Romane & Erzählungen
Schluss damit!

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"Schluss damit!"
Veröffentlicht am 27. April 2008, 10 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Gibt nix zu Berichten...
Schluss damit!

Schluss damit!

-Nun  ist es endlich so weit, diese ewigen Qualen haben gleich ein Ende. Nie wieder dieses scheiß Leben leben, sondern da hingehen, wo ich hin gehöre. Geradewegs in die Hölle.-

Als Lena den steilen Waldweg entlang ging schossen ihr immer wieder die gleichen Gedanken durch den Kopf. -Beenden!- Sie wollte einfach nur alles beenden. Und nun war es soweit. Sie hatte sich die Berreta von ihrem Stiefvater geklaut und einen genauen Plan gefasst, wie sie es anstellen wollte. Sie hatte sich alles ganz genau überlegt und aufgeschrieben damit auch gar nichts schief gehen konnte. Nicht einen Zweifel hatte sie an ihrem Vorhaben, niemand konnte sie jetzt noch aufhalten.

Es war ein schöner ruhiger Frühlingsmorgen, genauer gesagt war es der 17. Mai 1998 um 09:15 Uhr als die junge Frau aus dem Haus ging. Es sah aus, als würde die Sonne  an diesem Tag besonders schön scheinen wollen, als wollte sie Lena von ihrem Vorhaben abhalten. Kein Wölkchen war am Himmel zu sehen und die Vögel sangen ihre schönsten Lieder. Es schien, als würde die ganze Welt still stehen und horchen, ob sie es wirklich wagen würde. Lena bemerkte von dem nichts. Zu sehr war sie konzentriert und ging ihren Plan immer und immer wieder durch.

Am Tag zuvor hatte sie einen Brief geschrieben. Einen Brief  der nicht adressiert war, der niemandem gewidmet war. Wem sollte sie auch ihre ganzen Sorgen und Gefühle beichten, niemand hatte sich je dafür interessiert. Sie wusste, dass ihre Umwelt von den Dämonen in ihrem Kopf nichts ahnte. Nein! Nichts ahnen wollte. Immer schön die äußere Form wahren war die Devise, bloß keine Gefühle zeigen. Gefühle waren in der heutigen Gesellschaft fehl am Platz. Das hatte sie schon früh lernen müssen. Und falls es doch mal zu einem Gefühlsausbruch kam, wurde man gleich als labil und schwach abgestempelt und ermahnt, dass es anderen viel schlechter ginge.  Trotzdem hatte sie ihre Gefühle und Gedanken zusammengefasst und aufgeschrieben.

Lena war schon immer anders, um nicht zu sagen „komisch“. Die Leute in der Nachbarschaft haben oft heimlich über sie getuschelt, zum Leid ihrer Mutter. Vor Lenas Geburt, war sie eine sehr beliebte Frau in der kleinen Stadt. Doch mit der Geburt von Lena wurde alles anders. Obwohl Lena nicht in den Karriereplan ihrer Eltern passte, hatten sie sich doch auf irgendeine Art und Weise mit dem Gedanken noch ein Kind zu bekommen arrangiert. Eigentlich wollten sie nicht noch ein Kind, aber nun war es halt passiert. Man musste sich damit abfinden. Abtreibung kam nicht in Frage. Was sollten den die Nachbarn denken? Also Augen zu und durch.

Die Luft roch nach frischem Moos und Fichten. Der Boden war mit frischem Tau bedeckt und der Wald machte solch einen friedlichen Eindruck, dass man nicht ahnen wollte, welche Wendung der Tag noch mit sich bringen sollte. In dem kleinen Fichtenwald herrschte die Ruhe, die Lena schon immer genossen hatte und die sie brauchte, um dem Alltag zu entkommen. Hier kam sie immer her, wenn zu Hause mal wieder die Luft brannte, hier konnte sie durchatmen und frei sein. Wenn ihr Vater mal wieder die Kontrolle verlor und sie und ihre Schwester verprügelte. Ein Grund hatte sich dafür immer gefunden, da brauchte man nicht lange suchen. Und wenn er gesoffen hatte, war ein Grund gar nicht nötig, dann hatte er es einfach so gemacht. Entschuldigt hatte er sich nie dafür.

Ihr ganzes Leben musste sie diese Hölle durchleben, niemand hatte etwas gegen dies Qualen getan. Alle haben weg gesehen. Ihre Mutter konnte sich nicht dagegen wehren, sie war zu schwach. Und wenn sie doch einmal den Mut gefunden hatte, ihre Töchter zu beschützen, bekam sie ihre „gerechte Strafe“.

