Biografien & Erinnerungen
von lächelnden Engeln und sterbenden Herzen

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"von lächelnden Engeln und sterbenden Herzen"
Veröffentlicht am 28. Oktober 2011, 34 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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von lächelnden Engeln und sterbenden Herzen

von lächelnden Engeln und sterbenden Herzen

Du solltest ein Buch schreiben

Schon vor Jahren hörte ich den Satz „Du solltest ein Buch schreiben…“ doch nie kam es soweit, denn wer möchte diese Geschichte schon hören.

Heute sitze ich hier, im Schneidersitz an meiner Balkontür und lasse den Blick über die Hausdächer hinweg zu den Wäldern bis hinauf zu den bedrohlich schwarzen Wolken schweifen. „Es wird regen geben“, so sagt man doch wenn ein dunkler Schleier sich langsam über den blauen Himmel legt. Doch wie nennt man diesen Schleier tief im Inneren, diese bedrohliche schwarze Front die langsam über deine Seele kriecht, dein Herz umschließt und Dir die Luft zum atmen nimmt. Dafür gibt es keine Floskel, keinen Spruch der in nur wenigen Worten das umschreibt was ist und was sein wird. Ganze Bücher werden gefüllt mit Seelenschmerz, Trauer und Frust, Milliarden Umsätze mit schlauen Psychobüchern und pädagogisch wertvollen Ratgebern gemacht.

Ja, natürlich habe auch ich all diese Ratgeber hier, immer griffbereit denn man kann ja nie wissen… Es ist doch so einfach mal auf Seite 17 nachzulesen wie sich ein Problem mit nur einem Spruch lösen lässt, das ganze Leben mit nur einem Seminar umgekrempelt und aus einer ganz anderen Sichtweise – nämlich glücklich und zufrieden – gesehen werden kann. So einfach alles hinter sich zu lassen, den Kopf frei zu bekommen und wieder von vorne anzufangen. Man braucht doch nur ganz fest daran zu glauben… Und ich glaube und glaube, doch nichts ändert sich, der Sinnspruch von Seite 17 lässt mich nur tiefer in die Abgründe meines Lebens blicken und zeigt, dass ich nicht mal dazu fähig bin einen dummen Spruch in meinem Herzen einzubinden.

 Ich sitze hier, weiß „es wird regen geben“ und ich kann nichts, rein Garnichts daran ändern.

Also schreibe ich ein Buch, eine Geschichte, was auch immer. Denn wer ist man schon als durchschnittlicher Mensch das man ein ganzes Buch mit so vielen geistreichen Ideen und vielen schönen Träumen wie ein Schriftsteller füllen könnte. „Du solltest ein Buch schreiben“, ja das haben Sie zu mir gesagt, warum auch immer. Die Ironie des Lebens, der schwarze Humor oder ist es vielleicht doch die geballte Ladung an schlechten Filminhalten die sie davon überzeugt dass ich einen Bestseller verfassen kann. Was auch immer, warum auch immer, es ist doch für die eigene Seele immer noch Balsam zu sehen dass es Anderen genauso bzw. noch schlechter im Leben erwischt haben.

Es muss mit 10 oder 11 Jahren gewesen sein, die Entscheidung meinen Tieren eine Priorität einzuräumen. Ja, Tiere belügen Dich nicht, sie nehmen Dich so wie Du bist und bleiben Dir ewig treu. Ob das nun daran liegt, dass Du die Hand bist die sie füttert oder ob sie dich wirklich mögen, diese Frage kann und will ich nicht beantworten. Mein leichter Hang zur Gutgläubigkeit bestärkt den Glauben dass meine Tiere mich wirklich liebten und lieben. Heute fühle ich mich bestätigt, weiß dass die damalige Entscheidung richtig war, ich hätte mich einfach mehr daran halten sollen.

Nein, es ist jetzt nicht die Zeit über verletzte Gefühle und gebrochene Herzen zu sprechen, es ist nie die richtige Zeit über diese Dinge zu reden denn in keinem Ratgeber dieser Welt steht geschrieben wie man eine Erinnerung durchleben kann ohne ein klein wenig den Schmerz zu fühlen, selbst wenn dieser auch nur in der Erinnerung zu sein scheint.

Selbst nach so vielen Jahren und einer gefühlten Ewigkeit zerreißt mir der Gedanke an meine ehemaligen besten Freunde, meine Wegbegleiter und an geliebte Menschen das Herz.

