Leise hört er das Läuten der Kirchturmglocke, es ist dreizehn Uhr.
Sein Blick wandert über den See hin zum anderen Ufer.Auf dem Wasser bilden sich kleine Wellen auf denen die Enten und Schwäne zu schweben scheinen. Ihre Federn werden vom kalten Wind leicht hin und hergefegt. Neben den Vögeln kann man den durch die Wellen leicht unregelmäßig werdenden Schatten sehen. Jedoch ist es nicht möglich unter die Wasserobfläche zu blicken, da sich in ihr die einzelnen kleinen Wolken und die hoch am Himmel stehende Sonne spiegeln.
Am anderen Ufer stehen einige Bäume, auch sie werfen ihren Schatten auf die Wasseroberfläche.
Doch ein sich stetig bewegender Schatten erregt seine Aufmerksamkeit. Er blickt vom Wasser hin zum Ufer und entdeckt einen Jogger.
Dies alles nimmt er jedoch nur beiläufig wahr, da seine Gedanken ganz weit weg von dem Wasser und den Bäumen am anderen Ufer sind. Weit weg...oben bei den Wolken, bei einem Mädchen.
Und plötzlich ist er wieder am Flughafen, gate A 09, 10.21Uhr. Um ihn herum stehen ihre Eltern, ihre Schwester und zwei ihrer Freundinnen. Alle haben Tränen in den Augen, nur er nicht, er steht regungslos da. Er hat keine Gefühle mehr, weder Glück noch Trauer, einfach nichts. Er hat sich mit der Situation abgefunden, hat es akzeptiert.
Und dann ist sie wieder da, kommt zurück. Sie grinst von einem Ohr zum anderen und hält etwas stolz nach oben. Als er genauer hinschaut erkennt er es, eine Schere. Er muss leicht schmunzeln und mit einem mal wird ihm warm ums Herz. Er macht einen Schritt auf sie zu, doch ihre Eltern waren schneller. Still steht er hinter ihrer Schwester und beobachtet sie.
Dieses Lächeln...oh wie ich sie liebe!
Sie macht einen Schritt nach hinten, nimmt ihre Hand nach oben und winkt, Tränen laufen ihr übers Gesicht. Sie geht weiter nach hinten, weiter in Richtung Amerika...
Und ab hier hätte alles anders laufen sollen...er hätte sie nicht einfach gehen lassen sollen, hätte sich an ihrer Schwester und ihren Eltern vorbei drängen sollen, sie am Arm greifen und mit der anderen Hand ihr Gesicht vor seines ziehen sollen. Und dann hätten drei einfache Worte und eine Geste ausgereicht und er wäre den restlichen Tag sicher glücklicher gewesen. Er hätte ihr direkt in die Augen die drei Worte sagen sollen:"ICH LIEBE DICH", hätte dann seine Lippen auf die ihren legen und es einfach nur genießen sollen.
Doch so war es nicht.
Aus Routine beginnt er sich am Ufer des Sees eine Zigarette zu drehen, doch plötzlich fällt ein Tropfen auf das Paper. Er blickt nach oben und erwartet weitere Tropfen auf seinem Gesicht zu spüren, da er denkt es würde anfangen zu regnen, doch das einzige was er spürt, ist eine einzelne Träne, die sich aus seinen Augenhöhlen heraus über seine Wange den Weg zur Erde sucht.
Ich wollte nicht weinen, ich habe es ihr versprochen!
Er wischt die Träne mit seinem Handrücken weg und holt ein neues Paper heraus. Dieses Mal gelingt es ihm eine Zigarette zu drehen. Er nimmt ein Feuerzeug aus der Hosentasche und betrachtet es. Es ist das Feuerzeug, welches Sie ihm ein Tag zuvor gegeben hat, weil es jemand auf ihrer Abschiedsparty vergessen hat. Er beginnt sich an den Abend ihrer Feier zu erinnern.
Alle sind schon gegangen, nur er, Sie und eine Freundin sind noch da. Sie bereiten ihre "Betten" vor. Sie legen sich hin und albern noch ein bisschen, doch er und die Freundin sind müde und so spricht keiner mehr ein wort...und doch ist er in diesem Moment glücklicher als in so vielen Diskussionsrunden mit seinen Freunden, da Sie ihm direkt gegenüber liegt und beide sich in die Augen schauen.
Er entzündet das Feuerzeug und zündet seine Zigarette an. Der Rauch, den er auspustet, wird vom Wind hin und her getragen. Doch etwas ist anders, als sonst. Er schmeckt nichts, kein ekeligen Zigarettengeschmack aber auch keinen wohltuenden...er empfindet nichts mehr...in ihm ist eine Leere, die er sich nur durch eins erklären kann...SIE...Sie hat nicht nur sein Herz sondern auch all seine Gefühle und Empfindungen mitgenommen.
Doch er klagt Sie deshalb nicht an. Er liebt sie...das ist das einzige Gefühl bei dem er sich noch sicher ist, das einzige, das er noch empfindet!
