Romane & Erzählungen
Travel Bug

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"Travel Bug"
Veröffentlicht am 28. August 2012, 8 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Travel Bug

Travel Bug

Rendez-vous mit Haien (Ko Tao)

 

Papa Shark Man, ein kauziger alter Franzose mit Bierbauch und grauem Vollbart, erfüllte jedes Vorurteil eines französischen Aussteigers, dass man sich nur vorstellen konnte.

Kleines Bungalow, Einsiedlerleben mit Zigaretten, Bier, Dope, Gitarre und Boules. Ach ja, und seinem Kajak, dass er gegen Bier verleihte. In diesem Fall an uns. Mein Kumpel, Fotograf aus Amsterdam, begleitete mich, kennengelernt haben wir uns in einer zwielichtigen Absteige an der Hauptbucht Ko Taos, der „Yellow Brick Road“, da war es auch wo wir von der Existenz Papa Shark Mans erfuhren.

Ein ganz heißer Tipp irgend eines Briten, dessen Namen der Alkohol sofort aus meinem Gedächtnis löschte, der Alkohol und eine abgefahrene Feuershow mit meterhohen Flammen, doch das Wichtigste blieb hängen. Haie. Haie und Schnorcheln. In dieser Reihenfolge, in dieser Kombination.

Am nächsten Morgen drängelten wir uns durch die Hauptgasse Ko Taos, dieser Perle im Golf von Thailand und kleinste der drei Inseln in dieser Ecke vor Thailands Westküste, vorbei an Backpackern, Freaks, Dropouts, Lachgasverkäufern, Scooterverleihern, Alkoholleichen, den obligatorischen Banana Pancakes, dem Geruch der Green Curries.

Der Tourismus boomt, brummt und nagt sich immer weiter in die Insel. Das heißt Fressbuden, Supermärkte, Tauchschulen, Reggae Bars und Internet Cafes für alle, das Werben der Ladyboys in den Ohren und den Geschmack eines kühlen Chang Biers auf der Zunge.

Angekommen an der Haupstraße in der Mitte der Insel, hielt nach einigen Minuten des Wartens in der gleißenden Sonne eine ältere Frau mit ihrem kleinen Sohn in einem Tuk-Tuk, die kleinen süßen untermotorisierten Taxis Asiens.

Sie brachte uns vor den Rand besagter Shark Bay, wo wir uns gleich auf die Suche nach dem mystischen Franzosen begaben. Noch einen Hügel überquert, und dort unter einer krummen Palme war ein schäbiger kleiner Posten am Straßenrand, wo ein Pakistani vor sich hin döste. Im Hintergrund saß König Bhumibol auf einem golden Thron und blickte auf uns herab. Der Wächter verriet uns grinsend: „ Yes. I know this shark man. Go there, rooms are cheap, but shit.“

Geil, genau danach suchten wir!

Versteckt in einer runtergekommen Bungalowanlage, die ihre besten Jahr hinter sich hatte, vor sehr vielen Jahren, fanden wir ihn, natürlich Boules spielend und paffend, wie ein alter Seemann, der nur mal eben einen Auszeit in einem der Häfen dieser Welt nimmt.

Voller Stolz zeigte er uns sein knallrotes Kajak, drückte uns beschwipst die Schnorchelausrüstung in die Hand und gab uns schließlich die Instruktionen in gebrochenem Englisch: „You see the red ballon? Go there and you see a lot of sharks. But they are nice, my friends.“

Ich glaube damit meinte er die Haie. Von Angst oder Gefahr wollte er nichts wissen, immerhin können diese Black Tip Reef Sharks größer werden als er selbst, aber das beunruhigte den Franzosen nicht mal ansatzweise.

Raus ging es, das Meer war so früh am Morgen noch angenehm kühl und schnürrte sich um meinen Körper, seltsames Gefühl freiwillig zu den Haien zu gehen, diesem Urbild der Gefahr, des Jägers und der Angst.

Leicht nervös banden wir unsere knallrotes Kajak an die algenbewachsene Boje, mit diesem komischen Gefühl beobachtet zu werden. Jetzt ging es los.

Kopf unter Wasser, ein schönes Riff. Ein Kaleidoskop der Farben und Formen. Eine traumhafte Unterwasserwelt, die wunderbare Exotik in diesem Teil der Welt. Blaues Wasser, abgefahrene Fische mit 70er Jahre Streifen zogen in großen Schwärmen umher, Korallen, die wie Pfeifenrohre im Wasser wippten, während die kunterbunten Papageinfische mit ihren Minischnäbeln mit einem deutlich zu vernehmenden Knacken an ihnen nagten. Aber keine Haie. Noch nicht. War das ganze nur Geschwätz?

In diesem Moment glitt links von mir etwas durch's Wasser. Periphäres Sehen nennt man das. In diesen Momenten setzt dein Puls kurz aus, Gänsehaut am ganzen Körper durchzuckend, Adrenalinausschüttung, Schockstarre.

Da war er nun, ein grauer Rumpf mit den namensgebenden schwarzen Enden an der Rücken und Schwanzflossen, majestätisch vorbeigleitend, einfach so.

Er interessierte sich nicht im Geringsten für uns. Was für ein schönes Tier. Seine bizarren Augen reflektierten das Licht wie Perlen, den Kiefer leicht offen, die messerscharfen Zahnreihen aufblitzend.

Es ist morgen, Frühstückszeit, aber er schien interessierter an anderen Dingen. Alleine war er natürlich nicht, nach und nach kamen mehr hinzu, sehr arttypisch, sodass wir schließlich von fünf Urzeitjägern umgeben waren, die immer wieder ihre Kreise durch das türkisblaue Wasser zogen, so wie sie es schon seit Millionen von Jahren machen. Hier und dort waren bunte Riesenfische gezwungen zu verschwinden, da sie sonst in ihren Kiefer zappeln würden. Das alles in Schlagdistanz,mittendrin, fantastisch.

Nach einigen Minuten, die wie eine halbe Ewigkeit wirkten und ohne Aggressivität, zogen sie schließlich nicht mal einen Meter an uns vorbei, wie ein letzter Abschied bevor sie in der endlosen Tiefe des Ozeans für immer verschwanden. Eine majestätische Erfahrung, die einem die Natur uns bot, der helle Wahnsinn. Das Glück des Reisenden besteht darin genau diese einzigartigen Erfahrungen zu machen, zufällig aber doch gewollt. Nicht das Abklappern der Trails, der Sights und der Werbung der Tourismusindustrie.

Das versprochene Bier und ein Masaman Curry, eines der leckersten Gerichte des Planeten, da es auf spielerische Art und Weise verschiedene asiatische Küchen im Schmelztiegel Thailand mit einander verbindet, mit der Kokosmilchbasis der Thais und der kräftigen Würze der Muslime im Norden Malaysias, zauberte dann mit seinem abgefahrenen Geschmack schließlich auch Papa Shark Man ein Lächeln auf die Lippen, was mir sowieso den ganzen Tag nicht vom Gesicht zu wischen war.

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