Kapitel 2 Realität und andere Lügen
Er verschwendete keine Zeit. Harper hatte zwar immer noch keine Ahnung wer der Mann war aber er hatte seine Drohung ernst gemeint. Und die Geschichte mit der Kündigung hatte sich bedauerlicherweise als wahr herausgestellt. Er hatte in der Zentrale der Sicherheitsfirma angerufen wo man ihm gesagt hatte seine ziemlich Ruppige Kündigung sei beim Chef nicht grade gut angekommen.
Wenn jemand genug Einfluss hatte so etwas überzeugend rüberzubringen konnte er ihm auch noch ganz andere Probleme machen. Zum dritten mal überprüfte er die Adresse auf der Karte. Und musste unwillkürlich den kopf schütteln. Das Gebäude das die Adresse angab existierte nicht. Die angegebene Straße lag im alten Stadtkern aber das Haus fehlte. Die zugehörige Nummer wäre die Sieben gewesen doch zwischen den Hausnummern Sechs und Acht gab es nur einen schmalen Durchgang. Und es war weit und breit niemand zu sehen. War das alles vielleicht nur ein schlechter Scherz gewesen ?
Er setzte sich auf eine Bank in der nähe und sah sich um. Es war noch relativ früh und die wenigen Menschen die um diese Zeit noch nicht auf der Arbeit oder sonst wo waren würden vermutlich erst in einigen Stunden aufwachen. Er beschloss zu warten. Falls jemand , vor allem der Mann in dem bunten Mantel, auftauchen sollte würde er ihn schon von weitem sehen. Nach einer Weile musste er wohl kur eingeschlafen sein. So zumindest erklärte er sich das ganze später. Der Mann war plötzlich einfach da. Er hatte ihn nicht kommen sehen dabei hatte er sich immer wieder vergewissert.
,, Da sind sie ja. Was stehen sie hier rum ?“ , fragte er , allerdings in einem freundlicherem Tonfall als noch vor ein paar Stunden.
,, Was soll das ? Erst bestellen sie mich zu einer Adresse die es nicht gibt und dann fragen sie warum ich hier draußen rumstehe ?“
,, Natürlich. Vergesse ich immer wider.“ , sagte der Mann mehr zu sich selbst. ,, Kommen sie mit.“
Elias dachte gar nicht daran. Er hatte das Spielchen satt. ,, Ich werde keinen Schritt weitermachen bevor sie mir nicht sagen wer sie sind und was sie von mir wollen.“
,, Also wirklich.“ , meinte der Mann fast tadelnd. Er wirkte beinahe enttäuscht. Dann jedoch hellte sich seine Mine innerhalb weniger Sekunden wieder auf.
,, Nun gut. Sie haben es nicht anders gewollt.“ Anstatt aber einfach eine Erklärung abzuliefern antwortete er mit einer Gegenfrage : ,, Was ist Realität Mister Harper ?“
Elias war von der Frage etwas überrascht. Egal, sagte er zu sich selbst , Spiel einfach erst mal mit.
,, Ich denke mal die gesammelte Erfahrung die wir aus unseren Sinneseindrücken gewinnen. Oder ?“
Der Mann klatschte ein paar mal in die Hände. Fast wie ein Lehrer der sich über einen besonders eifrigen Erstklässler freut. Allerdings wirkte es hier mitten in einer Leeren Straße auch etwas verrückt. Nein korrigierte Harper sich , es wirkte vollkommen verrückt.
. ,, Exakt. Realität ist das was unsere Sinne daraus machen. Und wenn ich ihnen nun sage das diese Realität falsch ist ? Das all das hier.“ , er machte eine ausholende Handbewegung ,, Nichts weiter ist als eine Welt die ihr Verstand ihnen vorspielt ? Und was wenn dahinter die eigentliche Realität liegt ?“
Elias hatte genug gehört. Der Mann schien nicht nur Verrückt. Er war es ganz offensichtlich.
Er stand auf und wollte gehen. ,, Wenn sie nur hier sind um...“ Er verstummte und verharrte wo er war. Der Mann hatte ihm eine Hand auf die Schulter gelegt . Aber das war es nicht was ihn stocken ließ. Er starrte direkt in eine der kleinen Gassen welche die Altstadt durchzogen. Und darin bewegte sich etwas. Etwas mit brennenden Augen die ihn direkt anstarrten.
Derian nahm die Hand weg. Das Wesen verschwand und vor ihm lag wieder nur eine leere Gasse. Sie war ihm vorher auch dunkler vorgekommen schien jetzt aber Sonnendurchflutet.
,, Was war das ?“ , fragte er , fürchtete aber die Antwort zu kennen.
,, Das ? Ach sie meinen das Ding in der Gasse ? Keine Sorge die sind harmlos. So weit wir wissen entstehen sie überall dort wo es größere Menschenansammlungen gibt.“
,, Entstehen.. Nein warten sie ich meine nicht was das war ich meine.. warum ist es verschwunden ?“
Derian musste ein lachen unterdrücken. ,, Ist es das ?“ , fragt er. ,, und wenn ich ihnen nun sage das es grade auf uns zugeht ? Ich habe ihnen diese Welt gezeigt wie sie wirklich ist nur einen kurzen Augenblick lang.“
Harper war besorgt. Besorgt das er genauso verrückt war wie der Mann im bunten Jackett oder schlimmer noch das er es nicht war. ,, Wo ist es jetzt ?“ , fragt er.
