
Ella verbringt den ganzen Tag damit, im Wald herumzusitzen. Eines Tages trifft sie dort auf Jake, von dem sie sofort fasziniert ist. Doch sie bemerkt Dinge, die ihr zuvor noch nie aufgefallen sind und entdeckt, dass sie selbst ein Geheimnis hütet, das sie aufklären muss. Wird sie herausfinden, welches Geheimnis sie in sich trägt?
Ella liebte den Wald. Sie war eine dieser Personen, die man typische Außenseiter nennen würde. Ihre schwarzen Haare, das schwarze Make-up und die 4 Piercings an ihrer Lippen halfen ihr in dieser Sache auch nicht wirklich weiter. Alle anderen grenzten sie aus, daran war sie bereits gewohnt. Es war jeden Tag das selbe. Nachdem sie von der Schule kam machte sie ihre Hausaufgaben und verschwand danach im Wald. Ihr Vater war bereits früh gestorben und ihre Mutter war seit diesem Zeitpunkt so gut wie nie ansprechbar. Sie lag in einer Heilanstalt für psychische Krankheiten. Ella lebte bei ihrer Großmutter, die nichts dagegen hatte, dass sie bis spätabends im Wald saß. Oft setzte sie sich einfach auf den Boden und betrachtete ihre Umgebung stundenlang. Manchmal hörte sie aber auch mittelalterliche Musik und nickte für ein paar Minuten ein. Und doch hegte sie ein Geheimnis, das sie nur noch nicht entdeckt hatte.
„Machst du da was bestimmtes?“, hörte Ella eines Tages hinter ihr eine Stimme. Es war schon 22 Uhr und sie war alleine im Wald. Zumindest dachte sie das. Es war schwer etwas zu erkennen, es war nämlich stockdunkel. „Ähm, nein. Ich sitze hier nur herum. Nachdenken und sowas. Aber wer bist du? Und was machst du hier?“ Die Stimme war eindeutig männlich. „Ich wollte nur einen Spaziergang im Wald machen und bin dabei auf dich gestoßen. Bin hierher gezogen. Eigentlich komme ich aus London, aber ich habe mich für das Dörfchen hier entschieden. Silver Hill ist echt schön. Also ich heiße Jake und bin 20 Jahre alt. Und was ist mit dir?“ Ella wusste nicht, was sie antworten sollte. Und ob sie überhaupt antworten sollte. Aber irgendwie vertraute sie ihm. „Ähm, ich heiße Ella und bin 17.“ Sein leises Lachen gefiel Ella. „Na dann, Ella, soll ich dich nach Hause bringen? Es ist schon spät und ich will dich nicht alleine durch die Straßen gehen lassen.“ - „Ich überleg mir das noch, okay?“, meinte Ella. Sie packte ihre Sachen zusammen, die sie auf den Boden gelegt hatte und stand auf. Jetzt sah sie ihn besser und staunte, dass er anscheinend auch Gefallen an der Farbe schwarz hatte. Er war ziemlich groß, schwarze Haare, die ihm ins Gesicht fielen.
Sie standen am Waldrand unter einer Straßenlaterne und endlich konnte Ella Jake richtig sehen. Nicht nur grobe Umrisse wie vorhin. Seine vollen Lippen gefielen ihr und auch er hatte einen Lippenpiercing. „Wow, Ella, du stehst ja auf das selbe Zeug wie ich!“, bemerkte Jake. „Ja, sieht so aus“, entgegnete diese. Sie sah direkt in seine Augen und für einen Moment lang hielt sie den Atem an. Seine Augen waren smaragdgrün und sie leuchteten geradezu. Sie hingegen hatte langweilige, normale blaue Augen. Er lächelte und fragte: „Soll ich dich jetzt nach Hause fahren? Mein Auto steht da hinten.“ Er zeigte nach rechts in die Nacht hinein. Ella wusste nicht, was sie tun sollte. Sie wollte Zeit mit ihm verbringen, aber auch wusste sie, dass es Wahnsinn wäre, in das Auto eines Fremden zu steigen. Sie tat es trotzdem.
