Biografien & Erinnerungen
Vaterlandsverteidiger

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"Vaterlandsverteidiger"
Veröffentlicht am 27. März 2013, 80 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Über mich gibt es nichts interessantes. Aber jetzt auch mit schönen bunten Bildern.
Vaterlandsverteidiger

Vaterlandsverteidiger

Beschreibung

Erinnerungen an 15 Monate verschenkter Lebenszeit Ende der siebziger Jahre. Meine Zeit als ziemlich untauglicher Bundeswehr - Soldat.

                                   VATERLANDSVERTEIDIGER









  Sie hatten uns am Arsch gekriegt. 35 Mann waren wir und warteten   auf einem zugigen Bahnsteig auf unseren Abtransport. Jeder von uns hatte einen Einberufungsbefehl in der Tasche, und keiner sah besonders glücklich damit aus, oder patriotisch. Die meisten Gesichter trugen so etwas wie bemühte Gelassenheit zu Schau, nur einer war echt nervös und wanderte auf und ab. Feldjäger hatten sich auf beiden Enden postiert, sollten verhindern das ihnen in letzter Minute noch einer von uns Rekruten abhanden ging. Sie sahen sehr wachsam aus. Ich rauchte eine Zigarette und fragte mich ungefähr zum 163sten mal in der letzten Stunde wie ich hierher geraten konnte? Was war da schief gelaufen? Warum konnte ich jetzt nicht in meinem warmen Bett liegen?
  Nun ja, ich hätte den Dienst verweigern können, was eine langwierige und komplizierte Prozedur nach sich gezogen hätte. Mit sonderbaren Fragen in Bezug auf mein untaugliches Gewissen. Aber, ich war ja nur ein junger Taugenichts und hatte das vorhanden sein eines wie auch immer tauglichen Gewissens noch gar nicht bemerkt. Außerdem hatte ich die Termine verpennt. Also musste ich wohl oder übel diese Geschichte hier jetzt durchziehen. 15 Monate gingen ja schnell vorbei.
  Hätte ich zu diesem Zeitpunkt gewusst was alles auf mich zukommen sollte, wäre ich wohl so schnell und weit weggelaufen, dass diese Feldjäger nicht mal mehr einen Schatten von mir gefunden hätten.
  Ein kalter Wind fuhr mir durch die Hose. Der Winter kündigte sich früh an. Es war der erste Oktober 1979. Vor ein paar Wochen war ich 19 Jahre alt geworden. Und ich hatte noch einen langen und schmutzigen Weg vor mir.
  Ein Zug fuhr ein. Uniformierte stiegen aus und versuchten mit reichlich Gebrüll uns zu versammeln. Sie hatten Listen mit unseren Namen auf denen sie uns geflissentlich abhakten. Keiner fehlte, wir wurden unfreundlich aufgefordert einzusteigen. Ich nahm meine Reisetasche und setzte mich in ein Abteil zu ein paar Typen die mir recht harmlos erschienen. Wir machten uns miteinander bekannt. Sie stammten alle aus dem Ruhrgebiet. Alle aus Dortmund. Eine angenehme Gesellschaft. Wir erzählten uns dreckige Witze, abenteuerliche Bettgeschichten und rätselten gemeinsam über das Ziel unserer Reise. Der Ort an den man uns schickte trug den schönen Namen Northeim. Niemand kannte ihn! Niemand war jemals dort gewesen! Wie würde es wohl dort sein?
  Es war ein Reinfall, wie sich nach fast drei Stunden Bahnfahrt herausstellte. Northeim war eine Kleinstadt. Eine sehr kleine Kleinstadt. Dies beobachteten wir so nebenbei als man uns geschlossen durch die malerischen Gassen führte, vorbei an Fachwerkhäusern, einer ollen Backsteinkirche, alles sah sehr sauber und gepflegt aus. Ein perfektes Motiv für jeden halbwegs talentierten Heimat – Maler. Es ging über eine Brücke, unter ihr ein munterer Bach – die Lehne – die den Leuten hier als Fluss verkauft wurde. Nach einer scharfen Linkskurve kam unsere Kaserne in Sicht. Massive dreistöckige Gebäude, alle ordentlich um einen rechteckigen Flecken Staub angeordnet. Kleinere Häuser in den freien Ecken rundeten dieses wohlgestaltete Ensemble architektonischer Einfallslosigkeit ab. Ich fühlte mich beim Anblick wie ein Gefangener der durch Feindesland getrieben wurde.
  Sie stellten uns in einer Reihe auf, ein Uniformierter deutete auf eine Zahl über dem Eingang unseres neuen Heims. 4./13 stand da in verschnörkelten  Ziffern.
  „Ihr seid ab heute die 4. Kompanie, 13tes Panzergrenadierbatallion. Ihr Titel ist Panzergrenadier. Merken Sie sich das gut. Halten Sie ihre Papiere bereit und treten Sie einzeln nach Aufforderung ein… Herzlich Willkommen!“
  Der erste von uns ging rein, und ward nicht wieder gesehen. Ich stand ziemlich am Ende der Schlange und es dauerte eine gefühlte Ewigkeit bis ich an der Reihe war. In einem winzigen Büro überreichte ich dem Mann meine Unterlagen. Bekam von ihm einen Truppenausweis mit meinem Foto drin, einen Freifahrtschein für die Bundesbahn und ein Heftchen mit Essenmarken. Ich quittierte alles, und das war ´s auch schon.
  „Gehen Sie in den ersten Stock und melden Sie sich dort!“
  Ich ging.
  Ich nahm die Treppe. Einen Aufzug gab es nicht. Es ging vorbei an blassgelb gestrichenen Wänden. Oben wartete ein weiterer Uniformierter sitzend hinter einem Tisch.
  „Wedel is mein Name. Ich soll mich hier melden.“ Sagte ich zu dem Mann.
  Nichts geschah.
  Sein Gesicht zeigte nicht die geringste Regung. Selbst seine Augen, die halb verborgen unter buschigen Augenbrauen lagen, ließen keinerlei menschliches Erkennen erahnen. Selbst sein wabbeliges Kinn zuckte keinen verdammten Millimeter. Ich versuchte es erneut:
  „Mein Name is Wedel und ich…“ Weiter kam ich nicht.
  „SIE SIND DER PANZERGRENADIER WEDEL UND SIE MELDEN SICH WIE BEFOHLEN!“ Schnauzte er mich an, mit einer hohen kreischenden Stimme. Er hörte sich tatsächlich an wie ein altes Weib. Und dass er diesen Satz bestimmt schon viele tausend Male herausgeschrien hatte, machte es nicht besser. Aus lauter Angst dass er wieder anfing zu Kreischen, wiederholte ich sein kleines Sprüchlein:
  „Panzergrenadier Wedel. Melde mich wie befohlen!“
  „Geht doch…! Stube zwei! Und er hakte meinen Namen von seiner Liste.
  Ich trug meine Siebensachen an ihm vorbei und suchte auf dem langen gefliesten Flur nach der Nummer zwei. Die vorletzte Tür am Ende des Ganges war es dann. Die Tür war grün, ich öffnete und ging rein. Ein Tisch, ebenfalls grün, stand in der Mitte des Raumes, acht Stühle, acht Schränke, acht Betten, die eigentlich vier Stockbetten waren. So eine Scheiße hatte mir gerade noch gefehlt. Ich war es gewohnt allein in einem Zimmer zu schlafen, teilte mein Bett nur gelegentlich mit einer zarten und liebevollen Elfe. Ein acht – Personen – Schlafzimmer war da ein wenig happig. Trotzdem begrüßte ich meine zukünftigen Mitbewohner. Die vier Dortmunder waren da und lümmelten auf den Stühlen, ein mir noch unbekannter kantiger Rothaariger saß auf seinem Bett, außerdem war da noch ein langer Schlacks mit Übergewicht der eine Tüte Kekse verdrückte und aus dem Fenster glotzte. Das letzte freie Bett war ein oberes in der rechten Ecke, gleich daneben ein freier Spind. Auch der war grün. Dazu orangefarbene Vorhänge an den Fenstern – Der Innenarchitekt war eine glatte Niete.
  Ein kleiner Blonder mit blassem Gesicht kam rein. Er trug eine leicht verschlissene aber saubere Uniform und einen Schnurrbart. Seine Stimme klang so wie er aussah.
  „Mein Name ist Schröder… Unteroffizier Schröder! Ich bin Ihr Gruppenführer. Sie bilden die zweite Gruppe. Vier Gruppen ergeben einen Zug. Drei Züge eine Kompanie. Das werden Sie noch lernen, ist einfacher als es sich anhört. Verstauen Sie ihre Sachen und dann vor der Tür Antreten… Wir machen eine kleine Besichtigung. Marsch!“
  Er schien ein netter Kerl zu sein, obwohl er so viele verwirrende Sachen sagte. Ich ging mit den anderen hinter ihm her.
  Vom Keller bis zum Dach sahen wir uns alles an, merkten uns wo die Toiletten und Duschen waren. Dann verordnete unser Führer endlich eine Zigarettenpause. Der Kerl wurde mir glatt ein wenig sympathisch.
  Hurtig ging es weiter zur Ausgabe der Bettwäsche. Und Schröder, nahe am Verzweifeln, versuchte uns zu zeigen wie man hier Vorschriftsmäßig sein Bett machte: Faltenlos, winklig und penibel gleichförmig. Wir kriegten es nicht besonders hin, aber er ließ es durchgehen. Es war ja unser erster Tag und es gab noch mehr zu tun.
  Es ging raus, hin zu einem Depot, wo man uns Soldatengerecht ausstaffierte. Jeder bekam einen großen Sack den man offen vor sich hertrug, und kleine Helferlein schmissen allerlei Nutzbringende Dinge rein:  Kratzige Socken, lange unförmige Unterhosen, Essbesteck, ein Taschenmesser und schönes Schuhputzzeug – eben Sachen,  ohne die man kein richtiger Soldat war. Wieder wurden unsere Namen von einer Liste abgehakt. Ohne diese Listen schien hier gar nichts zu funktionieren. Wir schnappten uns unseren Krempel, und von Schröder lautstark angetrieben, ging es Husch – Husch wieder zurück.
  Nun mussten all diese schönen Dinge korrekt in den dafür vorgesehenen Spind verstaut werden. Sie hatten dafür richtige Pläne – komplett mit einer schematischen Zeichnung – die sie uns dafür leihweise überließen. Es war eine äußerst verzwickte Arbeit für junge Männer, denen bisher ihre Mütter diese scheußlichen Dinge erledigt hatten. Ich quälte mich eine glatte halbe Stunde mit einem Hemd herum, dass sich nur widerwillig von mir in die vorgegebene DIN – A4 – Größe falten ließ. Ich kriegte es irgendwie nicht hin. Mal war es zu klein, dann wieder zu groß. Zum Abhauen war es wohl zu spät, dachte ich, und eine durchaus berechtigte Wut packte mich am ungeduldigen Herzen über diese unbegreifliche Pingeligkeit. Den nächsten Krieg würden wir sicher gewinnen, und nur deswegen weil wir die besser gefalteten Hemden im Schrank hatten.
  Es wurde langsam Zeit zu Essenfassen. Die Spinde mussten warten. Die Kantine befand sich am anderen Ende der Kaserne. Ein Turnhallengroßer Saal voller Tischreihen und Stühlen. Man musste sich in einer Reihe anstellen um an sein Futter zu kommen. Es gab Bratkartoffeln mit einem Spiegelei. Überaschenderweise schmeckte es gar nicht mal so übel. Wir hatten eine halbe Stunde um alles aufzufressen, was reichlich bemessen war, es reichte noch für eine schnelle Zigarette im Vorgarten.
  Doch dann ging es schon weiter mit der blödsinnigen Prozedur den Spind Vorschriftsmäßig zu füllen. Eine wahre Plackerei, der Tag ging glatt darüber zu Ende. Und ohne dass wir uns richtig gewahr wurden, standen wir in unseren neuen Schlafanzügen vor unserem Führer. Zehn Uhr war Zapfenstreich. Schröder kontrollierte geflissentlich die ausnahmslose Anwesenheit seiner Truppe, wünschte eine gute Nacht und löschte das Licht.
  Im Dunkeln redeten wir noch über den vergangenen Tag und die Schrecknisse die wir erlebt hatten; und die uns offenbar noch bevorstanden. Was mir doch echt Sorgen machte. Mein Leben hatte eine mehr als schlechte Wendung genommen. Aber ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass ich glücklicherweise nicht allein war. Ich hatte ja meine Kameraden. Sie waren mir bislang sehr nett und durchaus hilfsbereit erschienen, obwohl sie sicherlich mit ihren eigenen Problemen und Ängsten zu kämpfen hatten. Ich wünschte ihnen eine gute Nacht und machte die Augen zu. Konnte aber nicht einschlafen. Denn gerne wäre ich noch losgezogen um irgendwo ein paar Bierchen zu kippen und  um meinen gierigen Körper an scheuen Jungfrauen zu reiben. Außerdem hatte einer meiner neuen Leidensgenossen schreckliche Schweißfüße die auf gemeine Weise alle atembare Luft verpesteten.

