Kapitel 2 Ankunft
,, Du willst tatsächlich alleine gehen ?“ Ein Schatten fiel über ihn.
Litos blieb stehen und sah einen Moment über die vom Mondlicht beschienene Wüste.
In der Ferne konnte er bereits die ersten Lichtpunkte der Stadt erkennen. Dakarah. Es musste fast ein Jahrzehnt her sein, das er die Mauern jenes Ortes betreten hatte. Mit zwei Fingern rückte er den Hut auf seinem Kopf zurecht, während eine Windböe seinen Staubmantel aufbauschte.
Trotz der Wärme, die immer noch vom Sand aufstieg wurde ihm kalt.
,, Das muss ich wohl.“ , erwiderte Litos, während er sich zu dem Schatten umdrehte, der fast zwei Köpfe größer war als er. Jedes andere Lebewesen wäre beim Anblick der Kreatur vor ihm wohl sofort weggelaufen. Ihn hingegen erfüllte die Tatsache, dass der Drache ihm gefolgt war lediglich mit Wehmut.
,, Du wirst sterben.“
,, Vielleicht Seraphim, aber das ist ein Risiko, das ich eingehen muss. Außerdem,“ und bei diesen Worten hellte sich die finstere Mine des Ritters zu einem Lächeln auf, ,, Wer will schon ewig leben ?“
,, Manchmal frage ich mich ob du noch bei Verstand bist.“
,, Das frage ich mich auch. Aber ich glaube die Antwort lautet nein. Lebt wohl.“
Er wendete sich den Lichtern der Stadt zu. Seraphim würde ihm nicht folgen, da war er sich sicher. Jedoch…
,, Sieht zu das du lebend zurück kommst.“
,, Ich werde es versuchen. Wenn alles reden nichts nützt.. halte dich bereit. Vielleicht brauche ich ein wenig Unterstützung.“
Sareth trat auf einen der zahlreichen verwinkelten Innenhöfe der Festung hinaus. Im Laufe der planlosen Entstehung des Komplexes waren manchmal Gebäude einfach abgerissen worden, ohne das an deren Stelle je wieder ein anderes getreten war. So waren diese Stellen einfach frei geblieben und wurden heute zu den unterschiedlichsten Zwecken genutzt. Dieser hier diente als Garten.
Im trockenen Klima Dakarahs gedieh eigentlich nicht viel, doch aus zahlreichen Ziehbrunnen und natürlich auch den grundwasserpumpen der Bergwerke wurde genug Wasser herbeigeschafft um hier eine Oase aus üppigem grün zu schaffen. Größtenteils Nutzpflanzen, Heilkräuter oder Gewürze für die Festungsküchen. Aber auch einige Wildblumen hatten es geschafft sich in einigen Ecken auszubreiten. Normalerweise würden diese wohl als Unkraut entfernt werden, aber offenbar hatte sich Iflu noch nicht dazu durchgerungen.
Sie war die Alchemistin der Drachenjäger, eine von vielen. Seit der Entstehung der Jäger, waren diese schon immer auf die Hilfe durch Alchemisten und andere Kundige Personen angewiesen gewesen. Und das hatte auch seinen Grund…
Sareth sah sich auf zwischen den Beeten nach der Alchemistin um, entdeckte aber nur einen ihm bekannten Drachenjäger, der auf einer Bank saß und ihm kurz zu sich herüberwinkte.
,, Habt ihr schon d gehört, das wir heute einen Drachenritter hier empfangen ?“
,, Das hat man mir bereits erzählt.“ , erwiderte Sareth vorsichtig. Das Ganze war seit Wochen geplant worden, nur hatte der Großmeister Daltor entschieden, erst einmal nur so viele wie nötig einzuweihen. Er befürchtete sonst Unruhen. Und jetzt kurz vor dem Eintreffen des Ritters schien Daltor verschwunden zu sein … seltsam. Aber es ging Sareth nichts an.
