Biografien & Erinnerungen
Herbsturlaub zum 3. ... - "Flachlandtiroler"

0
"Herbsturlaub zum 3. ... - "Flachlandtiroler""
Veröffentlicht am 01. November 2011, 8 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Bisher von mir erschienen im Verlag neun9zig Liebe mbH ISBN 978-3-944907-00-0 Querfeldein ISBN 978-3-944907-02-4 Beide Bücher leider komplett ausverkauft. Noch erhältlich bei Amazon, Verlag neun9zig oder direkt bei mir: Quertextein und hinterm Komma links ISBN 978-3944907215 Kontaktaufnahme über meine Homepage: http://quertextein.jimdo.com/
Herbsturlaub zum 3. ... - "Flachlandtiroler"

Herbsturlaub zum 3. ... - "Flachlandtiroler"

 

Herbsturlaub - zum 3. …

Flachlandtiroler“

 

Ruhpolding.

Wie wunderschön das schon klingt. Nach Ruhe, Entspannung und einer beschaulichen Einkehr beim Poldi-Wirt zum Heurigen oder auf ein Weißbier.

 

Ja, denkste, Puppe.

 

„Also, wenn ihr dieses Jahr im Herbsturlaub wieder nach Bayern fahrt“, hatte unser Kind schon im Sommer verlauten lassen, „würde ich gerne mitkommen.“ Geht einem da als Mutter nicht das Herz auf, wenn die 20-jährige Tochter den Wunsch äußert, wieder einmal eine Woche mit den Eltern zu verreisen? Zumal sie weiß, dass dann die eher weiblich geprägten Wünsche wie beispielsweise eine Shoppingtour durch Salzburg (okay, nicht gerade in Bayern, aber da aus Gründen der preiswerteren Tankfüllung ohnehin angefahren, sozusagen direkt „am Weg“ gelegen), einer Bootsfahrt über den Königssee oder einer Berg-“Bezwingung“ per Gondel eher Gehör beim Familienvorstand finden, als wenn frau alleine mit dem Gatten verreist. Aber auch der Vater freute sich ein Loch in den Bauch, seine „Kleine“ nicht sieben Tage lang der Einsamkeit des von den Eltern verlassenen Hauses überlassen zu müssen. Vater einer Tochter eben. Dass der begehrte Urlaub knapp nach Ausbildungsbeginn eigentlich noch in die Probezeit fiel – Peanuts. Ein Augenaufschlag – und los ging's zu dritt Richtung Süden, wo uns eine wirklich hübsche Ferienwohnung und ein Herbstwetter allererster Sahne willkommen hießen.

 

Mit Einkaufsbummel und Schwimmbadbesuch ließen wir das Ganze locker angehen. Schon klar, dass Tochter und Frau sich an wenigstens zwei Tagen dem väterlich/ehemännlichen Wunsch nach körperlicher Ertüchtigung freiwillig würden beugen müssen … Die erste Wanderung zur alten Glockenschmiede war dann auch ein gnädig von der weiblichen Fraktion der Familie abgesegneter Spaziergang und recht nett, aber eine richtige Bergtour in Wanderstiefeln gehört zu einem Bayern-Urlaub eben auch dazu. Also auf zur „Hörndl-Alm“. Kling nett, oder? „Geführte Bergtour mit unserem Wanderführer. Schwierigkeitsgrad mittelschwer“ hatte im Veranstaltungskalender der Tourist-Info gestanden.

 

Normalerweise geht Josef (Name von der Autorin geändert) nur mit mindestens fünf oder sechs Wanderwilligen auf Tour, aber wahrscheinlich fand er uns drei Norddeutsche so reizend, dass er auch mit uns alleine loszog.

„Habts eure Stöcke dabei?“

Hatten wir. Ein Paar. Mit Stöcken zu wandern ist affig (fand unsere Tochter), einer pro Person reicht (fanden wir). Josef, unser Führer, verzog keine Mine.