  Unsere Tür wurde kräftig aufgestoßen. Lautes Gepolter folgte, Eine Trillerpfeife legte gewaltig los. Unterbrochen von wildem Geschrei, komplett mit Ausrufezeichen! Ich blickte auf meine Armbanduhr. 6 Uhr! Diese Leute hier mussten verrückt sein! Ich hatte das untrügliche Gefühl erst vor fünf Minuten eingeschlafen zu sein. Es trillerpfiff immer weiter. Befehle wurden gebrüllt als hätte der jüngste Tag Einzug gehalten. Ich schälte mich aus der dünnen Decke in der Hoffnung das sie dann endlich mit ihrem Quatsch aufhören würden.
  Und da kam auch schon wieder unser Schröder. Frisch und Munter wie ein junger Ziegenbock schnauzte er uns an:
  „Im Arbeitsanzug in 15 Minuten vollzählig vor der Stube antreten…! Marschmarsch!“
  Mit einer ordentlichen Portion Wut im Bauch ging ich mich Waschen, wütend baute ich meine Koje, wütend zog ich mich an, immer noch wütend stellte ich mich neben meine Leute vor die Tür.
  „Guten Morgen zweite Gruppe!“ bellte uns der Schröder zu.
  „Guten Morgen Herr Unteroffizier!“ antworteten wir im Chor wohlerzogener und freundlicher junger Menschen, die wir nun mal waren.
  „Das war Mist!“ Gab uns der Schröder zu verstehen. „Das geht noch schneller, meine Herren…! Das werden wir noch üben…! Das verspreche ich Ihnen!“
  Dann musterte er mit unglaublicher Akribie unser neues Outfit. Er zupfte hier an einem Hemdkragen, zog dort an einem Aufschlag. Dann kamen die Stiefel dran. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund schienen ihnen blitzblanke Stiefel sehr wichtig zu sein. Und angestrengt wie ein Spürhund musterte er unsere Latschen, konnte aber nicht mal ein Staubkörnchen entdecken – die Dinger waren schließlich Nagelneu.
  „Antreten auf dem Exerzierplatz…! Ohne Tritt… Marsch!“
  Und alle stürmten los, raus auf den staubigen Platz vor unserer Bude. Dort brachten sie uns erst mal in Form. In Reih und Glied, wie Flaschen in ein Regal. Das dauerte. Wir waren ja ein bisschen doof.
  Wir warteten gespannt auf die nächste unsagbar anstrengende Nummer, die uns zweifellos bevorstand.
  Und dann kam er! Der Chef unserer kleinen Zwangsgemeinschaft. Er stellte sich vor, während er sich vor uns stellte. Hauptmann Melzer war sein Name und er war ein schönes Stück Herrenrasse: Messerscharfer Scheitel, brutal blitzende blaue Augen, flotte sportliche Figur mit ungewöhnlich zierlichen weißen Händen. Selbstbewusst und unangreifbar wie ein Panzer legte er los mit seiner Ansprache, die er sicher nicht zum ersten Mal zum Vortrag brachte.
  „Willkommen in den Streitkräften der Bundesrepublik Deutschland…! Sie sind hier  – wie viele vor Ihnen und viele nach Ihnen – um ihre Pflicht gegenüber Ihrem Vaterland abzuleisten… Die Gesellschaft wird eines Tages stolz auf ihre Leistungen herabblicken und…“
  Ach du Scheiße, dachte ich, jetzt kommt die Nummer! Er versuchte uns beim Gewissen zu packen, war scharf auf unsere Seelen. Unsere mickrigen jungen Körper waren ihm nicht genug. Nein, er appellierte voller Inbrunst an unsere bis hierher versteckte Vaterlandsliebe und den Gehorsam dem wir ihm schuldeten. Er steigerte sich richtig rein. Er geiferte gegen verantwortungslose Wehrdienstverweigerer und andere Anarchisten, gegen verwirrte Friedensaktivisten. Er spuckte Abscheu. Er verlor ein wenig die Fassung. Aber er fing sich wieder, bemühte sich witzig zu wirken und machten einen auf Kumpel – Typ. Er zappelte sich tüchtig einen ab um uns zu gefallen. Aber er hat mit seinem Theater keinen großen Eindruck auf mich gemacht. Ich hatte schon aufgehört ihm zuzuhören. Er war nur ein weiterer Irrer in einer schmucken Uniform. Endlich kam er zum Ende und trabte wieder dahin zurück woher er gekommen war.
  Man schickte uns zum Frühstück.

