Fantasy & Horror
Tiffany und Leonardo - Die komplette Story in einem Buch

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"Tiffany und Leonardo - Die komplette Story in einem Buch"
Veröffentlicht am 12. März 2013, 370 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Freigeist. Im Bewusstsein, das ich ein sogenanntes "neues Kind" bin.Ich heilige die geistige Freiheit. Stilles Wasser. Katzen sind Götter; Wir haben das in Unserer hektischen Zeit lediglich vergessen!
Tiffany und Leonardo - Die komplette Story in einem Buch

Tiffany und Leonardo - Die komplette Story in einem Buch

Einleitung

... Es geht weiter! Der zweite Teil von Tiffanys Geschichte!

Kapitelangabe


3:_Prolog


4:_    1. Kapitel; Der Anruf


5:_   2. Kapitel; Frisch und unverdaut


6:_    3. Kapitel; Besuch

 

7:_    1. Zwischenspiel


8:_    4. Kapitel; Familie, heute


 9:_   2. Zwischenspiel

 

10:_   5. Kapitel; Scherben einsammeln

11:_   3. Zwischenspiel


12:_   6. Kapitel; Leonardo und Mark


13:_   7. Kapitel; Das Heiligtum


14:_   8. Kapitel; Tiffany allein zu Hause


15:_   9. Kapitel; Rakonsons Bericht


16:_ 10. Kapitel; Tyffanys Einweisung


17:_ 11. Kapitel; Es war einmal --- oder die feine Linie zwischen Fantasie und Realität


18:_ 12. Kapitel; Leonardo tut, was

getan werden muss


19:_ 13. Kapitel; Wenn das die Realität ist


20:_ 14. Kapitel; Zum Teufel mit dem Aberglauben!


21:_ 15. Kapitel; Herzlich willkom-

men! /1.


22:_ 16. Kapitel; Herzlich willkom-men! /2.


23:_ 17. Kapitel; Heiliges Leben!


24: 18. Kapitel; Der Tod ist erst der Anfang!


25:_ Nachwort

 

 

 

 


Prolog




Zehn Jahre sind mittlerweile vergangen, seit Tiffany Walter von diesem herzlos-en Schrecken heimgesucht worden ist, jenem grauenhaften Fluch, der die Leben von insgesamt fünf geliebten Menschen gefordert hat.


Zehn Jahre, in denen auch Ihre Mutter über den Verlust von Tiffs Vater und Bruder, sprich über den Tod ihres Man-nes; Tom Walter und dem ihres Sohnes; Michael und auch über die drei weiter-en nie ganz darüber hinweggekommen

ist.                                                            

Der Aufenthalt von Tiffs Mutter in einer geschlossenen Anstalt und auch der jahrelange, rege Konsum von Chemie zeitigen ihre Wirkung. Und doch: Es scheint ihr dabei gut zu geh-en.

 

Tiff kann sich kaum noch daran erinnern, wie Ihre Mutter mal gewesen ist. Davor. Zu viel ist geschehen; zu viele geliebte Menschen wurden aus Ihrer Mitte gerissen; geradewegs in die Umarmung des Todes. Zuviel hatte Sie erlebt, um in der Zeit seitdamals fähig zu sein, eine Beziehung auf die Beine zu stellen. Der Schmerz sass einfach zu

tief in Ihr. Und auch der Respekt davor, dass dieser Schmerz sich vergrössern; mächtiger und stärker werden kann, wenn Sie sich doch wieder; seit Robbie, an einer wirklichen Partnerschaft ver-suchen würde und welche dann mit einem weiteren riesen Schrecken für Sie wieder in einem Fiasko enden würde.                                                              Das konnte und wollte Sie sich ganz einfach nicht noch mal antun; das Ri-siko einzugehen erschien Ihr zu frag-würdig als das Sie es ernsthaft in Be-tracht gezogen hätte.                                                                                       Stattdessen konzentrierte sich Tiff im Verlauf dieser zehn Jahre stark auf sich – und auf Ihre Katze, Luna, mit der Sie

nun schon seit sechs Jahren zusammen lebte.


Sie hat die Zusatzschule, welche Sie davor zusammen mit Bea besucht hatte, abgeschlossen; mit Bravour könnte man sagen.                  

Tiff konnte sich während des Ler-nens einigermassen gut vor Ihrer Ver-gangenheit und somit vor all den schrecklichen Bildern; Bea welche zum Beispiel mit blutdurchtränkten Kleidern platt wie ein Kuchenteig auf der Stras-se liegend auf ihren Tod wartet; zu-rückziehen. Doch am besten gelingt Ihr das nach wie vor beim Kochen; das war nun mal eine Sache die zu Tiff zu ge-hören schien.


Und mit dreiundzwanzig ist Sie dann von Ihrem Elternhaus „ausgeflogen“ um daraufhin eine schöne, geräumige Dachwohnung in der Innenstadt von Reichsbach zu beziehen, wo Sie bis heute immer noch lebt.

 

 

 



1. Kapitel: Der Anruf

 


„Hallo Tiffany, hier ist Leonardo!“


„Ha … Hallo Leonardo“ war das einzige, was Tiff vorerst stockend hervorbringen konnte. In Ihrem Innern fing etwas an, sich zu spannen.


„Wie geht es dir?“ fragte Leonardo, welcher Tiffs Nummer gewählt hatte.


„Gut, danke!“ wenigstens konnte Sie jetzt ohne stockende Stimme sprechen 


„Wie geht es dir? - Das müssen ja

mindestens zehn Jahre her sein!“ Mindestens! dachte Tiff und Sie war keinesfalls überrascht,  Leonardos Stimme an diesem Dienstagmorgen am anderen Ende der Leitung zu hören; doch froh war Sie allemal, nach all die-ser Zeit jene, nach wie vor warme, wohlklingende und angenehme Stimme zu vernehmen, welche Ihr einen ange-nehmen Schauer über den Rücken jagte. Was für eine Überraschung! 


Leonardo schöpfte hörbar Atem, hielt ihn an und liess ihn dann wieder zischend entweichen, bevor er antwortete: 

„ Mir geht es auch gut; danke der Nachfrage. Es sind denn

übrig-ens genau zehn Jahre, Tiffany!“ Eine kleine Pause. „Und ich bin so froh darüber, dich nach all dieser Zeit wohlbehalten und gesund am Telefon hören zu können!“


„Danke“ antwortete Tiff; Sie hatte sich mittlerweile auf das grosse und be-queme Sofa gesetzt, welches mitten in der Wohnstube trohnte, aus welcher Sie das Klingeln des Telefons zuvor vernommen hatte. Sie war gerade noch in der Küche gewesen; der Abwasch war bereits erledigt und Sie wollte eben anfangen, die Herdplatten zu scheuern, als das Telefon mit seinem durch-klingenden Klingeln angefangen hatte, um Ihre Aufmerksamkeit zu buhlen.


„Also sind das jetzt zehn Jahre her, seitdem du mich damals im Spital besucht hast“ gab Tiff mit einem nachdenklichen aber erfreuten Klang in der Stimme zurück. „Ich hätte es nicht mehr genau sagen können, wenn mich jemand danach gefragt hätte!“ sagte Sie mit kichernder Stimme. In Ihrem Innern tauchte kurz das Bild eines sich drehenden Karussells auf um gleich darauf wieder so schnell zu verschwinden, wie es gekommen war.


„Plus, minus ein paar Monate viel-leicht“ vernahm Tiff Leonardos nun ebenfalls freudige Stimme die, wie Sie

feststellen konnte, nicht mehr ganz so jungenhaft tönte; es waren ja immer-hin zehn Jahre vergangen, seit Sie ihn das (erste und) letzte Mal sprechen hörte. Doch noch immer war diese wun-derbar anmutende Aufrichtigkeit in ihr vorhanden, wie Tiff mit grosser Freude weiter bemerkte. 

Und auch der Ton, der ja bekanntlich die Stimme macht, dachte Sie, hatte nach wie vor diesen durchdringenden; weder befehlerischen noch überheb-lichen, doch durchaus überzeugenden und reizenden Impuls. Sie fing an, vor lauter Freude, mit angezogenen Beinen auf dem weichen Sofa nach vorn und hinten zu wippen.

 

 

 

 

 



2. Kapitel: Frisch und unverdaut

 


„Aber ansonsten kommt es ziemlich genau hin,“ fuhr Leonardo weiter „es freut mich, deine Stimme nach dieser langen Zeit zu vernehmen; ich habe in all der Zeit immer wieder an dich gedacht (und wie!) und mich gefragt, ob du meinen Ratschlag in Bezug auf diesen Fluch, der damals auf dir gelastet hat, in die Tat umgesetzt hast … obschon ich es eigentlich schon immer gewusst habe, dass du richtig handeln wirst. Das war mir damals bereits schon, noch während ich mit dir

gesprochen habe, klar.“


Und wie erwachsen du geworden ist, dachte Tiff mit einem vergnügten Lächeln auf den Lippen.

„Du hast mich halt schon von Anfang an recht gut verstanden und obwohl wir uns ja im Prinzip noch nicht wirklich kennen, habe ich bei uns dieses, -entschuldige bitte vielmals, wenn das jetzt kitschig tönt; doch finde ich gerade keine andere, passendere Bezeichnung - … dieses Gefühl, als ob wir uns schon so lange kennen würden.“ Tiffs Stimme hatte sich gegen Ende dieses Satzes fast unmerklich ge-hoben und sie schien wirklich davon

überzeugt zu sein, was sie da eben ge-sagt hatte.


Leonardo hatte mit freudiger Über-raschung zugehört; er hatte auch die Überzeugung und aufkeimende Wärme in Tiffanys Stimme mitbekommen, dann antwortete er:


„Na ja, ich war mir so oder so ziemlich sicher, dass du es tun würdest. Dein Überlebenswille ist sehr stark. Kurzum gesagt. Und ja: Auch ich habe bei dir dieses tiefe Gefühl von Verbundenheit und dem absoluten, puren Vertrauen, zu dem manche Menschen nur nach einer mehrjährigen, gut funktionierenden Beziehung fähig sind.“  


Seine Stimme hatte angefangen, ein wenig zu zittern, als er dies sagte, doch nun fuhr er mit ernster, voller und durchaus sexy Stimme, wie Tiff kurz für sich dachte, weiter: 


„Zehn Jahre sind eine lange Zeit, das ist mir durchaus bewusst.“ Er machte eine kurze Pause, um Tiffany antworten zu lassen:


„Ja, durchaus … das ist es durchaus.“ sagte Sie mit verträumter Stimme. Tiff ist erst vor kurzem neunundzwanzig geworden und sie hatte in den vergang-enen zehn Jahren viele Erfahrungen ge-macht, die Sie dann und wann dazu

ge-bracht hatten, Ihr Denken in Bezug auf etwas Bestimmtes zu ändern. Sie hatte sich wirklich stark verändert; oder vielleicht etwas schöner ausgedrückt: Sie hat sich in dieser Zeit zu einer star-ken Frau entwickelt.                            


Manches dachte und tat Sie heute von Grund auf anders, als das noch mit neunzehn Jahren der Fall gewesen war. Ein angenehmer Schauer, welcher zur Hälfte mit Trauer und zur anderen mit Selbstliebe gefüllt war, überkam Sie fast augenblicklich, als Tiff daran dachte, was Ihr zehn Jahre heute be-deuteten, im Vergleich zu dem, was Sie noch mit neunzehn Jahren im

Zusam-menhang damit wahrgenommen hatte.                                                                                                                                                                                        

Doch jetzt empfand Tiffany lediglich grosse, aufrichtige Freude, was Sie durch das hin und her Wippen, das nun noch ausgeprägter war, indirekt zum Ausdruck brachte.


„Ja: Durchaus! Und trotzdem will offenbar etwas, dass Wir Uns wieder sehen; sich Unsere Wege und Bahnen erneut berühren. Was das Alles soll, weiss ich keinesfalls genau, doch würde ich lügen, wenn ich sagen würde, dass es mir nicht gefällt.“ Und da

Tiffdem nichts hinzufügen hatte, sprach Leonardo weiter:


„Es gibt da etwas, was getan werden muss; von dir und mir.“ Und nachdem Leonardo hörbar Atem geschöpft hatte: 

„Ich will mich jetzt nicht mit Kleinigkeiten aufhalten; doch weis ich wiederum auch, dass der Teufel im Detail steckt. Deshalb sage mir bitte nur dies: Deine Freundin Bea, ist sie wohlauf?“


Tiff wollte zuerst antworten; einfach etwas sagen. So wie es sich nun mal gehört. Wenn das gegangen wäre. Doch

bemerkte Sie, dass Ihr da ein riesen-grosser Kloss im Hals steckte, welcher es Ihr durch und durch unmöglich machte, zu antworten; einfach etwas zu sagen.                                                                                                                                                                               Stattdessen brachte Sie lediglich ein ersticktes Schluchzen zustande.

Tiff stand wie in Trance vom Sofa auf, und flüsterte mehr als Sie sprach: 


„Bitte ruf mich in einer halben Stunde nochmal an, okay?“ sie wartete nicht auf eine Antwort, beendete das Gespräch, indem Sie auf den roten Knopf des kabellosen Hörers drückte und warf ihn dann auf das Sofa.


Im nächsten Moment kniete Sie bereits vor der Toilette auf dem Boden Ihres weiss gekachelten Badezimmers. Die Welt, Ihre gesamte Umgebung, welche Sie normalerweise wahrnehmen konnte, verschwand in regelmässigen, pulsier-enden Stössen in einer undurch-dringlichen Schwärze um dann wieder im gleichen Takt nach vorne zu treten. 

Zudem drehte sich Alles in Tiffs Kopf mit einer selbstmörderischen Gesch-windigkeit.

Aber das war nicht das schlimmste; auch nicht der scheinbar Gläser spaltende, hohe Ton, welcher sich wie das Pfeifen eines völlig durchgedrehten Kobolds anhörte und welcher dabei wie

eine Kriegssirene sirrend an und ab schwoll.                                                                                                         

Am schlimmsten waren diese verdam-mten Bauchkrämpfe, die Sie zuvor dazu bewegt hatten, das Gespräch mit Leo-nardo zu beenden und sich stattdessen hier vor Ihrer Toilette einzufinden. Tiff wurde ein paarmal heftig geschüttelt, wobei das Zentrum direkt in Ihrem Bauch zu sein schien, welcher sich im-mer wieder krampfartig zusammen zog und als die Spannung dann beim dritten oder vierten Mal genug nachliess, musste Tiff kotzen, wie Sie es nicht einmal nach Ihrem schlimmsten Suff erlebt hatte. Erbrechen wäre wirklich zu

lieblich ausgedrückt und so kotzte Tiff also erst mal Ihr gesamtes Mittagessen, das Sie vorhin eingenommen hatte und noch den Rest des noch nicht völlig verdauten Morgenessens in die WC Schüssel, welche scheinbar mit einem begierigen Grinsen Tiffs Magensäfte entgegennahm.

 

Später dann, nachdem Sie geduscht und sich die Zähne geputzt hatte und nun wieder einiges frischer auf der Boden-matte, vor der Dusche stand, die pech-schwarzen Haare nach hinten gekämmt, so dass Tiffany sich im Spiegel be-trachten konnte  (Sie war noch immer sehr hübsch und Ihre vollen Lippen als auch Ihre blauen Augen strahlten eine

lebensfrohe Lust aus) und nur mit einem Badetuch um die nach wie vor knackigen (wie Sie fand) und schlanken Hüften geschwungen, dachte Sie, dass Sie eigentlich froh sein kann. Tiff war nicht traurig über die vergangen zehn Jahre. Nein: Sie war bereit weiter zu machen und Sie war froh; froh darum hier zu sein und Sie war froh darüber, etwas tun zu können; etwas, das getan werden musste. Das wusste Sie mit untrüglicher Überzeugung.

 

 

 

 

 

 

 

3. Kapitel: Besuch

 

Sie fühlte sich, nachdem Sie wieder aus dem Bad hervorgekommen war und sich anschliessend in Ihrem Schlafzimmer frische Kleider angezogen hatte, wieder einigermassen wohl. Die Magenkrämpfe hatten, nachdem Sie Ihren gesamten Mageninhalt der Toilettenschüssel ver-macht hatte, verschwunden, wie Sie ge-kommen waren.                                                                       


Das Summen in Ihren Ohren hatte sich unter der Dusche genauso wieder verz-ogen welche Sie erst betrat, als Sie sicher war, dass sich auch Ihre Sicht

und Ihre Wahrnehmung wieder hin-reichend stabilisiert hatten; selbstmörderische Gedanken und Taten lagen Ihr nach wie vor nicht.  

Sie haderte kurz mit dem Gedanken, ein-fach mit ihrem schwarzen Höschen und Ihrem „i love to learn!“  T – Shirt (Welches Sie nach all den Jahren noch immer hatte und welches mittlerweile aber so stark abgetragen war, dass Tiff es nur noch in den eigenen vier Wänden trug; ausserdem war es mit einer grossen Anzahl von kleinen Löchern überzogen, welche grössten-teils von Ihrer Katze, Luna mit Namen, stammten und so blieb es also ein „T-Shirt für zu Hause)  bekleidet auf Leonardos Rückruf zu warten,

ent-schied sich dann aber, einer innerer Regung folgend doch dazu, sich noch ein paar Blue Jeans anzuziehen und im Anschluss danach auch noch ein paar dünne Socken; der Sommer schien sich dieses Jahr etwas mehr Zeit zu lassen, bevor er kam und Sie fror fast ein wenig. Die Heizung hätte man durchaus nicht so schnell abschalten sollen, dieses Jahr, dachte Sie wieder einmal. (Wieviel Zeit wohl noch? fragte eine Stimme mit einem unverkennbar zy-nischen Unterton, tief in Ihrem Innern. Sie kannte die Antwort nicht und lächelte stattdessen einen Moment lang in sich hinein.)                                                                            

Ihre zierlichen Füsse, welche nun in

schwarzen Baumwollsocken steckten, wurden darauf schnell warm.

So ging Sie auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer; zum Telefon (Hach, was bin ich aufgeregt! Leonardo! … nach all diesen Jahren! dachte Sie) in die Küche, um sich ein grosses Glas Obst-saft und etwas zu knabbern holen; Sie verspürte zwar einerseits die grosse Lehre, welche in Ihrem Bauch herrsch-te, doch konnte Sie momentan auch noch nicht gerade ein fünf Gänge Menu mit anschliessendem Dessert ver-drücken; die Krämpfe waren, obschon wieder verschwunden einfach zu gräss-lich gewesen und Tiff spürte noch im-mer ein leichtes Nachhallen davon in Ihren Eingeweiden, also dachte Sie an

ein, zwei Scheiben Toast mit Butter und Honig oder; was auch noch gehen würde: An eine Schüssel voll Müsli.


Tiff erwartete keinen Besuch; im Ge-genteil, Sie erwartete das Telefon-klingeln  und Sie hatte darum sämtliche Sinne darauf eingestellt, um, falls es ertönen sollte, sofort in die Wohnstube zu gehen und dann wieder mit Leonardo sprechen zu können. (Klar, hätte Sie es zuvor aus der Wohnstube holen gehen können,- wofür gibt es schliesslich sonst kabellose Telefone? - aber Sie fühlte sich auch noch ein wenig ge-schwächt von dieser abscheulichen Kotzattacke, welche Sie eben erst über sich ergehen lassen musste und ging

deshalb mit dem Gedanken in die Küche, dass die Zeit ausreichen würde, um sich einen kleinen Imbiss zubereiten zu können, bevor Leonardo sich wieder bei Ihr melden würde; die halbe Stunde war, soweit Sie es beurteilen konnte, noch nicht ganz vorbei.)                                    

Deshalb erschreckte Sie jetzt das Ding Dong, der hoch klingenden Türglocke in der Stille dieses ruhigen Dienstag-morgens; das jetzt grotesk laut tönte, umso mehr und Tiffany hätte beinahe das noch leere Glas in Ihrer Hand fallen lassen, mit dem Sie vor dem Kühl-schrank stand.                                                                                                                                                                  

 Bevor dies jedoch tatsächlich passieren konnte, stellte Sie es statt-dessen auf die Küchenablage; Sie wurde binnen eines Augenblicks von einem seltsamen, doch nicht unangenehmen Kribbeln erfüllt, welch-es so stark zu sein schien, dass sogar Ihre Hände anfingen zu zittern. Zudem wollte Sie nicht mit einem Glas in der Hand stehend Ihren Besuch empfangen, der kein anderer war als


„Leonardo! Du bist hier; wie schön!“ rief Sie mit entzückter Stimme aus, nachdem Sie die Haustür geöffnet und jenen wunderbaren Mensch vor sich hatte, welchen Sie ein einziges Mal in Ihrem Leben; vor zehn Jahren (Plus,

Minus ein paar Monaten vielleicht) gesehen hatte und welcher sich kaum merklich verändert hatte. (Wie Sie mit grosser Freude feststellte.) Und im nächsten Moment lagen sich die beiden in den Armen .                                                                                                        

Leonardo war überwiegend in schwarz gekleidet, wie Tiffany bemerkte.

Nach einer stürmischen, intensiven Be-grüssung bei der sich die beiden sogar auf den Mund küssten; so, als handle es sich hierbei um ein langjährig ver-heiratetes Ehepaar oder um wirklich enge Freunde; welche erst in der Woh-nung, nachdem Tiff Leonardo

reinge-beten und die Haustür geschlossen hatte, mit einem dicken Schmatz Ihren krönenden Abschluss fand, geleitete Tiff Leonardo in die Wohnstube und meinte: 


„ Ich wollte mir gerade was zum beissen holen; möchtest du auch etwas?“


Leonardo welcher inzwischen auf dem Sofa Platz genommen hatte, blickte Tiff an und meinte dann: „Also irgendwas Kleines mag ich schon, wenn du so nett fragst!“

Tiff nickte lächelnd und drehte sich dann auf dem Absatz um und ver-schwand daraufhin in der Küche. 

                                                                                                         

Sie tat wahrhaft gut daran, etwas für sie beide zuzubereiten; diese Stärkung würde vieles einfacher machen.

 

 

 

 

 

 

 

 



1. Zwischenspiel

 

Mark Peterson war unterwegs; schliess-lich hatte die Nacht erst gerade begonnen.                                                                                      

Und: Es gab eine Menge zu erledigen. Im Prinzip gab es da ja „nur“ etwas, das zu erledigen war und das würde wirk-lich eine Menge sein.


Er spazierte recht schnell und zielstreb-ig auf dem Bürgersteig von Reichsbach Richtung Innenstadt und da es Don-nerstagabend und zudem noch Winter war, hielten sich die meisten Menschen nun bereits nach dem Feierabend, zu

Hause auf. Dann und wann begegnete er anderen Passanten, doch Mark hatte den Bürgersteig die meiste Zeit für sich allein und so liess er die Gedanken um das kreisen, was ihm bevorstand.                                                                


Mark Peterson war kein normaler Mensch. Und er würde heute jemanden auf die andere Seite geleiten. (Bringen würd es wohl eher treffen; doch intern wurde der Prozess des Sterbens, was die eigentliche Bedeu-tung des „auf die andere Seite geleiten“ war, stets so bezeich-net.)

Das Krankenhaus war noch eine gute Viertelstunde entfernt und Mark war

auch schon etwa so lange unterwegs; er hätte den Bus nehmen  können, doch er liebte lange Spaziergänge bei denen er seine Gedanken kreisen lassen konn-te.                                            

Vor allem im Zusammenhang mit dem rüber geleiten.                                                                                                    So konnte er sich angemessen vor-bereiten.

Und so ging Mark also an diesem Donnerstagabend mit dampfenden Atemwölkchen vor seinem Gesicht seinem Ziel entgegen. Die Strassen-lampen verwandelten dabei seinen Schatten auf dem Bürgersteig ab-wechselnd vor und hinter ihm in einen

Riesen.                                                                     

Er war eingepackt in einen langen, schwarzen Ledermantel, welcher dank des Innenfutters eine wirksame Barriere gegen die Kälte an diesem November-abend bot; geschneit hatte es seit etwa einer Woche nicht mehr, da es dafür zu kalt sei, wie die Meteorologen im Radio und im Fernsehen wie aus einem Hals in den vergangen Tagen immer wieder be-richtet hatten.                                                                                                                                                 

Seine Füsse steckten in bequemen, ebenfalls gefütterten schwarzen, halb-hohen Stiefeln und das meiste seines Kopfes wurde durch die schwarze (wen

wundert’s?) Kapuze seines dicken, wohligen Pullovers bedeckt.                                                                                        

Vom Kopf bis zu den Füssen gut ein-gepackt, hatte er auch innert kürzester Zeit während des Spazierens richtig warm bekommen und so öffnete Mark nun den obersten Knopf seines Mantels, welcher bis zu seinen Stiefeln runterreichte, um ein wenig von der an-genehm frischen und kalten Abendluft auf seiner Brust fühlen zu können; Kälte hat immer einen überaus beruhi-genden Effekt.  


Seine Aufgabe (wenn man das, was getan werden musste, denn als eine

solche bezeichnen konnte) bestand also heute Abend darin, einen gewissen Menschen von der Welt der Lebenden in die Welt der Toten zu geleiten. Wieder einmal.                                                                                                                    

Dafür zu schauen, dass diese Person auch wirklich rüber geht und dort bleibt und nicht etwa eine Abzweigung be-nützt um weiterzuleben. – Er brachte nicht den Tod; nein. Der war ja schon immer lange bevor Mark eintraf, zur Stelle.                                                                                                                             

Mark war zwar ein Wesen, welches dem Tod half, seine lebensauslöschende

Ar-beit zu erledigen. Doch war diese Art von Unterstützung im Prinzip nur eine Art von Hilfe; nur ein leichter Klapps in die richtige Richtung, wie es auch intern umschrieben wurde.



Inzwischen war Mark beim Krankenhaus angelangt und bereit, eben einem weit-eren, bestimmten Menschen einen kleinen Klapps in die richtige Richtung zu geben.

Der Name dieser Person war Roger Fischmann. Doktor Roger Fischmann.

 

Mark war unterwegs um auch ihm zu zeigen, wo er jetzt hingehörte.