„So, da wären wir, Ella. Deine Eltern machen sich sicher schon Sorgen. Du solltest nicht um diese Uhrzeit draußen sein. Und schon gar nicht im Wald. Das kann gefährlich sein.“ Sie nickte. „Ja, vielleicht hast du Recht. Eltern habe ich leider nicht mehr. Meine Großmutter schläft schon, also brauchst du dir darüber keine Sorgen zu machen. Der Wald hat eine besondere Bedeutung für mich, aber das kann ich dir später mal erklären.“ - „Später?“, fragte Jake mit einem Stirnrunzeln, „Also willst du mich wieder sehen“, fügte er mit einem Grinsen hinzu. Ella fühlte sich ertappt und hoffte, dass er nicht sehen würde, wie rot sie wurde. „Ähm. Ja. Eigentlich schon, ich habe keine Freunde aber ich mag dich. Und vielleicht habe ich ja wenigstens eine Person gefunden, mit der ich reden kann.“ Jake meinte: „Das trifft sich gut. Wie ich schon sagte wohne ich erst seit ein paar Tagen hier. Und ich kenne noch nicht viele Leute hier. Willst du meine Handynummer?“ Sie verglich sich mit einer Tomate und nickte nur schüchtern, zog ihr Handy aus der Tasche und speicherte seine Nummer. „Ich ruf dich morgen an, okay?“, fragte Jake. „Geht klar“, entgegnete Ella und lächelte noch als sie aus seinem Auto stieg.
Im Bad zog sie sich um und huschte leise über den Flur um ihre Großmutter nicht zu wecken. Warum vertraute sie Jake, obwohl sie ihn erst kennengelernt hatte? Über diese Frage dachte sie nach, bis sie endlich einschlief, nur um am nächsten Tag von ihrem Wecker genervt zu werden. Wenigstens war es Freitag und sie hatte nur bis 12 Uhr Schule.
Der Tag verging Ella viel zu langsam. Die letzte Stunde kam. Biologie. Wie immer musste sie alleine Pflanzenzellen mikroskopieren. Niemand wollte in einer Gruppe mit ihr sein.
„Hey, Freak, findest du überhaupt eine Zelle oder laufen sie alle vor dir weg?“, kicherte Becca, die blonde Klassenzicke. Ella beschloss, die blöden Kommentare wie immer zu ignorieren.
„Hallo Oma, na, wie geht es dir heute? Sind deine Rückenschmerzen besser?“, fragte sie als sie nach Hause kam. Ihre Großmutter gab Ella einen Kuss auf die Wange und antwortete: „Ja, Liebes. Komm, setzt dich. Das Mittagessen ist schon fertig. Es gibt Fisch!“ Ella hasste Fisch. Trotzdem aß sie ihn, um ihre Großmutter nicht zu kränken. Nach dem Mittagessen machte sie ihre Hausaufgaben, mit denen sie so ihre Schwierigkeiten hatte.Es gelang ihr trotzdem, die Lösungen zu finden. Sie stürmte nach oben in ihr Zimmer und zog ihre besten Klamotten an und trug neues Make-up auf. Sie wollte besonders hübsch aussehen.
„Oma, ich gehe dann mal raus. Die Hausaufgaben sind fertig und ich hab sonst nichts zu tun.“ - „Ist in Ordnung, komm nicht zu spät nach Hause!“
Das Handy fest in der Hand stapfte sie mit ihren Chucks und der schwarzen Jeans sowie der schwarzen Tasche die Straße nach unten Richtung Wald. Sie wartete nur auf diesen einen Anruf. Sollte sie ihn anrufen? Oder doch lieber warten? Schwere Entscheidung. Sie erreichte den Waldrand und ging ihren üblichen Weg geradewegs bis zur Mitte des Waldes. In der kleinen Grube in der jetzt im Herbst die Blätter lagen setze sie sich auf den Boden und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Rand. Sie nahm die Tasche und zog ein Buch heraus. Sie las es nicht, sondern legte es auf den Baumstumpf der direkt neben der Grube war.
Ella erschrak als sie plötzlich Schritte hinter sich hörte. Sie kamen so plötzlich. Sie drehte sich um und verlor alle Angst. Da war Jake und der, lächelnd wie immer, sagte: „Wusste ich doch, dass ich dich hier finden würde! Anrufen ist so unpersönlich. Also habe ich mich auf den Weg zu dieser Stelle gemacht. Der Wald ist ja nicht zu groß.“ Sie kam ins Stottern: „Ähm, hey, Jake. Ich habe dich hier gar nicht erwartet.“ Ohne zu fragen rutschte er in die kleine Grube hinunter und setzte sich neben sie. „Wie geht’s dir denn heute so? Ich nehme an, dass du noch zur Schule gehst?“
Ella konnte sich auf nichts konzentrieren. Er hatte ein weißes T-Shirt und einen schwarzen Blazer, den er offen trug. Seine schwarzen Sneakers scharrten in der Erde. „Ja, ich gehe noch zur Schule. Und mir geht es soweit ganz gut. Wenn mich diese bescheuerte Becca nur nicht immer blöd anmachen würde, dann würde es mir wahrscheinlich noch besser gehen.“ Verwundert sah er vom Boden auf und sah sie direkt an. „Du meinst, dass sie dich.. mobbt?“ - „Naja, das ist vielleicht übertrieben, aber niemand ist wirklich nett zu mir. Nur du. Du gibst mir irgendwie neue Hoffnung. Und das, obwohl ich dich kaum kenne.“ Sie nahm Blätter in die Hand und zerbröselte diese in ihrer Hand. Für eine Zeit lang war das das einzige vernehmbare Geräusch. Sie musterte sein Gesicht und hatte das Verlangen, seinen silbernen Ring an der Lippe zu berühren. Sie hatte 4 davon, aber trotzdem fand sie diesen einen Piercing sehr verlockend.