  Allmählich stellte sich der Alltagstrott des Kasernenlebens ein. Wochenlang mühten sich verschiedene Ausbilder wund um uns das Marschieren im Gleichschritt beizubringen. Es war schwierig. Wir waren ein bisschen blöd und nicht gerade das, was man kooperationsbereit nennt. Aber um 16 Uhr war meistens Feierabend. So schnell wie möglich pellte ich mich aus meiner Uniform und in meine Privatklamotten rein. Soldatenheim war dann angesagt. Dort gab es Bier, außerdem ein passables Jägerschnitzel mit Fritten. Alles zu erschwinglichen Preisen, was bei unserem bescheidenen Sold durchaus anständig war. Es gab eine Musik – Box und einen Flipper – Automaten, und wenn man lange genug da hockte, kehrte ein wenig von dem guten Leben vergangener Zeiten in einen zurück. Bis zum Zapfenstreich um 22 Uhr.
  Am darauf folgenden Morgen ging der Zirkus unerbittlich weiter. Aber wenn man diese komödiantischen Faxereien etwas durchschaut hatte und keinen großen Wert auf seine Selbstständigkeit legte, konnte man es ertragen. Ich bemühte mich den Vorgesetzten nicht in irgendeiner Form aufzufallen, hielt hübsch meine Klappe und spielte den Harmlosen.
  Und plötzlich, nach endlos scheinenden drei Wochen voller kleiner und großer Quälereien winkte uns das erste freie Wochenende. Ein Wochenende ohne Uniform, ein Wochenende ohne dass sie einem sagten wann man zu Essen hatte und wann man zu Pennen hatte. Herrlich! Wir konnten unser Glück kaum fassen. Doch vorher galt es die Freitägliche Kontrolle über sich ergehen zu lassen. Und sie kontrollierten alles: Die Betten, die Spinde, die Stube. Alles hatte blitzblank sauber und aufgeräumt zu sein. Selbst die Mülleimer. War etwas nicht nach ihrer Zufriedenheit hatte man verschissen und war gezwungen die Sache in Ordnung zu bringen. Wunderbarerweise kam ich ohne Beanstandungen durch. Keine Ahnung warum. Ich war weder besonders ordentlich oder auf hygienisch einwandfreie Mülleimer erpicht.
  Zum Abschied gab es dann noch ein paar väterlich ernste Ermahnungen: Benehmt euch wie menschliche Wesen in der Öffentlichkeit! Kommt am Sonntag pünktlich wieder! Macht der Bundeswehr keine Schande! Denn sonst reißen wir euch bei eurer Rückkehr den verdammten Arsch auf!
  Das letzte Sprüchlein war noch nicht ganz verklungen, da war ich schon draußen. Die späte Herbstsonne küsste sanft mein Gesicht, während ich den Sack mit dreckigen Klamotten schulterte und den anderen Glücklichen Richtung Bahnhof vorauslief. Das Leben war wieder auf unserer Seite. Ich kaufte mir ein paar Dosen Bier und wartete auf meinen Zug. Ich winkte meinen Kameraden zum Abschied. Sie hatten mehr Glück mit dem Fahrplan. Dann war ich allein, der einzige der nach Norden musste. Endlich kam mein Zug. Ich stieg ein, fand ein freies Abteil und setzte mich rein, knackte eine Dose Bier und fühlte mich unendlich frei, erleichtert von einem dunklen bösen Etwas das fortwährend versuchte mir die Luft zum Atmen zu nehmen. Jetzt war es weg. Der Zug fuhr ab.
  Die Reise dauerte ewig. Der Lokführer hielt an jedem winzigen Klütenbahnhof auf dieser Strecke. Niemand stieg ein. Niemand wollte hier aussteigen. Niemand – außer den Einheimischen – kannte diese Nester. Wer hatte sich das ausgedacht? Welcher Verrückte hatte sich diesen Plan ausgedacht? Ich tippte ganz unvoreingenommen auf einen ehemaligen Angehörigen der Bundeswehr. Da lag ich bestimmt nicht verkehrt. Das Bier war mir schon seit geraumer Zeit ausgegangen, es blieb mir nur noch die öde Landschaft die erbarmungslos an meinem Fenster vorbeirauschte. Ich schloss meine Augen.
  Es war bereits dunkel als ich an Mutters Tür klopfte. Sie hatte den ganzen Tag auf mich gewartet. Hauptsächlich um mich mit ihren Kochkünsten zu verwöhnen und um mich mit dem Klatsch aus der Nachbarschaft zu versorgen. Ich erzählte ihr ein wenig aus meinem neuen Leben als Verteidiger der freien Welt. Hauptsächlich nichts sagendes Zeug, damit sie vor ihren Freundinnen nicht zu sehr mit mir angab. Nach einer Stunde verabschiedete ich mich, überließ ihr meine schmutzigen Klamotten und das Versprechen am Sonntag zum Mittagessen zu erscheinen. Und schon machte ich mich wieder vom Hof, hin zu meinem eigenen Appartement, dass gleich um die Ecke günstig gelegen war. Ich duschte, zog mich um. Telefonierte mit den Leuten die mir ans Herz gewachsen waren und die ich ausgesprochen vermisst hatte. Und ab ging ´s, raus auf die Straße und rein in die junge Nacht. Neonreklamen blinkten, Musik schallte aus den zahlreichen Bars. Das Leben tobte sich aus.
  In meiner Stammkneipe herrschte Hochbetrieb als ich einlief. Meine Freunde waren da, Frauen waren da, und alle – einschließlich des zotteligen Wirts – knauserten nicht mit knackigen Umarmungen, schmerzhaften Schulterklopfern und bissig – mitleidsvollen Kommentaren meinen ungewohnten Haarschnitt betreffend. Bei so heftiger Wiedersehensfreude fühlte ich mich fast so wie ein Kriegsgefangener, der nach endlosen Jahren wieder ins traute Heim zurückkehrt.
  Dann wurde es laut. Es hagelte Gratis – Drinks, es wurde gelacht, geredet, gesungen und getanzt bis man die Dinge nur noch verschwommen wahrnahm und sich Perspektiven und Meinungen verschoben, sich neu zusammensetzten um der Wahrheit einen Schritt näher zu kommen.
  Ich war eindeutig Zuhause angekommen. Ach, wie hatte ich das vermisst.
  Im grauen Morgenlicht wankten wir auseinander, immer noch singend. Und ich hatte hilfsbereite Begleitung auf meinem benebelten Heimweg. Ein scheues schwarzhaariges Wesen in einem blauen Kleid war an meiner Seite. Ich kannte weder ihren Namen, noch wo sie hergekommen war; fühlte mich auch nicht in der Verfassung sie danach zu fragen. Hauptsache sie war nett, und stark genug mich die Treppen hoch in meine Bude zu zerren. Drinnen zog ich mich aus, fiel aufs Bett und war eingeschlafen noch ehe sie ihre Schuhe abgestreift hatte.
  Irgendwann wurde ich geweckt. Eine kleine suchende Hand drückte zärtlich und zugleich fordernd meinen Pillermann. Langsam kehrte ich zurück aus dem Land besoffener Bewusstlosigkeit, öffnete die Augen. Und da sah ich sie.
  Ihr liebliches Gesicht, das mir noch so fremd war, ganz nah. Ihr junger Körper, der sich zart wie Daunen an mich schmiegte. Ihr köstlicher Mund mit diesen warmen Lippen, der ewige Ekstase verhieß. Ich küsste sie. Und dieser Kuss war die reinste Magie, jubilierende Freude und ein Genuss der mir die Seele wärmte. Ihr schon feuchter Schoß schob sich über meine Lenden und ich versank förmlich in sie. Wir schoben, stießen aufeinander ein dass es einer eine Reise ins Paradies gleichkam um mit den Göttern zu feiern. Wir kamen gleichzeitig. Dann redeten wir. Ich erfuhr dass ihr Name Beatrice war, das sie gerade 18 geworden war, noch bei ihren Eltern wohnte und gerade ihr Abitur gemacht hatte. Ihre Ollen setzten ihr mittlerweile gewaltig zu weil sie sich ein wenig zu viel Zeit ließ bei der Suche nach einem geeigneten Studienplatz. Doch sie konnte sich nicht so richtig entscheiden; wusste nur dass sie irgendwas mit Sprachen machen wollte. In der Zwischenzeit schaute sie einfach was ihr das Leben so zu bieten hatte.
  Ich erzählte ihr von mir, und von der Situation in der ich steckte. Was sie als höchst unpassend und furchtbar ungeeignet für mich fand. Genau wie ich. Wir verstanden uns wirklich auf Anhieb. Als Dank für ihr Verständnis forderte ich sie zu einer zweiten Runde auf. Ich war ja noch jung, stark, und geil wie 36 läufige Kater. Es wurde noch besser als unser erstes Aufeinanderprallen. Danach pennten wir, ineinander verkrallt wie zwei Sterbende,
  Sonntagmorgen. Nach einem weiteren magisch - erotischen Zusammentreffen zweier Menschen die sich vor ein paar Stunden noch nicht mal kannten und einer gemeinsamen Dusche, schleppte ich sie mit zu meiner Ma. Überraschenderweise verstanden sich beide auf Anhieb. Ein Umstand, der in der Vergangenheit und den meist etwas durchgeknallten Weibern die ich meiner Mutter vorgestellt hatte, eine wohltuende Abwechslung darstellte.
  Sie fuhr ein mehr als üppiges Mahl auf. Denn wie Mütter nun mal so sind, hatte sie große Angst dass ihr einziger Nachkomme nicht ausreichend gefüttert wurde, egal wo er zu Gast war. Wir tranken Wein. Eine billige Marke. Und die beiden Mädels kamen richtig in Fahrt. Nur so aus Jux wollten sie mich doch mal in meiner Uniform sehen. Also tat ich ihnen diesen Gefallen. Als Dreingabe lieferte ich ihnen noch ein paar zackige Bewegungen. Was die beiden zu einem grandiosen Lachanfall animierte.
  Kichernd wie Schulmädchen kommentierten sie meinen absurden Auftritt:
  „Ooooh nee, und in dieser Kledage willste uns vor den bösen Menschen beschützen?“
  „Hach, mit diesen lächerlichen Klamotten werden eure Feinde sich längst ins Grab gelacht haben, und viel schneller als ihr sie totschießen könnt!“
  „Hähähä:“ Machte meine Ma. „Warum biste denn nich zur Marine gegangen? Da sehen sie zumindest nach was aus! Nich wie n Haufen blinder Zirkusclowns…!“
  „Da werd´ ich mich lieber selbst verteidigen…! Mit euch verkleideten Wilddieben muss man sich ja schämen…!
 Sie hatten offensichtlich ihren Spaß. Doch für mich wurde es langsam Zeit für den Abschied. Behutsam drückte ich meine Ma; drückte ihr einen schnellen Kuss auf die Wange und bedankte mich für alles. Beatrice begleitete mich zum Bahnhof. Ich dachte an die fast fünf Stunden Fahrt und mir wurde ganz schön flau, dazu noch der Abschied. Ich hätte kotzen können. Ich gab Beatrice einen Schlüssel für meine Bude, und ich schenkte ihr mein treues Herz als kleine Dreingabe. Ein letzter langer Kuss, eine Umarmung. Mit dem heiligen Versprechen sie anzurufen stieg ich in meinen Zug, winkte ein letztes Winken und wir fuhren ab.
  Allein fuhr ich wieder dahin wo sie danach trachteten mir das Fürchten beizubringen. Doch dieses Wochenende hatte mich aufgetankt, mit Liebe, Respekt und Anteilnahme. Dingen die es bei ihnen nicht gab. Und nun konnten sie mir mit ihrem hohlen Gebrüll und den sinnlosen Faxereien nichts mehr anhaben. Dieses Wochenende hatte mich stark gemacht. Unangreifbar. Ihre Welt war nicht länger zum Fürchten.