 

 

 

 



4. Kapitel: Familie, heute

 


Die darauf folgenden drei Stunden verflogen kaum merkbar und als Leo-nardo Sie nach Ihrer Mutter fragte, schlug Tiff eine Pause Ihres Palavers vor, welches nun doch schon recht lange dauerte und machte deshalb den Vorschlag, sich für einen Moment „in die Küche zu verziehen“ um ihnen beiden ein gutes Mittagessen zuzube-reiten. Sie brauchte unbedingt etwas in Ihren Magen, bevor Sie sich diesem  Thema zuwenden können würde.


„Aber das wirst du nicht alleine

machen; wenn wir schon zusammen ess-en, so können wir es auch zusammen zubereiten; oder?“ fragte Leonardo Sie deshalb mit einem aufblitzenden Läch-eln.                                                                                                

Dagegen hatte Tiff natürlich nichts ein-zuwenden.

 

Das Ratatouille das die beiden nach kurzem Überlegen für sich zubereiteten, war Spitzenklasse und auch Leonardo, der sich anfangs ein wenig zurückge-halten hatte, als er und Tiff am grossen Eichentisch Platz genommen haben, welcher in der Essecke im Wohnzimmer stand, fing schon bald wahrhaftig an, Gabel um Gabel in sich

hineinzuschau-feln.                                                                                                                                                          

Und da es kein Tischgebet geben hatte, war die grosse, zuvor noch bis zum Rand gefüllte Form, in welcher das frische Ratatouille noch gedampft hat, auch schon bald in rekordverdächtiger Zeit leer und die beiden dafür satt.

Tiff machte sich im Anschluss, nach-dem sich die beiden zu diesem kulina-rischen Meisterwerk gratuliert und noch den Rest des Rotweins darauf ge-trunken haben, emsig ans Wegräumen des Geschirrs; Sie hatte es plötzlich sehr eilig in die Küche zu kommen.


Leonardo hörte den Monsterrülpser

trotzdem, welcher selbst durch die ge-schlossene Küchentür (wie er belus-tigt feststellte) noch allzu deutlich zu hören war.                                                                                                                                              

Er konnte auch als Tiff dann wieder am Tisch stand, um den Rest des benutzten Geschirrs wegzuräumen nicht an sich halten und aufs Mal platzte er förmlich mit einem so ansteckenden Lachen aus sich heraus, dass sich Tiff kurzzeitig auf den Boden setzen musste, da Sie einfach nicht anders konnte als zu lachen, zu lachen und nochmals zu lachen; Leonardos mühsam auferlegter, scheinbar seriöser Gesichtsausdruck schien immer wieder vor Ihren

geis-tigen Augen aufzublitzen.


Sie lachten bis Sie beide Bauchweh hatten vom ganzen grölen und prusten und Tiff musste sich an Ihren Bauch fassen, bevor Sie nur unter grösster Mühe: 


„Das war die Cola“ hervorbringen konn-te, worauf wiederum Leonardo beim An-blick von Tiffs verzerrtem Gesicht, auf dem sich der Kampf von Lachen und Ernsthaftigkeit so deutlich hervortat, nun genauso lachen musste wie Sie selbst. Das heisst er fing an, bis er kaum hör-bar: „Genug! Ich kann nicht mehr!“ schreien wollte.


Die Wörter gingen aber zwischen seinem Gelächter unter und so kam le-diglich „Enuuug! Iiiihiich k .. k … kann nihich eheeeeeeeeer!“ raus, was Tiff aber trotzdem verstand, worauf Sie auf-stand, um auf die Toilette zu gehen; Sie hätte sich beinahe ins Höschen ge-macht. Ausserdem wollte Sie so den zwar immer wieder angenehmen, immer wieder erfrischenden Bann des herr-lichen Gelächters nun aber doch brechen. Jetzt war wirklich genug.

 

Es gelang Ihr dann auch. Nachdem Sie für circa fünf Minuten vor dem Bade-zimmerspiegel stehend noch immer leise

vor sich her gekichert hat, kam Tiff an-schliessend wieder nach vorne.

Leonardo hatte sich soweit auch wieder beruhigt und nachdem er es sich wieder auf dem Sofa bequem gemacht hatte, kniete sich Tiff, nachdem Sie ein Kissen darunter geschoben hatte, auch hin.


Ein Blick in Leonardos grüne Augen bestätigten Ihr, was Sie schon gedacht hatte: Es hätte nicht viel gebraucht um eine neuerliche Runde wilden, un-bändigen Gelächters zu provozieren; bei Ihr war es ja schliesslich genauso.

Sie verkniff sich aber einen weiteren Kommentar zum eben erlebten und blickte stattdessen Leonardo mit einem

halb belustigten, halb ernsten Aus-druck auf dem Gesicht, in die Augen. 


„Du hast mich nach meiner Mutter gefragt“ begann Sie das zuvor unter-brochene Palaver wieder aufzunehmen, nachdem Sie sich geräuspert hatte.

 

Leonardo nickte ernsthaft und darauf schnappte er sich ein weiteres Kissen auf dem Sofa, schob es sich unter den Rücken und meinte daraufhin, nachdem auch er sich geräuspert hatte:


„So ist es schon viel besser! … Ja, ich würde gerne erfahren, wie es Deiner Mutter heute geht.“ Leonardo nickte noch einmal um das gesagte zu

unterstreichen und blickte dabei in Tiffs noch immer leicht feuchte blaue Augen. Auch sein Bauch muss wohl noch immer ganz kribbelig sein, dachte Tiff. 


Womit Sie der Wahrheit sehr nahe kam.

Tiff musste erst mal richtig Atem schöpfen und nachdem Sie mit dem Po neben Ihren rechten Fuss auf den Bo-den gerutscht ist, liess Sie den Atem mit einem seufzenden Geräusch wieder entweichen, wischte sich die schon wieder langen Stirnhaare aus der Stirn und sagte:                              


„Meine Mutter ist seitdem das Alles damals, vor zehn Jahren passiert ist,

nicht mehr ganz richtig in ihrem Kopf; zuerst dachte ich dass es wieder bess-ern würde, aber …“ Ihre Stimme stieg dabei immer weiter an und Tiff schüttel-te daraufhin lediglich Ihren Kopf und senkte den Blick.


Leonardo wartete geduldig und respekt-voll und liess Sie dabei keinen Moment aus den Augen.

Nachdem Sie nochmals hörbar Atem geschöpft hat, setzte Tiff wieder an: 


„Aber das ganze sollte sich als gewaltiges, sinnloses Wunschdenken entpuppen.“            


„Was war denn nicht gut?“ frage

Leonardo Sie; seine Anteilnahme war dabei unüberhörbar. Am liebsten wäre er auch etwas näher an Sie herangegan-gen. Doch vorerst behielt er seinen Platz auf dem Sofa bei und wartete; gab Tiff einfach die Zeit die Sie brauchte.


„Einfach Alles; Leonardo. Ich weiss gar nicht, wo ich anfangen soll! Sie hatte auch, nachdem Vater gestorben ist, keinen einzigen Freund; von Lieb-habern ganz abgesehen … Auch sonstiger sozialer Kontakt schien sie nach und nach zu unterbrechen … Es geschah eher schleichend und ehe meine Mutter sich versah, gab es von den zig Freundinnen, die sie hatte dann schlussendlich nur noch eine, mit der

sie glaube ich, noch heute in Kontakt steht.“


Tiff machte eine kurze Pause, massierte sich dabei mit der rechten Hand die Stirn um kurz darauf, die Hand noch auf der Stirn, weiterzufahren: „Kannst du dir das vorstellen?  Eine einzige Freundin mit der meine Mutter ab und zu noch Kontakt hat; von ich weiss nicht wie vielen Kolleginnen und Bekannten, die sie einmal hatte!             Doch damit nicht genug: Auch in der Familie hat sie kaum noch Kontakt, weder auf ihrer noch auf Vaters Seite. Klar kamen die Trauerbekundungen und

die Anteilnahme; doch ging beides wie-der, nachdem festgestellt worden ist, dass Mutter scheinbar das Alleinsein vorzieht …“


Tiff schluckte hörbar und sagte dann noch:

„Und nachdem man festgestellt hat, dass Mutters Psyche doch mehr als nur ein wenig angeknackst ist; fing man an, Sie wie eine Aussätzige zu behandeln!“


Tränen des Zorns und der Verzweiflung sammelten sich in Ihren Augen und fingen dann an, langsam und beständig über Ihre Wangen zu kullern.

 

Kurz darauf brach es aus Tiff aus und Sie fing heftig an zu weinen. Als Sie von Schüttelattacken heimgesucht wurde, beschloss Leonardo dann doch aufzustehen und sich neben Sie auf den Boden zu knien und konnte nicht an-ders als Tiff in seinen Armen zu halten und Sie sanft zu wiegen.

 

 

 

 

 

 

 



2. Zwischenspiel

 

Bald würde er dort sein, wo er hinmusste; Mark konnte bereits das hoch aufragende Dach des Krankenhauses, von dem gerade der Notfallhubschrauber zu irgendeinem Unfall abhob, sehen.

Seine Zielperson lag schon seit geraumer Zeit in einem der Spitalbetten. Vier Wochen ist es her, seit der Mann, namens Roger Fischmann, welcher von Beruf Arzt ist, hier eingeliefert worden ist.                                                                                          

Dieser Mann hat in der Ausübung seiner circa vierzigjährigen Laufbahn als Doktor für allgemeine Medizin viel erlebt und gesehen. Doch was letzten Sommer geschehen ist, war dann aber doch zu viel für einer der besten Ärzte die Reichsbach je hatte und so erlitt er dann im Anschluss; nachdem er zuerst seinen Dienst quittiert hatte, drei Nervenzusam-menbrüche um dann schliesslich hier im Spital zu landen.

Er konnte den plötzlichen, verfluchten Tod von vier seiner vormaligen Patienten einfach nicht verkraften.                                                                                                                                                                       

Und ausserdem war Roger Fischmann davon überzeugt, dass das Blut einer der vier Personen an seinen Händen kleben würde (Wobei er aber bis anhin noch keiner Menschenseele auch nur ein Sterbenswörtchen darüber gesagt hat, weshalb Roger Fischmann bis dato davon überzeugt war, dass er dieses Wissen mit ins Grab nehmen würde) was ihm dann auch den Rest gegeben hat. Sein Leben glich einer abwärts laufenden Spirale und er wusste, dass sein Tod nur noch eine Frage der Zeit war.

Seiner Frau, (welche inzwischen schon zwei Mal versucht hat sich umzubringen, seit Fischmann im Spital ist, jedoch ohne Erfolg) und auch seinen anderen Verwanden und Bekannten hatte er diese Erkenntnis mitgeteilt und sich darum schon bereits im Voraus pro forma von ihnen verabschiedet.                                                                                                                                            

Er wusste an diesem Donnerstagabend nicht, dass der Tod bereits auf dem Weg zu ihm war.

Mark hatte den Eingang des Spitals erreicht und nachdem er die grosse Glastür passiert hatte ging dieser direkt zu den Liften; er wusste in welchem Zimmer sein nächster Fall zu finden sein würde. Die internen Prozesse liefen allesamt wie am Schnürchen, so gut, dass Mark gelernt hatte, blind auf die ihm gegeben Informationen zu vertrauen, welche ihm von interner Stelle jeweils gegeben wurden.                                                                                                                                                                            

Bevor Mark den herbeigerufenen Lift zusammen mit ein paar Besuchern und einer Kranken-schwester betrat, dachte er für einen Augenblick an Leonardo und fragte sich, ob Leo heute Abend wohl auch  im Dienst sei, so wie er.                                                                                                                                                             

Der Gedanke an Leo bewirkte, dass Mark den Lift mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen betrat.                                                                                                                                                                  

 

 

 

 

 

 

 

5. Kapitel: Scherben einsammeln

 


Leonardo hatte sich, nachdem die bei-den ein feines Erdbeereisdessert ge-nossen hatten, dann von wieder von Tiff mit den Worten „Ich denke, es ist besser, wenn Wir für den Anfang nichts überstürzen und wenn Wir dabei wirklich auf Samtpfoten vorwärts gehen“ verabschiedet.  (Im Prinzip entsprach das der Wahrheit, doch Leonardo musste zudem auch grosse Vorsicht walten lassen; was er so zwar Tiffany nicht direkt gesagt hatte, doch unmissverständlich zwischen den

Zeilen durchblicken liess.)


„Na denn, wenn Wir Uns bald wieder sehen, dann habe ich nichts dagegen. Ich habe einen solchen Kopf“ sagte Sie, wobei Sie die Masse Ihres Kopfes übertrieben gross mit den Händen an-deutete. 


„Es war wirklich eine Menge, die Wir in dieser Zeit besprochen haben und ich bin so froh, dass Du heute zu mir ge-kommen bist!“


Leonardo konnte sich ein verträumtes Lächeln einfach nicht verkneifen und so stand er, nachdem er seinen schwar-zen Mantel wieder angezogen hatte,

freudestrahlend in Tiffanys Hausgang.


„Und ich bin froh, dass ich überhaupt vorbei schauen durfte! Und ja: Es ist wirklich eine Menge …“ Leonardo machte eine Pause, räusperte sich und fuhr dann weiter“ … und es wird noch einiges mehr dazukommen. Doch vorerst ist nun wirklich genug gesprochen worden; es war ein gutes Palaver.“ Leonardo nickte, um seine Worte zu unterstreichen und auch Tiff tat dasselbe.


Bevor Leonardo sich zum Türgriff um-drehen konnte, sagte Tiff:

„Und danke vielmals, dass Du mich

getröstet hast; es hat gut getan, von Dir in den Armen gehalten zu werden!“ (Und wie gut, dachte Tiff, wobei sich Ihre Wangen kaum wahrnehmbar für einen kurzen Moment röteten.)


„Das ist doch selbstverständlich!“ gab Leonardo zur Antwort und blickte danach zu Boden und als er den Kopf wieder hob, sah er, dass Tiffany vor ihm ihre Arme ausgebreitet hatte, wo-rauf sich die beiden noch einmal herz-lich und lange umarmten.

 

Kaum hatte Tiff später dann die Haus-tür verschlossen, nachdem Leonardo Sie wieder verlassen hatte, hörte Sie, wie Luna gerade von einer, ihrer

oft-mals Stunden dauernden Reisen zurück kam; Tiff hatte extra eine kleine Katzen-leiter an der Aussenwand des Wohn-hauses in dem Sie wohnte angebracht, welche bis zu Ihrem Balkon hinaufführ-te. Und diese wurde nun natürlich ent-sprechend von Luna benutzt.                                                                                                                          

Sie vernahm das leise Maunzen, mit welchem das kleine Wollknäuel um Ess-en bat und machte sich daraufhin auf den Weg in die Küche, um Lunas Fress-napf auszuspülen und um anschliess-end eine neue Packung Katzenfutter hinein zu geben.

Obschon dies etwas war, dass Tiffany

schon unzählige Male getan hatte, (Sie hatte Luna nun schon sechs Jahre) konzentrierte Sie sich trotzdem (wie jedes Mal) intensiv auf das, was Sie tat. Irgendwie merkte Sie, dass es sich dabei oberflächlich betrachtet, lediglich um den Vorgang des Fütterns handelte; doch darüber hinaus schienen noch an-dere Punkte eine wichtige Rolle dabei zu spielen.


Und so gestatte Sie es sich erst, sich Gedanken zu machen, nachdem Luna richtig versorgt war. Sie hatte danach eine CD von AC/DC in den Player Ihrer Musikanlage gelegt und gestartet und sich dann wieder auf das Sofa gesetzt hat; genau auf dieselbe Stelle wo bis

vor kurzem noch Leonardo gesessen hatte.

Kurz darauf kam Luna ebenfalls in die Wohnstube und setzte sich auf Tiffs Schoss.  Die Katze machte es sich, nachdem sie elegant mit einem Sprung auf Tiffs Oberschenkeln gelandet ist darauf bequem, streckte sich aus und gähnte ihr Löwengähnen. Worauf Tiff anfing, Lunas rabenschwarzes Fell sanft zu streicheln.                                                                              

So begann Sie, sich zu Lunas Schnurren und den Klängen des Songs „Highway to Hell“, Ihre Überlegungen anzustell-en.

 

Leonardo ist ein Mitglied einer uralten

Vereinigung. Wie alt, nun das konnte nicht einmal er genau sagen (Oder wollte es einfach nicht, dachte Tiff) aber auf jeden Fall handelt es sich da-bei um etwas, dass schon seit sehr langer Zeit bestehend ist, hat Leonardo weiter gesagt.                                                              

Tiff fiel, während Sie die Gedanken kreisen liess, etwas überaus Interess-antes auf.

Denn wenn Sie nun die Gedanken um das eben erlebte Palaver kreisen liess; eine bevorzugte Variante des intuitiven Nachdenkens, welche Tiff immer wieder gern praktizierte; konnte Sie Leonardos Stimme ganz deutlich in Ihrem Kopf hören. Und das nicht nur lediglich in

Ihrer Erinnerung; es kam Tiffany dabei so vor, als ob Leonardo direkt in Ihrem Kopf sprechen würde.                                                              „Da wo ich herkomme, gibt es noch viele andere, wie mich. Es gibt auch noch etliche andere, nun sagen Wir Wesen, die da sind. Und wir Alle haben etwas zu tun. Doch das, was ich dabei tue, ist etwas, dass nicht einfach so in ein paar Worten erzählt ist.         Wir Alle gehen dabei einer Tätigkeit nach, die zwar vollkommen natürlich ist; oberflächlich betrachtet kann es einem aber wiederum schon fragwürdig vorkommen.“


Tiff hörte in Ihrer Erinnerung, wie

Leonardo tief Luft schöpfte, um dann weiterzufahren:


„Was ich tue, ist im Prinzip nichts anderes, als verirrten Geistern im Mo-ment ihres körperlichen Todes sicher auf die andere Seite zu geleiten. Und wie gesagt, ist das etwas, das getan werden muss. – Etwas, das schon immer getan worden ist. Wir erhalten die Weisungen für unsere nächste Aufgabe jeweils intern und auch danach müssen Wir Meldung an eine interne Stelle machen, damit Alles seine Ordnung behält.                                    

Einen Namen haben wir im Prinzip nicht … und doch sind wir weitaus mehr, als eine blosse Organisation. – Tun auch

mehr.“


Noch immer konnte Tiff es nicht genau ausmachen, ob Leonardos warme und angenehme Stimme in Ihrem Kopf ein Bestandteil Ihrer Erinnerung war, oder ob Sie ihn in diesem Augenblick tat-sächlich darin sprechen hören konnte.

Es war in im Moment auch einerlei; schliesslich machte Sie sich lediglich Ihre Gedanken und wollte vor allem das vorangegangene Palaver rekapitulieren.


„Und darum ist das, was ich dir hier nun sage“ meinte Leonardo weiter „etwas, worüber intern lange nachge-dacht wurde und schliesslich sind Wir zum Schluss gekommen, das es besser

ist, dir ein paar, nun sagen wir kleine Stückchen zu geben. Immer unter der Voraussetzung selbstverständlich, dass du es auch wirklich willst. (Tiff dachte kurz mit nicht wenig Freude daran, wie viel Leonardos Stimme in diesen letzten zehn Jahren an Ausdruck und aufrichtiger, wahrhafter Liebe  – wenn  das überhaupt möglich gewesen ist – zugenommen hatte) Und das du dich entschieden hast, das weisst du genau wie ich.“


Tiff, die während der Zeit, als Leonardo zu Ihr gesprochen nur Augen für ihn besass und an seinen Lippen hing, war im wahrsten Sinne gebannt von dem, was Sie da offenbart bekommen hatte.

                                                                                                                          Das war wirklich ein Hammer. So kon-zentrierte Sie sich also mit grösstmög-licher Aufmerksamkeit auf das, was Leonardo Ihr da erzählte. Auch seine eben getätigte Überlegung entsprach der Wahrheit: Sie wollte (und musste) unbedingt mehr wissen! Leonardo hatte mit anderen Worten mitten ins Schwarze getroffen.

 

„Unser Werk“ fuhr Leonardo fort „ist ein urtümliches und ebenso ein überaus wichtiges, wie ich schon gesagt habe. Ich selbst bin schon seit sehr langer Zeit dabei und ich werde dies auch mein Leben lang tun.  

Deine Geschichte, der Fluch und die Todesfälle, die damals auch zwei deiner Familienmitglieder betroffen hatten, waren direkt gesagt weitere Aspekte meines damaligen Auftrags."   

Sie hörte, wie Leonardo leer schluckte und tat das gleiche.


„So auch, mein Besuch bei dir im Kran-kenhaus, als wir uns damals das erste Mal gesehen hatten.                               Ich wusste Bescheid darüber, was geschehen war, da ich selbst ein prak-tischer, mitwirkender Teil des Ganzen gewesen bin. Besser wäre es wohl, zu sagen, dass ich noch immer Bescheid

weiss darüber, was geschieht und ich demnach auch noch immer ein Teil des Ganzen bin. Auch ich kann die genauen Umstände nicht alle begreifen und ver-stehen; ich weiss nur soviel, wie ich wissen soll. Das ist eine interne Wei-sung, woran ich mich, genau wie auch die anderen, strikt halte." Leonardo machte eine kurze Pause und sagte dann: "Vorerst soll das aber jetzt mal genug sein, für heute.                     Nur soviel sei dir noch gesagt: Meine Tätigkeit ist im Prinzip eine sehr natürliche und ich tue dabei lediglich das, was getan werden muss. Den Tod bringe ich nicht … den haben die Menschen nämlich immer schon zuvor

gewählt … Wir kümmern uns dabei lediglich um das Kleingeschriebene.“ 


Wobei Leonardo beim letzten Wort Gänsefüsschen mit den Fingern an-deutete.


 „Damit“ meinte er abschliessend „halt Alles weiterhin seinen natürlichen Verlauf nehmen tut. Das und nicht mehr und nicht weniger.“


Das ist es also gewesen, was Leonardo Ihr an diesem Dienstag in der gemüt-lichen Wohnstube von Tiffs Wohnung erzählt hat.                                                                                                

Und noch immer hallten seine letzten Worte in Ihrem Kopf wie bei einem Echo nach: „Das und nicht mehr und nicht weniger“.

 

Die CD war inzwischen beim Ende an-gelangt und Tiffany wollte gerade auf-stehen, um eine neue einzulegen, als Sie bemerkte, dass Luna sich ja noch immer auf Ihrem Schoss befand. Sie war also für kurze Zeit wahrhaftig abgedrif-tet; war kurzum gesagt an einem an-deren Ort gewesen und nun kam Sie wieder nach und nach zurück.


Tiff bemerkte, dass Ihre beiden Ober-schenkel kurz davor waren, einzuschlaf-en und streckte daraufhin, nachdem Sie

Luna sanft auf das Sofa gelegt hatte, (Welche sich dabei nicht im Geringsten stören liess und ihren Schlaf, ohne aufzuwachen, zusammengerollt auf dem bequemen Sofa weiterführte) Ihre Beine aus um damit die Zirkulation des Blutes in den unteren Regionen wieder anzu-kurbeln.

Und noch etwas verstand Sie, als Sie auch Ihre Arme gestreckt und dazu tief eingeatmet und dann herzhaft gegähnt hatte:   Sie hatte soeben nicht bloss einen Ort in Ihrer Erinnerung aufgesucht, um dabei rekapitulieren zu können, was Ihr da vor nicht allzu langer Zeit gesagt worden ist; Tiff hatte während der

letzten fünfzig Minuten tatsächlich eine kleine Reise unternommen. Darum wollte auch Leonardos Gesicht nicht vor Ihrem geistigen Auge auftauchen: Ihre Erinnerung war scheinbar nur der Schlüssel gewesen, zu dem was Ihr da soeben wieder-fahren ist. Das war also der Grund, warum Sie lediglich seine Stimme klar und deutlich vernommen hat, nicht aber seinem Antlitz gewahr worden ist: Es war in dem Fall nicht vonnöten, da es sich ja dabei lediglich um das verarbeiten von bereits erhal-tenem Wissen handelte.

Und doch hätte Tiff schwören können, dass Ihr Bewusstsein vorhin an einem sehr speziellen Ort gewesen war.                                                              

Sie würde einige Fragen an Leonardo haben, wenn Sie ihn wieder sehen würde; was bald schon bald sein würde, davon war Tiff voll und ganz über-zeugt.

 

Tiff blickte noch einen Moment lang verträumt auf eines der farbigen, psychedelischen Bilder, welches Sie in der Wohnstube aufgehängt hatte und stand dann auf, um die CD zu wechseln.

 

 

 

 

 

 

 

3. Zwischenspiel

 


Was getan werden musste, war schnell getan. Im Prinzip hätte Mark dazu das Krankenhaus nicht einmal betreten müssen.

In der sogenannten Einweihung hatte Mark gelernt, dass für den Vorgang des hinüber Geleitens nicht zwingend kör-perliche Nähe vonnöten war. Dafür reichten lediglich Leonardos gut aus-gebildeten geistigen Fähigkeiten, sprich also Konzentration und ein Bild der betreffenden Person. Er hätte das genauso gut von sich zu Hause aus machen können.

Doch in diesem Fall wurde intern mit Nachdruck darauf bestanden, dass Mark sich so nahe wie möglich der Ziel-person zu nähern habe.                                                                                                      

Es wurde auf Nummer sicher gegangen.

Schliesslich ist Roger Fischmann in seinem letzten (und auch miserabel-sten) Dienstjahr auf etwas gestossen, worauf dieser besser nicht gestossen wäre.                                                                                                                                                    

Geschehen ist geschehen und nun musste also gehandelt werden.                                                           

Und zudem war es ja nicht so, dass

Fischmann mit der Entdeckung gewisser Tatsachen sein Todesurteil unter-schrieben hätte; das kam erst später und im Grunde genommen hatte er sich selbst dafür entschieden, von der Erde zu gehen. – Obschon er das bewusst natürlich (noch) nicht wusste; er wäre wohl jedem sogar an die Kehle ge-sprungen, der ihm diesen Aspekt glaub-haft hätte machen wollen.                                                                                                                

Das war ein interner Glaubenssatz: Es werden weder Eingriffe vorgenommen noch wird Verantwortung übernommen, wo die Zielperson selbst zu entschei-den hatte, mit angemessener Selbstver-antwortung. Mark Peterson tat somit

also wiederum auch nur, was getan wer-den musste.

Und heute Abend würde also Roger Fischmann sterben. 