,, Wisst ihr zufällig wo ich Iflu finde ?“
,, Und ob, die Hexe hat mich eben in hohem Bogen aus ihrem Labor geworfen.“ , erwiderte der Jäger grinsend. ,, Ist die eigentlich immer so ?“
Sareth schüttelte lediglich den Kopf. ,, Ihr seid noch nicht lange hier, oder ?“
,, Nein, ich wurde erst letzte Woche aus Etrir hierher versetzt.“
Er wurde hellhörig. Die meisten Drachenjäger waren alle in Dakarah und wurden ebenfalls im Umland rekrutiert. Es gab nur eine Aufnahme….
,, Ihr habt in der Garde gedient ?“ Die Garde stellte die Leibwache des Königs dar und wurde aus sämtlichen Bevölkerungsschichten rekrutiert. Alleinige Bedingung für die Aufnahme, waren die Fähigkeiten. Und ab und zu wurden Mitglieder der Garde auch den Jägern überstellt, als ein Zeichen guten Willens. Oder aber, wie Sareth insgeheim vermutete, sie bekamen sämtliche Deserteure und Befehlsverweigerer, den oft machten diese auswärtigen Rekruten nichts als Ärger. Dieser hier jedoch schien in Ordnung zu sein.
,, Aye, ja. Zwei Jahre in der Garde. Und dann…“ Er beendete den Satz nicht.
,, Was ist passiert ?“
,, Lediglich etwas sehr unschönes. Belassen wir es dabei. Ich hatte Gedacht für etwas zu kämpfen nicht… ach verdammt, ich hoffe einfach das so was nicht wieder vorkommt.“
,, Ich verstehe.“ Er verabschiedete sich von dem Mann und machte sich wieder auf den weg.
Das Labor war ein großer Schuppen am Westende des Gartens.
Sareth näherte sich dem Gebäude und trat durch die nur angelehnte Tür.
Bis vor wenigen Jahren hatten sich diese auch innerhalb der steinernen Festungsgebäude befunden aber nach einem Unfall, der einen ganzen Hausflügel zerstört und den damaligen Alchemisten getötet hatte, hatte der damalige Großmeister verfügt, das sämtliche gefährlichen Gegenstände ,darunter auch das Schwarzpulver, fortan außerhalb des Hauptkomplexes der Burg gelagert werden sollten, auchsämtliche Ausrüstugn aus den Laboren. Somit war ein Anbau nötig gewesen, einerseits für die Pulverfässer und andererseits eben für die Alchemisten
Iflu war kurz nach diesem Vorfall als Ersatz für den verstorbenen Alchemisten nach Dakahra gekommen und seitdem hatte sie….
Etwas segelte knapp an Sareth vorbei und zersplitterte am Holz der Wand.
,, Habe ich dir nicht gesagt du sollst abhauen…“ Die rothaarige Frau , die grade eben mit einer Glasflasche nach ihm geworfen hatte starrte böse n seine Richtung und hielt bereits die nächste in der Hand. Als sie ihn allerdings erkannte, ließ sie diese allerdings wieder sinken.
,, Ganz ruhig.“ , meinte Sareth lachend.
,, Ach du bist das nur. Ich dachte es sei wieder dieser Gardist. Der Kerl hat mich Stundenlang mit Fragen gelöchert Über die Jäger über Drachen… Ich glaube manchmal ich muss bald noch Gulins Aufgabe übernehmen.“ Sie wendete sich wieder ihrer Arbeit zu, als wäre nichts gewesen und öffnete eine kleine Phiole mit rötlicher Flüssigkeit, die viel zu sehr an Blut erinnerte.
,, Er hatte noch keine Initiation ?“ , fragte er. Die Initiation fand für gewöhnlich kurz vor der ersten Jagd eines Anwärters statt. Aber in letzter Zeit wo es immer weniger Drachen gab wurde diese oft vorverlegt.
,, Wie denn wenn Daltor nicht hier ist… Und ihr ? Habt ihr keine Verpflichtungen?“
,, Ach hört auf damit, ich bekomme Verpflichtungen zum Frühstück serviert, wenn ihr so wollt. Da bin ich froh, wenn ich mal etwas Ruhe habe.“
,, Das habt ihr eben davon als nächster Großmeister gehandelt zu werden.“
,, Ich weiß, ich weiß.“ Er sah ihr eine Weile zu. ,, Was macht ihr eigentlich grade ?“
,, Ihr seid sicher, das ihr das verstehen würdet ?“
,, Versucht es.“
,, Ich versuche die Psychoaktiven Wirkstoffe aus dem Drachenblut zu Gewinnen. Wenn ich das schaffe finde ich vielleicht einen Weg, den Effekt zu verstärken.“
Drachenblut.. der Schlüssel für die Jagd. Sareth hatte sich nie viel Gedanken darüber gemacht, wie es funktionierte.
