Kurzgeschichte
Risiko

Risiko

Manche Tage sind eben anders.

Ich stehe auf und begebe mich ins Bad. Vorher setze ich Wasser für den Tee an.

Dann hänge ich mein Schlafshirt ordentlich auf.

Der Slip ist auf die Knöchelebene gerutscht und macht dort einen Zwischenhalt.

Mein erster Gang; der Stuhlgang.

Als ich mich erhebe, versuche ich mit einer eleganten Fußbewegung den grauen Einteiler abzuschütteln. Der Schlüpfer entspringt mir in der Rückwärtsbewegung und landet in der WC-Keramik. Merde!

Wenig später genieße ich meinen Frühstückstoast.

Weil ich im vorgerückten Alter auch regelmäßig der Pharmaindustrie beim Überleben helfe, muss ich drei Pillen schlucken. Die sind unterschiedlich groß und verschiedenfarbig, was mich nicht direkt stört.

Heute versuche ich durch das Ansaugen der Atemluft, die Tabletten schnell und auf einen Zug einzunehmen. Die halbe Blutdrucksenkgehilfin donnert direkt in die Luftröhre und der Reiz löst ein Husten aus.

Glücklicherweise fällt das Teil auf die Zunge und ich kann es mit den anderen in den Magen runterspülen.

Geschafft.

Nach etwa einer Stunde kämpfe ich mich über die AVUS nach Berlin.

Ich finde einen Parkplatz und verzichte auf einen Parkschein. Warum sollten die Politessen hier am Montag früh kontrollieren?

Auf diese Weise hab ich schon viel Geld gespart.

Außerdem liebe ich das Risiko.

Nach der Behandlung beim Doc komme ich zu meinem Wagen und habe eine Spendenquittung der Stadthauptkasse am Scheibenwischer.

Leider.

2012-02-14 jfw