Kurzgeschichte
Nur die Toten leben länger...

Für alle, die das Gefühl kennen, schon zu lange auf dieser Welt zu sein... und Alle, die es nicht mehr ertragen können...

Nur die Toten, leben länger...

Gurgelnd lag ich in der Ecke.

Ich wollte mich zwingen aufzustehen, aber es ging nicht.

Wenn ich wenigstens den Schmerz gespürt hätte, hätte ich wenigstens das Gefühl gehabt noch lebendig zu sein.

Aber Alles, das ich spürte, war Taubheit.

Und Panik.

Kennst du das Gefühl, dich nicht bewegen zu können?

Einfach nur dazuliegen, nicht einmal die Augen in den Höhlen drehen zu können, das betäubte ziehen in deinem Bein zu spüren und an dem Gedanken zu verzweifeln, dass du nicht einmal einen Muskel rühren kannst, um dieses Ziehen zu lindern?

Nein?

Ich weiß was du denkst; Stell dich nicht so an, das ist doch wie Schlafen.

Nein, ist es nicht.

Es ist, als wärst du einbetoniert, unfähig auch nur zu Zucken, das Eine, das dich bei Verstand hält, ist dein Atmen. Dein Herzschlag.

Eben Alles, das nicht absichtlich gemacht wird.

Stell dir vor du liegst nur da, und würdest am liebsten in Freundtränen ausbrechen, nur weil dein Magen grummelt und du doch noch ein Weilchen glauben kannst, dass du nicht tot bist.

Zumindest nicht ganz.

Knarrend ging die Tür auf. Ein Mann trat hinkend herein.

Seinen Gestank konnte ich riechen, selbst in der modrigen Ecke, in die er mich zwei Stunden zuvor gequetscht hatte.

Er gab ein röchelndes Husten von sich, wie es entstand, wenn man Raucherhusten und besonders dicke Backen hatte.

Ein Schleifen ertönte, es dauerte kurz, bis ich verstand, dass ich es war, der über den Boden gezogen wurde, was meine Panik nur noch verstärkte.

Ein dumpfer Aufprall ertönte.

Fleisch auf Holz und Stoff.

Was war aus Holz und Stoff?

Särge.

Särge waren daraus.

Ich lag in einem Sarg.

Panik ergoss sich wie krampfhaft, kaltes Wasser in meinen Magen.

Ich lag in einem Sarg.

Allein.

Unfähig mich zu bewegen.

Unfähig zu sprechen.

Aber was noch schlimmer war..

Unfähig um Hilfe zu rufen.

Knarrens schloss sich der Sargdeckel über mir.

Als der Totengräber an allen Seiten die Nägel einschlug begann ich in Takt der Schläge, leise und in mir, verschlossen zu beten.

Ein Zwicken in meinem Knie gab mir plötzlich Hoffnung;

Hatte sich ein Nagel in mein Knie gebohrt? Und fühlte ich wieder?

…

Nein.

Alles war wie zuvor.

Was auch immer an meinem Knie war, es schien Einbildung gewesen zu sein.

Das Klopfen des Hammers verstummte.

Mit einem schabenden Geräusch setzt sich der Sarg in Bewegung.

Weiter und immer weiter wurde ich gezogen.

Dann wurde es still.

Kein Geräusch mehr, nur ein Quietschen, wie von einer Seilwinde.

Eine… Seilwinde?

Ich wurde in ein Grab hinab gelassen.

Schlussendlich hatte die Verzweiflung obsiegt.

Ich war gebrochen.

Die Panik versiegte, nur noch nackte Todesangst blieb, nagte wie eine Pestratte an meinen Innereien.

Ein Geräusch ertönte.

Von Dreck der auf einen hölzernen Sargdeckel fiel.

Wieder.

Wieder.

Wieder…

Als das Geräusch endete hatte ich das Gefühl den Verstand verloren zu haben.

Ich würde hier unten sterben.

Sterben!

Aber…

Ein heiß bohrendes Gefühl schoss mir in den Magen, wie eine glühende Eisenstange.

Was wenn ich nicht starb?

Wenn ich schon tot war?

Wenn ich bis in die Ewigkeit hier leiden müsste?

Für alle, die das Gefühl kennen, schon zu lange auf dieser Welt zu sein... und Alle, die es nicht mehr ertragen können...

Glaubt mir, wenn ihr wirklich in Begriff seit zu sterben...

Dann seht ihr die Sache anders...