Wird sie glücklich dort?
Die beiden sassen auf einer Lichtung im Wald. Kayla war ziemlich entspannt, und sah verträumt in die Bäume. Koi beobachtete sie. Die beiden hörten ein Rascheln, und als sie sich in die Richtung drehten, aus der es gekommen war, sahen sie ein stattliches Pferd, welches genau auf sie zugeprescht kam. Man sah dass weisse seiner Augen und es hatte die Ohren angelegt. Dahinter her kamen einige Indianer angeritten. Kayla stand direkt an dem Ort, auf den das Pferd zuraste. Sie war unfähig sich zu bewegen, und starrte nur das Pferd an. Koi schoss auf sie zu und riss sie zur Seite, gerade noch rechtzeitig bevor sie von dem Pferd niedergetrampelt werden konnten. Die Indianer preschten dem Pferd nach. Kayla lag am Boden, die Augen weit aufgerissen, Koi über ihr. Die beiden atmeten schwer, und sahen sich in die Augen. In Kaylas stand Schock, und ein Glanz den man nicht genau zuordnen konnte. Koi's Augen strahlten Wärme und Glückseligkeit aus. Er beugte sich vor und drückte sanft seine Lippen auf die ihren. Sie schloss die Augen, wie sie es immer in den Filmen gesehen hatte. Dabei fühlte sie sich wohl, als ob dies ihr lang ersehntes Zuhause wäre. Nichts in ihr redete noch davon weg zulaufen.
In Koi sah es ziemlich ähnlich aus. Er hatte sich als Indianer nie vorgestellt ein weisses Mädchen zu küssen, aber Kayla imponierte ihn, seit er sie jenes erste mal gesehen hatte. Sie hatte das wunderschöne Kleid der Indianer getragen, und ihre schwarzen Haare waren noch etwas wirr vom schlafen gewesen. Ihre Augen hatten trotz der Müdigkeit, die sie kurz darauf daraus rieb, gefunkelt. Mit einer Hand stützte er sich am Boden ab, um sie nicht mit zu viel Gewicht zu belasten, mit der anderen berührte er ihre Wange.
Ihr einer Arm lag angewinkelt am Boden, die Hand am anderen Arm lag sanft auf seiner Brust.
Etwas raschelte zu ihren Füssen und abrupt endete der Kuss. Vom Geräusch schreckten beide zurück. Als sie beide zum Ort sahen, wo das Geräusch hergekommen war, war da nur ein kleines Reh, welches mit ängstlichen Augen zu ihnen hochblickte. Als Kayla und Koi sich bewegten, sprang es davon. Etwas rot im Gesicht standen beide auf und liefen nebeneinander her in Richtung Dorf. Fast dort angekommen, es trennten sie nur noch ein paar Bäume von den Zelten, hielt Koi Kayla fest. Sie drehte sich um, und sah ihm tief in die Augen. Immernoch Hand in Hand liefen sie beide aus dem Schutz der Bäume, auf die Indianer zu.
Sie waren mehr als entsetzt. Schon lange hatten sie beobachtet was zwischen den beiden unterschiedlichen Menschen vorging. Sie hatten gesehen dass Koi Gefühle für sie entwickelt hatte, und es geschehen lassen. Sie wollten den natürlichen Lauf der Dinge nicht beeinflussen, trotzdem waren sie etwas verwundert als die beiden Hand in Hand, was sie früher auch taten, nur nicht so pärchenhaft, durch das Dorf gelaufen kamen. Sie setzten sich schweigend neben einander an ein Feuer und assen gebratenes Fleisch mit Maisbrei. Die Indianer beobachteten die beiden ununterbrochen, und irgendwann sagte Koi leise: "Vielleicht sollten wir woanders hingehen." Kayla nickte und die beiden standen auf. Sie gingen in das Tipi wo Kayla auch letzte Nacht geschlafen hatte. Koi liess den Vorhang vor das Loch im Zelt fallen und zuckte mit den Augenbrauen: "Bei so etwas schämen sie sich nicht schnell. Sie würden dich die ganze Nacht anstarren." Kayla nickte verlegen. Sie wusste nicht was sie jetzt machen oder sagen sollte, also stand sie einfach nur da. Koi überwand mit einigen Schritten den Abstand zwischen ihnen und lächelte sie an: "Was ist?"
Kayla schüttelte den Kopf: "Nichts. Wieso?"
Er nahm ihr Kinn und hob es leicht an, sodass sie ihm direkt in die Augen sah: "Du bist schüchtern."
Kayla nickte, sie wusste er sagte die Wahrheit: "Ich habe noch nie jemanden geküsst." Sie murmelte die Worte.
Er lächelte, legte die Hände um ihre Taille und zog sie sanft an sich. Da er etwas grösser war als sie beugte er sich ein Stück herunter. Seine Lippen entfachten ein heisses Feuer in mir. Am Anfang war ich schüchtern gewesen, wusste nicht ob ich gut genug für ihn gewesen war. Jetzt schlang ich wie selbstverständlich meine Arme um seinen Hals und stellte mich auf die Zehenspitzen. Die Schmetterlinge in Kaylas Bauch, die schon seit dem Zeitpunkt auf der Lichtung, als Koi und sie sich geküsst hatten, Looping flogen, waren verrückter denn je.
