopf getreten.“

Wohin mit den „Gästen.“ Die Besuche der Militär­polizisten könnten sie leicht auffliegen lassen. Die Lö­sung wurde schnell gefunden. Wir brachten sie im doppelten Dachboden des frisch errichteten Bordells unter.

Durch die ständige Beobachtung von Hubschrau­bern und vermehrte Besuche von neugierigen Militär­polizisten gezwungen mussten wir nun einige Ände­rungen einführen. Wenn der Marketenderwagen aus El Paso kam, gingen einige von uns mit gefüllten Tellern und Getränken betont langsam zum Bordell. Wenn kein Hubschrauber in der Nähe war, wurden Teller und Getränke abgestellt. Zauberhände holten sie blitz­schnell ins Innere.

Am Abend gesellte sich der Chef der Einheit zu uns. Er hatte sich Zivilkleidung besorgt. Plötzlich öffnete sich die Tür des Diners und mehrere Militärpolizisten betraten den Raum. Auch das noch, der Special Forces Chef konnte nicht mehr verschwinden. „Habt Ihr hier fremde Soldaten gesehen? Kopfschütteln des gesamten Teams. „Wenn hier welche auftauchen, ruft uns an. Die Nummer habt Ihr ja.“

Der abgebrühte Anführer der Special Forces fragte dreist: „Was ist denn los?“ „Wir suchen einen Trupp von Army Rangern. Alle anderen Teams von ihnen ha­ben wir schon“ „Scheiß-Job bei der Army. Bin froh, dass ich die Zeit hinter mir habe. Wollt Ihr noch einen Kaffee?“ Der Kerl hatte Nerven wie Drahtseile!

In der folgenden Nacht verfrachteten wir unsere Gäste unter der Plane meines Pick-ups und ich fuhr sie zum Ziel ihrer Übung.

Sie hatten ihre Ziele erreicht und luden uns zu ei­nem zünftigen Steakessen in einem Hotel ein.

Erkenntnis: Big Brother is watching you

An das Essen musste man sich erst ge­wöhnen

Eines Abends führen wir nach Juarez. Man hatte uns ein Restaurant empfohlen. Es lag etwas am Rande der Stadt. Wir wurden freundlich auf Spanisch be­grüßt. Wieder eine Sprache, die ich bis auf einige auf­geschnappte Zoten aus früheren Urlauben, nicht       be­herrschte. Die Menükarten wurden gebracht. Alles auf Spanisch! Ich schaute nach vertrauten Begriffen und fand ein Gericht mit „Pollo.“ Das musste Hähnchen sein, ich zeigte dem Ober meine Wahl. Ein Schwall von Worten und ein merkwürdiger Gesichtsausdruck machten mich stutzig. Energisch bestand ich auf meine Bestellung. So nah an den USA hätte ich mehr                  Eng­lischkenntnisse erwartet.

Die anderen hatten inzwischen auch bestellt und der grimmige Servierteufel verschwand Richtung Kü­che. Auf dem Tisch standen Teller mit Tortillas und kleine Schälchen mit unterschiedlichen Soßen. Die rote Variante sah wie flüssige Lava aus. Vorsicht. Die grüne Version deutete auf Gift. Vorsicht! Ich nahm eine Tortil­la und fühlte üppig von der sanften gelben Version auf. Geschickt gerollt und ein schneller Biss. Ich brauchte fünf Minuten, bis ich wieder reden konnte. Die Soße musste eine Verbindung aus Lava und Gift sein.

Nach 15 Minuten wurde der Hauptgang serviert. Als der Ober meinen Teller absetzte, ertönte erneut ein Wortschwall. Komischer Typ!

„Schau mal Ellen, zwei Hähnchenbrüste mit einer Schokoladensoße.“ Ich schnitt eine Portion ab und tunkte es in die Soße. Schmeckte richtig lecker. Im Ma­gen angekommen explodierte der Bissen regelrecht. Die Tränen schossen mir aus den Augen. Beklemmen­de Atemnot setzte ein. Der Ober stand mir gegenüber und fing an schmierig zu grinsen. Das war zu viel. Nicht mit mir!

Die nächste Portion wurde vorbereitet. Es war etwas schwierig die Gabel Richtung Mund zu bewegen, aber dort angekommen landete der Bissen in einer total be­täubten Zone. Das war ja wie beim Zahnarzt! Der Blick des Obers wechselte vom Grinsen zur Ungläubigkeit. Als ich den Rest der Soße noch mit eine Tortilla vom Teller wischte klatschte der Kellner und rief etwas wie „Bravo.“ Ich trank mein Glas in einem Zug aus und gab Zeichen für eine möglichst schnelle Nachlieferung. Auch Ellens Glas wurde trotz Protest geleert. Wortlos floh ich aus dem Restaurant und setzte mich auf die Motorhaube von Vadims Wagen. Selbst das Atmen viel schwer. Ich schwitzte trotz der kühlen Abendluft und meine Kleidung war total durchnässt. Teufel, was war das für eine Höllensoße?

Auf der Rückfahrt zum Hotel konnte ich die besorg­ten Fragen meiner Freunde nicht beantworten. Ich ver­schwand sofort im Zimmer, öffnete die Minibar und trank alle alkoholfreien Sorten.

Erkenntnis: Schlaumeier warnen immer vor solchen Hand­lungen, haben aber sicherlich nicht so mörderisch innen gebrannt

Die Dreharbeiten konnten beginnen

Der Set war nun fast komplett. In der Nacht vor dem Drehbeginn sorgte ich für Fahrspuren vor der Tankstelle. Vorwärts – Rückwärts stundenlang. Ich war wie in Trance. „Hallo, Du kannst aufhören. Sieht klasse aus. Fahr ins Hotel und schlafe Dich mal aus.“ Vadim grinste und hob den Daumen. „Danke, Alter.“

Die Crew hatte frischen Kaffee mitgebracht und ich benötigte einige Becher, um wach zu werden. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich in den vergangenen Wochen kaum mehr als vier Stunden geschlafen hatte. Ver­träumt schaute ich dem emsigen Treiben zu. Die Be­leuchter bauten Scheinwerfer auf. Die Kamera-Crew richtete das Equipment ein. Überall war Hektik. Chris fegte mit seinem Team Fußspuren aus der Wüste.

Ich beschloss, auf den Schlaf zu verzichten. Den Drehbeginn musste ich unbedingt miterleben. Die erste Einstellung sollte im Diner erfolgen. Im Drehbuch stand folgende Szene: Vera kommt weinend aus der Küche. Joe Sierra, der indianische Freund der Familie, betritt den Raum und nimmt sie in den Arm. Das konnte ja nicht allzu schwer sein.

Ich positionierte mich hinter der Kamera. „Action.“ Vera kam tränen überströmt aus der Küche und blieb mitten im Raum stehen. Joe trat auf sie zu, umarmte sie recht hölzern. „Cut“

Vadim ging auf Joe Sierra zu und bat ihn um mehr Emotionen. Die Einstellung wurde mehrfach gedreht, aber sie gefiel Vadim nicht. Der Regieassistent meinte, es hätte wohl keinen Zweck weiterzudrehen. Man soll­te lieber andere Einstellungen aus dem Drehplan vor­ziehen. „Letzter Versuch.“

Als Joe auf Vera zutrat, rief Vadim: „Emotions, Joe.“ Ein monotoner Singsang ertönte und Joe umkreiste Vera mit ausgestreckten Armen. Ich traute meinen Au­gen nicht. Er schien den Fußboden nicht zu berühren. Das gesamte Team schaute sprachlos zu. Als Vadim zufrieden war, wurde die Einstellung abgeschlossen. Joe verließ den Raum und verschwand in der Wüste.

Vadim sagte: „Das war der Büffeltanz. Das Kalb wurde beschützt. Grandios.“

Es entbrannte eine Diskussion: „hat er geschwebt?“ Fast alle behaupteten: „Er hat.“

Im fertiggestellten Film lief diese Szene nur Sekun­den.

Ich fuhr zurück nach El Paso. Merkwürdiges Ge­fühl: nichts auf dem Terminplan.“ In den nächsten Ta­gen zog es mich fast immer wieder zum Drehort. Es war spannend bei den Dreharbeiten zu zusehen.

Schweren Herzens musste ich El Paso dann verlas­sen. Ich hatte so viel erlebt und würde besonders das Filmvolk vermissen.

