Romane & Erzählungen
Klassentreffen VIII

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"Klassentreffen VIII"
Veröffentlicht am 27. Dezember 2012, 14 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

Bin Mitte 40, habe in Bonn Theologie studiert, arbeite aber jetzt was ganz anderes :-) Verheiratet ohne Kinder, habe aber trotzdem weniger Zeit zum Schreiben, als ich möchte. Trotzdem habe ich es geschafft, ein ganzes Buch zu schreiben, DIN A4 doppelseitig bedruckt immerhin 240 Seiten. Und jetzt habe ich den Schritt gewagt und es als reines E-Book auf Amazon veröffentlicht ( ...
Klassentreffen VIII

Klassentreffen VIII

Beschreibung

Ein Klassentreffen, ein Wiedersehen mit dem Mann, der zufällig deine erste, unvergessene große Liebe war. An sich nichts Ungewöhnliches, doch was, wenn dieser Mann seitdem Karriere gemacht hat? Und noch dazu ein Geheimnis hat, wegen dem er eine ungewöhnliche Bitte an dich richtet? Eine Spirale in den Abgrund bahnt sich an....

 

Erst sehr spät kam Kai am Abend nach Hause und ich hätte schwören können, dass er leicht angeheitert war. Hatte der große Nichttrinker  zu tief in die Prosecco-Flasche geschaut?

Er ließ sich neben mich auf die Couch fallen, auf der ich es mir gemütlich gemacht hatte, eingekuschelt in eins seiner Hemden, das ich mir aus seiner Wäsche gemopst und zum Trost angezogen hatte.

Im Gegensatz zu heute Vormittag wirkte Kai jetzt irgendwie frustriert. Wie ein gekreuzigter Jesus hing er über der Lehne des Sofas und starrte ein paar Minuten wortlos an die Decke.

„Hey”, murmelte ich leise, „alles in Ordnung?”

„Hm?” Sein Kopf ruckte hoch und er sah mich an, als hätte er mich gerade eben erst bemerkt. Ein Glitzern war in seinen Augen zu sehen. „Nein nein, nur ein kleines Problem, das ist alles.”

Anscheinend war er nicht gewillt, mir die Natur des Problems zu offenbaren. Ich versuchte zu scherzen.

 

„Oder ist dir jetzt die ganze Tragweite der Geschichte aufgegangen? Du lebst schließlich ab jetzt mit einer drogensüchtigen Schizophrenen zusammen!”

Sein Gesicht war seltsam verzerrt, als er sich nun aufrichtete. Er wirkte wie jemand, der große Mühen auf sich nahm und doch nicht dafür belohnt wurde  -  also ungefähr so, wie ich mich im Moment fühlte. Und ich fühlte mich ausgeschlossen, hatte keine Ahnung, was in ihm vorging.

Waren das schon die Hormone? Jedenfalls kamen mir auf einmal die Tränen, fürchtete ich doch, ab jetzt nur noch 'Das Gefäß' zu sein, das nicht weiter in sein Leben eingebunden wurde. Kai beugte sich vor, ich konnte deutlich den Alkohol in seinem Atem riechen.  
„Mellie?! Weinst du?”

„Nein”, versuchte ich zu antworten, doch der Laut ging in einem dermaßen elenden Schluchzen unter, dass er schnell zu mir rüber rutschte und mich plötzlich im Arm hielt.

„Meine Süße, was ist denn los? Hast du Angst um deine Figur?”, versuchte nun er zu scherzen.

 

„Angst, dass du jetzt wirklich zur MELONie wirst?!”

Unwillkürlich musste ich lachen und er drückte mich zufrieden an sich. Dabei klaffte das Hemd auf und unerwartet änderte sich seine Haltung, er atmete etwas schneller und ein Ausdruck trat in seine Augen, fast so etwas wie Trotz. Langsam strich er über meine Brust und ich erschauerte.
„Allerdings eine ziemlich sexy Melonie...”, murmelte er und dann küsste er mich tatsächlich.