 Am Northeimer Bahnhof traf ich die Dortmunder wieder, sie waren schlecht drauf, ihre Borussia hatte wieder mal verloren. Wütend und verbittert würgten sie trotzig ihr Dosenbier runter. Für sie war es ein mehr als mieses Wochenende gewesen. Gemeinsam gingen wir noch einen trinken. In Northeim waren die Kneipen dünn gesät, kein Vergleich zu meiner Stadt, doch nach einigem Suchen fanden wir etwas Annehmbares. Aber es war nicht wie daheim. Die Atmosphäre hatte so eine seltsame Spannung, eine stumme Bedrohlichkeit, die man trotz vieler Worte nicht besiegen konnte. Hastig leerten wir unsere Gläser und machten uns davon.
  Wenn man gezwungen wird mit bislang völlig fremden Menschen zusammen zu leben, dann lernt man diese Menschen ganz automatisch besser kennen als einem lieb ist. Eigentlich hatte ich vorgehabt etwas auf Abstand zu bleiben, aber sie ließen mir ja keine große Wahl. Da waren also die vier Dortmunder. Nette Typen, die sich seit ihrer gemeinsamen Schulzeit kannten; im selben Betrieb das ehrbare Schlosserhandwerk erlernt hatten und fest daran glaubten die nächsten vierzig Jahre dort zu verbringen. In ihrer Freizeit pilgerten sie zur Borussia ins Westfalenstadion wo sie gemeinsam für die Meisterschaft beteten. Doch in ihren Birnen blieb noch Platz für andere nette Träume: Eine nette Frau, nette Kinder zeugen, irgendwann der Umzug in ein nettes neues Häuschen, wo sie dann nach einem netten Arbeitstag noch genug Energie für das nette Fernsehprogramm oder einem netten Kneipenbesuch aufbringen mussten. Sie waren also nette Durchschnitts – Typen, die scheinbar ihr Leben im Griff hatten. Ihren Wehrdienst taten sie ab wie einen verordneten Betriebsausflug, der ihnen höchstens die Reisepläne zu Auswärtsspielen erschwerte. Aber das nahmen sie in Kauf, solange man sie nicht in verschiedene Einheiten steckte.
  Dann war da noch der kleine Rothaarige: Ein trinkfester Maurer aus dem tiefsten Lipperland. Kurz hinter Detmold lag sein Heimatdorf, wo er bei seiner Großmutter lebte, da seine Eltern vor einigen Jahren bei einem seltsamen Autounfall getötet wurden. Wenn er diesen Zirkus hier – den er stets mit staunenden Augen und fragendem Gesicht verfolgte – überstanden hatte, würde er sich selbstständig machen, eine Menge Moos verdienen und dann nach Australien auswandern. Das war sein Traum. Im Grunde seines Herzens war er ein überaus friedvoller Mensch, der hier vollkommen fehl am Platz wirkte. Nur wenn er reichlich besoffen war spürte man eine unterschwellige Aggressivität, die sich durch das Singen äußerst dreckiger Lieder und das Ausziehen seiner kompletten Kleidung manifestierte. Seine merkwürdige Fresse brachte ihm den Namen „Der Kantige“ ein. Was ihn nicht weiter störte.
  Der Mensch mit den schrecklichen Schweißfüßen hieß Anton. Der „Schweißfuß – Toni.“ Ein Kfz. – Mechaniker aus Göttingen. Ein Kaff das etwa zwanzig Kilometer entfernt war. Und er so stets der Erste am heimatlichen Herd war. Weswegen er allgemein beneidet wurde. Zusätzlich war er der einzige von uns der ein eigenes Auto hatte. Doch auch wenn er in unsere Richtung gefahren wäre, hätten wir sein Angebot zur Mitnahme freundlich verweigert. Denn dem Schweißfuß – Toni seine Birne steckte voller bizarrer sexueller Fantasien, die er einem dauernd ins unschuldige Ohr brüllte.
  Der dicke Keksfresser war einfach nur dick. Und das war auch schon das interessanteste an ihm. Seine Ollen betrieben ein Hotel in der Nähe von Braunschweig und hatten ihren Sohnemann tüchtig gefüttert. Ich nannte ihn aus Gründen der Bequemlichkeit und zur Belustigung aller einfach „Kater Carlo.“ Ob es ihm nun gefiel oder nicht. Er hätte herzlich gerne seine Verärgerung darüber Kund tun können, aber er hat sein Maul selten aufgemacht. Und dann nur zum Kekse spachteln.
  Mit diesen Menschen teilte ich also den Großteil meiner fünfzehn Monate Wehrdienst.

  Es folgte eine weitere Woche voller hirnlosem Schabernack. Unermüdlich in ihren Anstrengungen uns das richtige Marschieren, Stehenbleiben, nach links und rechts gucken und zu Salutieren beizubringen, trieben sie uns mit saftigen Flüchen über den Schotterplatz. Ein ewiges Hin und her. Und nach drei Tagen kannte ich jedes Steinchen mit Vornamen. Der staubige Dreck verstopfte meine Poren und verwandelte meine Kehle in eine wahre Wüstenlandschaft. Selbst die feierabendliche Dusche und die abendlichen Biere konnten diesen Dreck nicht wegspülen. Noch Monatelang erinnerte mich dieser fiese Geschmack alter Schlacke an unser sinnloses Treiben.
  Eine weitere Woche ging unter gebrüllten Befehlen, verordneten Toilettengängen und hastigen Zigarettenpausen verloren, bis uns ein innig ersehnter Freitag etwas Hoffnung auf Entspannung verhieß. Zu unserer allgemeinen Sehnsucht nach einem freien Wochenende gesellte sich dann noch eine allgemeine Verblüffung ob der sensationellen Tatsache dass man uns den ersten Sold ausbezahlte. Doch die anfängliche Freude wandelte sich in null Komma nix zu enttäuschtem Mundwinkel – Absturz als der Mann uns den Betrag auf die Hand zählte… Das war ein glatter Witz…! Ein Taschengeld…! Das reinste Almosen angesichts der schmerzvollen Stunden die wir ihnen geopfert hatten. Ein schlechter Scherz, dachte ich als ich die Quittung abzeichnete. Die paar Kröten reichten gerade für eine Monatsration Zigaretten und einem lauwarmem Besäufnis. Aber was hatte ich denn erwartet…? Bestimmt hatten sie sich was dabei gedacht. Vielleicht hatten sie ja Schiss, dass wir mit angemessener Entlohnung allen möglichen Lastern verfielen und dann keine Lust mehr verspürten in ihrem verschissenen Kriegsspiel mit zu machen. Das einzig Positive bestand in der Tatsache, dass wir nun einen Monat überstanden hatten – noch lebend, doch mit leichten Schäden an Geist und Seele. Und die Aussicht auf weitere 14 Monate in diesem Kasperletheater versprach keine Verbesserung unserer Verfassung. Da half ein weiteres freies Wochenende auch nicht viel.
  Nach einer wunderbar entspannt – erotischen Nacht mit Beatrice unternahm ich am Samstagmorgen eine kleine Aufklärungsmission  hin zu dem Ort an dem man mich vor meinem Wehrdienst verscheißert hatte. Ich besuchte meinen Chef in der zivilen Welt, den ollen Kröger, in seiner gammeligen Schiffsmaklerbude, die mir nach Ablauf meines Dienstes wieder kargen Lohn und hartes Brot versprach.
  Ich hatte gleich nach meiner kaufmännischen Ausbildung bei ihm angeheuert. Halbtags, und  weil die Arbeit nicht allzu stressig war und der olle Hotte Kröger seinen Laden recht locker führte, so das mir genügend Zeit blieb um allen möglichen Kram aus dem Freihafen zu klauen um ihn dann Leuten mit dem gewissen Sinn für gute Geschäfte wieder zu verscherbeln. Eine einfache Sache. Denn hinderliche Gewissensbisse, oder gar Respekt vor anderer Leute Eigentum hatte ich noch nie verspürt. Schließlich musste ich irgendwie über die Runden kommen. Geschenkt wurde einem ja nichts.
  Wie an jedem Samstag saß der Olle mit seiner Zeitung und einer Kanne Tee in seinem Kabuff. Ich ging mal zu ihm rein.
  „Moin Chef,“ begrüßte ich ihn fröhlich.
  Er schaute etwas verdutzt, plinkerte mit seine Klüsen, dann hatte er mich erkannt.
  „Moin mein Jung, hammse dich schon gefeuert bei de Soldaten, hmm? Möchste lieber beim ollen Kröger Unsinn anstellen, hmm?“
  „Nee Chef, die feuern keinen,“ verriet ich ihm, „bin nur mal so vorbei gekommen, wollt mal sehen wie der Laden so ohne mich läuft.“
  Der Olle machte n saures Gesicht, und es folgte eine halbstündige Tirade über die verschissene Konkurrenz, stetig steigende Preise, die mangelnde Arbeitsmoral seiner Sklaven, der allgemeine Verfall der Moral an sich und die kleinen Sauereien, mit denen man ihn quälte - seine Alte hatte ihn hinterrücks auf eine rigorose Diät gesetzt.
  „Na, das sind ja dolle Sachen, “ sagte ich, „aber ich muss dann ma wieder…“
  „Is schon wieder so spät?“ Fragte er, „Ach die Zeit rennt ja ma wieder…Wart ma kurz.“
  Er wühlte in seinen Hosentaschen rum, ganz angestrengt fummelte er rum, so dass ihm seine altmodische Hornbrille auf die Nasenspitze rutschte. Er sah albern aus. Als er fertig war mit seiner Fummelei, drückte er mir einen Zwanzig Mark Schein in die Hand. Das hatte es bei ihm noch nie gegeben.      
  „Hier mein Jung, geh ma ordentlich einen trinken, und kipp Dir n Doppelten auf deinen armen alten Chef hinter die Kiemen.“
  „Mach ich Chef. Und vielen Dank.“
  Diese unerwartete Großzügigkeit machte mich glatt ein bisschen verlegen und sorgte dafür dass meine Stimme beim Abschied leise bebte.
  „Tschüss dann Chef, wird schon wieder werden.“
  Er gab mir sogar noch die Hand beim Tschüss – Sagen. Der olle Knacker hatte mich tatsächlich ins Herz geschlossen. Ich holte noch ein paar Autoradios aus meinem Versteck und machte dass ich wegkam.
  Abends brachte ich die Dinger unters Volk. Trank ein paar Doppelte auf das Wohl des Ollen und zeitig wieder Zuhause. Beatrice überraschte mich mit einem selbst gekochten Festmahl: Einer herrlich duftenden Lammkeule. Wir ließen sie uns schmecken. Sie war köstlich. So köstlich wie der herrlich warme Körper meiner Geliebten, den ich zum Nachtisch vernaschte.
  Der Sonntag verflog wie ein schöner Traum. Viel zu schnell war er vorbei. Und pünktlich wie ein vorbildlicher Schwachkopf meldete ich mich abends zurück in der Kaserne.

  Montag. Die Sonne quälte sich gerade über den Horizont, da überraschten sie uns mit einer neuen kleinen Schweinerei. Unser Chef war offenbar überzeugt dass man uns so weit im Griff hatte, dass wir in der Öffentlichkeit nicht allzu unangenehm auffielen. Also ging es auf zu einem lockeren 10 Kilometer Marsch durch die freie Natur. Im Kampfanzug.
  Behängt mit allerlei unhandlichen Gegenständen: Einer gummiartigen Tasche mit Gasmaske, Wasserflasche aus Aluminium, Behältnisse für Ersatzmagazine die man am Gürtel trug, einem vollgepackten Rucksack und einer Flinte ohne Munition wackelten wir in Zweierreihe hinter Schröders fröhlich wippendem Arsch hinaus auf eine Blätterübersäte Straße.
  Die Gegend hier war allgemein bekannt als der Solling. Einem Ausläufer des Harzes und eine ziemlich hügelige Angelegenheit. Ich komme aus Hamburg, bin ein Großstadtkind. Für mich sah das hier schon wie die Alpen aus. Und natürlich ging es einen Berg rauf. Oder war es ein Hügel? Auf jeden Fall war es steil. Etwa 400 Meter auf einer schmierigen Schotterpiste. Ungefähr auf der Hälfte verlief eine richtige Straße um diesen Berg, die uns ein wenig Zeit zum Verschnaufen bot. Schröder hatte ein Wahnsinnstempo vorgelegt. Der Sack war es gewohnt hier hoch zu wetzen wie eine junge Gämse. Uns Rekruten allerdings strömte der Schweiß aus allen Poren, obwohl inzwischen ein eisiger Ostwind den Beginn des Winters einläutete. Wie auf Kommando fing es an zu regnen. Der Wind fegte uns kalte Tropfen in den Nacken. Es war nur eine winzige Erfrischung. Wir japsten nach Luft, und waren noch nicht mal oben angekommen. Ein paar Eingeborene standen vor ihren Häusern rum und grinsten sich einen ab als wir an ihnen vorbeiwatschelten. Nur selten in meinem Leben fühlte ich mich beschissener als in diesem Moment.
  Der Weg wurde immer rutschiger. Schlamm spritzte von unseren Stiefeln in alle Richtungen. Endlich waren wir oben angelangt. Zwei, drei Leute kotzten ungeniert in den Graben, einer legte sich einfach in den Dreck, keuchte mit hochroter Rübe nach Luft, brabbelte was von Leuteschindern, Sadisten… und das er nie wieder aufstehen würde. Unteroffizier Schröder war da anderer Meinung. Mit ein paar gutgemeinten Flüchen und leichten Fußtritten stellte er den Burschen wieder auf, spritzte ihm etwas Wasser in den eh schon durchtränkten Nacken und weiter ging es auf durchweichten Wegen. Immer weiter. Kreuz und quer über diesen Truppenübungsplatz. Vorbei an dunklen Wäldern und endlos erscheinenden Grasflächen. Diese Wildnis machte mir ein wenig Angst. Urwälder und wilde Steppen war ich wirklich nicht gewohnt. Ich bevorzugte gut gepflasterte Pisten ohne tückische Überraschungen die einen auf Schritt und Tritt fast zu Fall brachten.
  Etwa auf halber Strecke wurde unser Spaziergang zu einer echten Tortur. Meine Füße fingen förmlich an zu brennen. Blasen, groß wie fünf Mark Stücke, waren an meinen Fersen aufgeplatzt. Meine Schultern, vom Gewicht der unnützen Last niedergedrückt, schmerzten. Meine Oberschenkel waren angeschwollen, die Hüften zwickten bei jedem verdammten Schritt. Und obwohl es jetzt in Strömen regnete, fühlte ich mich ausgedörrt wie eine Wüstenratte. Meinen Kameraden ging es nicht besser. Wenn ich den Blick von meinen Stiefelspitzen hob und mich umwandte, sah ich in verzerrte, von der Anstrengung richtig entstellte Fratzen. Wir kämpften um jeden Schritt. Das Ende kam nicht in Sicht. Hinter der nächsten Kurve ging es immer weiter und weiter.
  Irgendwo in diesem Dunst musste doch unser Ziel liegen. Das gelobte Land der Erholung; der Preis für unsere Leiden. Oder waren wir schon dran vorbei? Hatten uns verirrt in dieser Wildnis? Würden wir jemals irgendwo ankommen?
Oder bis ans Ende unserer Tage immer weitergehen?
  Ich wusste nichts mehr. Konnte nicht mehr klar denken. Alles war nur noch ein kolossaler Schmerz.
  Irgendwann war es dann doch vorbei. Es ging bergab. Mit letzter Kraft schleppten wir uns durchs Kasernentor, hinein ins Paradies ewigen Stillstehens. Wir waren ein schlaffer Haufen, wollten unsere gequälten Körper nur noch unter eine heiße Dusche zwingen. Aber es war noch nicht erlaubt. Vorher musste man seine Schlammverkrusteten Klamotten säubern, die Stiefel wieder auf Hochglanz bringen. Um sie dann am nächsten Tag wieder dreckig zu machen. Es war ein endloser Kreislauf nutzloser Beschäftigung, der – zäh wie der klumpige Schlamm an unseren Stiefeln – unsere Leben ausfüllte.