Bye, El Paso

Vadim hat uns später zur Premiere nach Berlin ein­geladen. Mir gefiel der Film sehr. Es gab nur kurzfris­tig ein Kichern beim Publikum. Als Synchronstimme für die Puffmutter (Dolores Davis) hatte er Brigitte Mira ausgewählt. Die Stimme passte nun absolut nicht zu einer schwarzen Schauspielerin.

Dennoch wurde der Film gut angenommen. Wir fei­erten das Ereignis in der Paris Bar.

Vadim lud uns nach München ein. Er wollte mit El­len über weitere Filmprojekte reden. Vadim und Vera holten uns vom Flugplatz ab. Wir fuhren direkt zu Schumanns Bar. Dort wimmelte es geradezu von Film­leuten. Es wurde eine lange Nacht.

Zurück in Hamburg

Zurück in Hamburg

Die Zeit in Texas war unvergesslich. Nach der An­kunft erfuhr ich, dass mein Vater in der Zeit verstorben war. Diese Nachricht brachte mich schnell auf den Bo­den der Tatsachen zurück. Ellen war noch in El Paso für Abschlussarbeiten. Ich überbrachte ihr die Nach­richt telefonisch.

Ulm, warum Ulm?

Völlig überraschend rief eine Sekretärin aus der City Nord mich bei der DAK an. „Hallo Herr Jäger, Sie sollen morgen mit der ersten Maschine nach Stuttgart fliegen. Sie haben einen Termin in Ulm. Das Ticket ist am Schalter für Sie hinterlegt. Ich habe einige       Informa­tionen über das Meeting zusammengestellt. Herr Beyer kommt gleich zur DAK und wird Ihnen die Unterlagen mitbringen.“

Was wurde denn da gespielt? Warum dieser kurz­fristige Anruf? Wieso Ulm? Meine Termine im Projekt schienen niemand zu interessieren.

Die mitgebrachten Unterlagen brachten auch kein Licht in die Angelegenheit. Ich sollte mich nach der Ankunft in Ulm bei der Geschäftsstelle der IBM mel­den. Bei der Ankunft dort erhielt ich die Nachricht: „Die Herren, die Sie erwarten, sind noch auf einem Meeting in der Hauptverwaltung. Das kann etwas län­ger dauern. Schauen Sie doch unsere schöne Stadt et­was an und melden sich in einer Stunde wieder hier.“

Ich bummelte also durch Ulm, kaufte mir eine Zei­tung und trank einen Kaffee. Was sollte dieses Spiel nur? Nach mehrmaligen Nachfragen wurde dann ein fester Termin vereinbart! 15:00 Uhr! Mein Rückflug war für 18:00 Uhr gebucht. Langsam wurde ich wütend.

Um 15:05 Uhr wurde ich von drei Managern emp­fangen. „Hallo Herr Jäger, tut uns Leid mit der Termin­verschiebung. Hat wie immer länger gedauert in der Hauptverwaltung.“ Die sollten nun endlich mal die Karten auf den Tisch legen. Das mussten sie an mei­nem Gesicht gelesen haben.

„Sie haben sicherlich schon von dem BTX-Projekt gehört. Die Einführung von Bildschirmtext zusammen mit der Post hat höchste Priorität in Europa. Wir sind befugt, die fähigsten Mitarbeiter für dieses Projekt zu beschaffen. Deshalb haben wir Sie zu diesem Gespräch eingeladen“

Alarm: Drei gegen Einen!

Sie erläuterten das Projektziel und den derzeitigen Status. „Um uns etwas mehr mit einem möglichen Ein­satz von Ihnen zu beschäftigen, haben wir hier einen Fragenkatalog vorliegen. Bitte füllen Sie in aus, und wir werden uns in dreißig Minuten wieder hier treffen. Mir wurden drei Seiten überreicht und die drei verlie­ßen das Büro. Der Fragenkatalog enthielt Fragen zu al­len Gebieten unserer Tätigkeiten. Es sollte eine sechs­stufige Bewertung von „nicht bekannt bis zu Spezia­list“ vorgenommen werden.

Mein Hirn raste. Das war sicherlich eine Falle. Sagt man die Wahrheit, landet man möglicherweise in Ulm. Es galt also, die Kreuze richtig zu setzen. Als die Ma­nager nach dreißig Minuten zurückkamen, nahmen sie die Seiten und schauten kurz auf das Ergebnis. Einer nahm einige Overheadfolien und legte sie auf meine Seiten. „Da haben Sie Ihr Licht aber gewaltig unter den Scheffel gestellt. Sehen Sie mal auf die Abweichungen. Unsere Folien wurden aus einer Datenbank mit Ihren Kenntnissen und Erfahrungen erstellt. Sie sind genau der Kandidat für uns. Wir brauchen Sie unbedingt!“

Erkenntnis:  So muss sich eine Maus fühlen, die von drei Katzen um­zingelt wird

„Bevor wir Ihnen unser Angebot unterbreiten, soll­ten Sie die Gelegenheit nutzen Pro und Kontra abzu­wägen. Schreiben Sie ihre Fragen und eventuelle Be­denken nieder. Wir sehen uns dann in dreißig Minu­ten

Da saß ich nun vor einem leeren Blatt Papier. Wie komme ich aus dieser verdammten Angelegenheit un­geschoren raus? Was sprach gegen einen Einsatz in diesem Projekt?

Ich fing also an:

- Meine Tätigkeit im DAKDIS-Projekt bei der DAK

- Ellens Tätigkeiten im Studio Hamburg. Sie hatte sich gerade selbstständig gemacht und viele Angebote von diversen Filmfirmen.

- Mein Ziel im Ausland für die Firma zu arbeiten.

- Wochenendfahrten Hamburg-Ulm-Hamburg

- Karriereplanung und Aussichten

Schwerstarbeit in dreißig Minuten ein derart wichti­ges Papier zu erstellen. Mein oberstes Ziel: nicht nach Ulm!

„Fertig mit der Liste? Wir haben für Sie das SI-Inter­national am Flughafen Stuttgart gebucht und den ers­ten Flug nach Hamburg reserviert. Es ist ja später ge­worden als geplant“

Sie nahmen meine Liste und verließen das Büro. „Wir sind gleich zurück.“ Wie lange sollte dieses grau­same Spiel noch dauern? Ich wollte nur noch weg, oder wenigstens eine Zigarette rauchen.

„So wir haben die Liste durchgesehen und wollen die Punkte mit Ihnen besprechen.“ Zu den einzelnen Punkten:

- Das BTX-Projekt hat, wie bereits von uns erwähnt, höchste Priorität. Wir werden Ihren Verbleib beim DAK-Projekt regeln.

- Zu Ihrer Frau. München ist auch eine Filmhoch­burg. Wir haben Kontakt zu vielen Firmen in der Bran­che und können gute Möglichkeiten für Ihre Frau her­stellen. Bei einem eventuellen Umzug sind wir gerne behilflich.

- Wir wissen von Ihrem Wunsch ein Ausland-Assi­gnment anzutreten. Sie haben volle Unterstützung von der Firma nach Abschluss des BTX-Projektes.

- Während Ihrer Zeit in Ulm übernehmen wir alle Reisekosten. Egal ob Ihre Frau Sie hier besucht, oder Sie nach Hamburg bzw. München wollen.

- Wir bieten Ihnen eine sofortige Beförderung um zwei Stufen an.

Erkenntnis:SCHACHMATT!!

Ich saß in der Falle. Eine Absage würde meiner Kar­riere wohl sehr schaden. „Es ist spät geworden. Fahren Sie erst mal ins Hotel. Besprechen Sie unser Angebot mit Ihrer Frau und teilen uns Ihre Entscheidung in sie­ben Tagen mit“

Auf der Fahrt nach Stuttgart schwirrte mir der Kopf. Was tun? Im Hotel angekommen rief ich bei Jo­chen Körner in Hamburg an und schilderte ihm die Lage. Er stellte einige Fragen, überlegte kurz. „Wo ist Deine Frau im Augenblick?“ Gab es denn nichts Wich­tigeres? „Ellen ist in New York. Die drehen gerade einen Film dort.“ Kurzes Schweigen. „Ich habe hier noch Deinen unterschriebenen Urlaubsantrag liegen. Buche morgen einen Flug nach New York. Im Antrag steht, dass Du eine Rundreise mit einem Wohnmobil machst und daher keine feste Adresse in den USA hast. Ich werde hier versuchen, die Angelegenheit zu regeln. Ruf mich alle drei Tage hier an und ich werde Dich über den Lauf der Dinge informieren. Kopf hoch und grüß Deine Frau“

Das musste ich erst einmal alles verdauen. Es wurde eine unruhige Nacht.