             

Mark fühlte sich gut, als sich die Tür des Lifts in der fünften Etage anhielt und er daraufhin auf den langgezogen-en Gang trat, welcher einen hellgrünen Linoleumboden besass, worauf seine Stiefel leise Quitschgeräusche verur-sachten.

Auf dem Gang selbst war abgesehen von der hübschen, jungen Kranken-schwester, welche den Lift mit ihm zu-sammen verlassen hatte, niemand unter-wegs. Die Krankenschwester, welche, wie Mark zuvor festgestellt hatte,

wirk-lich verführerisch in ihrer weissen Kluft aussah, bog nach wenigen Schritten links ab und öffnete die Tür zum Schwesternzimmer, wie Mark dachte, denn es war dabei kurz leises Gelächter von anderen Frauen zu hören.                                                                          

Kurz darauf schloss sich die Tür wieder und Mark befand sich wieder allein im nach Desinfektionsmittel und synthe-tisch hergestellten Medikamenten riechenden Gang des fünften Stocks im Generalkrankenhaus von Reichsbach.

                                                             

Er hatte das Bild von Fischmann schon griffbereit in seiner Jackentasche und als er daraufhin an der Zimmernummer

fünfundfünfzig  vorbeischlenderte; er sah aus wie ein ganz normaler Besuch-er, der kurz vor Besuchsschluss noch bei jemandem vorbeischauen wollte; nahm er das Bild nach vorn und be-trachtete es für eine Sekunde lang mit einer unheimlichen Intensität.                                                                                                                            Kurz darauf blieb Mark Peterson steh-en, verstaute das Foto von Roger Fischmann wieder in seiner Jacken-tasche, machte auf dem Absatz kehrt und zuckte kurz die Schultern; falls jemand zusah, sollte diese Person denken, dass es sich Mark nun doch anders mit seinem Besuch überlegt hatte; und ging daraufhin wieder zum

Lift zurück.

 

Synchronizität ist schon was tolles, dachte Mark, nachdem er den Liftknopf gedrückt hatte und auf den Lift wartete.                  

Er wusste, dass Alles genauestens nach Plan verlaufen war; wie immer. Er wusste auch, dass für das, was er jetzt schon seit bald zwanzig Jahren tat, keine Uhr oder sonst welche Messin-strumente benötigt wurden; man ging einfach mit dem Fluss. – Der Rest er-gibt sich jeweils wie von selbst.


Als Mark den Lift betrat und er wieder in den Eingang runter fuhr, war Roger Fischmann bereits seit einer Minute

tot.

 

 

 

 

 


6. Kaptiel: Leonardo und Mark

 


1: Leonardo


Der Mann, welcher im dunkelbeigen Anzug eines Geschäftsmannes die Strasse überqueren wollte, hiess Peter van Kygenheim. Peter ist mit seiner holländischen Abstammung aber ein waschechter „Reichsbachsler“. (Nicht, dass Uns Peter und seine Geschichte sonderlich zu interessieren hätte, ist er doch schon bald tot. Doch hat schlussendlich ja auch Alles seinen Grund … Wie Wir wissen.)

Peter ist also, nachdem seine Urur-grosseltern damals von Holland in die Schweiz ausgewandert sind, in einem Nachbarsort von Reichsbach aufge-wachsen und später dann, als es darum ging, geschäftsintern tüchtig Karriere zu machen, hat er diese Möglichkeit wahrgenommen (Er war mittlerweile bis zum Vizedirektor der hiesigen Nieder-lassung aufgestiegen, welches ver-schiedene Teile für die Zahnmedizin herstellte und einen weltweit aner-kannten Ruf genoss) und ist aus dies-em Grunde vor über fünfundzwanzig Jahren von Kleinbuchsitten nach Reichsbach gezogen.                                                                                                                                   

Denn schliesslich hatte die Firma in der gesamten Welt Ableger und die qua-litativ hoch-wertigen Produkte waren immer sehr gefragt. Somit lag die Ent-scheidung für Peter van Kygenheim von vorneweg auf der Hand.                                                      

Und er führte ein ruhiges und be-schauliches Leben. Inmitten der Ge-schäftssitzungen und sonstigen Kong-resse, denen er beizuwohnen hatte, ge-noss er deshalb auch immer wieder ger-ne ein Spaziergang an der frischen Luft.

So auch heute; er hatte etwas früher Feierabend gemacht und da er am Mor-gen bei seiner Frau mitgefahren ist,  welche ebenfalls im selben Betrieb; in der Fertigung arbeitete, hatte er sich

also dazu entschlossen, den Heimweg zu Fuss gehen, anstatt mit dem Taxi nach Hause gebracht zu werden. So macht er sich also mit seiner schwarzen Aktentasche, welche seinen Laptop enthielt, auf den Weg.

 

Es sollte sein letzter Spaziergang werden.

Die Seite des Fussgängerstreifens, auf welcher Peter stand war verlassen, als er ankam. Nicht so auf der anderen Seite. Peter sah, dass gerade ein kleiner Junge von ungefähr fünf Jahren, wel-cher von seiner Mutter eine dunkel-blaue Kappe verpasst bekommen hatte (Und das im Mai, dachte Peter; es sind wahrhaft komische Zeiten!) in seinen

blauen Jeans und der braunen Jacke an den Ampelpfosten getreten ist, um den Knopf für die Fussgänger zu drücken. Seine Mutter (wie Peter richtig annahm) beobachtete ihn während sie hinter dem Kinderwagen stand, indem sich, wie Peter ebenfalls erkennen konnte, ein Säugling befand. Wobei nur das kleine Köpfchen des Babys zu sehen war, welches ebenfalls eine Kappe trug, die aber verrutscht war und so den Blick auf den zartrosafarbenen Babykopf freigab.


Peter bekam am Rande mit, dass sich noch zwei andere Personen auf der ge-genüberliegenden Seite befanden, doch nahm der Kopf des Säuglings zumindest

vorerst seine gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch. So ein wunderbares Bild, was ihm da geboten wurde; so un-schuldig.                                                                                                                                                        

Er sah gerade noch, als die Mutter die Kappe des schlafenden Babys wieder auf seinem Köpfchen zurechtrückte, als Peter einen Herzanfall kriegte.

Sein Lächeln verwandelte sich in eine groteske Maske des Schmerzes und während er sich mit seiner linken Hand keuchend an die Brust fasste, kam Peter ins Torkeln und fiel geradewegs vorn-über auf die Strasse. Sein Kopf knallte dabei mit unverminderter Geschwindig-keit auf den harten Strassenbelag. Kurz

darauf (Er vernahm dabei das Quitschen nur sehr stark verschwommen, so als würde es etwa hundert Meter von ihm entfernt ertönen) war sein Gehirn Brei.

 

Patricia Fehlmann hatte ihre Einkäufe für mindestens drei Tage beendet und wollte nun mit Yan und der hoffentlich bis zu Hause durchschlafenden Sandra auf direktem Wege heim. Sie war im grossen Supermarkt gewesen, wo sie sich mit reichlich Babynahrung und sonstigen Lebensmitteln eingedeckt hatte und freute sich auf die saftigen Steaks, welche sie unter anderem erstanden hatte; damit würde sie Yan, Patrick; ihrem Mann und Vater der beiden und sich selbst ein wahrhaft

königliches Mahl bereiten.

Sandras Kappe war ein wenig ver-rutscht und so beugte sich Patricia sorgsam über ihre Tochter, welche vor drei Monaten das Licht der Welt er-blickt hatte, um das ebenfalls dunkel-blaue Käppchen sanft wieder richtig über das Köpfchen zu ziehen.                                                                                                                                                

Sie hatte den etwas älteren Geschäfts-mann im dunkelbeigen Anzug erst ein-mal kurz erblickt, als dieser an der an-deren Seite angekommen ist. In der Zwischenzeit war sie von ihren Kindern abgelenkt gewesen und so war das nächste, was Patricia Fehlmann von

Peter mitbekam, wie dieser kopfüber auf die Strasse prallte.

Sie war gerade im Begriff, sich wieder vom Kinderwagen zu erheben, über den sie sich gebeugt hatte, als sie danach das heranbrausende schwarze Auto, welches bereits mit stillstehenden und quitschenden Reifen; von denen dünn-er, weisser Rauch aufstieg, erblickte und verharrte darum in ihrer Haltung. Die Macht des Schocks hatte Patricia nun voll im Griff.

Wie sich später herausstellen sollte, handelte es sich bei dem Wagen um einen alten Dogde Charger, Baujahr 1969, welcher passend zum Ereignis, eine schwarz glänzende Lackierung zur Schau trug. Ein typisch amerikanisches

Fahrzeug sozusagen.

Und unter dem rechten Vorderreifen des über eineinhalb Tonnen schweren Fahr-zeugs geriet nun also Peter van Kygenheims Kopf. Mit fataler Folge.                                                                                                 

Der Reifen hatte noch nicht vollen Kontakt mit Peters Kopf, als dieser mit einem lauten Knacken, ( ... ähnlich, als würde man eine Baumnuss öffnen, dachte Patricia genau in diesem Augen-blick und dieser Gedanke würde sie für den Rest ihres Lebens nun regelmässig in der Nacht aus den Tiefen des Schlafs hochschrecken lassen.) aufplatzte und eine Salve von mit Blut vermischter Ge-hirn- und Knochenmasse in alle

Rich-tungen davon gespritzt wurde.                  

Es war offensichtlich unter welchem sprichwörtlichen Druck der Kopf des armen Passanten für einen kurzen Au-genblick gestanden hatte und so war die Reaktion, sprich die explosionsar-tige Öffnung des Schädels wiederum nur eine logische Folge der Ereignisse. – Wie sie später der Polizei; noch immer unter Schock stehend völlig gelassen zu Protokoll geben würde.

Zum Glück hat sie nicht noch mit-bekommen, wie Peters Gesicht; welches ja auf der Strasse lag, als sein letztes Horn für ihn erklungen hatte, wie ein Stück Knete auf den harten Betonbelag aufgetragen wurde, als wäre es Butter,

welche auf ein frisches, warmes und duftendes Toastbrot gestrichen wird.                                                                   Beginnend, natürlich mit der Nase.

Leonardo hatte das Alles jedoch ziem-lich genau mitgekommen. Niemand hatte von ihm Notiz genommen; immerhin stand er so nahe an der Schaufenster-scheibe des Schmuckgeschäftes, dass er im Schatten der hoch aufragenden Häuserfront auf dieser Strassenseite mit der Umgebung zu verschmelzen schien. Er wollte weg sein, bevor die Panik ihren Höhepunkt erreichen würde und somit ein verschwinden extrem er-schwert werden könnte; vor allem wen dann mal die Polizei (schliesslich ir-gendwann dann) vor Ort sein würde.

Seine Ausbildung war lange und in-tensiv was durchaus seine Gründe hatte.

Und so ging er nach getaner Arbeit dis-kreten Schrittes davon. Mit einem selt-samen und doch irgendwie hübsch an-zusehenden Lächeln im Gesicht. Dabei bedachte er die schwarze Aktentasche, welche Peter zuvor, gerade als er sein-en Herzanfall gekriegt hatte, auf den Bürgersteig hat fallen lassen, mit einem kurzen Blick.

 

Patricia Fehlmann wusste in diesem Moment nicht so genau, ob sie heute Abend Lust auf ein Steak verspüren würde.

 

 

2: Mark


Das Steak, welches sich Mark heute Abend nach getaner Arbeit zubereitet hatte, war simpel ausgedrückt einfach nur köstlich. Zum Glück hatte er sich gleich ein Doppelpack davon gekauft, als er im grossen Supermarkt von Reichsbach einkaufen gegangen war.

Die Riesenportion Fritten, die er sich dazu gemacht hatte, war ebenfalls fast ganz verputzt und nachdem er noch den Salat mit französischer Sauce genossen hatte, dachte Mark darüber nach, wie wichtig doch Fleisch; (Gutes Fleisch wohlverstanden; im Sinne eines solch saftigen Brockens, wie der, welchen er

gerade eben verputzt hatte) für ihn persönlich doch war. Während er mit den letzten Fritten die Reste der Fleischsauce aus seinem Teller in seinen Mund beförderte, dachte Mark wieder einmal an Leonardo.

Er spürte, dass die beiden sich bald wieder sehen würden; wusste es ein-fach und fing an zu lächeln.                                        

Mit seinen achtzehn Jahren war er ge-nau; und zwar auf den Tag genau, ein Jahr jünger als Leo. Und, was ihm bis jetzt noch niemand so direkt gesagt hat (aber Wunder geschehen ja immer wieder, wie Wir ebenso wissen …) war die Tatsache, dass Mark mit seinen durch und durch schwarzen,

schulter-langen Haaren, dem fein geschnittenem Gesicht in dem sich nun die ersten An-zeichen des Mannes zu zeigen begannen, welcher er einmal sein würde; seinem schlanken und drahtigen Aussehen und diesem festnagelnden Blick, welcher seine dunkelblauen Augen manchmal zeigten, im mindesten über die gleiche Ausdruckskraft wie Leo verfügte.                                      

Kurzum war Mark ein verdammt hüb-scher junger Mann, dessen Tätigkeit, (welche intern als rüber geleiten  be-zeichnet wurde) ihm einen schwarz ge-färbten, geheimnisvollen Schein ver-passte, der von besonders aufmerk-samen Menschen irgendwie

wahrge-nommen werden konnte.                                                                                                                                        

Aber auch darüber ist er bestens ge-schult worden und Mark wusste wie er sich in solchen Fällen zu verhalten hatte. Schliesslich wurde intern ein sehr grosses Augenmerk darauf ver-wendet, dass die Mittätigen (ein wei-terer interner Ausdruck; wie Ihr Euch denken könnt) ihre Aufgaben richtig und mit voller Einsatzkraft bewältigen konnten. – Worüber man nur froh sein konnte, dachte Mark; diese ganz spe-zielle coolness hatte ihm schon mehr-mals weiter geholfen.

 

Mark freute sich auf ein leckeres

Dess-ert bestehend aus Erdbeer- und Vanille-eis und ganz viel Schlagrahm und rieb sich mit der linken Hand gedankenver-sunken den Bauch während er mit der anderen das halbvolle Glas Cola griff das auf dem Tisch stand, um es in ein-em Zug leerzutrinken.

Während Mark die Geschirrspülmaschi-ne mit Gläsern, Tellern, Besteck und der Salatschüssel füllte, dachte er kurz-weilig an seine letzte Arbeit; Spitäler hatten immer so einen bestimmten, krankhaft- morbiden Geruch an sich, dachte er und als er im Anschluss da-nach auf den Balkon ging, um eine Zigarette zu rauchen, war Mark mehr als froh und dankbar, dass auch dieser

Akt (Wie ihre Taten manchmal intern benannt wurden) so reibungslos über die Bühne gegangen ist.

Und wieder musste er an Leonardo denken; es gab so vieles, was die bei-den verband. – Da war ihre Tätigkeit welche sie beide mit Leib und Seele ausführten „nur“ ein Eckstein vom Ganzen.

Leo hatte ihm so viel gezeigt. – Er war damals schon seit etwa zwei Jahren da-bei, als Mark sich dann ebenfalls re-krutieren liess.                                                                                                                                                                                          

Er konnte sich noch gut an Leos erste Tat erinnern, von welcher er ihm

nahe-zu jede Einzelheit berichtet hatte; Mark musste anfangen zu lächeln, als er da-ran dachte, wie Leo zu den Anfangs-zeiten von Marks Ausbildung mit leuchtenden Augen von seiner ersten Tat berichtete.                                                                                                                                        

Der Fall stand in einem direkten Zusam-menhang mit einem Fluch. Darum war es für Leo ja damals so etwas tolles, sich gerade mit einer solchen Aufgabe auseinander setzen zu dürfen. (Ja; der freie Wille hatte auch intern oberste Priorität; so geschah eben Alles nur aus dem einen Grund, das man wollte; gezwungen wurde niemand und sollte

eine Aufgabe zu schwierig für jemanden sein, wurde dieser Mittätige abgezogen und sein Platz dann durch jemand an-deren neu besetzt.)


Tiffany Walter war ein bestimmter Name, welcher Mark nun gerade eben durch den Kopf ging, als er nach dem letzten Zug die Zigarette im Aschen-becher ausdrückte.                                                                                      

Sie war weitaus mehr, als eine durch-schnittliche junge Frau; das hatte ihm Leo von vorneweg klar zu machen ver-sucht. Und auch Mark wäre von allein zu dieser Schlussfolgerung gelangt.

Und so wusste er auch, dass seine

damalige Tat; das rüber geleiten von Roger Fischmann; Doktor Roger Fisch-mann in direktem Zusammenhang mit Leos damaligem, erstem Auftrag stand.                                                                                                                            

Es scheint wohl noch lange nicht zu Ende zu sein, dachte Mark, als er die Balkontüre wieder schloss, als er, nach-dem er sein Laster befriedigt hatte, wie-der in seine Wohnstube getreten ist.

Aber vorerst war es jetzt mal an der Zeit für ein leckeres Eis.

 

 

 

 

 

 

7. Kapitel: Das Heiligtum



Der Adler erhebt sich!

  

 

Sein Schrei hallt in den

 

höchsten Höhen, unerhört

 

von den Niederen.

 

Die Freiheit

 

den Freien

 

verkündend!

 

 

Sein Flug; weder betrübt

 

durch dunkle Wolken

 

noch gestört von

 

schlechten Gelüsten,

 

in seinem Reiche;

 

ist wie immer majestätisch

 

und scheinend.

 

 

 

Marks Lippen brannten. Eigentlich wa-ren es ja nicht wirklich seine Lippen, die gereizt waren, sondern seine Zunge. Er hatte dieses eigenartige Reizempfin-den immer dann, wenn er sich mit der Zunge über die Lippen fuhr, um selbige zu befeuchten.                                                                        

Mark wusste; das stammte von den vielen Zigaretten, welche er im An-schluss an sein total überladenes Teller voller Erdbeer- Vanilleeis und einem hohen Berg Schlagsahne obenauf ge-raucht hatte und darum fühlte sich seine Zunge jetzt sonderbar aufgebläht und irgendwie halb taub in seinem Mund an.                                                                                                          

Zudem hatte er sich ja im Laufe der eben angebrochenen Nacht einen (diesmal nicht so grossen) Nachschlag genehmigt. Und nach dem Eis essen eine Zigarette zu rauchen (oder aber auch ein paar mehr, wie in Marks Fall) schien für ihn noch immer eine Form des höchsten Genusses zu sein. Ebenso seine Lieblingseis- Mischung Erdbeere mit Vanille. Er dachte kurz an einen seiner letzten Aufträge, nämlich den, als er den Doktor Fischmann rüber ge-leitet hatte und an die Ahnung, die er an diesem kalten, aber schneelosen No-vemberabend hatte. Leo … bald schon; das wusste er.                                                                                           

Mark nahm wieder den eigenartig

tau-ben, mit kaltem Rauch vermischten Ge-schmack in seinem Mund wahr und streckte sich.

 

Zeit also, sich die Zähne zu putzen.                                                                                                                                   Er wollte sich gerade vom Sofa, auf dem er die letzten zweieinhalb Stunden (ink-lusive ein paar Rauchpausen draussen auf dem Balkon) mit einem Buch in der Hand verbracht hatte erheben, als es an seiner Wohnungstüre klingelte.

 

Er musste nicht raten, wer es sein könnte. Er brauchte nicht einmal an-zunehmen, um wen es sich handeln könnte, hatte er doch soeben

„Leo! Wie schön, Dich mal wieder zu sehen … ich habe gerade an dich ge-dacht!“ begrüsste Mark seinen Freund und damaligen Lehrmeister, nachdem er ohne einen Blick durchs Guckloch, die Wohnungstür geöffnet hatte. Er hätte sich noch etwas anderes anziehen können, hatte aber dann kurzerhand be-schlossen, die blaue Jogginghose und das Shirt der Metallband Cradle of Filth doch anzubehalten.

 

Leonardo brachte lediglich „Mein Bruder …“ heraus, da es ihm aus schierer Freude geradezu die Sprache verschlagen hatte.

 


Er hatte, nachdem er seinen Besuch bei Tiffany getätigt und danach seinen Auftrag erledigt hatte, sich im An-schluss nach einem längerem und wohl-tuendem Spaziergang auf direktem Weg zu Mark begeben und trug darum noch immer dieselbe schwarze Kluft. Einsatzkluft sozusagen.                                                                                       Schliesslich war er ja sozusagen im Dienst. Er wurde zu Mark gesandt, so wie er im Prinzip auch zu Tiffany Walter gesendet worden ist.

 

Doch mehr dazu später; lassen Wir doch die beiden sich einfach erst ein-mal richtig Hallo sagen, sich aus-tauschen und das tun, was langjährige

Freunde an Zeremonien und Ritualen auch immer zu tun haben und während Wir noch sehen, wie sich Leonardo und Mark mit einer gegenseitigen Ver-beugung begrüssen (Wie es halt eben der Brauch ist) schwenkt Unser alles sehende Blick zurück, lässt das alte, aber dennoch immer gut isolierte und gemütliche Zweifamilienhaus, welches von Mark und einer alten Dame; Frau Königstein, welche seine Urgrossmutter sein könnte, bewohnt wird, unter den mächtigen Schwingen zurück, welche Uns tragen und so sind wir im nächsten Moment an einem Ort, den Leonardo und Mark gerne als „intern“ bezeich-nen.

 

 

 

Wir erblicken als erstes schwarz ge-kachelte Wände und sehen, als Unser Blick vom schwarzen Steinboden; der grösstenteils mit einem dicken, Ge-räusche schluckenden, hell-blauen Teppich belegt ist, anschliessend dann zur Decke schwebt, welche etwa zwei-einhalb Meter hoch ist, dass auch diese schwarz gekachelt ist; eingekachelt, so-zusagen. Ha ha ha.

Doch der Raum ist nicht leer; im Gegen-teil und auch die Wände weisen einige, mit roter und weisser Farbe gemachte Zeichen und Wörter auf.                          

Was uns auf erstes dabei auffällt, ist

die sehr grosse detaillierte Darstellung des Baphomet, in einem Pentagramm, dass einen beachtlichen Teil der hin-teren Wand des schwarz gekachelten Raumes einnimmt und welches mit blut-roter Farbe darauf gemalt worden ist.

 

Als Unser Blick vorhin die Decke ge-streift hat, konnten Wir dort keine Deckenlampen entecken, doch trotzdem ist der Raum in ein sanftes, warmes und gleichzeitig geheimnisvolles Licht ge-taucht und als Wir Uns weiter in der Kammer (Was dieser Raum denn auch eigentlich ist) umblicken, erkennen Wir, dass der Lichtschein von Kerzen stammt, die wiederum auch schwarz sind und die so in der Kammer

angeord-net sind, dass sie von ihren Plätzen aus den gesamten Raum, der etwa zehn auf zehn Meter misst, mühelos zu erhellen vermögen.

 

Die Kammer selbst ist nicht verlassen und es herrscht im Moment, obschon drei Personen anwesend sind, eine ge-spannte Stille. Die drei sitzen auf hohen Lehnstühlen verteilt an einem runden Tisch, welcher aus Stein zu sein scheint; auf den ersten Blick sieht es tatsächlich so aus, als ob da ein altes, grosses Mühlenrad zweckentfremdet worden ist, bis einem dann, bei genau-erem betrachten die eingeritzten Sym-bole, Schriftzeichen und Wörter auf-fallen, die in einen direkten

Zusammen-hang mit Magie gebracht werden. Ausserdem tragen alle drei der hier An-wesenden schwarze Roben mit Kapuz-en, die bis auf das Gesicht den gröss-ten Teil ihrer Köpfe bedecken.

 

Ganz still ist es zudem nicht; aus einer versteckten Öffnung der Kammer ist leise klassische Musik zu hören; Bach.

 

 

Rakonson, der heute dafür eingeteilt wurde, das Gespräch zwischen dem Ob-ersten und einem seiner Missionsleiter mit Namen Bärlot aufzuzeichnen, sah von seinem Notizbrett hoch, nachdem er sich gerade noch ein paar Zusatz-notizen gemacht hatte und blickte mit

einem festen und ernsten Ausdruck in den Augen zum Zeichen des Bahpomet an der hinteren Mauer und atmete durch.

 

Bärlot wollte gerade zum nächsten und letzten Punkt der Sitzung kommen, als er, nachdem er mit den Worten: „Gut, so wollen Wir denn das nächste be-sprechen …“ mit einer kurzen und be-stimmten Handbewegung des Obersten zum Schweigen aufgefordert wurde.

 

„Es gibt da noch einen Aspekt“ begann der Oberste, welcher mit vollem Namen Benjamin Ganikai hiess (Beni für seine Handvoll Freunde) was aber niemand von interner Stelle wusste; nicht zu

wissen brauchte – man ist ja schliess-lich seriös – streckte sich auf seinem hohen schwarzem Ledersessel und nahm daraufhin eine bequemere Hal-tung ein, indem er das angewinkelte rechte Bein über das linke legte und fuhr dann fort: 


„Eine gewissen Aspekt, der in direktem Zusammenhang mit Tiffany Walter steht.“

 

Rakonson fuhr weiter, indem er den Blick von der hinteren Wand löste und den Stift zückte, um dabei wieder aller-lei Bemerkungen und Randnotizen auf das Blatt, welches die Überschrift „Sitzung, Nummer 665: Die Fälle Tiffany

Walter und Roger Fischmann“ trug, zu kritzeln.                                                     

 

Bärlots Augen hatten, nachdem der Oberste gesprochen hatte, für einen winzigen Augenblick einen hellen Glanz bekommen, was der Oberste sah, worauf dieser zustimmend nickte. „Ja, mir geht es genauso“ sagte er, in Bezug auf Bärlots Reaktion; mit einem festen Blick in dessen Augen.

 

„Sie ist so einzigartig … so wunderbar“ gab Bärlot verträumt zu Protokoll, wandte sich dann wieder dem Obersten zu und schaute ihn fragend an.

 

Der geisterhafte Glanz, mit welchem der Raum durch die Flammen der schwarzen Kerzen erleuchtet wurde, schien ein ei-gentümliches und sonderbares Eigen-leben zu führen. Manchmal konnte man ihn fast auf dem Gesicht und mit den Händen spüren; darüber waren sich in stillem Einvernehmen Alle bewusst, die intern dabei waren. Sprich natürlich auch Mark und Leonardo.