„So ist das Leben. Man muss es nehmen, wie es kommt.“ Sagte Lenas Mutter, als das damals 5jährige Mädchen sie im Krankenhaus besuchte, weil ihr Vater sie die Kellertreppe herunter gestoßen hatte. Sie wäre an den Verletzungen fast gestorben, hatte aber trotzdem noch ein aufmunterndes Lächeln für Lena übrig. Die ganze Familie hatte weg gesehen, keiner hatte etwas unternommen wenn Lenas Mutter mal wieder mit blauen Flecken und Platzwunden aus dem Krankenhaus kam. Niemand hatte sie besucht, als sie halb tot geschlagen auf der Intensivstation lag. Alle haben dieses grausame Spiel mitgespielt. Alle!!! Keine Hilfe, keine Unterstützung, keine Liebe.

„Liebe, mein Schatz, ist eine Illusion. Von Liebe kann man sich nichts kaufen. Von Liebe wird man nicht satt. Wir können so leben wie jetzt. In unserem Haus mit Garten, jeder hat sein Zimmer und wir müssen uns keine Sorgen machen, wie wir morgen über die Runden kommen. Oder wir essen jeden Tag Schmalzbrot und leben in einer Ein-Zimmer-Wohnung im Kiez. Anderen geht es viel schlechter. Sei froh, dass du deine Kleider nicht bei der Heilsarmee kaufen musst.“ Immer wenn Lena das Thema Liebe ansprach kam diese oder eine ähnliche Antwort. Liebe sah in ihrer Familie anders aus. Liebe bedeutete, schwach sein. Nachdem Lenas Vater sie, ihre Schwester oder ihre Mutter verprügelt hatte, gab es Geschenke, materielle Dinge als Entschädigung und zum ruhig stellen. Zuckerbrot und Peitsche war das Motto. Das waren die einzigen Anzeichen von Liebe, die sie kennen lernen durfte.

Als Lenas Schwester 16 Jahre alt war, riss sie in einer "Nacht und Nebel"-Aktion von zu Hause aus. Sie war einfach weg, spurlos verschwunden. Sie hinterließ keine Nachricht, keinen Abschiedsbrief, nichts. Anfänglich versuchten ihre Eltern sie zu finden, aber nach einigen Wochen gaben sie die Suche auf. „Das Leben muss weiter gehen.“ Sagte Lenas Mutter mit einem traurigen Lächeln. Der Nachbarschaft wurde erzählt, sie sei zu einem Austauschjahr nach Amerika gegangen und alle fanden sich damit ab, keiner fragte nach einem Jahr, wann sie denn wieder kommen würde. Das Leben ging weiter, ohne ihre Schwester, ohne ihre einzige Bezugsperson. Ihre Gleichgesinnte, die Person, die sie verstand. 

 

An einer alten Eiche, die mitten in dem kleinen Fichtenwäldchen stand machte Lena halt. Hier war ihr Lieblingsplatz. Es schien so, als hätte sich der Wald schützend um den Anger auf dem der alte Baum stand, erbaut. Nur aus einem Grund, um Lena ein Stückchen Freiheit und Ruhe zu gönnen. Als sie ein kleines Mädchen war, kam sie sehr oft zu ihrem geheimen Platz. Hier konnte sie abschalten, sich in ihre eigene Welt träumen und einfach nur Kind sein. In ihrer Traumwelt gab es keine Schläge und Demütigungen, hier gab es Liebe und Verständnis. Mit den Jahren wurden die Besuche bei ihrer alten Freundin weniger und sie musste sich immer mehr den Tatsachen stellen, dass ihre Traumwelt nur ein Traum bleiben würde.
Sie setzte sich an den alten Baum und Schloss die Augen. Noch ein letztes Mal wollte sie den Traum von einer liebevollen Familie und einem glücklichen Leben träumen. Sie stellte sich vor, wie sie als kleines Kind mit ihrer Schwester und ihren Eltern in den Zoo gehen würde. Wie sie alle zusammen ans Meer fahren würden. Wie sie an einem mit Geschenke übersäten Geburtstagstisch die Kerzen ihrer Torte ausblasen würde. Alles alte Geschichten, die sie sich in ihrer Traumwelt erzählt hatte. So saß sie da. Zeit spielte jetzt keine Rolle mehr, es gab kein Tag und keine Nacht, keine morgens, mittags  oder abends. Sie hatte sich die Freiheit genommen, sich der Zeit zu entziehen und sich für das Ende dieser grausamen Geschichte die ihr Leben bestimmte,  die nötige Zeit zu nehmen, die sie brauchte um es so zu gestallten wie es ihr beliebte. Einmal in ihrem erbärmlichen Leben wollte sie ihren eigenen Weg gehen und eine freie Wahl haben. Ja, die Freiheit nahm sie sich! Nur ein einziges Mal, das erste und letzte Mal. Zu oft wurden ihr die Weichen gelegt, in eine Richtung in die sie nicht gehen wollte. Zu oft musste sie den Wünschen und Ansprüchen ihrer Familie nachgeben. Und wenn sie versuchte, sich dagegen zu wehren gab es „etwas auf die Fresse“.  Nie wieder wollte sie zurückkehren, nie wieder dieses Leben voller Hass und Enttäuschungen leben. Nie wieder!!!


