Zwei Gruppen wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Die technokratischen Drachenjäger und die traditionellen Drachenritter. Und ein Mensch, dessen Entscheidung zwischen diesen beiden Welten alles verändern könnte. Loyalität oder Familie...
,, Ich dachte, ich könnte die Drachen kontrollieren, über die Bindung. Aber solang diese bereits zu einem Ritter bestand…“ Nirugil hielt kurz inne, als wollte er sichergehen das seien beiden Zuhörer Verstanden, worauf er hinaus wollte, dann fuhr er fort. ,, Der Blutsbunt ist etwas sehr seltsames. Ein lebenslanges Band, das sich durch nichts zerstören lässt, zumindest durch nichts, dass mir bekannt wäre. Außer durch den Tod.“
,, Die Drachen, die man euch brachte…“
,, Bei manchen war der Ritter noch am Leben. Sie waren… nutzlos. Aber es gab noch eine weitere Schwierigkeit.“
,, Welche ?“
Die Augen des Nekromanten leuchteten plötzlich auf. Beinahe bewundernd meinte er. ,, es sieht beinahe so aus, als würden Reste dieser Verbringung bei manchen Drachen selbst über den Tod hinaus fort existieren. Habt ihr auch nur eine Ahnung was das bedeuten könnte?“
Sein Blick fiel dabei zufällig auf Caleb, der sich desinteressiert in der Grube umsah.
,, Natürlich nicht. Euch interessieren nur eure Ergebnisse.“
,, Und habt ihr jetzt welche ?“
,, ich würde mir nicht die Mühe machen euch alles zu erklären Ralath und mein Wissen an euch zu verschwenden wenn dem nicht so wäre. Wie gesagt, bei einigen wenigen besteht die Bindung fort, nutzlos für unsere Zwecke.“ Er trat näher an das Gitter des Käfigs heran, hinter dem sich wie Ralath wusste, irgendwo der lebende Drache verbarg. ,, Wisst ihr, wie die Bindung funktioniert ?“
,, Nein.“
,, Nun, das müsst ihr auch nicht, was ihr wirklich verstehen müsst ist, das wenn sie einmal geschaffen wurde Drache und Ritter aneinander geschmiedet sind. Normalerweise ist diese Verbindung beidseitig und lässt jedem seinen freien Willen. Es ist Ihnen sogar möglich sich gegenseitig zu töten, auch wenn dies vielleicht noch nie vorgekommen ist. Das wäre aber nicht was wir wollen, nicht wahr?“
,, Nicht wirklich. Das Ziel ist Kontrolle. Aber ihr müsst zugeben, das ihr eine Menge wisst. Mehr als die meisten Gelehrten, mit denen ich gesprochen habe.“
Nirugil lachte wieder. Ein seltsames dunkles Geräusch, das von den Wänden wiederhallte und in den Ohren schmerzte. ,, Eure Gelehrten wissen etwa so viel wie kleine Kinder. Sie haben nicht einmal angefangen zu verstehen…“
,, Nun, also, wie habt ihr das Problem gelöst ?“
,, Noch gar nicht.“ , antwortete Nirugil.
,, Ihr sagtet , ihr hättet die Antwort.“ Langsam ging der Nekromant ihm nur noch auf die Nerven. Mehr als seine Angst überwiegte nun der Verdacht, dass der Mann mit ihm spielte, einfach… weil er es eben konnte. Er hielt ihn hin, redete viel ohne irgendetwas klar zu stellen…
,, Blutbindung.“
,, Was ?“
,, Eine erzwungene Blutbindung, die den Drachen unterwirft.“
,, Und das funktioniert ?“
,, Das muss sich noch rausstellen.“ , antwortete Nirugil. Seine Augen wanderten von Ralath zu Caleb hin und her. ,, Freiwillige ?“
,, Caleb…“
,, Ihr könnt nicht erwarten das ich mich diesem… Irren ausliefere.“ , meinte Caleb. Ralath seufzte entnervt. Der Mann mochte nicht viel verstehen… aber er wusste, wenn es um seine Haut ging.
