Romane & Erzählungen
Wintertinte - Kapitel I

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"Wintertinte - Kapitel I"
Veröffentlicht am 19. September 2011, 14 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

FSBlaireau alias Falk Peter Scholz ist ein Schriftsteller aus Leidenschaft. Literatur ist etwas was meinem Leben einen Sinn gab und mir Wege zeigte, die vorher nicht kannte. Es ist erfüllend etwas zu erschaffen was Leser in der ganzen Welt dazu bewegt einemal für kurze Augenblicke der Wirklichkeit zu entfliehen und sich dem geschriebenen Wort anzuvertrauen. Ich halte mich für einen Schriftsteller der alten Schule und betone dieses etxra, da ich ...
Wintertinte - Kapitel I

Wintertinte - Kapitel I

Beschreibung

In diesem ersten Teil des Romans Wintertinte erinnert sich der alternde Heinz Ziehm an seine frühe Kindheit in Paris. Als Sohn eines ehemals deutschen Offiziers erlebt der Kleine die Befreiung und die ersten Jahre eigener Erfahrungen und Gedanken. Viel Freude beim Lesen

Wintertinte

 

                                                                           Wintertinte

 

 

Wieder Winter.

Wir haben den 01. Januar 2022, und nach 3 Stunden anstehen bin nun endlich dran.

Name?“

Heinz...äh Heinz Ziehm.“ Die Frau blickt prüfend über den Rand ihrer feuerroten Brille und mir fallen direkt Parallelen zu früher ein.

Gut, zweiter Stock, ganz hinten Platz nehmen und warten. Sie werden aufgerufen!

Da sitz ich nun und warte, warte wie so oft in meinem Leben. Weswegen ich hier saß, war der Schizophrenie der Hiesigen Zeit geschuldet. Die Studie eines Heidelberger Studenten ergab, dass über kurz oder lang das Deutsche Volk aussterben würde. Durch die Veröffentlichung dieser Studie und den Einsatz der Presse wurde nach mehreren Gesetzesvorlagen und langem Zögern ein Gesetz verabschiedet welches die aller drei Jahre stattfindende Volkszählung zur Rassenbestimmung befahl.

Der Ton dieser Frau am Schalter, die sich hinter einer dicken Plexiglasscheibe verbarg, riss mich unweigerlich aus meiner Lethargie und lies mich an die alten Tage denken. Schwierige Tage, aber die schönsten meines Lebens.

 

Ja ich erinnere mich wieder, an alte Klänge, die vertrauten Gerüche und an die beiden Männer die meine Kindheit und somit auch mein ganzes Leben prägten. Wesen Jakobi und Alfred Koreanov.

Wesen Jakobi war ein herzensguter Mensch und wie er mir immer wieder sagte der beste Freund meines Vaters gewesen. Er hatte sich meiner angenommen als mein Vater, ein Kämpfer für Frankreich und Angehöriger der Rêsistance, der bei der Befreiung von Paris am 24. August 1944 gefallen war.   Ein wenig Skurril wenn man bedenkt das mein Vater deutsche Wurzeln hatte. Wesen nannte ihn immer liebevoll „ mon frère allemand „ was mein Deutscher Bruder bedeutet und was er gerne sagte um meinen Vater auf zu ziehen. Wie alt Wesen damals war weiß ich bis heute nicht, aber er war ein Franzose mit jüdischen Wurzeln, der ein Lebensmittelgeschäft in der Rue de Maubeuge besaß.    Er war ein väterlicher wenn auch manchmal ein etwas zu strenger väterlicher Typ, nicht besonders groß, weißhaarig, mit einem typisch französischem Schnurrbart, viel zu großen Ohren und den neugierigen Augen eines Kindes. Ich erinnere mich daran dass er immer wenn er arbeitete und er arbeitete eigentlich immer, diesen hellblauen verwaschenen Kittel trug, welcher sozusagen als Sybolisierung die französischen Nationalfarben in Form einer kleinen Flagge am Kragen trug.       Der kleine Laden lag direkt an der Straßenecke, war nicht besonders groß aber wohl sortiert. Hier bekam man vom noch warmen Baguette bis zum erlesenen französischem Rotwein alles zu kaufen was der Herz begehrte.     Wesen war unglaublich beliebt bei den Leuten des Viertels was entweder an seinem typisch französischem Charme oder vielleicht auch an seiner Abneigung gegenüber den Deutschen lag, die wie er sagte hausten als gäbe es kein Morgen mehr. Ich erinnere mich noch wie Wesen mir die Geschichte von seiner ersten Begegnung mit einem deutschen Offizier erzählte. Es muss so Mitte Mai 1941 gewesen sein. Er kam in den Laden, inspizierte alles mit deutscher Gründlichkeit und räusperte sich ständig während er durch den Laden schritt. Gekauft hat er nicht erzählte er mir, aber er fragte Wesen nach seinem Namen. „Eh bien ma petite. Vous portez donc pas de moustache. (Na mein Kleiner, du trägst ja gar keinen Schnurrbart.), antwortete Wesen. Daraufhin hat er ihm den Namen gesagt und bekam prompt die Frage gestellt ob dies nicht ein Jüdischer Name sein.   Es sei ein österreichischer Name hat er geantwortet und den Offizier direkt darauf hingewiesen dass er nur deutsche Kartoffel verkaufen würde, wobei er beim Wort Kartoffel das r ungewöhnlich betonte, so dass daraus

