Romane & Erzählungen
Sengende Sonne

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"Sengende Sonne"
Veröffentlicht am 05. Mai 2008, 14 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Sengende Sonne

Sengende Sonne

Brennende Hände? Brennende Hände! Er war mit einem Schlag hellwach. Jemand rüttelte ihn und er spürte den unangenehmen Gestank von verbranntem Stoff und Fleisch aufkommen, der ihm den Atem nahm und ihn fast dazu Zwang sich zu übergeben. Wie ihm Traum wandelte er durch sein Zimmer zur Treppe und danach ins Freie, vorbei am Kreischen der Dienerschaft und den allgemeinen Tumulten die alle vom Feuer verschlungen und erstickt wurden. Er nahm kaum war, dass die ganze Stadt zu brennen schien und der Rauch sie unter einer Decke von dicken Rauchschwaden begrub. Er rannte und rannte planlos, ohne eigentliches Ziel durch die Gegend. Er hatte keine Ahnung wohin, nur weg von hier wollte er und das sofort. Der Nebel wurde immer dichter, er nahm kaum noch die Leute wahr, die brennend aus ihren Häusern stürzten um sich dann in dem sandigen Boden, mit vor Schmerz verzerten Fratzen, zu wälzen. Es stank fürchterlich. Erst Stunden später, war es vorbei. Er hatte sich auf eine, von der Stadt meilenweit entfernte Düne, abgesetzt und ausgeharrt, bis die Dämmerung hereinbrach und der Nebel sich etwas zu lichten schien, den man selbst über diese Distanz ausmachen konnte. Bald würden die Tiere der Dunkelheit kommen, er musste zurück, hier draussen war er nicht sicher.
Er stieg über verkohlte Leichen und durchgebranntes Holz, immer noch in einem tiefen Schockzustand. Er verstand nichts, auch als er zwischen den Trümmern seines Hauses stand, in dem die Flammen immer noch züngelten und es knackste, wenn ein Holzstück wieder entzwei brach. Fassunglos starrte er auf den zerschändeten Leichnahm seines Vaters, er erkannte ihn, da in dem verdorrten Fleisch immer noch der Stern des Sherrifs klebte, es war eine seltsame Symbiose zwischen Fleisch und Metal. Jetzt erst kapierte er, dass es keine Hoffnung mehr gab, dass die Prophezeiungen doch wahr geworden waren und man auf die Alten hätte hören sollen, statt sie zu verbannen. Er suchte noch die ganze Stadt ab, aber alles was er fand waren abgebrannte Leichen, er schien der einzige zu sein der überlebt hatte. Er konnte hier nicht bleiben, er rannte in die Wüste hinaus, die nun unter dem aufgegangen Mond einen seltsam friedlichen Eindruck machte.

Kein Tier hatte ihn in der Wüste angegriffen, aber der Duft von verbranntem Fleisch der sich durch die Luft zog, hatte über die Nacht Dutzende von Koyoten angelockt die nun in der niedergebrannten Stadt nach dem essbaren Aas suchten. Er konnte sie mit Leichtigkeit verscheuchen, da der Koyote ein feiges Tier war, selbst im Rudel. Er suchte nach der Waffe seines Vaters, die er dann auch bei der Leiche fand, allerdings war der Revolve durch die Flammen unbrauchbar geworden. Er suchte überall nach seiner Mutter, stieg über die heissen Trümmer und seine Füsse schmerzten schon nach kurzer Zeit, aber er fand sie nicht. Dann gegen Mittag kehrte er der Stadt den Rücken zu und blickte nicht mehr zurück. Irgendwo in der Ferne vernahm er den traurigen einsamen Ruf der Koyoten und er wusste, dass sie wieder zurückkehren würden um ihr blutiges Mahl zu vollenden, bei dem er sie gestört hatte.

