Fantasy & Horror
Traumschuld - 1. Kapitel

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"Traumschuld - 1. Kapitel"
Veröffentlicht am 22. September 2012, 6 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Traumschuld - 1. Kapitel

Traumschuld - 1. Kapitel

Kalte Tränen

Aber ich habe keine Träume." , erklärte das Mädchen verzweifelt, das vor ihm stand und fror. "Dann kommst du auch nicht rein." , antwortete er ihr mit dieser kalten und harten Stimme, die er sich antrainiert hatte, wenn das Mitleid ihn zu überkommen drohte. "Bitte..", flehte sie und ihre kleine Stimme zerbrach in tausend Scherben, in denen sich das Licht des Halbmondes brach, als sie auf dem dreckigen Gehsteig aufschlugen. "Bitte..." "Keine Träume, kein Einlass.", wies er sie erneut ab und wünschte sich, sie würde endlich gehen, sodass er nicht mehr in ihr einst hübsches, nun verlorenes Gesicht blicken musste. Ihre dunklen, stumpfen Augen sahen zu ihm hoch. Sie musste den Kopf in den Nacken legen, um ihren Blick in seinen zu versenken. Er musterte sie, obwohl er es nicht wollte. Sie war winzig und zierlich wie eine Puppe, ihre Haut so kalkweiß, dass es nicht mehr gesund aussah und ihr Haar, das in allen Farben des Regenbogens leuchtete, hing ihr in die großen, ängstlichen  

Augen. Sie hatte ihre Arme um ihren zerbrechlichen Körper geschlungen und machte sich noch kleiner, als sie war, um dem Wind zu entkommen, der durch die enge, schmuddelige Gasse fauchte. "Verschwinde!", knurrte er und machte einen bedrohlichen Schritt auf sie zu. Sie zuckte zusammen und wich zurück, stolperte ... er packte sie grob am Arm bevor sie hinfiel und zog dann die Hand zurück, als hätte er sich verbrannt.

Die nächste traurige Gestalt drängte sich an dem Puppenmädchen vorbei und trat auf die niedrige Tür zu, die Augen fest auf das geheimnisvolle Licht geheftet, das durch ihre Glasornamente hindurchschimmerte. Ohne, dass er fragen musste, reichte der Neuankömmling ihm die Hand, die Handfläche nach oben gedreht. Er zog eine lange silbrige Nadel hervor und stach sie routiniert und ohne zu zögern mitten durch die Hand. Der Mann zuckte nicht einmal zusammen, als das Metall ihn durchbohrte. Seine Handflächen wurden von zahlreichen runden Narben geziert.

 

 

Ein schwaches Glühen ging von der Nadel aus. Sie besaß eine Art Schlitz in der Mitte und wie ein dünner Seifenfilm beim Seifenblasen machen, sammelte sich etwas Schillerndes und Magisches dort, ganz filigran und vollkommen. 
Er zog den Traumfänger mit einem Ruck heraus. In Sekundenschnelle schloss sich die Wunde.
"Der Nächste", bellte er, während er die Nadel in den dafür vorgesehen Behälter schob, eine Konstruktion, die eine Mischung aus Bienenwaben und einem Weinregal sein könnte.
Er hasste seinen Job. Er hasste die kaputten und jung alt gewordenen Gesichter, er hasste das Geräusch, mit dem der Traumfänger durch Fleisch fuhr... Doch er hatte keine Wahl. Warum also mit seinem Schicksal hadern, wenn er es nicht ändern konnte?

 

Sie duckte sich in einen schattendruchfluteten Hauseingang und hockte sich auf kalte Steinstufen. Sie weinte. Sie rieb ihre Hänge aneinander, doch das wärmte sie nicht. Es tat nur weh. Was sollte sie tun, ohne die Wärme, das Licht und das Vergessen. Wie sollte sie Leben, wenn ihre Nächte erbarmungslos und grau waren? Sie kniff die Augen zusammen und veruschte angestrengt, einen Traum zu weben... irgendeinen. Vielleicht von einer heißen Tasse Kaffee oder einer kuscheligen Decke. Doch natürlich funktionierte es so nicht. Es musste ein echter Traum sein, ein wertvoller Traum, der ihr eine ganze Nach Glück erkaufen konnte. Notgedrungen musste sie einsehen, dass sie pleite war und wieder ein paar Tage und Nächte Schlaf brauchte, um ihr Sparschwein wieder zu füllen. Es graute ihr vor den Welten, in die der Schlaf sie entführen würde, vor den Schreien, die sie hören, vor dem Blut, das sie schmecken würde . 

 

 

Albträume waren nicht so wertvoll wie gute Träume, doch es würde reichen müssen.  War es nicht ironisch, dass sie sich ihr süßes Vergessen genau mit den Dingen erkaufte, die sie um jeden Preis vergessen wollte? Die, sobald sie in den Schlaf sank, hämisch vor ihren Augen erschienen und sie schweißgebadet und schwer atmend wieder aufschrecken ließen?
Sie barg ihren schmerzenden Kopf in ihren blau geforenen Händen. Selbst die Tränen, die in ihre Handflächen fielen, waren kalt.

 

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Elisha
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