Alles im Leben hat zwei Seiten. Außer es hat drei. Eine Geschichte, die noch erzählt werden muss. Von einem außergewöhnlichen jungen Mann, der Kunst und des Schicksals, das eine Welt für immer verändern sollte
Mittlerweile war es fast dunkel auf den Straßen Inglarions, doch wie am Vortag schien die gesamte Stadt auf der Straße zu sein.
Während er den Palast passierte, wo das sinnlose Feiern heute sicher ebenfalls weitergehen würde, sah er sich auf der Straße um. Gestern hatte er kein Auge für die Leute um sich herum gehabt, doch nun betrachtete er zum ersten Mal die Gesichter um ihn herum. Wie anders doch die Atmosphäre hier draußen war, verglichen mit der steinernen Etikette innerhalb der Mauern des Palastbezirks.
Wieder waren es vor allem die zahlreichen Straßenkünstler, welche die Massen anzogen. Ein Mann forderte die Passanten zu einem Würfelspiel auf, von denen sich auch einige darauf einließen. Meistens verloren die Spieler und Corinthis vermutete, dass die Würfel manipuliert waren. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, das Schauspiel zu genesen und selbst die Leute, die verloren lächelten danach meist noch. Allgemein schien eine völlig andere Atmosphäre zu herrschen, wie sonst. Diese laute würden normalerweise nach Verrichtung ihres Tagewerks schlafen gehen nur um am nächsten Morgen wieder in den gleichen Trott zu verfallen, aber solange das Fest andauerte, hatten sie etwas, das sie aus der täglichen Lethargie riss.
Auf der anderen Straßenseite jonglierte eine Frau grade mit einem halben Dutzend Messer und erntete dafür Applaus und das ein oder andere Viertel-Silberstück.
Corinthis ließ sich Zeit und sah eine Weile zu. Er fühlte sich endlich wieder ruhiger, als er weiterging und sich einfach von den Strom der Umherwandernden mitreißen ließ.
Bis hin zu dem Punkt, an dem Nehalenie warten wollte, sofern er den Brief richtig Verstanden hatte
Er entdeckte sie sofort und wusste, dass er richtig lag, noch während er die Straße entlangging.
Sie stand in einer kleinen Gasse außerhalb des Menschenstroms der Hauptstraßen. Ihre klaren blauen Augen schienen die Menge abzusuchen, vielleicht nach ihm, auch wenn er diese Idee schnell wieder verwarf. Aber irgendwie.. trotzdem ein angenehmer Gedanke.
Er löste sich aus der Menschenmenge und sah sofort, dass sie ihn erkannt hatte.
,, Corinthis der Maler. Viele halten euch für einen sehr beschäftigten Mann, aber wisst ihr, dass es unhöflich ist eine Dame warten zu lassen?“ Ein schwaches Lächeln huschte über ihr Gesicht.
,, Ich wusste nicht, das ich euch warten lasse. Aber ihr seid im Vorteil, ich weiß immer noch nicht mit wem ich die Ehre habe, Nehalenie .“ , meinte er.
Sie antwortete nicht sondern sagte nur: ,, Kommt mit.“ Um gleich darauf in der Menge zu verschwinden. Schulterzuckend folgte er ihr und bemühte sich, sie wieder einzuholen und dabei nicht in der Menge zu verlieren.
,, Ich habe immer noch keine Antwort auf meine Frage.“
,, Vielleicht beantwortet ihr mir zuerst eine.“ , entgegnete sie.
,, Und welche ?“ Sie passierten den Würfelspieler, dem Coritnthis schon auf dem hinweg begegnet war.