*

Jack schlug die Augen auf, er spürte wie ihm die Haare feucht an der Stirn klebten sein nackter Körper völlig verschwitzt war. Er war es sich gewöhnt, er träumte seit zwei Monaten beinahe jede Nacht von den Ereignissen die sich in Valley, so hiess das Kaff aus dem er stammte und in dem er sein ganzes bisheriges Leben verbracht hatte, zugetragen hatten. Er hatte Glück gehabt, kurz nachdem er die Stadt verlassen hatte, war er in Richtung des grossen Meeres gelaufen, wo er wusste dass es auch eine Stadt geben sollte. Er war Tagelang gelaufen hatte jedes Zeitgefühl verloren und wäre vor Durst fast umgekommen, doch er fand das kleine Städchen und mühsam hatte er sich zum Ziehbrunnen schleppen können, aus dem er gierig das dreckige Grundwasser schöpfte das ihn wieder stärkte. Mit diesem Ort war das gleiche geschehen wie mit seinem Heimatort, auch hier war alles zu Schutt und Asche zerfallen. Die Prophezeiung musste wahr geworden sein. Er konnte kein Geräusch wahrnemen, nicht einmal der Wind schien etwas zu sagen, so still war es, dass es ihm unheimlich wurde. Es war eine Geisterstadt. Dennoch beschloss er hier zu rasten und die Nacht zu verbringen und nach einem Behälter für das Wasser zu suchen und nach Essen, sein Bauch meldete sich in diesem Moment mit einem lauten Knurren, wie er protestieren wollte, dass er in Jacks Gedanken einfach so ach und klaglos übergangen wurde. Ein neues und etwas besseres Schuwerk wäre auch nicht schlecht. Er hatte nur die Hausschuhe an, in die er geistesgegenwärtig reingeschlüpft war, bevor er vor den Flammen ins rettende Freihe gelaufen war. Und dieser Geistesblitz hatte ihm die Reise um einiges leichter gemacht, der Sand der knirschend unter seinen Füssen dahinrieselte, wäre Barfuss unerträglich heiss gewesen. Ziellos stocherte er in dem überresten der Häuser rum, immer noch zogen leichte Rauchschwaden ins Land und die Glut war noch nicht vollständig erloschen. Plötzlich, er sah es nur aus den Augenwinkeln und meinte zuerst die Hitze hätte ihm einen Streich gespielt, sah er einen schnellen Schatten vorbeihuschen. Blitzschnell drehte er sich um, wie es ihm sein Vater beigebracht hatte, er hatte ihm auch das Ziehen mit dem Revolver beigebracht, aber seine Hände zogen in der blitzschnellen Bewegung nur nach Luft und als aussenstehnder Beobachter hätte er die Szene bestimmt als lustig empfunden. Er konnte niemanden sehen, aber er hörte das knirschen von Sand und wusste, dass da jemand sein musste.
"Hallo? Ist da jemand?" Nichtmal ein Echo antwortete ihm, seine Stimme klang etwas brüchig und er hustete bevor er es noch einmal versuchte. "ist hier jemand?". Blitzschnell hechtete er nach vorne und umrundete die linke Aussenseite des halbzerfallene Haus, hinter dem er den fremden Menschen vermutete und seine, in endlosen Lektionen mit seinem Vater geschulten Sinne hatten ihn nicht getäuscht. Ein überraschtes Mädchen, das etwa in seinem Alter zu sein schien, sah ihm mit einem angstvollen Gesichtsausdruck an. Gleichzeitig durchströmte in das Gefühl von Erleichterung, dass er nicht der letzte Mensch auf Erden sein sollte, aber auch das Gefühl der Vorsicht und der normalen Paranoia. Lieber ein bisschen zu vorsichtig, als zu Nachlässig, sowas konnte hier über Leben und Tod entscheiden, sie konnte schliesslich auch ein böser Geist sein. Einen Augenblick starrten sie sich beide, er überrascht und sie ängstlich, in die Augen. Sie hatte verweinte Augen. Jack vermutete, dass sie tagein, tagaus um ihre verstorbene Eltern trauerte. Obwohl die Strapazen der letzten Tage an ihr und ihren Kleidern nicht spurlos vorübergezogen war, war sie doch ein schönes Mädchen wie Jack fand, eine mit der Mann in der Nacht die Sterne zählen wollte. Aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für derlei Gedanken.
"Hallo", er versuchte so freundlich und sanft zu klingen wie möglich, da er es der Situation am angemesendsten empfand. Sie erwiederte nichts, starrte ihn nur weiter aus ihren nussbraunen weit geöffneten Augen ungläubig an.
"Ich will dir nichts böses tun", den er wusste nun, dass sie ihn für einen der bösen Geister hielt, von denen man den Kindern erzählte wenn sie nicht brav waren, die aber auch in der unheilverkündenden Prophezeiung der Alten vorkamen. Sie gab ein langsames Nicken von sich, anscheinend war sein Erscheinungsbild doch nicht ganz so schlimm.
