
Alles im Leben hat zwei Seiten. Außer es hat drei. Eine Geschichte, die noch erzählt werden muss. Von einem außergewöhnlichen jungen Mann, der Kunst und des Schicksals, das eine Welt für immer verändern sollte
Corinthis war kalt. Trotzdem stand er nicht von der kleinen Pritsche auf, oder rührte sich. In seinem Kopf herrschte leere… wobei das nicht ganz stimmte. Neben der stille seiner Gedanken war noch etwas anderes.
Steh auf, sie können dich nicht gefangen halten… und mich auch nicht…
,, Seit ruhig.“ Die Stimme verstummte zumindest fürs erste wieder. Er wusste nicht was es war… aber zumindest hatte Corinthis vorläufig wider die Kontrolle über sich.
Er erinnerte sich nur verschwommen an das, was geschehen war, nachdem der Kaiser ihn irgendwie… außer Gefecht gesetzt hatte. Nehalenie war tot….
Und er befand sich in einer Zelle, vermutlich irgendwo in den inquisitions-Quartieren, aber sicher konnte er sich nicht sein. Ein einzelnes kleines Fenster ließ etwas Licht in die Dunkelheit. Erkennen konnte er durch das kleine Gitterfenster jedoch nichts.
Vielleicht wenn er aufgestanden wäre. Aber dazu fehlte Corinthis jede Veranlassung. Da war einfach nichts mehr, nicht einmal Neugier, wieso das alles hatte geschehen müssen. Wieso Nehalenie hatte sterben müssen… oder wieso er noch lebte.
Draußen durch die Gitterstäbe der Zellentür konnte er im schwachen Licht über einen schmalen Gang in die Nachbarzelle sehen. Aber außer einem Haufen schmutziger Lumpen schien diese leer zu sein.
Ohne zu wissen warum lauschte er auf Geräusche… ein Husten… Flüstern… irgendein Zeichen das außer ihm noch jemand hier unten war. Aber bis auf das ferne tropfen von Wasser, das an der niedrigen Decke kondensierte blieb es still um Corinthis.
Draußen vor dem Fenster jedoch raschelte es und das wenige Sonnenlicht, das seinen Weg durch die Gitter fand wurde verdeckt. . Corinthis zwang sich wenigstens den Kopf zu drehen um nachzusehen.
Eigentlich war es ihm gleich.
Ein Vogel. Nein nicht irgendein Vogel, wie er wusste. Ein Rabe, dessen ausgebreitete Schwingen die Sonne verdeckten.
,,Hallo alter Freund“ , dachte Corinthis kurz, ,, Warum folgt ihr mir ?“
Er folgt dem Tod, deinem Tod der eintreten wirst wenn du weiter hier bleibst. Lass mich dir helfen…
,,So wie ihr mir auf dem Platz geholfen habt ? Ich verzichte.“
Du hast keine Wahl.
,, Ich habe immer eine Wahl.“ Der Vogel vor dem Fenster schlug mit den Flügeln und erhob sich von der Erde. Fast als wollte er diese Worte unterstreichen… oder sie verneinen…
Wenn du stirbst wirst du nie die Wahrheit herausfinden. Wieso das alles ?
,, Es interessiert mich nicht wieso. Es ist geschehen und dadurch wird es nicht ungeschehen.“
Aber vielleicht ist Nehalenie dann nicht Sinnlos gestorben.
,, Sprich ihren Namen nicht aus Dämon, geist oder was immer du bist.“
Ihr nennt uns Nardor… das Flüstern in eurem Gewissen.
,, Eine Legende und es erklärt überhaupt nichts. Wenn ihr existiert und ich nicht einfach verrückt bin… welcher Sphäre gehört ihr an? Wut ? Angst ? Neid ?“
Das sind Einteilungen die ihr Menschen erschaffen habt. Unfähig das all dies zusammenhängt… mit Stolz.
,, Lasst mich in Ruhe und verschwindet.“
Ihr habt mich eingelassen. Das Wesen schien zu lachen. Aber gehen muss ich deshalb noch lange nicht wieder.
Corinthis setzte sich langsam auf, als die Stimme endlich verstummt war. Er verstand nichts hiervon… er wollte es auch nicht. Nur das es endlich vorbei war. Wenn der Kaiser ihn hinrichten lassen wollte, war ihm das egal. Aber das er noch lebte…
Es spielte keine Rolle mehr wieso. Egal was Baratas vorhatte, er würde alles ablehnen, was ihm der Kaiser anbieten konnte…
Sein Leben war grade gefährlich wenig Wert für ihn selbst.
Irgendjemand hatte seine Hand verbunden, wie er feststellte.
,, Also seit ihr es…“ Kurz dachte Corinthis, die Stimme sei wieder zurück, dann jedoch entdeckte er, dass wer immer auch gesprochen hatte in der Nachbarzelle sein musste.
Der Haufen aus Lumpen bewegte sich und langsam wurde ihm klar, dass dies überhaupt keine Stofffetzen waren sondern eine zusammengekauerte Menschliche Gestalt.
Ein älterer Mann, gekleidet in eine Robe stand langsam auf. An seinen Gliedmaßen hingen Ketten.