,, Genug davon haben wir ja jetzt.“ , meinte er lediglich.
,, Ja.. ich verstehe immer noch nicht, wieso Daltor nicht zulässt, das wir sie einfach töten.“ In den letzten Wochen hatten die Drachenjäger mehrere Drachen festgesetzt ohne sie zu töten. Auf ausdrücklichen Befehl des Großmeisters hin. Die Kreaturen wurden jetzt irgendwo in der weitläufigen Festung gefangen gehalten und manche waren sogar ins Inland gebracht worden, soweit er wusste. ,, Aber mir solls recht sein. So habe ich genug Material für meine Forschungen.“
,, Ich dachte immer die Wirkung des Drachenbluts sei reine Magie.“
Bei diesen Worten lachte die Alchemistin laut auf. ,, Sareth ihr seid manchmal wirklich naiv. Natürlich gibt es Magie. Aber seht euch um. Die Hälfte von dem, was man ursprünglich als Magisch bezeichnet hat konnte mittlerweile als ganz normaler Vorgang identifiziert werden. Und zwar durch…“
,, Beobachten und lernen.“ , erwiderte er kopfschüttelnd.
,, Richtig. Nehmt Schwarzpulver als Beispiel. Niemand würde auf die Idee kommen, das für Magie zu halten.“
,, Aber ihr müsst auch zugeben, das ihr nicht alles erklären könnt.“ , meinte er, während er sich in dem weitläufigem Labor umsah. Auf einem Tisch aufgereiht standen einige mit Wachs verschlossenen Gläser , die verschieden farblose Flüssigkeiten und Pulver beinhalteten. Daneben standen zahllose Apparaturen, Destillen, Kalzinieröfen und jede Menge andere Dinge, deren Namen er nicht einmal kannte
,, Das ist richtig. Wie gesagt, ich leugne die Existenz von Magie nicht. Die Drachen und ihre mentalen Kräfte sind ein lebender Beweis. Aber ich bin dagegen, alles sofort als magisch abzustempeln, nur weil euer Verstand es nicht sofort begreift. Wo wären wir heute, wenn dem so wäre?“
,, Ich weiß es nicht. Aber ihr könnt gerne die Drachenritter fragen. Soweit ich weiß, weigern sie sich Feuerwaffen zu benutzen.“
,,Ich habe gehört, die Ritter würden ähnliche Fähigkeiten besitzen wie die Drachen. Dass sie den Verstand eines anderen irgendwie.. kontrollieren können.“
,, Ja, aber soweit ich weiß nicht bei jedem. Und genau dafür haben wir ja das Blut, nicht wahr?“
,, Stimmt, und wo ihr grade hier seit,“ , sie warf ihm eine der kleinen Blutgefüllten Phiolen zu. ,, Bringt die doch zu Myron. Er müsste grade bei den neuen Rekruten am Tor sein und ich habe wirklich besseres zu tun als Botengänge.“
,, Ich auch.“
,, Und was ?“
,, Schon gut ich gebe mich geschlagen.“ Er nahm schicksalsergeben die Hände hoch. ,, Aber ihr schuldet mir was.“ Mit diesen Worten trat er wieder nach draußen in die Sonne. Der ehemalige Gardist, mit dem er sich unterhalten hatte war nicht mehr zu sehen. Vermutlich überlegte er schmunzelnd aus Angst vor einer erneuten Begegnung mit Iflu. Er betrachtete die Phiole ein seiner Hand. Normalerweise wäre diese kleine Flasche mehrere Karrenladungen Gold wert. Aber mit den Gefangenen Drachen hatten sie einen praktisch unbegrenzten Vorrat. Auch wenn ihm die Idee nicht gefiel. Sareth nahm sich vor Daltor zu fragen, was er sich dabei dachte. Mehr als ihn zurechtweisen konnte ihn der Großmeister ohnehin nicht. Wobei das auch meist reichte. Daltor war nicht ohne Grund zum Anführer der Jäger aufgestiegen.
