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Aus der wärmenden Wiege

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"Aus der wärmenden Wiege"
Veröffentlicht am 30. November 2011, 12 Seiten
Kategorie Sonstiges
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Über den Autor:

Optimistisch angehauchter Realist mit gelegentlichen pessimistischen Phasen.
Aus der wärmenden Wiege

Aus der wärmenden Wiege

Aus der wärmenden Wiege

Die Wärme ist gewichen!
In den letzten Monaten, in den letzten Jahren.
Ich liege auf einem Bett. Kopfkissen. Decke.
Es sollte wärmen doch es ist nur ein Bett.
Betten sind kalt, wenn man sie allein bewohnt.

Ich hasse es!
Immer wenn ich hier bin, wünsche ich mir einen anderen Körper, ein anders Gesicht, andere Gedanken, ein anderes Leben.
Ich bin immer hier.

Sie kommt herein.
Ohne ein Wort setzt sie sich hin; starrt mich an.

Diese kalten blauen Augen. Sie muss verrückt sein, hier her zu kommen.
Wie sie so dasitzt, mir gegenüber.
Das von dunklem Haar eingerahmte Gesicht wirkt hart im Kontrast zu diesem Raum. Sie leuchtet von Innen. Ist das ihr Wahnsinn?
Sie hat sich Strähnen machen lassen.

Ihre bemalten Lippen formen sich als ob sie Worte bilden wollten.
Nichts! Sie sind wunderschön. Sie sagen Nichts. Nichts was sie sagen könnten. Erreichen mich ihre Worte nicht?

Ich schließe meine Augen. Frieden und Freiheit überkommen mich wie Wellen und hinterlassen Gänsehaut.
Das Bild unserer Körper wie sie sich vereinen. Auf einem metallenem Tisch.

Wie oft noch?

Strahlt Kälte aus. Ein Altar aus Stahl.
Erinnerung? Vision? Wunschtraum?
Klassische Musik, wie durch Fels und Erde, dringt zu mir herunter und in mich ein.
Meine Augen finden zurück zu ihren. Ein Schleier! Sie scheint erregt!

Pupillen bewegen sich hektisch.
Mimik kämpft.

Gefühle vermutlich!
Worte die ich nicht höre.

Unzählige Schläge. Mein Gesicht, mein Körper, alles schmerzt.

Tut es das nicht schon immer? Ja! Es fällt mir ein.

Etwas läuft aus meiner Nase, über meine rissigen Lippen zum Kinn. Es brennt. Das kann ich spüren. Der Raum ist verschwommen. Fließen Tränen? Sind es meine? Weine ich? Scheint so!

Wann ist mein Arm eingeschlafen? Ich spüre das Kribbeln seines Erwachens.

Aus ihren Augen wälzen sich vereinzelte Tränen. Hatte sie nicht schon geweint, als sie herein kam?
Diese Tränen; Sie erregen mich!

Was sagt diese Frau?

Werde ich wütend? Scheint so. Mein Körper zittert.

Mein Arm kribbelt stärker und erwacht langsam aus seinem Schlaf. Ich sehe wie er sich hebt. Meine Hand ist keine Hand mehr, sie ist eine Faust, ein Hammer. Ein Hammer aus Fleisch.

Mein Körper … aus Fleisch! Bin nicht wütend. Bin gar nichts. Nur Fleisch.

Sie bewegt ihre Lippen nicht mehr. Ich kann sie nicht mehr sehen.
Doch!
Wieso steht sie jetzt mit dem Gesicht zum Fenster?

Ihr Kopf dreht sich in einer geschmeidigen wunderschönen Bewegung. Sie sieht mit weit geöffneten Augen in die meinen.
Hektischer Ausdruck. Ihre Augen bewegen sich im Wahnsinn schnell zwischen den Liedern und Blicke irren im Raum umher. Ihre Blicke treffen die meinen … und verharren. Erwartet sie Hilfe? Von mir?

Wie in Zeitlupe kommt sie Fleisch näher. Wie in Zeitlupe kommt sie auch mir näher, ohne einen Schritt zu tun.
Ich bin ihr nahe. Kann ihren Duft in mich aufnehmen. Ist er mir bekannt? Ein Teil davon? Scheint so!
Ich erinnere mich. Es ist der Duft eines Tieres, die Erscheinung eines Tieres. Der Wahnsinn hat sie zum Tier werden lassen.

Sie streckt mir ihre kalten kleinen Hände entgegen als sie zu Boden geht. Die Faust begleitet sie auf dem Weg ein kleines Stück, bis sie sich entspannt und für Neues öffnet. Hatten Sie sich berührt? Die Faust; die Frau?

In der Kälte meines weißen Raumes liegt sie. Verletzt vielleicht.
Ich bewege mich zu ihr als sich ihr Gesicht wieder dem meinen zuwendet. Habe ich das schon einmal erlebt? Es ist mir vertraut. Ich wünsche es mir.

