Eine Geschichte über ein Mädchen, welcher etwas ganz unfassbares geschieht...
In Kyles Zimmer angekommen durchsuchte ich erst einmal seinen grossen Schrank mit den ganzen Körben. Kyle stand grinsend im Türrahmen, hatte die Arme verschränkt. Im letzten Korb den ich durchsuchte waren jede Menge Pässe. Ich sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an, und Kyle zuckte mit den Schultern: "Ich kann nicht immer mit einem Pass vom 17. Jahrhundert herumlaufen." Ich schüttelte lachend den Kopf und fing an die Pässe zu durchsuchen. In manchen hiess er Kyle, in anderen Lucas, Dylan, Ethan, Samuel, James, Harry oder Jake. Der älteste war von 1774. Also war der es. Und er war am 14. Juni geboren. Ich schmunzelte, es war ein schönes Datum. Soweit ich wusste der französische Nationalfeiertag. Kyle trat hinter mich: "Und, wann werde ich 239 Jahre alt?"
Ich antwortete: "Am 14. Juni."
Kyle nickte: "Das könnte stimmen."
"Wie, das könnte stimmen."
"Na ich weiss es halt nicht mehr."
"Bitte. Es stimmt."
"Wenn du es sagst." Er seufzte und küsste mich. Gestört wurden wir wieder durch das Geräusch der Türe.
Ich seufzte, verdrehte die Augen und sagte im Herunterlaufen: "Sicher wieder Jamie." Als ich aufmachte war er es wirklich. Er packte mich ohne ein Wort am Arm und zog mich raus. Ich fragte: "Jamie, was machst du da?" Er lief einfach weiter, mit mir im Schlepptau ohne mir etwas zu sagen. Ich knurrte: "Lass mich los, Jamie." Er liess mich nicht los, zog mich einfach weiter in die Richtung seines Hauses. Mir war es genug und ich setzte mich einfach hin: "Sag mir was das soll, bitte Jamie." Er antwortete mir nicht, hob mich einfach hoch und trug mich weiter. Ich strampelte in seinen Armen herum, aber er ging einfach weiter. Ich liess es bleiben, es hatte sowieso keinen Sinn: "Ich verstehe nicht was das soll, Jamie. Rede doch mit mir."
Jamie schmetterte die Tür hinter sich zu und setzte mich ab: "Wie lange willst du das noch durchziehen?"
Ich runzelte die Stirn: "Was?"
"Wie lange willst du noch so tun als wärst du in ihn verliebt?"
"Ich bin es, Jamie."
"Bist du nicht."
"Woher willst du das denn wissen? Ich..."
"Du liebst ihn nicht. Das kann gar nicht sein. Du solltest mich lieben, mit mir alt werden."
"Ich kann nicht mit dir alt werden, Jamie."
"Und wieso nicht? Wir mögen doch beide das gleiche. Wir, wir sind seelenverwandt!"
Es schmerzte mich ihn so zu verletzen, aber ich konnte ihm nichts von dem Geheimnis erzählen: "Jamie. I... ich liebe dich nicht."
Jamie stutzte, machte die Türe wieder auf: "Wenn du durch diese Türe gehst, werde ich dich in Ruhe lassen."
Ich schüttelte den Kopf: "Du bist wirklich nett Jamie. Ich möchte gerne mit dir befreundet sein. Aber eben, NUR Freunde."
Er nickte: "Auf Wiedersehen."
Ich seufzte, sah förmlich den Schmerz in seinen Augen. Dann trat ich durch die Türe die sich hinter mir schloss. Kyle stand davor und ich warf mich in seine Arme, wo er mich einfach nur hielt und ich mich ausheulen durfte. Wir gingen beide zum Strand, setzten uns an den Sandrand. Ich hatte kein Auge für die Schönheit: "Jetzt habe ich ihn verloren. Wieso ist alles nur so kompliziert?"
Kyle seufzte: "Das weiss ich nicht, das weiss ich wirklich nicht." Gerade als er das gesagt hatte drehte er ruckartig seinen Kopf und spähte ins Gebüsch. Langsam drehte er sich um und schlich darauf zu.
Ich sah mich ängstlich zu ihm um: "Kyle? Kyle, was machst du da?"Er legte einen Finger an die Lippen, schlich sich noch näher, und stürzte mit einem mal ins Gebüsch. Ich hörte einen Schuss und stürzte in die Richtung. Da kam gerade Kyle heraus, hinter sich herschleifend einen Mann mitleren alters. Ich fragte: "Ist er tot?"
Er schüttelte den Kopf: "Ich habe ihn niedergeschlagen."
Er legte ihn in den Sand und tastete den Mann nach Waffen ab. Er hatte nur ein paar Dolche und die Schusswaffe.