Karrrrrrrtoffel wurde.     Selbst jetzt wo ich hier sitze und darauf warte endlich mal aufgerufen zu werden, treibt mit diese Geschichte vor Lachen noch die Tränen in die Augen. Ich glaube wegen dieser Haltung gegenüber des Offiziers habe ich ihn immer bewundert. Dieser Stolz den er ausstrahlte, diese Überlegenheit machten ihn zu dem Mann der mir ein Vater war und den ich so verehrte.

 

   Damals bin ich gerade zehn Jahre alt gewesen und habe von diesem Meilenstein deutsch-französischer Freundschaft nix mitbekommen. Ich saß den ganzen lieben langen Tag auf Holzkisten und spielte mit ein paar Glasmurmeln die mir Wesen zum Geburtstag geschenkt hatte. Ein Jahr später zeigte er mir wie man Lebensmittel ins Regal einräumt, den Laden fegt und die „alten Damen“ wie er sie nannte hofierte, was mir dann öfters ein „du bist aber süß und so höflich“ einbrachte und Wesen den einen oder anderen Franc mehr in die Kasse. Drei Jahre später, also genauer gesagt im Winter des Jahres 1944 lernte ich dann den zweiten wichtigen Menschen meiner Kindheit kennen. Alfred Koreanov!

 

 

 

 

 

 

 

Im Winter 1947, drei Jahre nach der Pariser Befreiung, lernte ich dann den zweiten für mein Leben entscheidenden Menschen kennen. - Alfred Koreanov-.

 

   Durch die mir nun mittlerweile übertragenen Aufgaben im Laden, hatte ich an diesem Tag die Chance mich zu beweisen. Wesen übertrug mir für ein paar Stunden die Aufsicht über das Geschäft, da er selber wie er sagte dringende geschäftliche Dinge zu erledigen hatte; die keinen Aufschub duldeten. Mit stolz geschwollener Brust beschritt ich die Gänge, sortierte im Geiste die Regale mit all ihren wundervollen waren und fühlte zu ersten mal die Bestätigung einer wichtigen und würdevollen Aufgabe. Ich fühlte mich angekommen und wahrhaft verstanden.     Es muss gegen Mittag gewesen sein, als der erste Kunde an diesem Tag den Laden betrat. Das winzige kupferne Glöckchen welches an der Eingangstür befestigt war, meldete mir meinen ersten zahlenden Kunden wie ich hoffte.

    Etwas behäbig betrat der äußerlich in die Jahre gekommene Mann unseren Laden, schritt huldvoll aber zögerlich auf und ab; und betrachtete sich die penibel sortierten Waren mit dem prüfenden Blick eines Priesters welcher zur Nachtschlafens Zeit die Schlafsäle der Jungen inspiziert.