,, Warum habt ihr gestern die Feier im Palast verlassen ?“
Er überlegte kurz und beschloss dann einfach die Wahrheit zu sagen. ,, Es ist so bedeutungslos.“
,, Und das hier nicht ?“
,, Seht euch um, diese Leute lachen. Nicht wie eure Adeligen und Kaisertreuen, die sowieso nur dort sind um ihre Titel zu behalten. Das ist echtes Glück. Die angebliche Feier des Kaisers… das ist nur Symbolik. “
,, Und vielleicht habe ich genau das gemeint.“
Eine Weile lang liefen sie Schweigend durch die belebten Straßen, jeder seinen eigenen Gedanken nachhängend. Auch wenn Corinthis keine Ahnung hatte, wie die seiner Begleiterin aussehen mochten. An einigen Häusern hingen Laternen aus gefärbtem Glas, welche die Fassaden in buntes Licht tauchten.
Ein Wanderbarde spielte auf einer Laute und wie gestern tanzten einige mitten auf der Straße.
Er blieb kurz stehen, als sie eine Abzweigung passierten, an der die Hauptstraße von einer weiteren Gasse gekreuzt wurde. Hier brannten nur noch wenige Laternen und die meisten waren schlicht gehalten, nicht wie die bunten Leuchtfeuer noch wenige Häuser zuvor. Selbst die große Straße war nicht mehr so belebt wie zuvor.
,, Was ist ?“ , fragte Nehalenie als sie merkte, dass er ihr nicht mehr folgte.
,, Wir sollten umdrehen.“ meinte er. ,, Der Weg führt direkt in die Armenquartiere.“
,, Ich weiß,“ sie ging weiter, als hätte sie ihn nicht gehört.
,, Das ist der letzte Ort, an den man sich nachts verirren möchte.“ , warnte Corinthis sie nochmal. ,, Nehlanie. Ach verdammt.“
Ihm blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. Schnell verschwanden auch die letzten Menschen von der Straße, als sie weiter den weg entlanggingen. Dafür konnte er hier und da eine Stadtwache erkennen, die das Viertel überwachten. Corinthis konnte das nur recht sein, auch wenn es ungewöhnlich war, das im Armenquartier für Ordnung gesorgt wurde. Er vermutete, dass das ebenfalls mit den Feierlichkeiten zusammenhing. Trotzdem konnte es nicht verbergen, was dieser Ort eigentlich war. Verfallene Gebäude, deren Wände hier und da einfach nur mit Holzlatten ausgebessert waren, Hütten errichtet aus Abfällen, durch die sich unbefestigte, labyrinthartige Wege zogen. Eine dunkle Ruine, wo ein Haus abgebrannt war. Vor sich hin modernde verkohlte Balken in einem Gewirr aus zerbrochenen Ziegeln. Und selbst die besser erhaltenen Gebäude wirkten ungastlich und wie verlassen. Nehalenie war vor der ausgebrannten Silhouette stehen geblieben.
,, Sind wir alle blind ?“ , fragte sie.
Corinthis war sich nicht sicher, was sie meinte. Was taten sie hier überhaupt? Er hatte immer versucht, die Armenviertel so gut wie möglich zu meiden. Natürlich ließ sich es sich manchmal nicht vermeiden, die Außenbezirke zu durchqueren, aber meist beeilte er sich, dieses auch wieder zu verlassen. Und nichts in der Welt hätte ihn dazu getrieben diesen Ort bei Dunkelheit aufzusuchen.
,, Das alles. Wir verschwenden so viel, dafür, den schein aufrecht zu erhalten, für Symbole, nur damit wir wegsehen können… Ihr müsst es doch auch erkennen. Warum sonst seit ihr gegangen?“
,, Ich weiß es nicht. Aber euch trifft doch hieran keine Schuld. Es gibt immer Leute, die weniger Glück im Leben haben.“ , sagte Corinthis. ,, Ihr lasst euch nicht blenden. Warum also, sind wir hier?“
,, Ich weiß es nicht.“
,, Ihr seid seltsam für eine Adelige.“ , erwiderte er.