Am nächsten Tag in Hamburg buchte ich einen Flug nach New York, packte ein paar Sachen und informier­te eine Nachbarin über den Futterbedarf unseres Haus­tigers. Kurz vor dem Abflug rief ich Ellen in New York an. „Ich komme heute nach New York. Melde mich bei der Ankunft.“ Für Rückfragen hatte ich keine Zeit. Nichts wie weg!

Erkenntnis: Man soll immer einen kühlen Kopf be­wahren. Klappt nicht immer!

New York, New York.....

Ellen musste immer sehr lange im Büro arbeiten. Sie drehten „Der Millionencoup“ und hatten ein strammes Pensum. Ich nutze die Gelegenheit, diese einmalige Stadt zu erkunden. Dem Naturell entsprechend waren nach den ersten Sehenswürdigkeiten die Buchläden dran. Der Begriff „Buchladen“ war eine Untertreibung. Es waren die größten Shops, die ich je gesehen hatte. Sorgen wegen des möglichen Übergepäcks musste ich mir nicht machen. Ellen lies alles mit dem Filmequip­ment später nach Hamburg transportieren. Vorge­warnt von Insidern „verkleidete“ ich mich auf „Nicht-Tourist.“ Keine Kamera, keine teure Armbanduhr, alte Jeans, Turnschuhe und niemanden direkt in die Augen schauen half bei meinen Exkursionen. Unbehelligt konnte ich mich bewegen.

Er waren tolle Erkundigungen, besonders mit Ro­bert de Niro als Fremdenführer. Ich hatte den Schau­spieler und Synchronsprecher Christian Brückner ken­nengelernt. Er zeigte mir Ecken dieser Metropole, die „normale“ Touristen kaum zu sehen bekamen. Seine markante Stimme lies den Eindruck entstehen mir Ro­bert de Niro durch NY zu strolchen.

Einen Abend verbrachten Ellen und ich in Jimmy Ryans (Jazzclub).Ein Höhepunkt! Langsam verdrängte ich die Ulm-Geschichte. Jochen hatte mir telefonisch mitgeteilt ich solle noch abgetaucht bleiben.

Nun wurde es Zeit für den Besuch des Empire State Buildings. Als Kind kriegte ich einen Bildband über New York zu Weihnachten und hatte mir fest vorge­nommen, mindestens einmal im Leben die Aussicht über die Stadt zu genießen. Man musste bei der Fahrt zur Aussichtsplattform mehrmals die Fahrstühle wech­seln. Oben angekommen wimmelte es von japanischen Reisegruppen. Freundlich lächelt forderten sie mich auf, sich und ihre Familien mit ihren Kameras zu foto­grafieren. Ich war im Dauereinsatz und wurde mit vie­len Verbeugungen belohnt. Es gelang mir nicht, bis zur Brüstung vorzustoßen. Ich beschloss, den Besuch auf einen anderen Termin zu verlegen.

Erkenntnis:Man muss auch mal NEIN sagen können!

New York hat mich sehr beeindruckt. Die Stadt schi­en nie zu schlafen. Hupende Autos, Sirenen vierund­zwanzig Stunden. Wenn es regnete, tauchten blitzartig Schirmverkäufer auf. Sie wurden ihre Ware umgehend los. Die Schirme konnte man zwar öffnen, aber nicht wieder schließen. Ab in den nächsten Papierkorb da­mit. Eine wirklich durchdachte Geschäftsidee!

Ein vertrauter Duft erreichte meine Nase: Bratwurst und Sauerkraut! Ein fahrbarer Stand bot diese Köst­lichkeiten an. Der Besitzer war ein deutscher Auswan­derer. Während ich die Portion verschlang, erzählte er, dass er heute an dieser Position bleibe müsse. Außen­minister Genscher hatte ein Treffen im Haus gegen­über und hatte als Stammkunde darum gebeten.

Meine Streifzüge durch die Metropole sorgten für wunde Füße. Also wurden Taxen und U-Bahnen ins Programm aufgenommen. Eine Taxe zu ergattern war ein Abenteuer für sich. Wenn sie endlich hielt, musste man mit anderen Menschen um den Einstieg kämpfen. Ziemlich rücksichtsloses Volk die New Yorker!

Greenwich Village

An einem freien Abend besuchten Ellen und ich Greenwich Village. Zwei Teammitglieder schlossen sich uns an. Hier brummte im wahrsten Sinne des Wortes der Bär. Wir verschwanden geradezu in der wimmelnden Menschenmasse. Es gab so viel zu entde­cken. Das galt besonders für mein holdes Weib. Ein Hosenanzug aus Leder war im Schaufenster einer Bou­tique ausgestellt. Ich sah den Blick von Ellen und wusste es gab keine Möglichkeit hier ungeschoren vor­bei zu kommen. Also rein in den Laden, anprobieren und mit der Kreditkarte zur Kasse. Dort erklärte man, dass es z. Z. Probleme mit dem Kassensystem geben würde. In einer Stunde würde es sicherlich funktionie­ren. Zeit hatten wir genug. Der Anzug war reserviert und wir stürzten uns erneut in das Gewimmel.

„Ich habe Hunger.“ Dieser Hilferuf von Ellen erfor­derte sofortiges Handeln. Wir standen gerade vor ei­nem italienischen Restaurant. Die Leuchtbuchstaben zeigten „Santa y Margarita.“ Was immer das heißen mochte, wir gingen rein. Der Laden war leer. Gutes oder schlechtes Zeichen? Egal, Ellen hatte Hunger, oder?

Es war für New York einfach zu früh. Hier begann das Leben anscheinend erst um 23 Uhr. Mindestens in den Restaurants.

Ein italienisches Restaurant sollte das Hungerpro­blem meiner Gattin lösen. Wir waren die ersten Gäste. Als der Ober die Menü-Karten brachte, fragte er, ob wir besondere Musikwünsche hätten. Er würde jede gewünschte Arie für uns singen. Candid Camera?

Ellen wünschte sich Che gelida manina von Puccini und zu unserer Überraschung fing der Ober an zu sin­gen. Er hatte eine herrliche Stimme und erzählte uns, er würde gerade Musik studieren. Das Restaurant füll­te sich schnell, und man hörte überall die singenden Kellner. Zwischendurch ging ich zur Boutique, musste aber erfahren, dass die Abbuchung noch nicht erfolgt sei.

Zurück im Restaurant fingen alle Gäste an zu ap­plaudieren. Meinetwegen? Die Metropolitan Opera hatte ihr Programm beendet und die Stars des Abends waren im Lokal erschienen. Das war wirklich günstiger als ein Opern-Abo: tolles Essen und herrliche Musik!

Gegen Mitternacht konnte ich den Anzug endlich abholen, und wir führen zurück in unser Hotel.

Das Traumsteak im Gallaghers

New York ohne Besuch eines der legendären Steak­häuser war nicht drin. Ich hörte vom Gallaghers und reservierte einen Tisch.

Der Eingang wurde von Schaufenstern mit Rinder­hälften eingerahmt. Der Laden war riesengroß. Lautes Stimmengewirr, Bilder von prominenten Besuchern an den Wänden. Wir wurden zu unserem Tisch geführt. Ein Ober erschien und fragte nach unseren Wünschen. Er nahm die acht unterschiedlichen Bestellungen auf, ohne sich Notizen zu machen.“ Sind Sie sicher, dass wir genau die bestellten Gerichte auch geliefert kriegen?“ Er lachte: „Wenn Sie zwanzig Jahre hier arbeiten, brauchen Sie keine Notizen.“

Er hatte recht. Alles war perfekt. Rare, Medium, Well done wie geordert. Ab sofort wurde jedes Steak mit dem Pendant vom Gallaghers verglichen, und ver­lor nach Punkten.

Gerettet, Ulm musste ohne mich aus­kommen

Als der erlösende Anruf von Jochen den „Zwangs­urlaub“ beendete, buchte ich den Rückflug nach Ham­burg. Beim Einchecken wurde ich gefragt, ob ich bereit sei, meinen geplanten Flug über London umzubuchen. Pan Am hatte offensichtlich einen wichtigen Passagier für London. Mir war es egal, Hauptsache zurück nach Hamburg. Die neue Zwischenlandung in Amsterdam würde die Ankunft nur um eine Stunde verzögern. Als Dankeschön wurde mir der Rückflug gutgeschrieben.

Erkenntnis:Sei großzügig und Du wirst belohnt (manchmal)

Hinter den Kulissen

Die Geschichte meiner Rettung vor der drohenden Versetzung war ein Musterbeispiel der Handhabung von unangenehmen Situationen. Die hohe Kunst der Strippenzieherei wurde zelebriert. Nach meinem An­ruf aus Stuttgart besprach Jochen die Angelegenheit mit Hugo Eisele dem zuständigen GS-Leiter.