Scheinbar hatte sich im ganzen Indianer-Dorf herumgesprochen dass Koi und Kayla sich geküsst hatten. Die Männer lächelten ihr öfter zu, und die Frauen unterhielten sich manchmal mit Kayla. Sie selber fand es schön im Dorf, dachte nur Abends manchmal an ihre Eltern, wenn sie nicht einschlafen konnte. Dann liefen ihr die Tränen an den Wangen hinab, und musste sich bemühen nicht lauthals zu schluchzen. Tagsüber hatte sie anderes im Kopf, und wenn ihre Eltern ihr in den Sinn kamen, zwang sie sich sie zu vergessen, um sich selbst nicht noch mehr Leid zuzufügen. Und Koi auch nicht. Er spürte wenn sie fast daran war los zu flennen, und lenkte sie dann irgendwie ab. Kayla hatte inzwischen jegliches Tag-Gefühl verloren. Am Anfang wusste sie noch welcher Tag es war, doch nun hatte sie weder eine Ahnung wie lange es her war dass sie Koi zum ersten Mal geküsst hatte, noch wie lang es her war dass sie ihre Eltern gesehen hatte. Koi zeigte ihr die Gegend, und sie fand sich schon bald ganz gut im Gelände zurecht. Als die Indianer sie am Anfang noch argwöhnisch beobachtet hatten, dass sie ja nicht weglaufen konnte, liessen sie ihr jetzt ihren Freiraum. Koi zeigte ihr manchmal wie man mit dem Bogen hantierte. Eine der Frauen winkte sie einmal zur Seite und lehrte ihr mit Wurfdolchen umzugehen. Kayla war recht erstaunt darüber, dass eine Frau mit der sie noch nie gesprochen hatte, einfach kam und ihr dies zeigte. Von ihr bekam sie sogar einen Gürtel geschenkt, und einige Messer. Die Frau zeigte ihr wie man sie am besten reinsteckte, ohne sich weh zu tun. Den Gürtel trug sie ständig bei sich, und es gab einen guten Kontrast zum Kleid.
Kayla lag im Feldbett. Sie schlief. Es war noch dunkel draussen, und der Mond stand hoch. Koi stand neben dem Bett, betrachtete das schlafende Mädchen. Dann hörte er Schreie. Koi runzelte die Stirn und horchte auf. Er hörte Hufgetrappel. Beschlagene Hufe. Er rüttelte Kayla an der Schulter. Sie stöhnte kurz, dann schlug sie die Augen auf. Er sagte eindringlich: "Zieh dir dein Kleid über. Ich warte draussen auf dich."
Sie fragte nicht nach, sondern stand schwerfällig auf und warf sich das Kleid über. Dann trat sie in die kalte Nachtluft. Koi stand wie versprochen draussen und wartete. Nun hörte Kayla die Hufe auch. Dem Verhalten von Koi nach zu Urteilen, waren es Feinde. Er zog sie am Arm mit, sie folgte ihm bereitwillig. Indianer (wahrscheinlich schon das ganze Dorf) waren am Rande der Siedlung und warteten auf die Besucher. Kurz vor den Indianern kamen die Pferde zum Stehen. Die Feinde waren weiss (also eher Freunde von Kayla??) und hatten Gewehre in der Hand. Sie zeigten damit auf die Indianer: "Lasst das Mädchen frei, und wir werden euch nichts tun!"
Koi trat vor, Kayla blieb hinter ihm. Er sagte: "Was macht ihr wenn wir sie nicht gehen lassen?"
Der Anführer ritt noch ein Stück nach vorne: "Euch alle umbringen! Wir haben schon lange genug von euch!" Er spuckte Koi vor die Füsse. Dieser blieb ruhig: "Lasst das Mädchen entscheiden."
Der (General wahrscheinlich) lachte: "Du weisst das du verlieren wirst, schmutziges Biest?"
Koi zuckte mit den Schultern und wandte sich an Kayla: "Du darfst wählen."
Kayla seufzte und sah beide, Koi und den General, mit Tränen in den Augen an. Aber sie hatte die Entscheidung schon getroffen: "Ich möchte nach Hause."
Koi nickte. Er hatte nicht gehofft dass sie das sagte, aber es gedacht. Ein Mädchen brauchte seine Eltern, und wenn er es sich recht überlegte, wusste er nicht recht wie er gehandelt hätte. Der General nickte zufrieden: "Also, gehen wir kleine."
Kayla nickte, aber Koi sagte: "Währt mir noch einen Augenblick unter vier Augen."
Kayla lief schon los, wartete gar nicht erst auf das Zeichen vom General. Koi und sie gingen in das nächste freie Tipi. Sie blinzelte die Tränen weg: "Ich mag dich wirklich. Aber, aber ich meine... Es sind meine Eltern. Und ich vermisse sie so. Und... und..." Sie konnte nicht zu ende reden. Er nickte, hob nur ihr Kinn leicht an und gab ihr einen flüchtigen Kuss: "Ich verstehe es. Vielleicht sehen wir uns irgendwann wieder?"
Kayla nahm seine Hand fest in die ihren und drückte sie: "Ganz bestimmt."
Koi sagte die letzten Worte: "Du bist jederzeit wilkommen. Kannst einfach mit einem Pferd herreiten, dann begrüssen wir dich mit offenen Armen."
Dann ging sie.