Biografien & Erinnerungen
Kiosk

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"Kiosk"
Veröffentlicht am 22. April 2008, 4 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

16. Oktober 1952 erblickte ich das Licht der Welt in sehr bescheidenen Verhältnissen. Als Nesthäkchen wurde ich von meinen zwei Schwestern, zwei Brüdern und meinen liebevollen Eltern umsorgt. In meinen Erinnerungen ist die alte Hütte noch sehr präsent. Um das elterliche Bett vor Regen und Schnee zu schützen spannte mein Vater eine Plane an die Decke. Meine Schulzeit war alles andere als glücklich. Ungerechtigkeiten konnte und kann ich nur ...
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Einleitung

Vor lauter Freundlichkeit die Zunge schwarz zu lecken, sich in Analysen von Menschen zu probieren, verschiedene Sozialschichten studieren, die Kompliziertheit und Unbeholfenheit von Mitmenschen zu tolerieren...


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„Guten Morgen,“ grüsst die unscheinbar aber stets freundliche Frau und fächelt mit ihrer mitgebrachten Zeitschriftenrolle in unsere Richtung bevor sie sich in der Klatschheftchenabteilung nach neuem Lesestoff umsieht. Ein kurzes Hallo und ein Nicken unsererseits um die mitgebrachten Zeitschriften als gesehen zu bestätigen.

„Eine Schachtel Malbochch...,“ tönt es schon von weitem. Da scheint Einer arg pressiert zu sein und er droht am Zigarettenmarkennamen zu ersticken.

Die Wahl des Herrn mit Aktenkoffer fällt auf die voluminöse Zeit. Er legt sie griffbereit auf einen Stapel Illustrierte und streckt ohne Blickkontakt und Worte das dafür abgezählte Kleingeld über die Theke. Er erwartet keinen Kommentar und trotzdem sage ich ihm, „Danke,“ und wünsche einen schönen Tag. „Ach sorry, mein Herr, sie haben nur die Zeit bezahlt das darunter liegende Magazin nicht.“ Rot wird sein Gesicht nicht, als er mir wirsch antwortet: „Das war keine Absicht, so ein Zeugs lese ich doch nicht!“

„Ist schon klar, ich wünsche ihnen einen schönen Tag,“ sage nochmals, „Danke“ und fürchte mich vor lauter Freundlichkeit die Zunge schwarz zu lecken.

„Sehr geehrte Dame können sie mich beraten? Ich habe eine lange Bahnfahrt vor mir?“

„Ja sicher gerne, sie suchen eine spannende Lecktüre? Small World von Martin Suter (Diogenes Verlag) könnte ich ihnen wärmstens empfehlen:“ Ist mein heutiger spontaner Ratschlag.

Die freundliche Frau mit der gestrickten Jacke und dem gerollten Heftchen lasse ich in der Zwischenzeit nicht aus den Augen. Seit einigen Tagen hege ich leichte Zweifel an ihrer Ehrlichkeit.

Rund eine halbe Stunde sucht ein Interessent in der Lustecke ein für ihn geeignetes Magazin. „Darf ich behilflich sein, suchen sie ein Bestimmtes?“ Frage ich den sabbernden Sexlustigen ganz nett, bevor er fluchtartig den Laden verlässt.

„ Liebe Frau das geht so nicht!“ Erschrecke ich das hinterlistige Weib mit Dauerwelle gelocktem Silberhaar, als sie fröhlich mit der von ihr heimlich ausgetauschten und wieder sorgsam zusammen gerollten Regenbogenheftchen winkend, uns auf Wiedersehen sagt.

