Romane & Erzählungen
Irrtum mit Bruno

Wir hatten einen wunderschönen weißen Kater mit einem herrlich dicken Fell. Nur die Schwanzspitze war schwarz und er hatte einen schwarzen Strich auf der Nase. Er hörte auf den flotten Namen "Bruno". Als kleiner Kater kam er zu uns. Innerhalb kürzester Zeit war er in unserem Haus der Chef und hatte alle fest im Griff. Wir wohnten im Hochpaterre, unter unserem Küchenfenster war der Hausbriefkasten und somit auch Brunos Ein und Ausgang. Das Fenster war tagsüber immer geöffnet, so dass Bruno seine Anwesenheit selbst bestimmen konnte.Natürlich kam es vor, daß Bruno sich mit Jemandem ins Haus schlich.

Wollte er wieder raus und wir waren nicht da, kratzte er bei Nachbarn an der Tür, bis er raus gelassen wurde. Besonders gern nahm er die Dienste eines älteren Ehepaares in Anspruch, weil er wußte, das er auch noch ein Leckerli mit auf den Weg bekam. Ein Nachbar hatte ihm beigebracht "Kullerchen" zu machen. Dabei rollte er von einer Seite zur anderen. Natürlich fiel sein dickes Bäuchlein auf , was direkt dazu aufforderte, ihn zu kitzeln. Wehe, wer das tat!  Der machte unweigerlich Bekanntschaft mit seinen kräftigen Krallen und dabei sah es aus, als grinse er frech. Ich zumindestens, nahm immer einen Grashalm. Kam mal

ein Fremder in den Garten, bot Bruno ihm gleich sein Bäuchlein zum kitzeln an. Alle feixten, weil sie wußten, was dann kam.

Ganz oben im Haus wohnte ein Mann, der gern mal etwas über den Durst trank. Als er eines Tages am späten Abend nach Haus kam, lief ihm Bruno auf der Straße über den Weg. Bierselig wie er war, nahm er Bruno auf den Arm und trug ihn nach Haus. Hätte er genau hingesehen, hätte er bemerkt, daß der Kater keine schwarze Schwanzspitze hatte. Auch das Gesicht war weiß.Das fiel dem guten Mann aber nicht mehr auf. Also schleppte er den Kater, der gar nicht so richtig wollte, nach Haus.

Einige Kratzer waren sein Lohn. Als er dann die Haustür endlich auf bekam, war der Kater weg. Am nächsten Morgen traf ich ihn und er beklagte sich bitter bei mir, wie undankbar Bruno am Abend war. Ich mußte herzhaft lachen, denn Bruno hatte am Tag vorher seinen Schlaftag gehabt. Zu der Zeit, als sein Kumpel nach Haus geschleppt wurde, lag er tief und fest schlafend, bei mir im Bett.

Bruno lebte dreizehn Jahre mit uns zusammen. Vor zwei Jahren kam er nicht mehr nach Haus. Jeden Morgen und jeden Abend sah ich aus dem Fenster, immer in der Hoffnung, daß er wieder aufgetaucht war. Auch jetzt passiert mir

noch manchmal, das ich nach ihm Ausschau halte, aber leider...