War ich auf der Couch eingeschlafen, träumte ich das etwa nur? Aber nein, es war real, Kai war hier, küsste mich, streichelte mich mit einer brennenden Begierde im Blick, verführte mich, obwohl ich doch schon schwanger war... In dieser Nacht verlor ich mich endgültig an ihn.

Es dauerte nicht lange, bis wir beide nackt waren. Kai schien wie von einem Fieber besessen, seine Küsse waren anders als sonst, härter, fordernder. Kurz bevor er zu mir kam, drehte er mich um und nahm mich zum ersten Mal von hinten. Das war trotzdem geil, ein schneller, leidenschaftlicher Akt, nach dem wir erschöpft auf dem Sofa einschliefen.

 

Am nächsten Morgen wachte ich aber in meinem Bett auf, offensichtlich hatte Kai mich hierhin getragen. Glücklich ließ ich mich wieder zurück fallen. Für mich gab es keinen Zweifel mehr.

Ein paar Tage später fing diese elende Schwanger-schaftsübelkeit an. Aber mir war anfangs nicht nur Morgens übel, nein, auch Mittags und Abends. Kai war sehr verständnisvoll und versuchte heraus zu finden, was ich vertrug und was nicht. Mir zuliebe bereitete er sogar gegen seine Überzeugung Fleisch zu, in der Hoffnung, ich würde es drinnen behalten.

Der medizinische Fachbegriff dafür lautet Hyper-emesis, was für ein schönes Wort für diese üble Kotzerei! Das waren anderthalb furchtbare Monate, erst gegen Mitte April verlagerte sich die Übelkeit hauptsächlich auf den Morgen. Ab da entspannte sich die Lage etwas und Kai traute sich auch wieder, des öfteren aus zu gehen.

Das war nach dieser Phase des Sich-elend-Fühlens endlich mal wieder eine schöne Zeit – nicht zuletzt, weil Kai wieder ab und zu in mein Bett kam...

 

Manchmal auch erst spät in der Nacht, wenn er nach Hause kam. Dann war er immer besonders aufgedreht, nahm mich leidenschaftlich und fordernd, aber ich genoss das, liebte ihn ebenso gierig zurück und ich darf sagen, dass er mein Bett nicht ein einziges Mal unbefriedigt verließ!

*

Die warmen Sonnenstrahlen des Wonnemonats lockten und ich fühlte mich stark genug, wieder einmal in die Stadt zu gehen. Genüsslich zog ich die warme Luft ein und beschloss, mich in ein Café zu setzen. Als ich auf eines zusteuerte, glaubte ich erst, meinen Augen nicht zu trauen, doch da saß er tatsächlich, Kai, zusammen mit einem sehr gutaussehenden Mann mit Latinoeinschlag. Doch instinktiv wusste ich, dass dieser Mann Italiener war...

Na gut, er traf sich mit einem Bekannten... Das hätte ich mir gerne eingeredet, aber alles an dieser Szene sprach eine andere Sprache. Die Art, wie Kai ihn ansah, anlächelte, ab und zu verstohlen die Hand auf sein Knie legte!

 

Während ich spürte, wie meine Träume und Hoffnungen nach und nach wie Seifenblasen zerplatzten, überlegte ich, ob ich nicht besser den Rückzug antreten sollte. Er hatte mich ja gewarnt, hatte sich selber in erster Linie als schwul mit bisexuellem Einschlag bezeichnet. Da traf mich aber schon sein Blick.

Auch Kai schien einen Moment am liebsten leugnen zu wollen, dass er mich gesehen hatte, dann wich diese Idee einem entschlossenen Ausdruck. Rasch sprang er auf, kam auf mich zu und umarmte mich, zog mich dann hinter sich her.

Der Andere war ebenfalls aufgestanden und Kai schob mich ihm entgegen.
„Luca, das ist sie. Das ist Melanie, der Engel, der so nett ist, uns unseren größten Wunsch zu erfüllen.”

Ãœber die Schulter küsste er mich dabei dankend auf die Wange und ich stand wie vom Donner gerührt zwischen den beiden Männern, während ich automatisch Lucas Händedruck erwiderte, der mich unsicher ansah und nun „Piacere! Freue mich, dich endlich kennen zu lernen” sagte.