Nein, es ist nicht die richtige Zeit dafür, die Ironie und der schlechte Film lässt Andere in ihrem Sein ein bisschen Glück finden. Also bleiben wir dabei, Geschichten die das Leben schrieb.

 

 

wie

Ich bin nun soweit dass ich mich so weit wie möglich aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen habe, zurückgezogen in meinen engsten Freunde und Familienkreis um eine der grausamsten Fragen aus dem Weg zu gehen. "Und wie geht's Dir so, was hast Du gemacht in den letzten Jahren..."
Die Vorstellung diese Floskel auch nur ansatzweise Beantworten zu müssen lässt mein Herz rasen und in meinem Kopf überschlagen sich die Ereignisse der Jahre wie in einem Zeitflash, Hochzeit, Hausbau, Hausverkauf, Tod, Leid, Freude, Umzug, Geburt, ......... PANIK.
Wer hält denn schon etwas auf die Meinung der Anderen, sollen Sie doch reden, das tun sie doch sowieso, aber warum kann nicht ich diejenige sein die mit einem weißen Zahnarztlächeln ihre Handtasche öffnet, ein bisschen kramt und dann die Bilder, sortiert nach Priorität und Bildqualität auf den Tisch legt. "Mein Kind, mein Mann, mein Haus, mein Auto, mein perfektes Leben".. Doch sollte ich diese Frage wirklich einmal wahrheitsgemäß beantwortet müssen, ja dann würde ich mich mit meinem letzten bisschen Würde an einen Tisch setzen und die ganze Geschichte beginnen mit dem Worten "Tja, es läuft einfach im Leben nicht so wie man denkt..."
Ich bin jetzt also 33 Jahre alt, habe eine 4 Jährige Tochter von einem Mann der mich betrogen hat, das ist aber nicht der mit dem ich vorher verheiratet war. Lebe nun bei meinem Freund oder Exfreund - wer weiß das schon so genau - der mich seit knapp einem Jahr auch betrügt und kann nichts tun als eine gute Mutter zu sein und zuzusehen was das Leben als nächstes für mich bereit hält...
Ach so, warum ich nicht ausziehe, woher ich die Kraft nehme diesen 3 Mann immer noch gegenüber zu treten, wie ich mit meinen Schwiegereltern und seinen Geschwistern unter einem Dach leben kann und warum jeder Versuch zu weinen in einer tiefen Leere endet, das ist eine lange Geschichte..
Aber es wäre mir doch einfach nur das Liebste, wenn mich keiner Fragen würde wie es mir so ergangen ist in den letzten Jahren...


Fortsetzung folgt..

Von der dritten \"letzten Ölung\"

Er war mein großes Vorbild, mein Mentor und bester Zuhörer. Er war mein Freund und größter Gegner, er war mehr als nur mein Vater, er war ich. Seit 6 Jahren ist er nicht mehr an meiner Seite und schon jetzt bei den ersten Worten dieses minderwertigen Versuches die Zeit mit ihm in einen Rahmen zu zwängen fließen die Tränen.
Der Rahmen muss groß sein, groß und kantig, viele Ecken die nicht immer im Winkel stehen sondern wie von einem kleinen Kind hilflos aneinander geleimt sind. Ein goldener Rahmen mit Prunk und Glamour, innen teilweise hohl und von Würmern des Scheins zerfressen. Risse für jeden Tag der Verzweiflung, des Hasses und der Trauer, viele Risse, tief wie Lebenslinien in das Holz des Prunkvollen hinein geprägt. Das Gold glänzt mit seiner ganzen Macht und erinnert an die vielen monumentalen Momente dieses Lebens, an die Momente des Stolzes und dem Stand ganz oben am Podest. An die Zeit der Gewinner und an mich als Tochter mit nur einem Gedanken im Kopf - mein Dad, ja, der Mann da in der ersten Reihe, dieser tolle Mann mit so viel Herz, Verstand und diesem unwiderstehlichen Charme ist mein Dad.

Ja, er stand am Podest und wir standen hinter ihm, begleiteten ihn auf seinem beruflichen Erfolg viele Jahre mit 100en Geschäftseröffnungen und noch mehr pompösen Auftritten. Ja, er stand am Podest und wir sahen zu ihm auf, er war ein toller Mann! Ein toller Geschäftsmann, ein Kämpfer mit Herz und einer Art sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren dass es nur zwei Möglichkeiten gab, Liebe oder Hasse ihn, es gibt keine Grauzone, Schwarz oder Weiß, nimm ihn wie er ist, ertrage seine ehrliche Art oder geh ihm aus den Weg. "Sag immer lächelnd die Wahrheit" - oh ja, das tat er, er war ein toller Mann.