Sie versuchte, ein neues Gespräch zu beginnen. „Jake, warum bist du eigentlich hierher gezogen?“ - „Gute Frage. Ich hatte das Stadtleben einfach satt. Und hier fand ich es ganz toll.“ Der Wind brachte die Blätter zum säuseln und die letzten warmen Sonnenstrahlen des Herbstes fielen auf Ella und Jake. Dann begann Jake ein Lied zu summen. Ella riss die Augen auf und hielt den Atem an. Sie kannte diese Melodie! „Was ist das für eine Melodie? Sie kommt mir bekannt vor“, sagte Ella so ruhig wie möglich. „Echt? Ich habe einfach irgendetwas gesummt, vielleicht erinnert es dich an ein Lied, das du mal gehört hast.“ Ella beließ es dabei und wollte darüber nicht nachdenken. Es kam ihr zwar komisch vor, aber vielleicht war es wirklich nur Zufall.
„Ich hätte mir eine wärmere Jacke anziehen sollen“, dachte Ella still vor sich hin, trotz der wärmenden Sonnenstrahlen. Als hätte Jake ihre Gedanken gelesen fragte er sie: „Ist dir nicht kalt? Deine Jacke sieht ziemlich dünn aus. Ich habe noch einen dicken Anorak im Auto. Soll ich ihn dir holen?“ - „Woher weißt du, dass mir kalt ist?“ - „Naja, du hast dir anscheinend unbewusst die Arme um deinen Körper geschlungen.“ Erst jetzt fiel Ella das auf. „Okay, es wäre echt lieb, wenn du mir deinen Anorak leihen würdest“, lächelte Ella. Jake erhob sich und kam kurze Zeit darauf wieder mit dem khaki grünen Kleidungsstück zurück. „Hier“, sagte Jake und warf Ella den Anorak zu. Er ließ sich wieder in die Grube sinken und bemerkte das Buch auf dem Baumstumpf. „Was ist das für ein Buch? Worum geht es darin?“
Ella wurde rot. Es war das Buch, in das sie ihre Gedanken schrieb. Das Buch, in das sie Gedichte schrieb. Das Buch, in das sie Geschichten schrieb. Es war persönlicher als ein Tagebuch. Und obwohl Ella Jake sehr vertraute wollte sie dieses Geheimnis nicht preisgeben. Sie sah ihn an und sagte leise und verlegen: „Naja, das ist ziemlich persönlich. Kann ich des dir ein andermal zeigen? Das wäre mir lieber.“ Jake zertrat einige trockene Herbstblätter mit seinen Sneakers und antwortete: „Das tut mir leid, ich wollte dir nicht zu nahe treten, natürlich musst du es mir nicht zeigen. Ich wollte nur.. ein Gesprächsthema finden.“ Er lachte. „Ich bin nicht wirklich gut im Reden. Gespräche anfangen kann ich auch nicht. So gesehen bin ich in gar nichts gut. Weder im Reden noch im Handeln. Ich mache eh immer alles falsch. Ich hatte das Stadtleben satt, ja, aber ich bin auch aus London gezogen, weil ich mich fehl am Platz fühlte. Jeder hat mir gesagt, dass es falsch sei, wenn ich dieses oder jenes tue. Jetzt bin ich auf mich alleine gestellt und es geht mir besser als je zuvor.“
Bei diesen Worten horchte Ella auf: „Du bist tatsächlich wie ich. Egal was man macht, es ist eh falsch. Wenigstens eine Person, die mich versteht.“
Erst als Ella trotz dem Anorak zu frösteln begann merkten beide, dass sie stundenlang geplaudert hatten. „Wie sieht's aus, soll ich dich wieder nach Hause bringen?“, fragte Jake mit einem Zwinkern. „Sehr gerne“, erwiderte Ella mit einem Knicks und einem darauffolgenden Lachen.