Beruhigend ging Derian in die Hocke und schien irgendetwas das Elias nicht sehen konnte zu streicheln. ,, Ich sagte ja die sind harmlos. Der Rest.. nun ja“ Er stand wieder auf. ,, Kommen sie nun mit mir oder wollen sie da Wurzeln schlagen ?“ , rief er über die Schulter als er langsam in Richtung der Gasse verschwand und Harper immer noch wie erstarr da stand.
Als Elias die Sackgasse zwischen den beiden Häusern betrat glaubte er zum zweiten mal heute verrückt geworden zu sein. Sobald er ein paar Schritte in die Gasse hineingemacht hatte erblickte er dort.... eine Treppe die nach unten führte. Sie erschien nicht sondern war einfach da. Machte er ein paar Schritt zurück war sie wieder verschwunden und er sah nur eine Sackgasse ,, Das gibt’s doch nicht.“ , meinte er kurz.
,, Und ob.“ , erwiderte Derian dessen Laune wieder schlechter zu werden schien. Derian selbst war längst am Fuß der Treppe angelangt und stand vor einer Zweiflügeligen Stahltür in die ein Tastenfeld eingelassen war. Er tippte einige Zahlen ein worauf die Tür aufsprang und er dahinter verschwand. Unentschlossen folgte Harper ihm. Wenn er antworten wollte und die wollte nein ,brauchte er mittlerweile dann musste er wohl mitgehen.
Als er durch die Tür trat wurde er sofort von zwei bewaffneten Personen begrüßt. Ein Mann mit einem nüchternen Blick und eine etwas jüngere Frau die in einiger Entfernung stand und eine Maschinenpistole auf ihn richtete. ,, Verdammt , Derian wen haben sie diesmal wieder angeschleppt ?“ , fragte der Mann.
Derian selbst stand gegen die Wand des Raums der nur aus blankem Fliesen und Metall zu bestehen schien und ein Stück weiter an einer weiteren Tür endete gelehnt und die Arme überkreuzt. Er schien die Situation eher zu amüsieren .
,, Nun Per. Möglicherweise haben sie vergessen : Wenn ich hier herbringe ist immer noch meine Sache. Ich muss mich noch um ein paar Sachen kümmern. Tut mir einen gefallen und gebt Mister Harper hier den üblichen Crashkurs. Die Einführung hab ich schon erledigt.“
Damit verschwand er hinter den Metalltüren und ließ Harper mit den beiden anderen zurück.
,, Ist der eigentlich immer so ?“ , fragte Harper die Frau.
,, Meistens. Manchmal schlimmer. Aber das kann man ihm eigentlich nicht verdenken wenn man weiß dass...“ Sie brach im Satz ab.
,, Was ?“ , fragte Elias nach.
,, Nicht wichtig, zumindest noch nicht. Wo hat er sie aufgegabelt ?“
,, AngelWing Securitys.“ Meinte Elias.
,, Dann seit ihr ja hier schon zu zweit was Sicherheitsfirmen angeht. Per hier konnte es auch nicht lassen einfach mal nachzusehen wozu man leere oder verfallene Gebäude überwachen muss.“ , meinte sie etwas Kopfschütteln. ,, Also was wissen sie schon ?“ , fragte sie ihn.
,, Na ja da draußen war irgendwas...“ , meinte er und dachte an die zwei paar glühender Augen.
,, Aha Freddie haben sie also schon kannengelernt.“ , meinte der Mann den Derian Per genannt hatte.
,, Freddie ?“ , fragte Harper. ,, Darf ich fragen wer sich den Namen ausgedacht hat ?“
,, Raten sie mal.“ , meinte die Frau deren Namen er bisher nicht kannte. ,, Aber möglicherweise sollten wir langsam anfangen. Das werden unter Garantie die informativsten zwei Stunden ihres Lebens.“
,, Und das meiste werden sie nicht Wissen wollen. Oder sich zumindest Wünschen nicht zu Wissen.“ , meinte Per während sie auf die Tür am anderen Ende des Ganges zuliefen.
Hinter der Tür lag ein weiterer Raum. Allerdings um einiges Größer. Vor Elias Augen erstreckten sich miteinander vernetzte Server die mit Computern in kleineren Büroräumen links und rechts verbunden waren. Darüber erstreckte sich eine weiterer Raum mit verglastem Boden der über eine Treppe zu erreichen war. Menschen in Anzügen oder auch Kampfausrüstung die allerdings keinerlei Kennung trug hetzten zwischen den angrenzende Räumen hin und her. Alles in allem erinnerte es an einen modernen bürokomplex. Bloß dachte er, dass die hier sicher keine Beschwerdeanrufe für Haushaltsgeräte entgegennehmen. Den Serverraum durchquerten sei allerdings schnell und steuerten auf eine ältere Tür zu hinter der eine wacklig aussehende Treppe ins nur ab und zu von Lampen durchbrochene Dunkel führte.
,, Also dann“ , meinte die Frau ,, Ab hier beginnt der lustige Teil. Bereit ?“ , fragte sie Harper . ,, Hilft es mir wenn ich sage nein ?“
,, Nein ich fürchte dafür ist es etwas zu spät.“ , meinte sie. ,, Ich bin übrigens Amy und sie ?“
, fragte sie während sie gefolgt von Per langsam die steile Treppe ins Dunkel hinabstiegen.
,, Elias Harper.“