Ein Plan wurde entwickelt. Beide weihten Dr. H. von der DAK ein. Der „lieferte“ ein Schreiben an die IBM mit dem Hinweis auf eine Installationsunterbre­chung im Falle meiner Versetzung nach Ulm. Dieses Schreiben wurde nun von der Geschäftsstelle an den obersten Vertriebschef der IBM Herrn Michel geleitet. Dieser schrieb an den BTX-Verantwortlichen Herrn Dorn und wies auf die Konsequenzen hin.

Dorn musste einen Rückzieher machen und ich war gerettet.

Wie sagte schon Machiavelli:Die beste Methode, um Informationen zu bekom­men, ist die, selbst welche zu geben.

Wollen Sie bei mir in Paris arbeiten?

Bei einem Besuch der Geschäftsstelle traf ich Herrn Langwagen. Er war vor Jahren nach Paris ins Haupt­quartier der IBM gegangen. Wir tranken einen Kaffee in der Cafeteria und er erzählte von seiner Tätigkeit in Paris. Als er fragte, ob ich mir einen Wechsel nach Paris vorstellen könne, sagte ich spontan zu.

Die Büros in Paris würden in einigen Monaten be­zugsfertig sein und ich sollte mein Management über meine Pläne informieren.

Das tat ich umgehend. Ich konnte kaum erwarten, Ellen die Neuigkeiten mitzuteilen. Paris war ihre Lieb­lingsstadt. Während ihrer Zeit in der Modebranche war sie mehrmals dort gewesen.

Als ich ihr von meinem Plan erzählte, war sie Feuer und Flamme. Alles wurde nun auf den großen Tag aus­gerichtet. Neues Auto? Kein Bedarf. Geplante Umbau­ten in der Wohnung? Gestrichen!

Ellen rief ihre Freundin Christina in Paris an und teilte ihr unseren baldigen Umzug mit. Das Telefon glühte geradezu.

 

Das böse Erwachen

Das böse Erwachen

Ich arbeitete weiterhin im DAK-Projekt. Alle waren über meine Pläne informiert. Eines Tages fuhr ich in die City-Nord. Im Empfang traf ich Herrn Langwagen. „Ich bin sehr enttäuscht von Ihrem Chef zu hören, Sie hätten sich entschlossen lieber in Hamburg zu bleiben. Warum haben Sie mich nicht angerufen?“

Ich hörte zwar die Worte, konnte aber nicht glau­ben, was da gesagt wurde. Als er mir sagte, er hätte einen Termin mit meinem Chef, ging ich gleich mit ihm. Die Angelegenheit musste umgehend geklärt werden.

Erich Z. schaute sehr überrascht, als ich mit Lang­wagen sein Zimmer betrat. „Hallo Herr Jäger, können wir uns später treffen, ich habe einen wichtigen Termin mit Herrn Langwagen.“

„Gerade deshalb möchte ich vorher einiges klären. Haben Sie Herrn Langwagen mitgeteilt, ich würde lie­ber in Hamburg bleiben?“

„Nein, das muss ein Missverständnis sein, ich habe lediglich gesagt, Sie würden sich sehr erfolgreich am Projekt beteiligen.“

Erkenntnis:

Wortspielereien bevorzugte ich nur im Privatleben

Ich griff zur Brieftasche, nahm ein zusammengefal­tetes A4-Blatt und bat um einen Kugelschreiber. Ver­dutzt reichte er mir seinen Lamy. Ich entfaltete das Blatt, trug das Datum ein und unterschrieb schwung­voll.

„Hier ist meine Kündigung, wünsche noch ein er­folgreiches Meeting“

Man hört häufig den Satz von den entgleisenden Gesichtszügen, hier war der Beweis!

Ich meldete mich telefonisch beim Projekt ab und fuhr heim. Dort angekommen klingelte das Telefon pausenlos, wurde aber gnadenlos ignoriert.

 

Menschen in meinem Leben

Freunde und Ex-Kollegen

Jochen Körner

EX-IBM Manager. Habe viel von ihm gelernt. Jochen war der Projektleiter der IBM bei der DAK. Ich habe selten einen Menschen mit so viel Energie und Durch­setzungsvermögen getroffen. Sein Führungsstil hat mich geprägt. Während der Zeit mit ihm lernte ich, dass man auch mit wenig Schlaf auskommen kann.

Martin Ellert R.I.P.

Habe Martin bei der DAK kennengelernt. Nach einem Urlaub in Finnland wollten wir mit unseren Frauen es­sen gehen. Ich rief ihn nach der Rückkehr an. Martin versprach, nach Feierabend bei uns anzurufen. Gegen 20 Uhr klingelte das Telefon. Seine Frau Manuela er­zählte uns, dass Martin im Wartezimmer eines Tierarz­tes durch einen Hirnschlag gestorben sei. Manuela war sehr gefasst. Im Urlaub hätte Martin das Lied „Knocking on heavens door“ gehört und gesagt: Das Lied soll auf meiner Beerdigung gespielt werden. Hat­te er eine Vorahnung?

 

Peter Harries R.I.P.

Ex-IBM und später Gesellschafter der ISC. Peter war die stets gut gelaunte Sportskanone. Ich saß eines Abends in meinem Büro bei der DAK, als er plötzlich hereinschneite. „Bin gerade vorbeigefahren und habe das Licht in Deinem Büro gesehen. Typisch Du, voller Aschenbecher, Kaffeekanne und kein Ende finden. Kennst Du einen Urologen?“ Peter, ich pinkele immer geradeaus, schau ins Branchenbuch.“ Der Ton war wie gewohnt kollegial, oder?

Am nächsten Tag erhielt ich einen Anruf. Peter war in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Verdacht auf Hodenkrebs. Ich fuhr sofort los, um ihn zu besuchen. Als ich sein Zimmer gefunden hatte, kam ein Arzt her­aus. „Hallo, sind Sie ein Verwandter von Herrn Har­ries?“ Ich erklärte unsere Beziehung und fragte: „Was ist mit Peter los?

Der Arzt war anscheinend ziemlich verwirrt. „Ich woll­te mit Herrn Harries über die Operation und weitere Behandlung sprechen. Ich kam gar nicht dazu. Er führ­te einfach ein Interview mit mir. Wie es mir ginge, ob ich nicht überarbeitet sei usw. Als ich ihn fragte, warum er diese Fragen stellte, erklärte er, er wüsste gerne in welche Hände er sich begibt. Typisch mein Freund Peter!
Nach mehreren Chemotherapien versuchte er wieder zu arbeiten. Er war noch zu schwach und schaffte sel­ten mehr als zwei Stunden. Ich sprach mit meinen Mit­gesellschaftern über die Reaktivierung des Arbeitsver­hältnisses, um Peter wieder das volle Gehalt zu zahlen. Entgeistert hörte ich den Kommentar von Peter A.: „Wenn Du das aus Deiner eigenen Tasche zahlst, ist mir das egal. Er ist nicht arbeitsfähig und es geht auch um mein Geld.“ Diese Bemerkung war der Beginn mei­ner Überlegungen die ISC zu verlassen.

Heiko Sven Hausemann R.I.P.

Ich wollte Ellen vom Studio Hamburg abholen. Sie ar­beitete als Produktions-Sekretärin für die Ullstein AV. Als ich die Tür zu den Büroräumen öffnete, war der Flur menschenleer. In den hinteren Räumen wurde lautstark „diskutiert. Ein Mann kam aus dem ersten Büro und fragte, ob er mir helfen könne. „Ich suche meine Frau Ellen Jäger.“ „Da nehmen Sie besser Platz bei mir. Wie man hören kann, mischt Ellen gerade das Team auf. Das dauert länger.“ So lernte ich Sven ken­nen. Er war Redakteur bei der Ullstein AV. Wir unter­hielten uns sehr angeregt. Sven schrieb gerade ein Buch über Percussions. Es wurde allmählich leiser auf dem Flur und ich verabschiedete mich.
Aus diesem ersten Treffen entwickelte sich eine lange Freundschaft. Ich habe einmal über den Begriff Freundschaft nachgedacht und musste feststellen, es gab nur einen der 100 % in diese Kategorie passte. Wir konnten über alles reden. Ein Satz bleibt für immer im Gedächtnis: Du bist nicht Harun al Raschid, lerne zu zuhören! Es bezog sich auf meine leidigen Versuche, ein guter Mensch mit stets offener Brieftasche zu sein.