 

Erna Müller-Rytz
 

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Hörbuch

Über den Autor

Coeur
16. Oktober 1952 erblickte ich das Licht der Welt in sehr bescheidenen Verhältnissen.
Als Nesthäkchen wurde ich von meinen zwei Schwestern, zwei Brüdern und meinen liebevollen Eltern umsorgt.
In meinen Erinnerungen ist die alte Hütte noch sehr präsent. Um das elterliche Bett vor Regen und Schnee zu schützen spannte mein Vater eine Plane an die Decke. Meine Schulzeit war alles andere als glücklich. Ungerechtigkeiten konnte und kann ich nur schwer ertragen und davon gab es in der Schule und außerhalb mannigfach.
Frauen brauchen keine Bildung, dieser Meinung war damals mein Vater obwohl meine Mutter einem 100% Job nachging.
1970 ziehe ich für einige Zeit zu meiner damals geschiedenen Schwester Irene und in diesem Jahr lernte ich meinen ersten Mann kennen.
1971 wurde unser gemeinsamer Sohn geboren.
Am 26. November 1974 erhängte sich meine Schwester Irene in ihrer Wohnung, am Schlafzimmerfenster. 13 Tage vor ihrem 29. Geburtstag! Mein verzweifelter Versuch eine Logik in den chaotischen Tod von Irene zu bringen, scheiterte. Entsetzen, Wut, Schuld, Enttäuschung und auch Angst der Verantwortung nicht gerecht zu werden.
Plötzlich war ich mit meinen 22 Lenzen die Ersatzmutter vom damals 10-jährigen Jungen, natürlich nicht ohne die Unterstützung meines ehemaligen Mannes, er war in all den schwierigen Zeiten mein fröhlicher und treuer Begleiter, auch wenn sich unsere Wege später getrennt hatten blieben wir jedoch Freunde. Abschied für immer musste ich am 18. Januar 1983 von Bruder Hans nehmen.
Im 33. Lebensjahr wählte er den Freitod. Ein Schnellzug erfasste ihn in Lenzburg.
Im gleichen Jahr starb auch mein Patenkind. Er war im zarten alter von 3 Jahren in ein Desinfektionsbad für Schafe gestürzt.
Der ohnehin schon angeschlagene Gesundheitszustand meines Vaters verschlechterte sich nach dem Todesfall von Hans zusehends, ja sogar schlagartig.
15. Juni 1984 war mein Vater gestorben. Wenigsten blieb ihm die nur ein gutes Jahr später schmerzliche Nachricht von meinem verunglückten Bruder Hugo, die ich meiner Mutter überbringen musste, erspart.
Am 5. Oktober 1985, im 39. Lebensjahr war er bei einem Tauchgang im Zugersee tödlich verunglückt.
Dieser Abschied war sehr, sehr, sehr schwer, dabei hat das Jahr 1985 glücklich angefangen.
Damals lebte ich allein mit meinem Sohn der ein fröhlicher, lieber und sorgloser Teenager war, ja, sicher in der Schule hätte er durchaus mehr leisten können...
Ich war glückliche Kioskleiterin. Durch gute Leistungen sowie Umsatzsteigerungen gewann ich immer wieder traumhafte und einzigartige Motivationsferien im Ausland unter anderem im Piemont, in Florida, Norwegen, Andalusien und vieles mehr. Den Kontakt zu den unterschiedlichsten Menschen war eine Herausforderung die ich gerne annahm. In meinem Team waren Frauen und Männer mit unterschiedlichsten Berufsausbildungen sowohl Hausfrauen, Lehrerinnen, Studenten und Verkäufer auch auf meinen 20jährigen Sohn durfte ich mich eine Zeitlang verlassen. Er war eine super tolle Unterstützung für unser Team. Zu den Kunden gehörte der Designer Luigi Colani oder der bekannte Jan Tinguely ebenso wie Obdachlose und natürlich meine neue große Liebe.
Am 17. Mai 1991 starteten wir mit einem gecharterten Düsenflugzeug im Berner Flughafen Belpmoos um über den Wolken unser Jawort zu besiegeln.
Am 17. Dezember 2003 wurde ich erneut daran erinnert, dass man diese Zeit nicht für immer hat! Mein geliebter Mann erlitt einen Herzinfarkt. Dieses Mal war es glücklicherweise nur eine Warnung. 2004 und 2005 wurde mein Mann erneut am Herzen operiert und konnte so einem erneuten akuten Herzversagen vorbeugen.
Während ich diese Zeilen schreibe genieße ich ein harmonisches und glückliches Leben!