Als das Auto vor dem Haus Ellas Großmutter hielt lief diese aus dem Haus. „Ella! Ella! Deine Mutter!“ Nur die Veranda des Hauses war beleuchtet und Ella sah ihre Großmutter in der Dunkelheit nur schemenhaft. Nun stieg auch Jake aus. „Ella, deine Mutter. Ihr geht es schlecht. Sie hat versucht, eine Menge Tabletten zu schlucken.“ Ella hatte keine Möglichkeit etwas zu sagen, sie fing an zu weinen und lief zum Haus. In ihr Zimmer. „Und wer sind Sie?“, fragte ihre Großmutter skeptisch. „Ich bin Jake, ein Freund Ihrer Enkelin. Gibt es etwas, das ich für Sie oder Ella tun kann?“ - „Nein, ich glaube nicht. Ella braucht jetzt ihre Ruhe, ich werde mich um sie kümmern.“
Jake verabschiedete sich und stieg in sein Auto. Er blieb eine Weile sitzen und fuhr schließlich weg.
„Oma, kannst du mir bitte noch ein Glas Wasser bringen?“, rief eine verweinte Stimme nach unten. Schritte auf der Treppe. Die Tür wurde geöffnet. „Hier, Liebes.“ - „Danke. Wie geht es ihr eigentlich?“ - „Soweit ich weiß haben die Ärzte in London gesagt, dass ihr Zustand wohl weiter kritisch ist, aber es eine gute Chance gibt, dass sie wieder auf die Beine kommt.“ Ella trug ihre kurze Schlafanzughose und ein Schlabber-T-Shirt. Sie saß im Schneidersitz auf ihrem Bett, das in ihrem großen Zimmer im ersten Stock stand.
„Ich würde gerne etwas schlafen, es ist schon spät“. Das war alles, was Ella hervorbringen konnte. Sie stellte das Glas auf den Nachttisch und deckte sich zu. „Gute Nacht, Oma“, fügte sie noch hinzu, als diese das Licht ausknipste.
5 Minuten später stand Ella im Zimmer und suchte nach ihrem Handy. „Wo ist das verdammte Ding nur?!“, stieß sie hervor. „Wie soll ich denn jetzt Jake erreichen. Mann, ich bin schon so krank und führe Selbstgespräche! Oh nein.. Ich habe das Handy auf den Baumstunpf gelegt! Es ist im Wald!“ Sie zog sich schnell ihren Jogginganzug an, stellte fest, dass ihre Großmutter noch wach war und entschloss sich daher, aus dem Fenster und von dort den Baum hinunter zu klettern.
Es waren keine Straßenlaternen mehr an und sie rannte so schnell sie konnte. Plötzlich war sie froh, dass sie beim Dauerlauf in der Schule so lange durchgehalten hatte. Sie kam an die lange Straße am Waldrand und blieb stehen, um sich kurz orientieren zu können. Sie fand den Weg zu ihrem Stammplatz und war froh, endlich ihr Handy in den Händen halten zu können. Sie schaute auf die Uhr. 0:23.
Schritte. „Ella?“
| Helene Re: Re: Für die erste Geschichte, - Zitat: (Original von Jennziffer am 25.11.2012 - 18:38 Uhr) Danke! :) Ich werde versuchen, die folgenden Seiten etwas zu verändern ;) Bitte :) Bin immer wieder gerne bereit Feedback zu geben ;) Freu mich schon auf die Fortsetzung. Gruß Helene |
| Jennziffer Re: Für die erste Geschichte, - Danke! :) Ich werde versuchen, die folgenden Seiten etwas zu verändern ;) |
| Helene Für die erste Geschichte, - nicht schlecht. Aber, zumindest für mich, zu viel Informationen auf einmal. Die Dialoge hören sich teilweise wie abgelesen an. Die Personen verraten schon Sachen, die keiner Gefragt hat und meiner Meinung nach, noch viel zu früh heraus kommen. Die Flut an Informationen, die du in diesen fünf Seiten gepackt hast, hätte ich wahrscheinlich in 20 oder 30 gepackt. Ich weiß jetzt nicht, ob das von dir so beabsichtigt ist oder nicht. Die Zusammenfassung, am Anfang, hört sich sehr spannend an, würd ich gerne weiter lesen :) Gruß Helene |