Langsam wurde Corinthis klar, dass er die mitgenommen wirkender Gestalt dort vor ihm kannte.
Irgendwo hatte er sie bereits gesehen… Der Thronsaal von Inglarion vor einem Jahr..
, fragte er überraschte den Zauberer an so einem Ort vorzufinden.
,, Das ist mein Name. Und eurer muss Corinthis sein. Die Inquisitoren haben über euch gesprochen, als ihr hergebracht wurdet. Das war vor zwei Tagen. Ich dachte ihr würdet gar nicht mehr erwachen…“
,, Ihr sagt sie hätten über mich geredet ?“
Der Zauberer nickte traurig. ,, Es hieß ihr hättet die Nichte des Kaisers und drei Inquisitoren ermordet.“
Also war er jetzt sogar offiziell Gebrandmarkt… als Mörder… für etwas, dass andere getan hatten.
,, Und habt ihr ihnen geglaubt ?“
,, Wie könnte ich…“
,, Wie meint ihr das ?“ Corinthis trat war ohne es selbst zu merken von der Pritsche aufgestanden und an das Gitter herangetreten.
,, Ich hoffe ihr könnt mir verzeihen.“
,, Wie meint ihr das ?“
,, Das ich möglicherweise für all das hier verantwortlich bin… Sie ist wirklich tot oder? ich bin für den Tod eines Menschen verantwortlich…
,, Die Inquisition hat sie getötet.“ , erwiderte Corinthis.
,, Das verdammte Bild…“ Umariel ballte eine Hand zur Faust. ,, Damit hat alles angefangen. Er muss es von Anfang an gewusst haben.“
,, Wer ? Der Kaiser ? Hört zu, was ihr sagt ergibt für mich keinen Sinn.“
,, Es war alles von Anfang an ein abgekartetes Spiel. Die einzige Variable, das einzige womit wir nicht gerechnet hatten… war Nehalenie.“
,, Verdammt, erklärt es mir so dass ich es verstehe. Warum musste Nehalenie sterben und was hat das mit irgendwelchen Bildern zu tun?“ Corinthis verlor kurz die Kontrolle… ähnlich wie zuvor auf dem Platz schien er sich plötzlich neben sich zu befinden. Seine Hand, die das Gitter umschlossen hielt verwandelte sich in einen Feuerball, welcher die Metallstrebe innerhalb von Sekunden schmolz.
Erschrocken drängte er das… Ding in seinem Geist zurück und stolperten einige Schritte rückwärts.
,, Also ist es wahr…“ Der Zauberer sah ihn mit ängstlichen Augen an. ,, Lasst mich versuchen es zu erklären…
,, Dann erklärt.“ Corinthis zwang sich dazu wieder ruhiger zu werden… nach der scheinbaren Teilnahmslosigkeit schien es jetzt Wut zu sein, die ihn vollkommen ausfüllte… Aber es war nicht seine eigene Wut.
Das bringt nichts hör auf dem Alten zuzuhören… Wir müssen weg.
Er antwortete nichts und wartete, bis der Sturm vorüberging.
,, Am Anfang war da nur ein Bild… eines eurer Bilder.“
Corinthis erinnerte sich, das er tatsächlich ein von ihm angefertigtes Porträt in der Galerie des Palastest gesehen hatte. Hätte er damals schon misstrauisch werden sollen? Aber welchen Grund hatte er dazu gehabt…
,, Wisst ihr wie Magie funktioniert ? Ein unentwickeltes magisches Talent kann sich auf viele Arten bahn brechen… und dieses Bild war definitiv magisch.“
,, ich bin kein Zauberer.“ , erwiderte Corinthis.
,, Das wurde mir leider zu spät klar. Normalerweise hätte man euch sofort festgenommen. Aber ihr stelltet keine Bedrohung dar und der Kaiser brauchte einen Maler.“
,, Und weiter ? Das erklärt gar nichts.“
,, Geduld. Nachdem das Porträt des Kaisers fertig war, besah ich mir auch dieses. Ich habe mein Wissen fast ein Jahr verschwiegen… weil es zu unmöglich schien.“
,; Was schien unmöglich ?“
,, Der Thronsaal, also der Ort an dem das Porträt entstand ist gegen jede Art von Zauberei abgeschirmt. Ein Bild das dort entstand hätte keine Magie aufweisen können. Doch das Gegenteil war der Fall. Für den Kaiser gab es dafür nur eine Erklärung und er war nicht bereit auf meine Warnungen zu hören. Ihr wärt ein unvorstellbar mächtiges magisches Talent. Etwas, das er nicht einfach wegwerfen wollte.“
,, Ich bin kein Zauberer zum letzten mal.“
,, Und das war der Punkt, der uns allen zu spät klar wurde. Ihr hört seine Stimme nicht wahr?“
,, Nardor…“
,, Es muss euch schon lange beobachten… auf eine Chance gewartet haben und nun haben wir diesem Ding… gestattet durch euch zu Handeln.“
,, Ich verstehe nur noch nicht… Was verspricht sich der Kaiser davon…. Warum ich ?“
,, Ich fürchte, das ist ebenfalls meine Schuld… Ihr kennt die Geschichte der Anker?