„Hörndl-Alm – zwei Stunden“ wies das verwitterte Holzschild am Ausgangspunkt unserer Wanderung aus. Hach, ein Klacks für uns.

Hätte ich gewarnt sein sollen, als Sepp nach etwa fünf Minuten die in gemütlichen Serpentinen aufwärtsführende Straße mit den Worten „Pack mer's, steig mer auffi“ verließ und auf etwas einbog, für das die Bezeichnung „Weg“ sehr euphemistisch gewesen wäre? Buchstäblich über Stock und Stein, sprich: knorrige Baumwurzeln und Geröll kletterten wir bergan. Wären wir ohne Sepp losgezogen, hätten wir nach 300 Metern kehrtgemacht, in der sicheren Gewissheit, irgendwo vom rechten Wege abgekommen zu sein. So aber kraxelten wir steil Richtung Sonnenaufgang auf einem Pfad, der streckenweise an das fast ausgetrocknete Flussbett eines sonst reißenden Bergbachs erinnerte (ein dünnes Rinnsal unter unseren Profilsohlen nährte diesen Verdacht in mir …) und mich den Rest der Zeit zweifeln ließ, ob ich im Notfall lieber nach links den Abhang hinunterstürzen oder mich auf der rechten Seite an den Berg pressen und auf Hilfe aus der Luft warten sollte. Na gut, ganz so schlimm war's nicht, aber für die Dramaturgie macht sich so ein Vergleich natürlich gut.

 

Nach einer Viertelstunde blickte Sepp sich suchend um. Unsere Tochter lief mühelos hinter ihm her, ein paar Meter weiter folgte mein Mann, dann kam 150 Meter nichts und dann kam ich.

„Magst schnaufn?“, rief unser Wanderführer mir fragend entgegen.

Dankbar nickte ich. Sepp stützte sich wartend auf seine Stöcke und blickte freundlich grinsend auf mich herab, bis ich Minuten später zu der kleinen Gruppe aufgeschlossen hatte. Hechelnd.

„Gehts wiada?“

Wie bitte? Entgeistert starrte ich seine Rückfront an. Ohne dass ich auch nur den Hauch einer Chance gehabt hätte den Kopf zu schütteln, hatte sich Sepp bereits wieder gipfelwärts gedreht und stapfte davon. Egal. Auf der Alm würden uns eine deftige Brettljause und und ein gepflegtes Dunkles für alle Mühen entschädigen.

„Naaa, die Oim is net bewirtschaftet“, beschied uns Sepp auf Nachfrage, „aber drunten im Gasthaus, do kriag mer wos zum Trinken.“

Nun gut.

Nach der dritten von mir verschuldeten Zwangspause drückte mir unser Wanderführer seine Stöcke in die Hand. „Nochha tuast di leichter mit zwoa als wie mit nur oanem“. Recht hatte er. Er selbst – übrigens so schätzungsweise Mitte Sechzig – steckte die Hände in die Jackentaschen und hüpfte leichtfüßig wie eine Gemse voran. Hätte nicht viel gefehlt, und er hätte ein fröhliches Liedchen gepfiffen. Unsere Tochter ihm immer dicht auf den Fersen. Vermutlich hätte sie die Strecke auch in Highheels bewältigt und wäre in der Lage gewesen, nebenbei SMS zu verschicken.

 

Um es kurz zu machen: Nach zwei Stunden (Doch, tatsächlich! Allzu schlimm hatten wir Flachlandtiroler uns also gar nicht angestellt. Nicht mal ich, so insgesamt gesehen.) erreichten wir die Hörndl-Alm, und im Angesicht der sonnbeschienenen, hellgrauen Hörndl-Wand vor tiefblauem Himmel verzehrten wir zufrieden und ein bisschen stolz unsere mitgebrachte Brotzeit. Dankbar wollte ich Sepp seine Stöcke zurückreichen. Für den Abstieg würde ich sie nicht benötigen.