Seine äußere Erscheinung war ungewöhnlich für unser Viertel, und ich selbst hatte zuvor noch niemanden gesehen, der sich in dieser Art und Weise kleidete.    Dieser Mann der für meinen geübten Blick schon längst die Jahre eines Großvaters erreicht hatte, trug einen schwarzen Stetson mit roter Krempe, einen langen an den meisten Stellen schon abgewetzten Ledermantel und Stiefel die ganz zweifellos in die fernen Zeiten des wilden Westens gepasst hätten.     Auch in späteren Jahren sollte ich mich an den ungewöhnlichen Klang dieser Stiefel erinnern können. Der Mann war nicht besonders groß, doch schlank an Gestalt, trug einen über die Lippen wuchernden buschigen grauen Schnurrbart welcher bei nicht benutzen des Mundes; den selbigen nur erahnen ließ. Ansonsten empfand ich seine Erscheinung nicht weiter erwähnenswert. Etwas verlebt wirkte er in meinen Augen. Wie ein Mann der viel erlebt hatte und gerade von einer langen reise zurück kehrte.    Das Prozedere des Auf und Ab laufens wiederholte sich stetig und so langsam begann ich mir ernsthaft Sorgen um den leicht verrückten Mann zu machen. Nach einer Ewigkeit des Waren anstarrens, herausnehmens und wieder zurückstellens, kam der Herr doch noch an die Kasse und fragte mich mit dunkler Stimme wo der Chef sei; während ich zu meinem Erstaunen feststellte, dass sich unter dem Riesenschnurrbart tatsächlich ein Mund befand.    Ich erklärte ihm in sanftem Ton die Lage und versicherte dass der Ladenbesitzer gleich zurückkehren würde. Danach fragte ich den Mann etwas gereizt aber höflich, ob ich ihm weiterhelfen könne, was er dankend aber bestimmt ablehnte und mit einem „ Dann werd ich warten!“ kommentierte.

    Und wieder schritt er auf, und wieder schritt er ab, und wieder auf und wieder ab und meine Augen hefteten sich wie von Magie geführt an das überdimensionale Buschwerk in seinem Gesicht, welches im Takt der Schritte mit zu wippen schien. Nach schier endlosen Minuten des Wartens, Wippens, sowie dem Geräusch der Stiefel beim Auf und Ab gehen; erschien Wesen endlich im Laden und begrüßte den Mann im abgewetzten Mantel ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen oder mich zu fragen wie der Vormittag verlaufen sei.

  So wie ich feststellte schienen sich die beiden zu kennen, den ihr Ton war vertraut. Die beiden unterhielten nur kurze Zeit, dann klopfte Wesen dem Fremden auf die Schulter und dieser lachte. Danach rief mich Wesen zu sich und trug mir auf sieben Flaschen des besten Weines aus der hinteren Kammer zu holen. Ich tat wie mir aufgetragen wurde und kehrte mit sieben Flaschen Mouton de Rothschild zurück. Der komische Kauz war schon gegangen und Wesen starrte wie vom Blitz getroffen in die Kasse. Ich erklärte ihm etwas schuldbewusst, dass der Herr der soeben gegangen war, der einzige Kunde des Tages war. Doch auch dieser Kunde hätte ja etwas kaufen müssen um ein Kunde zu sein!


    Wesen schmunzelte und drückte mir ein Stück Papier in die Hand auf dem eine Adresse eines benachbarten Viertels aufgeschrieben war. Er beschwor mich die sieben Flaschen und ein Päckchen guten Tabaks dort abzuliefern, und dem Mann mit Respekt und Höflichkeit zu begegnen. Wiederum gehorchte ich ohne Fragen zu stellen und stand wenig später vor einem alten Mietshaus , und dem einzigen Namensschild auf dem ich den Namen lesen konnte, der auch auf dem Papier geschrieben stand welches Wesen mir andächtig in die Hand gedrückt hatte. Alfred Koreanov war auf dem Schild zu lesen und ich klingelte zweimal wie es mir des Zettels wegen aufgetragen war.