Er war ein toller Mann, nur das mit dem tollen Vater war nicht ganz so prunkvoll. Das Podest war zwar hoch aber doch konnte er den Preis als Superdaddy nicht gewinnen. Business und Geschäft gingen vor, unser sorgenfreies Leben, keine finanziellen Probleme und der Ehrgeiz es auch in einem fremden Land ganz nach oben zu schaffen haben ihn voll und ganz in Anspruch genommen. Keine Zeit für ein kleines stückchen Normalität. Aber das machte nichts, denn in unserem Leben war nie etwas normal, wir waren die "Fremden" in einem Land mit derselben Muttersprache. Ja, es gibt Dinge die ändern sich nie, und die Beziehung zwischen dem österreichischen und deutschen Volk wird nie über die Neidgrenze hinauswachsen. Man gewöhnt sich an die Piefki Witze und obwohl ich nun seit 32 Jahren hier in Österreich lebe wird meine Aussprache belächelt und mein deutscher Reisepass als Beweis meiner Nicht-Zugehörigkeit dargelegt.  Nachdem ich vor 4 Jahren meine Tochter geboren habe wurde mir noch einmal in aller Deutlichkeit klargemacht, dass Steuerzahlungen, ein Wohnsitz und Arbeitsplatz noch lange nicht ausreichen sich heimisch zu fühlen. Die 6 wöchige Frist eine Aufenthaltsgenehmigung für meine Tochter zu beantragen oder "abgeschoben" zu werden schockierte mich damals zutiefst! Doch dieser Ausflug in die Bürokratie soll meine Geschichte über meinen Vater nicht trüben.

Ja, er war ein toller Mann! Ja, er hatte nicht viel Zeit für uns, war viel unterwegs um Träume zu verwirklichen, seine Träume ein perfektes Leben zu erschaffen. Erst in einem Reading zwei Jahre nach seinem Tod erzählte er, dass er den falschen Traum gelebt hat, dass es ihm leid tue, nicht mehr Zeit mit uns verbracht zu haben.

All die Dinge die er bewegt hat, die Menschen mit denen er arbeiten durfte und die sein und auch unser Leben geprägt haben. Er war toll, denn er hätte doch eigentlich mit 25 sterben müssen und hat uns erst - allen Ärzten zum Trotz - im Alter von 62 Jahren verlassen. 

Wenn man mich heute fragt, woran genau mein Vater gestorben ist, und welche Krankheiten er denn nun hatte kann ich nur Bruchstücke eines großen Puzzles finden. Nie habe ich genau verstanden welche Krankheit was ausgelöst hat, wodurch sich der jahrelange körperliche und geistige Zerfall ergab und ob es eine "Gabe" oder "Strafe" war, so viele Jahre damit zu leben.

Und hier, genau bei diesen zwei so großen Wörtern "Gabe und Strafe" beginnt unsere Geschichte. Wir, mein großer Bruder und ich dürfen unsere Kindheit als sorgenfrei definieren, wunderschönes Zuhause, eine liebevolle Mutter, alle Wünsche ihm Rahmen des Machbaren wurden erfüllt. Eigentlich waren wir glücklich, eigentlich hatten wir doch alles was Kind braucht, eigentlich waren die Besuche bei unserem Vater im Krankenhaus Routine. Es war doch normal für uns dass er alle paar Wochen dort lebte, dass ihn Ärzte und Schwestern duzten und wir uns dort wie in einem Ferienhaus bewegten. Der Geruch und die Räume vertraut, die kindliche Naivität als Schutz vor dem düsteren Hintergrund dieser vielen Stunden am Krankenbett unseres Vaters. Es war doch normal für uns dass unser Dad dieses Nachthemd trug, eine Wasserflasche auf seinem Nachttischchen, daneben die vielen bunten Pillen, sortiert nach Tagen, fein säuberlich beschriftet. Seine Kulturtasche, Geldbörse und natürlich die Zigaretten nicht zu vergessen immer griffbereit, daneben der Bademantel für die Ausflüge in das Krankenhaus-Beisel.

