Gedichte
Das Ende meiner Kindheit

Meine Kindheit endete an einem
Samstagnachmittag
kurz nach 15.00 Uhr

meine Mutter putzte gerade das Treppenhaus
mein Vater werkelte im Keller

ich saß mit dem Philipps Kassettenrecorder
an dem ab und zu die Pausetaste klemmte
auf unserer neu überzogenen Eckbank von Möbel Krügel und wartete

wartete
auf was Neues von den Rubettes oder
Gunter Gabriel im Radio

nach den Nachrichten verhieß der Wetterbericht
Wind aus uneinheitlichen Richtungen
und auch sonst
deutete nichts auf irgendetwas hin

trotzdem war ein paar Momente später
nichts mehr so wie es vorher war

vielleicht hatte sich der Moderator einfach vergriffen
oder es hatte ihn doch die RAF beim Bayerischen Rundfunk eingeschleust

jedenfalls faselte er noch irgendwas Oberlehrerhaftes
von Gleichstrom und Wechselstrom
und dass das auf englisch AC/DC heißt

und dann
dann röhrte aus dem Monolautsprecher
eine noch nie gehörte
dreckig grinsende Stimme
irgendwas von Highvoltage Rock´n Roll
und eine skalpellscharfe Rhythmusgitarre
jagte mir kurze schnelle Stromstöße
in den Körper

für einen Moment überlegte ich
meine Mutter zu rufen
weil ich mir nicht sicher war
ob so etwas nicht ungesund oder verboten ist

dann aber fasste ich den Entschluss
ab sofort nie mehr im Sitzen zu pinkeln
und war mir sicher
mein Pimmel muss mindestens zwei Meter lang sein