„Naaa, die beholtst. Die brauchst scho noch, glaub mias.“ Recht hatte er. Wieder.

Dank der Stöcke erreichte ich mit zwar schmerzenden Knien und Zehen aber heilen Knochen das Tal. Und ich war auch nur zweimal ausgeglitten (in der Nacht zuvor hatte es geregnet) und unsanft auf den Allerwertesten gefallen. Die schmutzige und feuchte Jeans und das Grinsen meiner Familie konnte ich im Wohlgefühl der erbrachten Wanderleistung locker verschmerzen. Dass das Gasthaus am Endpunkt unserer Wanderung seit zwei Tagen Betriebsferien hatte – geschenkt. Sepp trieb den Wirt auf, der uns nicht nur das Gewünschte auf seiner Sonnenterrasse servierte, sondern sich selbst auch ein Weißbier genehmigte und uns Gesellschaft leistete, bis uns der Linienbus nach Ruhpolding zurückbrachte.

 

Tage später entdeckte ich übrigens ein Schild des Deutschen Alpenvereins mit der offiziellen Sprachregelung, die Schwierigkeitsgrade der bayerischen Wanderwege betreffend: „Mittelschwere Steige“, war darauf zu lesen, „sind schmal und meist steil angelegt. Kurze absturzgefährdete Passagen oder drahtseilgesicherte Stellen sind zu bewältigen.“

 

Jepp, schönen guten Tach auch ...

http://www.mscdn.de/ms/karten/v_538432.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_538433.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_538434.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_538435.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_538436.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_538437.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_538438.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_538439.png
0

Hörbuch

Über den Autor

Gunda



Bisher von mir erschienen im Verlag neun9zig

Liebe mbH
ISBN 978-3-944907-00-0
Querfeldein
ISBN 978-3-944907-02-4

Beide Bücher leider komplett ausverkauft.

Noch erhältlich bei Amazon, Verlag neun9zig oder direkt bei mir:
Quertextein und hinterm Komma links
ISBN 978-3944907215

Kontaktaufnahme über meine Homepage: http://quertextein.jimdo.com/

Leser-Statistik
74

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
Gunda Re: Re: Re: Schon bei dem Gedanken -
Zitat: (Original von Novalis63 am 23.11.2011 - 08:20 Uhr) Mit Norddeutschen in die Berge gehen ist immer wieder nett.
Ihr seit da echt zum verlieben ...



Lach ... Kann man dich als Bergführer buchen? Wir sind ja lernfähig :o)

Lieben Gruß
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
Novalis63 Re: Re: Schon bei dem Gedanken - Mit Norddeutschen in die Berge gehen ist immer wieder nett.
Ihr seit da echt zum verlieben ...
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Re: Schon bei dem Gedanken -
Zitat: (Original von baesta am 13.11.2011 - 22:07 Uhr) an so eine Bergtour schüttelts mich. Bin zwar das Gebirge gewöhn, aber nicht schwindelfrei und meine Arthrose.....
Man konnte aber in Deiner Geschichte alles nachvollziehen, als sei man selber dabei gewesen. Toll geschrieben, 5 *****.
(PS. Komme nur so nach und nach zum Lesen, deshalb auch jetzt erst mein Kommi.)


Liebe Grüße
Bärbel


Lach ... Ich kenne das, Bärbel. Wenn man mal ein paar Tage nicht hier war ... Aber von dem Anspruch an mich selbst, alles "nachlesen" zu wollen, habe ich mich inzwischen freigemacht, das schafft man gar nicht,

Danke dir herzlich für deinen Kommentar.

Lieben Gruß
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Schon bei dem Gedanken - an so eine Bergtour schüttelts mich. Bin zwar das Gebirge gewöhn, aber nicht schwindelfrei und meine Arthrose.....
Man konnte aber in Deiner Geschichte alles nachvollziehen, als sei man selber dabei gewesen. Toll geschrieben, 5 *****.
(PS. Komme nur so nach und nach zum Lesen, deshalb auch jetzt erst mein Kommi.)


Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
NORIS Re: Re: herrlich ... -
Zitat: (Original von Gunda am 08.11.2011 - 17:17 Uhr)
Zitat: (Original von NORIS am 02.11.2011 - 18:34 Uhr) dank deiner schilderung konnte ich wunderbar mit euch mitwandern ... es erinnert mich so an südtirol ...

lg
heidemarie



Grins: Na, so ein virtuelles Mitwandern ist ganz schön praktisch, nicht wahr? Da tun einem die Füße nicht so weh ;o))

Lieben Gruß
Gunda


und die blasen bleiben einem auch erspart ... grins
Vor langer Zeit - Antworten
PhanThomas Re: Re: Re: Re: Ja wie gehen dann die ... -
Zitat: (Original von Gunda am 08.11.2011 - 17:25 Uhr)
Zitat: (Original von PhanThomas am 02.11.2011 - 21:32 Uhr)
180cm ... Donner und Doria! :-D Wir sollten uns nur auf Stühlen sitzend begegnen, herrje ... ;-)


Grins ... Ich sitzend, du stehend? Aua, nicht hauen ...

Selbst dann, liebe Gunda, selbst dann fürchte ich, ziehe den Kürzeren. :-D
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Re: tja -
Zitat: (Original von Rajymbek am 07.11.2011 - 18:53 Uhr) Solche Touren muss meine Familie mit mir auch aushalten... lach. Nur meist erkundige ich mich vorer, ob die Hütte auch geöffnet ist, nachdme ich in meiner Greenhornphase auch schon verschlossenen Toren stand.

VLG Roland



Eigentlich waren wir davon ausgegangen, dass die Alm bewirtschaftet ist. Wir hatten aber zwei Touren, über die wir uns vorher informiert hatten, gedanklich durcheinandergemixt ... Pech, aus dem man aber lernt :o))

Lieben Gruß
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Re: Nur gut, ... -
Zitat: (Original von pekaberlin am 06.11.2011 - 11:59 Uhr) ... dass der Verein keine militärischen Termini nutzt ... da gibt's ja schon bei "leicht" Verwundete und Tote.
Aber nett san's doch? Die echten Bayern (also nicht die Münch'ner) ... oder? Aber eigentlich, Gunda, hatte ich auf eine Pointe, eure Tochter betreffend gehofft.
Na, bist halt immer für 'ne Überraschung gut!
Liebe Grüße Peter



Du meinst, so rein vom Belletristischen her? Hast Recht, Peter, eine solche Pointe hätte der Einstieg zur Geschichte eigentlich nahe gelegt. Na ja, hak es ab unter "Erlebnisbericht" :o))

Lieben Gruß
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Re: liebe gunda -
Zitat: (Original von rainer001 am 03.11.2011 - 22:54 Uhr) wie immer sind deine reiseerlebnise leckerbissen für gemüt .
du bringst es so trocken rüber, du könntest es auch zum karneval in einer bütt bringen ,
die strapazen sehe sie nicht so eng, ich denke es würde hier jeder dieses nicht nur mal so mit links machen.
aber zum schluß es ist wiedermal gundahaft .

lieben gruß zu dir rainer



Na, im Nachhinein empfindet man die Strapaze natürlich gar nicht mehr als eine solche, aber wenn du links einen Berg, rechts einen Abhang und vor dir einen schmierigen Weg siehst, dann wird dir schon ein bisschen mulmig ...

Danke für dein Lesen, Rainer.

Lieben Gruß
Gunda
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Re: Re: Re: Ja wie gehen dann die ... -
Zitat: (Original von PhanThomas am 02.11.2011 - 21:32 Uhr)
180cm ... Donner und Doria! :-D Wir sollten uns nur auf Stühlen sitzend begegnen, herrje ... ;-)


Grins ... Ich sitzend, du stehend? Aua, nicht hauen ...
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
43
0
Senden

61664
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung