Weihnachtsgedichte
Weihrauch und Myrre macht mich kirre! - Story Battle 2

Seit mein Mann sich vorgenommen hat, jedes Jahr den Sankt Nikolaus zu spielen, lässt er sich immer schon im Juli seinen Bart wachsen. Und wie der wuchert! Ein roter Busch hängt ihm bereits gekraust bis aufs Brusthaar herunter und meine Bemühungen, ihm täglich ein paar Barttrimmer liebevoll im Badezimmer zu drapieren, scheinen völlig erfolglos zu sein. Statt zu unserem Garten zu schauen, hegt und pflegt er seinen Bart mit einem goldig verpackten Shampoo das nach Weihrauch und Myrre duftet. Und striegeln tut er den, als wäre es ein vollblütiger Araber den man gleich einem Scheich vorführen müsste.  

Wenn der sich für unser Zuhause mal so ins Zeug hängen würde dieser Nikolauspirat, sähe unser gemeinsames Nest längst nicht mehr so verwildert aus. Klar, das Eheleben ist auch nicht immer wie eine Zuckerwatte. Und wo gibt es schon einen Partner der nur das Gelbe vom Ei ist. Nirgends. Da gehört das weiss und die Schale halt mit dazu, eventuell auch noch den ganzen Hahn mit seinem Gekrächze und dem stolzen Kopf, Hauptsache stubenrein.

 Ich mag mich noch an unsere erste Begegnung im Freibad erinnern. Als ich vom 10 Meter Sprungturm eine Arschbombe machte und mir der Aufprall das Bikinioberteil vom Körper riss. Oliver hatte sich gekugelt vor Lachen und dann Stielaugen gekriegt, als ich mit nackten Titten aus dem Wasser stieg, nur nicht so graziös wie ein James Bond Girl. Ein Bademeister hatte mir bereits das vermisste Teil aus den Chlorfluten gefischt, mir höflich lächelnd entgegen gestreckt und dabei tief in die Augen geschaut. Nur dass ich seinen Blick nicht erwidern konnte. Haha. Oliver war ein Klassenkamerad von mir gewesen, ein Weichei und ein Streber der schlimmsten Sorte. Niemals hätte ich gedacht, dass ich dieses Arschloch mal heiraten würde. Einmal hatte er heimlich meinen Stubentiger entführt nachdem ich eine Woche krank war und er mir dienstbeflissen meine Hausaufgaben brachte. Er hat ihn kahl rasiert und der Kleine sah dann aus als wäre er durch ein Mienenfeld getapst um zu seinem Whiskas zu kommen, völlig durcheinander. Dabei hatte ich Oli doch nur Ketchup in sein Nutella Pausenbrot gespritzt, was total Harmloses!

Oh Gott! Unser erstes Mal nach dem Frühlingsfest im Hause meiner Eltern war auch nicht gerade die Erleuchtung gewesen. Während dem er unerfahren an mir herum fummelte und ich insgeheim die letzten Französisch Verben studierte, platzte während seinem Orgasmus meine Mutter ins Zimmer und flog vor Entsetzen in Ohnmacht. Das lag bei uns leider in der Familie, dass wir bei der kleinsten Aufregung schon Schwindelanfälle kriegten und ab und zu ins schwarze Nichts abtauchten. Was manchmal ganz praktisch war. Beim ersten Heiratsantrag zum Beispiel, als Oli noch bartlos war und seine Augen leuchteten wie ein paar blaue, überhitze Glühbirnen, schob ich eine Ohnmacht vor, nur um noch einige Stunden Bedenkzeit zu erhalten, und das an Weihnachten.

Da lag ich also unter dem geschmückten Tannenbaum seiner Eltern, eingebettet in einer Decke wie das Christkind in der Krippe und liess ein leises, gleichmässiges Atmen vernehmen. Ab und zu spürte ich wie Oli mit Knoblauchatem über mir stand und dann mit einem Ächzen sich auf die Knie sinken liess, um mir ein Eisklötzchen über die bleiche Stirn zu reiben.  Innerlich fluchend blieb ich die Ohnmacht selbst und hörte dem Katzenjammer seiner Mutter zu, die Oh du Fröhliche sang und dabei jeden Ton verstrich, so wie jemand, der Geige spielen lernt. Schon mal zugehört wie das tönt? Allein dieses Gekrächze hätte eigentlich eine Tote zu neuem Leben erwecken müssen! Dann hatte Oli plötzlich das Lied unterbrochen und zu seinen Eltern gesagt: „Was meint ihr, soll ich es an Ostern nochmals versuchen? “

„Nein bitte nicht!“, hatte ich aufgestöhnt und nett und erstaunt in die Runde gelächelt. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Also wenn dann bitte gleich eine Entscheidung. Nicht dass er sich an Ostern noch in ein Osterhasen Kostüm wirft und zu mir über den Rasen gehoppelt kommt um mir einen Ring an den Finger zu stecken. Eigentlich war er ja ein ganz lieber, rothaariger Kerl und der Streberblick hatte sich allmählich in einen gutmütigen Teddybärenblick verwandelt. Unsere Beziehung glich zwar einer Achterbahn, aber langweilig wurde es uns jedenfalls nie. Und als er mich dann an diesem Weihnachtsabend nach meiner Ohnmacht und vor meinem „Ja ich will“ in den Garten zu den Stallungen führte und mir ein weisses Pferd namens Hexenschuss vorstellte, das er mir schenken wollte, war es um mich geschehen! Er hatte mich verhext, auch wenn er dazu die Hilfe einer kleinen, wilden Stute brauchte. Die Liebe ist unergründlich.

ConnyB.