 

UNSEREN Wunsch?! Was sollte das denn heißen? Hilflos sah ich mich nach Kai um, doch der wechselte gerade seine Position und trat neben Luca, dessen Hand er ergriff. Seine, nicht meine! Um nicht umzukippen, sank ich auf den nächsten Stuhl.

„Ich verstehe nicht”, stammelte ich ehrlich, „was meinst du mit unser Wunsch? Du hast mir nie erzählt, dass du einen Freund hast.”

Lucas Kopf ruckte zu Kai. „Du hast ihr gar nichts von uns erzählt!?!”, fragte er stirnrunzelnd.

Kai strahlte davon unbeeindruckt. „Weil ich dich”, dabei sah er Luca so zärtlich  an, dass es mir beinahe das Herz zerriss, „ja auch erst vor kurzem davon überzeugen konnte, das Risiko deiner Liebe zu mir einzugehen”, war seine kryptische Antwort und Luca lächelte schüchtern dazu.

Mir wurde das alles zu viel und ich bewegte mich so ruckartig, dass mein Stuhl nach hinten umkippte. Na, besser als wenn ich es war, zum Glück gelang es mir, einigermaßen Haltung zu bewahren.

 

„Das freut mich euch. Ich glaube, ich mach mich jetzt besser auf den Heimweg, das war genug Ausflug für heute.”

„Ja, pass auf unser Baby auf”, stimmte Kai zu und verabschiedete sich mit einem Küsschen von mir, bevor er wieder neben seinen Schatz nieder sank und mich keines Blickes mehr würdigte, weil er nur Augen für ihn hatte. Diesmal war ich mir sicher, wer in diesem Fall wirklich mit 'uns' gemeint war...

Irgendwie schaffte ich es nach Hause, nach Hause, ha ha ha, wo mir die Wände meine Einsamkeit mit Widerhall entgegen warfen. Seltsamerweise hatte ich nicht einmal mehr Tränen.


In der Nacht schreckte ich hoch, als Kai durch die Tür gerumpelt kam. Im Arm hatte er einen zugegebener-maßen riesigen Blumenstrauß, mit dem er vor meinem Bett nieder kniete. Doch die Vorstellung, er würde so um meine Hand anhalten, hatten mir die heutigen Geschehnisse gründlich ausgetrieben.

 

„Mellie, alles klar?”, fragte er leise, während ich überlegte, mich einfach schlafend zu stellen. Aber in dem Licht, das vom Flur hereinfiel, hatte er eh schon gesehen, dass ich wach war.

Also ließ ich ein kleines Schnauben hören. „Ich habe nicht das Gefühl, dass mit mir alles in Ordnung ist.”

„Oh nein! Ist was mit dem Baby?”

Vergiss das dumme Baby! Hier geht’s um mich!, schrie ich ihm innerlich entgegen. „Nein, dem Fötus geht’s gut”, antwortete ich absichtlich härter als notwendig. „Aber kannst du mir mal das von heute Nachmittag erklären??!”

Er saß auf der Bettkante und knetete seine Hände. „Ich weiß, ich hätte dir schon viel eher von ihm erzählen sollen, vor allem, weil ihr ja dann.... Also, ich bin schon eine ganze Weile in ihn verliebt. Luca ist einfach wundervoll, intelligent, einfühlsam, er sieht auch noch gut aus”, begann er zu schwärmen und ich fühlte eine Ãœbelkeit aufsteigen, die diesmal nicht von der Schwangerschaft kam.

 

„Aber er ist nun mal Italiener und die machen sich noch ziemlich viel Stress mit Homosexualität... Luca wollte seine eigene Neigung nicht akzeptieren, auch seiner Familie gegenüber fühlt er sich in der Pflicht. Er hat immer gesagt, er mag mich, aber dass er sich nicht traut, weiter mit mir zu gehen.”
 

So langsam stieg da ein leiser Verdacht in mir hoch.
„Das hat mich echt fertig gemacht in den letzten Monaten... Ich liebe ihn ganz schrecklich, weißt du.”

In dem fahlen Lichtstrahl wirkte Kai plötzlich unglaublich jung und verletzlich. Er sah mich an, aber ich brachte keinen Ton über die Lippen.