Es war ein Geschenk des Himmels dass wir diese Naivität fast bis zum Schluss behalten durften, dass wir die Besuche im Krankenhaus wie selbstverständlich sahen. Ein Besuch bei unserem Dad, ob Zuhause oder auf der Medizin 3 machte keinen Unterschied. Nur die Bettnachbarn störten manchmal. Doch es gab Ausnahmen, es gab Momente der Verzweiflung und der Angst zu spät das Zimmer zu erreichen. Autofahrten wie in einem schlechten Bollywoodfilm durch den Schleier der Tränen und doch das Gaspedal bis zum Anschlag durchgedrückt. Streit mit Verkehrspolizisten über läppische Geschwindigkeitsbeschränkungen und Parkverbote obwohl unser Vater wiedermal mit dem Tod ringt. Ja, wiedermal, wiedermal und wiedermal. Wer hätte denn damit gerechnet dass die letzte Ölung nicht automatisch wirklich die letzte Ölung ist, dass Ärzte auch nur in Glaskugeln blicken und den Tod nicht vorhersagen können. Wer hätte denn damit rechnen können dass unser Vater einfach nicht sterben wollte.

Ich fühle es, ich lebe es, der Gang im Krankenhaus, mein Bruder und ich, ein Arzt. Er hat diesen Blick, dieser Blick der mehr sagt als 1000 Worte. Wieder Bollywood, Zeitraffer, verzerrte Stimme, er wird es nicht schaffen, nicht diese Nacht. "Es tut mir leid" - mir auch. Verabschieden, seine Hand halten und ihm sagen dass es gut ist, dass es OK ist wenn er geht, dass wir auch ohne ihn weitermachen werden, dass wir Ihn lieben und dass er loslassen kann. "Dad, Du kannst gehen wenn Du das möchtest, wir lieben Dich, aber es ist gut wenn es für Dich gut ist. Du musst nicht für uns bleiben." Stark sein, nicht weinen, nichts anmerken lassen, es ist doch Routine, nicht die Erste und auch nicht die letze Ölung... Verabschieden und gehen, zurück in die Realität, arbeiten und Familie, man kann doch nicht jahrelang alles stilllegen. Abends nochmals der entscheidende Anruf, er wird die Nacht nicht überleben. Eine lange Nacht, Verwandte sind angereist, Freunde sind gekommen, verabschieden von einem tollen Mann. 

Der nächste Morgen, noch kein Anruf, kein Lebenszeichen. Der Weg ins Krankenhaus unendlich weit, und doch ein Augenzwinkern. Dort sitzt die Familie, dort auf der Bank vor der Medizin 3. Ich kann die Blicke nicht deuten, steuer direkt auf meine Mutter zu, erwarte ein Lächeln oder den Zusammenbruch. Nichts, nichts passiert, sie schickt mich in sein Zimmer. Medizin 3, Zimmer 16, ein Einzelzimmer, Sterbezimmer sind immer Einzelzimmer, man darf sich alles wünschen und auch wenn man es nicht glauben möchte, man darf dort auch ausnahmsweise seine letzte Zigarette rauchen.. Und dort, dort im Zimmer 16 ist mein Vater. Das der Weg den Korridor entlang ewig dauerte, das kalte weiße Licht micht blendet und all die anderen Szenarien "Best of Hollywood" lasse ich nun getrost weg - aber es ist tatsächlich so. Manchmal ist gutes Kino auch bittere Realität.

Zurück zu Zimmer 16, ich öffne die Tür, dort liegt mein Dad, liegt in seinem Bett mit einem breiten Grinser und sagt "Mensch Mädel, was kuckst Du denn so, die können mich doch alle am Ar... lecken, ich sterb doch nicht so einfach. Ich geh jetzt nach Hause". Und was macht "Mädel", Mädel fragt Ihren Vater ob er nicht ganz dicht ist, warum er noch lebt, was passiert ist und steht doch nun wieder zwischen den zwei großen Wörtern "Gabe und Strafe".

Denn Beide wissen doch, irgendwann, ja irgendwann ist es wirklich die letzte Ölung und hoffentlich können Sie dann das Ganze noch ernst nehmen..

Wahre Freunde helfen, auch beim Umzug Nr. 17..

Ich bin nun endlich angekommen - wiedermal.. Neue Wohnung, neues Glück, neues Leben..

Meine Freunde warnen mich, sie helfen mir nicht mehr wenn ich nicht mindestens 10 Monate durchhalte, sie belächeln mich, ich solle mein 13.000 Teile puzzle lieber auf kleine Platten kleben damit ich es leichter transportieren kann, bzw. wer weiß schon ob ich es nun in dieser Wohnung fertigstelle..

