Fantasy & Horror
Story-Battle 1 Lucilla

"Boah ist das Scheißding hässlich!" , "Jamie, ich gebe Dir 50 Euro, wenn Du sie wegwirfst!" schrie Dominik als wir zur Türe herein kamen.

"Mama, das ist aber meine Puppe!" quengelte Jamie sofort los und drückte sich die Puppe enger an den Körper.

"Was ist denn mit Dir los?" wollte ich von meiner Frau wissen die sich nach wie vor nicht in wiedergabefähigen Wörtern über die Puppe hermachte.

"Nichts ich hasse Puppen!" giftete sie mich an, Jamie hatte sich vorsorglich in ihr Zimmer verzogen.

"Seit wann hast Du etwas gegen Puppen?"

"Chucky war auch eine Puppe!" antwortete sie entschieden.

Eigentlich mochte ich es wenn sie sich aufregte, ihre mexikanisch-spanischen Wurzeln kamen dann zum Vorschein, aber in diesem Fall war unsere Tochter völlig verängstigt und verstört.

Mit ihren 4 Jahren verstand sie nicht warum die Porzellanpuppe die einen antiken Eindruck machte und um die sie mit Schweiß und Tränen gekämpft hatte etwas schlechtes sein sollte.

"Sie hat mich angesehen!"

"Wer? Die Puppe? Das ist Sinn der Sache die Dinger sollen so aussehen als ob sie dich ansehen"

"Ich mag sie nicht wie seit ihr an diese Abscheulichkeit gekommen?" fragte sie mich im vorbei gehen, ohne eine Antwort abzuwarten und blieb kurz vor Jamies Tür stehen, nur um diese plötzlich aufzureißen und "Leg die schwersten Bücher die Du hast auf das Ding" ins Zimmer zu brüllen bevor sie die Türe hektisch schloss.

"Also langsam frage ich mich..."

"Woher hast Du das Ding?" fiel sie mir ins Wort

"Von Karin, weißt doch die aus der Feinmechanikerwerkstatt neben dem Ökosupermarkt wo wir die Einkaufstüte aus Hanf her haben"

"Was fällt der ein? Ich bringe sie um!" keifte Dominik

"Jamie hat wie eine Löwin darum gekämpft! Sie stand im Schaufenster mit dem Vermerk "Zu verschenken" und Jamie war nicht die einzige die diese Puppe haben wollte" rechtfertigte ich mich. "Zumal auch noch ein Köfferchen mit Kleidung dazu gehörte! Den aber das andere Kind bekommen hatte"

Einige kleinere Wortscharmützel später hatte sich Dominik wieder beruhigt, zumindest bestand ihr Wortschatz wieder aus mehr Worten als "Weg mit der Puppe"

Ich fragte mich was sie gegen Lucilla,wie Jamie sie getauft hatte, haben könnte, ganz ernsthaft es war eine bildhübsche Puppe mit einem viktorianischen weiß-braun karierten Kleid und ebensolchen braunen krausen Locken. Na schön sie war extrem blass was aber wohl daran lag das es echtes Knochenporzellan war aus dem ihre Gliedmaßen und somit auch der Kopf gefertigt wurde.

Ein bisschen Angst machten mir ihre Augen ja dann doch schon, sie waren rot-orange mit schwarzer Iris, und der Augenklappmechanismus hakte auch ein wenig so das sie die Augen nie ganz schloss, es wirkte eigentlich wie ein verschmitztes zuzwinkern...

"Ach was ein Kinderspielzeug so wie man es erwartet, ist halt der Zahn der Zeit der daran nagte"

Die Folgetage verliefen, wie sagt man so schön? Normal, eigentlich.

