Fantasy & Horror
Spuren im Schnee

Spuren im Schnee (Oliver Wehse)



Schnellen Schrittes ging ich durch die kleine Allee zwischen den alten Weiden und hohen schier undurchdringlichen Tannen.

Es hatte schon seit Tagen geschneit, auch an diesem Tag schneite es.

Die Spuren, die den Knöchel hohen Schnee bis vor wenigen Minuten zierten verblassten langsam.

Sonst wurde dieser Weg immer geräumt, aber ausgerechnet an diesem Tage hatte es niemand getan, es war ja auch ein Sonntag. Der Förster musste wohl an Sonntagen nicht in den Wald?

"Ach was denke ich hier?"



Unwillkürlich und ohne genau zu wissen warum beschleunigte ich meinen gang und trat fest auf um nicht zu fallen.

Ein seltsames stapfen ließ mich aufmerken.

"Tapf, Tapf, Tapf" Es klang als würde es hinter mir erklingen. Vielleicht war noch jemand hier unterwegs?

Wer auch immer das war musste noch weit weg von mir sein, es klang so.

Wer mochte das sein? Warum war hier noch jemand unterwegs? Es war doch sonst zu besseren Witterungsverhältnissen niemand hier! Ganz selten verirrte sich mal ein Wanderer hier her, dazu war es zu Geheim, der Ort den ich aufgesucht hatte, aber...

"Ach wer sollte es wissen? Außerdem ist dieser Weg doch immer geräumt, es musste also Verkehr geben! Vielleicht auch andere außer dem Förster?"

Reiß Dich am Riemen! befahl ich mir selbst.



"Tapf,Tapf,Tapf" da war es plötzlich wieder und es klang nah, sehr Nah als würde diese Person direkt hinter mir gehen.

Ich stoppte!

Mit meinem Anhalten verstummte auch das stapfen. Hatte diese Person auch angehalten? Und wenn ja Warum?

Kurz hielt ich noch inne und lauschte, lauschte um zu hören ob dieses Stapfen wirklich verstummt war oder ob es noch da war.

So sehr ich mich anstrengte, ich hörte es nicht mehr!

"Das bildest Du Dir ein!" ermahnte ich mich.



Aber wenn nicht? Vorsichtig setzte ich den Fuß nach vorn und ließ den zweiten folgen. Wie auch immer das ausgesehen haben mag war mir egal, ich lauschte, aber kein "Tapf"

Erleichtert lächelte ich und kramte mir eine Zigarette aus der Schachtel in meiner Jackentasche und setzte mich wieder in Bewegung. Gerade in dem Moment als ich das Feuerzeug umständlich aus der Hosentasche gekramt hatte und es zum Mund führte um die Zigarette anzuzünden hörte ich es wieder.

"Tapf,Tapf,Tapf" Folgte mir da jemand?

Sofort stoppte ich und drehte mich um, da war niemand.



Verstört lief ich ein paar Schritte zurück, ich ließ den Kopf wandern ,um besser fokussieren zu können zog ich die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Doch so sehr ich mich bemühte, ich konnte nichts sehen, da war niemand. Ein Tier vielleicht?

Das nahezu undurchdringlich erscheinende Astwerk um mich herum ließ aber auch keinen tieferen Blick in den dahinter liegenden Wald zu. Aber was für ein Tier würde sich so nah an den Menschen wagen? Und warum sollte es aufhören sich zu bewegen wenn ich das tat?

War ich das vielleicht selbst? Hallte es vielleicht nur?

Euphorisch und von diesem Gedanken, ja der Aussicht einer schnellen und mir logisch erscheinenden Antwort beseelt ging ich weiter.

Ja das konnte schon sein, überlegte ich. Dieses "Tapf Tapf" war ziemlich synchron zu meinen Schritten. Ja das war die Lösung.

Erleichtert ging ich weiter, doch irgendwie löste das immer lauter werdende "Tapf Tapf" Unbehagen in mir aus. Zur Sicherheit drehte ich mich im gehen um, sofort verstummte das "Tapf Tapf" wieder.

"Verdammt, das macht Dich noch irre!!!" fluchte ich

Irgendwer musste mich gesehen haben, diese Person folgte mir nun? Es war doch niemand da. Oder doch?



So schnell ich konnte ging ich weiter. Verdammt dieser Scheiß Weg muss doch mal ein Ende haben?

Hinter mir erklang das "Tapf, Tapf" das nun mal synchron zu meinen Schritten und mal deutlich schneller erklang als meine Eigenen Schritte.

Ich fing an noch schneller zu gehen. Fast schon laufend versuchte ich diesen Geheimnisvollen Verfolger abzuschütteln.

Ein dicker Klos setzte sich in meine Speiseröhre fest, es fühlte sich fast so an als wenn er mich ersticken wollte. Sämtliche Gliedmaßen waren angespannt, sie schmerzten als ob sie in Flammen stünden. Ein brennen das sich schnell ausbreitete.

"Verdammt wer konnte es gesehen haben? Wer trieb nun dieses grausame Spiel mit mir?"

Blitzschnell ließ ich mich zu Boden fallen, drehte mich herum und stand aus der Drehung auf, hatte dabei eine Hand voll Schnee gegriffen und schleuderte den Schnee meinem vermeintlichen Verfolger entgegen.

Der Schnee flog ins leere.