 In den folgenden Wochen mussten wir noch viele Male unsere müden Körper diesen Berg hinauf schleppen. Es wurde mit der Zeit nicht einfacher, leichter, oder besser. Dort oben hatte inzwischen der Winter Einzug gehalten, doch dem ungeachtet versuchte unser schnauzbärtiger Anführer uns mit allerlei Schabernack die Kunst der Kriegsführung näher zu bringen. Dauernd wurde gebrüllt. Und mit kleinen Klappspaten gruben wir kleine Löcher in diesen verschissenen Berg; den ich zu hassen gelernt hatte wie noch nie etwas zuvor in meinem Leben. Wir durchwühlten diesen lehmigen und an der Oberfläche bereits gefrorenen Boden wie die Goldsucher. Doch gefunden haben wir weder Gold noch sonstige Wertsachen, immer nur neue Leiden und fiese Schweinereien. Und dann hockten wir in unseren kleinen Löchern und spielten die Verteidiger der freien Welt und ihrer unsozialen Marktwirtschaft. Dabei wurden wir immer müder und müder beim Warten auf die barbarischen Horden die da kommen sollten. Es tat sich nix. Der Feind hatte tüchtig Verspätung. Wir froren, trotz zwei Paar Socken und ausgebeulten langen Unterhosen.
  Dann kamen sie doch noch. Die Feinde. Es waren die Kollegen von der zweiten Kompanie, die mit ordentlich Gejohle und albernem Geschrei auf unsere Kuhlen zustürmten. Hätten sie nicht ihre Uniformen getragen, hätte man sie glatt für die Besatzung eines Irrenhauses halten können. Vielleicht machten die Uniform auch keinen Unterschied. Wir schossen ein bisschen auf sie, mit Platzpatronen und ohne echte Begeisterung. Quasi pro forma.
  Ich war mir ja durchaus im Klaren, dass ich ein Mordinstrument in Händen hielt. Aber dieses Gewehr hatte nicht geheimnisvolles, nichts magisches, dass mir auf spirituelle Weise den Wunsch einflüsterte, ein Mörder zu werden. Ich hatte ja nachgesehen. Mit offenen und geschlossenen Augen hatte ich diese mir leihweise von der Bundesrepublik Deutschland überlassene Flinte auseinander und wieder zusammengebaut. Bis zur letzten Feder, dem allerletzten Bolzen. Das Ding hatte nichts Übersinnliches, und übte keinerlei Reiz auf mich aus.
  Ich hatte ja so nebenbei meine Kollegen beobachtet. Da gab es ein paar aus den anderen Zügen, richtige Krieger, die waren bei so lächerlichen Spielchen mit wahrem Feuereifer bei der Sache. Man kriegte richtig Angst über ihren Enthusiasmus bei diesem Blödsinn. Ich wunderte mich zusehends über diese Burschen, denn da waren auch ein paar Leute unter ihnen – Abiturienten mit seidigem Haar und feinen Gesichtszügen – von denen ich annahm, dass sie es besser hätten wissen müssen.
  Für mich war dieses Gewehr nur ein weiterer unhandlicher Gegenstand den ich durch die Gegend schleppen musste, den ich zu reinigen und zu pflegen hatte.
Nachts lag es ölig glänzend und tot in einem Regal der Waffenkammer. Vielleicht würde irgendwann nach mir ein potentieller Mörder dieses Gewehr liebevoll und dankbar an seine Brust drücken? Ich war es garantiert nicht. Weder betrunken noch nüchtern bin ich ein sonderlich gewalttätiger Mensch.
  Was hatte ich eigentlich hier zu suchen?
  Auch als sie uns echte Munition gaben, führte mich das nicht in ausreichende Versuchung. Es war an einem bitterkalten Morgen. Wolkenloser Himmel, leichter Wind aus West. Und wir standen auf einem Schießplatz in der näheren Umgebung von Göttingen, hörten unseren Chefs zu wie sie endlos verwirrende Sicherheitsbestimmungen runterleierten, während wir langsam am Boden festfroren. Erste Schneeflocken wirbelten vom Himmel. Dann waren die ersten fünf an der Reihe. Sie brachten ihr Ding. Es knallte – trocken und laut. Dann die nächsten fünf. Ich sah mir ihre Gesichter an als sie wiederkamen. Nichts an ihnen hatte sich verändert. Sie sahen aus wie vorher: müde, verwirrt, gelangweilt. Nur bei wenigen war ein Unterschied feststellbar. Sie hatten so ein geiles Glitzern in den Augen, versprühten satte Selbstzufriedenheit und hinter ihren grinsenden Gesichtern lauerte tonnenweise Dummheit. Eindeutig waren sie auf etwas gestoßen, dass sie tüchtig aufgegeilt hatte.
  Dann war ich an der Reihe. Von einem Kerl der in einem großen mobilen Holzkasten hockte bekam ich meine fünf glänzenden Messingpatronen. Der Kasper in der Kiste überreichte mir die Dinger so feierlich und Vertrauensvoll wie ein Priester die Hostie. Wir wurden zur Schießbahn geführt. Ich legte mich auf eine Matte vor meinem Ziel und fütterte das Magazin mit den Patronen, dann das Magazin ins Gewehr. Ich wartete. Schröder hatte die ganze Zeit hinter mir gestanden, jeden meiner Handgriffe beobachtet. Würde er mir trauen können? Vorsichtshalber war auch er bewaffnet. Er brüllte:
  „Ziel Ringscheibe in 100 Meter Entfernung! Durchladen…! Feuer frei!“
  Ich lud durch, linste durch Kimme und Korn. Meine Brille beschlug. Nur verschwommen konnte ich etwas sehen, irgendwo da hinten. Zusätzlich störte mich ein kleiner fieser Gedanke, der unaufhörlich seine Runden durch meine Birne drehte. Was würde wohl passieren wenn ich mich umdrehte und auf unseren Schröder anlegte? Oder auf einen anderen von den Idioten? Würde ich ihn erschießen können?  Wenn ja, was hätte ich damit bewiesen? Das Sie mich doch letztendlich dazu getrieben hatten? Und was würde ich dabei gewinnen? Oder verlieren? Das waren mächtig interessante Gedanken. Für die ich aber im Moment keine Zeit hatte. Schröder wartete darauf dass es knallte. Ich konzentrierte mich, wischte über meine Brillengläser und verscheuchte diese irren Ideen. In mir drin steckte kein bis hierhin verborgenes blutrünstiges Monster das jetzt zart wie eine verliebte Frau die Kontrolle über meine Seele übernahm. Ich würde mich nie umdrehen und auf ihn anlegen. Ich schoss auf die Zielscheibe, dass Gewehr bockte hart gegen meine Schulter. Ich schoss daneben. Ich war kein guter Schütze; würde nie einer werden.

  Die kleinen Torturen nahmen ihren Lauf. Mit immer neuen anstrengenden und ermüdenden Leibesertüchtigungen hielten sie uns auf Trab. Ständig hielten sie uns in Bewegung. Sie hatten wohl Angst, dass bei uns das Denken einsetzte, sobald wir uns hinsetzten.
  An Weihnachten hatten sie mich netterweise dazu auserkoren ihre Kaserne zu bewachen. Und am Heiligen Abend stand ich dann als Torposten in der Einfahrt. Ich hatte die Mittelschicht erwischt. Von 2 bis 4 in der Nacht. Tiefste Dunkelheit hatte die Schatten verschluckt. Schneeflocken fielen in fetten Schlieren auf die Hausdächer. Kein Mensch kam und verlangte bei mir Einlass, Niemand war mehr da der raus wollte. Die meisten Menschen lagen jetzt wohl satt und zufrieden in ihren Betten. Ich fand das mehr als ungerecht und schmiedete abenteuerliche Rachepläne. Das einzig schöne an meinem Bewachen war die Tatsache dass ich diesen Job erledigen konnte ohne mich zu bewegen. Ich war ein stocksteifer Wächter. Und im Rumstehen kannte ich mich äußerst gut aus – da nahm ich es mit jedem auf.
  An Sylvester war ich dann endlich wieder Zuhause. Zusammen mit Beatrice konnte ich diese grausame, alles in mir erdrückende Welt für einige Zeit beiseite schieben. Wir erfreuten uns wie Kinder an dieser Freiheit und ließen mächtig die Wände wackeln. Später gingen wir feiern. Und wir feierten als ob es das letzte Mal wäre. Wild und laut, singend und tanzend, so als wenn morgen der Weltuntergang bevorstünde.
  Extrem verkatert aber pünktlich meldete ich mich am Abend des Neujahrstages bei meiner Einheit. Es waren noch endlose 365 Tage bis ich es überstanden hatte. Ich fiel ins Bett.
  Am nächsten Morgen wurde unsere Grundausbildung für beendet erklärt. Wir mussten umziehen. Also packten wir unseren angesammelten Kram und schleppten alles einen Eingang weiter ins selbe Gebäude. Alles war wie zuvor. Die Stuben, die Einrichtung, sogar die Farben. Sie kamen hier mit erstaunlich wenig Fantasie zurecht. Nur der Name hatte sich geändert. Wir wurden nun Kampfkompanie genannt. Wir wurden auch befördert, vom Rekruten zum Gefreiten. Wie gewohnt fragte man uns vorher nicht nach unserer Meinung. Hätte man es getan, hätte ich ihnen gesagt das mir am Kämpfen nichts lag, und das ich erst recht niemanden gefreit hatte. Wir verabschiedeten uns von unserem Schröder. Ich hatte eigentlich nichts gegen ihn. Er war ja nur ein winziges Zahnrad in dieser Maschine, und immerhin hatte er versucht ein Minimum an Gerechtigkeit und Fairness aufrecht zu erhalten. Jetzt war er uns los. Aber es wartete schon eine Ladung neuer rekrutierter Lehrlinge auf ihn.
  Dass sie mich nun Gefreiter nannten und die dafür vorgeschriebenen Schulterklappen verpasst hatten war mir herzlich egal. Auch das sie uns ein wenig mehr Sold zahlten riss mich nicht gerade vom Hocker. Für mich war interessant das es nun Ausgang bis zum Wecken gab. Ich bin ein Mensch der sich gerne in der Nacht herumtreibt. 2 bis 3 Stunden Schlaf reichen mir. Hier brachte er eh keine wirkliche Erholung. Tagsüber war ich ständig müde, daran änderte auch nicht ein 10 – Stunden – Schlaf, den ich gelegentlich einschob.
  Doch auf jeden winzigen Lichtblick im Leben folgt automatisch eine finstere endlose Zeit des Horrors.
  Unser Horror trug den bedeutungslosen Namen Schmalitz. Und er war unser neuer Gruppenführer. Stabsunteroffizier Schmalitz! Ich hatte ihn kaum angesehen, schon wusste ich das ich es mit einem humorlosen Arschloch zu tun hatte. Er war wohl schon Mitte dreißig, hatte schütteres rotblondes Haar das wie irgendetwas Totes auf seinem Schädel hängen geblieben war. Geplatzte Äderchen durchzogen seine wabbeligen Wangen, gelblich Tränensäcke hingen ihm unter seinen stupiden stumpfen Augen. Seine Figur war eine einzige Lachnummer: Schultern die zu schmal für den Rest waren, fetter Wanst auf dünnen Beinen und keinerlei Hintern in der Hose. Natürlich trug auch er einen Schnurrbart. So eine Rotzbremse schien in dieser Saison bei den Sadisten gerade en Vogue zu sein. Alles in allem wirkte er wie eine unverdaute Mahlzeit, die ihren Daseinszweck im Schikanieren eines gesunden Organismus vollendet.
  „ACHTUNG!“ Er röhrte wie ein irrer Wasserbüffel.  
  Alle drehten sich zur Tür hin. Gerade aufgerichtet, die Fäuste an der Hosennaht. Es ging inzwischen ganz automatisch. Andreas, einer der Dortmunder und der Stubenälteste, leierte seine Meldung runter:
  „Stube eins, mit ach…“
  „ICH KANN SIE NICHT VERSTEHEN, GEFREITER. MACHEN SIE LAUT UND DEUTLICH MELDUNG!“
  Dabei wanderte er durch unsere heimelige Bleibe, schielte unter die Betten und in die halb eingeräumten Spinde. Vor dem auf Kipp stehenden Fenster blieb er stehen, sein Blick wanderte ins Nirgendwo. Er versuchte auszusehen wie jemand der tonnenschwere Probleme durch sein geniales Hirn wälzt. Es sah lächerlich gestellt aus. Höchstwahrscheinlich dachte er nur an seine nächste Mahlzeit. Andreas startete einen neuen Versuch:
  „Stube eins, mit acht Mann belee…“
  Wieder wurde er unterbrochen. Wir standen immer noch in Habachtstellung und mussten ihm zuhören.
  „IHR GLAUBT ALSO DAS IHR JETZT SOLDATEN SEID…! DAS EURE AUSBILDUNG BEENDET IST…! DAS IHR RICHTIGE KÄMPFER SEID…!“
  Was für eine hohle Nummer, dachte ich.
  „IHR SEID GARNICHTS! KLEINE KINDER SIND GEFÄHRLICHER ALS IHR! DER DRECK UNTER MEINEN FINGERNÄGELN IST GEFÄHRLICHER ALS IHR ALLE ZUSAMMEN!“
  Ach nee.
  „ABER ICH WERDE EUCH AUF VORDERMANN BRINGEN! ICH WERDE RICHTIGE MÄNNER AUS EUCH MACHEN! UND WENN ICH DAMIT FERTIG BIN WERDEN SIE MIR DANKBAR SEIN…!“
  Würde ich nicht, dachte ich, Auch wenn er der Retter des gesamten Universums wäre, würde ich ihm niemals dankbar sein.
  „SIE DA!“ Er glotzte mich an. „GEFREITER WEDEL! NEHMEN SIE IHR DRECKIGES GRINSEN AUS DEM GESICHT!“
  „Ich grinse nicht, Herr Stabsunteroffizier, das ist mein von Gott gegebener Gesichtsausdruck.“
  „SCHLIMM FÜR IHR GESICHT!“ Er kam auf mich zu. Ganz nah kam er an mich ran. Ich konnte ihn riechen. Er stank nach altem Schweiß und billiger Seife. Ich zuckte mit keiner Wimper.
  „TRETEN SIE ZWEI SCHRITTE ZURÜCK!“
  Was ich sofort tat. Keinesfalls wollte ich von ihm berührt werden. Er packte meinen zu dreiviertel eingeräumten Spind und kippte ihn nach vorn, schüttelte ihn, bis der ganze verdammte Kram auf dem Boden lag. Ein schöner Haufen.
  „IN EINER STUNDE MACHE ICH GROSSE INSPEKTION! UND WENN DANN NICHT ALLES TIPPTOPP IST, DANN GNADE IHNEN GOTT! DANN REISS ICH EUCH DEN ARSCH AUF, BIS ZU DEN OHREN!“
  Das war ´s! Diese Sau hatte ich gefressen. Der war bei mir für alle Zeiten unten durch. Mit diesem Klapsmann würden wir sicher noch unseren Spaß haben. Das war mal sicher. Äußerst innig wünschte ich diesem Saftsack ein paar ekelhafte Seuchen an seine verschwitzten Eier.
  Beim abendlichen Appell machten wir die Bekanntschaft der restlichen neuen Chefs. Da gab es unseren neuen Zugführer: Einen blassen schwarzhaarigen zierlichen Typen von fast zwei Metern Länge, sein Dienstgrad nannte sich Fahnenjunker, und er kam frisch von irgendeiner Akademie – oder wo immer sie ihre Offiziere herstellten und ihnen lustige Titel verliehen. Sein Name war Beckmann. Später sollte ich ihn als einen überaus eitlen und hinterhältigen Schleimer kennenlernen, der seinen Vorgesetzten hemmungslos in die militaristischen Ärsche kroch. Uns Fußvolk beachtete er kaum.
  Dann kam der neue Kompaniechef. Besser gesagt, er kam nicht. Er befand sich gerade im Urlaub. In meiner Zeit bei dieser Truppe hab ich den Mann keine dreimal gesehen, und das nur von weitem. Entweder war der Chef in Urlaub,  krank, oder beides. Ein feines Leben. Seinen Namen hab ich erst gar nicht auswendig gelernt. Den ganzen Laden schmiss der Kompanie – Feldwebel. Der „Spieß.“ Er war schon ein älterer Herr, grauhaarig, etwas korpulent und schrecklich O – Beinig. Irgendwie machte er einen sympathischen Eindruck. Hinter seinen platten Witzen und brachialen Zoten schimmerte manchmal ein echter Sinn für Humor durch, besonders wenn er vertrackte Dienstanweisungen und Tagesbefehle kunstvoll zum Besten gab – ein echter Spaßvogel.