,, Ihr wollt die Kontrolle über Dakarah. Also tut ihr, was ich sage.“ , erwiderte er.
,, Keine Sorge, alles was ich brauche sind ein paar Tropfen Blut.“ Der Nekromant trat zu dem Tisch im Zentrum des Raumes. Das Holz war dunkel verfärbt und hatte hier und da verräterische rote Flecken.
Neben der seltsamen Waffe des Nekromanten lagen dort dutzende von halb zerfallenen Büchern, einige Schädelknochen von Pferden, Rehen und auch Menschen und ein Sammelsurium aus Messern und Werkzeugen, die sich Ralath lieber nicht zu genau ansah. Nirugil holte eine Flache Metallschale und Messer mit seltsam gewundener Klinge. Er hielt Caleb die beiden Gegenstände hin.
,, Na schön.“
Caleb griff das Messer und betrachtete einen Moment die schmutzige Klinge. Nicht nur Rost verfärbte das dunkle Metall. Zögernd ließ er den Dolch über seine Handfläche gleiten. Das verdammte Messer war stumpf…
Caleb hielt inne… dann zog er sich die Klinge mit Wucht quer über die Hand.
Ein kleines Rinnsal Blut tropfte auf die Schale und breitete sich dort zu einem roten Teppich aus.
Nirugil nahm die Schale und trat beiseite während Caleb sich fluchend die Hand mit einem bereitliegenden Stoffstreifen verband.
Der Nekromant trat an das Gitter heran hinter dem sich nun etwas schwerfällig regte.
,, Wie haltet ihr das Biest eigentlich unter Kontrolle ?“, wollte Ralath wissen. Normalerweise würde das Gitter den Drachen wohl kaum in Schach halten können.
,, Das brauche ich gar nicht.“ , erwiderte Nirugil. ,, Der ist so geschwächt, das selbst seien mentalen Angriffe gegen uns nichts ausrichten. Ihr spürt sie nicht einmal.“
Der Nekromant streckte die Hand in Richtung Caleb aus, der ihm nun das Messer reichte.
Der Drache hinter dem Gitter kam langsam ins Licht. Die roten Augen des Wesens musterten die drei Anwesenden Gestalten mit nicht mehr als Verachtung. Der Nekromant achtete nicht darauf, sondern rammte den Dolch einfach zwischen zwei dunkelgrün schimmernde Schuppen. Die große Kreatur zuckte nicht einmal und zeigte keinerlei Anzeichen von Schmerz.
,, Zu Stolz um sich eine Niederlage einzugestehen.“ , murmelte Nirugil, während er den blutüberströmten Dolch in die Schale fallen ließ, so dass sich das Blut vermischte.
,, Wars das ?“ , fragte Caleb ungeduldig.
Der Nekromant lächelte wieder. ,, Ihr wisst so wenig über Magie, das es schon beinahe Amüsant ist.“
Mit diesen Worten tauchte Nirugil einen Finger in das Blut… und begann etwas auf den Fließendboden zu zeichnen. Zuerst sah es wie ein planloses durcheinander von Linien aus und Ralath hatte keine Ahnung, was letztlich dabei herauskommen sollte, doch der konzentrierte Ausdruck auf dem Gesicht des Nekromanten zeigte, dass es eine präzise und wohl auch gefährliche Arbeit war.
Er überprüfte jede Line mehrmals, manchmal machte er kurz Pause, als müsste er sich an etwas erinnern, bevor er weiterzeichnete. Langsam entstand ein kompliziertes, mehrschichtiges Geflecht in Blut. Ein Gewirr aus Graden, die alle miteinander vernetzt schienen, hier und da waren in den Zwischenräumen Symbole oder Schriftzeichen eingebracht und im Zentrum dieses seltsamen Geflechts befand sich eine exakte kreisrunde Lücke.