 

„Da hast du recht“ meinte daraufhin der Oberste „… und sie ist es im Prinzip, die wir lange schon zu finden hatten!“

Er räusperte sich, hatte für einen Mo-ment einen schelmischen Ausdruck in den Augen und sagte dann:


„Ich habe an den richtigen Stellen nachgeforscht und rausgefunden, dass sie; mit andern Worten: Tiffany Walter das ist, was unsere Urahnen als das Heiligtum bezeichnet hatten … Verstehst du? … Die Prophezeiung fängt an, sich zu offenbaren, mein getreuer Missionseiter!“ 


Er machte eine bedeutende Pause, - Rakonson schrieb wie wild seine No-tizen – und sagte dann, ohne den Blick von Bärlot zu nehmen: 


„Das Heiligtum ist gekommen; es ist da und wir sind bereit!“

 

Mit einem kurzen Blick zu Rakonson

meinte er daraufhin: „Nächster Punkt : Tiffany Walters Einweisung durch Leonardo!“ 


Seine Stimme klang wie immer fest und die freundliche, aber befehlsorientierte Tonlage war Allen, die intern dabei waren absolut bekannt; es war die Stimme eines verantwortungsbewussten Anführers, welche keinerlei Wider-spruch duldete.

 

 

Bärlot kratzte sich in der Zwischenzeit gedankenversunken mit seiner linken Hand das Kinn und empfand in diesem Moment nichts, als schlichte und pure

Freude; auch er hatte es immer ge-wusst: Die Zeit wird kommen und jetzt war sie da; Tiffany Walter ist es also, dachte er, während er noch immer über die frischen Bartstoppeln an seinem Kinn strich.

 

 

 

 

 

 

 

8. Kaptitel: Tyffany allein zu Hause

 


Tiff hatte inzwischen eine CD der Band Samael in den Musikplayer gelegt und dachte in diesem Moment darüber nach, ob Sie sich nun selbst etwas; in Form einer feinen Fertiglasagne (zum Bei-spiel) machen, oder, ob Sie lieber den Pizzalieferdienst anrufen wollte.


Sie entschied sich für das zweite und orderte eine Pizza Hawaii mit extra viel Ananas und Schinken und als Ihr in den Sinn kam, dass Sie momentan auf dem trockenen sass (Leonardos

Über-raschungsbesuch kam wirklich  über-raschend; doch war Sie nach wie vor allemal froh darum) und Sie deswegen zu der freundlichen Stimme, welche der Dame gehörte, die die Bestellung aufnahm, sagte: 


„Und dann hätte ich gerne noch eine zwei Liter Flasche Cola, bitte!“

„Und eine zwei Liter Flasche Cola“ repetierte die Bestelldame, während sie auch das noch niederschrieb. 


„Ist das dann alles?“


Tiff dachte kurz nach und meinte dann, nachdem Sie Ihren Bauch verständigt hatte: 


„Und dann bitte noch eine Portion Tiramisu; das ist dann alles.“ Und nach einer kleinen Pause: „Läuft heute viel bei ihnen?“


„ … und eine Portion Tiramisu!“ bestätigte wiederum die Frau am anderen Ende des Kabels und meinte dann mit einem leisen Seufzen: 


„Ja; heute herrscht mal wieder Voll-betrieb! Sie müssen sich circa vierzig Minuten gedulden“ beendete sie mit einem geschäftigen Lächeln in der Stimme das Gespräch und wünschte Tiff einen schönen Abend.


„Danke; ihnen auch“ sagte Tiffany und gleich darauf war die Leitung tot.                                                                                

Sie bestellte schon seit vielen Jahren Ihre Pizzas und sonstigen Spezialitäten bei ProntoPizza; vor allem dann, wenn Sie wieder einmal zu faul war, sich selbst etwas Richtiges zuzubereiten und heute Abend war dies eindeutig der Fall.                                    

Ab und zu muss man sich etwas gönnen dachte Sie, als Sie das Telefon wieder auf die Ladestation legte und zudem reagierte Tiffanys Körper im Vergleich zu den Körpern von anderen jungen Frauen äusserst befriedigend auf Fast Food. (Wenn es denn wie gesagt mal

wieder einmal vorkam, dass Sie sich so ernährte … was dann aber wiederum eher doch die Ausnahme von der Regel war.) Sie übernahm sich bestimmt nicht damit; doch wusste Sie, dass viele Frauen neidisch gewesen wären, um die Tatsache, dass Tiffany ein sogenannter Fastburner war; mit anderen Worten verbrannte Ihr Körper das ihm zuge-führte Essen in Rekordzeit, was so dann wiederum zweierlei Folgen hatte.

Die eine war die, dass egal, was Tiff auch immer ass, Ihr Körper das Essen in null Koma nichts verbrannte (Was nebenbei auch zur Folge hatte, dass Tiff stets schlank blieb. Nach einigen Versuchen, ein paar Kilo zuzulegen hatte Sie es vor etwa fünf Jahren dann

akzeptiert und Ihr damals behandelnder Arzt; Doktor Fischmann, hatte nach ein paar abschliessenden Untersuchungen damals dann das Ergebnis für Sie parat: „

Tiffany, du bist das, was man medizinisch als Fastburner bezeichnet!“                                                              

Was so wiederum bedeutete, dass Tiff nur unter den extremsten Umständen ein paar Kilo mehr auf die Rippen ge-bracht hätte; was Sie aber dann doch nicht wollte; Sie war wirklich sehr leicht und fühlte sich zudem wohl in Ihrer Haut und hatte so gelernt, die von Doktor Fischmann gemachte Diagnose zu akzeptieren und: Damit zu leben.


Die andere Folge war die, dass natür-lich Ihr Körper; dass heisst Ihr Ver-dauungsapparat keinerlei Rücksicht genommen hätte auf die Jahreszeiten. Zum Beispiel, ob es gerade Winter war. Spätestens nach zwei Tagen, in denen Sie vielleicht nicht genügend Gemüse und Früchte zu sich genommen hatte, meldete Ihr das Ihr Körper unmissver-ständlich; Ihre Leistungen gingen markant und rasch zurück, Sie war dann auch anfälliger für Erkältungserschei-nungen und zu Allem hinzu einfach nur müde.

So hatte Sie also gelernt, mit Ihrem Fastburnerkörper (Was für ein Ausdruck!) zu leben und seit Sie ein besonderes Augenmerk auf Ihren

Er-nährungsplan gerichtet hatte, wusste Sie sich zusehends auch immer besser zu helfen.                                               

Und so freute Sie sich also auf die feine Pizza Hawaii und bemerkte, als Sie in die Küche ging, um sich ein weiteres Glas Cola einzuschenken, dass Luna längst wieder ausgerissen war; ihren Verpflichtung nach, sozusagen.

 

Da es noch gute zwanzig Minuten gehen würde, bis der Lieferdienst die Pizza endlich bringen würde, entschied Sie sich dazu, sich mal wieder bei Ihrer Mutter zu melden. Tiffany fühlte seit einiger Zeit ein komisches Empfinden in Ihrem Bauch, immer dann, wenn Sie an

sie dachte.                                                                                                                                                                                             

Ein undefinierbares Empfinden, das irgendwie sonderbare Ähnlichkeit mit dem Gefühl hatte von damals, als Sie Ihren nun toten Freund, Robbie, per Anruf vor seinem bevorstehendem Tod warnen wollte. (Was aber dann leider nicht funktioniert hatte; möge er in Frieden ruhen.) Es war nicht gleich so, dass Tiffany daran dachte, Ihrer Mutter könne in der nächsten Zeit irgendetwas zustossen; das nicht gerade. Und doch war da etwas.

Also stellte Sie Ihr Glas Cola auf den

Stubentisch, holte sich danach erneut das Telefon von der Ladestation und setzte sich im Schneidersitz auf Ihr dunkelblaues und bequemes Sofa und wählte dann die Nummer Ihrer Mutter.

Als Tiffany darauf ihre Stimme vernahm: 


„Guten Tag, da ist Susanne Walter“ da wusste Sie bereits, dass dies bloss die aufgenommene Stimme Ihrer Mutter; mit anderen Worten, der Anrufbeantworter war und dass Sie sich nun doch noch etwas gedulden zu gedulden hatte.


„… nach dem Piepston!“ Piiiep!

„Hallo Mama, hier ist Tiffany.“ Fing Sie Ihre Nachricht an. Und nach einem

tiefen Durchatmen: 


„ Ist bei Dir alles in Ordnung? Bitte ruf mich doch bald zurück; ja? Ich hab Dich lieb.“



Tiff beendete das Gespräch, indem Sie auf den roten Knopf Ihres Telefon-hörers drückte und musste just in diesem Augenblick wieder an Leonardo denken. 

Das Lächeln, welches daraufhin Tiffs Gesicht erhellte war; mit einem Wort, einfach wunderhübsch anzusehen.

 

 

 

 

 

 

9. Kapitel: Rakonsons Bericht

 


Rakonsons Bericht der 665. internen Sitzung

 

- Nachfolgend ein Auszug der wichtigs-ten Punkte aus Rakonsons Bericht der Sitzung, welcher Wir vorhin kurz beige-wohnt haben; der Wahrheit zuliebe wurde darauf verzichtet, Ergänzungen und sonstiger unnützer Firlefanz anzu-hängen.                                       Da mir der Originalbericht vorliegt, will ich hier also nun die lediglich für Uns

relevanten Punkte eins zu eins direkt an die entzückte Leserschaft weitervermitteln. –

 

 

665. Sitzung

 

Teilnehmer:        Der Oberste und Missionsleiter Bärlot


Schreiber:            Rakonson


Gegenstände:     Die Fälle Walter und Fischman                                                                                                             und: Tiffany Walters Einweisung durch Leonardo

 

 

- Unter Baphomets Siegel -

 


1. Punkt: Der Fall Walter

 

Wie durch Missionsleiter Bärlot be-stätigt wurde, ist Leonardo bereits mit dem erfolgreichen Abschluss des Falles Walter beauftragt worden.

Sein Bericht wird in den nächsten vier-undzwanzig Stunden erwartet.

Doch wie der Oberste verlautbart hatte, ist ein Abschluss dieses Falles auf ein unbestimmtes Datum nach hinten versetzt worden; mehr dazu unter dem dritten Punkt.

 


2. Punkt: Der Fall Fischmann

 

Nachdem der Fall am 7. November, letzten Jahres erfolgreich durch Mark abgeschlossen worden ist, können Wir nun, ein halbes Jahr später den Fall also (Gemäss Vorschrift) endlich zu den Akten legen.

Auf Missionsleiter Bärlots Geheiss hin, wurde Mark bereits ausgewählt, um die Frau von Roger Fischmann; Tanya Fischmann – Heuer, zu gegebener Zeit, ebenfalls rüber zu geleiten.

 

 

3. Punkt: Tiffany Walters Einweisung durch Leonardo

 

Wie der Oberste bereits verlautbart hatte, handelt es sich bei Tiffany Walter unumstritten um das Heiligtum.

Ein entsprechender Bericht darüber wird gemäss Weisung in den nächsten vierundzwanzig Stunden vorliegen.

Da Leonardo bereits bestens vertraut ist mit Tiffany Walter und allem Anschein nach sich eine tiefgehende Freundschaft zwischen den beiden anbahnt, wurde Leonardo einstimmig als diejenige interne Person genannt, die Tiffany Walters Einweisung vor-zunehmen hat.

 

Abschliessende Worte:


Das Heiligtum ist endlich gefunden; es ist da und nun ist es an der Zeit, das zu tun, was getan werden muss.                                                                                                                                                                                        

Die Zeit des Wartens hat somit geendet und Missionsleiter Bärlot wurde durch den Obersten angewiesen, diese Er-kenntnis mit aller sich gebührenden Vorsicht intern zu verbreiten.

Es wurde weiter einstimmig eine ver-tiefte Zwischenarbeit von Mark und Leonardo angesagt, welche bei der nächsten Sitzung genauer betrachtet werden soll.

 

Der Gevatter zeigt sich ausserdem sehr

erfreut über die Entwicklung der Dinge.

 

 

Gezeichnet, Rakonson im Jahre XII d. n. s. Z.

 

 

 

 

 

 

 

10. Kapitel: Tyffanys Einweisung

 


Es war ein heller und strahlender Nach-mittag, als Leonardo wie besprochen um dreizehn Uhr bei Tiff klingelte.                        

Endlich, dachte Tiffany als Sie Ihre Haustür mit leichtem Herzklopfen öffne-te. Sie fühlte sich so wunderbar leicht heute; so unbeschwert. 


„Guten Tag, Tiffany“ sagte daraufhin Leonardo mit einem aufreizenden Lächeln in seinem Gesicht. Das Trep-penhaus, welches über genügend

Fen-ster verfügte, hatte dank des hellen Sonnenscheins einen leichten, gol-denen Glanz angenommen. (Tiff musste ein paarmal blinzeln, um sich zu über-zeugen, dass das was Sie da sah, auch wirklich echt war und nicht irgendein Hirngespinst Ihrer äusserst aktiven Fantasie.)

Tiff, welche zuvor noch einen halb fragenden und halb erfreuten Gesichts-ausdruck aufgesetzt hatte, liess sich nun aber doch von Leos aufmuntern-dem und vor allem: Ansteckendem Lächeln packen und erwiderte dessen ehrlichen und herzenswärmenden Aus-druck mit genau demselben Blick. (Hoffentlich tue ich das, dachte Tiff. Hätte Sie sich aber just in diesem

Mo-ment selbst sehen können, wäre Sie sichtlich erfreut gewesen, über das be-zaubernde Lächeln auf Ihrem Gesicht und dem wundervollen Glanz, welchen Ihre Augen angenommen hatten, als Sie Leonardos Erscheinung vor dem Ein-gang Ihrer Wohnung erblickt hatte. Sie befand sich nun mehr und mehr im Fluss und spürte, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis Sie ganz drin sein würde und das bereitete Ihr zusätzliche Freude; das Finden eines Sinnes kann immer wieder eine sehr schöne Erfahrung sein und so wie es aussah, würde Sie bald einiges über Ihren eigenen und persönlichen Sinn erfahren; dessen war Sie sich absolut überzeugt. Also liess Sie sich weiterhin

mit grosser Freude von der Welle tragen.)  

Und Tiff, die nun wirklich nicht mehr an sich halten konnte, streckte noch bevor Sie ein Wort gesagt hatte, lächelnd Ihre Arme aus, machte einen Schritt auf Leonardo zu, welcher Ihrem Beispiel folgte und nun ebenfalls mit ausge-breiteten Armen einen Schritt nach vorne auf Sie zumachte, worauf sich die beiden innig umarmten um einfach für einen Moment lang in perfekter Har-monie eng umschlungen im sonnen-durchfluteten Treppenhaus die Schön-heit des Augenblicks zu geniessen. 

 

„Leonardo, ich bin so froh, dich zu sehen!“ flüsterte Tiff ihm ins Ohr,

nachdem die beiden sich wieder voneinander lösen wollten, worauf Leonardo Ihr einen Kuss mitten auf die Stirn gab, während er Tiffs Kopf sanft mit beiden Händen festhielt.                                                                                          

Seine Lippen waren, wie Tiff mit auf-reizender Freude feststellen konnte, voller Feuer. Heiss und äusserst sanft. Tiff fühlte ein altbekanntes, flüchtiges Zucken zwischen Ihren  Schenkeln, (wurde dabei sogar ein bisschen feucht, was Sie aber momentan nicht bemerkte) und spürte wie Ihr Puls sich rasend steigerte.


Tiff hatte noch immer die Augen

ge-schlossen; war Sie doch eben durch und durch eine Geniesserin, als Sie Leonardos Worte vernahm, worauf Sie wieder blinzelnd Ihre Augen öffnete, welche einen verträumten Ausdruck an-genommen hatten. Ihre Wangen waren leicht gerötet, was Leonardo selbstver-ständlich mitbekommen hatte.

Weshalb er mit einem unverkennbarem, lustvollen und warmen Ton in der Stimme sagte: 


„Die Freude ist ganz auf meiner Seite, meine verehrte Tiffany. Es gibt heute einiges, das getan werden muss; freust Du dich darauf?“

 

Tiff, welche bei der eben gemachten

Bemerkung Leonardos auffiel, dass Ihr Herz noch einen Gang zugelegt hatte, fühlte ein leichtes, angenehm wohliges Kribbeln in Ihrem Bauch. Ihre Stimme zitterte deshalb leicht, als Sie dann er-widerte:


„Ja, mein sehr verehrter Herr Leonardo: Und wie ich mich freue!“                                                                                                    

 

Leonardo, welcher an diesem warmen, sonnigen Donnerstagnachmittag (wie immer) fast überwiegend in schwarz ge-kleidet erschienen war, hatte sich heute für ein dunkelblaues, dünnes Paar Stoffhosen und ein schwarzes Shirt mit

Stehkragen entschieden. Die Sonnen-brille, welche er vorhin, vor Tiffs Türe lässig auf seine Stirn geschoben hatte, hatte er in seinem Rucksack verstaut den er zuvor noch auf seinen Schultern getragen hatte und welcher nun ge-öffnet am vorderen Ende des niedrigen Stubentisches auf dem Boden stand.


Dieses Mal hatten sie beide auf Tiffs Sofa Platz genommen; und zwar so, dass Sie sich dabei in die Augen sehen konnten. Tiff welche im Schneidersitz in der Ecke des Sofas sass hatte sich so gekehrt, dass Sie nun Leonardo di-rekt anschauen konnte, ohne dabei ständig den Kopf wenden zu müssen. Leonardo hatte es sich, nachdem er ein

paar mit Blättern gefüllte, farbige Klar-sichtmäppchen aus seinem Rucksack gefischt und diese dann in Griffweite auf dem Stubentisch platziert hatte, mit angewinkelten Beinen, kniend auf dem Sofa bequem gemacht und sich dabei auch komplett Tiffany zugewendet. Die Schuhe hatte er natürlich schon zuvor, kurz nachdem er die Wohnung betreten hatte, ausgezogen.                                                              

Tiff hatte bei dieser Gelegenheit mit einiger Belustigung festgestellt, dass auch seine Socken von schwarzer Farbe waren, worauf Sie sich ein anerkennen-des Lächeln nicht verkneifen konnte. – Er machte einen so geordneten Ein-druck auf Sie.                                        

                                                                                                               

 

Auch jetzt, als er sich auf das Gespräch vorbereitete, überkam Tiffany wieder derselbe Gedanke; er ist so erdver-bunden, dachte Sie, während Leonardo die letzten Vorbereitungen traf, indem er seine Gedanken sammelte. Das bekam Tiff mit, ohne dass es Ihr Leonardo ge-sagt hätte; zumindest nicht durch aus-gesprochene Worte.                                                                           

Sie konnte richtiggehend spüren, wie Leonardo seine Konzentration und Auf-merksamkeit sammelte, als er dabei tief eingeatmet hatte und nach einer kurzen

Pause den Atem wieder nach draussen fliessen liess.

Tiff trug ein Bandshirt der Gruppe Mushroomhead über Ihren gelbrot ge-streiften Shorts. Sie hatte sich heute auch für ein schwarzes Paar Socken entschieden. (Zufälle sowie auch das Schicksal gibt es ja bekanntlich nicht …) Sie langte nach Ihrem Glas Cola, wovon Sie selbstverständlich auch Leo-nardo eines angeboten hatte (Leonardo bestand aber fürs erste einmal auf ein Glas Sprudelwasser) und tat einen kur-zen kräftigen Schluck davon, ohne da-bei Leonardo zu direkt anzublicken. Die Erinnerung an Ihren vormaligen Mon-sterrülpser, welcher Ihr beim letzten Mal rausgerutscht ist als Leonardo bei

Ihr war, war einfach noch zu stark vor-handen und Sie wollte darum keinen neuerlichen Lachanfall riskieren. Heute nicht.



Die folgenden zwei Stunden vergingen wie im Flug und nachdem Leonardo dieses Mal geendet hatte, fühlte sich Tiff zeitweise so, als ob Sie einen Rie-senschädel hätte; randgefüllt mit lauter wichtigen Sachen.                                                                  

Das Wichtigste, um nicht zu sagen, das essentiellste, was Ihr von Leonardo in dieser Zeit mitgeteilt worden ist, war, dass Sie, Tiffany Walter, so etwas wie eine ausgewählter Mensch war;

zumin-dest für die interne Stelle, für welche Leonardo eben arbeitete.


„Guck‘ mal …“ begann er „Wir sind schon so lange Unser Werk am voll-bringen, dass Wir sozusagen ein selbstverständlicher Teil des gesamten Werdens und Vergehens sind. Wir hatten viele Namen und ebenso viele, welche uns gegeben worden sind. Egal also, ob Tempelritter oder Rosenkreuzer oder Steinmetze; Wir sind schon seit so vielen Jahren dabei, dass es schon wieder etwas natürliches ist.“


Und nach einer kurzen Pause: „Das ist schon immer so gewesen; Wir leben und handeln im vollkommenen Einklang

mit der Natur!“

 

„Wir bringen nicht den Tod; dass sollte Dir vor Allem anderen bewusst sein, meine Liebe Tiffany“ hatte Leonardo Ihr zudem gesagt. – „Wir schauen bloss dafür, dass Alles glatt über die Bühne geht und wir handeln nicht aus eigenem Gutdünken; die Aufträge für das rüber geleiten erhalten wir jeweils von oberer Stelle; einer Stelle, die mehr geistig denn materiell ist, aber dafür nicht um-so realer.“ schloss Leonardo ernst und nüchtern, jedoch mit einem freudigen Lächeln im Gesicht. Tiffany sah ihm dabei deutlich die wohlüberlegte und aufrichtige Überzeugung an, die Leonardo für das Gesamte empfinden

musste.

 

Das Grundlegende, was Tiffany von Leonardo erfahren hatte, war die Tat-sache, dass Leonardo mit seinem Tun in etwa; wenn nicht sogar ziemlich genau, der Figur des Bertos entsprach; der Hauptfigur eines Märchens, dass Tiff schon als kleines Kind sehr gern ge-habt hatte und auch heute noch dann und wann immer wieder mit grosser Begeisterung und Freude las. Der Name des Märchens war: Das Märchen vom guten Menschen.                                              

Zu dieser Einsicht ist Tiff nach und nach gelangt und als Sie später, im Verlauf von seinem Besuch, Leonardo

davon erzählt, ist der nicht minder überrascht gewesen, über die rasche und überaus kluge Beobachtungsgabe von Tiff.


„Du hast da etwas erkannt, dass zwar oberflächlich betrachtet, gewisse Parallelen zueinander aufweist, doch kann ich dir sagen, meine liebe Tiffany, dass da mehr ist; einiges mehr.“ sagte daraufhin Leonardo mit einem schel-mischen Ausdruck im Gesicht. Er nahm sich einen grossen Schluck Wasser und fuhr dann fort:


„Berto hat es wirklich gegeben. Das ist das eine.“Und nach einer Pause:


„Und das andere ist die Tatsache, dass Wir; dass heisst die interne Stelle wirklich einiges diesem besonderen und wunderbaren Menschen zu verdanken haben; hat er doch für so vieles den Weg geebnet.“


Tiff holte, als Leonardo geendet hat, tief Luft; atmete hörbar scharf ein und hielt den Atem für einen Moment in Ihren Lungen.

Sie war einfach baff. Sprachlos und Baff.

 

Und natürlich willigte Sie ein, als Sie von Leonardo auf den Abend zu einem Treffen an interner Stelle eingeladen wurde.                                                  

                                                                                                                 

Natürlich wollte Sie nun nicht nur mehr,  sondern Alles wissen; restlos Alles.

 

Leonardo verliess Sie daraufhin, als er im Anschluss an das eben gesagte noch ein paar wichtige Sachen ergänzt und hinzugefügt hatte und als die bei-den einundzwanzig Uhr als die Zeit ab-gemacht hatten, zu der Leonardo Tiff heute Abend dann würde abholen kommen, ging Tiffany wie in Trance sich erst mal duschen.

 


Wie im Märchen kam Sie sich dabei vor.

           

 

 

 

 

 

 

 


11. Kapitel: Es war einmal - - - oder die feine Linie zwischen Fantasie und Realität

 


Das ist ja schier unglaublich, dachte Tiff, als Sie nach dem Duschen ihre nassen Haare ein wenig mit einem Handtuch abgetupfte; sie liess Ihre Haar immer von der Luft trocknen und hatte demzufolge eine ansehnliche und natürliche, schwarze Mähne, die Ihr schier unbändig und vollkommen ge-sund  auf dem Kopf wuchs.                                                                                             

Unter normalen Umständen hätte Sie diese Verbindung zu einem Ihrer Lieb-lingsmärchen als reine Schindluderei abgetan; als nichts, als blosses Gerede und Gefasel und wäre wohl nicht minder belustigt gewesen über diese Lüge. Und mit grosser Wahrscheinlichkeit wäre Sie wohl auch erbost gewesen über den Versuch, diesen Schatz aus Ihren Kindheitstagen so arg zu miss-brauchen und zu verdrehen.

Doch Sie wusste es besser. Noch ver-stand Sie nicht Alles. - Natürlich.                                                    

Aber bald; ja bald würde Sie wohl so einiges erfahren, dass Ihr Weltbild ein wenig ins Schwanken bringen könnte. Das hatte Tiffany ganz klar und

deut-lich zwischen den Zeilen, von dem was Leonardo Ihr heute gesagt hatte, er-kennen können.

 

Sie hinterfragte sich auch dann noch, als Sie in der Küche stand um sich Ihr Abendessen zu- zubereiten; man kann schliesslich nicht aus seiner Haut, kam Ihr Beas Lieblingszitat in den Sinn und wieder einmal wurde Tiffany von den Emotionen, den Erinnerungen und dem so plötzlichen Tod von Bea überwältigt und so stand Sie während fünf Minuten leise schluchzend in der Küche und liess die Tränen über Ihre Wangen kullern; eine um die andere, bis Sie sich anschliessend wieder etwas erholt hatte.

