Kurzgeschichte
Gerüche am Kanal

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"Gerüche am Kanal"
Veröffentlicht am 13. September 2012, 4 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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einer der auf dem Weg ist ...
Gerüche am Kanal

Gerüche am Kanal

Gerüche am Kanal

 

 

Wer glaubt, der Kanal riecht nur nach Brackwasser, der liegt völlig falsch.

Zu jeder Zeit findet man andere Gerüche. Die Jahreszeiten variieren genauso, wie die Uhrzeit, an der du dort vorbei kommst.

Hinter der alten Eisenbahnbrücke aus Klinkersteinen beginnt meine andere Geruchswelt. Rechter Hand liegt eine Wiese mit ein paar Weiden, die in ein Mischwäldchen übergeht. Hier empfängt mich eine Duftmischung aus frischen und trockenen Gräsern. Heute Morgen glitzerten die Tautropfen auf den Halmen und die Spinnen hatten kreisrunde Netze zwischen die hoch gewachsenen Gräser gewebt. Nach einer kurzen Strecke öffnet sich das Panorama in den träge fließenden Kanal auf dem ein leichter Dunstschleicher liegt. Auf meinem Rückweg hat er sich schon gehoben. Manchmal riecht er sicher, aber das gehört zum Kanal. Die Brennnesseln und Knallerbsensträucher strömen einen besonderen Duft aus und im Herbst dominiert eine süßlich schwere Basisnote. Wenn ich das Landgut „Eule“ passiere, schlägt mir ein Gemisch aus Kellerluft und kaltem Raum entgegen. Oft kringelt sich eine kleine Rauchfahne aus dem Hauskamin und es duftet nach verbranntem Holz.

Wenig weiter geht eine Natursteinwand auf und vom Wald weht ein frischer Duft herab. An einer bestimmten Stelle riecht es so blumig, wie nach Weichspüler. Wir witzeln dann, dass die Schwarzkittel dort ihre Kittel zu trocknen aufhängen.

An der Uferseite dominieren auf halber Strecke die Hundsrosen und schmeicheln im späten Frühling jeder Nase. Weiter hinten, am ersten Haus, kann ich Kletten und Hopfen entdecken. In ihre Mitte hat sich ein wachender Bestand an Balsaminchen eingepflanzt und das ergibt eher einen herben Duftcocktail.

Dort, wo im Winter die Sportboote liegen, senden die Kastanienbäume nunmehr ihre typische Note aus.

Ach ja, den Holunder hab ich noch vergessen und er fällt mir ein, weil wir nun an die Wendestelle gekommen sind und dort ein Holunderbusch steht. Der charakteristische Blütenduft gehört unbedingt mit zu der Kanaltour, aber leider waren die Beeren reif und nur ein paar dunkle Flecken auf dem Weg erinnern an die gelungene  Ernte.

Auf dem Rückweg riecht es ähnlich und doch ganz anders.

 

2012-09-13 jfw

 

 

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Boris
einer der auf dem Weg ist ...

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Boris Re: Man sieht, dass Du -
Zitat: (Original von baesta am 13.09.2012 - 18:21 Uhr) mit wachen Augen und offener Nase durch die Natur gehst. Deine Beschreibung ist wieder vorzüglich. Man kann es sich so richtig vorstellen.

LG Bärbel

Dank Dir, Bärbel

LG Jürgen
Vor langer Zeit - Antworten
Boris Re: -
Zitat: (Original von Lemontree am 13.09.2012 - 11:20 Uhr) Musste gerade lachen über Gundas Kommentar, da mischt sich der Schweißgeruch mit. Das könnte sein ;) Aber wie wahr, man kann einen Weg 100 mal gehen und es duftet immer anders. Sehr schön beschrieben. Nett, etwas mit Weichspülerduft zu beschreiben ;) Welchen nimmst du denn?


Ich hab das Gefühl, ich bin ein Stück mit dir gegangen..

ich nehme KEINEN Weichspüler
ich war schon immer weich :-)

LG und Danke

Jürgen
Vor langer Zeit - Antworten
Boris Re: Bei deinem ... -
Zitat: (Original von Gunda am 13.09.2012 - 11:14 Uhr) ... letzten Satz musste ich lächeln ... Klar riecht es auf dem Rückweg anders, da mischt sich dann der leichte Schweißgeruch der Mitlaufenden in den Duft des Rundherums ... :o)

Aber du hast Recht, Jürgen. Alle paar Meter ändern sich die GEruchseindrücke, das geht mir manchmal schon im Garten so, dass z.B. nur an einer ganz bestimmten Stelle im Frühjahr der Duft der Hyazinthen aus dem nachbarlichen Garten zu erschnuppern ist ...

Lieben Gruß
Gunda

ich hab ja keine Mitläufer
ich bin ein Solist

LG und Dank

Jürgen
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baesta Man sieht, dass Du - mit wachen Augen und offener Nase durch die Natur gehst. Deine Beschreibung ist wieder vorzüglich. Man kann es sich so richtig vorstellen.

LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Bei deinem ... - ... letzten Satz musste ich lächeln ... Klar riecht es auf dem Rückweg anders, da mischt sich dann der leichte Schweißgeruch der Mitlaufenden in den Duft des Rundherums ... :o)

Aber du hast Recht, Jürgen. Alle paar Meter ändern sich die GEruchseindrücke, das geht mir manchmal schon im Garten so, dass z.B. nur an einer ganz bestimmten Stelle im Frühjahr der Duft der Hyazinthen aus dem nachbarlichen Garten zu erschnuppern ist ...

Lieben Gruß
Gunda
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