Lucilla begegnete mir an den verschiedensten Orten, dem Scheißhaus Kopf über in der Schüssel todesverachtend dabei die angerichtete Überschwemmung irgendwie mit ihrem Locken aufzunehmen. Hinter meinem Autoreifen wo ich sie auch nur zufällig davor bewahren konnte einen grauenhaften Tod zu sterben und nicht zuletzt versuchte sie in den Hexxler der Müllverwertungsanlage zu stürzen, sogar 2x...man diese Puppe hatte echt suizidale Züge,wobei ich davon ausgehe das evtl. eine meiner Mitbewohnerinnen nicht so ganz unschuldig an ihren misslichen Lagen war... und Jamie die Lucilla jedes mal nach Reinigung und Bad in verschiedensten Duftwässerchen glücklich in Ihre Arme schloss war es sicher nicht.

Auch als ich mit dem Kundendienst meines Telefonanbieters sprach, und dabei einen leichten bis mittelschweren Kackreiz bekam da man mir im übertragenen Sinne erklärte das ich zu dämlich war den Modem-Installationscode richtig einzugeben, sah ich aus den Augenwinkeln mein Mordduo wie ich Lucilla und Dominik seit ein paar Tagen scherzhaft nannte, an mir vorbei schleichen.

Den überaus freundlichen Mitarbeiter des Kundendienstes lies ich weiter ausführen warum sie keine Fehler finden konnten und ich zu doof war und folgte den beiden möglichst unauffällig.

Diese spannende "Jagd" führte mich in den Keller hinaus in den Garten zum Komposthaufen auf dem ich nachdem sich Dominik entfernte nach einigen graben Lucilla fand die mich mit dankbaren und seltsamen gezwinker ihrer Augen bedachte.

"Na Kleines, wie oft muss ich Dir noch das leben retten?" witzelte ich und grunzte noch ein "Nein nicht Dir du dumme Sau!" in den Hörer bevor ich auflegte.

Bei diesem Anbieter gedachte ich nicht länger zu bleiben, soviel stand fest.

Manchmal fand ich sie unter Bergen von Büchern begraben, Goethe,Schiller und Vom Winde verweht in der extendend Version wie ich den Schinken nannte der ungelogen 1/3 des Regalbodens des Bücherregals ausmachte.

"Wie kann man einen leblosen Gegenstand nur so hassen? Vor allem ist die Kleine doch total pflegeleicht, sie beschwert sich nie , selbst als sie plötzlich am Fenster vorbei sauste und wie durch ein Wunder unverletzt im Blumenbeet einschlug, selbst da beschwerte sie sich nicht! Langsam fand ich gefallen an diesem kranken Spiel, und freute mich schon darauf wenn ich Lucilla das nächste mal retten konnte um sie mehr oder minder ramponiert an Jamie zurück zu geben.

Immerhin wurde es so nicht langweilig obwohl ich dich langsam arge bedenken hatte ob Dominik noch ganz rund läuft, oder auch ihr machte es mittlerweile Spaß? Wer wusste das schon, ich jedenfalls nicht.

Bis zu meinem lang ersehnt und auch geplanten Herrenabend "rettete" ich Lucilla bestimmt 2-3x am Tag aus den immer aberwitziger werdenden Situationen, solange Jamie im Kindergarten oder bei Freunden zum spielen war.

Zumindest hatte es Lucilla mittlerweile geschafft mit zum essen kommen zu dürfen und musste auch nicht mehr gefesselt und geknebelt unter dem Bett, im Schirmständer oder bei 250°C im Backofen schlafen.

Erwähnte ich eigentlich das die Mikrowelle ebenfalls kein geeigneter Schlafplatz für Porzellanpuppen ist? Immerhin verbrannte ich mir an ihrem "heißen" Körper die Finger.

Dominik und Jamie waren an diesem Tag ausquartiert um nicht Gefahr zu laufen Lucilla nicht retten zu können sorgte ich dafür das Jamie sie nicht finden konnte als sie los wollten, streng genommen lies ich sie einfach nur in ihrem neuen Todesplatz bis alle weg waren. Der Waschmaschine

Gefesselt und geknebelt nahm ich sie heraus und musste zusehen das ich das Klebeband so abzog das ich nicht die ohnehin nur noch sperrlichen Wimpern komplett vom Kopf löste.

