Ein Telefonanruf
Ein Telefonanruf
© by Pinball
Es ist 6:00 am Samstag morgen.
Ich bin gerade nach Hause gekommen und meine Frau ist nicht da. Sie ist dieses Wochenende mit einer Bekannten unterwegs und wird erst gegen Mittag wieder zurück sein.
Ich liege müde aber entspannt auf dem Sofa und nehme mein Handy, dass geheime Handy, von dem niemand etwas weiß und wähle aus dem Gedächtnis deine Nummer.
Ich könnte sie auch aus dem Telefonbuch auf dem Handy heraus wählen, denn es ist die einzige Nummer, die in diesem Handy gespeichert ist. Ich habe sie schon unzählige Male gewählt, aber jetzt wähle ich sie aus dem Gedächtnis, jede einzelne Zahl langsam und ganz bewußt.
Das Telefon klingelt bei dir und ich zähle mit, eins, zwei, drei, vier, fünf, dann höre ich: „Hallo“
Nur ein einziges kleines Wort und es wird mir warm ums Herz.
„Hallo, ich bin es, Gerd. Sag jetzt nichts, hör mir nur zu und unterdrück ausnahmsweise einmal deinen Drang, mir zu widersprechen, wenn ich dir etwas Nettes sage.
Der Abend gestern mit dir, die Nacht mit dir. Es war die Nacht der Nächte für mich und als du gefahren bist, hat es mir fast das Herz zerrissen. Ich hatte den ganzen Weg nach Hause noch deinen Duft in meiner Nase und ich meinte, unter meinen Händen noch deine Haut zu fühlen. Der Schweiß unserer Lust, unsere Liebessäfte, das alles klebte noch an mir und ich habe auch im Hotel nicht mehr geduscht. Ich wollte dich nicht von mir abwaschen, wollte diesen verbliebenen Rest nicht gehen lassen, wollte ihn mitnehmen.
Wie herrlich es war, mit deinen langen Haaren zu spielen, meinen Kopf darin zu vergraben, dich einzuatmen und tief in mir zu verschließen. Deine Haut, so wunderbar glatt und geschmeidig, ist es Samt oder doch eher Seide? Wenn ich jetzt meine Augen schließe, sehe ich dein Bild vor mir, sehe dich nackt auf dem Bett liegen, die Arme nach mir ausgestreckt, dieses wunderbare Funkeln in deinen Augen und dieses verheißungsvolle Lächeln, das mir, nur mir gilt.
Du hattest dich mir zum Geschenk gemacht, für diese eine Nacht und wir wissen beide, daß sich dies nicht wiederholen darf, nicht wiederholen wird.
Es hätte auch nie passieren dürfen, aber es mußte eben passieren. Wir beide konnten nicht anders. Wie es mich zu dir zog, so zog es dich zu mir. Wir waren beide gegen diese Gefühle völlig machtlos.
Bereue ich?
Ja, den Betrug, den bereue ich, aber nicht diese Nacht.
Das, was mir bleibt, ist an dich zu denken, von dir zu träumen und dir auf diese Weise nahe zu sein. Das wollte und mußte ich dir sagen.“
Einen Moment ist Stille am Telefon.
Bis eine wütende Stimme sagt: „Du blöder Idiot, wähl verdammt nochmal die richtige Nummer und sag dann deinen Spruch nochmal auf.“
Dann wurde aufgelegt.