Hugo Eisele

EX-IBM Manager. Ich habe selten in meinem Leben einen Menschen getroffen, der diese Bezeichnung so verdient hat.

Klaus Beyer

IBM-Vertrieb. Habe mit ihm lange beim DAK-Projekt zusammengearbeitet.

Klaus-Dieter Graf

EX-DAK, Ex-Kieler Landesbank, EX-Hertie und noch mehr. Der Begriff „Arbeitstier“ ist sicherlich eine passende Bezeichnung für ihn. Wir haben Nächte durchgearbei­tet, diskutiert und gefeiert.

Charlotte Meyer

EX-DAK, Leiterin der Systemprogrammierung

Albert Pee

EX-IBM, der Weinkenner. Werde die Tage in Hamburg bei der DAK nie vergessen.

Rüdiger Otte

Ex-IBM, brachte mir bei immer einige Ordner im Arm zu halten. Machte einen beschäftigten Eindruck

Erich Zink

IBM RZ-Leiter Hamburg. Habe viel von ihm gelernt.

Carl-Heinz Müller

EX-IBM, der Skipper vieler gemeinsamer Se­geltörns. Kalle ist ein begnadeter Koch. Nach jedem gemeinsamen Törn musste ich fasten.

Bernd Puschendorf          

EX-IBM, zeigte schon sehr früh, dass sein Weg ihn an die Spitze führen werde. Hat mehrere Vorstandsposten in diversen Unternehmen durchlaufen. Wir haben viele schöne Stunden mit ihm und seiner Frau Karin verbracht.

Personen die im Buch erwähnt werden

Ralf Pritschmann (Bundeswehr) : Es gibt Menschen die man nie vergisst. Ralf war ein wahres Sprachgenie. Er brauchte nur wenige Wochen um eine neue Sprache zu beherrschen. Dieses Talent gepaart mit technischem Können und viel Humor machte ihn einzigartig.

Dieter (Conny) Konrads Bundeswehr) ; Unser Impresario. Wir wurden später Arbeitskollegen bei der IBM

Wolf Schinn : Ich traf Wolf während der Zeit bei der DAA.

Vadim Glowna R.I.P. : Regisseur und Schauspieler. Er hat mehrere Filme mit Ellen zusammengearbeitet. Wir hatten viele schöne Ge­spräche.

Joe Sierra (Chief der Tigua Indianer, Texas)

Mike Dippolito El Paso : Hotelbesitzer Plaza Hotel. Hat viele Wege geöffnet

Stephen und Jane Lawrence : Ein englisches Ehepaar welches wir in Spanien ken­nengelernt hatten. Wir haben viele schöne Tage mit ih­nen erlebt

Nora Chavoosian: Art-Director

Dieter Flimm: Filmarchitekt

Zed Zavidis: EX-Chef der IRC in England.

Lee Dicke: Gründer der IRC. Habe viel von ihm gelernt.

Jon Wolfe: Systemberater der IRC. Leidenschaftlicher Rennfahrer    

Das Leben ging natürlich weiter und wird in Band 2 fortgeführt

 

 

 


Band2

Band 2

Bevor ich alles vergesse

Viele Entscheidungen und Fehlentscheidungen wurden getroffen und beeinflussten das Leben. Ein „was wäre geschehen wenn....?“ ist jedoch überflüssig. Was geschah lässt sich nicht mehr korrigieren und das ist auch gut so. Aus Fehlern lernt man und aus Schaden wird man klug. Hätte ich mich in manchen Dingen anders entschieden, dann hätte mein Leben einen anderen Lauf genommen

Doch wäre das gut?

Es erwartet Sie die Fortsetzung meiner Erinnerungen. Nach der Kündigung bei der IBM begann ein wahrhaft turbulentes Leben. Es gab Erfolge und selbst verschuldete Tiefschläge.  Dennoch möchte ich keinen Tag vermissen.

Vielleicht können Sie aus der einen oder anderen Erfahrung aus meinem Leben profitieren?!

Ich habe viele Erinnerungen an Menschen, Orte und Ereignisse niedergeschrieben und daraus dieses Buch erstellt. Es soll mir helfen mich selbst zu entdecken und zu verstehen.

Kommen Sie mit auf den zweiten Teil meiner Reise!

 

Die ungewisse Zukunft

Die Kündigung bei der IBM ohne Sicherheitsnetz war eine mir bisher unbekannte Erfahrung. Ich hatte emotionale Reaktionen eigentlich immer im Griff. Die Enttäuschung über die ge­platzte Versetzung nach Paris war wohl zu groß. Ich hatte mich total darauf konzentriert.

Erkenntnis:

immer eine Nacht drüber schlafen ist vielleicht gar nicht so schlecht

Ich fuhr zurück zur DAK. Dort ging ich sofort zu dem IBM-Projektleiter Jochen Körner und berichtete ihm von meiner Spontanreaktion. Er hörte sich die meine Gründe an und empfahl mir einen Termin bei Dr. H. zu machen.

Ich bat also um einen Termin bei ihm und wurde sofort empfangen. Als er die Geschichte angehört hatte, bot er mir einen Beratervertrag an. Ich sollte unbedingt im Projekt blei­ben. „Fahren Sie erst mal heim und reden mit Ihrer Frau, wir sehen uns morgen“

Nun war die Welt nicht mehr ganz so grau.

Ellen war über die Neuigkeiten anfangs nicht gerade erfreut, akzeptierte meine Ent­scheidung  aber. Auch sie hatte sich über die Aussicht in ihrer Lieblingsstadt Paris zu le­ben innerlich vorbereitet. Und  alle Job-Angebote in Deutschland  zunächst auf Eis ge­legt.

Meinem Naturell entsprechend schlief ich trotz aller offenen Fragen gut. Man sagte ja nicht umsonst: „ Pessimisten stehen im Regen. Optimisten duschen unter den Wolken.“

Wie soll es weitergehen?

Am nächsten Tag sagte ich Dr. H., das ich sein Angebot annehmen würde. Die Stundensätze der IBM würden weiterhin Basis des Vertrages sein. In meinem Büro angekommen rief der IBM-Geschäftsstellenleiter an und bat um ein Gespräch außer­halb der DAK. Wir verabredeten uns zu einem Mittagessen in einem Steakhaus. Er hör­te sich erst meine Argumente an, machte mir ein Angebot (Beförderung usw.) und sagte offen, dass meine weitere Tätigkeit im Projekt die höchste Priorität hätte. Er würde meine Entscheidung akzeptieren, wie immer sie aussehen würde.

Fazit:

ein neuer Lebensabschnitt als Freelancer

Die Vorbereitung auf das Neue...

Gut das Ellen die administrativen Aufgaben übernehmen konnte. Im Projektgeschäft beherrschte ich diese Disziplin zwar, bei eigenen Angelegenheiten bevorzugte ich die spanische Lebensart: mañana, mañana.

Ein Gespräch mit unserem Steuerberater brachte weitere wertvolle Hinweise. Monat­liche Umsätze von über 30.000 DM sollten nicht nur an den Fiskus fließen.  Die Grün­dung einer GmbH wurde also unter diesen Aspekten angedacht.

Wir wohnten damals in Großhansdorf und einigten uns mit dem Vermieter  den Miet­vertrag des Hauses in zwei separate Mietverträge umzuwandeln.

Das Obergeschoss wurde nun Sitz der künftigen Firma. Der Vorschlag des Steuerbe­raters eine GmbH zu gründen wurde zügig umgesetzt und es ging daran einen mög­lichst prägnanten Firmennamen zu finden. „I“ wie International war die Ausgangsbasis. International klang einfach gut und konnte für spätere, mögliche Expansion genutzt wer­den. Das Hauptbetätigungsfeld des Unternehmens sollte die Beratung im Bereich Systems Ma­nagement sein. So wurde also die I(nternationl) S(ystems)C(onsulting) GmbH gegründet.

Erkenntnis:

Zu enge Schuhe drücken und lassen große Schritte nicht zu, oder?

Nach Erledigung der Formalitäten begann das Alltagsleben. Ellen arbeitete weiter für unterschiedliche Filmproduzenten und ich ging meinen Aufgaben bei der DAK nach.

Einmal im Monat wurden die geleisteten Beratungsstunden abgerechnet, die Rech­nung verschickt und alle gesammelten Belege zum Steuerberater gebracht.

Die Ablauforganisation des jungen Unternehmens war optimal, Die Aufbauorganisati­on ebenso. Ellen = Administration, ich = Umsatz und Marketing.