 

Währenddessen Sie sich Ihr Essen zu-bereitete; es gab pikant gewürztes und gebratenes Rindfleisch an einer feinen Bratensauce mit Zwiebeln und Salzkar-toffeln mit einem leckeren Gurkensalat; fiel Tiff auf, dass Sie sich auf das, was heute Abend geschehen würde, ausgesprochen freute.                                                                                        

Endlich geschieht etwas, dachte Tiff freudig, als Sie leicht tänzelnd das Essen zum Tisch in der Wohnstube brachte um dann; nachdem Sie eine CD der Band „The Prodigy“ aufgelegt hatte, an ebendiesem Platz zu nehmen und anschliessend Ihr Mahl zu ge-niessen.

Selbst gemacht ist halt nach wie vor am besten.

 

Gemäss diesem Sprichwort hatte Tiff für sich ein ausgewogenes und leckeres Abendessen zubereitet welches Sie bis zum letzten Bissen richtig genoss.                                                                                                                                              

Die Zeit hatte sich, seitdem Leonardo heute am Vorabend wieder von hier ge-gangen war; das war um sechzehn Uhr dreissig, sonderbar verhalten.                                                                  

Leonardo und Tiff hatten vereinbart, dass er Sie um einundzwanzig Uhr

ab-holen kommen würde. Sie wusste: Ihr blieben mehr als vier Stunden Zeit, um sich nebst dem Duschen, dem Kochen und dem Essen auch gebührend mental auf das, was heute Abend geschehen würde, vorzubereiten.                                                                                           

Und doch hatte Tiff einerseits das Ge-fühl, die Zeit rase nur so dahin, nur um dann kurz darauf wieder erleichtert festzustellen, dass die Zeit nun doch wieder einen Gang zurückgeschaltet hatte; wenn nicht gar zwei oder drei Gänge.                                     Es war sonderbar und angenehm zugleich.

So hatte Sie also dann schliesslich

doch mehr als genügend Zeit, all das zu erledigen und als Leonardo Sie pünk-tlich um einundzwanzig Uhr abholen kam, war Sie mehr als bereit.

 

Und immer wieder musste Sie an das Märchen denken, welches Ihre Mutter Ihr damals schon, als Tiffany noch ein kleiner Fratz gewesen ist, zum Ein-schlafen vorgelesen hatte. „Das Märchen vom guten Menschen“ hatte Sie seitdem nicht mehr wieder losge-lassen. Logisch also, dass das Buch mit der Geschichte einen Ehrenplatz in Ihrem Büchergestell hatte, welches Sie in Ihrem Schlafzimmer stehen hatte. Sie würde es heute Abend wieder einmal lesen. Wenn Sie später dann wieder

zurück sein würde.                                                                                               

Und gepaart mit diesem Vorsatz; der Vorfreude darauf, dass Tiffany heute Abend wieder einmal Ihr Reich der Fantasie erkunden würde, leuchtete Ihr etwas anderes, für Sie überaus essen-tielles ein: Leonardo glich seltsamer-weise genau der Figur des Berto.                                     

Mehr noch: Leonardo sah genauso aus, wie Sie sich Ihren Lieblingsmärchen-helden damals schon als kleines Kind vorgestellt hatte!                                                  

Das war jetzt wirklich ein Hammer.

Darum also, hatte Sie schon damals, als Sie Leonardo in Ihrem Spitalzimmer das erste Mal in Ihrem Leben gesehen hatte, das Gefühl, das man nur dann empfindet, wenn man mit jemandem zu-sammen ist, denn man schon sehr lange kennt, und was beinahe noch wichtiger ist: Dem man aufrichtig vertraut.



Dies Alles überlegte Tiff sich, als, nachdem es an Ihrer Tür geklingelt hat, Sie einen letzten, prüfenden Blick in Ihren Badezimmerspiegel warf und da-nach Leonardo (wie abgemacht) die Haustür geöffnet hat und er dann mit einem fröhlichen „Hallo, Tiffany! Ich

bin wieder da.“ über die Schwelle, in Ihre Wohnung getreten ist.


Noch bevor Leonardo die Haustür hinter sich geschlossen hat, stand Tiff schon bei ihm im Vorraum und dachte dabei, als Sie ihn im Profil betrachtete: Kaum zu glauben; Leonardo sieht wirklich genauso aus, wie ich mir Berto immer vorgestellt habe!

 

Leonardo, der wohl irgendwas davon in Tiffs Augen gesehen hatte, sagte dann, als sich die beiden für einen Moment lang in den Armen lagen, mit einem schelmischen Unterton in seiner Stimme: „Besser du glaubst es, meine Liebe!“


Tiff hatte keine Ahnung, in welchem  Zusammenhang Leonardo diese Bemer-kung eben ausgesprochen hatte, doch eines wahr Ihr dabei ganz und gar gewiss: Tiffany wurde es angenehm warm ums Herz.

 

Das traumähnliche Gefühl in einem Märchen wieder erwacht zu sein nahm in dieser Zeit zu keinem Deut ab; im Ge-genteil: Es verstärkte sich sogar zuseh-ends.

 

„Bevor Wir gehen“ hatte Leonardo zuvor noch zu Ihr gesagt, „habe ich noch einen Auftrag zu erledigen und du wirst dabei sehen, was getan werden

muss.“                                                                  

Dagegen hatte Tiff natürlich gar nichts einzuwenden; schliesslich wollte Sie Leonardo voll und ganz kennenlernen; mit allen Ecken und Kanten; diese Ge-wissheit hatte Sie schon damals, als Sie noch im Spitalbett gelegen hatte und Leonardo Sie besuchen kam.    

Inzwischen ist deine Gewissheit ja zu einem mächtig grossen Willen heran-gewachsen, meine Dame, sagte Sie be-lustigt in Gedanken zu sich und Tiff fing an zu lächeln; Vorfreude ist halt noch immer eine der schönsten Freu-den.

 

 

 

 

 

 

12. Kapitel: Leonardo tut, was getan werden muss

 


Sie waren zu Fuss unterwegs und die Sonne schickte ihre letzten feuerroten Strahlen als gute Nacht Gruss über den Himmel. Da es leicht bewölkt war, bot sich den beiden ein atemberaubendes Schauspiel und Tiff und Leonardo mussten einfach für einen Moment stehen bleiben; den Kopf beide zurück-gelegt und die Augen ganz gross vor Staunen.


„Diese Farben sind so schön!“ sagte Tiff freudig neben Leonardo, welche

sich für diesen Abend für ein paar ein-fache, silbergraue Stoffhosen und ein simples, schwarzes Sweatshirt ent-schieden hatte, da es heute tagsüber wieder einmal angenehm warm war und auch der Abend versprach weiterhin sommerliche Wärme.  

    

Jetzt, da die Sonne nach und nach am verschwinden war, konnte Sie die ge-speicherte, nun aufsteigende Wärme aus dem Beton des Bürgersteigs, auf dem sie beide nun unterwegs waren, geradezu spüren.


„Das ist die Natur; ihre Magie!“ sagte Leonardo genauso freudig und mit einer grossen Ehr-furcht in seiner Stimme.

Und während er das sprach, stahl seine linke Hand sich in die rechte Hand von Tiff. Endlich! dachte Tiff und begann sanft Leonardos Hand in Ihrer zu drücken.                                      


So standen die beiden also zusammen und genossen die Magie der Natur, liessen die Bilder der feuerfarbigen Wolken und der im Horizont unterge-henden, als blutiger Halbkreis erschein-enden, Sonne auf sich wirken. Und sie beide konnten spüren, wie gut im Grunde doch solch simple Dinge für den Menschen sind.

 

„Nun denn“ beginnt Leonardo, nach-dem die beiden, noch immer Händchen

haltend, wieder unterwegs sind und als er die warme Abendluft tief eigeatmet hat und Tiff ihn bereits mit einem erwartungsvollen Blick in Ihren Augen anguckt, fährt er fort:


„So wirst du also sehen, was ich tue, damit es getan ist. Ich werde dich auch weder fragen, ob du das wirklich willst oder ob du überhaupt bereit bist dafür, da du und ich die Antwort auf beide Fragen ja schon bereits kennen.             Nur eine Bitte habe ich an dich, Tiffany: Bleibe nun hier stehen bis es  beginnt. Danach spazierst du einfach weiter. - Gucke dann bitte, dass du in dem Moment, währendes passiert, an Ort

und Stelle, wo du dich dann gerade befinden magst, stehen bleibst und was genauso wichtig ist: Sobald du siehst, das auch ich mich wieder bewege, so wirst auch du wieder losspazieren und dann wieder bis zu mir aufschliessen; ich werde dabei gucken, dass ich einen gemütlichen Schritt draufhaben werde; du brauchst also nicht zu rennen; gehe nur schnellen Schrittes vorwärts, bis wir wieder auf gleicher Höhe sein werden. – Hast du das begriffen, meine Liebe?“


Sie sind inzwischen wieder stehen ge-blieben und nun hielt Leonardo auch Tiffs andere Hand in seiner und blickte Sie mit hochgezogenen Augenbrauen

an.

Tiff fühlte ein alt- und wohlbekanntes Kribbeln zwischen Ihren Schenkeln und genoss die zusätzlich aufsteigende Wärme aus der unteren Region Ihres Körpers. Das muss wohl der grosse Tag sein; mein grosser Tag, dachte Sie fröhlich und Tiff fing an, sanft zu lächeln.

Indem Sie den Druck seiner Hände erwiderte und Leonardo dabei fest in die Augen blickte, fing Tiff an zu nicken.


„Ja, ich habe dich verstanden, mein Lieber; voll und ganz!“ antwortete Sie und damit war Alles gesagt.

 

Sie wusste, dass Leonardo Sie nun für ein Weilchen verlassen würde, damit er sein Werk verrichten konnte. Nun, so wirklich weg war er ja nicht; Leonardo ging nun mit zielgerichtetem Schritt auf dem Bürgersteig weiter und blieb dann circa hundertfünfzig Meter weiter vorn stehen.

Tiff wusste zudem, dass Sie nun warten musste, bis es passierte um dann weiter Leonardos Anweisungen zu folgen, welche er Ihr vorhin gegeben hatte.


Die Strasse war nicht so stark befahren (in Wahrheit hatten Sie das letzte Fahrzeug nämlich vor über einer Minute an ihnen, auf der Strasse, vorbeifahren sehen und seitdem ist kein weiteres

mehr erschienen, doch dem ist sich Tiff nicht bewusst; Sie ist bis ans äusserste angespannt und wartet)  und die paar wenigen Geschäfte, die hier am äusser-en Stadtrand von Reichsbach liegen, hatten kaum Kundschaft. Leonardo würde also ziemlich ungestört das tun können, was getan werden muss, be-merkte Tiff.                                                                           

Und noch etwas ging Ihr durch den Kopf, als Sie darauf wartete, das es passierte, damit Sie sich wieder in Bewegung setzen konnte: Die Tatsache nämlich, dass das Ganze so nahe von Ihrem Zuhause stattfinden sollte; waren sie beide doch seit erst

etwa zehn Minuten unterwegs!                                                                                                                                                    

Tiff fühlte einen Gänsehautschauer über Ihren Rücken kriechen, welcher sich trotz der Wärme Ihrer Umgebung, oder vielleicht auch gerade aus diesem Grund sehr kühl auf Ihrer Haut anfühl-te.                                                                                          

Und noch während Sie darüber sinnier-te und kurz davor war, sich ob der kühlen Umarmung zu schütteln, wurde Ihr gewahr, dass es nun geschah.                                                                                 

Tiff hörte auf einmal das

unharmon-ische  Quietschen von Reifen, die auf dem noch immer warmen Strassenbelag zum Stillstand gekommen sind; ein Ge-räusch, welches so gar nicht in die ge-mächliche Abendstimmung zu passen schien, die sich nun nach und nach sanft auf die Welt legte.                                                                                                      

Tiff setze sich, wie Ihr geheissen wurde, wieder in Bewegung und sah dann das Auto auf der gegenüberlie-genden Fahrbahn wie einen Blitz die Strasse vor Ihr entgegen kommen; es schlitterte dabei schon leicht. Die Ent-fernung zwischen Ihr und dem ausser Kontrolle geratenem Fahrzeug betrug

etwa zweihundert Meter. Da sich aber die untergehende Sonne auf der Lak-kierung des Autos spiegelte, konnte Tiff zuerst die Farbe desselbigen nicht ausmachen, doch Sie glaubte, dass es sich bei der Marke um einen Ford handeln musste.                                                                               

Leonardo selbst stand unbeweglich an seinem Platz und doch konnte Tiffany nun, als Sie nach ein paar Schritten selbst wieder stehen geblieben ist spüren, dass er sich während diesem Moment gewaltig auf etwas konzentrier-te; so stark war ihre Verbindung zuein-ander allemal schon.

Der Rest war eine Sache von ein paar

Sekunden.                                                                                                                  

Trotzdem soll hier das, was geschah, ungeschminkt wiedergegeben werden. Und vor Allem: Ungekürzt.

Begeben Wir Uns dazu also wieder ein-mal auf breiten und starken Schwingen nach oben; in die Lüfte und sehen dann, was sich da unten auf der Strasse abgespielt hat:

Das Auto, das tatsächlich ein Ford ist, hat eine hellgraue Lackierung und ist demzufolge der Farbe des Strassen-belags nicht unähnlich. Darum konnte Tiff übrigens zu Anfang auch nicht gleich die Farbe des Wagens bestimm-en.                                                      

                                         

Die Person, die den Wagen lenkt, können Wir aber trotzdem nicht sehen, da sich auch in der Frontscheibe die Strahlen der untergehenden Sonne spiegeln. (Hat jemand `ne Sonnenbrille? Grins.) Wir bemerken zudem, dass das Auto schon längst nicht mehr auf seiner Fahrbahn ist und dass es so nun ziemlich genau in der Mitte der Strasse, (auf der sich zum Glück momentan kein weiteres fahrendes Fahrzeug befindet) entlangschlingert. Doch das nicht lange. Mit immer noch quietschenden und heftig rauchenden Reifen verliert der Fahrer nun nämlich vollends die Kont-rolle über sein Fahrzeug und Wir

können sehen, wie es plötzlich mit einem starken Schwinger nach links die Strasse verlassen will, um mit unver-minderter Geschwindigkeit auf den Bürgersteig auf dieser Strassenseite zuzurasen.                             Und Wir sehen den Metallstab.


Ja, richtig: Ein Metallstab von circa zehn Zentimetern Durchmesser ragt doch tatsächlich etwas auf die Strasse. Wir können sehen, dass dieser eiserne Stab aus dem offenen Seitenfenster eines Kombilieferwagens der Firma Me-tallbau AG ragt, welches am Strassen-rand, halb auf dem Bürgersteig steh-end, geparkt worden ist. (Eine Un-achtsamkeit, sozusagen, denn wenn der

Metallstab richtig festgebunden worden wäre, dann wäre dieser auch nicht weiter aus dem Fenster gerutscht. Doch diese Unachtsamkeit wird derje-nige, der sie begangen hat, nicht

mehr wieder begehen; nicht wahr?)                                                  

Das rasende Auto hält nun schnur-stracks auf den Metallstab zu und im letzten Moment dreht sich das Fahrzeug um genau den richtigen Winkel, damit sich die Stange nun direkt vor dem Fahrerfenster befindet.                                                                                                          

Ein atemloser Moment, während die Reifen noch immer rauchend und

quiet-schend Ihr ungewolltes und schrilles Konzert spielen und während der Ab-stand zwischen Stange und der linken Seite des Frontfensters des Wagens sich zusehends verringert. In diesem Moment können Wir auch einen Blick durch die Frontscheibe ins Wageninne-re werfen und sehen, dass es sich beim Fahrer des Wagens um eine Fahrerin handelt; sie ist etwa Mitte dreissig, hat dunkelblonde Haare, die ihr bis zum Kinn reichen (würde sie ihre Haare zusammengebunden tragen, so würden Wir einiges mehr des überaus fein geschnittenen Gesichts sehen, doch so ist das meiste davon hinter ihrem blon-den und dicken Haar verborgen, welch-es sie nun ein letztes

Mal mit einem schnellen rucken des Kopfes von einer auf die Seite zu werfen versucht und Wir können dabei sehen, dass ihre Augen weit aufgerissen sind.)                                                                                                                                                                                                    

Danach bohrt sich die silberne Metall-stange mit chirurgischer Präzision ge-nau auf Höhe des Kopfes der Frau, die den Wagen lenkt mit einem splitternden Geräusch durch die Frontscheibe. Die Wucht des schier ungebremsten Wa-gens bewirkt, dass der Fahrerin augen-blicklich der Kopf abgetrennt wird; im Prinzip wird er dabei zu Muus ver-wandelt; aber das ist ein Detail und der

Wagen kommt, nachdem seine Vorder-reifen auf den Rand des Bürgersteins prallen, mit einem stöhnenden Ächzen des Metalls zum Stillstand. Die Wucht bewirkt zudem auch, dass der Wagen kurzzeitig mit seinen Hinterrädern; ähnlich einem aufgeschreckten Pferd mit seinen Hufen, in die Höhe fahren und sinken nach einer weiteren atem-losen Sekunde mit einem lauten Rumms! zurück auf den Strassenbelag, wobei die Heckscheibe splitternd und krachend, aus ihrer Haltung fällt und dann als Scherbenregen ebenfalls auf die Strasse prasselt.                                                                                                             

 

Und während der Motor des Fords abstirbt, erheben Wir Uns mit einem lauten „Kraah! Kraah! Kraah! Kraah! weiter in die Lüfte; Richtung Horizont; dem Sonnenuntergang entgegen. Wir haben gesehen, was es zu sehen gab.

 

 

 

 

 

 

 

 

13. Kapitel: Wenn das die Realität ist

 


Für Tiff spielte sich das gesamte Horrorszenario innerhalb von wenigen Sekunden ab. Gerade noch hatte Sie ge-sehen, dass das Auto kurz davor war, vollends von der Strasse abzukommen und stattdessen vielleicht in eines der offenen Geschäfte hineinzurasen, da sah Sie auch schon, wie das Fahrzeug nun schier geradeaus auf den Bürger-steig der anderen Strassenseite zuhielt. Danach wurde Ihr das verräterische Aufblitzen der Metallstange, auf der sich ein letzter Strahl der

untergehen-den Sonne spiegelte, gewahr. Unmittelbar vor dem darauf zurasenden Auto.

Tiffa konnte zwar nicht genau sehen, wie sich die Metallstange zuerst durch die Frontscheibe des Fords bohrte um im Anschluss darauf den Kopf der Fahrerin mit einem schmatzenden Ge-räusch abzutrennen; doch das Geräusch der Metallstange, die sich mit einem sehr hohen, kaum wahrnehmbaren Kreischen ihren Weg durch die Front-scheibe, in das Innere des Wagens bahnte und auch das klirren und splittern des Glases hörte Sie an diesem Dienstagabend  allemal. Nur zu deut-lich.                                                   

Kurz darauf war der durchdringliche

Ruf eines Raben zu hören, der sich mit kräftigen Flügelschlägen majestätisch in die Lüfte erhob um dann, nachdem er die Grösse eines Knopfes angenommen hatte, mit dem Himmel zu verschmelzen.                            

Und sie konnte ebenfalls sehen, dass Leonardo nun wieder angefangen hatte, sich zu bewegen. Langsamen Schrittes ging er auf dem Bürgersteig weiter. Seine Arbeit ist somit wohl getan, dachte Tiffany und erschrak sich gleichzeitig bei diesem Gedanken.                                                             

Ist es wirklich erst eine Woche her – seit letzten Dienstag; fragte Sie sich, seit Leonardo so abrupt in mein Leben geplumpst ist?   

Eine Woche, die wohl wiederum völlig ausreichend gewesen ist; für sie beide. Trotzdem nahm Tiff die seltsam morbide Feststellung, die Sie soeben gemacht hatte, enorm mit und so beschleunigte Sie Ihren Schritt ein wenig, um schnell-er zu Leonardo aufschliessen zu könn-en. Sie brauchte nun unbedingt die Nähe eines Freundes. Und bei diesem Gedanken musste Sie nun doch ein wenig grinsen; erst seit einer Woche dachte Sie abermals und war dann wieder auf gleicher Höhe mit Leonardo.


Sie gingen etwa hundert Schritte in trautem Schweigen, während sich hinter ihnen nun nach und nach die Szenerie

abzuspielen begann, die sich nach ein-em jedem Unfall ergibt, wenn dieser in einem Gebiet stattfand, wo Menschen zugegen sind.

Erste Rufe wurden hörbar, ein paar Männer liefen wie von der Wespe ge-stochen scheinbar ziellos umher und fassten sich dabei immer wieder an den Kopf, so als könnten sie noch immer nicht glauben, was sich da gerade eben, direkt vor ihrer Nase ereignet hat.                                                                                                                                                                            

Eine Frau schrie mit einer anderen um die Wette; wahrscheinlich ging es da-rum, welche von den beiden als erste einen Nervenzusammenbruch erleiden

wird und jemand telefonierte so laut sprechend, dass seine Stimme schier zu kippen drohte, mit seinem Mobiltelefon mit der Polizei. (Es war der Fahrer des Kombilieferwagens.                                

Der, welcher die schiere Unachtsamkeit besessen hat, die Metallstange, welche sich, wie Wir ja eben Alle gesehen haben, zu einem Drittel in das Wagen-innere des Fords gebohrt hat, nicht richtig zu befestigen und zu sichern. - Könnt Ihr auch seine laute, paniker-füllte Stimme hören, während er ver-sucht, nicht dort hinzuschauen, wo die Eisenstange ihr lebensvernichtendes Werk vollbracht hat? Schliesslich wird es ihm aber dann doch Alles zu viel

und er kotzt sein gesamtes Abendessen auf die Strasse, direkt auf eine, der schräg über die Strasse verlaufenden, Bremsspuren des Fords.)                                                                                                                                   

Der Verkehr, welcher dann wieder ein wenig zugenommen hatte (bis zum Zeit-punkt des Unfalls war kein weiteres Fahrzeug auf der Strasse unterwegs) wurde von beiden Seiten notdürftig um die Unfallstelle gelotst und eine der beiden kreischenden Frauen fiel dann tatsächlich doch in eine Ohnmacht, aus welcher sie erst in zwei Wochen wieder erwachen würde und: Das Leben ging weiterhin seinen Gang. Hand in Hand

mit dem Gevatter Tod.

 

Schliesslich brach Leonardo dann das Schweigen; das würgende Geräusch, mit welchem einer der am Unfallort an-wesenden seinen Mageninhalt nach oben, an die Frischluft holte, ist war doch zu eklig, um es noch länger ertragen zu können.


„Ich bin sehr stolz auf dich, meine Dame!“ fing Leonardo an und fügte gleich hinten an:


„Wie geht es dir? Möchtest du dich etwas ausruhen? Etwas weiter vorne ist ein Restaurant, wenn du es also bis da-hin schaffst, so können wir bei einem

Kaffee dort wieder zu Kräften kommen.“ Leonardo blickte Tiff mit einem neu-gierigen und fragenden Ausdruck in seinen Augen an, während die beiden sich nun mehr und mehr vom Ort des Geschehens entfernten.

 

„Mir geht es soweit sehr gut“ sagte Tiff und war gleichzeitig erstaunt über diese simple Tatsache, welche Ihr da eben gerade so mühelos von den Lipp-en gekommen ist.       


„Und ja: Ich werde es schaffen bis zum Restaurant, dass übrigens ProntoPizza heisst und ich will nicht bloss einen Kaffee; ich will das stärkste Gebräu,

dass sie dort zu bieten haben!“ meinte Sie nun mit einem Anflug von einem Lächeln in Ihrer Stimme.                          

Dass Sie zu dieser Zeit unter einem ge-waltigen Schock stand, nun das wurde Tiff sich erst viel später bewusst.

 


„Das ist es also gewesen?“ fragte Tiff Leonardo , welcher Ihr gegenüber auf einem Stuhl sass; während sich Tiff für die bequemere, dick gepolsterte Sitz-bank entschieden hatte; über den klein-en Tisch, der zwischen ihnen stand. 


Das italienische Restaurant; bei welch-em sich Tiff vor einer Woche eine

leckere Pizza hat nach Hause bestellen lassen, war halbvoll und die meisten Gäste waren als Paare da, so dass eine angenehme und schon fast diskrete Ge-sprächsatmosphäre herrschte, was Leo-nardo gerade nur gelegen kam.                                                                                                                    

Schliesslich hatte er sich voll und ganz um Tiffany zu kümmern; die Erhaltung Ihrer geistigen und physischen Ge-sundheit war eine der obersten Prio-ritäten seines Auftrags.

Sie sah, dass Leonardo gerade im Be-griff gewesen war, einen Schluck von seiner Cola zu nehmen und wartete da-rum mit dem weiterreden, bis Leonardo

nach einem grossen und erfrischenden Schluck kühler Cola sein Glas wieder hingestellt hatte. Auch Sie hatte sich nicht für den vorgeschlagenen Kaffee entschieden; irgendwie hatte Ihr Bauch Ihr dann doch zu etwas anderem gera-ten und so hockte also nun auch Tiff vor einem halben Liter Cola und trank mit Bedacht von Ihrem Getränk.                                

Nur bloss keinen Monsterrülpser, jetzt! hatte Sie sich inzwischen schon ein paar Mal in Gedanken  eingehämmert.

So etwas konnte Sie nun wirklich ganz und gar nicht gebrauchen.

Bevor Sie sich in Gedanken über diese Möglichkeit; hier in einem halb gefüll-ten Restaurant einen Monsterrülpser

fahren zu lassen, verlieren konnte, griff Sie wieder das Wort auf.                 

(Ihr Verstand indes, versuchte sich krampfhaft immer wieder zurückzu-ziehen, doch das liess Tiffs Geist nicht zu.                    

Ansonsten könnte auch Ihr eine Ohn-macht drohen, das war Ihr nur zu gut bewusst und auch wenn Sie sich nun dazu zwingen musste, zu reden und sprichwörtlich am Ball zu bleiben, wusste Sie, dass dies besser sein wür-de; auch für später.)                      

Und da sah Tiff es. Es hatte mit Leo-nardos Augen zu tun. Etwas war da gerade eben. Ist  in seinen Augen gewesen.                                              

                                                                              

Doch momentan konnte Sie nicht an-ders, als es vorerst einfach mal zu re-gistrieren und weiter zu reden: „Das ist es also, was Deine Tätigkeit ist? Was auch schon so viele vor dir getan haben?“ fragte Tiffy nun mit ein-er leisen Stimme, die einem Flüstern verdächtig nahe kam.                                                             

Sie hatte von Leonardo ja so einiges über die schon seit undenklichen Zei-ten ausgeführten „internen Machen-schaften“ erfahren und doch war das, was da gerade vor Ihren Augen geschehen ist, zu einfach; einfach zu

simpel und somit auch zu gewaltig, als das Sie sich im Vorneherein irgend-welche Gedanken hätte machen können, die der Wirklichkeit auch nur im ent-ferntesten nahe gekommen wären.