 

 

Oberste Etage“, brummte eine raue Stimme und ließ mich ein. Es war etwas beschwerlich die Flaschen nebst Tabak in die vierte Etage zu befördern, doch dafür sollte mich ein unvergesslicher Anblick für meine Strapazen entschädigen. Die Wohnung welche ich durch die offen gelassene Tür betrat glich einem Museum! Unmengen an Bildern, Vasen, Gefäße unterschiedlichster Formen und Farben vermischten sich mit an Wänden hängenden Teppichen und einer Vielzahl an Büchern die völlig unsortiert auf Tischen, Stühlen und sogar auf dem Boden verteilt waren.

 

Komm rein und mach die Tür zu! Zweimal abschließen! Und bring den Wein und den Tabak mit“, befahl mir eine hustende Stimme aus dem Nebenraum. 

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Hörbuch

Über den Autor

FSBlaireau
FSBlaireau alias Falk Peter Scholz ist ein Schriftsteller aus Leidenschaft. Literatur ist etwas was meinem Leben einen Sinn gab und mir Wege zeigte, die vorher nicht kannte. Es ist erfüllend etwas zu erschaffen was Leser in der ganzen Welt dazu bewegt einemal für kurze Augenblicke der Wirklichkeit zu entfliehen und sich dem geschriebenen Wort anzuvertrauen. Ich halte mich für einen Schriftsteller der alten Schule und betone dieses etxra, da ich mich nur selten als Autor bezeichne. *Nur* ein Autor zu sein bedeutet mir nicht viel, da es im Grunde ein jeder ist der mal irgendwo - irgendwas veröffentlicht hat und dies nicht Ziel meines Anspruches ist. Der Reiz liegt doch darin, im einfachen Wort; das besondere zu finden, herraus zu heben und dem Leser nahe zu bingen. Mir gefällt die anspruchsvolle Literatur genauso wie die seichte. Ist individuel verschieden. Kommt eben auf das Werk an. Ich denke dass ich ein Schreiben voller Emotionen bin und deswegen lege ich gerade in der Posie, in Gedichten, Prosa oder der Romantik großen Wert darauf den Verfasser in seinen Worten zu erkennnen. Ich bin ein Schriftsteller der nicht schreibt um nur die Seiten voll zu bekommen denn dieses wäre ein Verrat an der Literatur!
Ich bin ein einsamer Wolf oder Dachs wie man möchte, der immer Schreibzeug am Bett liegen hat um eventuelle Gedanken, Gefühle oder auch Emotionen aufzuschreiben und wie ein Geschenk einzukleiden. Ob dieses immer gelingt ist eine Frage deren Antwort ich nicht kenne, die aber auch keine besondere Bedeutung erfährt. Ein jeder fühlt sich anders berührt und ein jeder erfasst das geschriebene auf seine Weise. Dieses ist ein Umstand der die Literatur, das Schreiben zu dem Faszinosum macht, welches es ist! An sonsten mag ich Ehrlichkeit, Menschen die sich so geben wie sie sind und eben keine die man ändern oder verbiegen muss. Ich denke es gehört nicht viel dazu ehrlich zu sein, außer Mut vielleicht.
Mit meinem Literarischen Schaffen bin ich ganz zufrieden und so habe ich es bisher auf drei eigene bücher sowie 8 Antologien gebracht auf die ich auch in jeder erdenklichen Weise stolz bin. Herauszuheben ist denke ich mein Gedichtband "Die sieben Epochen der Poesie", da er die vollkommene Zusammenführung meiner Gefühle, Gedanken, Wünsche und Sehnsüchte ist.

Ich glaube fest daran eines Tages ein Werk zu erschaffen welches derart besonders ist, dass ich auf der poramischen Ebene des Kent angekommen bin. Wer dazu mehr erfahren möchte, sollte den Kent lesen.

Zum Schluss möchte ich ein Wort zu meinem vater verlieren der leider nicht mehr auf Erden weilt, aber einen großen Anteil an dem hat, was mir im Schreiben gelungen ist. "Du sollst dich nicht ändern und deinen Weg zu Ende gehen", sagte er. Und genau das ist es wozu ich mich berufen fühle und dieses ist der Weg den ich beschreiten werde. Vielleicht werde ich nicht der beste Schriftsteller sein, aber ein besonderer! Und das ist die Erfüllung! Blaireau

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