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Coeur Re: Re: Re: Und ich sage... -
Zitat: (Original von evchen am 28.08.2008 - 19:38 Uhr)
Zitat: (Original von Coeur am 28.08.2008 - 11:54 Uhr)
Zitat: (Original von evchen am 27.08.2008 - 20:35 Uhr) ...immer wieder, die besten Geschichten schreibt noch immer das Leben selbst. Leider ist es mir nicht möglich dir Stenchen zu geben. Was ich sehr schade finde. :-/ vlg evi


Liebe Evi
Danke für deinen Kommentar. Tatsächlich habe ich mich gegen die Sternchenbewertung entschieden ob das eine gute oder schlechte Entscheidung ist - keine Ahnung! Aber ehrlich ich freue mich über jeden Kommentar und die Sterne waren für mich eine schöne Nebensache auf die ich gut verzichten kann! Die endlosen Diskussionen waren mit ein Grund darauf zu verzichten, ausserdem die an mich abgegebenen 1er Bewertungen, kurz nach dem ich diese für Besucher frei gegeben hatte, verstärkten meinen Verdacht, dass es sich dabei nicht um Besucher handelte! Als später keine 1er mehr abgegeben wurden (warum auch, der 1. Platz belegte ja sofort ein Anderer)
bestätigte sich bei mir diesen Verdacht!
Es ist auch gut so, denn ich kann mir für die Sterne nichts kaufen aber über die Kommentare und der damit zustande gekommene Kontakt freue ich mich sehr und er bereichert meinen Alltag!
Ich hoffe du besuchst mich weiterhin, auch ohne Sternchen *
Liebe Grüsse
Erna



Liebe Erna,
natürlich besuche ich dich weiterhin. Ich habe sehr viel freude an deinen kleinen und großen Geschichten. Ich kann deinen Beweggrund, dich gegen die Sterne zu entscheiden, gut verstehen. Mir geht es ähnlich wie dir. :-) vlg evi


dann bin ich beruhigt.. :-))
LG, Erna
Vor langer Zeit - Antworten
evchen Re: Re: Und ich sage... -
Zitat: (Original von Coeur am 28.08.2008 - 11:54 Uhr)
Zitat: (Original von evchen am 27.08.2008 - 20:35 Uhr) ...immer wieder, die besten Geschichten schreibt noch immer das Leben selbst. Leider ist es mir nicht möglich dir Stenchen zu geben. Was ich sehr schade finde. :-/ vlg evi


Liebe Evi
Danke für deinen Kommentar. Tatsächlich habe ich mich gegen die Sternchenbewertung entschieden ob das eine gute oder schlechte Entscheidung ist - keine Ahnung! Aber ehrlich ich freue mich über jeden Kommentar und die Sterne waren für mich eine schöne Nebensache auf die ich gut verzichten kann! Die endlosen Diskussionen waren mit ein Grund darauf zu verzichten, ausserdem die an mich abgegebenen 1er Bewertungen, kurz nach dem ich diese für Besucher frei gegeben hatte, verstärkten meinen Verdacht, dass es sich dabei nicht um Besucher handelte! Als später keine 1er mehr abgegeben wurden (warum auch, der 1. Platz belegte ja sofort ein Anderer)
bestätigte sich bei mir diesen Verdacht!
Es ist auch gut so, denn ich kann mir für die Sterne nichts kaufen aber über die Kommentare und der damit zustande gekommene Kontakt freue ich mich sehr und er bereichert meinen Alltag!
Ich hoffe du besuchst mich weiterhin, auch ohne Sternchen *
Liebe Grüsse
Erna



Liebe Erna,
natürlich besuche ich dich weiterhin. Ich habe sehr viel freude an deinen kleinen und großen Geschichten. Ich kann deinen Beweggrund, dich gegen die Sterne zu entscheiden, gut verstehen. Mir geht es ähnlich wie dir. :-) vlg evi
Vor langer Zeit - Antworten
Coeur Re: Und ich sage... -
Zitat: (Original von evchen am 27.08.2008 - 20:35 Uhr) ...immer wieder, die besten Geschichten schreibt noch immer das Leben selbst. Leider ist es mir nicht möglich dir Stenchen zu geben. Was ich sehr schade finde. :-/ vlg evi