Ich lächle mit, lächle über ein Leben das so ganz und gar nicht meinen Vorstellungen entspricht, dass so gar nicht in das 0815 Schema eines Durchschnittsbürgers passt. Lächle und versuche mich zu rechtfertigen, viele, ja viele meiner Umzüge waren weder freiwillig noch geplant. Viel ist in meinem Leben passiert dass mich zu einer Handlung gezwungen hat. Doch würde ich es nicht anders machen, bereue keinen Schritt in meinem Leben. Denn immerhin habe ich nicht nur viel aufgegeben, nein, ich habe auch viel gewonnen. Viel Lebenserfahrung, den schnellen und effizienten Umzugsstil und ständig neue Möbel... - da muss ich doch selber schmunzeln.. 

Würde Gott nun vor mir stehen und mir die Möglichkeit geben nochmals von vorne anzufangen, dann würde ich das NIEMALS tun! Denn auch wenn ich ganze Seen geweint habe, mein Herz mir mehrmals aus dem Leib gerissen wurde, ich öfters mit dem Rücken zur Wand gestanden bin als ich sorgenfrei gelebt habe gibt es ein paar Dinge in meinem Leben die ich nicht missen möchte und die ich auch nur durch diesen unorthodoxen Lebensstil erreichen konnte.

Diese Geschichte ist eine Dedikation an meine Freunde und für alle Anderen der Beweis, dass man auch nach Umzug Nr. 17 immer noch darüber lachen kann und es keine Garantie gibt, nun endlich angekommen zu sein...

Wohnung Nr. 1:
Ich bin 18, wohne noch zuhause bei meinen Eltern. In 6 Wochen schreibe ich mein Abi, es ist verdammt schwer den Stoff von 5 Jahren in so kurzer Zeit nachzuholen. Wo war ich nur die ganze Zeit, bin ich wirklich in diese Schule gegangen, ich wusste gar nicht das jemals gehört, geschweige denn gelernt zu haben. Meine Mutter nervt, "Warum lernst du nachts, mach doch die Musik aus, dann kannst Du dich besser konzentrieren, räum dein Zimmer auf, bla bla".. Ich kann es kaum noch ertragen, der Druck wird enorm und ich wünsche mir nur ein Zimmer in das ich mich zurückziehen und auf meine Art lernen kann. Ich werde erhört und darf in die leer stehende Wohnung einer Freundin einziehen. Keine Miete, groß und hell - HURRA, endlich frei. Abitur bestanden, und den festen Vorsatz nie wieder nach Hause zu ziehen..

Wohnung Nr. 2:
In etwa ein Jahr ist vergangen, meine Freundin möchte ihre Wohnung zurück, also suche ich mir eine kleine eigene Wohnung zur Miete. 30m², ein Zimmer, keine Heizung, aber wer braucht das schon, die Dachterrasse ist riesig und wunderschön, da verzichtet man doch gern auf den Luxus der Wärme. Zu diesem Zeitpunkt war ich leider noch unerfahren in diesen Dingen und schon nach dem Einzug Ende Oktober wurde mein Begleiter ein Elektroradiator - sowohl im Bett als auch im Badezimmer. Es ist irrsinnig romantisch morgens die Eiskristalle vom inneren des Fensters entfernen zu können, wenn es dabei nicht nur so kalt wäre...

Wohnung Nr. 3:
Ende Februar, knapp 4 Monate habe ich in meiner kleinen Wohnung ausgehalten, dann der Vorschlag meines Bruders gemeinsam mit einem Freund eine WG zu gründen... SUPER - Ich bin dabei, Hauptsache eine Heizung... Also ziehen wir alle gemeinsam in ein großes Haus, jeder hat mit seinem Partner ein Zimmer, Gemeinschaftsküche und Wohnzimmer, zwei Badezimmer und ein riesiger Garten. Leider haben wir beim Bodenverlegen die Türen nicht berücksichtigt und bevor wir diese gekürzt haben sind wir eigentlich schon wieder ausgezogen. Dass wir über ein halbes Jahr alle gemeinsam ohne Türen - außer am WC - gelebt haben und für unsere Privatsphäre einfach den Kleiderkasten vor die Türauslassung geschoben haben möchte ich in diesem Zusammenhang nicht erwähnen..