Und das war der eigentliche Gedanke, der also verantwortlich war für Ihren Schock, den Leonardo nun ganz deut-lich in Ihrem käsemausbleichen Gesicht erkennen konnte.


Ich bin so stolz auf dich, meine schöne Auserwählte, dachte Leonardo wieder (Diesen Gedanken würde er nun noch des Öftern haben) und schöpfte dann mit einem aufrichtigen und warmen Lächeln im Gesicht tief Luft, um der Ausserwählten Ihre Fragen zu

beant-worten.                                             

 

 

 

  



14. Kapitel: Zum Teufel mit dem Aberglauben!



„Das ist es also; wie du sagst, Tiffany; was wir tun. Das, was man genusogut als interne Machenschaft bezeichnen kann.“ beantwortete Leonardo ernst und mit einem geheimnisvollen Lächeln im Gesicht, wahrheitsgemäss Ihre erste Frage, wobei er dabei wusste, dass dieser nun noch viele weitere folgen könnten.                                                                                                

Das Tiff viele Fragen hatte, das konnte er geradezu spüren. Doch spielten da-bei die Folgen des Schocks natürlich

auch eine tragende Rolle.                                                                                    

Zudem hat es nach Leonardos Wiss-en so etwas nun wirklich noch nie ge-geben. Es war nicht nur für ihn das ers-te Mal; die Organisation wie auch die Welt selbst erlebte das, was sich da ge-rade eben zutrug, zum allerersten Mal.

Klar hat es mehr als genügend Sitzun-gen und Übungen gegeben und natür-lich wurde Leonardo so gut es ging, auf diese Mission vorbereitet. Und das nicht ohne Grund. Doch der Ernstfall sieht immer etwas anders aus, als das Bild, welches zum Beispiel bei Übungen vermittelt wird. Dessen war sich Leo-nardo absolut überzeugt und hätte er

das bis zu diesem Zeitpunkt nicht ge-glaubt, so wäre er also spätestens jetzt vom Gegenteil überzeugt worden.

Und für diese Mission gab es nur Theo-rien; alte und urtümliche Aufzeichnun-gen und Nachrichten vom Gevatter selbst; doch nichts hätte ihn gebühr-end auf das hier vorbereiten können. Das war wiederum einer der Gründe ge-wesen, wieso gerade er für dieses Vor-haben ausgewählt worden ist. Leonardo gehörte zu den Besten.                                                                                                                                                                    

Theorie und Praxis gehören zusammen; das ist einer der ersten Lehrsätze ge-wesen, welcher Leonardo von interner

Stelle vermittelt worden ist und daran hielt er sich nun in Gedanken fest. Tief schöpfte er darum nochmals Atem, hielt ihn einen Moment an und atmete dann gleichmässig und im Fluss wieder aus, bevor er weitersprach:


„Um das wie machen wir uns dabei ge-nauso wenig Gedanken, wie auch über die Frage, Wer es ist, der „rüber geleitet“ werden soll.“ fuhr Leonardo in vertraulichem Ton fort.


Tiff kam eine Idee:


„Also geht es schlussendlich lediglich einfach um das „Was“ ...?“ fragte Sie Leonardo mit einem leichten Anflug

von Aufregung in der Stimme.                                                                                                        

Sie griff nach Ihrer Cola, trank einen Schluck und schaute danach Leonardo fragend an, der wie Sie bemerkt hatte, über das ganze Gesicht zu scheinen schien.

Nochmals holte er tief Luft und fuhr dann mit seiner warmen und angenehm-en Stimme fort: „Du hast es gepackt; meine liebe Tiffany; besser hätte ich es auch nicht sagen können! “                                                                         

 Leonardo war zu diesem Zeitpunkt

mehr als erleichtert, als ihm gewahr wurde, dass Tiffany diese Wahrheit selbst erkannt hatte. Das würde ihnen einige Zeit und Energie sparen.


„Und du machst nicht nur mich sehr stolz; das kannst du mir ruhig glauben …!“ fügte er dem eben Gesagten noch an seine Stimme hat einen vertraulichen Ton mehr angenommen..


Tiff, welche zuerst leicht errötete, ob diesen Komplimenten, bemerkte danach ein anderes Empfinden in sich, welches sich zu der schon vorhandenen Scham hinzugesellte:                          

Es war das bewusst werden. Noch nicht ganzes, umfängliches Verständnis.

Nein; denn dafür hätte Sie ganz einfach noch zu wenig Kraft in sich gehabt. Der Schock sass noch immer tief.                                                                               

So war es denn Ihr purer Überleben-swille, welcher Tiffany zu der Frage veranlasste; Sie gar richtiggehend dazu drängte; die nun gestellt werden müsste und die Sie vielleicht auch schon früher hätte stellen sollen. (Zum Teufel damit! unterbrach Tiff in diesem Moment Ihren reissenden Gedanken-fluss, der auch gewisse Zweifel mit sich brachte. Ich tu, was ich will  und wann ich eswill! sagte Sie sich und konnte somit wieder Ruhe in Ihren aufgewühl-ten Zustand bringen.)

                                                                                                                          

Schliesslich holte auch Tiff wie zuvor schon Leonardo tief Luft und liess diese dann mit einem ungewollt lauten Seufzer wieder entweichen; noch hatte Sie sich also noch nicht so gut im Griff, bemerkte Sie dabei und stellte dann, mit einem kleinen Zittern in Ihrer Stimme die grosse Frage:


„Und was habe ich, bitte, in diesen; wie du dich also ausdrückst: internen Machenschaften für eine Rolle?            

Wenn das dass einzige ist, was zählt, dann bitte sage mir: Was habe ich mit dem Ganzen zu tun? Warum erhalte ich diese Einblicke?“

                                                                                               

Tiff unterbrach sich kurz, um Ihre Gedanken, welche schon wieder ge-fährlich schnell anfingen zu kreisen; ähnlich einem mörderischen  Karussell,  zu beruhigen und blickte dabei Leonar-do ununterbrochen in die klaren und strahlenden Augen. Sie fühlte sich da-durch ein bisschen so, als wäre Sie hypnotisiert. Und zudem tat es einfach nur gut. Irgendwie schien aus seinen Augen Kraft zu kommen, die Tiff dank-bar in sich aufnahm. So genau konnte und wollte Sie sich diesen Vorgang wiederum aber dann doch nicht erklär-en.

                                                                                                      

Und mit einem sarkastischen Unterton in Ihrer Stimme, der sich einfach so ein-geschlichen hatte, ohne dass Sie dabei gross etwas hätte dagegen tun können, fragte Tiff deshalb:

„Also ich glaube mal nicht, dass ich bei irgendeiner komischen Art von Wett-bewerb gewonnen habe; oder?“ anstatt Leonardos Antwort abzuwarten, fuhr Tiff fort (Sie registrierte dabei den belustigten Ausdruck, welcher kurz über Leonardos Gesicht huschte, nachdem Sie diese Frage gestellt hatte) wobei Sie darauf achtete, dass Ihre Stimme in der gleichen

vertrauens-würdigen und diskreten Lautstärke blieb, die auch zuvor schon Leonardo für dieses Palaver gewählt hatte:


„Und was habe ich mit dem Tod zu tun? Wieso hast du mir das gezeigt, was sich erst gerade; vor nicht mal einer halben Stunde abgespielt hat? Was habe ich bitte mit all dem zu tun?“


Und nochmal holte Sie tief Luft; liess Leonardo, der momentan einfach nur baff da sass, dabei nicht aus den Aug-en und bedeutete ihm mit einer Geste der linken Hand, dass Sie noch etwas sagen wollte und er darum bitte noch warten solle, als Sie daraufhin die

letzte, dringendste und wichtigste Frage stellte:


„Was bin ich, Leonardo?“

 

Nachdem Sie diese Frage gestellt hatte, konnte Tiff richtiggehend spüren, wie sich etwas in Ihr zu lösen begann. Scheinbar hatte sie schon seit einiger Zeit darauf gewartet, gestellt zu wer-den.                                                                                                                                                        

Gleichzeitig nahm Tiff eine neuerliche Spannung wahr, welche von Ihrem Geist aus kommend auch den Körper erfassen wollte. Doch bevor dies geschehen

konnte, spürte Tiff eine innere beruhi-gende und wohltuende Kälte. Sie hatte nun gesprochen; Sie hatte gefragt, was gefragt werden musste und nun konnte Sie sich nur noch anhören, was Leonar-do Ihr berichten würde.              

Tiff war froh, es endlich getan zu hab-en.


Leonardo, der sichtlich überrascht war, ob Tiffs taffen und gut geölten Ver-stand, blieb noch eine Weilchen still als die weibliche Bedienung mit der Be-stellung an ihren Tisch kam; einer herz-haften, dampfenden und leckeren La-sagne für zwei Personen.


Als die Bedienung, nachdem diese

freu-dig „Guten Appetit“ gewünscht und sich die beiden dafür bedankt hatten, danach wieder von dannen gezogen ist und Tiff und Leonardo wieder allein waren, sagte Leonardo mit leiser, doch felsenfester Stimme die vier Worte, die alles verändern würden:


„Du bist die Ausserwählte.“


Tiff zog die Luft scharf in Ihre Lungen.


„Mehr kann und will ich dir nicht sagen“ fuhr Leonardo fort. „Du wirst zu gegebener Zeit alles weitere erfahren.“

 

Das Essen war wirklich ausgezeichnet; feinste italienische Küche könnte man

so sagen und danach fuhr Leonardo, als die Bedienung nun doch noch zwei Kaffees für die beiden gebracht hatte, weiter, noch bevor Tiff erst mal was da-zu erwidern konnte, was Ihr da gerade eben durch ihn offenbart worden ist:


„Ich weiss, es ist schwierig, was du da von mir erfährst und es ist auch nicht wenig. Doch bitte glaube mir, wenn ich dir sage, dass wir an interner Stelle so lange schon auf dein Kommen gewartet haben, dass wir dabei alle natürlich ganz aufgeregt sind. Selbst ich bin das; soweit es die Umstände eben zulassen. 

Doch bitte hör mich noch einen Mom-ent weiter an, da die Zeit für uns zu-mindest momentan recht eng bemessen

ist. – Wirst du das tun, Tiffany? Und was genauso wichtig ist: Bist du denn dazu auch im Stande?“                                                              

Er hatte Ihr diese Fragen stellen müss-en, denn so wurde es von interner Stelle vorgeschrieben.                                                                                                                                                                     

Tiff, welche zuerst glaubte, keinen Ton herausbringen zu können, nickte statt-dessen einfach und liess dann doch noch ein leises, doch überzeugtes „Ja“ von sich hören.

Also fuhr Leonardo fort.

Tiff indes machte sich daran, Rahm in Ihren Kaffee zu schütten und danach

mit dem Löffel darin zu rühren, bis sich der gewünschte Farbton eingestellt hatte.


„Natürlich ist es so“ sagte Leonardo über seine Tasse hinweg „dass es auch gewisse, sagen wir mal, anders gepolt-en Kräfte gibt, die in die andere Rich-tung hin arbeiten. Geradeaus gesagt, spreche ich von Feinden. Und die haben wir. Das kannst du nicht nur; nein das solltest du mir glauben, meine liebe Tiffany.“ An dieser Stelle machte er eine Pause, um auch seinen Kaffee trinkfertig zu bereiten und nachdem er vorsichtig nippend einen kleinen Schluck getätigt

hatte, fuhr er wieder weiter.                                                                                                                                    

Tiff hörte indes aufmerksam und in-teressiert zu, was von Leonardo natür-lich mit einiger Freude quittiert wurde; einer Freude die Tiffany auch in seiner Stimmer vernehmen konnte als er sagte:


„Aber bitte mache dir nun vorerst noch keine weiteren Gedanken; wichtig ist nur, dass du dir darüber erst mal im Klaren bist und das du auch wissen tust, dass es gut ist, dass wir dich zuerst gefunden haben, bevor dies jemand anderes tat.                              

Du sollst nur wissen, dass du in den

besten Händen bist. Das ist für dich wohl mal das wichtigste.“


Leonardo tat nochmal einen kleinen Schluck von seinem Kaffee und Tiff tat es ihm gleich (Hmmm … richtig gut, dachte Sie) und dann sagte Leonardo, noch mit der Tasse in seiner Hand:


„Zudem werden wir in circa zehn Minu-ten hier abgeholt.                                   Dann werden wir zusammen mit einem weiteren Mittätigen; Mark ist sein Name, an einen Ort gebracht, wo dir restlos alles gesagt und gezeigt werden soll, was wir dir denn sagen und zeigen können.“                                                                                                            

 

Leonardo strahlte nun wieder übers ganze Gesicht als er dann noch sagte: 


„Es ist alles in bester Ordnung soweit; dass kannst du mir wirklich glauben, meine liebe Tiffany!“

 


Na denn, dachte Tiff und merkte dann, dass Sie dringend zur Toilette gehen musste.


„Na denn“ sagte Sie und dann: „Ich muss wirklich ganz dringend mal aufs Klo; würdest du mich bitte entschul-digen?“


Leonardo hätte fast vergessen, dass Tiff anders war als er; Sie war ein Mensch. Und da war das mit dem Wasserlassen natürlich etwas genauso Menschliches. Doch wer hätte ihm das jetzt; unter den gegebenen Umständen schon verübeln können?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

15. Kapitel: Herzlich willkommen! /1.

 


Nachdem Tiff von der Toilette zurück-gekommen und Leonardo die Rechnung beglichen hatte, wurden sie beide dann auch tatsächlich; so wie Leonardo es Ihr zuvor gesagt hatte, abgeholt.


Und zwar direkt vor dem Eingang, wel-cher ins Prontopizza Restaurant hin-einführte. Auf der Strasse hielt dabei nicht irgendein Wagen; es handelte sich dabei tatsächlich um eine Limou-sine.                                                                                              

Kein so grosses Modell, wie Tiff bemerkte, doch handelte es sich bei diesem Fahrzeug um eine schwarze Li-mousine, unleugbar.

Der Fahrer, der auf dem Bürgersteig stehend die rechte hintere Tür aufhielt und darauf wartete, dass seine Fahr-gäste einsteigen würden, schien Leo-nardo zu kennen.                                                                                                                              

Das bemerkte Tiff irgendwie an der Art, wie sich die beiden begrüssten.

Sie selbst wurde mit einem angedeu-teten Handkuss höflich begrüsst und schon bald sassen die beiden dann im grossen, gemütlichen Hinterteil der Limousine, welche sie also an ihr Ziel

bringen würde. Die Ausserwählte; ich bin die Ausserwählte dachte Tiff dabei ununterbrochen und hatte dabei keinen blassen Schimmer, was das eigentlich zu bedeuten hatte.                                                                                                        

Zumindest nicht bewusst; Ihr Unter-bewusstsein dagegen arbeitete, nach der guttuenden Stärkung in Form einer Lasagne mit Cola und Kaffee, knapp unterhalb der Oberfläche auf Hochtour-en.


Sie war also scheinbar auf dem Weg; natürlich zusammen mit Leonardo, der Ihr nun ein kleines Fläschchen Mineral-wasser aus dem kleinen, eingebauten

Kühlschrank der Limousine anbot. Dankbar nahm Tiffany es an; Sie brauchte nach dem vielen Koffein nun doch auch wieder etwas neutrale Flüssigkeit.                                                                                                                    

Die Limousine hatte drei Farben als Grundton, wie Tiff  kurz nachdem Sie und Leonardo Platz genommen hatten, feststellte: Goldbraun, Silber und Schwarz. Der Sessel, auf welchem Tiff sass, war der bequemste Sessel auf dem Sie jemals in einem Fahrzeug gesessen hatte und wenn ich die Augen schlies-se, dachte Tiff, dann kann ich mir fast vorstellen, dass ich zu Hause in einem bequemen Ledersessel sitze. 


Selbst die Fahrbewegungen und die Abriebgeräusche der Räder waren äusserst dezent und Tiff fragte sich, ob das wohl am Fahrer oder am Fahrzeug selbst lag. Vielleicht ja auch an beid-em.                                                                    

Leonardo indes gönnte sich einen Schluck Single Malt Whisky aus der kleinen Einbaubar, welchen er in einem grossen Glas mit nun drehenden Be-wegungen seiner Hand kreisen liess, so dass die goldene Farbe des edlen Trop-fens dabei richtig zur Geltung kam.


Die Innenbeleuchtung in der Limousine

schien eher dezent aus den versteckten Wand- und Deckenleuchten und doch sah Tiffany genauestens Leonardos Gesicht. – Und somit auch seine Mimik. 

Er machte ganz den Eindruck, als sei er momentan äusserst zufrieden.


Na gut, dachte Tiff. Dann werde ich auch mal schauen, dass ich mich etwas entspannen kann und tätigte dann ein-en grossen, erfrischenden Schluck aus dem Wasserfläschchen und stellte es dann auf das kleine Tischchen, welches fest mit dem Wagenboden verbunden war und selbstverständlich auch Ge-tränkehalterungen zu bieten hatte. Es war auch aus Holz; genauso wie die

gesamte Innenverkleidung des Wagens und war auch genauso hübsch glänzend in einem tiefen, dunklen Farbton lack-iert.                                                                                                                                                              

Das Fahrzeug fuhr schnell, wie Tiff bei einem Blick aus einem der verdunkelten Seitenfenster feststellen konnte; die Stadt würde bald schon hinter ihnen liegen, dessen war Sie sich sicher, denn soeben waren sie dabei, die Altstadt von Reichsbach zu passieren.

 

Kurz bevor der Fahrer der Limousine für die dritte Person anhielt, eröffnete Tiffany das Gespräch dann doch,

ob-schon Leonardo gerade mit „Und; wie gefällt es dir hier …“ ansetzen wollte.

Tiff verzog keine Miene und blickte Leonardo dabei ernst aus dem gepols-terten Sessel in dem Sie sass, an. 


Leonardo, der sich für die ebenfalls gut gepolsterte Seitenbank entschieden hatte, brach den Satz ab und wartete stattdessen geduldig auf das, was Tiff sagen wollte.


„Also ich fühle mich hier drin ziemlich wohl; vor allem, da wir hier wirklich un-gestört sind und ab und zu kann man sogar vergessen, dass man sich ja in einem Fahrzeug befindet, das fährt.“ 


Sie nickte anerkennend und liess da-nach Ihren Blick von links nach rechts über den hinteren Raum der Limousine schweifen indem sie beide sassen.

Tiff holte tief Luft und fuhr dann; den Blick wieder auf Leonardo ruhend, fort: 


„Also ich habe ja nicht gross Ahnung von Dingen, die ich nicht kenne.“ Sie räusperte sich um dann weiterzufahren, während Leonardo einen weiteren genüsslichen Schluck aus seinem Glas tätigte.


„Ich habe zudem auch keine Ahnung, was denn die Auserwählte genau ist oder besser gesagt: Was sie sein soll.  

Ich habe einerseits all das praktische; also das, was du mir gezeigt hast, mit anderen Worten.                                  

Und ich habe einen grossen Haufen Theorie, den ich wiederum auch von dir vermittelt bekommen habe.                     So weiss ich also einerseits, schon nur aufgrund der Tatsache, dass ich dir vertraue, Leonardo, dass ein grosser Teil; wenn nicht sogar alles davon stimmt, was ich von dir inzwischen erfahren habe. Versteh‘ mich bitte nicht falsch, mein Lieber. Doch noch fehlen mir ein paar gewaltige Beweise, damit ich auch den Rest glauben und vor Allem: ihn akzeptieren kann. Ohne dir dabei zu nahe treten zu wollen, kann ich wohl mit Recht behaupten, dass es

sich hier um einen recht grossen Brocken handeln tut und ich daher bestimmt nicht alles sang- und klanglos annehmen kann.“


Eigentlich wollte Tiff Leonardos Antwort auf das eben Gesagte abwarten, doch eine Regung in ihm bewies Ihr, dass Sie auf dem richtigen Weg war, und da Tiff Ihre innere Stim-me genau hören konnte, die Ihr lediglich: Weiter; fahr nur fort! sagte, beschloss Tiff also weiterzufahren.

Und nach einem weiteren, kühlen und sprudelnden Schluck aus Ihrem Was-serfläschchen (Ein Glas hatte Sie zuvor lächelnd abgelehnt, als Leonardo es Ihr angeboten hatte) fand Tiff dann auch

die richtigen Worte, um weiterzufahren:


„Mir ist da zuvor noch etwas aufgefallen. Und zwar war das vorhin im Restaurant; wo wir beide etwas gegessen haben.“                                       

Da kam Ihr gerade noch etwas anderes in den Sinn:

„Und danke übrigens für die Einla-dung!“ Sie hatte gar nicht mitbekom-men, wann Leonardo ihre Rechnung be-zahlt hatte; doch das musste er ja getan haben, oder?                                                           

Sonst hätten Sie beide ja wohl kaum das Restaurant einfach so verlassen

können.   


„Das ist schon gut; geht auf‘s Haus, sozusagen!“ antwortete Leonardo mit einem Lächeln, das fast schon mehr ein Grinsen war, wahrheitsgemäss; denn schliesslich galten solche Dinge ja schon immer als Spesen.

 

Tiff blickte nun zu Boden, als Sie weiterfuhr: 


„Also, ich weiss es nicht genau, doch habe ich dabei etwas gesehen …“ 


Ach was; du weisst genau, dass du es gesehen hast! tobte und schrie Ihre innere Stimme in Ihr. 


„… etwas, das mit deinen Augen in Verbindung steht.“ An dieser Stelle brach Tiff ab. 

Und dann hob Sie den Kopf wieder, um dabei Leonardo anzuschauen; vielleicht wollte Tiff ja auch nur seine Reaktion auf das von Ihr eben gesagte mitbe-kommen.                                                                                                                              

Auf jeden Fall konnte Sie momentan nicht weiter reden. Während Sie eine sonderbare und doch auch angenehme Befriedigung darüber empfand, dass Sie das, was Sie am stärksten beschäftigt hatte, nun endlich doch gebührend zur Sprache gebracht hatte. Tiff hatte

zu-vor nämlich absolut keine Ahnung ge-habt, was Sie Leonardo in Bezug auf das sagen könnte, ohne ihm dabei zu nahe zu treten. Und nun ist es einfach so gegangen.


Leonardo, der Tiffs Regung mitbekom-men hatte, (Sie hatte kaum hörbar auf-geatmet; was ihm natürlich nicht ent-gangen ist) blickte Tiff mit übertrieben hochgezogenen Augenbrauen; was äusserst komisch wirkte, an und fragte Sie dann:


 „Geht es Dir jetzt besser? Jetzt, da du mich fragen konntest?“ 


Natürlich hatte auch er es bemerkt,

dass Tiff vorhin etwas registriert hatte, als sie beide noch im Restaurant gesessen hatten.                                                                                    

Was genau Tiff vorhin im Restaurant registriert hatte, das war sich Leonardo bis anhin nicht bewusst gewesen und so war er natürlich sehr froh, als Tiff nun das Wort von sich aus ergriff.


Für Sie war alles nun doch zu viel; die Grimasse, mit welcher Leonardo Sie noch immer anstarrte; der Todesfall, der sich vor noch nicht einmal ganz zwei Stunden direkt vor Ihren Augen abgespielt hatte. All das kam Ihr aufs Mal hoch und natürlich auch das, was Sie in der Zwischenzeit alles von

Leo-nardo erfahren hatte.                                                                                              

Zudem war Sie die Ausserwählte! Hütet euch also lieber!

Als Tiff dieser Gedanke kam, konnte Sie nichts anders, als einfach lauthals los-zulachen. Es gab nun kein Halten mehr für Sie. Mit lautem Kichern; wobei Ihr dabei schon die Freudentränen über die Wangen kullerten, landete Tiff schliesslich auf dem Boden der Limou-sine.

Leonardo wiederum konnte nun auch nicht mehr anders, als darauf einzu-stimmen. Brüllend löste sich eine riesen Lachsalve aus seinem innersten und

schon bald hatte auch er feuchte Wangen ob der Tränen, die er weinen musste; es hatte ihn schlicht und ein-fach wieder einmal überkommen. Und es tat gut.

Und so lachten, kicherten und grölten die beiden eine ganze Weile wie zwei kleine Kinder, die sich über etwas so alltägliches ganz ausserordentlich freuten; aus dem einfachen Grund, weil sie es einfach konnten.

 

Sie waren auch noch am Lachen, als die Limousine ein wenig später sanft ab-bremste, um den dritten Fahrgast auf-zugabeln.

Kurz bevor der Fahrer für Mark Peter-son die Tür öffnete, durch welche vor

einer Weile Tiff und Leonardo ebenso eingestiegen waren, raffte Leonardo sich mit aller Mühe zusammen, wischte sich Lachtränen mit einer Papierser-viette aus den Augen, räusperte sich ein paar Mal und sagte dann; mit einem unüberhörbaren Ernst in seiner Stimme, die aber doch noch immer sehr heiter klang:


„Was du vorhin in meinen Augen gesehen hast, meine liebe Tiffany, das war ganz einfach ausgedrückt, der Gevatter.“


Tiff hatte augenblicklich, als Leonardo zu sprechen angefangen hatte, Ihr Ge-lächter unterbunden, doch als er diesen

Satz zu Ende gesprochen hatte, kam Ihr trotzdem noch ein letztes Kichern hoch, das mit einem lustigen, hohen; fast schon quietschenden, fragenden Ton belegt war; mehr konnte Sie momentan nicht sagen oder tun.                                                                                                                                                                                  

Leonardo indes fuhr weiter: „Und nein; ich bin kein Mensch … je-denfalls nicht so einer, wie die meisten anderen.“


Die Tür wurde geöffnet und kurz darauf erblickte Mark Peterson Tiffs und Leo-nardos vom vielen Lachen ganz rot

ge-wordene Gesichter und stieg ebenfalls mit einem Lächeln ein; es war ein strah-lendes und völlig unbekümmertes Läch-eln.

