Kurzgeschichte
die letzte Stunde

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"die letzte Stunde"
Veröffentlicht am 29. Februar 2012, 2 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

ich würde über mich sagen, dass ich ein recht normaler Mensch bin, der wie jeder andere auch seinen Weg in der großen, weiten, möglichst nicht steinigen Welt gehen will.
die letzte Stunde

die letzte Stunde


Noch eine Stunde. Es ist schon komisch, dass die Menschen so ziemlich alles genau vorhersagen, aber nichts dagegen unternehmen können. Dafür war zu wenig Zeit.Erst vor einigen Tagen kam die Meldung
heraus. Die Meldung, die jeden Menschen auf der Welt in Angst und Schrecken versetzt hat. Ein Asteroid von ungeahnten Ausmaßen ist kurz davor, auf die Erde zu prallen. Den ganzen Weg bis kurz davor hatte er sich versteckt. All die feine Technik hat letztenendes doch nichts gebracht. Unaufhaltsam wie ein wildgewordener Stier rast Er nun auf die Erde zu. Ich frage jetzt nicht, was wir getan haben, dass wir so ein Schicksal verdient hätten. Dafür gibt es genug Gründe.Wir haben das Recht auf einen Planeten schon vor langer Zeit verwirkt. Der Asteroid hätte uns schon früher treffen sollen.
Wenn dann wieder neues Leben entsteht, machen die ihren Job vielleicht besser, als wir.

Nun sitze ich hier mit meiner Freundin Alice in unserer Wohnung, auf das Ende der Welt wartend.
Sie sitzt angespannt auf dem Bett und streichelt Charlie,  unseren Hund, der es genüsslich erwidert, während er, alle viere von sich gestreckt, neben Ihr liegt.
„Charlie, du Glückspilz...“ sage ich, während ich versuche, ein Grinsen aufzulegen. „Hast keine Ahnung, was gleich passiert, hm?“
Leicht genervt dreht Alice sich zu mir um, will ihr böses Gesicht aufsetzen, doch es gelingt ihr nur teilweise. „Goott, ich versuche die ganze Zeit, nicht darüber nachzudenken!“  sagt sie.
„Das darfst du nicht. Wir haben doch oft darüber geredet. Man muss es einfach akzeptieren.“
„Warum gerade wir? Warum muss es gerade uns treffen?“
Ihre Stimme klingt zittrig. Sie hat Tränen in ihren Augen.  Ich setze mich leise und sanft zu ihr und wische ihr mit meinen Fingern die Tränen weg. „Zufall...dem Zufall haben wir es ja auch immerhin zu verdanken, dass wir leben dürfen. Aber weißt du, was mich tröstet? Warum ich keine Angst mehr habe?“
„Weil wir zusammen sterben werden?“

„Nein. Mich tröstet die Erkenntnis, dass ich das Glück hatte, mit dir Leben zu dürfen.“

Während Alice anfängt, zu weinen, umarme ich Sie. Der Duft ihrer Haare, die Wärme ihrer Haut und das Klopfen ihres Herzens verleiten mich dazu, sie noch fester zu umarmen. Ich will Sie nicht mehr loslassen.
Ich lasse mir nochmal all die schönen Erinnerungen der letzten Tage mit Ihr durch den Kopf gehen.
Als wir die Nachricht erfahren hatten, haben wir uns vorgenommen, die Welt noch einmal kennenzulernen und sind überall herumgereist, haben tolle Menschen kennengelernt. Es war, als ob die Welt still stehen würde. Keine Kriege, keine Gewalt. Das vorhergesagte Chaos ist nirgendwo eingetreten. In ihren letzten Tagen auf diesem Planeten hat die Menschheit doch noch gezeigt, was sie von Anfang an hätten zeigen müssen.

Als Alice sich von meiner Umarmung löst, werde ich aus meinen Gedanken gerissen.
„Woran hast du gerade gedacht?“ Fragte Sie. Sie weinte nun nicht mehr.
„An unsere letzten Tage“
„Das waren schöne letzte Tage. Ich kann mir nicht denken, dass irgendjemand auf der Welt bessere letzte Tage hatte, als wir.“
„Alle meine Tage mit dir waren meine Besten.“
Wir schauen uns an, kommen uns immer näher. Ich verspüre dieses Kribbeln im Bauch, dass mich an
meinen ersten Kuss mit Ihr erinnerte. Dieses Kribbeln habe ich lange nicht mehr gespürt. Unsere Lippen berühren sich. Wir küssen uns ein letztes mal.
Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit trennen sich unsere Lippen wieder.
„Es ist Zeit“ sage ich.
„Okay.“
Wir stehen auf, legen unseren Hund an die Leine, der jetzt wie wild hin und her springt.
Eine Jacke brauchen wir nicht. Ich blicke ein letztes mal auf die Wohnung und die damit verbundenen
Erinnerungen. Vor der Haustür angekommen, bemerke ich, dass ganze Menschenmassen auf den Straßen stehen. Wir gesellen uns zu Ihnen. Keiner sagt einen Ton, überall auf der Welt ist es nun still.
Selbst Charlie gibt keinen Ton von sich, als ob er nun auch weiß, was kommen wird.
Ein letztes Mal blicke ich in die Augen meiner Geliebten.
Zum ersten Mal in Ihrem Leben sieht Sie völlig sorgenfrei aus.
Zum ersten Mal sieht die Welt völlig sorgenfrei aus.

Dann wird es hell am Horizont. Trotzdem stehen alle Menschen immer noch ruhig da. Das letzte, was mir über die Lippen kommt, sage ich mit so viel Liebe, dass es fast schmerzt.
„Ich liebe Dich, Alice“
„Ich liebe Dich auch, Marvin“

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merowinger99
ich würde über mich sagen, dass ich ein recht normaler Mensch bin, der wie jeder andere auch seinen Weg in der großen, weiten, möglichst nicht steinigen Welt gehen will.

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