Es lief wie geschmiert, oder?

Die ersten Monate waren ausgefüllt mit  Projektarbeiten. Ich hatte zusätzlich die Auf­gabe übernommen den künftigen RZ-Leiter einzuarbeiten. Überstunden kannte ich aus der IBM-Zeit und sie hatten mich nicht gestört. Ich „liebte“ meine Tätigkeit und nun „zahlten“ die Stunden sich auch noch aus.

Ich  pflegte trotz des langfristigen DAK-Vertrages weiterhin Kontakte mit früheren Kunden und Unternehmen aus meiner IBM-Zeit. Beförderungen, Geburtstage, Jubiläen waren Anlässe für Telefonate und Besuche. Bald ergaben sich Anfragen nach Beratungsleistungen. Nun war es Zeit aus einem 1-Personen Unternehmen eine „richtige“ Unternehmensberatung zu machen.

Bei einem Treffen mit EX-Kollegen stellte sich heraus, dass sie an einem Wechsel zur ISC interessiert waren. Das Portfolio von Kundenanfragen und das Volumen der mögli­chen Beratungsverträge führten zu einer Erweiterung der „jungen Firma“.

Peter Harries und Peter A. wurden für das Consulting im Bereich Systems Management und Michael Scott (Ex-MBB) für Systemtechnik übernommen.

Wir hatten jeweils am Freitagnachmittag ein Meeting in Großhansdorf vereinbart. Je­der berichtete aus seinem Bereich und schon wenige Wochen später wurden weitere Mitarbeiter eingestellt.

Es war eine ungewöhnliche Firmenkultur, es gab keine festen Arbeitsplätze sondern nur ein verbindliches Berichtswesen

Erkenntnis:

Verwaltung so schlank wie möglich ist ideal

Der erste Fehler und Lehrstunde über Unternehmertum

Unser Vermieter interessierte sich sehr für unser Geschäft. Er fand das Geschäftsmodell und das offensichtliche Wachstum faszinierend. Bei mehreren gemeinsamen Es­sen fragte er nach meinen Plänen und dem Entwicklungspotential. Ich produzierte ein Excel-Modell mit unterschiedlichen Parametern. Die als Muster gedachten Auswertun­gen verursachten eine wahre Euphoriewelle bei ihm  Ich wusste damals nicht womit er sein Geld verdient, denn er hatte keine erkennbaren Tätigkeiten.

Er lud uns in sein Haus in Florida ein. Ein Prachtbau mit Pool, Bootsanleger, Motor­boot und viel Platz. Wir machten viele Ausflüge und genossen das Leben. Nun erfuhr ich auch mehr über Edmund.A.H. und seine Geschäftstätigkeiten.  Während des Stu­diums hatte er eine Konzession für die Belieferung der Gefängnisläden. Das Geschäft florierte und er erweiterte den Radius bis Schleswig-Holstein. 

Später handelte er mit Immobilien in Florida. Gutbetuchte Klienten erwarben Anteile an Einkaufszentren oder kauften Villen.  Das Geschäft schien zu florieren.

Er hätte eine Reihe von Investoren, die für eine Beteiligung an unserem Unterneh­men gerne 500.000 € investieren würden. Wir könnten das Geschäftsvolumen durch neue Mit­arbeiter wesentlich erweitern. Klang geradezu verlockend. Ich versprach darüber mit meinen Gesellschaftern zu reden.

Wir haben dann nicht mehr über dieses Thema gesprochen. Eines Tages fuhr ein Mercedes S-Klasse vor mit einem deutschen Nummernschild (OD). Es war ein Bekannter von Edmund A.H.

So lernten wir Ed Medley und seine Frau kennen. Ein äußerst sympathisches Paar.. Als ich Ed nach seinem Beruf fragte lernte ich einen neuen Begriff: Entrepreneur . Er er­zählte lachend seinen Werdegang. Als Student tourte er als Rucksacktourist durch Ka­nada. Vor einem Kaufhaus sah er ein Kinderspielzeug. Einen Hubschrauber, der nach Einwurf einer Münze sich bewegte. Eine ganze Kinderschar wartete geduldig auf ihren Flug. So etwas hatte Ed in Amerika noch nicht gesehen.

Er ging zu der Betreiberfirma und fragte nach einer Lizenz für die USA. „Stell Dir vor, da kommt ein junger Bursche mit einem Rucksack und will eine Lizenz für die USA. Sie haben gelacht und mir die Lizenz erteilt

„Ich bin sofort zurück und habe die ersten Geräte in einem großen Einkaufzentrum aufgestellt. Weitere Zentren folgten in kurzer Zeit.. Das Geschäft brummte geradezu.“

Nach zwei Jahren verkaufte Ed Medley seine Firma mit großem Gewinn. „Wenn die Verwal­tung der Firma Dich „verschlingt“ suche einen Käufer und mach Urlaub“

Er lachte und fuhr fort mit der unglaublichen Geschichte. Nachdem er die Urlaubszeit beendet hatte stieg er in das Immobiliengeschäft ein. Er kaufte ein großes Hanggrund­stück in Florida.

„Wir Amerikaner sind schon ein seltsames Volk. Wir müssen immer etwas sehen be­vor wir uns entscheiden etwas zu investieren. Ich ließ also Straßen bauen und  ein Mus­terhaus. In dieses Haus zog eine nette Familie ein. Natürlich mit netten Kindern. Rasen wurde gelegt, Bäume gepflanzt und meine Musterfamilie hatte nur eine Aufgabe: poten­tiellen Nachbarn zu zeigen wie schön man hier lebt“

„Wir verkauften einen großen Teil der Grundstücke in kürzester Zeit und die ersten Häuser wurden gebaut. Ich entschloss mit meiner Frau einen sechsmonatigen Europa­trip zu unternehmen. Nach vier Wochen rief mein Geschäftsführer an und berichtete von einem Malheur: der Straßenbelag färbte sich rosa und die Bremsspuren der Autos würden sicherlich bald das Idyll verunstalten.“

„Ich flog sofort zurück und wir berieten die Situation. Da kam mir eine gute Idee. Wir stellten riesige Reklametafeln mit der Aufschrift: Leben auf Pink Hill , an die Hauptstra­ßen. Innerhalb von vier Wochen war alles verkauft und wir flogen zurück nach Paris. Ein schönes Gefühl diese ersten Millionen, oder?“

Ed  lud uns ein zu einer Bootsfahrt. Als wir in der Marina ankamen führte er uns zu ei­ner riesigen Motoryacht (fast 30 Meter!). Nach einer Führung durch den schwimmen­den Palast legten wir ab und fuhren zur Schiffstankstelle. Ich traute meinen Augen nicht: 7500,00 $ !!!!

Weiter ging es durch den Kanal Richtung See. Die Damen hatten sich in den Salon zurückgezogen und ich stand bei Ed im imposanten Kommandostand.

„Die Yacht habe ich beim Ausstieg bei Hatteras als Abschiedsgeschenk erhalten“. „Hatteras?“. „Der größte Yachtbauer in den USA. Sie standen wegen der Ölkrise unter Chapter 11 und ich bin eingestiegen, da ich ahnte, dass nach der Krise eine gewaltige Nachfrage kommen würde. Ich hatte Recht!“

„Nach zwei Jahren habe ich meine Anteile mit großem Gewinn verkauft und erst mal Urlaub gemacht“. Die Yacht war ein Geschenk der neuen Eigentümer.

Erkenntnis:

Urlaub schien der Schlüssel zum Erfolg zu sein!

Wir genossen unsere Drinks und schipperten gemächlich durch das blaue Wasser. „Wo fahren wir eigentlich hin, Ed?“. „Richtung Bahamas, habe dort ein Haus. Wir setzen uns zusammen und überlegen uns neue Geschäfte. Willkommen Partner“

Mir fiel die Kinnlade runter. „Ich muss nächste Woche nach Deutschland zurück. Wir haben neue Projekte und müssen einige wichtige Entscheidungen treffen“

„Schade, wir wären ein gutes Team geworden

Sein Angebot war verwirrend. Wir hatten uns gerade kennengelernt und dann so et­was! 

Mir fiel eine merkwürdige Geschichte aus der Vorwoche ein. Wir hatten beim Essen ein amerikanisches Ehepaar kennengelernt und wurden zu einer Party eingeladen. Mit deutscher Pünktlichkeit standen wir am nächsten Tag um 16.00 Uhr vor der Tür einer prachtvollen Villa. Der Hausherr öffnete, schaute auf seine Uhr und bat uns herein.