,, Nun gut. Ihr alle seit hier, weil man euch empfohlen hat. Das heißt aber nicht, dass ich glaube, das auch nur einer von euch einen Kampf mit einem Drachen oder einem Ritter gewachsen wäre. Ihr glaubt, ihr wärt die besten? Gewöhnt euch das besser schnell wieder ab.“
Myrons Stimme musste man noch in der Festung hören können, dachte Sareth.
Er musste erneut schmunzeln, als er sich dem großen Hof vor den Toren näherte. Diese waren seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr geschlossen worden und erlaubten so einen Blick die Straße hinab nach Dakahra. Die Stadt selbst lag zu Füßen der Festung und bildete einen annähernden Kreis um diese Zitadelle. In den Straßen dort unten würden jetzt am Abend, wo die Sonne nicht mehr unerbittlich brannte, wohl die Leute wieder ihre Häuser verlassen und erneut ihre Geschäfte aufnehmen um die letzten Stunden bis Sonnenuntergang zu nutzen.
Hier oben jedoch würde es für die neuen Rekruten wohl noch lange keine Pause geben. Zumindest schätzte Sareth, das Myron dies nicht so schnell zulassen würde. Nicht bevor er ihnen klar gemacht hatte wer hier seiner Meinung nach das Sagen hatte.
Der muskulöse Mann mit dem kahlen Schädel machte schon still einen Respekteinflößenden Eindruck aber wenn er sprach brachte das auch den überzeugtesten Neuling zum Zittern. Sareth jedoch ließ sich davon längst nicht mehr aus der Ruhe bringen. Stattdessen sah er den Rekruten zu, die allesamt vor dem offenen Tor standen und Myrons Rede anhören mussten.
,, Also dann ein kleiner Test, wenn ihr einem Drachen gegenüberstehen und nicht schon vor Angst Tod umfallen würdet, was würdet ihr tun, außer wegrennen ?“
,, Auf die Kehle, die Augen und die Flügel zielen Myron. Blendet sie und sie sind nur noch halb so gefährlich. Nehmt ihnen die Fähigkeit zu fliegen und ihr habt leichtes Spiel und wenn ihr eine Schlagader erwischt verbluten Drachen genau wie alles andere. Und ihr solltet nicht so schreien, man hört euch noch im Garten.“ , unterbrach er ihn. ,, Das soll ich euch übrigens geben.“
Sareth warf ihm die Phiole zu, die dieser auch Auffing.
,, Danke.“ , erwiderte Myron. ,, Also gut, da unser Freund hier euch die Antworten ja schon gegeben hat, kommen wir zum nächsten Punkt. Kein einzelner Mensch kann sich einem Drachen auch nur nähern, ohne dabei ernsthaft in Schwierigkeiten zu kommen. Euer Verstand,“ bei diesen Worten tippte er sich an den Kopf, ,, ist einem Drachen hilflos ausgeliefert. Ein Gedanke und ihr sterbt. Oder schlimmer wendet euch gegen eure eigenen Leute. Und ihr würdet versuchen dagegen anzukämpfen, glaubt mir. Der einzige wirkliche Schutz, den es gibt besteht in ihrem eigenen Blut. Wie, werdet ihr früh genug erfahren. Für heute seit ihr entlassen.“
Die Rekruten, insgesamt fünf Männer und drei Frauen, entfernten sich. Sareth bildete sich ein, einige von ihnen erleichtert aufatmen zu hören.
,, Und ihr Sareth bekommt glaube ich Besuch.“ , bemerkte Myron abschließend. Er drehte sich um und entdeckte tatsächlich einen Mann, den er vom Sehen her kannte und der über den Platz auf sie zukam.
,, Sareth ?“ , fragte er.
,, Was ist denn ?“
,, Daltor ist zurück. Er möchte euch sehen. Und der Drachenritter ist schon vor einer ganzen Weile eingetroffen.“ Der Mann bedeutete ihm ihm zu folgen.
,, Und wieso sagt mir das niemand ?“
,, Fragt den Großmeister doch selbst, er hat mich erst jetzt losgeschickt um euch zu holen.“