"Ok Kleine heute ist Herrenabend, da hast Du nichts zu suchen, Du darfst aber in Jamies Bett auf ihre Rückkehr warten"

flüsterte ich ihr zu und trug sie behutsam an besagten Platz.

Ein Herrenabend oder das was Kai, Uwe und ich darunter verstanden erinnerte irgendwie an Hangover , aber wir ließen es uns nicht nehmen einmal im Quartal einen solchen zu veranstalten.

Etliche Bier und Kurze sowie Longdrinks später an diesem Abend torkelte ich auf die Toilette, gespielt empört saß Kai dort bereits und fing sofort heftig an zu schimpfen

"Analsex beim kacken?Oder was soll das werden?

"Selbst wenn Dein Arsch der letzte auf der Welt wäre ist mir noch nicht genug Scheiße dran!" gab ich schlagfertig zurück und pinkelte einfach ins Waschbecken.

Im weiteren Verlauf des Abends der mehr im dunkel nicht gewollter Erinnerungen liegt als das ich mit Bestimmtheit sagen könnte was da passiert ist, weiß ich noch das wir befanden der Kamin sei nicht wirklich warm genug und mein freier Fall ausgelöst durch den Läufer vor dem Kamin geistesgegenwärtig vom Couchtisch gebremst wurde.

Warum wir den Kamin im Mai anzündeten war mir genauso ein Rätsel wie der Umstand das ich mit einer ganzen Herde Kater einige Stunden später in einem ziemlich sterilen weiß gestrichenen Raum aufwachten den ich nur unter Mühe als Krankenhauszimmer ausmachen konnte.

Ich war aber auch voll wie eine Haubitze, sinnierte ich vor mich hin als die Tür aufflog was eine unendlich schöne wenn auch Grausame Geräuschkulisse in meinem Kopf hervorrief.

Puhh Glück gehabt, es war nicht Dominik! Statt wie erwartet ihrem Antlitz kam ein mürrisch dreinschauender Typ im weißen Kittel herein.

"Ah schön sie sind wieder wach, na das war eine Feier was?"

"Mag sein..." stöhnte ich betroffen... und mit hm einer Spur Scham in der Stimme.

"Sie können von Glück sagen das Ihre Tochter die Feuerwehr und den Rettungsdienst alarmierte! Nicht genug damit das bereits die Vorhänge in Ihrem Wohnzimmer brannten und sie eine ordentliche Platzwunde haben, nein sie haben obendrein vergessen den Abzug zu öffnen so das sie und ihre Freunde bewusstlos im Flammenmeer lagen." ermahnte er mich wie ich es mir vorstellen würde wäre ich ein Schüler um die Jahrhundertwende der gerade in den Erdboden versinken möchte um es nicht noch peinlicher werden zu lassen und insgeheim wartete ich auf die Stockschläge, diese bleiben aber dankenswerter Weise aus.

Das Gespräch mit Dominik hätte ich mir schenken können, ich sage nur mexikanisch-spanisches Temperament, lediglich bei Jamie wollte ich mich bedanken.

"Papa? Ich war das nicht wir sind eben erst nach Hause gekommen" sagte sie am Telefon.

Wer war es denn dann? schoss mir eine von vielen Fragen durch den Kopf, aber die homosexuelle Katzencombo in meinen Kopf lies keinen klaren Gedanken zu.

Am Folgetag standen Jamie und Dominik dann auch bei mir am Bett, das war das schöne an ihr, sie explodierte einmal mit infernalischen Ausmaß aber dann war wieder gut!

Jamie weinte, auf meine Frage was denn los sei bekam ich die Antwort von Dominik, "Die Scheiß-Puppe ist mit verbrannt, das olle Ding hat wahrscheinlich sogar das Feuer gelegt, die ist mit dem Teufel im Bunde!" fauchte sie.

"Nein", flüsterte ich "Sie war unendlich dankbar..."