,, Stellt euch dorthin.“ , wies Nirugil Caleb an. ,, Aber seit Vorsichtig, ein falscher Schritt und ihr seid nicht der einzige der Stirbt.“
,, Was ist das ?“
,, Eine Rune.“ , antwortete der Nekromant nur. ,, Und jetzt los.“
Zögernd trat der Fürst von Lair in die Mitte des von den Linien gebildeten Kreises.
Sofort überfiel ihn eine Welle aus Schmerz, die jeden anderen wohl dazu gebracht hätte, sich sofort auf dem Boden zusammen zu krümmen. Aber die Warnung des Nekromanten sich nicht von der Stelle zu rühren hielt ihn davon ab. Es war als würde sich sein Blut selbst in flüssiges Feuer verwandeln…
Dann jedoch verschwand der Schmerz.. und machte etwas neuem Platz.
Ralath beobachtete wie Caleb erst anfing zu zittern… und sich dann wieder beruhigte. Die Augen des Mannes zuckten nervös hin und her und langsam… ganz langsam schien sich ihre Farbe und Form zu verändern. Hin zu einem dunklen Rot, das, von einem inneren Feuer gespeist, im Halbdunkel der Grube leuchtete. Allmählich, wie verglühende Kohlen, verlosch das Glühen wieder.
Langsam wanderte der Blick dieser neuen Augen in Richtung des Käfigs. ,, Ist es… vorbei ?“ , fragte Caleb. Seine Stimme zitterte.
Nirugil nickte. Dann, ohne Vorwarnung öffnete er das Gitter des Drachenkäfigs und trat zur Seite.
Sofort ergriff die große Bestie, die eben noch träge und Schicksalsergeben dagelegen hatte die Chance und stürzte in die Grubenhalle hinaus, direkt auf Caleb zu. Nur um plötzlich innezuhalten.
,, Es funktioniert.“ , stellte der Nekromant zufrieden fest.
,, Ihr hättet uns alle umbringen können.“ , schrie Ralath die knöcherne Gestalt an , nachdem er sich sicher war, das von dem großen Drachen tatsächlich keine Gefahr mehr ausging.
Nirugil ignorierte ihn und begann zwischen Caleb, der noch immer in dem Runenkreis aus Blut stand und dem grünen Drachen hin und her zu sehen. ,, Das ist in der Tat faszinierend.“ Er trat auf Caleb zu. ,, Hört ihr ihn ?“
,, Wie Geflüster aus weiter Ferne. Verwünschungen und Flüche.“ Das Gesicht des Mannes wirkte ernster und verschlossener wie noch Sekunden zuvor, Als hätte das soeben vollzogene Ritual ihm eine tiefere Weisheit verliehen, die er sonst sein ganzes Leben nicht erhalten hätte.
,, Gut, aber ihr müsst ihn auch kontrollieren können.“ Der Nekromant deutete mit einer Hand nach oben auf das große Gitter über ihnen und begann wieder einige Bewegungen in der Luft zu vollführen.
Die schwere Metallluke schwang auf und krachte Geräuschvoll auf den gepflasterten Boden des Hofs der Burg. Eine Priese aufgewirbelten Schnees fiel in den Schacht und schmolz noch bevor sie den Boden erreichte.
,, Zwingt den Drachen in die Luft.“ , befahl der Nekromant.
,, Wie ?“ ,fragte Caleb. Der seltsam weise Ausdruck von vorhin war verschwunden und machte lediglich Ratlosigkeit Platz.
,, Tut es einfach, es kann sich nun keinem eurer Befehle mehr wiedersetzen.“
Caleb sah einen Moment ratlos drein… dann deutete er einfach mit der Hand nach oben.