  Der Winter hatte die Landschaft weiterhin im eisigen Griff. Dieses Niedersachsen war im Sommer kaum auszuhalten, der Winter machte es gänzlich unerträglich. Verschneite Märchenwälder fand ich noch nie besonders romantisch. Erst recht nicht wenn man mit einem grenzdebilen Leuteschinder unterwegs war, der einem mit fürchterlichen Konsequenzen drohte, falls man nicht schnell genug durchs verfilzte Unterholz robbte. Nie wieder in meinem Leben wünschte ich mir mehr einfach unsichtbar zu sein. Der Schweiß rann uns Bäche weise von den angestrengten roten Gesichtern in den harschigen Schnee, wo er kleine Krater hinterließ. Seit diesen Tagen bekam die Vorstellung einer möglichen Hölle eine ganz andere Bedeutung für mich. Es war nicht länger ein Glutofen ewigen Fegefeuers. Die Hölle war eher ein eisiger Gefrierschrank in dem der Teufel stündlich Eiswürfel zum Fressen serviert. Und dieser Teufel hatte einen Namen: Schmalitz!
  Doch im Grunde war er leicht zu durchschauen. Hinter der dünnen Fassade seiner verbalen Gewalttätigkeit schlummerte ein immens träger Charakter, der, gesteuert von allerlei Ängsten und Unsicherheiten, sich nur in Form vorsätzlicher Raserei und jähzorniger Tobsucht ausdrücken konnte. Er wollte uns nur tüchtig das Fürchten lehren um uns am Nachdenken zu hindern. Denn hätten wir mal konsequent über alles nachgedacht wären wir unweigerlich auf die Idee gekommen, ihn uns zu schnappen um ihm die Prügel seines Lebens zu verabreichen.
  Aber soweit konnten wir noch nicht gehen. Einigen fehlte noch dieser spezielle Geist, der aus geschundenen Männern schließlich Meuterer und Revoluzzer macht.
  Unterdessen mussten wir und weiter plagen. Wir waren Panzergrenadiere. Die Fußgänger des Krieges. Nur sehr selten wurden wir gefahren; eingezwängt wie Vieh in zugigen LKW ´s.
  Damit es uns in der Zwischenzeit nicht langweilig wurde, gaben sie uns neue Spielzeuge: Maschinengewehre, Panzerfäuste, ein ungeheuer lästiger Haufen schweren Zeugs. Und unser Schweißfuß – Toni hatte das große Los gezogen. Er wurde zum Lafetten - Schützen auserkoren. Diese Lafette war ein brutal schweres Eisenteil aus lauter Scharnieren und Hebeln und Bolzen. Dieses Horrording diente als Aufnahme für ein MG, mit dem man dann fröhlich in der Gegend rumballern konnte. Doch die meiste Zeit musste er das Teil nur durch die Botanik tragen. Eine wahre Herkules – Schinderei, für die man ein Pferd nur widerwillig missbraucht hätte. Wenn er sich dieses Monstrum auf den Rücken geschnallt hatte, brauchte er unsere Hilfe um überhaupt aufstehen zu können. Mehr als einmal ist er hingefallen und allein nicht mehr hochgekommen. Mir war es ein Rätsel wie er das aushielt.
  Aber mir blieb kaum Zeit zum Raten. Der Herr über unser aller Schicksal hatte mich zum Panzerfaust – Schützen bestimmt. Diese Panzerfaust war eigentlich nur ein dickwandiges Ofenrohr, mit einem Scharnier zu aufklappen, einem Griff mit Abzugshahn und einer Vorrichtung um eine Zieloptik darauf festzuklemmen. Ein Trageriemen war das komfortable an dieser Killer – Maschine, die wohl an die achtzehn Kilo wog. Natürlich befreite dieses Ding mich nicht davon den üblichen Kram durch die Landschaft zu schleifen. Dieses mistige Scheißding hing bleischwer an meiner Schulter. Und an meinen Nerven. Ich träumte schon von diesem fiesen Teil, wie es für alle Zeiten fest an meinem Innersten geschmiedet blieb, egal wo ich hinging. Es war unglaublich Nerv tötend. Der Lafetten – Mann war sicher noch schlechter dran als ich, aber das half mir herzlich wenig in meiner Misere. Wir waren beide Leidensgenossen die fluchend und spuckend durch die Hölle trabten, ohne Aussicht auf Erlösung. Nie haben wir auch nur einen Schuss aus diesem Monstrum abgefeuert. Es war nur zum Spazieren tragen.
  Fast unbemerkt war der Frühling in unsere Welt geschlichen. Kleine grüne Knospen brachen aus den Zweigen; die uns so lieblich über die Gesichter peitschten, wenn wir durch diese Wälder wackelten. Die Luft war milde wie der Kuss einer liebenden Mutter, und trieb uns den Schweiß in neuer Rekordzeit aus den Poren. Es wurde mehr und mehr zum Horrortrip.
  Ein simpler Unfall rettete meinen ramponierten Arsch gerade noch rechtzeitig vor dem totalen Zusammenbruch. Ich war auf Wochenendurlaub als ich die Treppe runter fiel und mir beim Aufprall den Knöchel brach. Es war ganz einfach. Beatrice fuhr mich ins nächste Bundeswehrkrankenhaus wo sie mich röntgen und mir eine Meeeeenge Fragen stellten über den genauen Hergang meines Unfalls. Vielleicht dachten sie ich wäre so ein Typ der auf Selbstverstümmelung abfuhr. Aber daran hatte ich noch nicht einmal gedacht. Ich hatte nur ein paar Bierchen getrunken, was ich bei meiner Befragung geflissentlich unterschlug. Schließlich gaben sie sich mit einem normalen Unfall zufrieden. Eine nette Krankenschwester fummelte mir einen Gipsverband ums Bein, spendierte mir zwei Krücken, und entließ mich mit dem Versprechen das ich mich alle zwei Wochen melden würde nach Hause. Ich war bis auf weiteres Heimkrank geschrieben. Was für ein angenehmes Wunder!
  Ich dankte allen gerechten Göttern wenn ich abends in meinem eigenen Bett lümmelte und an einer kühlen Flasche Bier nuckelte für diesen Sturz. Ich ließ mich pflegen. Meine Mutter kochte, Beatrice bedachte mich mit ihrer Gesellschaft. Sie redete nun öfter davon ins Ausland zu gehen um Sprachen zu studieren, was ich allgemein für eine gute Idee hielt – solange sie mit ihren starken Hüften und bereiten Brüsten auf mir hockte. Mein Gipsbein war bei unseren Aktionen etwas hinderlich. Aber es war immer noch besser als von einem Wahnsinnigen durch einen dunklen Wald gehetzt zu werden… Ich mochte gar nicht daran denken und genoss mein krankes Dasein. Es schmeckte herrlich nach Erdbeeren mit Schlagsahne.
  Nach vier Wochen verpassten sie mir einen Gehgips. Ich konnte meine Krücken gleich da lassen und freihändig nach Hause wanken. Ich dankte es ihnen mit einem ausgiebigen Zug durch die Kneipen. Das Leben war ein Fest. Aber es dauerte nicht ewig. Nach zwei weiteren Monaten Erholung und göttlicher Ekstasen wurde ich zu meiner Einheit zurückbeordert. Es war ein harter Schlag. Es hatte sich nichts verändert. Außer das ich bis auf weiteres vom Tragen schwerer Lasten und dem Marschieren befreit wurde. Ich schob Innendienst. Nach dem morgendlichen Appell meldete ich mich bei unserem Spieß in der Schreibstube und half ihm ein wenig bei seinem Schreibkram, kochte Kaffee, machte kleine Botengänge und freute mich diebisch über diese angenehme Arbeit. Ich simulierte ein wenig um es in die Länge zu ziehen, und um unseren Klapsmann Schmalitz zu ärgern, der sich fast täglich nach dem Stand meiner Genesung erkundigte.
  Immer wenn ich ihn sah humpelte ich übertrieben vor ihm rum. Es machte ihn ganz verrückt und wahnsinnig wütend meinen kleinen unnützen Arsch nicht weiter quälen zu können. Es machte mir großen Spaß seine verkniffene Fresse zu betrachten. Der Sommer hatte auch seine guten Seiten. Wenn ich kurz vor Dienstschluss die Ankunft meiner Kameraden beobachtete, ihre zutiefst erschöpften Gesichter sah, fühlte ich doch so etwas wie Mitleid in meiner faulen Seele. Aber nicht sehr stark. Es war ja nicht meine Schuld. Außerdem würde ich schon bald wieder mit ihnen Leiden müssen.
  Derweil ging ich aber lieber in die Kneipe. Auf meinen Streifzügen hatte ich eine neue und recht interessante Bar entdeckt. Gar nicht weit von unserem Stützpunkt. Der Laden war nicht besonders groß, verfügte aber über ein geräumiges Hinterzimmer in dem ein Billardtisch stand und eine Musik – Box an der Wand hing. Eine Wirtin gab es auch. Sie hieß Klaudia und managte diese gastliche Stätte ganz allein – was nicht besonders schwer war. Denn höchstens am Wochenende sorgte die Dorfjugend für ein bisschen Stimmung. Unter der Woche war ich meist ihr einziger Gast. Doch manchmal schleppte ich ein paar Kameraden mit, um Partner beim Billard zu haben. Zusätzlich versuchte ich tapfer der Klaudia ihre Vorräte leer zu trinken. Und so kam sie ganz gut über die Runden. Nebenbei fiel ihr des weilen ein junger Soldat zum Opfer der ihr bis zum Morgen das Bett warmhielt. Sie war ja nicht mehr die Jüngste und musste mit reichlich Freigetränken massiv nachhelfen bei der Jagd nach einem Willigen. Ich stand nicht auf ihrer Liste. Sie wusste was ich von ihr wollte – und das verkaufte sie nur in Flaschen. Alles in Allem war sie eine recht angenehme Gastgeberin, störte mich nur um Nachschub zu liefern und hielt die Klappe. Was ihr hoch anzurechnen war. Ich ließ eine Menge Geld bei ihr.
  In der Kaserne spielte ich weiterhin den Krüppel. Landesverteidigung war ein harter Job bei dem man jede Pause gründlich ausnutzen musste. Sicherlich war das Pflichtvergessen und nicht sehr patriotisch von mir. Aber mit solchen Begriffen hatte ich noch nie etwas anfangen können. Und mit Ehrgefühl brauchte man mir gar nicht erst zu kommen. Es war mir vollkommen egal.
  War ich deswegen ein schlechter Mensch? Vielleicht ja. Auf jeden Fall war ich ein angeschissener Mensch, denn meine Zeit als verordneter Invalide wurde endgültig als Beendet erklärt. Ich kam nicht daran vorbei mich wieder als Einsatzfähig beim Sackgesicht Schmalitz zu melden. Es schien so als habe er mich ehrlich vermisst, als er mich zur Begrüßung herzlich anbrüllte:
  „SOSO, DER GEFREITE WEDEL MELDET SICH ZURÜCK! ES GESCHEHEN DOCH NOCH WUNDER! IST IHNEN IHR SESSELFURZER – JOB ENDLICH LANGWEILIG GEWORDEN?“
  Eigentlich nicht, dachte ich mir, gesagt hab ich dazu nichts.
  „ICH WERDE IHNEN DAS TINTENPISSEN SCHON WIEDER ABGEWÖHNEN! DA KÖNNEN SIE SICHER SEIN! ICH BRING SIE SCHON WIEDER AUF VORDERMANN, SIE WINDEI!“
  Subtilität war nun mal nicht seine große Stärke.
  „ICH WERDE IHNEN SCHON NOCH DEN ARSCH AUFREISSEN! UND WENNS SEIN MUSS BIS ZU DEN OHREN! WEGTRETEN AUF IHRE STUBE! MARSCH -  MARSCH!“
  Ich salutierte nachlässig und trat ab. Weder eingeschüchtert oder Angst erfüllt. Der Schmalitz war nur ein schäbiger Neandertaler an dem die Evolution spurlos vorbei gegangen war. Nichts an ihm war besonders interessant oder gar hassenswert. Er war einfach ein Nichts in gebügelter Uniform, ein blasser Nebel mit lauter Stimme und schlechten Manieren. Eine komplette Witzfigur. Sicher bekam er einen Steifen wenn man artig vor ihm Männchen machte.
  Doch auch diesmal hatte er nicht viel Freude an mir. Auch Landesverteidiger hatten Anspruch auf Jahresurlaub. Das galt auch für unseren armseligen Haufen. Da war für sie nix zu machen. Also gaben sie uns widerwillig den Befehl in Urlaub zu gehen. Auch der Schmalitz wurde in denselben geschickt. Er sah richtig unglücklich aus, so als wüsste er nicht wohin. In der zivilen Welt war momentan kein Platz für einen Brachial – Wüterich wie ihn. Ich war natürlich äußerst erfreut ihn in den nächsten zwei Wochen weder zu sehen noch zu hören.
  Ich fuhr mit Beatrice nach Amsterdam. Es war nicht sehr vergnüglich. Zu viele Touristen verstopften die Straßen und Plätze; man fand kaum noch einen freien Platz in diesen holländischen Kneipen, die alle so niedlich eingerichtet waren wie Puppenstuben. Wir mieteten ein kleines Motorboot um aus dieser überfüllten Stadt zu fliehen. Doch das Ijselmeer war ebenfalls proppenvoll. Unzählige Segler waren unterwegs. Wo nahmen diese Menschen nur all die Freizeit her? Wir hielten uns abseits, schipperten vorsichtig in einen Kanal um die Nacht an einem Campingplatz zu verbringen, mit entspanntem Sex und vagen Träumen von unserer gemeinsamen Zukunft.
  „Im August gehe ich nach Frankreich,“ sagte sie, „zum Studieren. Ich glaube da