"Ich bin Jack, Jack Morton", stellte er sich ihr vor und streckte ihr die Hand zum Grusse hin. "Dagma Patterson", erwiederte sie in einer angenehmen Stimme. Sie machte einen kurzen Knicks, wie man es ihr als Kind eingetrichtert haben musste und schütelte dann seine Hand. Als sich schon wieder ein Moment des Schweigens einschleichen wollte, bedeutete sie ihm mit einem Kopfnicken ihr zu folgen und führte ihn zu einer Art Lager, der am Tag Schutz vor der glühendheissen Sonne bot. Sie hatte aus einem Bleck das grösstenteils vom Feuer verschont geblieben schien eine Art Dach über ein paar verkohlten Holzstücken gebaut. Man musste sich hinlegen, so tief war es, aber es war besser als in der glühend heissen Sonne zu stehen und der Sand war dank dem Schatten angenehm kühl. Wortlos stand sie auf und bedeutete ihm mit einem Lächeln liegen zu bleiben. Kurz darauf kam sie mit einem Kessel voller Wasser zurück und einem Leib Brot, der schon hart geworden war, und etwas Dörrfleisch zurück.
"Es ist nicht viel, aber es ist das einzige, das ich retten konnte." Im Stillen lobte sie Jack über ihre Geistesgegenwart, die sie gehabt haben musste, er war ziellos durch die Wüste gewandert und dank seinem Unvermögen an irgendeine nahrhafte Vorsorge zu denken fast gestorben. Er musste das Brot im Wasser auflösen, so hart war es geworden und so trochen war sein Hals schon wieder.
"Was nun?", wandte er sich schmatzend an seine ominöse Retterin. Doch sie zuckte nur die Schultern und starrte Gedankenverloren in die Wüste.
"Wie ist es bei dir passiert? Ich meine, das", und als die Erinnerungen hochschossen brach sie wieder in Trännen aus, die sie zu unterdrücken versuchte. Er nahm sie in die Arme, klopfte ihr auf die Schultern.Von seinem Vater hatte er auch gelernt die Frauen etwas besser zu verstehen, soweit man das überhaupt als anderes Geschlecht konnte. Sie weinte sich zuerst Still, als wollte sie es unterdrücken, dann laut und hemmunglos aus. Danach fühlte sie sich besser und setzte zu einer neuen Erklärung an. Nach und Nach vernahm Jack, er warf immer wieder ein paar Worte des Trostes ein, dass es ihr ähnlich ergangen war wie ihr, auch er erzählte ihr nach dem sie abrupt geendet hatte seine Erlebnisse der letzten Tage bis zu ihrem Zusammentreffen. Es hatte sie allerdings ungemein hart getroffen, sie hatte hilflos zusehen müssen wie ihre Eltern vor ihren Augen verbrannten. Die Dämmerung war mittlerweile eingebrochen und beide lagen nun in dem angenehm warmen Sand ausgesteckt vor dem von Dagma notdürftig zusammengestellten Lager.
"Warum denkst du leben wir noch und alle anderen sind Tod?"
"Hmm, keine Ahnung. Was im Moment viel elementarer ist, was wollen wir jetzt machen?"
"Keine Ahnung."
"Hier können wir jedenfalls nicht länger bleiben, der von dir angelegte Essensvorrat geht auch stetig zur Neige."
"Vielleicht könnten wir in die Berge gehen?"
"Berge?"
"Kennst du sie nicht?"
"Nein, ich sehe hier weit und breit nichts, als die leichten Erhebungen der Dünen."
"Es gibt sie aber, ich war einmal dort mit meiner Familie. Dort gibt es genug sauberes Wasser und es ist nicht so trocken wie hier. Ausserdem gibt es sicherlich auch was zu essen."
"Und du weisst wo es liegt?"
"Es ist lange her, aber wir müssen zuerst zum Meer gehen und dann immer dem Strand in nordöstlicher Richtung folgen."
"Dann lass uns morgen aufbrechen!"
"Ja"
Jack schlief fast auf der Stelle ein, schon seit drei Tagen hatte er seinem Körper fast keinen Schlaf mehr gegönnt. Er schlief tief und fest, während Dagma noch lange in den sternenübersähten Himmel blickte und schweigend Abschied nahm von ihrer Heimat.
Kaum war die Sonne hinter den ewig gleichen Dünen am nächsten Morgen aufgegangen liefen sie los. Sie nahmen soviel Wasser mit wie sie konnten. Leider hatten sie keinen Wasserschlauch aber der Kessel vom Brunnen fasste etwa fünf Liter und das musste reichen. Sie hatten auch in den Trümmern gesucht, aber das Feuer war so verherrend wie es kein natürliches Feuer sein konnte, selbst Sachen die von den Flammen nur sehr schwer gefressen werden konnten, waren nicht mehr vorhanden oder vollständig niedergebrannt worden. Sie merkten nicht, wie sich kurz nach ihrem Weggang eine Gestalt aus dem Schatten einer, zur Ruine verfallenen Hütte, loslöste und ihren Spuren im Sand folgte.
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