„Doch stell dir vor, als ich ihm vor kurzem mal von unserem verrückten Plan erzählte, hat ihn das ins Nachdenken gebracht. Und seit ein paar Tagen”, jetzt seufzte er überglücklich, „sind wir endlich ein Paar! Luca sieht in unserem Kind die Möglichkeit, die Erwartungen seiner Mutter auf ein Enkelkind wenigstens halbwegs zu befriedigen...”

 

 

„UNSER Kind?”, hakte ich jetzt nach und er antwortete schnell:
„Deins und meins natürlich! Aber … Wenn es erst mal da ist.... Könntest du dir vorstellen, ähm, dass wir hier zu Dritt, also zu Viert, wohnen könnten?!?”

 

 

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Hörbuch

Über den Autor

QueenMaud
Bin Mitte 40, habe in Bonn Theologie studiert, arbeite aber jetzt was ganz anderes :-) Verheiratet ohne Kinder, habe aber trotzdem weniger Zeit zum Schreiben, als ich möchte.

Trotzdem habe ich es geschafft, ein ganzes Buch zu schreiben, DIN A4 doppelseitig bedruckt immerhin 240 Seiten. Und jetzt habe ich den Schritt gewagt und es als reines E-Book auf Amazon veröffentlicht ( http://www.amazon.de/Verrat-und-Vertrauen-ebook/dp/B007OH3DXI/ref=sr_1_1?s=digital-text&ie=UTF8&qid=1332863393&sr=1-1 ), vielleicht interessiert es ja den einen oder anderen ... Eine Leseprobe von "Verrat und Vertrauen" findet ihr auch in meiner Bücherliste.

Ansonsten gebe ich zu, eher einen Hang zum Happy-Ending zu haben, aber auch nicht immer, wie die Leser meines "Klassentreffen" sicher bestätigen können :-)

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QueenMaud Re: -
Zitat: (Original von LinneaHazel am 07.01.2013 - 16:31 Uhr) Oh man... Die arme Melli... Aber was hat sie erwartet? Sie wusste ja schließlich, auf was sie sich da eingelassen hat. Liegt wohl in der Natur der Frau, zu denken, da wäre noch ein wenig Hoffnung!

Ganz liebe Grüße... Und alles Gute noch fürs neue Jahr!:)


Dir auch noch alles Gute!!

Ja, das soll natürlich auch den Selbstbetrug zeigen ... Ähnlich wie bei Frauen, die bei ihrem Mann bleiben, obwohl er sie prügelt!

Ich hoffe sehr, der Fortgang gefällt dir auch noch!
LG
QueenMaud
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QueenMaud Re: -
Zitat: (Original von Alecto am 07.01.2013 - 15:52 Uhr) Zumindest eine Bombe ist jetzt ja geplatzt...oh weh.
Für Außenstehende war es vielleicht abzusehen, aber für Melanie, die verliebt durch eine rosarote-Brille geschaut hat und die Nähe, die er vermutlich am Ende aus Trotz oder ählichem bei ihr gesucht hat, als Liebesbekundungen gesehen hat, muss ja wirklich eine Welt zusammenbrechen... .


Ja, so ungefähr war es als Psychogramm gedacht ... ;-)
LG
QueenMaud
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LinneaHazel Oh man... Die arme Melli... Aber was hat sie erwartet? Sie wusste ja schließlich, auf was sie sich da eingelassen hat. Liegt wohl in der Natur der Frau, zu denken, da wäre noch ein wenig Hoffnung!

Ganz liebe Grüße... Und alles Gute noch fürs neue Jahr!:)
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Alecto Zumindest eine Bombe ist jetzt ja geplatzt...oh weh.
Für Außenstehende war es vielleicht abzusehen, aber für Melanie, die verliebt durch eine rosarote-Brille geschaut hat und die Nähe, die er vermutlich am Ende aus Trotz oder ählichem bei ihr gesucht hat, als Liebesbekundungen gesehen hat, muss ja wirklich eine Welt zusammenbrechen... .
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Zeitenwind Kinder Kinder - So zahlt sich naives Frauendenken aus ...
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