Wohnung Nr. 4:
Die WG machte meinen Mitbewohnern doch nicht so viel Spaß und Ihr Wunsch auszuziehen war auch für mich zwangsläufig das Ende in dem großen Haus. Also nahm ich mir eine Wohnung, groß, Altbau, etwas feucht, aber mit Garten für meinen Hund - den man von der Größe her eher als Kuh bezeichnen konnte. Meine Nachbarn war ein Pensionistenehepaar, sie verliebten sich sofort in meine Kuh, die vom Charakter eher eine Miezekatze war und auch am Liebsten am Schoß gelegen wäre. Also Garten für den Hund, genug Platz für mich, selber Boden gelegt, ausgemalt, Küche aufgebaut - WOW, schön langsam kam Routine in das Ganze..

Wohnung Nr. 5:
War keine Wohnung, nein es war mein Elternhaus. Ja, damals als ich ausgezogen bin habe ich mir geschworen niemals zurück zu gehen, doch wer hätte denn schon wissen können dass meine Mutter und mein Vater einen unüberwindbaren Disput ausfechten werden. Keine näheren Details, Sie hat sich neu orientiert, er wollte sie rausekeln, ich musste es ausbaden. Also habe ich im stattlichen Alter von 21 meine Mutter vor die Tür ihres eigenen Hauses gesetzt und ihr als Alternative - für den Übergang, bis sich alles beruhigt hat - meine Wohnung angeboten. Und genau das hat sie, und auch mein Vater nicht ganz richtig verstanden, denn meine Mutter hat es sich in meiner Wohnung gemütlich gemacht, dort teilweise mit ihrem neuen Freund gelebt und ich durfte mit meinem Freund bei meinem Vater im Gästezimmer wohnen. Grundsätzlich kein Problem, doch mein lieber Dad hatte leider noch immer die Angewohnheit mich zu behandeln wie ein Kleinkind, weckte uns jeden Morgen und schickte uns nach seinen Vorstellungen von Schlafenszeiten ins Bett - zumindest versuchte er das...

Wohnung Nr. 6:
Nicht ganz 6 Wochen hielt ich das Zusammenleben mit meinem Vater durch. Dazusagen muss ich, dass ich auch mit ihm arbeiten durfte und somit mein Tag mit Ihm und dem Gesprächsthema des betrogenen Ehemannes begann, sich über den ganzen Tag zog und am Abend am Esstisch beendet wurde. Ich wollte einfach nur raus, neue Wohnung auf einem Bauernhof. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich einen Hund, 2 Katzen und ein Pferd und alle durften mit. Da meine Mutter immer noch in meiner Wohnung lebte und ich in keiner Art und Weise daran interessiert war mein altes Bett, Geschirr oder sonstiges von Ihr bzw. Ihrem Freund zurück zu bekommen kauften wir uns alles neu. Noch immer schwebt der Gedanke in meinem Kopf "Er hat von meinem Tellerchen gegessen, er hat in meinem Bettchen geschlafen,..." Dafür verurteile ich noch heute meine Mutter - es war einfach pietätslos! Die Wohnung war schön, wir waren glücklich.. Leider hat unser Vermieter die Sache mit unseren Pferden - wir haben uns ein Zweites gekauft - nicht ganz so ernst genommen, unsere beiden Rösser kamen öfters aus, kleine Kinder spielten auf der Koppel und nach einem glimpflich ausgegangen Vorfall mit einem unbeaufsichtigten Kind und meinem Pferd musste ich leider wiedermal eine Konsequenz ziehen. Da weder ein abgesperrter Koppeleingang noch Warnschilder an dem Freibereich der Pferde angebracht wurde, meine Versicherung mir drohte den Vertrag zu kündigen nahm ich beide Pferde und brachte sie zu Bekannten auf eine Wiese. Keine Endlösung aber zu mindestens Vorübergehend machbar. Mein Freund und ich machten aus der Not eine Tugend, kauften ein Grundstück, bauten einen eigenen Pferdestall, bereiteten alles für unser eigenes Haus direkt daneben vor und heirateten noch zwischendurch.