Liebe Evi
Danke für deinen Kommentar. Tatsächlich habe ich mich gegen die Sternchenbewertung entschieden ob das eine gute oder schlechte Entscheidung ist - keine Ahnung! Aber ehrlich ich freue mich über jeden Kommentar und die Sterne waren für mich eine schöne Nebensache auf die ich gut verzichten kann! Die endlosen Diskussionen waren mit ein Grund darauf zu verzichten, ausserdem die an mich abgegebenen 1er Bewertungen, kurz nach dem ich diese für Besucher frei gegeben hatte, verstärkten meinen Verdacht, dass es sich dabei nicht um Besucher handelte! Als später keine 1er mehr abgegeben wurden (warum auch, der 1. Platz belegte ja sofort ein Anderer)
bestätigte sich bei mir diesen Verdacht!
Es ist auch gut so, denn ich kann mir für die Sterne nichts kaufen aber über die Kommentare und der damit zustande gekommene Kontakt freue ich mich sehr und er bereichert meinen Alltag!
Ich hoffe du besuchst mich weiterhin, auch ohne Sternchen *
Liebe Grüsse
Erna

Vor langer Zeit - Antworten
evchen Und ich sage... - ...immer wieder, die besten Geschichten schreibt noch immer das Leben selbst. Leider ist es mir nicht möglich dir Stenchen zu geben. Was ich sehr schade finde. :-/ vlg evi
Vor langer Zeit - Antworten
Coeur Re: Kiosk -
Zitat: (Original von Rattenfaenger am 15.05.2008 - 13:22 Uhr) Sehr gut erzählt, liebe Erna!
LG
Rattenfänger*****


Bedanke mich herzlichst für deinen Kommentar
LG, Erna
Vor langer Zeit - Antworten
Rattenfaenger Kiosk - Sehr gut erzählt, liebe Erna!
LG
Rattenfänger*****
Vor langer Zeit - Antworten
Micha2071 Re: Re: Anektoden aus dem Arbeitsleben? -
Zitat: (Original von Coeur am 06.05.2008 - 10:20 Uhr)
Zitat: (Original von Micha2071 am 05.05.2008 - 10:28 Uhr) Ich glaube das kennt jeder, der im Kundenservice arbeitet. War sehr schön geschrieben, fand das Ende aber zu schnell beendet!Gruß Micha


Danke Micha, das zu schnelle Ende scheint bei mir ein immer wiederkehrendes Problem zu sein.. wurde schon öfters darauf hingewiesen, vielleicht kann ich in meinen alten Tagen daran noch was ändern.. ;-I
LG, Erna

Ist ja für eine Kurzgeschichte im wahren Sinne nicht verkehrt. Ich erinnere nur an "Die Killer" von Hemingway. Aber es lässt den Leser halt unbefriedigt zurück. Is aber völlig Okay!
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Coeur Re: Anektoden aus dem Arbeitsleben? -
Zitat: (Original von Micha2071 am 05.05.2008 - 10:28 Uhr) Ich glaube das kennt jeder, der im Kundenservice arbeitet. War sehr schön geschrieben, fand das Ende aber zu schnell beendet!Gruß Micha


Danke Micha, das zu schnelle Ende scheint bei mir ein immer wiederkehrendes Problem zu sein.. wurde schon öfters darauf hingewiesen, vielleicht kann ich in meinen alten Tagen daran noch was ändern.. ;-I
LG, Erna
Vor langer Zeit - Antworten
Micha2071 Anektoden aus dem Arbeitsleben? - Ich glaube das kennt jeder, der im Kundenservice arbeitet. War sehr schön geschrieben, fand das Ende aber zu schnell beendet!Gruß Micha
Vor langer Zeit - Antworten
Coeur Re: ***** -
Zitat: (Original von franziw2000 am 27.04.2008 - 08:07 Uhr) Schöne, kurze Errinerung! Habs gerne gelesen. LG Franzi


Danke..
mir fehlen im Moment die Worte (nach deiner Geschichte "Schluss damit") habe immer noch einen Kloss im Hals...
LG, Erna
Vor langer Zeit - Antworten
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