Kurzgeschichte
Schneeflockentanz

Einleitung

Musik: Wolfgang Amadeus Mozart Violinkonzert Nr. 4 / 2 http://www.youtube.com/watch?v=c19iljm3y_Q Violinist: Itzhak Perlman Bild: http://www.fotocent.de/foto_detail.php?StockImageID=57476&foto=echte_schneeflocken

Schneeflockentanz
 
Es ist spätabends. Mein Herz ist voller Liebe, die ich in die Welt hinaustragen möchte. In der linken Hand halte ich eine brennende Kerze, mit der rechten öffne ich die Haustür und trete hinaus in die eiskalte Luft. 

Langsam stapfe ich durch den tief verschneiten Garten. Das Flämmchen spendet mir gerade genügend Licht, um zu sehen, wo ich gehe. Im flackernden Schein erkenne ich meine  Buchsbäume. Sie tragen weisse Mützen. Wasser plätschert über die kunstvollen Eishügel, die sich rund um die Fontäne des

Springbrunnens gebildet haben. Nur in der Mitte ist er nicht ganz zugefroren.

Im Zentrum des Gartens bleibe ich stehen und stecke die Kerze behutsam in den Schnee. Dann trete ich ein paar Schritte zurück. Völlige Harmonie umgibt mich. Ich blicke in die Lichtkugel und denke an Dich und an all die Lieben, die einen festen Platz in meinem Herzen haben.
Federleichte Schneeflocken tanzen vom Himmel. Mir ist, als wären es Herzensgrüsse. Gedankenversunken beobachte ich ein vorwitziges Flöckchen, das die Flammenspitze küsst. Als es unverzüglich schmilzt, wird auf

wundersame Weise eine zweite Kerze neben meine in den Schnee gesetzt. Unglaublich, was sich da abspielt. Wer hat die Kerze hingestellt?
Jetzt sind es zwei Flämmchen, und ich spüre die Liebe, die sich in ihnen vereint. Im Garten ist es ein wenig heller geworden. Die tanzenden Schneeflocken sind nun noch besser zu erkennen.

Staunend stehe ich da. Jedes Mal, wenn ein Flöckchen auf eine Flamme trifft, verwandelt es sich in eine Kerze und platziert sich zu den anderen. Grösser und grösser wird das Lichtermeer. Aus allen Richtungen schweben sie heran und bringen Liebe mit. Die Schneekristalle

funkeln wie Diamanten. Auf einmal tauchen in diesem Funkeln Leute auf und gesellen sich zu mir. Friede und Freude breiten sich aus.

Mitten in der strahlenden Menschenmenge überrascht mich ein Augenpaar. Dein Lächeln durchdringt meinen Körper mit Wärme, bis hinaus in die äussersten Finger- und Zehenspitzen. Überglücklich gehe ich auf dich zu und drücke dich ganz ganz fest an mich. Dann blinzeln wir einander tief in die Augen und reiben unsere kalten Näschen aneinander. Engumschlungen stehen wir im lichterfüllten Garten. Zusammen mit den vielen Menschen verschiedenster

Nationen freuen wir uns von Herzen.

Leise flüstere ich dir zu: „Frohe Weihnachten …!“ und eine Träne kullert über meine Wangen.