... Fortsetzung folgt!

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Trollbaer Schluss - Es steht viel mehr zwischen Deinen Zeilen, als Du selber geschrieben hast. Gut gemacht.
Gruß Detlev
Vor langer Zeit - Antworten
franziw2000 Re: Hmm... -
Zitat: (Original von ParadiseKiss am 05.05.2008 - 14:08 Uhr) Bin schon sehr gespannt wie es weitergeht mit Lena... Schöner Anfang, sehr interessant geschireben.

LG, Moi.


Dankeschön! Ich freu mich das du vorbei geschaut hast. LG Franzi
Vor langer Zeit - Antworten
franziw2000 Re: Begeistert! -
Zitat: (Original von Micha2071 am 05.05.2008 - 11:16 Uhr) Hat mir einen langweiligen Untericht versüßt! Danke dafür!
Schau mir den 2. auch gleich an.
Gruß Micha


Oh das freut mich! Danke für den Kommi und die Sternchen. LG Franzi
Vor langer Zeit - Antworten
Micha2071 Begeistert! - Hat mir einen langweiligen Untericht versüßt! Danke dafür!
Schau mir den 2. auch gleich an.
Gruß Micha
Vor langer Zeit - Antworten
franziw2000 Re: Schluss damit... -
Zitat: (Original von Rattenfaenger am 30.04.2008 - 11:25 Uhr) ...ein sehr heikles Thema in diesen Tagen...
Gut beschrieben, Franzi!
LG
Rattenfänger*****


Vielen Dank für Lob und Sternchen. LG Franzi
Vor langer Zeit - Antworten
franziw2000 Re: ich könnte -
Zitat: (Original von Coeur am 29.04.2008 - 13:21 Uhr) heulen....
dieser unglaubliche Fall Josef F. und jetzt wollte ich mich mit deiner Geschichte ablenken.....
bei "Als Lenas Schwester 16 Jahre alt war..." blieb mir fast das Herz stehen....

spannende und sehr traurige Geschichte, bin gespannt wie es weiter geht
*****
LG, Erna


danke dir Erna! Freut mich das dir die Geschichte gefallen hat.
Vor langer Zeit - Antworten
franziw2000 Re: Re: Re: Schluss ... -
Zitat: (Original von MarianneK am 27.04.2008 - 21:47 Uhr)
Zitat: (Original von franziw2000 am 27.04.2008 - 15:54 Uhr)
Zitat: (Original von MarianneK am 27.04.2008 - 15:37 Uhr) Mir geht es da wie Sabine. Immer diese Fortsetzungen, aber dennoch muss ich weiterlesen und bin gespannt.
Spannend geschrieben *****

Lieben Gruß Marianne


Danke Marianne! Nun geht es auf den Sommer zu und du bist bald in Berlin!!! Freu mich schon, weißt du schon ein genaues Datum??? LG Franzi

Genaues Datum noch nicht, wahrscheinlich Juli/August, bei mir ist dies meistens spotan. Plane nie im voraus, denn sonst geht es immer schief.
LG Marianne


Wenn du es weißt sag bitt unbedingt bescheid!!! Dann versuch ich mir ein wenig frei zu nehmen ;-)
Vor langer Zeit - Antworten
franziw2000 Re: ... Fortsetzung folgt...! -
Zitat: (Original von Dany am 27.04.2008 - 17:46 Uhr) ... ui- ziemlich guter Anfang- vor allen Dingen sehr bildlich geschrieben, und die Gefühle des Mädchens hast du auch sehr gut beschrieben, wie ich finde- gespannt wie's weiter geht!

L.G.
Dany


Danke!
Vor langer Zeit - Antworten
Rattenfaenger Schluss damit... - ...ein sehr heikles Thema in diesen Tagen...
Gut beschrieben, Franzi!
LG
Rattenfänger*****
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