Haus / Wohnung Nr. 7:
Wir haben uns einen Traum erfüllt, ein eigenes Haus mit Blick auf unsere Pferde und den Stall, ein Mädchentraum in allen Facetten. Tierbestand: 2 Pferde, 2 Hunde und 3 Katzen - ja wir haben sie alle geliebt, es war unser Leben! Der Grund arbeiten zu gehen, unsere kleine Farm.. Doch diese Zeit war getrübt durch den Leidensweg meines Vaters, Firmenkonkurs und endete im Dezember 2005 mit dem Tod meines Vaters. Im Januar reichte mein Mann die Scheidung ein, es war einfach zu viel für uns beide. Ich bin ihm nicht böse, ich bin traurig nicht schon damals erkannt zu haben, dass unser Leben wichtiger hätte sein müssen als mein Vater und unsere Firma. Jetzt ist es zu spät, unser Haus wurde zum Verkauf freigegeben, weder er noch ich konnten es alleine erhalten. Eine weitere schwere Zeit begann, unsere Pferde wurden verkauft, die Hunde wurden getrennt und die Katzen aufgeteilt. Ja, diese Trennung hat tiefe Wunden in meiner Seele hinterlassen.

Haus / Wohnung Nr. 8:
Wo sollte ich nur hin, ich konnte mir alleine unser Traumhaus nicht mehr leisten und wiedermal musste ich mir einen neuen Weg suchen. Dieser führte mich nun geradewegs wieder zurück in mein leer stehendes Elternhaus. Zwar war es noch immer ein Mietshaus, und jede Fliese, jede kleine Unebenheit erinnerte mich nun an meinen Vater. Doch mit Hund und Katze war es in diesem Moment der beste Weg ein neues Zuhause zu finden. Natürlich war das Haus und der Garten riesig und so durfte ich neben meiner Arbeit noch viel Zeit mit putzen und Gartenarbeiten verbringen. Es kam ein neuer Mann, neues Glück und unsere gemeinsame Tochter. Unser Leben war - bis auf die Wohnsituation - perfekt. Ich konnte mich in diesem Haus nicht mehr wohlfühlen, obwohl bzw. vielleicht gerade weil es mein Elternhaus war. Nach 1 1/2 Jahren Beziehung entschieden wir uns gemeinsam zu bauen. Der Keller stand, Rohbau fast fertig kam das unglaubliche Angebot für meinen Freund - 3 Jahre Auslandsjob auf einer der schönsten Trauminseln der Welt. Inkl. Familie.. Wir haben nicht lange überlegt und zugesagt, wie oft hat man denn schon die Möglichkeit "auszuwandern"..

Wohnung Nr. 9:
Das Haus wurde geräumt, komplett geräumt, unsere Möbel stellten wir bei Bekannten unter, als kleine Unterkunft für unsere "Urlaube" in der Heimat mieteten wir eine Miniwohnung mit 30 m². Einziger Haken 5 Stock ohne Lift, aber egal, Kind rauf und runterschleppen hält fit.

Wohnung Nr. 10:
Der Start in ein neues Leben - Abflug auf die Insel und Einzug in ein Reihenhaus am Meer. Wunderschön, warm, aber einsam, keine Touristen, alles Ausgestorben, keine Kinder zum Spielen, keine Freunde. Es war eine lange lange Zeit für mich. Jeden Tag Skype, der Lebensinhalt mein Kind und mein Computer. Freunde belächeln mich am PC: "Wie unzufrieden kann man sein, sitzt auf eine der schönsten Inseln und raunzt..." Ihr habt doch keine Ahnung.. Ich habe meine Mutter 4 Wochen eingeladen - so als Beweis.. Nach 1 Woche war auch ihr langweilig und wir wollten alle wieder nach Hause...

Wohnung Nr. 11 = Wohnung Nr. 9:
Nach 8 Monaten ist das Experiment Ausland gescheitert. Warum.. wir waren irgendwie einsam und auch wenn es abgedroschen klingen mag, zuhause ist es doch am Schönsten... Also Heimflug und bis zur Fertigstellung unseres Hauses in die Miniwohnung. Sehr anstrengend, Kind, 2 Hunde, Katze und wir auf 30 m². Aber wir haben es überstanden. Nach 5 Monaten konnten wir endlich in unser Haus einziehen..

Haus Nr. 3 = Wohnung Nr. 12
Es war ein schönes Haus, groß, hell und freundlich. Perfekt für ein perfektes Leben. Doch dieses Leben hat nur ein paar Monate angehalten. Wir haben uns getrennt, er hatte eine Andere. An einem Sonntag abend hat er mir von Ihr erzählt. Ich konnte es nicht ertragen, habe mein Kind, meine Hunde und ein paar Habseligkeiten eingepackt. Dann bin ich geflohen, geflohen aus dem perfekten Leben, dem perfekten Haus mit dem scheinbar perfekten Mann. Wohin, zu einer Freundin..