Erkenntnis:

Pünktlich scheint in anderen Ländern eine Untugend zu sein.


Hallo, herzlich willkommen. Gwen ist noch im Badezimmer. Wie wäre es mit einen Drink?.  Gute Idee, schließlich hatten wir Urlaub und die etwas peinliche Situation ließ sich so etwas entspannen. Das Wohnzimmer war riesig. Unser Gastgeber zeigte auf ein Gemälde: „Habe ich gerade bei einer Auktion ersteigert. Gefällt es Euch?“

Ellen erwiderte: „Es hängt dort ungünstig. Ich würde es über die Kommode zwischen die Fenster hängen. Dort wären die Lichtverhältnisse wesentlich besser“ Die beiden fin­gen umgehend mit der Umdekoration an.

Allmählich trudelten andere Gäste ein und ich hörte erstaunt wie wir vorgestellt wur­den. “Das sind Heiner und Ellen aus Deutschland. Ellen ist meine neue Innenarchitektin“ Wollte er uns auf den Arm nehmen?

Als ich Richard direkt fragte warum er uns so seinen anderen Gästen vorgestellt hätte antwortete er lächelnd: „Deine Frau hat ein sehr guten Geschmack. Das ist hier sehr sel­ten. Meine „reichen Freunde“ ahmen sehr gerne nach. Viele werden noch heute versu­chen mit Ellen Verträge zu machen“

Ich traute meinen Ohren nicht. „Was soll ich denn machen?“. „Ellen braucht un­bedingt einen Manager. Du wirst viel um die Ohren haben, glaube mir“

Ich schaute mich vorsichtig um. „Vorsicht Kamera?“ Was lief hier ab?

Später begriff ich den Unterschied bei unseren  Mentalitäten.

 

  • Deutschland:
    -konservativ
    -übervorsichtig
    -auf Sicherheit bedacht
    -der Staat regelt alles
    -Mobilität vermeiden

  • USA:
    - wo gibt es gute Verdienstmöglichkeiten
    - wie kann ich etwas mit Gewinn verkaufen odergünstig kaufen
    - es gibt keine Grenzen
    - der Staat soll mich in Ruhe lassen

Ich hatte schon während der IBM-Zeit schon das Angebot als Produktionsleiter für Filmfirmen zu arbeiten abgelehnt. Mir fehlte  einfach der Mut etwas Neues zu begin­nen und das ohne Netz und doppelten Boden.
Erkenntnis:

 wer zu lange zögert verpasst den Sprung zu neuen Ufern

Florida ade

Wir flogen zurück in das kühle Hamburg. In der Firma lief alles zufriedenstellend. El­len erledigte den Schreibkram und ich nahm meine Projekttätigkeiten wieder auf.

Unser Vermieter nutzte die Gelegenheit nochmal die Beteiligung seiner potenten In­vestoren anzusprechen. Ich besprach die Angelegenheit mit meinen Partnern. Als sie den Betrag hörten waren sie begeistert.

Erkenntnis:

 Begeisterung scheint das Hirn zu lähmen

 

 

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Hörbuch

Über den Autor

Fogomains
Nach vielen Fragen neugieriger Familienmitglieder habe ich angefangen Erinnerungen an Ereignisse, Menschen, Orte und Erkenntnisse niederzuschreiben. Da ich bisher Textverarbeitung lediglich für Briefe genutzt habe leide ich unter dem stressigen Formatieraufwand :-(. Ursprünglich hatte ich vor ein E-Book zu erstellen: zu aufwendig! Schön wäre ein Co-Autor/in, oder Lektorat. Fast 400 Seiten habe ich z.Z für 1942-1986. !987-2013 ist in Arbeit....

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monalisa592107 fesselnd
Vor langer Zeit - Antworten
Ephraim Ein sehr schönes Werk auch wenn ich noch einige - ungelesene Seiten habe gefällt mir schon jetzt was ich lese!

Also diese Knoblauchzehe hatte sich gelohnt :-)
da bin ich ja noch gut bei weggekommen ich wurde fürs Haare kämmen belohnt :-)

Malagawein dafür gibts 5 Sterne *lach*

Ich werde auf alle Fälle die fehlenden Seiten nacharbeiten

Einen schönen Freitag

Ephraim

Vor langer Zeit - Antworten
Fogomains Re: -
Zitat: (Original von Brigitte am 08.05.2013 - 09:51 Uhr) Ich habe jetzt doch noch weiter gelesen. Das Kapitel über den Club Mediterranee hast Du glaube ich 2 mal reingesetzt. Guck mal etwa ab Seite 250 rum. Genau weiss ich es nicht mehr. Nur ein kleiner Tip. Ansonsten wirklich sehr spannend geschrieben. Liebe Grüße Brigitte

Hallo Brigitte, Danke für den Hinweis.
LG
Vor langer Zeit - Antworten
Brigitte Kommentar vom Buch-Autor gelöscht.
Vor langer Zeit - Antworten
Fogomains Re: -
Zitat: (Original von Brigitte am 07.05.2013 - 22:01 Uhr) Oh je, Du hast es wirklich abgeändert. Da finde ich jetzt nicht mehr den Anschluß . Ich hatte ja die Hälfte schon gelesen . Schade! Aber den ganzen Lebenslauf am Pc noch einmal von vorn zu lesen ist mir einfach zu zeitaufwendig. Wie ich sehe 492 Seiten o jeh ! Ich wünsche Dir viel Erfolg weiterhin Liebe Grüße Brigitte

Hallo Brigitte, tut mir leid. Habe versucht ein neues Buch zu erstellen, um das Ganze aufzuteilen. Hat nicht funktioniert.
LG
Vor langer Zeit - Antworten
Brigitte Oh je, Du hast es wirklich abgeändert. Da finde ich jetzt nicht mehr den Anschluß . Ich hatte ja die Hälfte schon gelesen . Schade! Aber den ganzen Lebenslauf am Pc noch einmal von vorn zu lesen ist mir einfach zu zeitaufwendig. Wie ich sehe 492 Seiten o jeh ! Ich wünsche Dir viel Erfolg weiterhin Liebe Grüße Brigitte
Vor langer Zeit - Antworten
Fogomains Re: Re: Re: -
Zitat: (Original von Brigitte am 04.05.2013 - 18:18 Uhr) o nein lieber Heiner, das habe ich nicht gemeint, daß Du neu anfangen sollst. Lass um Himmelswillen alles so wie es ist. Es ist perfekt. Weißt Du , es gibt immer jemanden , der glaubt alles besser zu wissen. Ich denke, so wie Du es geschrieben hast, ist es für jeden verständlich. Ein Leben ist ja so lang, daß Du nicht jedes kleine Ereignis erklären kannst. Mir jedenfalls gefällt es und anderen auch, wie Du auch von Enya gehört hast. Liebe Grüße Brigitte

Hallo Brigitte, ich werde die restlichen Seiten weiter hier ergänzen. Weitere 150 warten noch :-) Victoria hat ja nicht kritisiert, sondern gute Anregungen gegeben. Ich habe genügend Material um eine weitere Version zu entwickeln und dann scheibchenweise zu veröffentlichen.
LG Heiner
Vor langer Zeit - Antworten
Brigitte Re: Re: - o nein lieber Heiner, das habe ich nicht gemeint, daß Du neu anfangen sollst. Lass um Himmelswillen alles so wie es ist. Es ist perfekt. Weißt Du , es gibt immer jemanden , der glaubt alles besser zu wissen. Ich denke, so wie Du es geschrieben hast, ist es für jeden verständlich. Ein Leben ist ja so lang, daß Du nicht jedes kleine Ereignis erklären kannst. Mir jedenfalls gefällt es und anderen auch, wie Du auch von Enya gehört hast. Liebe Grüße Brigitte
Vor langer Zeit - Antworten
VictoriaS Re: Re: Re: Re: Re: Re: Re: Re: Ich... -
Zitat: (Original von Fogomains am 04.05.2013 - 16:27 Uhr)
Zitat: (Original von VictoriaS am 04.05.2013 - 15:35 Uhr)
Zitat: (Original von Fogomains am 04.05.2013 - 15:27 Uhr)
Zitat: (Original von VictoriaS am 04.05.2013 - 15:20 Uhr)
Zitat: (Original von Fogomains am 04.05.2013 - 15:17 Uhr)
Zitat: (Original von VictoriaS am 04.05.2013 - 15:10 Uhr)
Zitat: (Original von Fogomains am 04.05.2013 - 15:06 Uhr)
Zitat: (Original von VictoriaS am 04.05.2013 - 15:01 Uhr) ...mach auch mal zwischendrin Pause.