Zuerst geschah gar nichts. Dann setzte der Drache zitternd und sich sträubend einen Schritt nach vorne… und verschwand mit einem Satz in die Luft, jagte durch das Gitter nach oben in den freien Himmel…
,, Haltet ihn auf.“
Nur um plötzlich von einer Art unsichtbaren Leine zurückgerissen zu werden und im Burghof zu landen. Der Aufschlag des Drachen über ihnen ließ die Decke der Grube erzittern. Nirugil lächelte zufrieden.
,, Es wird noch eine Weile dauern, aber damit ist der wichtigste Schritt getan.“
,, Es wird Zeit den Plan umzusetzen.“ , stellte Ralath fest.
Caleb stand einen Augenblick mit offenem Mund da, als hätte ihm das grad geschehene den letzten Rest Verstand geraubt, dachte Ralath, dann schien er sich wieder zu fangen. ,, Also geht es nach Dakahra ?“
,, Für euch ja. Und ihr Nirugil ?“
Der Nekromant lächelte nur weiter. Er wünschte sich, er wüsste was hinter diesen dunklen Augen vor sich ging…
,, Ich werde Caleb wohl begleiten.“ , sagte Nirugil langsam. ,, Irgendjemand muss ja den… Erfolg… eurer kleinen Unternehmung sicherstellen Und ihr?“
Ralath atmete tief durch. ,, Ich werde nach Etrir gehen müssen und sicherstellen, dass der König keinen Rückzieher macht. Etwas das auch in eurem Interesse liegen dürfte.
,, Dann ist es also soweit.“ , meinte Caleb.
Nirugil nickte lediglich langsam.
,, Ihr reist sofort ab, aber unternehmt nichts, bis ihr Nachricht von mir erhaltet.“
Mit diesen Worten verließ Ralath den Raum und betrat wieder die dunklen Gänge, die ihn hinauf zur Burg von Lair bringen würden. Von den Bergen aus würde es einige Zeit dauern, bis er Etrir im Flachland erreichte, aber Nirugil und Caleb würden bis zur Wüste wohl ebenfalls mehrere Tage brauchen. Ihnen blieb nur ein kleines Zeitfenster in dem sie noch frei agieren konnten.
Sareth zögerte, als er die Gästezimmer erreichte. Seine Gedanken hatten sich seit er die Halle verlassen hatte nicht wirklich beruhigt, obwohl er einen Umweg über die Gärten gemacht hatte. Auf dem Innenhof war es bis auf den Mond dunkel gewesen und nur die sich vereinzelt im warmen Abendwind wiegenden Pflanzen hatten die Stille durchbrochen.
Sareth hatte sich eigentlich vorgenommen nach Iflu zu sehen, der kleine Anbau mit den Laboren war jedoch dunkel und verlassen. In einigen Gläsern spiegelte sich das Mondlicht und sorgte für eine schummrige Helligkeit, so dass er kaum etwas erkennen konnte. Es sah aus, als wäre seit Stunden niemand mehr hier gewesen.
Wirklich Sorgen machte Sareht sich deswegen jedoch nicht. Die Alchemistin konnte auf sich aufpassen. Allerdings blieb ihm nun keine Möglichkeit mehr, das Treffen mit Litos irgendwie aufzuschieben.
Die schwere Holztür vor ihm führte zu einem der zahlreichen Zimmer der Festung, die Reisende in Anspruch nehmen konnten. Meist waren hier Gesandte aus dem inneren des Kontinents oder auch aus benachbarten Siedlungen untergebracht, die nur für einen Tag blieben, bis sie wieder die Rückreise antraten. Nun jedoch wartete hinter dieser Tür ein Drachenritter… und ein Mann den Sareth auf eine instinktive Art einfach misstraute.
Was immer Litos vorhatte, Sareht nahm sich vor es herauszufinden…
Aber das würde er sicher nicht tun, indem er hier herumstand. Er überlegte kurz anzuklopfen, senkte dann aber wieder die Hand. Das hier war das Heim der Drachenjäger und Litos sollte sich gar nicht erst als Gast fühlen. Zumindest nicht, wenn es nach ihm ging.
Sareth zog die Tür auf und trat ein.