 

 

 

 

 

 

 

 

16. Kapitel: Herzlich willkommen! /2.

 


 

Der Fahrer nahm, gleich nachdem es sich auch Mark Peterson im bequemen Innern der Limousine; gleich zwischen Tiff und Leonardo auf der Seitenbank bequem gemacht hatte, die ruhige und schnelle Fahrt wieder auf, wie Tiff mit einem Blick aus dem Fenster feststellen konnte.

Nach dem Begrüssungsritual (Es gab für Tiff von Mark einen echten Hand-kuss) kehrte in der Limousine für einen Moment lang gespannte Stille ein, in

der sich die drei lediglich mit durchaus wissenden Blicken anguckten. Für ein-en Aussenstehenden wäre dieser Mo-ment äusserst komisch gewesen; man hätte fast meinen können, dass sich Tiff, Leonardo und der neu dazuge-kommene Mark telepathisch verstän-digten.

 

Schliesslich brach Mark dann das Eis, als er feststellte: 


„Dem intensiven Rotton nach zu urteilen, denn eure beiden Gesichter nach wie vor haben, denke ich mal, dass ihr es eben gerade äusserst lustig hattet.“


Indem er zuerst Tiff und anschliessend Leonardo mit einem bittenden Ausdruck in seinen Augen anguckte sagte er dann: 


„Hättet ihr wohl die Güte, mir zu sagen, was den so komisch sein soll?“

 

„Leonardo kann halt einfach gut Grimassen schneiden; das ist alles!“ meinte daraufhin Tiff mit einem unverkennbaren Grinsen in Ihrer Stimme.                                                                                                                                                                                                      

Zudem wurde Tiff soeben gewahr, dass ja auch  Mark; genauso wie Leonardo

also, einer der intern tätigen war.                      

Oh, Man! dachte Sie; wenn Sie bis an-hin Zweifel gehabt hätte, in Bezug auf Leonardo und dem was er tut; sprich also auch in Bezug auf den Wahrheits-gehalt von dem, was er Ihr bis jetzt alles offenbart hat, dann wären bald alle; und zwar restlos alle Zweifel, wieder von Ihr gewichen. Ohne Frage.


„Aha, na dann ist ja gut … Ja; das ist etwas, das er ausgezeichnet beherrscht!“ meinte daraufhin Mark mit einem Seitenblick auf Leonardo, der mehr als tausend Worte sagte, und gab sich lächelnd mit Tiffs Antwort zu-frieden.

 

Leonardo hatte inzwischen auch Mark eine kleine Flasche mit Mineralwasser aus dem eingebauten Kühlschrank ge-reicht; auf Whiskey hatte er momentan keine Lust und so trank also auch Mark genüsslich von seinem, mit Kohlen-säure versetzten, Wasser.                                                                                                                 

Tiff gönnte sich ebenfalls einen wei-teren Schluck aus Ihrem Fläschchen.

Und da ergriff Leonardo wiederum das Wort; denn er hatte Wichtiges zu sagen:


„Nun denn, Tiffany und Mark.“ Er räusperte sich kurz und fuhr dann, als

er sich sicher war, die gesamte Auf-merksamkeit der beiden zu haben, fort:


„Wie du bereits weisst, Tiffany sind wir zu einem Ort unterwegs, wo man uns; vor Allem aber dich; die Ausserwählte bereits sehnlichst erwartet.“


Er blickte Tiff fest in die Augen welche daraufhin nickend ein „Mhm; das weiss ich.“ von sich gab.


Den Blick nun auf Mark ruhend sprach Leonardo weiter: 


„Und du weisst alles, was du zu wissen brauchst. Und nun, nachdem ihr euch also die Hände geschüttelt habt, ist es

Zeit, dass wir noch den Rest von dessen tun, was zu tun ist.“ 


Er schaute nun wieder beide an und griff gleichzeitig in ein verborgenes Fach, neben dem Kühlschrank, welches er zuvor mit einem leichten Fingerdruck geöffnet hatte und nahm einen kleinen, schwarzen Samtbeutel daraus hervor.


Mark entspannte sich sichtlich; er war ihm Vergleich zu Tiff deutlich im Vor-teil; wusste er doch scheinbar Bescheid über das, was nun kommen würde.


Leonardo, dem Tiffs Regung nicht ent-gangen war, sprach Sie nun direkt an, wobei er das Samtsäcklein inzwischen

auf seinen Schoss deponiert hatte.


„Du brauchst dir weiterhin absolut keine Gedanken zu machen, meine Liebe; was jetzt kommt, ist nämlich etwas ganz und gar natürliches.“ Er öffnete das schwarze Säckchen, in-dem er die Kordel, mit welchem es zu-gebunden war, löste, griff aber noch nicht hinein.


„Und deshalb brauchst du auch nicht Angst zu haben; es ist etwas urtümlich-es und besonderes; gerade bei dir sollte sich zudem eine überaus wunder-bare Wirkung einstellen!“

 

Es ist wirklich ganz und gar wunderbar, dachte Tiff etwa zehn Minuten später, als Sie die ersten Wirkungen des Tranks, den Sie zusammen mit Mark und Leonardo zuvor eingenommen hatte, zu spüren begann.                                                                    

Sie hatte bis anhin Farben noch nie so leuchtend empfunden; Ihre ganze Wahrnehmung schien eine gewaltige Stufe höher gestiegen zu sein und selbst mit den Ohren nahm Sie Dinge war, die ansonsten undenklich wär-en.                                                                                                                                                 

Bei dem Trank handelte es sich um ein altes, urtümliches Rezept, das schon

von Hexen und Druiden, Magiern und weisen Frauen genutzt worden ist, welches neben anderen, gar speziellen Ingredienzen, Amanita Muscaria; oder mit anderen Worten: Fliegenpilz als Hauptwirkstoff inne hatte. Das hatte Ihr zuvor Leonardo noch mitgeteilt.                         

 

Es war nun denn ein Trank, der Tiff, Mark und Leonardo auf das einzu-stimmen hatte, was noch folgen würde.                                    

Ein Trank mit lediglich natürlichen Zu-taten; wahrhaftig und mächtig.

So genossen die drei also die ersten Wellen ihres Trips, als sich die Limou-sine auf direktem Kurs hin zum Portal

befand.

Jenem Portal, durch welches sie schreiten und so auf eine andere Ebene gelangen würden.

Obschon Tiff, Leonardo und auch Mark zuvor kein Wort über das, was nun fol-gen würde, verloren hatten, hatte Tiff eine sonderbare und auch angenehme Erkenntnis in sich, die Sie genau über das unterrichtete, was augenblicklich geschah. Sie war sich zudem einerseits sicher, dass es Leonardo und Mark genau gleich erging und wusste ander-erseits auch, dass dies mehr war, als „lediglich“ Ihre innere Stimme, welche da zu Ihr sprach.                                                                                                                                  

Wie, bei allen Göttern, hätte Ihr Unter-bewusstsein auch nur im Entferntesten etwas davon wissen können? …

Und so wussten die drei dann auch, als der Fahrer die Limousine kurz vor dem Portal nochmal etwas runterbremste (Sie waren inzwischen in einem Wald angelangt und fuhren auf dessen befestigtem Weg, mit etwas gemässig-ter Geschwindigkeit immer dichter hin-ein, wie Tiff zuvor bei einem weiteren Blick aus dem verdunkelten Seiten-fenster der Limousine festgestellt hatte; … Und erst die Farben; dieses Leuchten … Alles ist so  wun-derbar! hatte Sie dabei gedacht) dass sie kurz davor waren, rüber zu gehen.

 

„Seid ihr bereit?“ fragte Leonardo, wobei sich Tiff im ersten Augenblick nicht sicher war, ob er die Frage wirk-lich ausgesprochen oder einfach „nur“ laut gedacht hatte, als Sie bemerkte, dass Leonardo Sie und Mark abwech-selnd fragend anschaute. Sie fühlte eine eigenartige, noch nie da gewesene Leichtigkeit in Ihrem Geist aufflackern, die sich nun nach und nach auf Ihren Körper senkte; Ihre Augen hatte Sie dabei nur halb geöffnet.


Mark übernahm für Sie das Ganze, indem er sagte: „Ja, Leonardo. Ich bin bereit!“


In diesem Moment wollte Tiff anfangen

zu lachen; es gab für Sie dabei keinen ersichtlichen Grund; und doch wäre Sie in dem Moment um ein Haar in lautes und wildes Gelächter ausgebrochen, wenn Sie nicht Ihre Aufmerksamkeit auf Leonardo und seine eben gestellte Frage gerichtet hätte.


„Auch ich bin bereit, Leonardo“ sagte Sie deshalb mit einem lustig hohen Tonfall. Und einer Eingebung folgend fragte Sie ihn deshalb mit etwas festerer Stimme:


„Und bist auch du bereit, Leonardo?“


Obschon Sie die Augen halb geschloss-en hielt, sah Sie Ihre ganze Umgebung

ganz deutlich und so gleissend hell, ganz so, als hätte Alles seinen eigenen Lichtkreis.

Und so hatte auch Leonardo eine ganz klar wahrzunehmende violette Aura, durch welche Tiffany die gesprochenen Worte nun beinah mehr sah, denn sie zu hören:


„Auch ich bin bereit, Tiffany“ lautete seine überzeugte und aufrichtige Antwort.


So stiegen sie dann, als das Portal erreicht worden war aus dem Wagen, verabschiedeten sich beim Fahrer (der Dinge wie diese wohl des Öfteren schon zu Gesicht bekommen hatte, den

er verzog nie eine Miene und lächelte stattdessen die längste Zeit freundlich und einnehmend) und schritten auf den Platz des Portals.

Sie wussten alle drei genau was zu tun war.


Tiff gingen dabei Leonardos Worte  „Das ist die Magie der Natur!“ durch den Kopf, als die drei, sich an den Händen haltend; wobei Tiffany dabei die Mitte bildete, Leonardo an Ihrer linken Seite und Mark zu Ihrer rechten; anschliessend dann durch das Portal schritten um diese Welt zu verlassen und in eine andere rüber zu gelangen.

„Wenn das die Realität ist …“ dachte Tiffany als Sie mit Leonardos und

Marks Händen in Ihren in der Mitte des Übergangs waren, um auch diese zu passieren; Sie sah dabei Dinge, die sie nicht mit den Augen sah und hörte Sachen, die Sie wiederum nicht mit den Ohren hörte und die ganze Zeit über hätte Sie vor lauter Freude am liebsten einen ohrenbetäubenden Schrei nach dem anderen losgelassen. Doch Sie be-herrschte sich.                                                                                                                          

Und genoss stattdessen.        


„Weiter; nur schön einen Fuss vor den anderen setzen!“ vernahm Tiff dabei eine tiefe und grollende und doch auch zärtliche Stimme, bei der Sie sich nicht

sicher war, ob diese nun aussen oder in Ihrem Innern aufgeklungen war; doch spielte das für Sie keine Rolle; Tiff be-folgte einfach brav die Anweisungen, genauso wie Leonardo und Mark es auch taten.                                      

Und genauso halt, wie sie es zuvor besprochen hatten; oder? - Tiff war auch das einerlei; Ihre Aufmerksamkeit hatte nun so viel zu sehen, zu hören, zu spüren und wahrzunehmen; die Wesen, die während des Vorgangs des  Über-gangs nach und nach an ihre Seiten ge-langt waren, wurden nun immer zahl-reicher und andersartiger in Aussehen und Form und auch das Licht schien immer heller zu werden, ohne dass es dabei die Augen in irgendeiner Weise

blendete.

Und dann waren sie durch.

 

Wie viel von dem, was Sie dabei sah und hörte, auf die Wirkung des Tranks, welchen Sie zusammen mit Mark und Leonardo eingenommen hatte, zurück-zuführen war, nun dass wusste Tiff zu diesem Augenblick nicht genau zu sagen.

Doch Sie wusste, dass sie drei alle unt-er der Erde waren. Tief unter  der Erde. Das konnte Sie anhand des erdigen Ge-schmacks feststellen, der in der Luft hing; einem Geschmack den man nur von Höhlen kennt, die sich unterhalb des Waldbodens in den Fels erstrecken. Zum Beispiel. Auch Ihr Ohrdruck hatte

rapide zugenommen, seit sie durchge-kommen sind, so dass Sie mehrmals leer gähnen musste, um einen Ausgleich zu erzeugen. Dazu kam die Tatsache, dass der Himmel oben ihnen vollends ver-schwunden war. Tiffany wusste, dass heller Mondschein die Stelle beschien-en hatte, an der die drei zuvor durch das Portal geschritten waren. Und hier (unten) hätte undurchdringliche Dun-kelheit geherrscht, wären nicht überall grosse, hell lodernde Fackeln ange-bracht gewesen, die die gesamte Sze-nerie in ein warmes Licht tauchte, in dem die Schatten verspielt tanzten.

Sie standen auf einer riesigen Ebene. Das war Ihr bewusst. Und überall um die drei herum; in einem riesigen Kreis

versammelt, standen allerlei verschie-dene Wesen.                                                                                                                                   

Zwerge konnte Tiff dabei am meis-ten erblicken.

Aber auch fliegende, sie umschweben-de Elfen und kleine Lichtwesen sah die verwunderte Tiff, der es in diesem Moment vorkam, als wäre Sie wieder ein kleines Mädchen; ein kleines Kind, dass fähig ist, dass zu sehen, was die Erwachsenen leider oftmals zu igno-rieren lernten.                                                                                                    

Nicht, dass Tiff jemals diese Richtung gewählt hatte; Sie war schliesslich ein überaus fantasievoller Mensch.

Und doch stellte all das, was Sie da er-blicken und auch hören konnte; vom wunderbaren Gesang der vielen Wesen abgesehen, die irgendein Lied ange-stimmt hatten, indem es sich, wie Tiff belustigt feststellen konnte, um eine Figur namens Berto ging, Alles in den Schatten, was Sie sich zuvor hätte vor-stellen können.                                                                                 

Restlos Alles.

 

 

Die drei hielten sich nach wie vor an den Händen, als Tiffany eine kleine Prozession erblickte, die sich auf den Weg zu ihrem Platz begeben hatte, den sie, seitdem Sie, Leonardo und Mark

angekommen sind, nicht verlassen hatten (Sie waren einfach alle drei zu verwundert und konnten so nicht an-ders als staunen, staunen und noch-mals staunen) und auch jetzt staunte Tiff nicht schlecht, als Sie sah, dass die Spitze von drei Menschen gebildet wurde; was dahinter aber trollig folgte, war ein riesiges Geleit von Gnomen, Elfen und Zwergen.

Und all diese Wesen strahlten dabei diese tiefe, urtümliche und Alles er-reichende Ruhe und Zufriedenheit aus.

Was Tiff nun hören konnte, bewirkte, dass Ihr Herz einen Schlag aussetzte.

Alle versammelten Wesen stimmten nun ein lautes und dröhnendes „Heil Tiffany! Heil Auserwählte!“ an,

das mit einem gewaltigen Donnern über die gesamte Ebene brandete.


Als der Oberste schliesslich vor Tiff zum stehen gekommen war; er bildete die vorderste Person der feierlichen Prozession, hob dieser kurz seine linke Hand, worauf augenblicklich Grabes-stimme auf der gesamten Ebene herr-schte. Eine Stille in der unwiderlegbar eine riesige, fast schon greifbare Ge-spanntheit lag.

 

„Sei herzlich willkommen, Tiffany!“ sagte er feierlich in die nun herrschen-de Stille hinein und begrüsste dann auch Mark und Leonardo.

 

 

 

 

 

 

 

17. Kapitel: Heiliges Leben!

 


Die drei brachten ein passables „Hallo“ zustande; zu mehr waren sie aber momentan auch nicht im Stande; zu fest war noch die Wirkung der Passage spürbar und so machte der Oberste auch gleich ohne Umschweife weiter; konnte er es doch ganz deutlich in ihren Gesichtern sehen. - Die wunder-bare Sprachlosigkeit ob der eben erlebten Ereignisse, mit anderen Wor-ten.


Mit einer tiefen Verbeugung vor Tiffany sagte der Oberste daraufhin,

mit tiefer und feierlicher Stimme, direkt an Sie gewandt:


„Heil Tiffany! Heil Ausserwählte! Heil Leben!“ was sofort von jedem anwes-enden Wesen gebührend laut wieder-holt wurde; sodass sich ein richtiger Kanon ergab, der Tiff bis tief  in Ihr innerstes berührte.                                                                                                                                              

Das Ganze war so intensiv; so unver-fälscht und pur, dass Tiff lediglich wie vom Blitz getroffen; noch immer am gleichen Ort stehend seit ihrer An-kunft; die Ihr zu Ehren gebrachte Dar-bietung mit strahlenden Augen und einem sonnigem Lächeln auf dem

Ge-sicht in vollen Zügen geniessen konn-te.                                                                                                                                                      

Dabei wurde Ihr bei einem neuerlichen Blick in die Gesichter der Versammelten gewahr, dass es auch an gehörnten Wesen nicht fehlte. Wesen, die Dämon-en, welche Tiff dann und wann schon auf Zeichnungen abgebildet gesehen hatte, nicht unähnlich waren.

Sie wusste zudem von jedem einzelnen, der hier versammelten Wesen genau-estens Bescheid; mit anderen Worten also um welche Gattung es sich dabei jeweils gerade handelte und was die jeweilige Art dann wiederum auch

ein-zigartig machte. Sie wusste es einfach.                                                                                                                                                                                                      

Auch darüber hinterfragte sich Tiff nicht zu fest.

Schliesslich klang das „Danke!“ welch-es Sie dann von sich hören liess dann doch überzeugt und äusserst freudig; zumindest die versammelte Menge nahm dies nun zum Anlass um ausgelassen herumzutollen, sich gegenseitig in die Lüfte zu werfen – und um dann wieder sicher in den Armen eines Zwergs oder eines anderen Waldwesens zu landen.                                                        

 


Die Stimmung schien sich dabei stetig nach oben zu schrauben und von überallher waren jubelnde „Juhuu!“ Rufe und Sätze wie:


„Endlich ist Sie da!“ und  „Die Ausserwählte ist gekommen!“ zu vernehmen.

 

Es wäre wohl noch eine ganze Weile so weitergegangen, wenn der Oberste dann nicht wieder seine linke Hand ge-hoben hätte, worauf der wilde Trubel und die tobenden Rufe auch gleich wie-der augenblicklich verstummten und Tiff somit eine weitere, eindrückliche Demonstration der Macht dieses hoch

gewachsenen Mannes („Der Oberste; das ist der Oberste! … bitte merk dir das!“hörte Tiff tief in sich eine Stimme Ihr zuflüstern)  über all die hier ver-sammelten Wesen erhielt.                                                                                           

Und zudem war er ebenfalls wie Leo-nardo und Mark ganz in schwarz ge-kleidet, wie Tiffany nun bei einem ge-naueren Blick auf ihn feststellen konn-te; er trug einen langen Ledermantel, der das meiste von ihm bedeckte; doch seine Glatze trug er unbedeckt zur Schau; dem Glänzen nach fragte Tiff sich, ob sie wohl poliert sei.                                                                                                                                            

                                           

Er hatte einen kleinen Ziegenbart, war aber ansonsten, wie auch auf seinem Haupt glattrasiert. Seine Gesichtszüge waren zwar einerseits fein geschnitten; was Tiff sehr gefiel, doch bemerkte Sie darunter auch eine Härte, die ein Mann nicht einfach so; mit einem Finger-schnipsen zum Beispiel, erhalten konn-te.                                                                                                                                     

Dieser hochgewachsene Mann mit Zie-genbärtchen und Glatze strahlte Au-torität aus; durch und durch; dazu langte ein Blick in seine dunklen Augen (wobei Tiff bei den momentan

herr-schenden Lichtverhältnissen nicht fest-stellen konnte, ob diese nun dunkel-braun oder schwarz waren) die einen festen und harten Blick hatten, der aber vor allem Wärme ausdrückte, wie Tiff dabei fand, als Sie so zusammen mit Leonardo und Mark  vor dieser inter-essanten Person stand; inmitten von vielen absonderlichen und wunderbaren Wesen, in … nun, wo Sie sich jetzt eben befand, darüber konnte Sie nur Spekulationen anstellen, zudem war die Wirkung des zuvor eingenommenen Trankes nun auf ihrem Höhepunkt und so hatte Sie sowieso dieses ganz spezielle Traumfeeling das wohl die eine oder der andere von Euch auch kennen mag.

                                                                                                                                                            

Alles war so wundervoll; so scheinend und hell. Alles war so rein und vor allem: Klar.                                             

-Tiff selbst stand in einem sehr engen Kontakt zu sich selbst während dieser Zeit; konnte Seiten an sich entdecken, die Sie so zuvor noch gar nie wahr-genommen hatte und Sie spürte ein so tief gehendes und urtümliches Ver-ständnis in sich, worin Tiffany auf jede nur erdenkliche Frage die sie sich stellte, sofort eine Antwort aus Ihrem Innern auf dem Silbertablett präsentiert erhielt.

Von den Eindrücken, die von aussen kommend auf Sie einwirkten ganz zu schweigen; schon nur all diese schill-ernden Farben und Lichtreflektionen, die tanzenden Schatten und auch der Eindruck des Feuers welches von den vielen Fackeln stammte, die rund um die Lichtung, auf der sie sich befanden, aufgestellt worden sind und welche auch von der einen Nymphe oder dem anderen Waldtroll feierlich getragen wurde; all das hatte seine eigene Magie und Tiff erkannte dabei, dass auch die Flammen der Fackeln von einem eigen-tümlichen Leben erfüllt waren. Alles  schien hier unten zu leben und zu atmen. Und sogar das saftige Gras der grossen Lichtung, auf der sie

stan-den, vermittelte den Eindruck, als wäre es mehr als blosser Rasen.

 

Ihr Zeitempfinden war gehörig durch-einander gebracht; Tiff hatte nämlich keinen blassen Schimmer, wie lange Sie schon zusammen mit Mark und Leo-nardo da unten war und all das hätte sich für Sie in Stunden, Tagen oder aber auch in Wochen abspielen könn-en; selbstverständlich dachte Sie auch über diesem Befund nicht zu genau nach.                                                                                                           

Nachdem die drei also dann dem Ober-sten die Hand geschüttelt hatten, durf-ten im Anschluss darauf alle Wesen (und damit meine ich ein jedes; vom

ersten nämlich bis und mit zum letzten!) die sich hier zu Ehren der Ausserwähl-ten versammelt hatten, vor Tiffany treten und sich vor Ihr verneigen; in einem schier endlosen Strom trat so dann eines um das andere der selten-sten und wunderlichsten Geschöpfe vor Tiff und bekundigte auf diese Weise seine Freude. Wie lange diese Pro-zession dauerte, nun auch da liess Ihr Zeitempfinden Tiff im Stich und ob-schon es zig Wesen waren, die Tiff ihre Ehre erwiesen, war das gesamte doch schneller vorbei, als sich das jemand denken oder vorstellen könnte.


Die Freude aber, die blieb. Und mit je-dem neuen Zwerg und Troll; mit jeder

neuen Fee die sich vor Ihr verneigte ging etwas von der angenehmen Heiter-keit auf Tiff über und als die Prozes-sion dann endlich vorüber war, war es Tiff so, als könnte Sie jeden Moment gleich laut jubelnd, kerzengerade in die Luft schiessen, ähnlich einer Rakete; mit unbekanntem Ziel.

Sie blieb aber auf dem Boden und fing stattdessen an, eine Weile im Kreis herum zu hüpfen, dann und wann die Arme nach Oben zu reissen und dabei wie ein kleines Kind zu jubeln und herumzutollen, woran der Oberste, als auch Leonardo und Mark ihre wahre Freude hatten; die Ausserwählte hatte angefangen zu akzeptieren, was Sie war. Und das war mehr als gut.

                           

Viele der anwesenden Wald- und Erd-geschöpfe, welche ansonsten nur in Unserer Fantasie leben, folgten Ihrem Beispiel und vollführten ebenfalls wilde und ekstatische Tänze im Kreis, wobei sie ab und zu freudige Schreie und Rufe von sich gaben.                                                                                                                                

Es war ein Moment der absoluten Freude und der puren Lust; das konnte Leonardo eindeutig spüren und als ein wenig später etwa ein Drittel der ver-sammelten Wesen, die sich natürlich alle zuvor vor Tiff (Der Ausserwählten! sagte Leo sich in Gedanken) verbeugt hatten, weggingen, um die letzten

Vorbereitungen für das Fest zu treffen, das zu Ehren der Ausserwählten nun stattfinden würde (Wie Leonardo und auch Mark sehr genau wussten) ertön-ten bald darauf überall um sie herum Trommeln und Bongos um in völliger Harmonie und Gleichheit einen urtüm-lichen und gar wunderbaren Rhythmus zu spielen; wieviele Hände dabei aber am Trommeln, am Tappen und am Klop-fen waren, liess sich aber wiederum un-möglich feststellen; zu perfekt war da-bei die der Musik innewohnende Or-dnung und auch die in Wellen wahr-nehmbaren Rythmen der Freude und Ausgelassenheit.

Es war ein uraltes Lied, was Tiff da zu hören bekam; irgendwie wusste Sie das.

Absolut erdverbunden tönte es.                                                                   

Und es war zudem ein Lied, das im Prin-zip nur auf Sie gewartet hatte und auch darüber war sich Tiff irgendwie im Klar-en. Völlig natürlich; wäre Tiffs Antwort auf diesen Zustand von Ihr gewesen; hätte man Sie damals gefragt. (Und diese Empfindung, sprich also die  Erin-nerung daran, nun die hat sich bis heute für Tiff weder gewandelt noch sonstwie umgekehrt; das können Sie mir ruhig glauben, verehrte Leser-schaft! Denn schliesslich hat Sie es mir ja gesagt – und selbstverständlich auch, dass ich dies genauso an Euch weiterzugeben habe ...!)

 

 

Bevor aber die Ausserwählte zusammen mit Mark und Leonardo das Fest ge-niessen konnten, das bald schon in vollen Zügen am Laufen sein würde, gab es für Tiff und Ihre beiden Be-gleiter noch etwas, das zusammen mit dem Obersten besprochen werden mus-ste.                                          

Und auch das wusste Tiff bereits schon im Voraus.