Meine Finger greifen nach einer Hand auf meinem Gesicht. Streichelt sie mir über die Wange? Ich spüre es nicht und doch erregt mich der Gedanke. Jetzt sehe ich ihre Hand in meiner. Sie öffnet den Mund und speit mir den Wahnsinn ihrer kalten Seele entgegen. Verzerrt und hässlich.

Ich spüre den Widerstand ihrer Knochen brechen und lasse die abstrakt wirkende Erinnerung an eine weiße kalte Hand los.

Mein Blick begleitet meine Hände an ihren Hals. Ich kann das Leben im Herzschlag ihrer blauen Adern deutlich pulsieren sehen.
Darin fließt Wärme. Ihre Wärme.
Keine Kälte mehr zwischen ihr und mir als ich sehe wie zwei Hände ihren Hals ergreifen. Sie schließen sich.

Ihre angemalten Lippen zittern. Ich nehme ihren Herzschlag im ganzen Körper wahr. Wie er langsamer wird, wie er schwächer wird, wie er verebbt.

Sie beruhigt sich.
Ihre Brüste heben sich. Senken sich.
Sie berühren meinen Ellenbogen.
Auch hier kehrt Ruhe ein. Mit ihrem wird auch mein Körper ruhiger.
Hatte ich mich aufgeregt? War ich wütend geworden?

Als die Augen trüber werden schließen sie sich.
Nicht ganz. Ein Schlitz aus dem sie mich beobachtet. Eine Träne.
Meine Lippen nähern sich den ihren und ich erinnere mich daran. Ich erinnere mich an meine Liebe zu dieser Frau als ich ihre angemalten Lippen berühre.

Sie haben aufgehört zu zittern. Ganz ruhig. Ein gutes Zeichen!

Die Hände mussten ihren Hals verlassen haben, denn eine gräbt sich in ihr dunkles Haar mit den roten Strähnen. Die andere hält die Frau und drückt ihren Körper an meinen.
Erstes Gefühl für mich selbst?

Wärme kommt, Wärme geht.

Sie ist gegangen und lässt mich alleine.

Hier mit mir.

Wieder Tränen. Tropfen von meinem Kinn. Ich kann die klassische Musik hören. Jetzt klar und laut. Als ich meine Augen schließe und die Frau an mich drücke, kann ich Bilder sehen. Nicht meine Bilder. Bilder aus einem anderen Kopf, einem anderen Menschen, einem anderem Leben.

Bilder;  wie sich zwei liebende Körper ineinander verschlingen.
Bilder; wie eine Frau einem Jungen das Leben schenkt.
Bilder, wie Hände diesen Jungen halten und streicheln.
Bilder, wie Menschen lachen und weinen.
Bilder, wie eine Frau wütend in ein Auto steigt.
Bilder, wie ein Auto viel zu schnell davon fährt.
Bilder, von einem weinenden Kind auf dem Rücksitz.
Bilder, wie eine Frau mit einem anderen Mann schläft.
Bilder, wie eine Haustür nicht geschlossen ist.
Bilder, wie ein Kind auf eine stark befahrene Strasse läuft.

Schluss!!

Ich öffne meine Augen!
Ich öffne meine Augen und sehe die Decke!
Ich öffne meine Augen und sehe die Decke und sterbe; wieder!

Ich versuche keine Tränen mehr von diesem Gesicht zu wischen. Das wäre dumm von mir. Gurte halten meine Arme, meine Beine, meinen Körper in fester Umklammerung.
Das weiß ich!
Kleidung ist durchnässt von Schweiß.
Neben dem Krankenhausbett in dem ich fixiert liege, sitzt die Mutter meines Sohnes auf einem Stuhl. Ihre Augen sind geschlossen. Sie ist eingenickt.
Hatte sie die ganze Nacht dort verbracht?
Wie friedlich sie ist. Sie hat die Stirn in Falten gelegt, wie sie es öfter tut, und ihr linker Mundwinkel zuckt. Ihre dunkel-blonden Haare mit den ausgewaschenen Strähnen sind lieblos zu einem Zopf zusammengebunden.
Ihre Atemzüge sind nicht ganz regelmäßig. Das waren sie nie. Ich wünsche mir sie würden aufhören.

Ruhe!

Nur diese Atemzüge.

Der Ring an ihrem Finger. Der runde Bauch, der ihr die majestätische Würde einer Göttin verleit.
Sie erwartet ein Kind. Sie leuchtet.

Es schmerzt mich wie schön sie ist, wie sie so neben meinem Bett ausharrt an der Seite Ihres Mannes, Tag für Tag, wartend auf meine Rückkehr.

Jetzt erst bemerke ich die leise klare klassische Musik, die aus dem Lautsprecher über der Tür zu mir herunter in meine Ohren fließt. Sie vertreibt alle Bilder und ich bleibe allein zurück.

Sie beruhigt mich, sagt man.

Ich werde ruhig.

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