Humor & Satire
Wenn die Gondel kielwärts dreht

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"Wenn die Gondel kielwärts dreht"
Veröffentlicht am 07. August 2012, 6 Seiten
Kategorie Humor & Satire
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Über den Autor:

Als erfahrener Illustrator und Kommunikationsdesigner gehört nicht zuletzt auch Buchdesign zu meinen Aufgaben. Das brachte mich zum Schreiben. Auf meinem Blog www.fakebuch.ateliertoepfer.de kann man zwischen fingierten Büchern die Anfänge begutachten.
Wenn die Gondel kielwärts dreht

Wenn die Gondel kielwärts dreht

Beschreibung

Leseprobe zu einem fiktiven Buch.

Leseprobe

Stacy hatte es geschafft. Nach langem Hin und Her hatte er ihr – wenn auch widerwillig – das Jawort gegeben. Überglücklich saß sie nun mit Fred, ihrem frisch angetrauten Mann, in einer dieser wunderschönen Gondeln. Venedig war immer ihr heimlicher Traum gewesen. Und nun erfüllte er sich. Sie schwebte im siebenten Himmel. Vorbei an den historischen Palästen der Stadt, unter ihren zierlich verträumten Brücken hindurch, begleitet von den ewig hungrigen Möwen und stets auf der Hut vor den kleinen Geschenken, mit denen manche der hunderttausend Tauben der Stadt speziell die Touristen zu bedenken versuchten.

Es wurde Mittag, als sich die Fahrt ihrem Ende neigte. Der Gondoliere war völlig erschöpft. Das Gewicht seiner Passagiere verlangte ihm heute Ungewöhnliches ab. Doch war er zu stolz, sich das anmerken zu lassen. Er lächelte dankbar, obwohl ihm seine Hoffnung auf ein – den besonderen Umständen nach – angemessenes Trinkgeld verwehrt blieb. Selbstverständlich war er deswegen nicht enttäuscht. Enttäuschung war nicht das Gefühl, das jetzt in ihm vorherrschte. Dass er innerlich vor Wut kochte, beschrieb die Situation schon genauer. Aber er biss die Zähne zusammen und machte weiter gute Miene zu diesem empörenden Spiel.

Den Sicherheitsanforderungen und den üblichen Gepflogenheiten nach, aber auch seiner anerzogenen Höflichkeit folgend, wollte er zunächst Anstalten machen, seinen Fahrgästen beim Verlassen seiner Gondel behilflich zu sein. Aber für einen kleinen – und wie sich schon bald herausstellen sollte – zu ausgedehnten Moment, schaffte er es, diesem Impuls erfolgreich zu widerstehen.

Und dann geschah alles, wie es kommen musste. Stacys enormes Körpergewicht überforderte die Gleichgewichtsverhältnisse auf der Gondel in dem Moment, als sie versuchte, einen Schritt über die Bordwand zu setzen. Ausgelöst von der bedrohlich wirkenden Kippbewegung des Wasserfahrzeugs, erhob der Gondoliere reflexartig und in eindringlich warnender Lautstärke die Stimme: “Attentione!”, rief er. “Attentione!”

Stacy erschrak. Doch nicht nur angesichts dieses panisch wirkenden Ausrufes, sondern auch wegen der unerwarteten Bewegung, die das Boot so tief, hin zum Wasserspiegel pendeln ließ. Um das drohende Unglück zu vermeiden, ließ sie sich selbstlos und mutig, mit so viel Sprungkraft, wie es ihre physischen Möglichkeiten zuließen, rückwärts zurück in die Gondel plumpsen. Das hatte einen gewissen Effekt. Wenn auch nicht den erhofften. Denn augenblicklich pendelte die Gondel, unerwartet heftig, auf die entgegengesetzte Seite und drohte nun erst recht zu kentern.

Der Gondoliere glaubte zwar nicht wirklich, dass dies passieren könnte, denn venezianische Gondeln sind schließlich so konstruiert, dass sie gar nicht kentern können. Aber der Mensch folgt nun mal seinen Reflexen. Und so zerrte er Stacy mit aller Kraft, die ein Mann im Angesicht drohender Gefahr aufzubringen im Stande ist, mit Schwung und kompromissloser Entschiedenheit zurück auf die Seite des Ausstiegs. Fred, der selbst auch nicht gerade ein Leichtgewicht war, wollte nicht tatenlos zusehen und beschloss spontan mitzuhelfen. Er warf sich ebenfalls mit Schwung und Engagement auf die Seite der beiden anderen.

Was soll man sagen? Tatsächlich ist es nur eine Legende, dass Gondeln nicht kentern können.

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Hörbuch

Über den Autor

mToepfer
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rumpi hätte - ich gern sehen wollen:-))

g,karsten
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