Notunterkunft = Nr. 13
6 Wochen auf dem Sofa, 6 Wochen bei Freunden, gute Freunde! Wer hat denn schon Platz für Frau, Kind und zwei Hunden, mit selbst zwei Kinder und Welpen. Nichts desto trotz, es war eine tolle Zeit, eine Zeit voller Tränen, tränen der Trauer und der Freude. Gemeinsam gelacht und geweint. Gemeinsam versucht das "Warum" zu klären. Wir wurden getragen durch eine schwere Zeit, wurden gehalten in den dunklen Stunden und nach vorne getrieben um weiter zu machen. In dieser Zeit habe ich auch einen neuen Mann in meinem Leben kennengelernt. Ein Mann der mich liebte und mir geholfen hat nach vorne zu blicken. Ein Mann der anders schien als der Letzte, ein Mann der mich zu verstehen glaubte. 6 Wochen die ich genossen habe wie einen Aufenthalt bei meiner geliebten Familie. Nach 6 Wochen hatte ich eine Wohnung, habe nochmal von vorne angefangen.

Wohnung Nr. 14:
Eine schöne Wohnung, groß mit pinken Kinderzimmer, einer kleinen netten Küche und einem riesigen Wohnzimmer in dem auch mein Bett einen schönen abgeschiedenen Platz gefunden hat. Immernoch der Mann an meiner Seite der weiß was ich brauche. Ein Mann der immer da ist, der mich nie wieder verlassen wird. Auch er hat eine Wohnung, eine Wohnung im eigenen Haus. Keine Miete, keine Kosten, wir leben in zwei Welten. Unter der Woche bei mir, am Wochenende bei Ihm. Schnell die Diskussion der Sinnhaftigkeit. Meine Wohnung im 3. Stock, täglich mit den Hunden rauf und runter, kein Garten, hohe Miete. Er muss täglich hin und herfahren. Er stellt mich vor die Wahl... Ein Leben mit ihm in seinem Zuhause oder eine Trennung.... Ich liebe Ihn, brauche Ihn und will ihn nicht verlieren. Ich ziehe aus meiner Wohnung zu ihm - ein mulmiges Gefühl im Magen, doch diesmal entscheidet auch mein Kopf mit, es ist sinnvoller bei ihm zu leben. Sinnvoller ein Haus mit Garten für Kind und Hund zu haben. Zwei Monate hatte ich mein eigenes Leben, dann habe ich mich für den Mann, für ein weiteres neues Leben entschieden.

 Wohnung Nr. 15:
Wir hatten das perfekte Leben - wiedermal.. Nur irgendwie glaube dass immernur ich. Irgendetwas mache ich falsch, bin zu anspruchsvoll, zu wenig perfekt. Leider weiß ich immernoch nicht woran es liegt, doch nach nur 3 Monaten hat der perfekte Mann, mein perfekter Mann für den Rest meines Lebens begonnen mich zu betrügen. Erzählt hat er es mir viel später, viel viel später und ich war zu naiv, zu gutgläubig und habe es einfach nicht bemerkt. Es hat noch ein paar Monate gedauert bis ich eine neue Wohnung gefunden hatte, dann war es soweit, der MOMENTAN letzte Umzug ist angebrochen.

Wohnung Nr. 16.:
Hier bin ich nun, angekommen in einer schönen großen Wohnung mit meiner Tochter. Die Hunde leben bei einer Freundin.. Das machte es einfach einfacher. Noch versuche ich meiner Kleinen zu erklären warum "Papa" Nr. 2, unser Zuhause und unsere Hunde nicht mehr bei uns sein können. Noch versuchen wir ein Leben zu finden, ein Leben ohne Mann, ohne weitere Umzüge. Endlich ankommen, endlich zuhause zu sein. Das wäre doch ein Ziel im Leben. Ein Ziel an dem ich zweifle. Denn ich weiss doch, wahre Freunde helfen mirch auch bei meinem Umzug Nr. 17

 

 

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MysticRose Also ich hoffe ja nicht, dass - das deine Biografie ist, die du da beschreibst, sondern hoffentlich irgendeine. Wenn's deine ist, tust du mir als Person ganz schön Leid, weil du offenbar eine Frau ohne Selbstachtung bist, wenn du schon Fremdgänge deines Partners einfach so duldest.
lg. Randi
Vor langer Zeit - Antworten
Montag Engel und Herzen - Schön wenn es fortgesetzt wird.
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