 

Und darüber, was Tiff dabei mitgeteilt und was besprochen wurde, soll nun berichtet werden:


Als erstes ist es wohl erwähnenswert, dass Tiff zusammen mit dem Obersten,

Mark und Leonardo den Platz wech-selten – und das nicht indem sie sich etwa mit ihren Füssen bewegt hätten. Nein. Der Oberste bildete mit Mark und Leonardo einen Kreis um Tiffany, wobei sich die drei an den Händen hielten. Darauf fing der Oberst an, einen gar wunderlichen und schönen Singsang zu rezitieren, in den Leonardo und Mark allsbald schon einfielen und als die Be-schwörung dann ihren Höhepunkt; unterstützt durch den wilden Rhythmus der Bongos und der Trommeln welche rund um die vier von abervielen Wesen gespielt wurden, erreicht hatte, hob der Oberste beide Arme gen Oben, gleich-zeitig nahm Tiff einen wabernden Nebel wahr, der sie alle von einem Augenblick

auf den anderen völlig einhüllte – und als der Oberste seine Arme wieder sinken liess, da standen die vier aufs Mal nicht mehr auf der Lichtung, auf der Tiff, Leonardo und Mark zuvor an-gekommen waren.                            

Sie befanden sich stattdessen in einem riesigen Steingewölbe, das ebenfalls er-hellt von unzähligen Fackeln wohl eine Art Saal darstellen sollte.

Zudem waren die vier jetzt wirklich für sich. Abgesehen vom Geräusch der Atemzüge war es einen Augenblick lang mucksmäuschenstill – selbst das getrommelte Lied war nicht mehr zu vernehmen.


Der Nebel, der die vier auf ihrer Reise

begleitet hatte (Vielleicht war dabei ja auch der Nebel selbst das Transport-mittel; wer weiss, wer weiss.) war noch nicht ganz verschwunden, als Leonardo völlig überrascht und freudig sagte:


„Dies ist ein Erlebnis, welches mich immer wieder aufs neueste verwundert; wahrhaft!“


Worauf zuerst der Oberste, dann Mark und schlussendlich dann auch Tiffany einen Moment lang herzhaft lachten. Während Leonardo dabei über beide Ohren grinste. Besser hätte er  es wohl gar nicht ausdrücken können, ging Tiff in den ersten Sekunden nach dieser höchst wunderlichen Reise durch den

Kopf.                                                                                                                                  

Sie konnte sich, obschon dies Ihre erste derartige Erfahrung gewesen war, herzhaft vorstellen, dass sich dieses Gefühl des andersartigen auch beim Wiederholen einer solchen Telepor-tation (DAS ist das Wort, leuchtete es dabei hell in Ihrem Geist auf) wohl weder ändern noch das es abnehmen würde; davon war Sie voll und ganz überzeugt. Und Sie sollte Recht be-halten.


„Nun, denn. Leonardo hat natürlich wie immer Recht mit seinen Feststellungen“ sagte daraufhin der Oberste und ging

dann, während er weitersprach, langsam auf einen langen Tisch zu, der in der Mitte der Steinhalle, in der sie gelandet waren,  trohnte. Er war aus Eichenholz und ebenso auch die Stühle, die zu beiden Seiten aufgereiht standen. Wobei Tiff erkannte, dass die Stühle gar eigenartige Formen und Win-dungen hatten; mit seltsamen Mustern und Ornamenten versehen war so ein jeder Stuhl ein kleines Kunstwerk für sich, welches so auf der Erde wohl gar nicht existierte.


„Auch ich muss dem anfügen, dass es gar jedes Mal ein gar spezielles und erhebendes Gefühl ist, wenn ich es vorziehe auf dieseWeise zu reisen; und

das im wahrsten Sinne des Wortes!“ sprach der Oberste weiter, worauf die drei anderen kichern mussten.                                   

Unterdessen war er am oberen Tisch-ende angelangt und auch Tiffany, Mark und Leonardo, welche dem Obersten langsamen Schrittes gefolgt sind stan-den nun jeder vor einem Stuhl.


„Darf ich bitten?“ fragte der Oberste, mit einem Ton in seiner Stimmte, der sich verdächtig nach Spass anhörte, worauf sich die vier auf ihre Stühle setzten; Tiffany bemerkte dabei, dass obschon die Form eines jeden Stuhles höchst eigenartig und seltsam anmutig ausgefallen ist, ihr Stuhl äusserst

be-quem war; gerade so, als wäre dieser eigens für Sie hergestellt worden; mit Rücksicht auf die Form Ihres Pos, Ihres Rückens und Ihrer Oberschenkel. Und gerade als Tiffanys angeregter Geist anfangen wollte, zu träumen (Wir wissen ja, dass es Träume im Schlaf und wiederum auch solche im wachen Zustand gibt, welche dann eben Tagträume heissen …) sagte der Oberste das, was gesagt werden musste und holte Tiff damit wieder zurück.


„Nun also dann. Somit ist die sechs-hundertsechsundsechzigste Sitzung eröffnet“ der Oberste holte tief Luft und rief dann mit tiefer, lauter Stimme: 


„Rakonson, darf ich bitten?“

 

 

 

 

 

 

 


18. Kapitel: Der Tod ist erst der Anfang!

 


Kurz darauf erschien Rakonson; ganz dem internen Kodex folgend, ebenfalls komplett in schwarz gekleidet. Er war auch dieses Mal wieder als Schreiber für die nun folgende Sitzung eingeteilt worden und kam hinter einer der breiten Steinsäulen, welche die Wände, die alle vier gleich lang zu sein schienen, ringsum am Rand entlang zierten, hervor.                                          

Vermutlich erfüllen die dicken Säulen wohl auch den Zweck des Abstützens der Decke, überlegte Tiffany, als

Rakonson mit ruhigem Schritt ebenfalls den langen Eichenholztisch ansteuerte.

 

„Das ging ja flott; so lob‘ ich mir das!“ sagte daraufhin der Oberste anerkennend, worauf Rakonson lässig meinte:

„Ich bin gerade in der Gegend gewesen“ was ausreichte, um die sonst schon sehr freudige und erheiterte Stimmung erneut zum überschäumen zu bringen und was so natürlich auch wieder mit einer weiteren Lachsalve quittiert wurde.                        

 

Rakonsons Alter war schwierig zu schätzen, wie Tiff feststellen musste; anders als beim Obersten, den Sie ohne

weiteres auf Mitte fünfzigstes Lebensjahr schätzen konnte, fehlten Ihr bei Rakonson die markanten Punkte, die das schätzen erst möglich machten.                               

Auf jeden Fall war Rakonson wie auch die drei anderen von einer hell scheinenden Aura umgeben (die Tiff in Verbindung mit dem Trank wahrnehmen konnte) und das beruhigte Sie mehr als genug.                                                                                                                                           

Ausserdem schien er von einer Zeit-losigkeit erfüllt zu sein, die Tiff erst nach und nach, im Verlaufe der Sitzung wahrnehmen konnte. Sein Gesicht

er-schien Ihr sonderbarerweise weder Alt noch Jung; im einen Moment hätte Sie ihn auf Mitte zwanzig und im darauf folgenden auf Ende fünfzig schätzen können und so gab Sie es dann mit der Zeit auf und erkannte dann nach und nach, dass diese Zeitlosigkeit auch in seinen Augen zu finden war.

Noch während das Gelächter und Grin-sen am abklingen war, nahm Rakonson Platz. Er setzte sich zwischen den Ob-ersten und Mark, welcher bewusst ein-en Stuhl zwischen sich und dem Ober-sten freigelassen hatte, während auf der anderen Seite des Tischs Tiff zu Ihrer linken neben dem Obersten sass und Leonardo sich zu Ihrer anderen Seite befand.                                        

                                                            Sie bemerkte dabei, als der Schreiber Platz genommen hatte, dass der Tisch aufs Mal nicht mehr leer war, wie er es noch gewesen ist, als sie sich gesetzt hatten. Irgendwann in der Zeit nämlich, zwischen Ihrem Platz nehmen und dem Erscheinen von Rakonson, schienen unsichtbare (und sehr schnelle) Hände den Tisch mit schönen Kristallgläsern und drei Flaschen Rotwein gedeckt zu haben.

Das wird ja immer schöner, dachte Tiff und da man Ihr die buchstäbliche Ver-wunderung deutlich im Gesicht ablesen konnte, meinte darauf der Oberste:


„Na, wenn nun alles soweit in Ordnung

ist, darf ich Rakonson also darum bitten, uns allen ein Glas dieses köstlichen Rotweins einzuschenken?“ und nach einer kleinen Pause: 


„Ich habe nämlich einerseits mächtigen Durst und bevor die Feierlichkeiten beginnen, haben wir zudem noch etwas zu tun“ wobei er zuerst Tiff ernst anblickte und danach den Blick durch die Runde schweifen liess.


„Doch das soll nicht heissen, dass wir bis dann nichts trinken dürfen; oder?“ fragte er an Tiff gewandt, worauf Sie lächelnd den Kopf schüttelte; es herr-schte eine angenehme und ungezwun-gene Atmosphäre, wie Sie dabei

feststellen konnte.

Rakonson der beinah schon durch war mit einschenken, hatte nun jedem von ihnen ein Glas mit blutrotem Wein hin-gestellt; gerade eben füllte er noch seines und Tiffany bemerkte, als Sie dann Ihr Glas genauer unter Augen-schein nahm, dass es sich dabei um echten Kristall handelte; einen Um-stand den Sie bis heute eigentlich fast nur aus Märchen gekannt hatte.

Anschliessend wurde angestossen, ge-trunken und natürlich: Ausgiebig pala-vert.


Was dabei vom Obersten vorgetragen wurde, verschlug Tiffany im wahrsten Sinne des Wortes schlichtweg einfach

die Sprache.

Auch Leonardo und Mark waren sicht-lich erregt von dem, was sie da alle zu hören bekamen. Während Rakonson den gesamten Verlauf der Sitzung auf der mitgebrachten Unterlage notierte, war seine Fassung scheinbar am stärksten vorhanden; doch das kann auch täuschen, dachte Tiff; schliess-lich kann er sich ja in seinem Bericht verkriechen und obschon er sich auch aktiv am Palaver betätigte, hatte er den Blick wiederum aber meistens auf seine Blätter gerichtet, da es doch einiges aufzuschreiben gab.


 „Ohne grosse Umschweife möchte ich also gleich auf den Punkt kommen“

begann der Oberste und Mark wie auch Leonardo waren wieder einmal sehr froh um die unkomplizierte Art und Weise, wie der Oberste seinen Posten hand-habte. Die beiden wechselten kurz einen Blick der mehr als tausend Worte sagte.

 

Der Oberste fixierte Tiff und fing dann mit einer Stimme, die es gewohnt war, Befehle zu erteilen, an:


„Es ist so, dass uns leider nicht mehr viel Zeit verbleiben wird. Als erstes sollst du wissen, Tiffany;  Ausserwähl-te, dass du eine Aufgabe zu erfüllen hast und dass diese Aufgabe in der nächsten Zeit erfüllt werden muss.“


Tiff begann zuerst unruhig auf Ihrem ach so bequemen Stuhl herumzurut-schen, atmete dann aber tief durch und nahm dieses Mal einen grossen Schluck des sehr fruchtigen Rotweins, welcher einen trockenen, überaus anspruchs-vollen Charakter aufzuweisen hatte, wie Sie dabei fand. Sie liess darum den Tropfen genüsslich einen Moment länger in Ihrem Mund und kostete ge-nüsslich  den herb fruchtigen Geschmack in vollen Zügen, bevor Sie ihn schluckte.


Unterdessen fuhr der Oberste mit ernster, fester Stimme fort:


„Es wird für dich aufgrund dessen, dass es das erste Mal sein wird, dass du eine solche Aufgabe zu erledigen hast bestimmt nicht einfach werden; du sollst im Prinzip jemanden  „rüber geleiten“. Und doch wird es für dich mehr als ein Kinderspiel sein, was dir wohl alle hier anwesenden bezeugen können.“


Der Oberste machte abermals eine Pause und blickte dann der Reihe nach Leonardo, Mark und dann Rakonson an, welche alle drei daraufhin nickten und ein deutliches „Mhm!“ von sich hören liessen.


Na immerhin, dachte Tiffany, legte aber

den Gedanken wieder zur die Seite, da Sie weiterhin konzentriert zuhören wollte. Hatte er eben wirklich „rüber geleiten gesagt“? fragte Sie sich kurz und bejahte sich dann die Frage.


„Die Person, die du rüber zu geleiten hast, ist wie du dir bestimmt denken kannst, nicht irgendeine normale Person; im Gegenteil. Bei diesem Men-schen handelt es sich im Prinzip um je-manden, den wir intern als Feind bezeichnen würden.“


Der Oberste schob Tiff eine Fotografie über den Tisch hinweg zu. Sie getraute sich aber noch nicht, das Foto aufzu-heben und es zu betrachten und

schau-te stattdessen weiterhin den Obersten mit einer Mischung aus Respekt und morbider Faszination an; Sie wusste, dass ein jedes Wort von ihm die ab-solute Wahrheit war.


Wieso das so war, konnte Sie nicht mit Bestimmtheit sagen, doch schien diese Überzeugung mit dem Umstand in Zu-sammenhang zu stehen, dass es sich ja bei ihm, wie schon der Name seines Postens aussagte, um den Obersten von all dem handelte und da er zudem wiederum auch Tiffany mit diesem ganz speziellen Blick anschaute, den Sie zu-allererst bei Leonardo bemerkt hatte.                                                              

Und das ist vor über zehn Jahren

gewesen.

                                                                                                          

Tiff musste sich ob der Erinnerungen an diese Zeit schütteln, die Ihr nun wieder hochkommen wollten.


„Der Gevatter bedarf ganz einfach dein-er Hilfe; Ausserwählte. Und dazu musst du nicht einmal diesen Raum hier verlassen“ fuhr der Oberste weiter und riss Tiff somit aus Ihren Träumereien.

Schon wieder sein Name, dachte Sie.                                                                                          

Gleichzeitig konnte Sie jetzt Baphomets Bildnis an der Wand gegenüber er-blicken; warum Sie ihn mit Namen

kannte, war Ihr wiederum einerlei, doch nahm Tiffany die Macht war, die von diesem Bild ausging, welches in einem Pentagramm prangte. Es strahlte wahre und pure Kraft aus, wie Sie fand.

Der Oberste machte eine kleine Pause, um das Gesagte wirken zu lassen und um sich selbst einen herzhaften Schluck aus seinem klaren Kristallglas zu gönnen.

 

Was danach geschah, soll hier nun aber nicht in allen Einzelheiten beschrieben werden. Auch das hat seine Gründe.                                                                  

Tatsache ist, dass Tiff vom Obersten dazu aufgefordert worden ist, die Foto-grafie in die Hände zu nehmen und sich

(während Sie die einzelne, darauf abge-bildete Person anzustarren hatte) zu-dem lediglich auf den Tod zu konzen-trieren hatte.

 

Und das war es dann auch schon ge-wesen.

 

Danach wurde gefeiert. Und auch da-rüber, wie lange das überschäumende, wunderbare Fest, dass zu Ehren von Ihr; der Ausserwählten, abgehalten wurde, dauerte, konnte Tiff keine wirkliche Angaben machen.

Es war ein Fest, das Alles, was Tiff bis anhin gekannt hatte, in den Schatten stellte. Die Wunder schienen sich im-mer wieder aufs Neue zu toppen. Und

neben vielen angeregten Gesprächen mit allerlei wunderbaren Wesen des Waldes und der Nacht, gab es natürlich Speis und Trank bestehend aus teils bekannten und teils unbekannten Zu-taten; doch schmeckte alles irre gut.

Tiff hatte getan was getan werden musste und nun war es also an der Zeit zum Feiern.

 

 

 

Was sich aber während dieser Zeit oben, (als Tiff eben dabei die Person auf der Fotografie angestarrt hatte) bei ebenjenem Menschen zutrug, soll aber hier nun gesagt sein:


Thomas Prikelmann hatte es beinahe geschafft. Sie hatten die Ausserwählte nun also doch gefunden und bestimmt wurde Sie inzwischen nach und nach instruiert. Das war ihm aber einerlei. (Was Prikelmann nicht wusste; nicht wissen konnte, war, dass Tiff in der Zwischenzeit schon instruiert worden ist und dass sein Leben schon bald ver-tan sein würde. Doch eines um das andere.) Sie würden noch viel zu tun haben, wie Prikelmann während dieser letzten Augenblicke seines kümmerlichen Lebens, fälschlicherweise annahm. Während er; der Direktor und Führer; er der selbsternannte und angehimmelte Teufel kurz davor war, das grosse Ziel endlich zu erreichen:

Die Erschaffung der Hölle hier auf Erd-en.


Während er die Strassenseite auf dem Bürgerstreifen wechselte, dachte er an den Obersten. Prikelmann hatte diesen komischen Typen also von vorneherein richtig eigestuft. Anstatt wirklich etwas zu unternehmen schwammen Sie also lediglich in seichtem Wasser.                       

Das war gut und in der Zwischenzeit würden dank seinen Gefolgsleuten immer mehr Geister von Verstorbenen hier auf Erden umherirren und so mit-helfen, dem Chaos vollends zum Höhe-punkt zu verhelfen.

Prikelmann hatte die andere

Strassen-seite erreicht, als ihm einfiel, dass es vielleicht doch besser wäre, sich nicht zu sehr auf das Ziel zu konzentrieren und sich stattdessen damit auseinander zu setzen, was Sie wohl machen könnten, jetzt, da die Ausserwählte also bei ihnen war.


Es sollten seine letzten Gedanken sein. (Zu genau diesem Zeitpunkt fing Tiff nämlich an, Prikelmanns Bild auf der Fotografie anzustarren und sich auf den Gevatter zu konzentrieren; was Prikelmann auf irgendeiner Ebene seines Bewusstseins, ganz am Rande, irgendwie mitbekam, dem Ganzen aber keine weitere Aufmerksamkeit schenkte.)

Prikelmann war dafür bekannt, dass er jeden erdenklichen, perversen Sex mit kleinen Kindern, die seine Gefolgsleute für ihn (und natürlich auch für sich) kidnappten, praktizierte. Er war weiter dafür bekannt, eine krankhafte Freude an Schmerzen von anderen zu haben; sprich das war erst der Anfang, da auf jedes seiner Opfer früher oder später (meistens jedoch später) dann ein grausiger und schrecklicher Tod lauerte.                                                                            

 

Mit ein paar Worten ausgedrückt, war Prikelmann ein Wesen ( - und Ihr könnt mir glauben, dass die Bezeichnung „Mensch“ hier fehl am Platze wäre!) das

gerne anderen Menschen Leid bereitete. Und auch das mochte einer der Gründe sein, wieso diese perfide Kreatur es geschafft hat, bis an die Spitze der Gegenseite zu gelangen.                                                                                  

Doch mehr Worte (zumindest momentan) über das Leben dieses kranken und perversen Wesens zu verlieren, wäre momentan schlichtweg Platzverschwendung.

Gesagt sei, dass der Tod für Prikelmann im unmöglichsten Moment eintrat.

Doch lest selbst.                                          

Prikelmann war also auf dem Weg in die

Bar; schliesslich war es schon gegen dreiundzwanzig Uhr und er hatte den heutigen Arbeitstag mit viel Schweiss beendet. Im wahrsten Sinn der Worte; eigentlich hatte er ja sogar mit dem Ge-danken gespielt, zuerst noch kurz bei sich zu Hause duschen zu gehen, bevor er sich in die trunkene Welt des Alko-hols zurückziehen würde, doch hatte er sich dagegen entschieden (sein Durst war einfach zu gross) und so stand also Prikelmann nicht unbedingt wohl-riechend vor der Bar, welche er kurz nachdem er die Strasse überquerte, er-reicht hatte.

Und dann fiel ihm auf, dass sein linker Schnürsenkel offen war. Gerade, als er vor dem Eingang der Bar mit dem

Namen „Drunken Dog“ nach dem Türgriff langen wollte um dann ge-mütlich saufen zu gehen, bemerkte er die beiden losen Enden des Schnürsen-kels und blieb an Ort und Stelle, um sich also mit gestreckten Beinen und gekrümmtem Rücken darum zu kümmern. - Der Umstand, dass er sich schon zuvor im Büro (wo er tagsüber ar-beitete) ein paar grosse Schlucke aus seinem Flachmann gegönnt hatte, spielte da sicher auch eine Rolle, wieso er nun wie festgenagelt da stand um sich so, direkt vor der Tür zum „Drunken Dog“ den Schuh wieder zuzu-binden.

So sah er auch nicht, was sich ihm von hinten näherte. Auch hatte er während

dieser Zeit auch keine Augen für das, was unmittelbar vor ihm geschah. (Tiff hatte mittlerweile alles um sich herum vergessen und Ihre ganze Aufmerk-samkeit –genauso, wie Sie vom Obersten instruiert wurde- auf Prikelmanns Bild gerichtet. Gleichzeitig öffnete Sie Ihren Geist um nach Ihm zu rufen; dem Gevatter.) Und so sah Prikelmann also das Motorrad, welches der Lenker nicht mehr richtig unter Kontrolle hatte, nicht. Wie es ge-radewegs von hinten auf ihn zuge-schossen kam.


Von hören konnte auch keine Rede sein, den die Rock Musik aus dem „Drunken Dog“, welche trotz der

ge-schlossenen Tür recht deutlich auf dem Bürgersteig zu vernehmen war, übertön-te so auch das Motorengeräusch der heranbrausenden Rennmaschine.           


- Der Tod kam für Prikelman auf zwei Rädern. -                                                            

Als diese dann über den Rand des Bürgersteins knallte, brach ein Befes-tigungsteil des Vorderrads, so dass Uns ein ähnliches Bild wie damals, zu Zeiten der Ritterturniere, hochkommt, als Wir feststellen, dass sich durch die Wucht des Aufpralls mit dem Bür-gersteig (wobei der Lenker vom Motorrad gespickt wird) ein paar

glänzende Radspeichen gelöst haben und wie kleine Lanzen vom nun blockierten Vorderrand nach vorne ab-stehen.


Die führerlose Maschine hielt also schnurgeraden Kurs mit Prikelmanns Hinterseite. Vielleicht wäre es nicht so schlimm gewesen, wäre er durch den nun folgenden Stoss der fast unge-bremsten Maschine einfach durch die nur angelehnte Tür der Bar ins Innere derselben gestossen worden.                                                                                                                                                                                               

Doch just in diesem Augenblick wollte ein ziemlich angetrunkener Gast die Bar

verlassen und stand auf der anderen Seite der Tür um diese zu öffnen; da sich die Tür nach innen wie auch nach aussen hin öffnen liess, drückte dieser beduselte Gast also dagegen, um die Tür zu öffnen und endlich nach Hause zu gelangen. Er spürte zwar den Stoss von der anderen Seite her kommend, dachte sich aber nichts dazu und wollte daher lediglich mit energischem Druck die Türe öffnen. Klar denken konnte er sowieso nicht mehr; er wollte nur noch nach Hause; in sein Bett.                                

Und so drückte er auch dann noch dagegen (im Gedanken, dass irgendwas unter der Tür verklemmt sei und wenn er nur fest genug drücken würde, es

dann schon gehen würde) als sich eine der gelösten Speichen des Vorderrads dazu entschloss, sich durch Prikel-manns Hosenboden und durch die Un-terhose in seinen Allerwertesten zu bohren um dann so weiter mit geradem Kurs durch seine Gedärme zu stossen, bis sie schliesslich die hintere Magen-wand durchtrennte und vorerst mal in Prikelmanns Bauch stecken blieb. 


Prikelmann wurde also sprichwörtlich von hinten aufgespiesst.


Und so starb Prikelmann einen elen-digen und qualvollen Tod, während das letzte was er dachte so etwas war wie:

„Oh scheisse; Sie haben die

Ausser-wählte also doch instruiert! Und ich bin gefickt … diese verdammten Schmerzen … ich kann nicht … mehr …“ (Für Prikelmann sollte es aber erst begin-nen.)


Im wahrsten Sinne des Wortes könnte man wohl so sagen und irgendwo, viel weiter unten legte Tiff das Bild mit Prikelmanns Fotografie ab und sprach dann die bedeutenden Worte:


„Es ist vollbracht!“                                                                                                                                                                     

Tiff hatte also getan, was getan werden musste, ohne über die näheren

Um-stände mehr zu wissen, -das ist eine Geschichte für ein andermal- und trotzdem wusste Sie, dass es richtig; das es Gut gewesen ist, was Sie da soeben getan hat.)

 

Nach und nach kam Tiff dann Stunden später (Oder waren es Tage oder gar Wochen oder vielleicht auch Monate? - Sie wusste, dass Ihr Zeitgefühl noch ein paar Tage brauchte, bis es sich wieder vollends richtig eingestellt haben würde) in Ihrem Bett wieder an die Oberfläche des Wachseins zurück. Sie hatte keine Ahnung, wie lange Sie geschlafen hatte. Doch hatte Sie weder einen Kater noch hätte Sie sich sonst auf irgendeine Weise schlecht gefühlt.

 

Und das war auch gut so.

Denn schliesslich hatte Alles erst ge-rade erst begonnen, wie es Ihr zuvor noch der Oberste mitgeteilt hatte.

 

Alles hatte für Sie gerade erst begon-nen.

 

Tiffany freute sich wie ein kleines Kind auf das, was noch kommen würde und fing an sich unter der schön warmen Bettdecke zu strecken und musste herzhaft gähnen.

 

 

An die Möglichkeit eines besonders in-tensiven (und bestimmt auch äusserst

makabren) Traums hätte Sie zu diesem Zeitpunkt nicht im entferntesten ge-dacht. 

 

 

 

 

 

 



Nachwort

 


Solltet Ihr, meine verehrten Leser, jetzt (noch) mehr Fragen haben, als zu Anfang dieses Buches, so geht es Euch wie mir.

Das soll an dieser Stelle noch gesagt sein.

Ich schreibe lediglich das, was Tiffany mir sagt; das nach wie vor.


Und: Sie wird noch vieles zu erzählen haben; das können Sie mir ruhig glaub-en!

 

 



Bis bald, also!

Hellstern 

 

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hellstern
Freigeist. Im Bewusstsein, das ich ein sogenanntes "neues Kind" bin.Ich heilige die geistige Freiheit. Stilles Wasser. Katzen sind Götter; Wir haben das in Unserer hektischen Zeit lediglich vergessen!

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