,, die den Nardor den Zugang zu unserer Welt verwehrten ja… aber… Der König besitzt das Sonnen-Auge, das ist einer der Anker, richtig?“
,, Richtig, sie verhindern, dass die Nardor ohne einen… Wirt hier agieren können. Und ihr seid jetzt einer. Durch die Inquisition dazu getrieben… Tut mir leid.“ In den Augen des alten Zauberers lag echtes bedauern aber auch… Schuld.
,, Was ihr wirklich wissen müsst ist, das diese Anker, das Sternenauge und das Sonnenauge genannt, viel mehr sind als simple Halterungen für den Schleier. Sie sind Macht. Ihr habt es selbst zu spüren bekommen, das sehe ich euch an. Die kanalisierte Macht aus tausenden von Zauberern.
Die alten Magier wussten, dass sie eine solche Macht nicht einem einzigen überantworten durften. Und so wurden zwei Verankerungen des Schleiers geschaffen, welche die Macht der toten Magier fokussieren sollte. Einer der Anker fiel an den ersten Kaiser von Ert. Der zweite an Niob.
Das heutige Kräftegleichgewicht hängt vor allem von diesen zwei Artefakten ab. Nicht die Magier oder die Armeen sind es… Die Macht der Anker übertrifft jede Armee und doch wird ihre Existenz zumindest in Ert geheim gehalten. Vielleicht aus Angst. Der Kaiser benutzt Magie… keine gute Idee.“
,, Und was hat das mit mir zu tun ?“
,, ursprünglich wollte der Kaiser einen Zauberer unter seiner Kontrolle, der in der Lage wäre, nach Niob zu gelangen. Jemand, der nicht die Ketten des Ordens des schwarzen Drachens trägt und ihm das Sternenauge besorgen könnte. Nun, ich befürchte fast, von dieser Idee muss er sich längst distanziert haben. Ihm muss mittlerweile auch klar ein, das er sich geirrt hat.“
,, Wollt ihr mir etwa sagen Nehalenie sei einfach nur… durch euer Unverständnis gestorben… durch das völlig irrationale Streben nach noch mehr Macht ?“
,, Ich fürchte es….“
,, Ihr seid krank… dieser ganze Ort… jeder einzelne Adelige bis hin zum Kaiser. Gibt es hier auch nur einen Vernünftigen Menschen? ich bezweifle es, wenn sich der Oberste von ihnen für einen verdammten Gott hält.“
Er wendete dem Zauberer den Rücken zu.
Wir können sie bestrafen… sie vernichten. Lass dir helfen.
,, Seit ruhig!“
Die Stimme des Nardor verstummte.
,, Was bedeutet das für mich ?“
,, Ich weiß es nicht. Ihr seid das erste Lebende Wesen, das einen Nardor hört seit… seit mehreren Jahrhunderten. Ich weiß nicht ob das bedeutet, das der Schleier schwächer wird oder ob es nur Zufall ist.“
,, Das beantwortet nicht meine Frage. Was wird passieren?“
,, Ich fürchte er wird euch irgendwann… aufzehren. Ihr könnt ihn momentan noch kontrollieren aber ich bezweifle, dass euch dies für immer gelingen wird. Sobald ihr ihn einmal eingelassen hattet, ob absichtlich oder nicht war es zu spät. Tut mir leid. Ich will mir gar nicht vorstellen, was dieses Ding alles anrichten könnte…“
Er lügt… Die Stimme des Nardor klang sanft… fast freundlich. Aber Corinthis würde sicher nicht darauf hören.
,, Seit ruhig.“
,, Es spricht also zu euch.“
,, Ja. Aber wenn der Kaiser sich geirrt hat, werde ich wohl keine zeit mehr haben herauszufinden, ob ihr mit eurer Vermutung recht habt.“ Er wendete sich wieder dem Zauberer zu.
,, Das ist wohl war. Mich werden sie wohl nach Venthron zurück bringen. Momentan können sie auf keinen Zauberer verzichten. Aber euer Schicksal kenne ich nicht.“
,, Ich habe kein Schicksal mehr. Und auch keine Zukunft. Das ist alles gestorben.“
,, Ihr habt noch euren Namen. Das ist etwas. Und ihr werdet ein Ziel finden und sei es nur, nicht hier unten zu sterben.“
Corinthis sah auf Umariel direkt in die Augen. Es gab nicht viel das ihm noch etwas bedeuten konnte. Nur ein Verspreche nein, zwei Versprechen, die er halten musste…
,, Wiederspruch ist mein Name
Und klage mein Anspruch.“
,, Schöne Worte. Ich bin gespannt, ob sie euch nützen werden.“ , meinte der Zauberer.
,, Wenn der Kaiser sich entschließt mich loszuwerden sicher nicht mehr.“ Er ließ sich wieder auf die Pritsche sinken und nahm den Kopf zwischen die Hände. Es gab nichts mehr zu sagen…
Es gab keine Antworten mehr. Nur die Frage nach dem warum…