,, Wie kommt ihr darauf ich würde zum Adel gehören ?“
,, Ach kommt, selbst wenn ihr nichts sagt, wirklich schwer zu erraten ist das nicht. Und ihr habt einen Palastboten mit eurer Nachricht geschickt. Jeder der seinen Verstand auch nur ein wenig zu gebrauchen weiß könnte das erraten.“
,, Vielleicht.“
,; Was immer noch zu der Frage führt, was tun wir hier überhaupt ?“
,, Kommt mit.“ , wiederholte sie nur.
,, Wohin ?“
Nehalenie antwortete nicht sondern lief einfach weiter ohne darauf zu achten. Ob er ihr überhaupt folgte. Kurz überlegte Corinthis einfach stehen zu bleiben. Er lief los, durch die dunklen Gassen des Viertels, immer darauf bedacht, die Gestalt vor ihm nicht aus den Augen zu verlieren. Langsam kam ihm das ganze wie ein Rennen vor. Und irgendwie lächerlich. ,, Bleibt doch mal stehen.“
Sie reagierte natürlich nicht und ihm blieb nichts anderes übrig, als ihr weiter durch die verwinkelten Straßen zu folgen, die mittlerweile wieder gepflegter aussahen. An einer Hauswand lehnte eine Leiter, offenbar wurde das Flachdach des Gebäudes grade ausgebessert, und schneller als er es überhaupt jemanden zugetraut hätte war Nehalenie auch schon oben auf dem Dach.
,, Das soll doch jetzt ein Witz sein…“ , flüsterte er leise, als er einen Fuß auf die unterste Sprosse setzte und begann die Leiter hinaufzusteigen. Oben auf dem Dach konnte er über einen Großteil der Stadt sehen. Natürlich hatte er Inglarion bereits von oben gesehen, aber bisher noch nie bei Nacht.
Nehalenie saß auf der niedrigen Ummauerung des Dachs und ließ die Füße über dem Abgrund hängen. Corinthis befürchtete kurz, sie könnte abstürzen, aber angesichts der Tatsache, wie mühelos Nehalenie auf das Dach gelangt war, verschwand seine Sorge diesbezüglich schnell wieder.
,, Jetzt schuldet ihr mir wirklich eine Erklärung.“ , meinte er während er einen Blick nach unten warf. Die ganze Stadt schien mit mehr oder weniger hellen. Vielfarbigen Lichtpunkten durchsetzt zu sein, ein warmer Lufthauch trug entfernte Stimmen und einige Klänge einer Melodie heran, die Corinthis meinte wiederzuerkennen. Er wusste nur nicht woher.
Nur die Armenquartiere bildeten eine Ausnahme im Lichtermeer, das ihn fast an den Sternenhimmel erinnerte. Dort brannten lediglich vereinzelte Flammen, die verloren in der umgebenden Schwärze schimmerten.
,, Wer seit ihr ?“ , fragte Corinthis.
,, Nehalenie .“ , erwiderte sie nur.
,, Das meine ich nicht. Ihr zeigt mir all das, obwohl ich es längst kenne. Ich verstehe, das viel Falsch läuft. Also wieso ?“
,, Vielleicht weil ich hoffte, genau so jemanden zu finden, einen der es versteh.“
,, Weshalb ? So läuft die Welt nun mal seit Jahrhunderten. Ich kann es in Frage stellen, aber ihr seid doch eher dazu in der Lage etwas wirklich zu verändern.“
,, Das ist nicht ganz so einfach.“ , erwiderte Nehalenie. Für ihn klang das wie eine Ausrede.
,, Ich verstehe euch nicht, ich verstehe nicht, was ihr wollt. Ihr seid in der Lage etwas zu verändern, ich nicht. Was hindert euch also daran, euch gegen den übrigen Adel zu stellen? Nicht offen natürlich, aber es reicht doch schon, wenn ihr ein Zeichen setzt…. “ Er klang mittlerweile wütend. All die ungewohnten Gedanken, mit denen er sich den letzten Tag über herumgeschlagen hatte, waren wieder da und suchten ihn erneut heim. Für ihn gab es keinen Ausweg… aber für Nehalenie, jemanden der definitiv über Einfluss verfügen musste, schon. Sie musste nichts davon hinnehmen. Oder ?