Du führst kurz in die Geschichte und ohne Ellen und Dich zu kennen folgt man und folgt man... . Dies ist auch das Kreuz, aus meiner Sicht. Du gibst den Lesern aus meiner Sicht (und den wenige gelesenen Seiten) nicht die Chance, zu verschnaufen. Du beschreibst den Ablauf, gehetzt, chronologisch und der Leser hetzt hinterher.

Mach doch mal langsam zwischendrin. Beschreibe...beschreibe Deine Gefühle, ihr Zimmer, den Oberarzt....den Aschenbecher vor dem Krankenhaus ... . Nimm ein wenig das Tempo, dies würde aus meiner Sicht viel bringen.

LG V.

Du hast Recht. Ich war beim Stoffsammeln + habe mich verlaufen. Werde neu anfangen + den "Schinken" zurückziehen.
Danke für die Anregungen
LG
Heiner


Lieber Heiner,

nein, STOP, nicht zurückziehen. Ein kluger Mensch (der mir nahe ist) hat mir mal gesagt, dass es die gleiche Zeit braucht, ein Buch zu überarbeiten, wie es zu schreiben.

Ziehe es nicht zurück, sondern ziehe Deine Schlüsse aus den Kritiken und fange dann an, so DU es willst.

Ich bin auch nur einer von den Lesern, ein anderer findet es toll, uneingeschränkt.

LG V.

PS: "Schinken"....Du Blödel, also echt mal jetzt....;):)

:-) "Blödel" gefällt mir! Ich wollte anfangs eine Art Tagebuch schreiben. Ziel war Informationen für Familie + Freunde niederzuschreiben + Erkenntnisse über mich und mein Leben zu gewinnen. Es ist viel Material zusammengekommen. Ich werde also meinen Entwurf hier lassen + eine neue Version nebenbei erarbeiten. Deine Hinweise haben mich überzeugt. Merci
LG
Heiner


Hmm, Tagebuch ist ja gut. Man(n) könnte überlegen, einfach einen allwissenden Erzähler hinzu zu nehmen. Dieser erzählt alles von außen, schafft auch die Pausen und Bilder und Dein Tagebuch bleibt so erhalten, wie Du es geschrieben hast und wie es Dir wichtig war/ist.

LG V.

Gute Anregung. Die Stimme aus dem "off". Ich habe für Ellen mal ein Drehbuch auf diese Art geschrieben. Muss also den Anfang neugestalten. Uff
Draussen scheint die Sonne, meine Schwester hat herrlichen Apfelkuchen kreiert + ich sitze am Schreibtisch!
LG
Heiner aka "Blödel" :-)


Ach mano, der "Blödel" war doch nun wirklich ganz lieb gemeint (und nun schieb mal ein Stückchen von dem Apfelkuchen rüber...sicher mit Zimt bestreut...dieser Duft....eigentlich ein Weihnachtsduft, der beschwingt, Sehnsüchte weckt... :) )

Der "allwissende Erzähler" kann ja immer erscheinen, immer, wenn ein wenig "Luft" sein muss, auch zwischendrin. Er sieht z.B. das Zimmer, in dem sie liegt, bewegungslos. .... Die Sterilität des Zimmers hat sie übernommen. Völlig apathisch liegt sie da und nur das auf und ab ihrer Bettdecke gibt ein Zeichen, dass sie leben will.............

LG V.


Der "Blödel" gefällt mir einfach. Schliesslich wollte ich mich ja kennenlernen :-)
Der Apfelkuchen war ein Traum. Habe meiner Schwester versprochen die ganze nächste Woche die Mülltrennung und Rasenpflege zu übernehmen. Hoffentlich kann ich mir das merken! Stimme aus dem "off": "Glaub ich nicht, hehe".
Mache mich jetzt an die neue Version. Ohne Silbentrennung!
Das Leben könnte soooooo schön sein :-)
LG
Heiner aka ".............."


...ich bin gespannt....
Vor langer Zeit - Antworten
Fogomains Re: Re: Re: Re: Re: Re: Re: Ich... -
Zitat: (Original von VictoriaS am 04.05.2013 - 15:35 Uhr)
Zitat: (Original von Fogomains am 04.05.2013 - 15:27 Uhr)
Zitat: (Original von VictoriaS am 04.05.2013 - 15:20 Uhr)
Zitat: (Original von Fogomains am 04.05.2013 - 15:17 Uhr)
Zitat: (Original von VictoriaS am 04.05.2013 - 15:10 Uhr)
Zitat: (Original von Fogomains am 04.05.2013 - 15:06 Uhr)
Zitat: (Original von VictoriaS am 04.05.2013 - 15:01 Uhr) ...mach auch mal zwischendrin Pause.

Du führst kurz in die Geschichte und ohne Ellen und Dich zu kennen folgt man und folgt man... . Dies ist auch das Kreuz, aus meiner Sicht. Du gibst den Lesern aus meiner Sicht (und den wenige gelesenen Seiten) nicht die Chance, zu verschnaufen. Du beschreibst den Ablauf, gehetzt, chronologisch und der Leser hetzt hinterher.

Mach doch mal langsam zwischendrin. Beschreibe...beschreibe Deine Gefühle, ihr Zimmer, den Oberarzt....den Aschenbecher vor dem Krankenhaus ... . Nimm ein wenig das Tempo, dies würde aus meiner Sicht viel bringen.

LG V.

Du hast Recht. Ich war beim Stoffsammeln + habe mich verlaufen. Werde neu anfangen + den "Schinken" zurückziehen.
Danke für die Anregungen
LG
Heiner


Lieber Heiner,

nein, STOP, nicht zurückziehen. Ein kluger Mensch (der mir nahe ist) hat mir mal gesagt, dass es die gleiche Zeit braucht, ein Buch zu überarbeiten, wie es zu schreiben.

Ziehe es nicht zurück, sondern ziehe Deine Schlüsse aus den Kritiken und fange dann an, so DU es willst.

Ich bin auch nur einer von den Lesern, ein anderer findet es toll, uneingeschränkt.

LG V.

PS: "Schinken"....Du Blödel, also echt mal jetzt....;):)

:-) "Blödel" gefällt mir! Ich wollte anfangs eine Art Tagebuch schreiben. Ziel war Informationen für Familie + Freunde niederzuschreiben + Erkenntnisse über mich und mein Leben zu gewinnen. Es ist viel Material zusammengekommen. Ich werde also meinen Entwurf hier lassen + eine neue Version nebenbei erarbeiten. Deine Hinweise haben mich überzeugt. Merci
LG
Heiner


Hmm, Tagebuch ist ja gut. Man(n) könnte überlegen, einfach einen allwissenden Erzähler hinzu zu nehmen. Dieser erzählt alles von außen, schafft auch die Pausen und Bilder und Dein Tagebuch bleibt so erhalten, wie Du es geschrieben hast und wie es Dir wichtig war/ist.

LG V.

Gute Anregung. Die Stimme aus dem "off". Ich habe für Ellen mal ein Drehbuch auf diese Art geschrieben. Muss also den Anfang neugestalten. Uff
Draussen scheint die Sonne, meine Schwester hat herrlichen Apfelkuchen kreiert + ich sitze am Schreibtisch!
LG
Heiner aka "Blödel" :-)


Ach mano, der "Blödel" war doch nun wirklich ganz lieb gemeint (und nun schieb mal ein Stückchen von dem Apfelkuchen rüber...sicher mit Zimt bestreut...dieser Duft....eigentlich ein Weihnachtsduft, der beschwingt, Sehnsüchte weckt... :) )

Der "allwissende Erzähler" kann ja immer erscheinen, immer, wenn ein wenig "Luft" sein muss, auch zwischendrin. Er sieht z.B. das Zimmer, in dem sie liegt, bewegungslos. .... Die Sterilität des Zimmers hat sie übernommen. Völlig apathisch liegt sie da und nur das auf und ab ihrer Bettdecke gibt ein Zeichen, dass sie leben will.............

LG V.


Der "Blödel" gefällt mir einfach. Schliesslich wollte ich mich ja kennenlernen :-)
Der Apfelkuchen war ein Traum. Habe meiner Schwester versprochen die ganze nächste Woche die Mülltrennung und Rasenpflege zu übernehmen. Hoffentlich kann ich mir das merken! Stimme aus dem "off": "Glaub ich nicht, hehe".
Mache mich jetzt an die neue Version. Ohne Silbentrennung!
Das Leben könnte soooooo schön sein :-)
LG
Heiner aka ".............."
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