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HarryAltona
Über mich gibt es nichts interessantes. Aber jetzt auch mit schönen bunten Bildern.

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tooshytowrite Kein Frontschwein geworden - ich hab richtig mitgefühlt beim Lesen.
Vor langer Zeit - Antworten
Bleistift Vaterlandsverteidiger - Hab mich darin sowohl selbst,
als auch in den Zeiten von damals sofort wiedererkannt.
Sehr authentisch geschriebene, echt starke Geschichte.
Bin aber ehrlich gesagt auch sehr froh,
dass diese Kalten-Krieger-Zeiten justament vorbei sind
und nun hoffentlich für immer der Vergangenheit angehören.

LG Louis :-)
Vor langer Zeit - Antworten
Toller ach ja ... seufz - Schön, hier mal längere Lektüre zu finden.
Ich habe es mir nach 10 Seiten Lektüre erste ein mal als pdf runter geladen ... das Lesen braucht Muße .. :) Und auf dem e-book macht das Lesen mittlerweile richtig Spaß.

Meine 72/73er Erinnerungen schlummern auch noch auf dem Rechner.

Weitere inhaltlichen Kommentare später.
So long
Toll.er
Vor langer Zeit - Antworten
schnief toll, klasse geschrieben
Vor langer Zeit - Antworten
Boris ich würde es lieber in Teilen lesen - 77 Seiten ist echt lang

jfw
Vor langer Zeit - Antworten
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