,, Ich bin die Nichte des Kaisers.“ , unterbrach sie ihn.
Corinthis verstummte für einen Augenblick. ,, Also… das war jetzt unerwartet.“
,, Ich kann mich nicht gegen Baratas stellen. Genau s wenig wie ihr. Und alle anderen sind viel zu Blind um überhaupt etwas tun zu wollen.“ , wies sie ihn zurecht.
Er sah weg und ließ seinen Blick einen Augenblick über die Dächer wandern.
,, Es tut mir leid.“ , sagte er nach einer Weile. ,, Ich mache mir nur schon seit... einer Weile Gedanken darüber. Keltor würde sagen ich bin ein Träumer. Der Wunsch etwas zu ändern, das man nicht ändern kann, ich glaube jeder Mensch kennt ihn. “
,, Dann sind wir wohl beide Träumer. Könnt ihr mir nur eins Versprechen Corinthis ?“
,, Was ?“
,, Solltet ihr je die Gelegenheit haben etwas zu ändern, zögert nicht.“ Er spürte, wie sich ihre Hand auf seine legte. ,, Ergreift sie einfach.“
Er nickte.
Eine Weile schwiegen beide, und sahen einfach über das Häusermeer der Stadt
,, Ich muss gehen, man wird mich noch vermissen.“ , sagte Nehalenie plötzlich und wendete sich ohne ein weiteres Wort der Leiter zu.
,, Sehe ich euch wieder ?“ , wollte Corinthis wissen
,, Vielleicht.“
Er stellte sich ihr in den weg. ,, Kein vielleicht. Ich brauche eine klare Antwort.“
,, Wenn ich kann, schicke ich euch wieder eine Nachricht. Aber ich werde es auf jeden Fall versuchen“
Das reichte ihm.
Corinthis trat bei Seite und sah ihr nach, bis sie in den Straßen Inglarions verschwunden war. Er selbst blieb allein auf dem Dach zurück.
Ein Versprechen hatte er ihr geben müssen. Und er würde sich daran halten, das wusste er. Nur vermutlich, überlegte Corinthis, würde er nie wirklich die Chance bekommen es auch einzulösen.
Gedankenverloren betrachtete er seine Hand, die eben noch ihre gehalten hatte.
Einen Augenblick lang blieb er noch wo er war, dann machte er sich selbst wieder auf den Weg in Richtung Boden. Er wusste nicht wie spät es war, als er durch die vertrauten und nun gleichzeitig fremd wirkenden Straßen seinen Weg suchte. Corinthis überquerte eine kleine Brücke, die über einen Kanal führte und erreichte endlich wieder die belebteren Straßen Inglarions, wo nach wie vor die Feierlichkeiten des Königstags andauerten. Und vermutlich würde dies auch hinter den hohen Palastmauern nicht anders sein. Nur dort würden die Feiern eine andere Qualität haben. Der Kaiser würde möglicherweise erneut eine Rede halten und die Adeligen und Vasallen erneut ihre treue bekräftigen, die sie wohl genau in dem Moment vergessen würden, in dem der Kaiser schwäche zeigte.
Er verzichtete darauf sich davon zu überzeugen, auch wenn er dort gerne nach Nehalenie Ausschau gehalten hätte. Und vielleicht wäre auch Keltor dort.
EagleWriter Re: - Zitat: (Original von EwSchrecklich am 15.11.2012 - 12:02 Uhr) Wieder sehr gut! Aber vielleicht solltest du es noch einmal bearbeiten und diesen riesigen Absatz zwischen Überschrift und Text wegmachen... lg Upps, ja das muss ich nochmal korrigieren ^^ lg E:W |
EwSchrecklich Wieder sehr gut! Aber vielleicht solltest du es noch einmal bearbeiten und diesen riesigen Absatz zwischen Überschrift und Text wegmachen... lg |