Wütend ließ ich mich auf die Knie fallen und wühlte im Schnee, ganz so als wollte ich etwas darunter liegendes freilegen.

Bockig und wütend, ganz so wie es Tim immer tat!

"Hoch mit Dir! Komm schon, nur noch wenige Meter dann bist Du zu Hause" trieb ich mich an.

Die zuvor im Schnee vorhandenen Spuren waren mittlerweile gänzlich über schneit.

"Das ist es! Sind noch andere Spuren da?"

So sehr ich mich anstrengte "fremde" Spuren zu finden, da waren nur meine.

"Warum bist Du Idiot nicht schon vorher darauf gekommen?"

Die Gedanken flogen in meinem langsam aber sicher schmerzenden Schädel herum. Ich hatte das Gefühl die Schläfen wollten platzen und ein kleiner Troll saß auf meiner Nase und trieb mir einen Meißel durch die Stirn.

"Schneller!"



Neben dem "Tapf, Tapf" hörte ich noch ein anderes Geräusch das kaum merklich lauter wurde. Ein Rauschen, ein rauschen das sich zu einer Melodie formte.

Ich ließ den Blick herum schweifen, die dichten Schnee behangenen Bäume schienen immer näher zu kommen, fast so als wenn sie nach mir greifen wollten. Bein nahe zu Tode erschrak ich als ich einen Ast streifte, dieser verdammte Baum schien mir nach zuwinken. "Platsch" ich bekam eine volle Ladung Schnee ins Gesicht, wieder traute sich ein Baum näher an mich heran.

Ich fing an zu laufen, die Schmerzen waren mir nun egal! Aus einem langsamen Joggen wurde ein schneller lauf.

Der Klos im Hals erschwerte mir das Atmen, das rauschen wich einem Trommelgeräusch das langsam schneller wurde.

Zeitweise hatte ich das Gefühl der Trommelwirbel überschlug sich, mein Atem rasselte blechern , Seitenstiche schienen mich lähmen zu wollen, und zu alle dem dieses grausame "Tapf Tapf Tapf"



"Lass mich in Ruhe!" keuchte ich und trieb mich weiter voran.

"Was willst Du von mir?"



Eine Antwort blieb mir der Verfolger schuldig. Mittlerweile war ich sicher verfolgt zu werden! Ganz sicher!

Doch wer hatte mich gesehen, wer war das der mich verfolgte, und warum erst seit ich in diese Waldallee gekommen bin?

Dem Kreislaufkollaps nahe wollte ich alles auf eine Karte setzten.

Ich blieb einfach stehen und schrie so laut ich konnte.



Aber neben den Bäumen die nach wie vor bedrohlich um mich herum standen und die sich aus irgendeinem Grund nicht trauten mir den Rest zu geben war niemand zu sehen.

Da standen sie winkten mir höhnisch zu und scheinen nur auf einen Befehl zu warten. Den Befehl des unsichtbaren Verfolgers.



Schreiend und dem Wahnsinn nah brach ich zusammen. Die körperliche und geistige Anstrengung hatte ihren Tribut gefordert. Schließlich drank nur noch ein leises röcheln aus meinem Hals, ich sah ganz genau wie mein Atem den Schnee aufwirbelte in dem ich lag.



"Nein! So findest Du Dein Ende nicht!"

Mein Lebenswille war stärker als die Erschöpfung!

Ich trieb mich voran.

Hin und wieder musste ich Blut spucken, einmal übergab ich mich, aber ich hörte nicht auf zu laufen, dieses verdammte "Tapf Tapf" folgte mir!



Längst hatte ich die Orientierung verloren und rannte einfach nur noch weiter, bis zu meiner Haustür.

Ohne zu klingeln zog ich daran, sie war offen.



"Schatz? Seid ihr wieder da?" erklang die Stimme meiner Frau aus scheinbar großer Entfernung

Erschöpft fiel ich auf die Knie. Wie durch einen Schleier nahm ich sie war als sie vor mir stand. Das "Tapf Tapf" erklang nach wie vor in meinen Ohren



"Schatz? Wo ist Tim? Was ist denn passiert"



Die ganze schöne Geschichte die ich mir zurecht gelegt hatte war aus meinen Gedanken gewichen. Das er weg war, das ich nach Hause bin weil ich dachte das er bockig wie er es immer war wenn er etwas mit mir unternahm bereits den Heimweg angetreten habe und zu meiner Verwunderung würde er nicht da sein, die Polizei würde ihn suchen und irgendwann würden wir ihn finden, das Seil seines Schlitten um den Hals in einem Baum hängend, es war alles so super durchdacht! Es sollte so aussehen als wenn er mit dem Schlitten den Baum hinauf klettern wollte, aber bei den Witterungsverhältnissen den halt verlor und sich beim hinab fallen die Schnur um seinen Hals wickelte. Diese kleine Monster, niemand hätte es erfahren! Sicher hätte ich ein paar unschöne Fragen beantworten müssen, es war kein Geheimnis das mich Tim oft bis auf das Blut reizte, aber es hatte niemand gesehen! Und niemand konnte sagen das ich dabei war, der Schnee war eine große Hilfe...so aber kam aus meiner röchelnden Kehle



"Ich habe dieses kleine Dreckstück erwürgt!"



Nach diesem Satz verstummte das "Tapf" für immer