Als der Mann zu sich kam, lag er gefesselt auf den Boden von Kyles Zimmer. Ich stand neben dem Fenster, starrte auf den langsam aufwachenden Mann. Kyle stand an der Türe, die Arme verschränkt wie eine Security vor einem angesagten Club. Der Mann blinzelte und sah sich kurz um. Er sagte: "Kyle, du bist gut geworden. Wo sind wir hier?"
Kyle fragte: "Wer bist du?"
Der Mann grinste: "Oh, tut mir leid. Ich bin der Bruder von Thomas. Du kennst ihn wohl unter dem Namen Boris. Wenn ich mich vorstellen darf; Sam."
Kyle seufzte und schnitt die Seile mit dem vorher gefundenen Dolch durch: "Du hättest uns nicht heimlich beobachten sollen."
Sam zuckte mit den Schultern: "Es war ein schöner Ausblick." Er sah mich grinsend an, und als ich den Blick nicht mehr ertragen konnte fragte ich: "Woher kennt ihr euch? Oder Thomas und du?"
Kyle antwortete: "Er ist mit mir einmal eine Zeit lang um die Welt gereist."
Ich nickte. Sam fragte: "Könntest du mir jetzt sagen wo wir sind?"
Kyle antwortete: "Im Haus in dem wir wohnen. Mit noch einer anderen Familie."
Sam zeigte mit den Kopf auf mich: "Wer ist sie?"
Ich entgegnete anstatt Kyle: "Hallo, ich bin auch noch hier!"
Sam nickte lächelnd: "Also, Schnitte. Wer bist du?"
Ich sagte: "Skye."
"Und weiter? Woher kennt ihr euch, Kyle?"
Kyle antwortete: "Sie war die Freundin meines Nachbars. Und sie ist hier als Au-Pair."
Sam pfiff: "O là là. Süsse Mitbewohnerin hast du hier. Sie weiss es?"
Kyle grinste, das erste mal seit er Sam gefunden hatte: "Ja, sie weiss es."
Sam nickte: "Und sie hat dich noch nie um einen gebeten?"
Kyle: "Nein."
Sam: "Das hätte ich nie von einem Menschchen erwartet."
Ich: "Ich bin kein Menschchen."
Sam: "Oh, tut mir leid. Mensch."
Ich schüttelte grinsend den Kopf. Sam schien es zu kapieren: "Oh là là! Hey, magste mit mir mal ausgehen, Schnitte?"
Ich schüttelte wieder den Kopf: "Nein, danke."
Sam fiel anscheinend aus dem Häuschen: "Bitte was?"
Ich zuckte mit den Schultern: "Nein, danke. Du solltest mal deine Ohren kontrollieren lassen."
Sam sah Kyle staunend an: "Ich wette die kriege ich als erste herum!"
Kyle schüttelte, drohend was Sam nicht bemerkte, den Kopf: "Nie im Leben."
Sam stand auf: "Oh doch. Um was wetten wir?"
"Bist du wie Thomas pleite?"
"Ja."
"Du bekommst 200'000 Euro."
"Cool."
"Was bekomme ich?"
"Ich habe noch ein paar Pferde, die kannst du gerne haben. Habe leider zu wenig Kohle um sie zu unterhalten, hatte aber noch keine Möglichkeit sie zu verkaufen."
"Okay."
"Willst du nicht wissen wieviele?"
"Nein."
"Dann, Skye, du willst doch nicht dass ich verliere?" Ich zog die Augenbrauen hoch. Sam drehte sich zu mir. Ich kam auf die beiden zu, lief an Sam vorbei und stellte mich zu Kyle. Dieser schlang mir einen Arm um die Schultern und grinste. Sam sah von einem zum anderen und sah uns missbilligend an: "Das meint ihr nicht ernst oder? Ich glaub's nicht, du hast mich reingelegt!"
Kyle zuckte mit den Schultern: "Was ist mit den Pferden?"
Sam schmiss sich aufs Bett und gähnte: "Ich bring dich morgen hin. Gute Nacht?" Er fing theatralisch an zu schnarchen. Ich grinste, zog Kyle aus dem Zimmer und wir beide gingen in das meinige. Dort legten wir uns hin und schliefen genau wie Sam schon bald ein, nachdem wir uns Gute Nacht gewünscht hatten.
Sam seufzte, sah sich in dem Zimmer um und erriet schon ziemlich bald dass es sich um das eines Unsterblichen handelte. Er betrachtete ein Foto auf dem Schreibtisch. Es waren darauf eine schwarze Dunkelheit, und ein kleiner Lichtfunke. Sam sah es sich genauer an, nahm das Foto aus dem Rahmen und las was auf der Rückseite stand:
In mir war Dunkelheit, soweit das Auge reicht
dann kam sie, und in mir bildete sich das Licht
Sam lächelte: "Süss." Dann steckte er das Foto wieder in den Rahmen